Kinderheim Seeschloss, 70er Jahre,(Postkarte, Cramers Kunstanstalt KG, Dortmund)

Jörg R. aus Kirn – Zeugnis zum Verschickungsheim “Kinderheim Seeschloss” in St. Peter-Ording

Kinderheim: Seeschloss (1975)
Anschrift: Dünenweg: 13, St. Peter Ording
(heute Apartment Vermietung)
Heimleiter 1975: Hugo Kraas †1980 (Inhaberin war offiziell seine Frau Sünne Kraas †1997)
Dauer meines Aufenthalts: 5 Wochen

Vorwort

Ich weiß, dass viele Verschickungskinder sich nur an Bruchstücke ihrer Unterbringung erinnern können, was wohl auf eine Schutzfunktion des kindlichen Gehirns zurückzuführen ist. Da ich selbst noch vieles weiß, war es mir wichtig, diese umfangreichen Ausführungen zu machen, um das als Zeugnis für immer aufzubewahren.


Jörg R
.

Gewalt, Missbrauch, Krankheit, Vernachlässigung, Heimweh

Die „Diagnose“

An meine Zeit der „Kinderkur in Sankt Peter-Ording erinnere ich mich überwiegend noch gut. Vor allem, weil es mich als Mensch und mein Leben nachhaltig sehr beeinflusst hat. Ich hatte bis zu diesem Ereignis eine behütete Kindheit (Einzelkind) und genoss die Nestwärme in vollen Zügen. Ich war sehr lebhaft und auf frühen Super8-Filmen sieht man mich als Kleinkind stets tanzen und lachen. Das alles endete 1975 mit gerade erst 5 Jahren.

Ich hatte kurz nach meinem 5. Geburtstag im März 1975 starken Husten entwickelt. Da Medikamente wenig Linderung brachten, empfahl der zuständige Kinderarzt eine Kinderkur an der Nordsee. Diese wurde von der damaligen Kasse meines Vaters (er war Bahnbeamter), dem damaligen „Bundesbahnsozialwerk“ auch direkt genehmigt und es sollte dann von April bis Mai 5 Wochen nach Sankt Peter-Ording gehen, in das romantisch klingende Heim „Seeschloss“.

1975 waren solche Kinderkuren sehr „beliebt“ und viele Eltern, auch aus unserem Umfeld, nutzten die Möglichkeit, dem Kind für ein paar Wochen einen kostenlosen Abenteuer-Erholungsurlaub zu gönnen. Wenn die anderen das so machen, dann muss es also gut sein. So dachte man und es schien ja eine gute Sache zu sein.


Foto privat


Richtung Norden unterwegs


Foto aus historischem Filmausschnitt, 50/60er Jahre

Los ging es im April 1975 ab dem Übergabe-Bahnhof Saarbrücken. Meine Eltern überließen mich (gem. Anordung der Einberufung) den „lieben, netten Tanten“ am Bahnhof, die mich in das Abteil zu den anderen Kindern brachten. Ich hatte große Angst und es war mit gerade 5 Jahren das erste Mal, dass ich irgendwohin ging, ohne meine Eltern. Als sich der Zug in Bewegung setzte und die Eltern zum Abschied winkten, da brach ein großes Geheul und Geschrei im Abteil aus. Das waren die Tanten aber scheinbar gewöhnt, denn Sie wurden auf einmal richtig streng. Statt beruhigender Worte gab es Kommando “Klappe halten”.

Wir fuhren unendlich lange mit dem Zug. Mit heutigen Zügen fährt man bereits 14,5 Stunden. Die Nacht im Abteil, mit all den schluchzenden Kindern und genervten Tanten war furchtbar. Ich wollte nur wieder nach Hause. Aber der Zug entfernte sich unerbittlich von meiner Heimat und rollte nach Norden. Ich klammerte mich an meine Brotdose, mein Getränkeflasche und mein Kuscheltier. Schlafen konnte ich nicht.

