Porträts ärztlicher Funktionäre im System der Kinderverschickung

Hier finden sich einige Porträts ärztlicher Funktionäre im System der Verschickung, die als Heimbetreiber, Badeärzte, Funktionäre, Ratgeber, Wissenschaftler aktiv waren, auch als hochdotierte Autoren im Grundsatzwerk: Kinderheime-Kinderheilstätten von Sepp Folberth, in den Auflagen: 1956/1964) oder auch Autoritäten in der Pädiatrie und Impfologie waren, die direkt oder auch indirekt für das System der Verschickungen aktiv waren. Als Heilstättenleiter, balneologische Forscher, Autoren, die meinungsbildend wirkten und in der Fortbildung aktiv waren. Sie sind hier nach Bundesländern und Heimorten geordnet, oftmals mit interessanten Forschungsschwerpunkten in den Bereichen Impfologie, Ernährungslehre, TBC, Medikamententestungen.

Baden-Württemberg

Bad Dürrheim:

Dr. Hans Kleinschmidt

Klinikleiter Bad Dürrheim, Buchautor im Folberth-Buch von 1964

In Bürgerforschungs-Recherche wurde eine Biografie mit vielen Belegen von Dagmar Bunk erstellt. Als Leiter der Kinderheilstätte Bad Dürrheim, postulierte er 1964 im Grundsatzwerk (Folberth, Sepp, S.72) 18 verschiedene „Strafen“ für Kinder in der Kur, sie ähnelten Zuchthausstrafen. Dieser Text über Strafen ist in einem freundlich-mahnenden Tonfall geschrieben, offenbar diente er der Eindämmung einer schlimmeren Strafpraxis, er sollte den Mitarbeitenden Richtschnur sein, niemals schwerer zu strafen als dort angegeben. Trotzdem wurden die dort 1964 empfohlenen Strafen laut zahlloser Zeitzeugenberichte sehr oft um ein vielfaches übertroffen. Über seine NS-Vergangenheit sind erst in jüngster Zeit mehrere Artikel in der Stuttgarter Zeitung erschienen, er war mit Werner Catel arbeitsmäßig über die Kinderfachabteilung in Leipzig bekannt, er war nachgewiesenermaßen an Euthanasieverbrechen beteiligt, und hat nach 1945 weiter Arzneihmittelversuche durchgeführt, ähnlich wie auch Catel. diesmal an seinem kindlichen Klientel in Bad Dürrheim. Nach Ansicht von Experten hat er sich dabei strafbar gemacht. Näheres dazu hier. Diese Informationen sind erst durch ehrenamtliche Recherche des AKV-Baden-Württemberg herausgefunden worden, weitere in einem Hörfunkfeature vom 12.1.22 hier. Man hat ihn bis dahin als großen kinderärztlichen Experten und bedeutende ärztliche Autorität behandelt.

Hans Kleinschmidt | Bild: Mitteilungsblatt d. Dt. Roten Kreuzes, Landesverb. Ba-Wü u. Südbaden. 14 (1962), H. 5/6, S. 7 

Dr. Hans Kleinschmidt hat dabei nicht nur Arzneimitteltests an gesunden Verschickungskindern durchgeführt, ohne die Eltern zu informieren, sondern auch Präparate ohne Marktzulassung verabreicht. Das schreibt die Pharma-Historikerin Wagner. Sie hat die Aufsätze des Arztes analysiert. Der schrieb etwa nach dem Versuch mit Zäpfchen, es seien 65 Kinder „zur Testung ausgewählt“ worden. Der Autor nannte nur den Namen des Wirkstoffs, nicht den des Präparats. Das lässt die Vermutung zu, dass das Medikament noch nicht auf dem Markt war. (Mit freundlicher Genehmigung hier der vollständige Artikel, danke an den SÜDKURIER!) Hier die Originale der vertiefenden Recherche von Dagmar Bunk, sowie eine Zusammenstellung aus neuerer Zeit zur Aufarbeitung seines Lebens in der Fürther Stadtgeschichte.

Nickersberg

Dr. Paul Bartsch

Kinderkurklinikleiter Schwarzwald, Nickersberg

war von 1950-1963 Leiter des Kinderkurheims Dr. Bartsch in Nickersberg im Schwarzwald, aus der Grausamkeiten an Kindern bekannt sind, geboren war er 20.4.1893 in Berlin, arbeitete als Hilfs- und Handelsschullehrer, wandte sich den Nazis zu: 1932 NS-Lehrerbund, 33 Mitglied NSDAP, NSV und Kolonialbund, war dann tätig in der Anstalt für Epilepsie Wuhlegarten, von der aus 1000 Patienten dem Euthanasieprogramm zum Opfer fielen. War ein hochrangiger NS-Sonderpädagogischer Propagandist des Sterilisations-und Euthanasieprogramms der Nazis. Verfälschte seinen Lebenslauf und gab sich als Arzt in seinem Kinderheim aus. Quelle: Ottmann, Anton: Gewitternächte in Nickersberg, 2021, Lindemanns, S. 45)

Lörrach

Dr. med. Dr. med. Sepp Folberth

Herausgeber des Buches: Kinderheime Kinderheilstätten, 1956 und 1964,

Sepp Folberth ist der Herausgeber und Initiator des Grundsatzwerks für die Kindererholungsheime und -heilstätten, weist sich als Schüler des E.Romminger aus und ist Erfinder der von ihm patentierten und beworbenen „Speckdiät für Säuglinge“, (Sepp Folberth: Kinderheime Kinderheilstätten, 1956, Werbeanzeige S. 56/57), die er erfolgreich über die Kinderheilstätten als Allheilmittel gegen Dermatosen und zur Gewichtszunahme vertrieb. (Er besitzt damit ein wirtschaftliches Interesse an der Vermarktung eines angeblichen medizinischen Produktes aus Schweinespeck aus einer Wurstfabrik in Lörrach, die er selbst besitzt).

Bayern

Mittelberg/Oy

Prof. Dr. Georg Hensel, Psychiater

Leiter der Kinderheilstätte Mittelberg/Oy

Georg Hensel war (laut Ernst Klee, ebd, S. 246) als Schüler von Bessau, in Berlin Wittenau an TBC-Versuchen zur Immunisierung von Kindern, deren Lebenshaltung für die Nation keinen Vorteil bedeutet (Habilitationsschrift) beteiligt. Ab 1939 war er Oberarzt der Kinderheilstätte Mittelberg Oy in Mittelberg im Allgäu, in die Kinder zu 6-Wochenkuren hin verschickt wurden. Er hatte schon länger eine Tbc-Schutzimpfung entwickelt, die er nun an „körperlich nicht besonders wertvollen“ Kindern erproben wollte. Nachdem er den Impfstoff an zwei behinderten Säuglingen getestet hatte, führte er im November 1942 an Kindern, die in der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren Irrsee (Allgäu) untergebracht waren, TBC-Impf-Experimente durch. 13 Fälle davon sind aktenkundig geworden. Sechs dieser 13 Kinder verstarben an einer Tuberkuloseinfektion.

