Anlässlich unseres Fachkongresses in Bad Salzdefurth kam die Frage auf: Was ist ein “Stiller Erinnerungsbesuch”

“Stille Erinnerungsbesuche” wünschen sich Betroffene von Kinderverschickung in den Gebäuden früerer Kinderkureinrichtungen, an die sie traumatische Erinnerungen haben, unabhängig, ob es sich noch um denselben oder inzwischen einen ganz anderen Träger handelt. Einzeln oder in Gruppen.

Diese Besuche dienen der individuellen Aufarbeitung, sie haben einen heilenden Effekt. Erinnerungen aus Alpträumen können verifiziert werden, Erinnerungssplitter erfahren Vervollständigung, Erweiterung, Ergänzung, insbesondere, da kleine Kinder Erinnerungen ausgesprochen an Orte, Farben, Gerüche, Bilder (den Ausblick aus einem Fenster z.B.) binden, die sie z.T. fotografisch genau rückerinnern. Eine emotionale Rückerinnerung kann verdrängte schmerzhafte Gefühle aus ihrer früheren Versteinerung “befreien” und der Vernunft sichtbar und damit einer Verarbeitung zugänglich machen. Im Grunde: Das kleine Kind von damals an die Hand nehmen und aus dem Heim hinausführen!

Wir würden uns freuen, wenn Institutionen und Privatpersonen, die heute im Besitz von ehemaligen Verschickungsheimen sind (Kinderkureinrichtungen, Kinderheilstätten) Verständnis und Mitgefühl für Betroffene von traumatischen Erfahrungen in diesen Einrichtungen aufbringen könnten und solche “Stillen Erinnerungsbesuche” wertschätzend ermöglichen könnten.

Dabei kommt es nicht darauf an, den Betroffenen die heute dort herrschenden Konzepte zu erläutern, sondern wirklich nur darauf, die schmerzhaften Erinnerungen der Betreffenden und ihre Wünsche nach Herumführen in den Räumen des Hauses ernst zu nehmen.

WÜNSCHE der Betroffenen an heutige Betreiber für solche Besuche:

  1. Den Einlass in ein ehemaliges Kindererholungsheim Betroffenen und ihren Angehörigen, auch kleinen Gruppen problemlos und freundlich-verständnisvoll ermöglichen
  2. Wertschätzendes Zuhören, da Betroffene oft aus sehr schmerzvollen Erlebnissen etwas zu erzählen haben, nicht selten brechen hochbetagte Menschen weinend zusammen.
  3. Stilles, längeres Herumgehen in den historischen Gebäuden ermöglichen, damit Erinnerungen verifiziert werden können
  4. Im anschließenden Gespräch das wertschätzende Zuhören überwiegen lassen.
  5. Möglichst kein Gesprächs-Schwerpunkt auf heute, also darauf, was aktuell in diesen Einrichtungen an guten Dingen passiert