Am nächsten Morgen erreichten wir Sankt Peter-Ording. Wir wurden am Bahnhof neu sortiert, jede Gruppe für ein anderes Heim. Dann kam unser Fahrer und nahm uns mit. Wir mussten mit den Taschen in einen engen Kombi einsteigen, Marke weiß ich nicht mehr, ich weiß aber, dass ich mit Gepäck und Kindern in den Heckbereich rein gequetscht wurde und dann fiel die Klappe laut zu. Wir wurden dann zum Kinderheim Seeschloss gebracht, das sich ca. 2 km vom Bahnhof Sankt Peter-Süd im Dünenweg 13. Dort angekommen, wurden wir im Hof in einer Reihe aufgestellt, und zuerst einmal vom Heimleiter Hugo Kraas inspiziert, ähnlich, wie man eine Truppe im Kasernenhof antreten lässt. Eigentlich war Frau Sünne Kraas die offizielle Heimleitung, denn Hugo Kraas hat eine „nicht unproblematische Vergangenheit“. (Siehe: Hugo Kraas – Wikipedia, bekannt auch im niederländischen Such-Portal: TRACESofWAR)

Kraas war 1975 erst 59 Jahre alt. Sein faltiges Gesicht und die stechenden Augen waren mir unheimlich. Alle Kinder waren sofort leise und von seiner Art eingeschüchtert. Danach wurden wir unseren „Tanten übergeben und durften in die Zimmer.

Gefangen im „Kinderparadies“


(Archivbild von Postkarte: Seeschloss Sankt Peter-Ording, Cramers Kunstanstalt KG, Dortmund)

Auf den Zimmern waren immer 5 Jungen. Es gab Kinder im Alter ab 5 Jahren. Die Jugendlichen waren in einem eigenen Gebäudeteil untergebracht. Schon am ersten Abend bekamen wir klare Kommandos von Herrn Kraas. Seine Frau spielte uns auf einer Heimorgel vor, was allerdings nicht sehr glücklich klang. Einige mussten daraufhin grinsen und prusteten lachend, bekamen aber dann  Ärger mit dem Heimleiter. Ich kann mich erinnern, dass Herr Kraas mit seinem militärischen Schritt an uns vorbei lief mit einem Stock in der Hand und die Kandidaten maßregelte. Er war immer korrekt gekleidet, äußerlich eine gepflegte Erscheinung, aber er besaß ein eiskaltes, unheimliches Charisma.

Was genau wir dort zu Essen bekamen, an das kann ich mich nicht erinnern. Ich weiß aber, dass es stank. Manchmal war es übelriechendes warmes Gemüse, mitunter war da ein seltsamer chemischer Geruch, den ich bis heute nicht mehr gerochen habe, an den ich mich aber durchaus erinnern kann. Dazu warmer Kakao oder Milch.

Ich habe mich jede Nacht übergeben und lag morgens in einer sauren Masse getrockneten Mageninhaltes. Immerhin wurde meine Bettwäsche danach gewechselt, was ich heute im Nachhinein als ungewöhnlich nett empfand, nachdem ich gelesen habe, was anderen passiert ist.  

Ich hatte grausames Heimweh, aber uns wurde untersagt anzurufen und auch die Eltern hatten diese Anweisung erhalten. Kein Kontakt erlaubt „sonst kriegen die Kinder Heimweh und wir haben den Ärger“. Schlimmes Heimweh hatte ich doch schon! Aber jeder Tag bedeutete ja gutes Geld für die Heimkasse. Es gab also keine Möglichkeit meine Eltern zu informieren, dass ich abgeholt werden solle.

Selbst als ich hohes Fieber bekam, wurde ich lediglich „isoliert“ in einem eigenen Zimmer, das abgeschlossen wurde. Einzelhaft, sozusagen. Informieren konnte ich niemand. Schreiben konnte ich auch noch nicht, und die Tanten schrieben für uns alle Briefe an die Eltern.

Ich war also 5 Wochen AUSGELIEFERT! Ich versuchte daher mit selbst gemalten Bildern, die immer mit geschickt wurden um den „fröhlichen Jungen“ zu dokumentieren, den Eltern eine Botschaft zu vermitteln. Die verstanden diese jedoch nicht. Ein geschulter Psychiater hätte hier Alarm geschlagen.


Foto privat

Da sich die Tanten nur zeitweise um uns „Kleineren“ kümmerten, ergriffen im Laufe der Zeit die etwas älteren Kinder (7-10) unserer Gruppe die Initiative. Eines der Kinder in meinem Zimmer war besonders schlimm, er hatte, vielleicht auch durch den unerträglichen Druck dort, Neigungen zu Sadismus und Gewalt in sich oder dort entwickelt. Diese ließ der erst 8 Jahre alte Junge regelmäßig an mir aus. Ich wurde von ihm jeden Tag verprügelt, gequält, psychisch fertig gemacht – etwas, was ich ja bis dato nicht kannte. Die Tanten interessierten sich wenig dafür. Ihr Job war es lediglich anwesend zu sein, und gut wars.