Scheidegg

Prof. Kurt Klare

Kinderkurklinikleiter Scheidegg (1918-1938)

Geboren am 10. 10.1885 in Bielefeld, dort gestorben am 12. Juli 1954, Dr. med., er war Arzt, Tuberkulosespezialist, Ärztefunktionär (Gründungsmitglied NSDÄB), Honorarprofessor, 1935 in München für „Tuberkulose und Konstitution“ und 1939 in Münster. Von 1918 – 1938 war er Direktor der Prinzregent Luitpold-Kinderheilstätte Scheidegg. Klare hatte zur Zeit des Nationalsozialismus hohe Funktionen inne. Er war Beauftragter des Reichsärzteführers für die gesamte deutsche medizinische Fachpresse. Bereits 1928 leitete er die Fachgruppe Ärzte der nationalsozialistischen Gesellschaft für Deutsche Kultur. Er war 1929 Gründungsmitglied des Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebundes (NSDÄB), Belege bei Proske, Wolfgang (2021): NS-Belastete aus dem Allgäu, Kugelberg Verlag, Gerstetten, S.152 ff),

Berchtesgaden:

Prof. A. Viethen (1897-1978), 

Leiter des Kinderkrankenhauses sowie der Heilstätten Felicitas und Schönhäusl, Berchtesgaden / Autor bei Sepp Folberth, 1956

Albert Viethen (* 23. November 1897 in Mönchengladbach; † 27. März 1978 in Berchtesgaden) war ein deutscher Pädiater, Hochschullehrer und Klinikleiter sowie während der NS-Zeit Mitglied mehrerer NS-Organisationen, wie der SS, bei der er 1944 noch bis zum Obersturmführer aufstieg. Albert Viethen war ein NS-Arzt und Hochschullehrer. Er stieg in der NS-Zeit zu höchsten Funktionen auf. Er war Mitglied zahlreicher NS-Organisationen und bei der SS. Nach dem Krieg kurze Zeit Lagerhaft, danach Chefarzt der Kinderheilstätte Berchtesgaden. 1963 kam es zum Vorwurf der Beihilfe im Ansbach-Prozess. Es war ihm eine Zusammenarbeit mit der „Kinderfachabteilung“ Ansbach nachzuweisen, wohin er Kinder überwiesen hat, die im Rahmen der nationalsozialistischen „Kindereuthanasie“ ermordet worden sind. 1962 trat er in den Ruhestand und wirkte anschließend noch als Kinder- und Bäderarzt weiter. Er forschte und publizierte über TBC.

Muggendorf

Heimarzt: Karl Heinz Platzek, geb. 28.05.1909 in Michalkowitz, Nähe Kattowitz (heute Polen).

Heimarzt (BRK-Heim Muggendorf/ Bayern) 

Karl -Heinz Platzek lebte ab 1931 in Breslau, er war von 1936 bis 1944 als Arzt (auch Stabsarzt) in Breslau tätig und gehörte vom 1.10.1937 bis 30.11.1945 der NSDAP an. In einer Selbstauskunft bezeichnete er sich später als „Mitläufer“ und musste sich von Mai bis Dezember 1946 vor dem Gericht in Forchheim verantworten. In der Akte, die sich im Bamberger Staatsarchiv befindet, fehlen sämtliche Unterlagen zu dem Gerichtsprozess. Was stand in der Akte? Was durfte niemand wissen? Am 18.03.1946 eröffnete Karl Heinz Platzek eine Praxis in Forchheim und war ab 1953 Heimarzt im BRK-Heim Muggendorf (Vertragsheim der DAK von 1953 – 1976). In dem Artikel „Entnazifizierung. Von der politischen Reinigung zur Mitläuferfabrik“ geht die Historikerin Angela Borgstedt von der Universität Mannheim auf die Entnazifizierung und ihre Mitläufer der damaligen Länder in der amerikanischen Zone, Bayern, Württemberg-Baden und Hessen ein. Wie sie schreibt, wurden die Betroffene in fünf Kategorien eingeteilt: I. Hauptschuldige, etwa Angehörige der SS oder der Gestapo, II. Belastete wie NS-Aktivisten, III. Minderbelastete, IV. Mitläufer und V. Entlastete. https://www.focus.de/wissen/mensch/geschichte/von-der-politischen-reinigung-zur-mitlaeuferfabrik-entnazifizierung_id_2043903.html

Hessen

Mammolshöhe:

Dr. Werner Catel (Kinder-Kurklinikleiter Mammolshöhe):

Dr. med. Werner Catel, (Klee, S.91) war unmittelbar nach 1947 bis 1954 als Heilstättenleiter (Kinderkurklinik Mammolshöhe) aktiv , bevor er den Ruf an die Universität Kiel übernahm, man könnte sagen, er zog sich als hochbelasteter NS-Verbrecher dahin zurück. Später war er sogar in der Kinder-Bädermedizin als Berater und Referent tätig. Dr. Werner Catel, war einer der höchsten NS-Euthanasiefunktionäre mit einem ungeheuren Renomee als Kinderarzt. Er hat das pädiatrische Grundsatzwerk für Medizinstudenten geschrieben (und nach 1945 mit NS-Streichungen neu herausgebracht). Am 27.6.1894 in Mannheim geboren, gestorben am 30.4.1981 in Kiel, war als ein deutscher Kinderarzt und Hochschullehrer, einer der drei Hauptgutachter, sowie als Propagandist in seinem medizinischen Grundsatzwerk, theoretisch wie praktisch an der Kinder-Euthanasie maßgeblich beteiligt. Leiter der Leipziger NS-Kinderfachabteilung für medizinische Versuche. Er war einer der drei T4-Gutachter, die über Leben oder Tod der von den Gesundheitsämtern des Reiches gemeldeten, angeblich behinderten Kinder entschied. Zwischen 1947 und 1954 leitete er die Kinderheilstätte Mammolshöhe im Taunus, ein Verschickungsheim, in der bei medizinischen Versuchen mit TBC-Mitteln unter ihm und in seiner Verantwortung vier Kinder starben. Hier die Quelle. Hier noch eine ganz aktuelle Studie. Im Ort Mammolshöhe wird bis heute seine NS-Vergangenheit verschwiegen, seine Todesfälle im Kinderheim bis 1954 ebenfalls verschwiegen und der ganze Mann verfälschend geschönt. Der Landeswohlfahrtsverband Hessen, in dessen Trägerschaft dieses Heim war, hat zwar obige Studie in Auftrag gegeben, lässt aber bisher noch die Fälschungen im Heimatportal unwidersprochen.

