Todesfälle in der Kinderverschickung
TODESFÄLLE von Kindern in der Verschickung sind bisher überhaupt noch nicht erforscht worden. Bisherige Vorfälle sind reine Zufallsfunde. Wir bitten Familien, die ein Kind in der Verschickung verloren haben, daher dringend um Mithilfe. Melden Sie sich bei unserem Wissenschaftsverein: AEKV@verschickungsheime.de
Todesfälle in der Verschickung werden in den Akten meist als „Unfälle“ bezeichnet, (n. Lena Gilhaus, 2022, S.144 *), sie waren aber oft auch Ergebnis eines schweren Krankheitsverlaufs, dieser wurde meist vertuscht. Da die Schwere des Krankheitsverlaufs den Eltern i.d.R., wie wir inzwischen aus Zeugnissen wissen, i.d.R. nicht mitgeteilt wurde, hatten diese keine Möglichkeit, das Kind früher nach Hause zu holen. Todesfälle kommen i.d.R. aber auch als Marasmus ( Auszehrung) vor, was dann durch psychische Gründe, wie Hospitalismus, hervorgerufen wurde, was ganz besonders bei Säuglingen und Kleinstkindern im Zuge des Bindungstraumas durch die plötzliche Trennung vorgekommen ist. In den Akten ( Schleswig, Landesarchiv) fanden wir Aussagen von Säuglingspflege-Mitarbeitern: „Uns sterben hier ganze Stationen weg…“
Eine weitere Ursache für Todesfälle in der Verschickung ist in den Bedingungen der Totalen Institution, sowie der Arzneihmittelforschung anzunehmen, wo durch direkten und vorsätzlichen Gebrauch von Gewalt und invasiven Eingriffen, bzw. Medikamentengaben, Todesfälle wenigstens in Kauf genommen wurden. Eine Forschung hierzu hat bisher noch nicht begonnen, ist aber überfällig.
Bisher konnten wir die folgende Todesfälle durch BÜRGERFORSCHUNG nachweisen:
Bad Salzdetfurth:
Drei Kinder im Kinderheim Waldhaus in Salzdetfurth kamen zu Tode. Zwei Kinder durch Aspiration von Nahrungsresten und ein Kind durch Todprügeln. (siehe auch: Röhl: Das Elend der Verschickungskinder, S. 115, Aktenfund in der Akte: NLA HA Nols, 120 Hannover./.120 ACC.12/83 Nr.18: Briefwechsel des Landesjugendamtes mit der Stiftung Kinderheilanstalt Salzdetfurth, hier finden sich u.a. die Oduktionsbefunde der Verstorbenen, sowie Informationen über die kriminalistische Untersuchung der Fälle).
Zwei der Kinder sind im März 1968 und eines ist im Mai 1968 verstorben. Seitens des Heimes und der Heimleitung wurde versucht, die Todesfälle zu vertuschen (siehe obigen Aktenfund, und Beitrag in Report Mainz, 2020) Das Todprügeln des einen Kindes ist durch eine Gruppe von Sechsjährigen nachts im Schlafraum passiert, eine Aufsichtsperson ist trotz der Schreie des Kindes nicht zur Hilfe gekommen. Die sechsjährigen Kinder trieben das Vierjährige Kind zwischen sich in die Enge, einer Gruppenstrafaktion nachempfunden, wie sie ja pädagogisch empfohlen und sie auch von anderen Betroffenen im Waldhaus erlebt, sowie in vielen Zeugnissen benannt wurde. Das Kind starb durch Schläge mit Stuhlbeinen, Holzstücken, Schubsen, Treten und wies bei der Obduktion multiple Knochenbrüche und Hämatome auf. Die beiden anderen Kinder, in deren Lunge man Erbrochenes fand, sind kurz nach dem Essen tot zusammengebrochen, dieses kann auf einen Tod zurückgeführt werden, der durch Zwangsfüttern hervorgerufen wurde. Der damalige Pathologe wusste sicher nichts von der Praxis des Zwangsfütterns in den Verschickungsheimen, daher wird auch nur der eine Fall als gewaltsamer Tod anerkannt. Durch zahllose Zeugnisse ist aber inzwischen nicht nur die Praxis des Zwangsfütterns von Nahrung, sondern auch die des Zwangsfütterns von Erbrochenen in vielen Fällen nachgewiesen, daher kann auch bei den beiden anderen Kindern von Fremdverschulden ausgegangen werden. Das Zwangsfüttern von Nahrung bis zum Erbrechen und Wiedereinflößen des Erborchenen wurde inzwischen in mehreren Untersuchungen als Hauptmerkmal der traumatischen Erinnerungen an den Umgang in Verschickungsheimen angegeben. Es gilt, bei Erwachsenen angewandt, als eine Foltermethode. Heute wird diese Praxis in Kitas strafrechtlich verfolgt.
Borkum, Friesenhof:
Ein 5-jähriges Kind auf Borkum im Kinderheim Friesenhof. Todesursache: „Herz-Kreislaufversagen“. Dieser Tod gibt mehrere Rätsel auf, da hier keinerlei Begleitumstände geschildert wurden. Die Leiterin des Kinderheimes findet anschließend (Akte Friesenhof, Borkum, Landesarchiv Oldenburg, Röhl, 2021,1) kein einziges Wort der Erschütterung über diesen Tod, es gab keine Obduktion, kein Briefwechsel mit den Eltern, kein bedauern, keine polizeiliche Untersuchung. Es liegt kein Krankheitsnachweis in der Akte. ihre Reaktion gegenüber dem Jugendamt erschöpft sich in dem Satz, dass sie selbst keine Schuld träfe.
Borkum, Sancta María:
Am 14.09.1953 ertranken 2 Kinder aus dem Kinderkurheim Sancta Maria, Borkum.
Kinderheilstätte Mammolshöhe:
Es gibt aktuelle Veröffentlichungen zu Mammolshöhe:
- Medikamentenversuche zu Mammolshöhe von Martina Schüttker-Hanska
- Eine Wissenschaftstudie des Hans Walter Schmuhl ist in Arbeit, sie erscheint im September 2024
Durch illegale Versuche mit Medikamenten kamen Kinder in Verschickungsheimen zu Tode: Zitat aus FR: ….“Bei Medikamentenversuchen im TBC-Kinderheilstätte Mammolshöhe in Königstein sind in der Nachkriegszeit mehrere Kinder ums Leben gekommen. Mitarbeiter des damaligen Anstaltsleiters, des Arztes Werner Catel, schrieben in einem Fachartikel 1949 von zwei Todesfällen. Aus näheren medizinhistorischen Recherchen geht hervor, dass es mindestens vier Todesopfer bei den Versuchen gab.“
Der Arzt Werner Catel publizierte über diese Versuche unter Nennung der Todesfälle in den 1960-er Jahren. Hier einige Informationen zu dem Arzt (Werner Catel) , der die Todesfälle in Mammolshöhe zu verantworten hatte. Und zum Zusammenhang dieses Arztes mit (Euthanasie-) Experimenten und Morden an Kindern und Säuglingen. Neuere Forschungen von Sylvia Wagner bestätigen eine auch später noch in Verschickungsheimen übliche Praxis von Arzneihmittelgaben, für die es keine medizinische, sondern eine soziale Indikation gab, und bei der es nachweisbar kommerzielle Vorteile gab, zum Umgang mit Versuchsreihen in Verschickungsheimen für die Arzneihmittelforschung, weiteres dazu hier Veröffentlichungen zu Mammolshöhe hier: Artikel I, Artikel II
Familien, die ein Kind in einem möglichen Verschickungsheim, in einer Kinderkureinrichtung oder in Kindererholungsheimen verloren haben, haben das schlimmste Trauma erlebt, was sich denken lässt! Gern können Sie sich bei uns melden, mit dem Ziel der Nachforschung, der möglichen nachträglichen Aufklärung und des Trostes durch gemeinsamen Austausch.
* Lena Gilhaus fand im LWL-Archivamt für NRW 20 Todesfälle ( Gilhaus, 23, S.147) auf, sie führt im Folgenden einige Beispiele auf: Hans-Joachim aus Enschede, 12 Jahre alt, 1949 auf Norderney, Wolfgang, 1966, Kurhaus Allerheiligen in Oppenau, Schwarzwald, Dieter, durch Ertrinken in Niendorf, 1953, Bernd, 5 Jahre alt, stürzt in Rippodsau vom Balkon. Wilhelm, leukämiekrank, stirbt 1964 im Antoniushaus der Franziskaner (Bad Kreuznach), (ebd: S.160) und die 14-jährige Gerda auf Langeoog, stirbt dort 1950, sowie Marion, 8-jährig, aus Osnabrück, sie stirbt 1961 in Bad Reichenhall.