Erfolg in Wyk auf Föhr – Das Leid der Verschickungskinder wurde ernst genommen
Am 3.4.24 trafen sich im Kaminzimmer des Kurhauses in Wyk auf Föhr der Amtsdirektor Herr Stemmer, die Amtsvorsteherin Frau Braun und der Bürgermeister Ulli Hess erstmalig mit sieben ehemaligen Verschickungskindern, um über eine würdevolle Aufarbeitung der institutionellen Gewalt in den ehemaligen Kinderheimen der Insel miteinander ins Gespräch zu kommen. Die sieben Verschickungskinder besuchten, stellvertretend für 80 weitere Betroffene der Heimortgruppe Wyk, die Insel und informierten die Gäste und Amtsträger über das Problem der Kinderverschickungen. Weitere eingeladene Gäste waren: Claudia Straub, Leiterin der VdEK-Landesvertretung Schleswig-Holstein, Till Müller, Pressesprecher der Grünen Föhr und Amrum, Herr Klein von der Ferringstiftung, und Hendrik Meyer, Geschäftsführer der Norddeutschen Diakonie mbH.
Alle ehemals Verschickten hatten in Institutionen der Kinderverschickung in den 50-70er Jahren auf der Insel Gewalt erlitten. Sie berichteten von hartem, lieblosen Umgang, von Drohungen, von Schlägen, von Stehstrafen, von schrecklichen Demütigungen von Kleinkindern, die das Bett eingenässt hatten, bei gleichzeitigem Toilettengehverbot. Sie berichteten von Zwangseinfütterungen, da der Kurerfolg, die Gewichtszunahme, unbedingt erreicht werden musste, von Angst als vorherrschendem wochenlangen Gefühl. Einer berichtete, wie er mit einem anderen Jungen versuchte zu fliehen und in einem das Grundstück umgebenden Stacheldraht blutüberströmt hängenblieb.
Die Anwesenden und Behördenvertreter zeigten sich ernsthaft betroffen und versprachen, sich für eine würdevolle Aufarbeitung einzusetzen. Diese könnte z.B. aus einer Erinnerungsstele bestehen, die an das besondere Leid der Verschickungskinder erinnert und im Museumsgarten aufgestellt wird. Dazu versprachen sie alle nur möglichen Hilfen bei der historischen Aufarbeitung, sowie Hilfe bei der Recherche zu den noch fehlenden Heimen.
Foto: Privat, v.l.n.r.: St. Platen, Frau Kreetz
Die Verschickungskinder haben den Gästen eine Dokumentations-Mappe mit zahllosen Zeitzeugenaussagen zu erlittener Gewalt in Wyker Kinderheimen übergeben. Dazu wurde eine kleine Ausstellung plus Plakat gezeigt, die einen Tag später, am 4.4.24 dem Wyker Museum geschenkt und der Leiterin des Museums, Frau Kreetz, feierlich übergeben wurde.
Am 17.4.24 erschien dazu dieser Artikel im Inselboten, hier mit Link zur Zeitung, unser Dank geht an den Redakteur Jörg Brökel
Wünsche der Heimortgruppe Wyk auf Föhr an die Gemeinde und die Treägerinstitutionen der Kindererholungsheime auf Föhr:
- Hilfe und Unterstützung bei der Betroffenen-Recherche zu den Heimnamen, -adressen, -tanten, zu den Heimakten und Heimunterlagen (Erinnerungshilfe, individuelle Aufarbeitung)
- Einrichtung einer “Ausstellungs-Ecke” im Museum mit Exponaten von Verschickungskindern (gesellschaftspolitisch-historische Aufarbeitung)
- Errichtung einer “Erinnerungsstele” an das Leid der Verschickungskinder an einem prominenten Platz im Kurort (Historische Erinnerung)
Foto: Privat, vlnr.: Michael, Nicole, Stefan, Zitah, Anja, Thomas, Stefanie
Die Reisegruppe Wyk der Heimortgruppe Wyk auf Föhr, in der Initiative Verschickungskinder e.V. Kontakt über: Wyk@verschickungsheime.de