Schleswig-Holstein

Kiel:

Werner Catel (s.o.)

Ab 1954

Leiter der Kinderklinik der Christian-Albrecht-Universität).

Nachdem er von 1954 bis 1963 in Kiel die Kinderuniversitätsklinik geleitet hat, wurde er 1963, wegen zunehmender Öffentlichkeit deiner NS-Verbrechen durch seinen nachfolger abgelöst, arbeitete aber weiter für die Kieler Gesundheits-Behörden, diesmal als freier Gutachter im Verschickungswesen S.-H., wo er Kinderheilstätten und Kindererholungsheime qualitätsmäßig überprüfte, bei ihnen anreiste, Gespräche führte und Fortbildung anriet.

Prof. Dr. Erich Romminger, (1886–1967)

Autor bei Folberth, 1956

Erich Romminger schreibt im Vorwort des Folberth-Buches (Folberth, Sepp, 1956, S.9), dass diese Kuren „in den letzten 20 Jahren eine immer noch zunehmende Bedeutung erlangt“ hätten, was darauf schließen lässt, dass er sich mit diesem Thema schon 1935 in führender Rolle beschäftigt hat. Er war Lehrstuhlinhaber und Leiter der Kinder-Abteilung an der Kieler Universität von 1925 bis 1954 in Kiel, er hat den NS-Massenmörder Werner Catel als seinen Nachfolger an die Christian-Albrecht-Universität zu Kiel geholt. Doktorvater von Sepp Folberth s.u.

Prof. F. Klose (27.7.1887-1978)

Autor bei Folberth, 1956

1923 Stadtmedizinalrat und Leiter des Gesundheitsamtes in Kiel. Ab 1935 lehrte er „Sozialhygiene“ an der Universität Kiel, ein von den Nazis erfundener Begriff, der für Ausrottung unwerten Lebens stand. 1939 Stabsarzt,1943 als außerordentlicher Professor. Von 1919 bis 1945 war er Vertrauensarzt der Reichsversicherungsanstalt. In der NS-Zeit war er beratender Hygieniker beim stellvertretenden Generalkommando des 3. Armeekorps sowie in Berlin beim Wehrkreisamt III, im Rang eines Oberstabsarztes der Reserve. 1943: Anwärter NS-Ärztebund. Ab 1956: Leiter des Hygiene-Instituts, später des Gesundheitsamts Kiel.

St.Peter-Ording:

Hugo Kraas

Kinderkurklinikleiter vom Seeschloss in St.Peter-Ording):

Der Mediziner Hugo Kraas ist am 25.1.1911 in Witten geboren und am 20.2.1980 in Selk gestorben, von 1969 -1980 war er Leiter des Kinderkurheims „Seeschloss“ in St.Peter-Ording. Er war ein deutscher SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS, Regimentskommandeur der Leibstandarte Adolf Hitler und ab 15. November 1944 der letzte Kommandeur der 12. SS- Panzer-Division „Hitlerjugend“. Er wurde 1952 Geschäftsführer des Bezirksverbands der FDP Westfalen, von der nach 1945 zeitweilig eine rechte Sammlungsbewegung ausging. Er führte in den 70er-Jahren das Kinderkurheim „Seeschloß“ in St. Peter-Ording. Hugo Kraas war Mitglied in der „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS“ (HIAG), diese hatte sich zur Aufgabe gemacht, ehemalige SS-Mitarbeiter nach 45 zu retten, zu verstecken, wieder in Arbeit zu bringen. Sie wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch bewertet. Sein Grabstein ist mit SS-Runen geschmückt. Aus dem Kinderkurheim Seeschloß in St.-Peter-Ording sind zahlreiche Grausamkeiten an Kindern in den 50-70/80er Jahre belegt. Ausführliche Dokumentation zu Hugo Kraas, zusammengestellt von Jörg Römer.

Dr. Richard Felten

Leiter der Nordsee-Kuranstalt des DRK „Goldene Schlüssel“

wurde am 22. Juni 1882 in Woserin geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums wurde er 1909 als Doktor der Medizin approbiert. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er an der Front. Karriere machte er im „Dritten Reich“. Am 2. November 1933 trat er der SS bei. Im November 1940 nahm er den Dienstgrad eines Untersturmführers ein. Ortsgruppenleiter der NSDAP in St. Peter. Er war nach 1945 Leiter der Nordsee-Kuranstalt des DRK „Goldene Schlüssel“ 1967 wurde Felten zum ersten Ehrenbürger in St. Peter Ording ernannt. Er verstarb am 24. Januar 1968. Die Kliniknamen im Wandel der Zeit. Quelle: soziologie.uni-kiel.de/de/professuren/professur-fuer-soziologie-und-empirische-sozialforschung/forschung/kinderkurheime-in-st-peter-ording-orte-der-erholung-orte-der-gewalt/zukuenftige-forschungsfragen-ns-einfluesse-auf-das-kinderkurwesen-in-st-peter-ording/

Gerhard Kreyenburg,

Vorsitzender des Vereins, der das Haus Köhlbrand in St. Peter-Ording betrieb

Er war in der NS-Zeit: Gaustellenleiter des Rassenpolitischen Amts der NSDAP und in dieser Funktion verantwortlich für zahlreiche Zwangssterilisationen und die Erstellung der Vorgaben im Umgang mit geistig Behinderten. Das Haus war eines der – wenn nicht – das führende Vertragsheim der DAK. https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Kreyenberg, Gerhard Kreyenburg war zur NS-Zeit stellvertretender Leiter in den Alsterdorfer Anstalten. Es existieren umfangreiche Dokumentationen über Grausamkeiten in dieser Einrichtung. Folter und Zuführungen untereinander, Gewalt, Vergewaltigungen, Medikamentenmissbrauch, Fixierungen etc. und auch über Zwangssterilisation und Abtransporte. Nach 1945, trotz seiner Verbrechen gegen Kinder und seine Ermordungen unschuldiger Menschen, erneut im Sozialbereich tätig. Er war Vorsitzender des Vereins, der das Haus Köhlbrand in St. Peter-Ording betrieb. Das Haus Köhlbrand war ein Kindererholungsheim, ein Buch dazu: https://www.lehmanns.de/…/37691774-9783170315334-auf…, daraus ein Zitat: „Die Autoren haben je aus ihrer Sicht diese Geschichte aufgearbeitet. Im Vordergrund stehen dabei die Schicksale der Opfer: Menschen mit Behinderung, deren Lebens- und Leidensweg zum Teil bis in die Tötungsanstalten verfolgt wird. Die Verwicklung der Medizin und der Theologie wird anhand der Porträts des damaligen Anstaltsdirektors Pastor Friedrich Lensch und des Oberarztes Dr. Gerhard Kreyenberg dargestellt.“ LEHMANNS.DE, eBook: Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr von Michael Wunder | ISBN 978-3-17-031533-4 | Sofort-Download kaufen – Lehmanns.de