Mein Kuscheltier war das Einzige, was mich dort begleitete. Ich hatte innerlich damit abgeschlossen, jemals meine Eltern wieder zu sehen. An meinen Hasen klammerte ich mich also sehr. Wenn ich aber nicht gehorchte, bekam mein Hase die Folgen zu spüren, da man mich somit am besten treffen konnte. Es war auch das bösartige Kind meiner Stube, was sich da beteiligte. Am Ende riss man ihm den Mund heraus, die Nase, zerschnitt den Kopf, riss die Ohren ab. Dieses Plüschtier, was ich heute noch habe, hat vieles stellvertretend für mich erleiden müssen. Doch trotzdem hat man mich einmal nackt an einen Baum gefesselt und zurückgelassen. Auch solche Dinge sind da passiert.



Einer, der überlebte, aber sichtlich gezeichnet blieb, wie ich seelisch….(Foto privat)


Hin und wieder kam der „Doktor“. Ich kann mich daran erinnern, dass wir Jungen nackt in einen Flur gestellt wurden. Dann rief man einen nach dem anderen hinein. Ich weiß ab dem Moment nichts mehr, ich erinnere mich nur noch an den weißen Kittel und das Stetoskop.

Ich möchte dieses Kapitel „Doktoruntersuchung“ aufgrund von nicht verifizierbaren Indizien, die für einen Gewaltausbruch oder Missbrauch sprechen, an dieser Stelle beenden. Damit befasst sich meine Psychologin heute. Das ist das Dilemma nach so vielen Jahrzehnten irgendwelche Realitäten wieder zusammen zu setzen und zu belegen – Fast aussichtslos! Ein Schicksal, dass viele Verschickungskinder teilen müssen.

Nichts ist eindeutig beweisbar, Belege oder Aufzeichnungen sind rar.

Heimkehr

Fünf Wochen. Eine Zeit, die Kinder mit ihrem geringen Zeitgefühl als Ewigkeit erleben müssen. Fünf Wochen am Ende der Welt, wo das Land aufhört und das Meer beginnt. Weg von zu Hause, von den Eltern, vom Beschütztsein, von der Normalität. 5 Wochen Zeit für grausame Menschen, eine Kinderseele für immer zu zerstören, ja zu zerfetzen.

Meine Mutter rief schon vor dem offiziellen Abholtermin im Heim an und wollte mich direkt dort mit meinem Vater abholen. Es wurde ihr sofort untersagt „aus versicherungstechnischen Gründen muss das Kind wieder mit dem Zug zurück“ (O-Ton Heimleitung). Natürlich völliger Blödsinn, aber die „Obrigkeitshörigkeit“ verhinderte wohl weiteres Nachfassen.

An die letzten 2-3 Wochen meiner Kur kann ich mich nicht mehr erinnern, auch nicht an die Rückkehr. Was ich also hier berichte sind jetzt Aussagen meiner Eltern.

Als ich nach 5 Wochen endlich am Bahnhof Saarbrücken eintraf und aus dem Zug ausstieg, waren meine Eltern geschockt, welches Kind da zu ihnen zurück kam. Ich muss sehr verwahrlost ausgesehen haben, kränklich, dünn, blass und mit leeren Augen. Ich habe nicht mal gelacht, als meine Eltern mich in die Arme nahmen. Da war keine Emotion da, nur Leere!

Mein Vater sagte, dass er plötzlich kein fröhliches Kind mehr hatte. Ein gebrochenes, trauriges Kind war ich nach diesem Aufenthalt in SPO.

Als mein Vater im Heim anrief und nachfragte, was denn „da oben passiert sei“, da gab es nur die schnippische Antwort „Das Kind war halt krank, dafür können WIR doch nichts!“. Da es damals kein „Google“ gab oder irgendeine Kommunikationsvernetzung, war meinen Eltern nicht bewusst, dass ich kein Einzelfall war. Da hakte keiner weiter nach. Das war einfach schlecht gelaufen, so hieß es. 

