Foto privat: vlnr: Prof. Dr. Ilona Yim, Uwe Rüddenklau, Anja Röhl

Am 20.3.24 lud der Familienausschuss des Bundestages zur 63. Sitzung ein. Geladen waren Anja Röhl, als Vorsitzende des Vereins „Aufarbeitung und Erforschung Kinderverschickung / AEKV e.V., die als erste Autorin und Sozialwissenschaftlerin zum Thema veröffentlicht hat, Uwe Rüddenklau, der als Vorsitzender die Wünsche der bundesweiten Initiative Verschickungskinder e.V. vortrug, und Prof. Dr. Ilona Yim, wissenschaftliche Psychologin von der US-University of California Irvine, die Ergebnisse einer Traumafolge-Studie zum Thema darstellte, die bei Verschickungskindern im Vergleich zur Kontrollgruppe, signifikant erhöhte Depressionsneigung sowie klare körperliche Folgestörungen festgestellt hat.
Die 63. Sitzung des Familienausschusses fand zwischen 11 und 12.15 Uhr am 20.3.24 zum Thema “Verschickungskinder” statt, wurde gestreamt und ist auch noch weiter aufzurufen.
Zusätzlich war auch noch der Leiter der HU-Studie zu Kinderkuren in Berlin, der Sozialhistoriker, Prof. Dr. Alexander Nützenadel eingeladen. Er zeigte in einer Power-Point-Präsentation einige Zwischenergebnisse seiner Studie, die inzwischen schon an die 2000 Verschickungsheime ermittelt hat und erfolgreich in zahlreichen Archiven tätig war.

Ergebnis der Anhörung der beim Familienausschuss war tiefste Betroffenheit – Nun muss es weitergehen, denn erstens muss geklärt werden, wie genau die Abgeordneten helfen können, zweitens muss der Gesundheitsausschuss mit in die Pflicht genommen werden. Die Verschickung in ein Kindererholungs-, oder -kurheim war eine medizinische Maßnahme. Sie kam nur auf ärztliche Anordnung zustande, erfolgte in ärztlich-pflegerisch geleitete Einrichtungen, die Kinder wurden von Schwestern und Pflegerinnen, oft ungelerntem Personal, betreut, in den Häusern gab es nur Bettenräume, durchgeführt wurden im Wesentlichen Liegekuren. Die Jugendämter stellten lediglich das Personal zur Begleitung der Bahnfahrten und sie überprüften auch die Häuser ab und an, zumindest, die eine pflegerische Leitung hatten, (bei ärztlicher Leitung entfiel die Jugendamtsüberprüfung). Aber darüber was, wann, wie, und wie lange etwas in diesen Einrichtungen mit den Kindern geschah, entschied allein Gesundheitspersonal. Pädagogisches Personal wurde ausdrücklich, das kann man bisher allen Akten entnehmen, in diesen Einrichtungen nicht erwünscht und höchst selten, dann oft nur stundenweise, eingestellt. Es ist ein Gebot der Stunde, dass sich die Medizin und ihre politischen Vertreter:innen mit diesem bitteren Thema beschäftigen. Der Gesundheitsausschuss muss sich an der Aufarbeitung dieser Problematik beteiligen, auch das Gesundheitsministerium muss einbezogen werden, das Thema: “Verschickungskinder” darf nicht allein Sache der Familienpolitik bleiben. Er betrifft beide Bereiche: Familie und Gesundheit!

Hier ein Statement der University of California, Irvine

Hier die Rede von Anja Röhl, die Rede von Prof. Dr. Ilona Yim, sowie die Rede von Uwe Rüddenklau auf der 63. Familienausschuss-Sitzung des Bundestages am 20.3.24. Die PPP-Präsentation des Prof. Dr. Nützenadel steht, da sie bisher nur einen Zwischenstand zeigt, noch nicht öffentlich zur Verfügung, kann aber im Stream angesehen werden.

Hier nochmal der vollständige Mitschnitt der 63. Familienausschuss-Sitzung.

Danke auch an alle “Verschickungskinder” aus Ost und West, zum Teil von weit her, die uns von der Galerie aus durch ihre solidarische Anwesenheit unterstützt haben! In dem Zusammenhang ist nochmal wichtig zu betonen, dass die Situation der “DDR-Kurkinder” natürlich genauso aufgearbeitet gehört, wie die der “Verschickungskinder” des Westens. Für die DDR-Kurkinder gibt es noch gar keine Studie, bisher erst eine Masterarbeit. Aber Betroffene aus DDR-Kurheimen regen sich auch schon und planen einen ersten DDR-Kurkinder-Kongress im Oktober in Dahmshöhe. Unterschiede und eventuelle Gemeinsamkeiten, die vielleicht aus gemeinsamer Vorgeschichte herrühren, gilt es genauestens herauszuarbeiten.

Weitere Infos werden stetig ergänzt.