Wyk auf Föhr

Professor Dr. Carl Häberlin (1870-1954)

Badearzt in Wyk auf Föhr

Carl Haeberlin studierte Medizin in Göttingen, München und  Tübingen, wo er 1895 das Staatsexamen ablegte und promovierte, danach in Tübingen und Stuttgart als Assistenzarzt tätig, Unternahm eine psychiatrische Studienreise nach Paris und siedelte 1902 nach Wyk auf Föhr über, dort als Badearzt tätig. Zusammen mit Carl Gmelin beteiligte er sich seit 1925 am Aufbau der bioklimatischen Forschungsanstalt in Wyk, die 1928 eingeweiht wurde, die die balneologischen Forschungen durchführte, die ab 1931 von otto Pfleiderer übernommen wurde, mit dem auch Häberlin noch eng zusammen arbeitete.  Ehrenprofessur 1946, Bundesverdienstkreuz 1954[20] Sein Buch „Grundlagen der Meeresheilkunde“ gemeinsam mit Prof. Dr. Dr. Walter Goeters (1899-1955) soll eine große Wirkung entfaltet haben.

Dr. Ingeborg, Käte, Karola Rotermund

1958 bis 1970: Leiterin des Haus Schöneberg, TBC-Kinderheilstätte und Verschickungsheim

Dr. Ingeborg, Käte, Karola Rotermund, geb. Speck, am 28.5.1916 in Berlin, gestorben 2005 in Wyk/Föhr. Verheiratet mit Hartwig Heinrich Rotermund ab 1943. Als Jugendliche: Angehörige des BDM, dann Studium der Medizin, Facharztstudium zur Kinderärztin, 1939 beim Auguste Viktoria Krankenhaus in Berlin, ab 1943 im Warthegau, Bereich Hohensalza, ab 5.10.1959 bis 1970 Chefärztin des „Haus Schöneberg“ in Wyk auf Föhr. Der Ehemann war zur gleichen Zeit als Bäderarzt in Wyk tätig, starb dort aber schon 1964. Der Lebenslauf von Ingeborg Rotermund ist noch weitgehend unerschlossen. (Einiges dazu wurde 2022 von Renate Pisarz im Schöneberger Stadtarchiv gefunden). Ein Kontakt bestand z.B. zu Dr. Oskar Gundermann, der von 1928 -1929 Leiter des Hauses Schöneberg war (damals hieß es noch „Haus Berlin“). Mit ihm zusammen verbrachte Ingeborg Rotermund ab 1943 Zeit im Warthegau (das von Deutschland besetzte Polen), und setzte sich dort „für eine rassistisch motivierte Volkstumspolitik“ ein, was nichts anderes bedeutete, als die Vernichtung unwerten Lebens sogenannter „Erbkranker“ zu organisieren. Oskar Gundermann war dort von 1940 bis 1945 für den öffentlichen Gesundheitsdienst zuständig, in dessen Aufgabe die Ermordung von Psychiatriepatienten fiel. Ingeborg Rotermund arbeitete dort 1943 bis 1945 ebenfalls im Gesundheitsdienst. In welchem Verhältnis Dr. Ingeborg Rotermund zu ihm stand, ist noch nicht abschließend geklärt. 1959 übernahm dann sie den Posten als Leiterin des Haus Schöneberg in Wyk/Föhr, eventuell auf Ratschlag ihres ehemaligen Chefs, Kollegen, Freundes, der dort 30 Jahre vor ihr Leiter war? Sie soll dort zu den Kindern oft sehr brutal und kaltherzig gewesen sein, es gibt mehrere Erinnerungsberichte von Zeitzeugen aus der Kinderverschickungszeit dazu. Zu O. Gundermann siehe auch Norbert Jacherz im Deutschen Ärzteblatt, Ausgabe 20/2013: Im Warthegau sei die NS-Gesundheitspolitik besonders radikal umgesetzt worden…. Im Warthegau habe sich der leitende Medizinalbeamte der Statthalterei, Dr. med. Oskar Gundermann, als „Handlanger der Germanisierungspolitik“ hervorgetan. Nach 1945 wurde dieser im Rahmen von Ermittlungsverfahren zum Tatkomplex Anstaltstötungen und Morde an tuberkulosekranken Polen im Wartheland vernommen. Er bestritt, an diesen Verbrechen beteiligt gewesen zu sein. Dies wirkt anlässlich seiner Funktion als leitender Gesundheitsbeamte dort sehr wenig glaubwürdig. Über Dr. Ingeborg Rotermund muss noch weiter geforscht werden.

Sylt

Alfred Otto Heinrich Pfleiderer (2.2.1900-31.12.73)

Bioklimatologe, in Wyk und Sylt

Er war Bioklimatologe und Hochschullehrer.  Er studierte Medizin in Tübingen und Jena, promovierte über ein zellbiologisches Thema (ulcus ventrikuli). Ab 1931 leitete er die Bioklimatische Forschungsanstalt der Universität Kiel in Wyk auf Föhr.  Später leitete er (1935)  das Projekt „Zwangsatmung“. Dort in der Sanitäts-Versuchs- und Lehrabteilung, beschäftigte er sich mit Kälteversuchen an Gefangenen. Im April 1939 übernahm Pfleiderer den Posten des Direktors am zentralen Institut für Bioklimatologie und Meeresheilkunde der Universität Kiel in Westerland Sylt, wo er ab 1941 als außerplanmäßiger Professor tätig war. Nach 1945 unbehelligt weiter an der Universität Kiel, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Balneologie, im Redaktionsteam der Zeitschrift: Grenzgebiete der Medizin.