Immerhin war der Husten weg, wobei ich nicht weiß, ob der nicht auch ohne dieses Martyrium sich gelegt hätte. Das wurde dann sozusagen als „Kurerfolg“ gefeiert.

Meine Kindheit war ab dem Zeitpunkt geprägt von großer Stille, Ängstlichkeit, vielen Alpträumen. Gleichzeitig war ich innerlich wie getrieben, konnte mich auch in der Schule nicht konzentrieren, „das Stillsitzen fällt ihm schwer“ stand oft im Verhaltenszeugnis.



Foto privat


Die langfristigen Auswirkungen

Ich konnte niemals richtig mit meinen Eltern über meine traumatischen Erinnerungen sprechen. Meine Eltern wussten wohl instinktiv, dass irgendwas Schlimmeres passiert war, aber ich glaube, man wollte das auch nicht weiter vertiefen. „Hinter sich lassen und abhaken“. Leider konnte ich das nicht. Viele Jahrzehnte bildeten sich gewisse Charakterzüge an mir heraus, die ich heute mit 53 Jahren auf dieses Kindheitserlebnis beziehe:

  • Große Angst allein zu sein (Panik)
  • Enorme Probleme mit dem Selbstvertrauen (Selbstachtung“)
  • Große Verlustangst
  • Klammern an „Bekanntes“, nichts verändern wollen
  • Angst irgendwo „fremd“ zu sein
  • Große Menschenansammlungen meiden, Angst vor „Enge“
  • Albträume, bis hin zu Todesangst in der Nacht
  • Körperliche Nähe zulassen
  • Ständige innerliche Anspannung und Unruhe
  • Probleme in der Partnerschaft
  • Gefühlt ungeliebt und wertlos zu sein

Die „Therapie“

Als 2019 ein TV Beitrag lief über das Leid der Verschickungskinder, wurde ich enorm getriggert. Ich war erschrocken, dass ICH nicht einfach nur „Pech hatte“, sondern dass es Millionen von damaligen Kindern betraf! Und die seelischen Auswirkungen ähnelten genau meinen. Das war also der Schlüssel. Ich beschloss daher mir professionelle Hilfe zu holen, um endlich mein Leben zurückzugewinnen, dass ich mit 5 Jahren in Sankt Peter-Ording zurückgelassen habe.

Neben einer psychologischen Therapie, wurde ich auch 2020 aktives Mitglied der Verschickungskinder Sankt Peter-Ording (unter der „Initiative Verschickungskinder“). Wir waren zusammen im Juni 2021 vor Ort und besuchten die ehemaligen Stätte der Heime. Auch gab ich dort dem Schleswig Holstein Magazin ein Interview zusammen mit einem Mitbetroffenen und wirkte in der Doku von Thilo Eckoldt „Was ist damals geschehen“ mit, die im Oktober 2021 im NDR lief.

Die ständige Konfrontation mit dem Geschehenen, das offene Reden, das „Outen“, all das hilft mir sehr und ich kann immer mehr das Geschehene einordnen und abarbeiten. Heute… Nach 48 Jahren!

LEBE MIT DEM DRACHEN UND VERMEIDE IHN NICHT ZU WECKEN,
ODER ABER BESIEGE DEN DRACHEN FÜR IMMER UND SEI ENDLICH FREI!

Jörg
Stand: 31.07.2023


Vita zu Jörg:

Jörg hat Fachabitur für Wirtschaft, arbeitete 30 Jahre als Marketing Fachkraft in der chem. Industrie, seit 2021 als Business Development Manager in der Elektroindustrie. Nebenberuflich ist er Geschäftsführer einer eigenen Medienagentur seit über 23 Jahren und führt einen Ringerverein, wo er einst als Sportler aktiv. Jörg engagiert sich weiter ehrenamtlich für „Förderverein Lützelsoon Hilfe für Kinder in Not e.V. & Soonwaldstiftung“. Von 2011-2020 wurden ihm aufgrund eines schweren Burnouts und einer einhergehenden depressiven Erkrankung Psychopharmaka verschrieben, bis auf psychotherapeutischem Weg endlich die unmittelbare Verbindung zu den traumatischen Kindheitserlebnissen diagnostiziert werden konnte. Seit Abschluss seiner psychologischen Hilfe in 2020 benötigt er keine Medikamente mehr und ist nun seit 2021 in der Initiative Verschickungskinder als Ansprechpartner für das Heim Seeschloss (SPO) sehr aktiv. Jörg liebt die See und auch den wunderschönen Ort „Sankt Peter Ording“, auch wenn ihm dort viel schlimmes angetan wurde.

