Präsentation der wichtigsten Ergebnisse der HU-Studie
Hier finden Sie zusammenfassende Informationen über die erste große bundesweite Studie an der Humbold-Uni zu Berlin. An dieser Studie waren Betroffene beteiligt, es wurde ihnen zugehört, ihre Erfahrungen der Demütigung, der Angst, der Bestrafungen und der Gewalt wurden erwähnt, dokumentiert und ernst genommen. Die Studie der HU hat außerdem Daten ermittelt, von denen man in weiteren Untersuchungen ausgehen kann. Daten, die unsere bisherigen Ermittlungen bei weitem übertreffen und deutlich machen, dass es sich um ein klares System bundesweit herrschender struktureller Missstände zu Lasten von Kindern gehandelt hat.
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Hier finden Sie erste Reaktionen:
Die Initiative Verschickungskinder, die den Forschungsbericht im Beirat begleitet hat, betonte: „In der Untersuchung der Humboldt-Universität zu Berlin wird das zahlenmäßige Ausmaß des Kinderverschickungswesens sehr deutlich. Forschungsergebnisse wie diese sind unverzichtbar, um den Wahrheitsgehalt und die Relevanz der Erlebnisberichte der vielen Betroffenen zu unterstreichen.“ Der Deutsche Caritasverband, die Diakonie Deutschland, das Deutsche Rote Kreuz und die Deutsche Rentenversicherung sprechen in Bezug auf die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse ihr großes Bedauern über die damaligen Geschehnisse aus und stellen sich der Vergangenheit. Die Studie sei ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitung der damaligen Geschehnisse, mit der man Verantwortung übernehmen wolle.
Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund:
„Das Schicksal ehemaliger Verschickungskinder betrifft auch die Deutsche Rentenversicherung. Mit der vorliegenden Untersuchung wurde erstmals diese Vergangenheit wissenschaftlich aufgearbeitet. Allen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die den Mut aufgebracht haben, ihre Erinnerungen zu teilen und so am Gelingen der Studie mitgewirkt haben, gilt unser aufrichtiger Dank. Diese haben uns tief berührt. Heute sind Kinderschutz, Mitbestimmung und Qualitätssicherung zentrale Grundpfeiler in der Kinder- und Jugendreha der Deutschen Rentenversicherung. Bei allen Fortschritten mahnen uns die Ergebnisse eindringlich, für die Zukunft wachsam zu bleiben.“
Eva Welskop-Deffaa, Präsidentin Deutscher Caritasverband:
„Statt Fürsorge und Geborgenheit haben viele der verschickten Kinder Demütigung und Schmerz erfahren. Die Erkenntnisse des Forschungsberichts erschüttern uns. Wir können das erlittene Leid nicht ungeschehen machen, aber wir stehen zu unserer Verantwortung und sprechen den Betroffenen unser tief empfundenes Bedauern aus. Die Durchführung von Kindererholungsmaßnahmen ist Teil der Geschichte verschiedener Einrichtungen und Träger in der verbandlichen Caritas. Wir haben diese Geschichte sichtbar gemacht und dürfen sie nicht vergessen – dafür müssen wir Orte oder Momente der Erinnerung schaffen.“
Rüdiger Schuch, Präsident der Diakonie Deutschland:
„Auch in Kinderkureinrichtungen der Diakonie haben Kinder und Jugendliche in der damaligen Zeit Gewalt und Erniedrigung erfahren. Das bedauere ich sehr. Mir ist wichtig, dass die vorliegende Studie im Dialog mit Betroffenen entstanden ist. Die wissenschaftliche Expertise und die Wahrnehmung erlittenen Leids – beides zeichnet diesen Beitrag zur Aufklärung der festgestellten Missstände aus. Die Kinder- und Jugendpädagogik hat sich seither sehr viel weiterentwickelt und stellt heute die Rechte und die Würde von jungen Menschen in den Mittelpunkt. Das ist zentrales Leitmotiv diakonischer Kinder- und Jugendhilfe.“
Christian Reuter, Generalsekretär des Deutschen Roten Kreuzes:
„Mein besonderer Dank gilt den Betroffenen, die im Rahmen der Untersuchung ihre Schicksale geteilt und so an der notwendigen Aufklärung mitgewirkt haben. Die damaligen Missstände in einigen unserer Einrichtungen sind erschütternd und beschämend sowie mit unseren Grundsätzen unvereinbar. Ich möchte im Namen des DRK bei allen Betroffenen aufrichtig um Verzeihung bitten. Auch wenn unsere Einrichtungen heute nach komplett anderen Standards arbeiten, bei denen das Wohlergehen und die Rechte von Kindern und Jugendlichen oberste Priorität genießen, sind die damaligen Missstände auch eine Mahnung, alles dafür zu tun, dass so etwas nie mehr passiert.“
Zum Hintergrund der Untersuchung:
Das Forschungsprojekt wurde an der Humboldt-Universität zu Berlin unter Leitung von Prof. Dr. Alexander Nützenadel durchgeführt. Herr Nützenadel lehrt und forscht dort seit 2009 als Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Er und sein Team haben in der nun vorliegenden Studie die grundlegenden Strukturen des bundesdeutschen Kinderkurwesens zwischen 1945 und 1989 umfassend untersucht. Um der Komplexität der in vielen Teilen wissenschaftlich bisher kaum erforschten Thematik gerecht zu werden, wurde diese aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet und es wurden differenzierte und multimethodische Ansätze herangezogen. Näher betrachtet wurde das Verhalten zentraler Akteure der Kinderkuren: medizinisches Fachpersonal, Gesundheitsämter, Eltern, Schulen, Krankenkassen, Rentenversicherungen, Aufsichtsbehörden, die Träger der Erholungsheime und das Heimpersonal. Im Rahmen der Studie wurden zahlreiche Zeitzeuginnen und Zeitzeugen von den Forschenden befragt, darunter auch viele Betroffene. Zudem haben Personen der bundesweiten Initiative Verschickungskinder im wissenschaftlichen Beirat mitgewirkt, der das Forschungsprojekt begleitet hat.
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Kurzbeurteilung der Studie:
- Gründliche Aufarbeitung der institutionellen Rahmenbedingungen der Kinderverschickungen mit zahlreichen Aspekten
- Negative Aspekte der Kinderverschickungen werden aus Erinnerungen von Betroffenen und aus zeitgenössichen Berichten extrahiert und auf fast 100 Seiten dezidiert beschrieben (von S. 227 bis 318)
- Positive Aspekte der Kinderverschickungen, werden ebenfalls aus Erinnerungen und zeitgenössischen Berichten dokumentiert und in fünf Seiten beschrieben (von S. 219-226). Der Schwerpunkt der Ermittlungen liegt also eindeutig auf den Negativerinnerungen, die damit erstmalig auch wissenschaftlich in einen klaren Fokus rücken.
- Eine neue bundesweite Heimliste wurde ermittelt, die auf insgesamt 2013 Heime kommt, anstatt von 839 aus dem Jahre 1964 auszugehen, wie wir bisher ermittelt hatte, die Statistik der wichtigsten Heimträger wurde ergänzt und präzisiert, so dass wir jetzt von klaren verantwortlichen Bedingungen und Strukturen sprechen können.
- Misstände sind als strukturell bedingt ermittelt worden, werden deutlich benannt und analysiert
- Einige Tafeln für den ersten statistischen Überblick