Amrum:

Dr. Ide: Johannes Ide (1859-1947)

Gründer und erster Leiter des Nordseesanatoriums auf Amrum, ab 1905

Günter und Dr. Wilhelm Ide

nachfolgende Leiter des Nordseesanatoriums ab 1948 – 1973

Dr. Johannes Ide wurde in Parchim (Mecklenburg) geboren und kam mit Ehefrau Martha geb. Dreyer im Jahre 1897 als Badearzt nach Amrum. Hier wirkte er einige Jahre im Warmbadehaus neben dem Seehospiz und als praktischer Arzt, ehe er nach Nebel zog und hier ein eigenes Sanatorium errichtete. Das Grundstück für sein Sanatorium erwarb Johannes Ide von der Kirchengemeinde. Dr. Ide durch überreden der Pfarrfrau. Er nutzte das alte Pastorat als “Kinderheim” für sein “Nordsee-Sanatorium”, das im Jahre 1905 erbaut worden war. Dr. Johannes Ide nutzte auch die umliegenden Friesenhäuser, um im Sommer Kinder sort unterzubringen. Dr. johannes Ide war ein 100% überzeugter Nazi, er schrieb in seiner Publikation: „Biologie-Religion-Weltbild“, das 1938, im Wilhelm Heims Verlag Leipzig herauskam, vom Arier Christus, dem der Arier Hitler gefolgt sei, (S.5) und unternahm dort den Versuch, die biologistischen NS-Thesen von der Höherwertigkeit des Ariers, medizinisch biologisch als Arzt zu begründen. 1948 – 1973 wurde sein Sanatorium als Kinder-Erholungsheim der Söhne Günther Ide und Dr. Wilhelm Ide, in Trägerschaft der Städte Soest und Gütersloh weiterbetrieben. Zum Kinder-Sanatorium gehörte auch noch die 1898 erworbene “Villa Krönert”. Auch praktisch zeigte er sich, zusammen mit seinen Söhnen Günther und Wilhelm, als aktive Anhänger des Nationalsozialismus. Ab 1933 hatte der Fremdenverkehr, vor allem durch die NS-Ferienorganisation “Kraft durch Freude” (KdF) auf Amrum zugelegt, wovon die Familie Ide stark profitierte. Johannes Ide und seine beiden Söhne Wilhelm und Günter waren engagierte Vertreter der “NS-Bewegung”. Günter Ide wurde als Mitglied des Gemeinderates in Nebel, wie damals üblich, nach dem “Führerprinzip” ernannt. Bruder Wilhelm, langjähriger Land- und Badearzt, war NS-Ortsgruppenleiter. Beide engagierten sich als Ärzte und auch als Leiter mehrerer Kindererholungsheime der Kinderverschickung auf Amrum. Johannes Ide vertrat in der Publikation: “Das Nordseeklima als Heilmittel” 1939 im Verlag Bethel bei Bielefeld, scheinwissenschaftliche Thesen der Vermehrung von roten Blutkörperchen allein durch Insel-Nordseeluft, und dass „schwächliche“ Kinder durchaus mal 6 Wochen der Kur „nur im Bett liegen“ (S. 18) müssten, und behauptete auf S. 12, dass ein Mann an Tuberkulose gestorben sei, weil er von Kommunisten gejagt wurde.

Das “Nordsee-Sanatorium” – rechts das alte Pastorat, als Kinderheimstätte eingerichtet
Günter Ide – langjähriger Betreiber des “Sanatoriums” als Kinderheim

Nach Kriegsende wurde das Nordsee-Sanatorium als Kindererholungsheim eingerichtet, geleitet von den Söhnen. Günter Ide übernahm die Leitung des Sanatoriums und betreut wurde es von Dr. Wilhelm Ide. Rund 60 Betten standen für die Kindererholung bereit. Von 1948 bis 1973 stand das Haus unter der Trägerschaft der Städte Soest und Gütersloh. 1973 wurde das Kinderheim an die Lebenshilfe verkauft, später erwarb es die Gemeinde, jetzt soll es abgerissen werden. (Text gekürzt aus: Amrum News). Betroffene aus dem Kindererholungsheim erinnern sich mit Angst und Schmerzen an das Heim und den Heimbetreiber Dr. Günter Ide, ein Zeitzeuge bezeichnete es als „Kinderknast“. Es herrschte eine hartherzige, von Strafen geprägte, rauhe und „robuste“ Atmosphäre. Jüngst fanden sich, versteckt in einem der alten Heimhäuser, sadistische Magazine mit Kinderabbildungen plus Reitgerte, die auf Missbrauch schließen lassen.

Niedersachsen

Borkum:

Dr. Werner Scheu

Kinderkurklinikleiter in Borkum, Möwenblick

Geboren am 30. März 1910 in Heydekrug, gestorben 13.10.89 in Borkum, war er ein deutscher Kinderarzt, SS-Untersturmführer, Täter des Holocaust und verurteilter Kriegsverbrecher. Er besaß das Kinderheim Möwennest, noch heute ein weithin sichtbares stattliches Gebäude, mit sicher hohem Immobilienwert. Laut Ernst Klee (S.532) war er beteiligt an der Ermordung von 220, angeblich arbeitsunfähigen Juden in seinem Geburtstort, Heydekrug. Im August 1942 heiratete Scheu Anne-Liese Werner und hatte zwei Söhne (* 1943 und * 1945). 1948 pachtete er mit seiner Frau, einer Kinderkrankenschwester, auf der Nordseeinsel Borkum ein Grundstück mit einem Haus, und gründete das Kinderkurheim Mövennest, wo Kinder nachweislich drangsaliert und gequält wurden. (Akte NLA-OL Rep 946 Akz. 38/1997 Nr. 457 IX)

Hannover:

Prof. Kurt Nitsch

Chefarzt des Kinderkrankenhauses Cecilienstift, Hannover / Autor bei Folberth, 1956 und 1964:

K. Nitsch war einer der bedeutensten Autoren im Buch: Kinderheime Kinderheilstätten, von Sepp Folberth, in beiden Auflagen, 1956 und 1964 (K. Nitsch in Folberth, Sepp, Grundsätze der Kinderverschickung, S. 9ff) , er wendet sich dort vehement gegen eine Verkürzung der Kurzeiten unter 6 Wochen und empfiehlt stattdessen Verlängerung auch über 12 Wochen hinaus, besonders für jüngere (!) Kinder. (Nitsch, K. in Folberth, Sepp, ebenda, S. 11ff). Er propagiert für eine Verschickung wegen „Konstitutionsschwäche“ unbedingt: „vor Schulanfang“ und spricht in dem Zusammenhang von der Notwendigkeit der „Durchmusterung der Schulanfänger des kommenden Jahres“ (ebenda, S.16) und der Notwendigkeit 3-5-jährige Kinder besonders häufig zu verschicken. Er leitete von 1953 bis 1973 den Cecilienstift Hannover. und war in der 6. Legislaturperioide Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes. Neben der obigen Veröffentlichung hat er Forschungen zur Verträglichkeit bestimmter Arzneimittel betrieben. Hier ein Ausschnitt zur Forschung antibiotischer Therapie, bei der auch Kinder zu Tode kamen:

„Von Februar bis Juli 1955 wurden bakterielle Infektionen einer Kinderklinik, die antibiotischer Therapie bedurften, ohne dass das Ergebnis bakteriologischer Untersuchungen abgewartet werden konnte, mit Tetracyclin (Hostacyclin) behandelt. Nach Aussonderung von Fällen, die sich im weiteren Verlauf als relativ leichte Infektionen herausgestellt hatten, blieben 114 Fälle, über die berichtet wird. 5 Todesfälle werden eingehender besprochen. Sie waren nach der Lage der Dinge auch durch eine andere antibiotische Therapie mit größter Wahrscheinlichkeit nicht zu vermeiden. — In 7 Fällen wurde gleichzeitig ein zweites Antibiotikum (Hostamycin) gegeben, 5mal bei Pneumonien im ersten Trimenon, 1mal bei einer Pertussispneumonie, 1mal bei einer durch Staphylococcus aureus hervorgerufenen Pneumonie. — Bei Staphylococcus-aureus-Erkrankungen besteht — wie mit den anderen sogenannten Breitspektrumantibiotika, vor allem dem Penicillin — am ehesten die Gefahr, daß Tetracyclin nicht ausreichend zur Wirkung kommt, so daß wir in diesen Fällen Erythromycin, das bei uns vorerst noch keinen Versager zeigte, vorziehen, falls die Schwere der Erkrankung zu Sorgen Anlaß gibt. Sonst zeigte sich in unserem Krankengut eine gute Wirkung. Die Verträglichkeit ist gut. Die Dosierung wurde relativ hoch gewählt, zwischen 20 und 30 mg/kg Körpergewicht. In der Regel dürften aber Werte zwischen 15 und 25 mg genügen; junge Säuglinge sollten prinzipiell mit der oberen Grenze der angegebenen Dosierung behandelt werden. Wir bevorzugten Tropfen für Säuglinge, Kapseln zu 50 mg und Saft für ältere Kinder. — Der Sinn der Arbeit soll dahingehend verstanden werden, dass bei akuten bakteriellen Infektionen verschiedener Art, die keine vorhergehende bakteriologische Klärung oder gar Resistenzprüfung zulassen, Tetracyclin hohe Wirkungssicherheit zeitigt und dass lediglich bei schweren Staphylokokkeninfektionen ein anderes Antibiotikum (Erythromycin) vorzuziehen ist ( b ).   “a = Nitsch, K: Das Flachlandklima, in Folberth, Sepp, 1956, S. 43-56 und Grundsätze der Kinderverschickung, in Folberth, Sepp, 1964, S. 9-24 b = (Dtsch med Wochenschr 1956; 81(41): 1646-1650 DOI: 10.1055/s-0028-1115200, Georg Thieme Verlag, Stuttgart:  Kinderklinische Erfahrungen mit Tetracyclin (Hostacyclin)The treatment of bacterial infections of childhood with tetracyclin, von U. Becker, K. Nitsch) Veröffentlichung: Prof. K. Nitsch: Balneotherapie und Klimakuren im Kindesalter, Dt. Bäderverband, Bonn, 1959

Professor Dr. Hans Heinze

Direktor der Landesanstalt Görden, Hannover Wunstorf

Hans Heinze, Direktor der Landesanstalt Görden, war einer der wichtigsten Protagonisten der „NS-Euthanasie“. Im November 1938 im Kuratorium des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Hirnforschung aktiv. T4-Gutachter ab 1939. Die Landesanstalt Görden war laut Ernst Klee (NS-Personenlexikon, S.240), eine Modelleinrichtung zur Beobachtung, Beforschung und Ermordung „behinderter und sozial auffälliger Kinder“ und ein Ausbildungszentrum mordbereiter Jugendpsychiater, deshalb auch: Reichsschulstation genannt. Heinze über seine „Forschungen“ am 28.11.43 zu einem T4-Kollegen: Bei unseren neurologischen Fischzügen haben wir so wundervolle Hechte aus dem Netz geholt!. Mitarbeit am Euthanasiegesetz. 1945 Verhaftung, 7 Jahre Haft, 1952 entlassen, ab März 1954 erneut Leiter der Jugendpsychiatrischen Klinik beim niedersächsischen Landeskrankenhaus Wunstorf. 1966 Einstellung Ermittlungsverfahren. Das Wunstorfer Krankenhaus war zeitweise auch ein Verschickungsheim und Heinze war in auch der Kinderverschickung aktiv.

Norderney

Preidt, Hermine (09.04.1901 – 29.03.1966)

Assistenzärztin im Seehospiz „Kaiserin Friedrich“ auf Norderney, von 1928 – 1930 und 1931 – 1935.

Sie war Leitende Ärztin vom 1. Januar 1936 – 31. August 1939. Hermine Preidt war die letzte ärztliche Leitung, bevor das Seehospiz Norderney Kriegslazarett wurde, sie kam 1928 als Assistenzärztin an das Seehospiz Norderney und blieb dort bis zu ihrer Kriegsverpflichtung.

Prof. W. Goeters (3.3.1899-28.12.1955),

Chefarzt der Kinderheilstätte Seehospiz „Kaiserin Friedrich“, Norderney / Autor bei Folberth, 1956

Walter Goeters war zunächst studierter Landwirt und Tierzuchtexperte, als Assistent an der Virus-Forschungsanstalt in Jena, promovierte dann zum Dr. phil. 1928 an der Universität Leipzig, dann als Assistent am bakteriologischen Institut der preußischen Forschungsanstalt für Milchwirtschaft in Kiel In der NS-Zeit nach 39 arbeitete Walter Goeters erfolgreich als Bakteriologe. Für seine Forschungen arbeitete er mit pathologischem „Material“ aus Kinderfachabteilungen. Walter Goeters übernahm am 1. Mai 1948 die erste medizinische Leitung des Seehospizes auf Norderney. Damit wurde das Seehospiz als Kinderheilstätte geführt und nicht mehr vom Jugendamt überprüft. Sein Buch über die Anzüchtung von Kulturen für die Untersuchung von Liquor, enthält Belege für zahlreiche Gehirnwasserentnahmen in seiner Heilstätte ab 1948, die nicht aus medizinischen, sondern aus Forschungs-Gründen erfolgten.

NRW

Brilon

Paul und Elfriede Selter

Gründung und Leitung des Kinderkurheims Dr. Selter in Brilon.