INFO: Hier noch weitere Infos: Ein von der Redaktion eingefügter Artikel und noch einer


Weitere Zeugnisse vom Kinderheim Seeschloss, in St. Peter-Ording

6 Zeugnisse von 1965 - 24

  • 1965? Gabriele war mit 10 Jahren für 6 Wochen da.

    Ich war damals 10 Jahre alt und war sehr dünn.

    Ich wurde von der Krankenkasse nach Büsum geschickt, um zuzunehmen. Ich wurde immer wieder gewogen und musste Vanille- und Schokoladensuppe essen! Da ich trotzdem nur wenig an Gewicht zulegte, wurde ich zu Liegekuren verdonnert, während andere Kinder spielen durften.

    Meine Briefe an meine Eltern wurden nicht abgeschickt, weil ich mich über das Essen beklagte. Da sich meine Eltern Sorgen machten, weil sie von mir keine Post bekamen, riefen sie im Seeschlösschen an und erreichten nach hartnäckigem Nachhaken, dass sie mit mir sprechen konnten. Weil ich am Telefon weinte und bat, dass sie mich nach Hause holen sollten, wurde das Telefonat durch die dabeistehende Kinderheimschwester beendet!

    Als ich bei der Rückkehr aus dem Zug ausstieg, waren meine ersten Worte zu meinen Eltern: "Bitte schickt mich nie wieder in Erholung!"

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  • 1966? Rüdiger hat es auch nicht wirklich schön gehabt.

    Weil ich angeblich zu dünn war wurde ich später eingeschult und hatte das zweifelhafte Vergnügen Büsum kennenzulernen. Wie ich viel später erfahren habe, gibt es eine Anomalie, ich habe Gallengänge die es sonst nicht gibt. Ich konnte als Kind nur unter großen Schmerzen essen und habe fette Nahrung nicht vertragen. Das Sättigungsgefühl und Ekelgefühl wurde damals abtrainiert, im Ergebnis führte das zu Adipositas und auch wahrscheinlich zu meinem Crohn. Die Entscheidung später eingeschult und in die Kinderverschickung zu gehen kam von dem Amstarzt, ein bekannter Nazi mit sehr zweifelhafter Vegangenheit, ein Stengel von Rutkowski. Meine Eltern fragten nochmal nach, als ich weinend von einem 6 Wochenaufenthalt ohne Eltern erfuhr. Man solle sich nicht aufregen, wir wären doch nicht an der Rampe. erst später habe ich die Bedeutung verstanden...

    Im Büsum angekommen wurde ich als einer der Jüngsten permanent unterdrückt, ich musste täglich fette Suppe mit fettem Fleisch essen, Nachmittags wurde ich bei den Spaziergängen nach dem angeordneten Mittagschlaf am Deich spazieren gehen. Regelmäßig wurde ich von den Größeren in die Schafsch... geworfen und angemessen dafür bestraft, weil ich angeblich nicht gut laufen könnte. ich erinnere mich an vieles Essen, wie Fisch in Senfsoße, ich musste ständig Dinge essen die ich nicht mochte. einmal wöchentlich schrieb eine tante einen Brief, der nicht meinen Worten entsprach. ich bekam nur einmal ein Paket, ich glaube zum Geburtstag. Die Eltern sollten nichts schicken wegen der Gleichheit angeblich. Ich erinnere mich noch, das die wenigen Süßigkeiten zu 90% an andere verteilt wurden. Die anderen kinder erhielten oft Pakete, auch das wurde verteilt. Ich erhielt manchmal etwas davon, das wurde von den älteren einkassiert. Unterdrückt wurde ich ständig. Ich konnte nichts mehr, warf die fettigen Fleischbrocken unter den Tisch, oder sammelte sie im Mund und tat sie in mein Taschentuch. ich wurde immer erwischt, oder verpetzt. Das gab dann Strafen, so bekam ich weniger Süßigkeiten, keinen Pudding und auch nichts zu trinken wenn ich Durst hatte. Alle mussten auf mich warten und mir beim essen zusehen. Sie wurden zu Spitzeln gemacht um zu kontrollieren ob ich alles Fette esse. erst dann gab es für die anderen Süßigkeiten. Ich war sehr starkem Druck ausgesetzt. Meine Eltern glaubten mir nicht. Als ich nach Hause kam, war ich sehr krank und tramatisiert. Ob ich daher bleibende gesundheitliche Probleme davon getragen habe könnte verneinten alle Ärzte, ich bin mir da aber nicht so sicher. Es ist lange her, aber ich hätte Interesse am Austausch mit anderen. ich war der Junge mit dem roten Parka von meiner Schwester, den ich auftragen musste ;-)

