Zwischen Verwaltung und Medizin – Eine Spurensuche in Westfalen – am Beispiel von Bad Waldliesborn

Ein neues Buch ist im Kreisarchiv Warendorf im Verlag für Regionalgeschichte erschienen: „Zwischen Verwaltung und Medizin – Kindheit(en) in Westfalen“ das sich als Spurensuche versteht. Der Autor Jonathan Schlunck fasst einerseits den Forschungsstand zur Geschichte der Kinderkuren im 20. Jahrhundert allgemein zusammen, andererseits unternimmt es eine archivarische Tiefenbohrung zum Thema „Kinderkuren in Bad Waldliesborn“. Es wird aus Akten zitiert und historisches Material analysiert, es werden Widersprüche und Ungereimtheiten aufgedeckt. Betroffene können interessante Kenntnisse daraus ziehen.

Am Montag, 30. Juni 2025, stellte der Historiker Jonathan Schlunck gemeinsam mit Kreisarchivar Dr. Langewand das Buch öffentlich im Kreisarchiv“ mit Schwerpunkt: Kreiskinderheim Bad Waldliesborn vor. Die Schriftenreihe greift ein gesellschaftlich relevantes Thema auf, das in den letzten zehn Jahren in verschiedener Weise Aufmerksamkeit errungen hat. Das Kreisarchiv freut sich, mit der Arbeit von Jonathan Schlunck eine zugleich theoretisch fundierte wie lokalbezogene Studie in seine Reihe aufnehmen zu dürfen.

Aus dem Klappentext:

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Millionen westdeutsche Kinder zur Genesung und Behandlung von Krankheiten sowie psychosozialen Problemen in Einrichtungen „aufs Land“ geschickt – beispielsweise in das Kreiskinderheim der Kreise Beckum und Wiedenbrück im Kurort Bad Waldliesborn. In der Gesellschaft prägte das System der Kinderkur seit 1946 das Gesundheitsverständnis einer ganzen Generation. Ärzte, kommunale Verwaltungen, Krankenkassen, Kurorte und Eltern arbeiteten zusammen, um einen Ort zu schaffen, an dem Krankheiten, Unterernährung und andere Leiden bekämpft werden konnten. Zur Kur geschickt zu werden war nichts Außergewöhnliches. Vielmehr war es eine generationale Erfahrung. Doch obwohl die Kur für alle Kinder gedacht war, wurden einige Gruppen von Kindern ausgeschlossen, nicht von Anfang an berücksichtigt oder frühzeitig nach Hause entlassen. Dies betraf vor allem Kinder mit Behinderungen, Bettnässer und Kinder, die aus verschiedenen Gründen – meist wegen eines bestimmten Verhaltens– als „gemeinschaftsunfähig“ stigmatisiert wurden. Das vorliegende Buch untersucht die politischen, wirtschaftlichen und medizinischen Vorstellungen, die der Kinderkur zugrunde lagen. Sozialhygiene, effiziente Gesundheitsversorgung, ökonomische Rentabilität und die Idee des social Engineering prägten das Kurwesen und wurden in der Praxis erprobt und umgesetzt. Durch die Untersuchung der Selektionsprozesse wird deutlich, welche feine Trennlinie das Kursystem zwischen jenen Kindern zog, die als zukünftige Mitglieder der Gesellschaft angesehen, und denen, die als „anormal“ wahrgenommenen wurden. Auf diese Weise wurde eine bestimmte soziale Realität geschaffen, die aufzeigt, welche gesellschaftlichen Kräfte in der Lage waren zu defnieren, was Kindheit bedeutet. https://www.regionalgeschichte.de/detailview?no=1550 https://d-nb.info/1348498625

Ähnliche Beiträge