Paul Selter ( geb.: 23.7.1900, 1930 Mitglied der SA und Eintritt in die NSDAP, (Mitglieds-Nr.: 262817), Paul Selter schreibt sich an verschiedenen Universitäten mit abweichenden, sich widersprechenden biografischen Daten ein. 1918 noch als Soldat im 1. Weltkrieg, ab 1925 zunächst Wirtschafts-, später Philosophiestudium, ab 1930 SA- und NSDAP-Mitglied. Im gleichen Jahr will er ein Medizinstudium aufgenommen haben. Hierzu gibt es mehrere Ungereimtheiten. Eine Approbation wird ihm 1939 verliehen, es gibt aber keinen Hinweis auf ein Staatsexamen, ab September 1940: Sanitätsstaffel des Heeres, dort wird er als SA-Mitglied geführt, auch als Mitglied im Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps (NSKK). Nach Magenproblemen und Depressionen in Russland, Versetzung nach Norwegen. Einen Doktortitel trägt er seit 1941, über seine Dissertation gibt es nur einen schmalen Entwurf von 1949. Inhalt: Untersuchungen zu einer verbreiteten Form des Wurmbefall, die Oxyuriasis. Dazu machte er als Landarzt angeblich Versuche an 50 Kindern mit dem antiseptischen Mittel Gentianaviolett. Im September 1947 firmiert er als praktischer Arzt und Geburtshelfer in einer TBC-Klinik. Er gründet, zusammen mit seiner Frau, dann mit einem erst nach der Entnazifizierung entsperrten Vermögen, 1953 das Kinderkurheim Dr. Selter, stirbt aber kurz darauf. Er hinterlässt das Privatheim „Kinderkurheim Dr. Selter“ seiner Ehefrau Elfriede, die dieses bis 1983 leitet.

Elfriede Selter wird unehelich, als Elfriede Hölken, am 6.1.1902 geboren. Ab 1906 erhält sie den Familiennamen Schwalbe, da ihre Mutter 1904 den Bergmann August Schwalbe geheiratet hat. Er ist in ihrer Geburtsurkunde nicht als Vater angeführt. 1924 heiratet sie den berufslosen Paul Selter. Sie tritt 1941 in die NSDAP ( Mitgliedsnummer 8806301) ein und wird ab da mit eigenem Telefonanschluss als dipl. Kosmetikerin geführt. Über Elfriede Selter, die ab 1953 das Heim Dr. Selter geleitet hat, gibt es zahlreiche schmerzliche Berichte von ehemaligen Verschickungskindern, die sie als extrem streng und gewalttätig schildern. Sie leitete das Heim bis zum Jahre 1983. Später hat auch ihr Sohn, der Arzt Manfred Selter, als leitender Heimarzt im Haus gewirkt. Näheres über beide

Bonn:

Dr. Otto Müller

Leiter des Kindersanatoriums Haus Bernward in Bonn-Oberkassel

Der Arzt Otto Müller leitete 1960-1976 das Kindersanatorium Haus Bernward, ihm wurde wegen zunehmender Beschwerden u.a. am 6. August 1976 die Konzession entzogen. Er fiel durch schwere körperliche Gewalt und andere Brutalitäten gegen Kinder auf, u.a. schmerzhafte Injektionen als Strafmaßnahmen bei nächtlichem Einnässen, Verabreichen von Sedativa, und dem Ausspruch: „Sedieren, sedieren, bis er im Stehen einschläft!“ ( siehe dazu: Beschwerdebrief vom Oktober 1974, Kinderschutzbund) Näheres bei Detlef Lichtrauter, AKV-NRW, Bericht über seine traumatischen Erlebnisse in Bonn-Oberkassel

Schweiz und Berlin

Bern, Berlin

Prof. E. Glanzmann, (12.4.1887- 2.2.1959)

Direktor der Univ.-Kinderklinik Bern / Autor bei Folberth,

E.Glanzmann war 1956 ein Schweizer Kinderarzt. Nach ihm ist eine angeborene Funktionsstörung der Blutplättchen (Thrombozytopathie), die Glanzmann-Thrombasthenie, benannt. Er studierte in Zürich, Berlin und Bern Medizin. Er bildete sich in den 20er Jahren bei Adalbert Czerny an der Charité Berlin in der Kinderheilkunde weiter. Während der NS-Zeit, 1932 und durchgehend bis 1959, war er Mitherausgeber der „Internationalen Zeitschrift für Vitaminforschung“. Dieser Mikrobiologe ist Autor bei Folberth und Chefarzt einer Kinderklinik und ein bedeutender Hochschullehrer, er beschäftigte sich mit Ernährungsstoffen, Zellbestandteilen und Vitaminen. Er nahm maßgeblichen Einfluss auf Forschung und Lehre durch sein umfangreiches Standardwerk. In seinem Artikel im Folberth-Buch behauptet er auf S.13, Mitte, dass „Syphillis …namentlich bei französischen Kindern“ vorkäme.

Bundesweit

Prof. Dr. Hans Kleinschmidt, Erster Präsident der Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Kinderlähmung /Impfkommission

Prof. Dr. Hans Kleinschmidt, wurde am 18.06.1885 in Elberfeld bei Wuppertal geboren und starb am 04.01.1977 in Bad Honnef. Er war ein Professor für Kinderheilkunde (1931-1946). Er studierte Medizin in Freiburg 1903-1904; Kiel 1904-1905; München 1905-1906; Bonn 1906-1908 und legte da sein Staatsexamen (Bonn 1908) und seine Promotion (Bonn 1909) ab. Seine Habilitation erfolgte 1913: Über Milchanaphylaxie, in: Monatsschrift für Kinderheilkunde, Bd. 11, 1913, S. 644-682. Seine Karriere: Zunächst Medizinalpraktikant am Pathologischen Institut (Bonn) dann Medizinalpraktikant Allgemeines Krankenhaus Hamburg-Eppendorf (Hamburg), Ass.arzt Allgemeines im Krankenhaus Hamburg-Eppendorf (Hamburg 1909), Ass.arzt in der Medizinischen Universitätsklinik (Marburg 1909-1913), als Ass.arzt im Kaiserin-Auguste-Victoria-Haus (Berlin 1913-1919), Professor für Kinderheilkunde (Berlin 1918-1920 unter Adalbert Cerny) und Leiter des Kinderkrankenhaus Berlin-Weissensee (1919-1920), Professor für Kinderheilkunde und Direktor Universitäts-Kinderklinik (Hamburg 1920-1931), Professor für Kinderheilkunde und Direktor Universitäts-Kinderklinik (Köln 1931-1949) Professor für Kinderheilkunde und Direktor Universitäts-Kinderklinik Charité (Berlin 1944-1945).  Kleinschmidt trat 1937, noch als 52-jähriger der NSD-AP (?) bei und war 1944 Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Bevollmächtigten für das Gesundheitswesen, Karl Brandt, er stand also dem ranghöchsten NS-Mediziner nahe, ein führender NS-Funktionär. Nach dem Krieg arbeitete er unbeschadet und ohne Unterbrechung weiter als Professor für Kinderheilkunde (Göttingen 1946-1953), mit altersentsprechender Emeritierung (Göttingen 1954) Nach der Emeritierung wurde er sofort zum Leiter der Bundesdeutschen Impfkommission berufen.