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  • 1968 Arno war mit 11 Jahre alt dort 6 Wochen wegen Untergewicht.

    Mit 11 Jahren bin ich im Sommer für sechs Wochen nach Büsumer Deichhausen verschickt worden. Ich war zu dünn und sollte an der Nordsee zunehmen. Aber wie kann man zunehmen, wenn man die ganze Zeit nur Heimweh hat?

    Man musste Briefe an die Eltern schreiben einmal in der Woche. Wenn da etwas drinstand, das den Betreuerinnen, die die Briefe kontrollierten, nicht gefallen hat, musste man den Brief vollständig neu schreiben. Alles, was man erlebt hatte, musste im Brief beschönigt beschrieben werden. Keinesfalls durfte man schreiben, dass man Heimweh hatte.

    Im Nachhinein beurteile ich die jungen Betreuerinnen als pädagogisch unausgebildet und mit der Menge der Kinder überfordert. Manche gaben sich Mühe mit den Kindern etwas zu unternehmen, anderen waren die zu betreuenden Kinder eher lästig. An meine Gruppenleiterin habe ich keine negativen Erinnerungen. Erfahrungen sexuellen Übergriffes habe ich nicht gemacht. Eher wurde ich psychisch unter Druck gesetzt, z.B. den Teller leer essen auch wenn ich keinen Hunger hatte. Den Zustand der Unterbringung im Seeschlösschen war meiner Erinnerung nach primitiv, sehr spartanisch, provisorisch, für Jugendliche und Kinder ungeeignet. Das ganze Haus machte auf mich einen eher baufälligen Charakter.

    Als ich nach langer Bahnfahrt zurück kam, war ich froh, dass ich nach sechs Wochen wieder im Kreise meiner Familie sein konnte. Andererseits habe ich im Nachgang den Eindruck, meine Eltern hatten sich nicht so wirklich interessiert wie es mir im Heim ergangen ist. Ich weiß, dass meine Eltern mir in den Ferien mal etwas "bieten" wollten. Sie selbst hatten nicht die finanziellen Möglichkeiten mit der ganzen Familie in Urlaub zu fahren. Sie waren mit der großen Familie und beruflich stark gefordert.

    Ich brauchte eine Zeit, um mich zuhause wieder in die üblichen Abläufe einzugewöhnen und den Anschluss in der Schule zu finden, die schon mehrere Wochen vor meiner Rückkehr begonnen hatte. Ich war dankbar, dass meine Mutter mir mehrmals ein Päckchen ins Heim geschickt hatte mit Essenssachen und Erinnerungsstücken ans Zuhause und ein paar Zeilen auf einer Postkarte. Telefon hatten wir damals noch nicht.Das belegen auch zwei Fotos, die ich noch besitze.

    Der Heimaufenthalt im Sommer 1968 hatte eigentlich keinen weiteren Einfluss auf mein Leben. Die Gemeinschaft mit den Jungs in meiner Gruppe im Heim fand ich sehr gut. Wir hatten viel Spaß miteinander. Das hat mir gefallen. Auch hatte und habe ich gute Gefühle, wenn ich an den Ferienort zurückkomme, in dem das Ferienheim war. Aber ich wollte nie wieder in ein Heim dieser Art. Die Unfreiheit und Bevormundung, die ich dort erlebte war ich weder von Zuhause gewohnt noch von meiner weitverzweigten Familie, bei der ich als Kind und Jugendlicher meine sonstigen Ferienaufenthalte erlebte. Dies und das immense Heimweh wollte in nicht noch einmal erleben.

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  • 1971? Thorsten war mit 4 Jahren für 6 Wochen da.

