Verschickungskinder – Eine verdrängte Geschichte
Lena Gilhaus, die der Frage der Kinderverschickungen schon 2017 in einer umfangreichen Dokumentation nachgegangen ist, legte am 6. Juli 2023 jetzt auch ein Buch vor.
Aktuelles Interview mit Lena Gilhaus
Taz-Interview mit Lena Gilhaus
Dazu gab es eine eindrucksvolle ARD Dokumentation am 3.7. um 23:00 Uhr im Ersten
Die freie Radio- und Fernsehautorin Lena Gilhaus, deren Vater verschickt wurde, recherchiert seit Jahren über Kinderkuren. Ihre DLF-Radioreportage „Albtraum Kinderkur“ wurde vom Grimme Institut unter die besten drei Reportagen für den Deutschen Radiopreis 2017 gewählt. Auch der Folgebeitrag „Trauma Kinderverschickung – Das lange Schweigen der Politik“ gehörte zu den Nominierten für den Alternativen Medienpreis 2022 in der Kategorie Geschichte.
Inhalt:
Über 15 Millionen Mal wurden Kinder in der BRD und der DDR seit 1945 zur Kur geschickt. Für viele von ihnen waren diese Wochen prägend – und doch haben sie kaum darüber geredet. Dieses Buch erzählt die wenig bekannte Geschichte der deutschen Verschickungskinder.
Die Journalistin Lena Gilhaus ist der traumatischen Geschichte ihres Vaters nachgegangen, hat recherchiert und legt nun ein Buch ihrer langjährigen Recherchen vor. Sie legt Belege für die Zahl von 15 Millionen verschickten Kindern aus der BRD und der DDR vor. Ihr Fazit: Viele erlebten diese Zeit als Grauen. Spannend, anschaulich und erschütternd: Lena Gilhaus erzählt anhand unveröffentlichter Dokumente und vieler Erlebnisberichte die verdrängte Geschichte der Kinderkuren. Sie beschreibt viele konkrete Fälle von sexuellen Missbrauch und deckt weitere Todesfälle auf. Nach diesem Buch ist jedes Kleinreden unserer Problematik unangebracht!
Mit dem Buch von Lena Gilhaus liegt nun ein weiteres bedeutendes kritisches Buch zum Thema “Verschickungskinder” vor. Trotzdem wir bereits 13. Bücher haben, die sich kritisch mit den Institutionen der Verschickungsindustrie beschäftigen *, wird das Thema von der Politik noch immer nicht ernst genommen! Erst in zwei Bundesländern gibt es unterstützende Aufarbeitungsprojekte.
* BÜCHER zum THEMA: Es begann 2014, mit dem Kinder-Buch: Schwarze Häuser, von Sabine Ludwig, dem folgten ab Januar 2021, in Nachfolge des ersten großen Kongresses der Betroffenen auf Sylt 2019, die Bücher von Anja Röhl: Das Elend der Verschickungskinder, und Heimweh-Verschickungskinder erzählen, sowie das Buch von Hilke Lorenz: Die Akte Verschickungskinder, weitere Bücher folgen nun, ab 2021, in immer engeren Abständen: 2021, 2022, 2023. Sie alle bestätigen, was schon die ersten Autorinnen postulierten: Es sind keine Einzelfälle! Ein System Kinderverschickung führte zu ubiquitärer Gewalt gegen Kinder, die mehr oder weniger in allen diesen Einrichtungen herrschte. Die Bedingungen dieser besonderen institutionellen Gewalt, in die insbesondere auch die Medizin verwickelt ist, gilt es decidiert nachzugehen und nachzuforschen, will man daraus etwas für heute lernen.