Er war also emeritierter Ordinarius für Kinderheilkunde, als er bei der folgenden Sitzung der Impfkommission in den Behringwerken 1960 teilgenommen hat. Dort äußerte er anlässlich der Schwierigkeiten, Eltern zur Einwilligung in Impfversuche mit ihren Kindern zu gewinnen, die Ansicht,„daß sich durch persönliche Vereinbarungen zwischen Instituten, die solche Untersuchungen durchführen, und den Trägern von Kinderheimen bzw. den Leitern der Kinderheime weit mehr erreichen läßt, als durch amtliche Empfehlungen“. (S.105 ebd)  Weiter heißt es: „Poetschke schlägt vor, daß man die ganzen Impfschwierigkeiten dadurch umgehen könne, daß man die Eltern bei der Aufnahme ihres Kindes in ein Kinderheim einen Revers unterschreiben lasse, daß sie mit allen notwendigen Impfungen und den damit verbundenen Blutentnahmen einverstanden seien“. (S.106) Dieses habe ich mehrfach in Dokumenten gefunden.

Man muss dazu wissen, dass es sich bei diesem Mann um einen der allerhöchsten NS-Ärztefunktionäre gehandelt hat, sein Wort galt etwas, ihm widersprach man nicht, ihm folgte man, seine Funktionen aufgelistet:

Dekan (Köln 1935-1936)
Prorektor (Köln 1939-1942)
Stellv. Senator

Mitgliedschaften

Corps Rhenania Freiburg (1904)
Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (1933)
NSDAP (1937-)
RDB
Präsident Verieinigung zur Bekämpfung der Kinderlähmung (1954-)
Senat Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina
Gründungsmitglied Deutsche Gesellschaft für Gesundheitsfürsorge des Kindesalters

Ehrungen

Ehrenmitglied Robert Koch-Institut (1943)
Großes Verdienstkreuz Bundesrepublik Deutschland (1955)
Emil-von-Behring-Preis (Marburg 1956)
Paracelsus-Medaille Deutsche Ärzteschaft (1966)
Großes Verdienstkreuz mit Stern Bundesrepublik Deutschland (1967)
Dr. med. h.c. (Hamburg)
Dr. med. h.c. (Köln) 
Dr. med. h.c. (Berlin) 
Ehrenmitglied Deutsche Tuberkulosen-Gesellschaft 
Ehrenmitglied Interstate Postgraduate Medical Association of North America
Albrecht-von-Haller-Medaille (Göttingen)
Offizierskreuz Al Mérito Bernando O'Higgens-Orden (Chile)
Ehrenmitglied diverser, internationaler Gesellschften für Kinderheilkunde

Sonstiges

Kriegsdienst WK I, Landsturm 
Mitherausgeber "Beiträge zur Klinik der Tuberkulose" (1923-)
Mitherausgeber "Kinderärztliche Praxis" (1935-)
Herausgeber "Monatsschrift für Kinderheilkunde" (1948-) 
Herausgeber "Zentralblatt für die gesamte innere Medizin mit Einschluss der Kinderheilkunde" (1948-) 
Mitherausgeber "Zeitschrift für Kinderheilkunde" (1948-)
Mitherausgeber "Zentralblatt für Kinderheilkunde" (1952-)
Herausgeber "Jahrbuch für Kinderheilkunde"
Mitherausgeber "Kinderärztliche Praxis" und "Monatsschrift für Kinderheilkunde"
Sachverständiger Lübecker Impfunglück (BCG)
Untersuchungen über Poliomyelitis-Epidemie in Köln (1938)
Wiss. Beirat Bevollmächtigter für das Gesundheitswesen Karl Brandt (1944-)
Initiator erster Nachkriegskongress und Neugründung Deutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde (1948)
Initiator der Wiederbegründung Deutsche Vereinigung für die Fürsorge des Kindesalters
verheiratet mit Maria Kleinschmidt, geb. Nebelthan

Was diese Testungen den betreffenden Kindern dabei für Schmerzen bereitete, welche der Bedingungen, die den Kindern Probleme und Angst gemacht haben, u.U. vielleicht nur deshalb geschaffen wurden, um vergleichende Settings zu konstruieren, dass also hier ein sich massiv über kindliches, menschliches Gefühl hinwegsetzender Vorsatz im Spiel war, unter dem Kinder gelitten haben, damit Forschende forschen konnten, Nebeneinkünfte und Ehrgeiz befriedigen konnten, das hat offenbar keinen der ehrenrührigen Herren mit NS-Vergangenheit interessiert. Da der Begriff „Kinderheim“ von Kinderärzten i.d.R. geläufig eher für die medizinisch-pflegerischen Institutionen benutzt, als für die vom Jugendamt betreuten, sie gar keine Unterscheidung machten, weil sie nur die medizinischen Einrichtungen kannten, unter denen auch die Säuglingsheime fungierten, kann man also davon ausgehen, das mit diesem Ausspruch und Rat des höchsten Leiters der bundesdeutschen Impf-Kommission, die sich seit 1954, laut Aktenfunde der Sylvia Wagner (2016) zusammen mit dem Bundesinnenminsterium und den Länderminsterien die möglichst störungsfreie Organisation von Impftestungen überlegt haben, durchaus die Kinderheime der Verschickungsinstitutionen gemeint waren, die ja im Vergleich mit den Fürsorgeanstalten, eine viel größere Anzahl darstellten. Zumal sie noch über ärztliches Equiquement verfügten, was in Erziehungsheimen gar nicht vorhanden war.

Man kann also rückschließen, oder zumindest die These aufstellen, dass in den oft weit vom Wohnort entfernten Kindererholungsheimen und Kinderheilstätten, den Kinderkurheimen nicht nur Impftestungen und Medikamententestungen durchgeführt wurden, sondern, dass dies mit eine Ursache für die so massive Werbung, wie beschrieben sogar „Rekrutierung“ von Kindern unter den Gesundheitsämtern für diese Verschickungen war, und also die meisten Kinder nur vorgeblich wegen gesundheitlicher Probleme verschickt wurden, sondern vor allem deshalb, weil sie kostenlose und einfach zu behandelnde Probandengruppen für angehende und forschende Mediziner darstellten, dem sollte dringend gründlich nachgegangen werden, das wäre dringend eingehender zu verifizieren. Es ist bisher nur eine These, die sich aus Indizien ergibt, diese müssen überprüft werden.  

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Diese Liste ist unvollständig, gern nehmen wir Hinweise weiterer Recherchen über ärztliche Leiter von Verschickungsheimen entgegen: info@verschickungsheime.de

verantwortlich für diese Zusammenstellung: Anja Röhl

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