Filmaufnahmen im ehemaligen Kinderheim Dr. Ide

Michael Spiegel (ehemaliges Verschickungskind Kinderheim Dr. Ide auf Amrum) und Michael Heinze (Heimortgruppe Wyk) der Initiative Verschickungskinder e.V. haben am 4. und 5.12.24 die Insel Amrum zum Zwecke eines Heimortbesuches im ehemaligen Kinderheim Dr. Ide bereist. Vom Bürgermeister Herrn Bendixen bekamen sie freundlicherweise dazu die Erlaubnis. Michael Spiegel fiel es schwer, die Stätte seiner Qualen nach so vielen Jahrzehnten zu betreten. Er schrieb schon 2021 in einem öffentlichen Bericht über seinen Aufenthalt: Ich war etwa im Frühjahr 1970 auf der Insel Amrum im Sanatorium Dr.Ide auf Amrum. Da war ich 8 Jahre. Ich erinnere mich, dass ich während der Zeit Geburtstag hatte. Es war entsetzlich. Das Heimweh, Post von den Eltern war nicht erlaubt. Eines Nachts wurde ich aus dem Bett geholt. Nachdem ich im Dunkeln Ohrfeigen bekam, wurde ich mit Bettzeug in den Flur in eine Ecke gestellt und habe dort die Nacht verbringen müssen. Beim Essen musste aufgegessen werden, wenn nicht, wurden wir mit dem Gesicht in den Teller gedrückt..! Der Bürgermeister von Nebel zeigte sich an einer gründlichen Aufarbeitung der Vorkommnisse in der Kinderverschickung sehr interessiert. Die beiden Betroffenen durften das Haus lange besuchen. So konnte Michael Spiegel sich auf die Suche machen, was er noch wiedererkennen konnte und damit seine alptraumhaften Erinnerungen gründlich überprüfen. Es wurde ihnen außerdem erlaubt, für nachfolgende Betroffene Filmaufnahmen zu machen. Da das Haus abgerissen werden soll, wäre das die letzte Möglichkeit, dass auch andere Betroffene noch einmal das Innere des Hauses sehen könnten. Zwei Tage gestattete der Bürgermeister Filmaufnahmen im Inneren des Hauses, dafür möchten beide Herrn Bendixen noch nachträglich ganz herzlich danken!

INFOS:

Hier noch etwas Hintergrundwissen zum ehemaligen Kinderheim Dr. Ide: Aus: Amrum news. Ein ausführlicher Betroffenenbericht zum Kinderheim Dr. Ide auf Amrum. Hier geht es außerdem zu 75 weiteren öffentlichen Berichten zu Verschickungserfahrungen auf Amrum. Insgesamt waren, nach vorsichtigen Schätzungen, wahrscheinlich zwischen 1947 und 1983 über 10.000 Verschickungskinder auf Amrum. Genaueres werden erst eingehende Forschungen ans Licht bringen. Diese tun dringend Not. Genauso wie in St. Peter-Ording und in Wyk auf Föhr, wo es schon Forschungsprojekte gibt, sollten sich die Uni Hamburg und Uni Kiel auch für die Aufarbeitung Kinderverschickung auf Amrum interessieren. Das kann die Gemeinde nicht allein stemmen. Von allen nord- und ostfriesischen Inseln, auch aus Borkum, Langeoog oder Sylt liegen uns über weit mehr als 30 Jahre Verschickungspraxis zahllose schmerzhafte und traurige Zeitzeugenberichte vor. Die müssen ausgewertet werden. Dazu Dokumente gesichtet, Ursachen erforscht, Akten gesichert. Verschickungskinder wurden z.T. schon ab dem 2. Lebensjahr, allein, in weit entfernte Kindererholungsheime verschickt und erlitten dort oft große Qualen. Zeitzeugen aus Amrum, Betroffene, sowie auch ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, können sich gern beim Forschungsverein der Initiative melden: AEKV@verschickungsheime.de, sowie auch unser Gästebuch für einen Bericht nutzen.

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