Liebe Verschickungskinder, die jetzt neu auf unsere Seite kommen! Das wichtigste ist: Wir sind ca. 12 Millionen (das haben erst wir herausgefunden, nie vorher hat jemand dazu geforscht) das zweitwichtigste: Ihr seid nicht mehr alleine mit euren Erinnerungen! Wir sind viele, viele, viele – aber damals hat man jede und jeden von uns herausgegriffen aus einer Gruppe und zum alleinigen Sündenbock gemacht, so dass sich in die meisten von uns eingebrannt hat: Du bist ausgestoßen – Du bist allein – Du bist die Einzige, die böse und unzulänglich ist – Du bist die einzige, die lächerlich und dumm ist – Du bist diejenige, die anderen als warnendes Beispiel vorgehalten wurde – Du bist die Schlimme, die immer alles falsch macht!

Meinem Eindruck nach ist ein wiederkehrendes Muster all unserer Geschichten, dass viele von uns die besonderen Sündenböcke ihrer Gruppe waren und so sich das schreckliche Gefühl entwickelt hat, alleine, vor allen bloßgestellt, vor allen bestraft, von allen verlacht zu werden. Doch es gab viele solcher Sündenböcke. Es waren ganz normale Kinder, sie hatten nichts verbrochen. NICHTS!!! Heute sind wir viele und jeden Tag werden wir mehr und wir fordern jetzt, wo man unser Leid endlich anerkennt, eine Öffnung der Heimakten und zügige Unterstützung unserer bisher schon geleisteten Aufarbeitungsarbeit. Helft mit, recherchiert über eure Heime, verlangt die Verwaltungsakten, die es zu jedem Heim gibt, zu sehen (diese Akten lagern in den Landesarchiven der Bundesländern eurer Heime), dort findet Ihr alles: Beschwerden, Mitarbeiterlisten, Briefwechsel der Heimbetreiber mit dem Jugendamt). Wichtig ist uns: Wir wollen nicht von anderen beforscht werden. Wir haben die Aufarbeitung bereits begonnen, schließt euch uns an! Unterstützung unserer Vernetzung und Bürgerforschung tut not.

Liebe Grüße zu Pfingsten, eure Anja