    War zu schmächtig

    Kinderkurheim Büsum Deichhausen DAK, Name war ?? Seeschlößchen??

    Neben diversen Erlebnissen wie Bunker, Knüppelgasse und iZwangsaufenthalt in der Krankenstation wurden wir gezwungen ständig zu essen. Das übelste Bild, welches mir in Erinnerung geblieben ist, das mein gegenüber, 9 - 10 Jahre, als er das Essen verweigerte, an den Armen festgehalten wurde, die Nase zugedrückt und beim öffnen des Mundes wurde das Essen, reingestopft. Das war eine Abschreckung für uns anderen. Und natürlich mussten wir am Tisch sitzen bleiben, bis alles aufgegessen war.

    Ich leide heute ich unter Adipositas, da ich keinen natürlichen Reflex mehr habe, wann ich satt bin. Eine weitere Frage hätte ich auch, ist es bekannt, das damals auch ruhig stellenden Mittel ins Essen kamen?

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  • 1984 Torsten war mit 10 Jahre dort um was gegen Asthma und angeblichem Übergewicht zu tun.

    Im Sommer 1984 wurde ich, gerade 10 Jahre alt geworden, für 4 Wochen ins Kinderkurheim "Seeschloss" nach St.Peter Ording verschickt.

    Angeblich um mein Asthma zu kurieren - dort angekommen stellte sich aber schnell heraus, dass ich von dem dortigen Arzt (?) für übergewichtig erklärt wurde. Dies bedeutete 4 Wochen spezielle Diät-Kost.

    Davon hatte man mir und meinen Eltern vorher nichts erzählt.

    Wenn ich an die Zeit dort zurück denke, habe ich überwiegend schlechte und schlimme Erinnerungen.

    Die "ErzieherInnen" zensierten unsere Briefe nach Hause - wenn da etwas "falsches" drin stand, musste man den Brief nochmal schreiben. Die ganze Atmosphäre dort war von Zwang, Unterdrückung und Bevormundung geprägt.

    Keine lachenden und spielenden Kinder, sondern eher "Zucht und Ordnung" der "alten Schule".

    Gehorsam und Pflichterfüllung waren hier wichtiger als Individualität und Freiheit.

    Ich erinnere mich an einen Vorfall beim täglichen Essensritual im Essraum: Da schon beim Frühstück das Brot dermaßen rationiert war, leckte ein Kind alle Weißbrotscheiben ab und steckte sie danach wieder in den Brotkorb (man durfte sich nur immer jeweils 1 Scheibe auf den Teller legen).

    Die verantwortlichen "ErzieherInnen" ließen sie gewähren.

    3 von den 4 Wochen dort goss es in Strömen und wir waren überwiegend im Haus, da wir wegen des Wetters nicht rauskonnten. Ich erinnere mich an unsympathische und unempathische "ErzieherInnen" .

    Ich habe nicht mehr viele Erinnerungen an diese Zeit - was mich wundert, da ich mich an andere Ereignisse in diesem Lebensjahr noch sehr gut erinnere.

    Ich befürchte, dass ich dort traumatisiert wurde und mich meine Seele durch das "Vergessen lassen" geschützt hat.

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  • nicht hinterlegt? Eggeling Erinnerungen bestehen aus Bunker, Knüppelgasse und Zwangsaufenthalt in der Krankenstation

    War zu schmächtig

    Kinderkurheim Büsum Deichhausen DAK, Name war ?? Seeschlößchen??

    Neben diversen Erlebnissen wie Bunker, Knüppelgasse und iZwangsaufenthalt in der Krankenstation wurden wir gezwungen ständig zu essen. Das übelste Bild, welches mir in Erinnerung geblieben ist, das mein gegenüber, 9 - 10 Jahre, als er das Essen verweigerte, an den Armen festgehalten wurde, die Nase zugedrückt und beim öffnen des Mundes wurde das Essen, reingestopft. Das war eine Abschreckung für uns anderen. Und natürlich mussten wir am Tisch sitzen bleiben, bis alles aufgegessen war.

    Ich leide heute ich unter Adipositas, da ich keinen natürlichen Reflex mehr habe, wann ich satt bin. Eine weitere Frage hätte ich auch, ist es bekannt, das damals auch ruhig stellenden Mittel ins Essen kamen?

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