Zeugnis ablegen

ZEUGNIS ABLEGEN – ERLEBNISBERICHTE SCHREIBEN

Hier haben sehr viele Menschen, seit August 2019, ÖFFENTLICH ihre Erfahrung mit der Verschickung eingetragen. Bitte geht vorsichtig mit diesen Geschichten um, denn es sind die Schicksale von Menschen, die lange überlegt haben, bevor sie sich ihre Erinnerungen von der Seele geschrieben haben. Lange haben sie gedacht, sie sind mit ihren Erinnerungen allein. Der Sinn dieser Belegsammlung ist, dass andere ohne viel Aufwand sehen können, wie viel Geschichte hier bisher zurückgehalten wurde. Wenn du deinen Teil dazu beitragen möchtest, kannst du es hier unten, in unserem Gästebuch tun, wir danken dir dafür! Eure Geschichten sind Teil unserer Selbsthilfe, denn die Erinnerungen anderer helfen uns, unsere eigenen Erlebnisse zu verarbeiten. Sie helfen außerdem, dass man uns unser Leid glaubt. Eure Geschichten dienen also der Dokumentation, als Belegsammlung.

Wir bauen außerdem ein öffentlich zugängliches digitales Dokumentationszentrum auf, dort ist es möglich seinen Bericht öffentlich, mit allen Dokumenten, Briefen und dem Heimortbild zu versehen und zusammen mit der Redaktion einen Beitrag zu erarbeiten und auf der Bundes-Webseite einzustellen, der für zukünftige Ausstellungen und Dokumentationen benutzt werden kann. Meldet euch unter: info@verschickungsheime.de, wenn ihr viele Dokumente habt und solch eine Seite hier bei uns erstellen wollt. Hier ein Beispiel

Wenn Ihr mit anderen Betroffenen kommunizieren wollt, habt ihr drei Möglichkeiten:

  1. Auf der Überblickskarte nachschauen, ob eurer Heim schon Ansprechpartner hat, wenn nicht, meldet euch bei der Buko Buko-orga-st@verschickungsheime.de, und werdet vielleicht selber einer.
  2. Mit der Bundeskoordination Kontakt aufnehmen, um gezielt einem anderen Betroffenen bei ZEUGNIS ABLEGEN einen Brief per Mail zu schicken, der nicht öffentlich sichtbar sein soll, unter: Buko-orga-st@verschickungsheime.de
  3. Ins Forum gehen, dort auch euren Bericht reinstellen und dort mit anderen selbst Kontakt aufnehmen

Beachtet auch diese PETITION. Wenn sie euch gefällt, leitet sie weiter, danke!

Hier ist der Platz für eure Erinnerungsberichte. Sie werden von sehr vielen sehr intensiv gelesen und wahrgenommen. Eure Erinnerungen sind wertvolle Zeitzeugnisse, sie helfen allen anderen bei der Recherche und dienen unser aller Glaubwürdigkeit. Bei der Fülle von Berichten, die wir hier bekommen, schaffen wir es nicht, euch hier zu antworten. Nehmt gern von euch aus mit uns Kontakt auf! Gern könnt ihr auch unseren Newsletter bestellen.

Für alle, die uns hier etwas aus ihrer Verschickungsgeschichte aufschreiben, fühlen wir uns verantwortlich, gleichzeitig sehen wir eure Erinnerungen als ein Geschenk an uns an, das uns verpflichtet, dafür zu kämpfen, dass das Unrecht, was uns als Kindern passiert ist, restlos aufgeklärt wird, den Hintergründen nachgegangen wird und Politik und Trägerlandschaft auch ihre Verantwortung erkennen.

Die auf dieser Seite öffentlich eingestellten Erinnerungs-Berichte wurden ausdrücklich der Webseite der “Initiative Verschickungskinder” (www.verschickungsheime.de) als ZEUGNISSE freigeben und nur für diese Seiten autorisiert. Wer daraus ohne Quellenangabe und unsere Genehmigung zitiert, verstößt gegen das Urheberrecht. Namen dürfen, auch nach der Genehmigung, nur initialisiert genannt werden. Genehmigung unter: aekv@verschickungsheime.de erfragen

Spenden für die „Initiative Verschickungskinder“ über den wissenschaftlichen Begleitverein: Verein Aufarbeitung und Erforschung von Kinderverschickung / AEKV e.V.:     IBAN:   DE704306 09671042049800  Postanschrift: AEKV e.V. bei Röhl, Kiehlufer 43, 12059 Berlin: aekv@verschickungsheime.de

Journalisten wenden sich für Auskünfte oder Interviews mit Betroffenen hierhin oder an: presse@verschickungsheime.de, Kontakt zu Ansprechpartnern sehr gut über die Überblickskarte oder die jeweiligen Landeskoordinator:innen


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2673 Einträge
Günther Stephan aus 4153 Reinach/ BL Schweiz schrieb am 07.06.2021
Ich habe immer gesagt, es war ein Zuchthaus für kleine Kinder. Hat mir in der Familie natürlich niemand geglaubt. Bin deshalb für diesen Beitrag sehr dankbar.
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Karin schrieb am 07.06.2021
Ich bin 1952 in Berlin geboren und bin als gerade noch 3jährige nach überstandener TBC Erkrankung zum "Aufpeppeln" nach Bad Salzuflen verschickt worden. Den Namen der Einrichtung kenne ich nicht, erinnere aber, dass dort Nonnen waren. Eine Szene ist mir im Gedächtnis geblieben. Wir Kinder saßen am Tisch. In der Mitte lagen Kleinteile für ein Steckspiel. Der mir gegenüber sitzende Junge nahm mir Teile weg und legte sie auf seine Seite. Ich holte sie mir zurück. Das sah eine Betreuerin und meinte zu mir: "Wenn du das noch einmal machst , werfe ich dich aus dem Fenster."
Ich wurde dort 4 Jahre alt und bekam von meiner Mutter ein Päckchen mit Süßigkeiten. Dieses wurde mir weggenommen und die Schokolinsen und Schokotaler unter allen Kindern verteilt bis sie alle waren. Ich bekam genauso viel wie alle anderen. Die Begründung war, es solle gerecht sein, kein Kind solle mehr haben. Ich empfand es als ungerecht, denn ich hatte Geburtstag
und wollte lange etwas davon haben was meine Mutter geschickt hatte. Dabei hätte ich durchaus von mir aus etwas abgegeben.
Meine Mutter erzählte später, als ich erwachsen war, ich sei von der Verschickung völlig verstört zurückgekommen.
Lieben Gruß
Karin
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Jörg R. aus Kirn schrieb am 07.06.2021
Ich wurde 1975 mit 5 Jahren in das Seeschloss über das Bundesbahn Sozialwerk verschickt, aufgrund eines starken Hustens. Dauer: April-Mai 1975 (5 Wochen)

Es ging mir im besagten Heim, welches unter der Leitung eines ehemaligen SS-Offiziers stand, sehr schlecht. Ich habe das Essen nicht vertragen, so dass ich mich regelmäßig im Bett nachts übergeben musste. Andere Kinder misshandelten mich und keiner der anwesenden Erzieher schritt dagegen ein. Ich wurde im Heim geschlagen und gedemütigt. Es gab auch Übergriffe auf mich. Viele Dinge, welche passiert sind, sind in meinem Unterbewusstsein tief eingebrannt worden. Es fehlen mitunter Erinnerungen, die mein kindliches Gehirn weg blendete zum Schutz, Dafür sind diese starken Gefühle immer in mir, dass etwas schlimmes passiert war.

Meine Eltern bekamen immer positive Briefe gesendet, so dass ich keine Chance hatte, mit ihnen in Kontakt zu treten oder Hilfe zu holen. Ihnen wurde untersagt mich zu besuchen (Heinweh etc.). Statt die Kinderkur sofort abzubrechen lies man mich die vollen 5 Wochen dort "absitzen". Ich hatte oft das Gefühl dies nicht zu überleben, bzw. meine Eltern jemals wieder zu sehen. Ich rannte auf die Dünen und schrie um Hilfe. Mein Stofftier wurde daraufhin zerfetzt,

Laut Aussagen meiner Eltern bekamen diese nach 5 Wochen ein zutiefst traumatisiertes Kind zurück, abgemagert und kränklich und unendlich traurig. Lediglich der "Husten" schien gebessert, was man als Erfolg sah.

Ich habe mein Leben lang unter den Folgen der "Kinderkur" zu leiden gehabt. Ich war stets ängstlich, hatte depressive Neigungen, Angst vor dem Alleingelassen werden, Angst vor Menschen, die mich spontan anfassten.

Nach 46 Jahren habe ich endlich eine Therapie begonnen. Ein Besuch des Kinderheimes Seeschloss im Juni 2021 mit anderen Verschickungskindern war unglaublich schmerzhaft, bis hin zu einem richtigen Zusanmenbruch.

Es wird natürlich vieles von den Verantwortlichen bzw. den Nachfahren der Heimleitung dementiert. Ich hoffe, dass sich hier noch mehr Kinder melden aus dem Seeschloss, damit ich nicht mehr alleine dastehe,

Ich bin Mitglied der Ortsgruppe Verschickungskinder St. Peter-Ording.
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U. Klappert aus Siegen schrieb am 07.06.2021
Es war 1969, als ich für sechs Wochen in Niendorf im St. Johann zur Kur war. Die Erinnerungen sind nur bruchstückhaft vorhanden.

Wir bekamen ein braunes Kärtchen mit Namen, Wohnort und Ziel um den Hals gehangen, dann ging es mit dem Zug gen Norden.

Ich erinnere mich an einen großen Jungen-Schlafsaal. Neben der Tür wurde abends ein Plattenspieler gestellt und ein Hörspiel abgespielt. Danach war Ruhe im Saal.
Briefe wurden bei den Schwestern abgegeben.
Ankommende Päckchen wurden zensiert und Schokolade kam in die Kiste für die Allgemeinheit.
Wir sind mal auf einen Baum geklettert. Zur Strafe mussten wir in der Küche Kartoffeln schälen.
Morgens ging es immer erst in die Kapelle.
Am Strand war ein Holzsteg. Da haben wir Gänge drunter her gegraben.
Wir sind viel gewandert und durften nicht vom Weg abweichen.
An das kleine, mit Ostseewasser gefüllte, kalte Schwimmbad kann ich mich erinnern. Zu dieser konnte ich noch nicht schwimmen. Ich erinnere mich auch, dort viel Salzwasser geschluckt zu haben.
Und irgendwas war mit dem Essen...
Es gab Kakao und Milch aus großen Kannen.

Es war ein langer Zeitraum und unter strenger Führung. Ich durfte anschließend in meiner 4. Schulklasse berichten. Wenn man die Räumlichkeiten betreten könnte, kämen sicherlich einige Erinnerungen wieder. Wie bereits bemerkt, aktuell sind sie sehr lückenhaft.

Mit besten Grüßen
U. Klappert
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Andreas Koch aus 58762 Altena schrieb am 06.06.2021
Ich bin als Zehnjähriger wegen meines geringen Gewichtes für 6 Wochen über den Veranstalter „Caritas“ in das Verschickungsheim Bad Sassendorf gekommen. Ich wurde von zu Hause von Frau Rade ( ich weiß den Namen heute noch !!! ) abgeholt. Dann sind wir zu Fuß zum Bahnhof. Das läuft heute immer noch wie ein Film bei mir ab.Ich habe noch nie in meinem Leben soviel geweint. Vom ersten Tag an hatte ich unendliches Heimweh. Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern, aber ich habe den großen Schlafsaal vor Augen. Ich könnte heute noch zeigen wo mein Bett gestanden hat. Wir waren mindestens 30 Kinder.
Endgültige Ruhe gab es nie. Einfach schrecklich. Das schlimmste seinerzeit war das man ja auch 6 Wochen nicht in die Schule gegangen ist. Musste daher das 5 Schuljahr 2 mal durchlaufen. Ich hatte in den 6 Wochen keinerlei Kontakt zu meinen Eltern. Wir hatten allerdings weder ein Auto geschweige den ein Telefon.Ich würde mich gerne mal mit Personen unterhalten die auch zu der Zeit im gleichem Heim waren.

Liebe Grüße

Andreas
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Stephan schrieb am 03.06.2021
Hallo Petra,
ich bin auch Bj 1964 und war über Ostern 1968 in Bad Reichenhall und bin auf der Suche nach weiteren Informationen. Meine Eltern sind vor 30 Jahren gestorben und ich habe nur eine verschwommene Erinnerung an die Zeit. Ich habe gelesen, daß Du ein Gruppenbild von damals besitzt. Ich möchte Dich darum bitten, es einmal sehen zu dürfen, ob ich darauf abgebildet bin.
Liebe Grüße

Stephan
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Ursula Werner aus Swisttal schrieb am 03.06.2021
Ich wurde mit 5 Jahren für 6 Wochen nach St. Peter-Ording zur Erholung geschickt, weil ich blass und dünn war und Bekannte meinen Eltern das "Erholungsheim" empfohlen hatten. Leider weiß ich nicht mehr, welches es war. Ich habe Wochen vorher meine Eltern immer wieder angebettelt, mich nicht wegzuschicken. Ich fuhr dann mit dem Zug dorthin, keine Ahnung wer das beaufsichtigt hat. Wir waren in Zwei-Bett Zimmern untergebracht. Bis auf eine jüngere Erzieherin waren die anderen Erzieherinnen sehr grob und kalt. Da es wohl eine Kneipp-Kur war, wurde ich in einem speziellen Raum an eine gekachelte Wand gestellt und dann mit ziemlich kaltem Wasser abgesprüht. Da ich nicht freiwillig in das Schwimmbecken springen wollte, schubste man mich (mit Schwimmflügeln) hinein.
Wenn die Eltern anriefen, stand immer eine Erzieherin mit am Telefon, die darauf achtete, dass man nur positive Dinge sagte und nicht etwa, dass man gerne nachhause möchte.
Ich hatte jahrelang Alpträume nach dem Aufenthalt dort. Im Traum saß ich mit anderen Kindern in einem kleinen Dachzimmer. Alle Kinder wurden abgeholt, nur für mich kam Niemand. Glücklicherweise hörten diese Träume irgendwann auf, da war ich aber schon Teenager. Ich habe allerdings auch vielen Freunden und Bekannten von den Erlebnissen im Kinderheim erzählt, das half mir wahrscheinlich, diese Erlebnisse zu verarbeiten.
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Claudia Kieferdorf aus Gießen schrieb am 26.05.2021
Ich war über Ostern 1975 für 6Wochen als 7jährige wegen Bettnässen in der Kinderkurklinik Reinhardshausen. Ich habe an diese Zeit nur schlechte Erinnerungen. Wir lagen zu zehnt in einem Schlafsaal. Vor Heimweh weinende Kinder wurden vor den anderen ausgeschimpft und bloßgestellt.
Um das Bettnässen zu "bekämpfen" bekamen wir fast nichts zu trinken, nur morgens und abends eine Tasse Pfefferminztee (den kann ich bis heute nicht riechen oder trinken). Vor lauter Durst habe ich mal mit einem anderen Mädchen morgens im Waschraum aus dem Wasserhahn getrunken. Wir wurden erwischt, vor versammelte Mannschaft im Speisesaal gedemütigt und bekamen zur Strafe an diesem Tag nichts zu trinken. Noch Jahrzehnte später habe ich aus dem Nichts heraus und völlig grundlos einen trockenen Mund bekommen und ein unerträgliches Durstgefühl.
Der große Dusch Raum war im Keller. Einmal in der Woche wurde geduscht, dazu mussten wir uns mit dem Gesicht zur Wand stellen, während hinter uns kochend heißes Wasser aufgedreht wurde, bis der ganze Raum so mit Wasserdampf gefüllt war, dass wir keine Luft mehr bekamen. Viele Kinder haben geweint und Panik bekommen. Erst dann wurde die Wassertemperatur reguliert und wir konnten duschen. Ich habe panische Angst vor dem Dusch-Tag gehabt.
Die Erzieherinnen habe ich als sehr streng und gefühlskalt in Erinnerung.
Besuche von den Eltern waren nicht erlaubt. Briefe an Zuhause wurden kontrolliert.
Wir mussten abends um 19 Uhr ins Bett. Zwei Stunden später wurden wir wieder geweckt und auf Toilette geschickt. Hatte ein Kind dann trotzdem bis zum nächsten Morgen eingenässt, wurde das im Speisesaal allen erzählt und man bekam dann zum Frühstück nur eine halbe Tasse Tee.
Am Tag vor meiner Heimfahrt war mein Bett bei dem "Weck-Termin" nass. Es wurde nicht frisch bezogen, weil ich ja am nächsten Tag abreiste. Ich musste in dem nassen Bett schlafen.
Als meine Eltern mich am Bahnhof abholten, waren sie erschrocken, wie blass und verhärmt ich ausgesehen habe.
Das ist das erste Mal, dass ich diese Geschichte erzähle. Und obwohl es nun schon 46 Jahre her ist und es "nur" 6 Wochen waren, kommen mir beim aufschreiben die Tränen.
Ich würde mich freuen, wenn ich hier Kontakt zu Leidensgenossen-innen bekäme, die zur selben Zeit dort waren.
C. Kieferdorf.
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Inge Adone aus Gwynfryn Rectory Road Streatley Berks. England schrieb am 22.05.2021
Im Mai 1966 wurden ich und meine 2 Jahre aeltere Schwester 6 Wochen zur Kur nach Seeg im Allgau verschickt. Ich war damals 8 Jahre alt. Es war das erste mal das wir von unseren Eltern getrennt waren. Unseren Eltern wurde damals gesagt das die Kur uns gut tun wuerde weil ich sehr duenn war und das wir dort spass haben wuerden. Als wir abends nach der langen Zugfahrt im Seeg ankamen war ich ueberrascht ueber die Atmosphere im Heim. Die Heimleitung und “Tanten” waren kalt und herzlos.wir . Wir wurden sofort in den Waschraum gebracht und dort mit Schleuchen abgeduscht was ich sehr peinlich fand.
In den 6 Wochen mussten wir taeglich Mittagsschlaf halten, am 2 Tag nach der Ankunft das werde ich nie vergessen wie ich im Bett lag und aufeinmal die Tante mich aus dem Bett riss und wie wahnsinnig auf mich einschlug obwohl ich gar nichts gemacht hatte. Meine Schwester die im gleichen Raum schlief mit den anderen Kindern sagt heute noch wie schrecklich es war wie die Tante damals auf mich einschlug und sie war so hilflos das sie mir nicht helfen konnte. Ich kann mich gut erinnern , ich war damals so geschockt habe im Bett gelegen und gezittert die Wochen danach lag ich im Bett war wie versteinert konnte nicht schlafen aus Angst das jeden moment die Tante wieder rein kommt und mich schlägt. Die anderen Kinder hatte mitleid und fragten mich immer ob es sehr weh getan hatte.
Beim essen hatte die Tante auch immer ein Auge auf mich. Ein Tag mochte ich die schleimige Graupensuppe nicht und war am würgen, meine Schwester ging dann zur Tante und meinte das ich den Teller nicht leer essen kann daraufhin kam sie dann und schrie mich an ich muss die Suppe essen sonst.....Also versuchte ich es aus Angst , brachte es wieder hoch und da hat sich mich gezwungen mein erbrochenes zu essen. Ich habe immer noch ein Foto von der Tante und werde nie vergessen wie grausam sie mich behandelt hat. Es war schrecklich fuer uns Kinder wir durften nicht zusammen sprechen. Ich hatte damals meinen 9ten Geburtstag im Heim und meine Eltern haben mir damals ein Geschenk geschickt , das Paket war offen und drinnen war nur ein Waschbeutel und ich war enttäuscht das kein Spielzeug drin war, meine Mutter sagte dann als wir wieder zu Hause waren das sie mir Spielzeug und Schokolade mitgeschickt hatte.
Was ich bis heute nicht verstehen kann das wir damals Vitamine schlucken mussten wo wir doch so jung waren. Am vorletzten Tag hatten wir eine kleine Abschiedsfeier und die Tante sagte dann zu mir das es ihr leid tut wie schlecht sie zu mir war und sie es nicht mehr wieder tun würde. Ich glaube sie hatte Angst bekommen das ich es meinen Eltern erzähle. Auf jedenfalls kann ich sagen die Fotos und Erinnerungen die ich habe sind sehr traurig und grausam so was hätte nie passieren dürfen.
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Andreas Bolte aus Wetter (Ruhr) schrieb am 21.05.2021
4 Wochen allein per Bahn in die "Kur" ins Möwennest, weil ich so "dünn" war und vor der Schulzeit aufgepeppelt werden sollte. