Susanne Speck erlebte Schreckliches am Staffelsee – heute leitet sie die Selbsthilfegruppe Verschickungskinder in Rendsburg
Einstiges Verschickungskind aus Rendsburg: „Wir mussten selbst unser Erbrochenes essen“
Von Daniel Sahler | 09.07.2025, 06:27 Uhr

Hier einige Auszüge aus einem Artikel der Shz vom 9.7.25, danke an den Redakteur für die wertschätzende Berichterstattung!
Susanne Speck aus Rendsburg, zusammen mit Susanne Dank in der Schleswig-Holsteiner Landesgruppe der Verschickungskinder aktiv und Gründerin einer Selbsthilfegruppe in Rendsburg berichtet im Interview mit der shz von ihren schockierenden Erlebnissen im Kinderkurheim in Uffing am Staffelsee in Oberbayern – und den Folgen für ihr weiteres Leben.
.…1965, Ich kann mich erinnern, dass ich abends zum Zug gebracht wurde. Ich war völlig verwirrt, weil ich gedacht habe: Abends muss doch ein kleines Kind zu Hause im Bett sein. Ich weiß, dass ich auf dem Bahnsteig stand und dachte, ich fahre mit meinen Eltern in den Urlaub. Und plötzlich war ich im Zug. Wie ich da hineingekommen bin, weiß ich nicht mehr. Auch von der Fahrt weiß ich nichts mehr – ob ich geschlafen habe, wer uns betreut hat. Ich habe dichtgemacht. Wahrscheinlich, weil es für mich nicht zu verstehen war. … im Heim war dann da der Geruch,…habe nur versucht habe, zu funktionieren, alles richtig zu machen…die Situation furchtbar bedrohlich …. dann im Speisesaal… Zwang, alles aufzuessen. Ich habe oft erbrochen, weil ich das Essen einfach nicht mochte. Und es ging so weit, dass wir das Erbrochene aufessen mussten. Einmal gab es ungenießbares Fleisch in Würfeln. Das konnte ich nicht essen und habe alles hinter mir auf den Boden geworfen. Danach bricht die Erinnerung ab. Ich fürchte, es gab eine Bestrafung. So geht es vielen Betroffenen. Wenn etwas passierte, was wir nicht verstehen konnten, setzt die Erinnerung aus.… als ich zurückkam, war ich nicht mehr Teil der Familie. Ich habe mich fremd und falsch gefühlt, weil ich nicht mehr wusste, welchen Platz ich habe. Keiner hat gefragt, was dort passiert ist. Der Familienalltag musste weiterlaufen… Menschen zu vertrauen, fällt mir schwer. ….. meine eigenen Kinder habe ich mit Zuneigung und Liebe überschüttet.
Selbsthilfegruppe Verschickungskinder
Die Rendsburger Selbsthilfegruppe für Verschickungskinder trifft sich jeden ersten Donnerstag im Monat von 16 bis 17.30 Uhr in der Ahlmannstraße 2a. Die Teilnehmer sprechen über ihre Erinnerungen und die bis heute spürbaren Auswirkungen auf ihre Lebenswege. Weitere Informationen gibt unter der E-Mail-Adresse: verschickung-rendsburg@gmx.de.
Dazu Susanne Speck weiter im Interview:
In der Selbsthilfegruppe treffen sich Menschen mit demselben Schicksal. Das Entscheidende ist, dass wir einander glauben. Alle drei bis vier Monate bekommen wir Besuch von einer Traumatherapeutin. Sie hat uns erklärt, was ein frühkindliches Bindungstrauma ist. Und wir haben es endlich verstanden. Den Grund für die Gedächtnislücken hat uns die Traumatherapeutin wie folgt erklärt: Wenn man in einer bedrohlichen Situation ist, gibt es drei Möglichkeiten – kämpfen, fliehen oder erstarren. Kämpfen konnten wir nicht, fliehen ebenso wenig, also sind wir erstarrt. Und wenn man erstarrt, nimmt man keine Gefühle mehr wahr.
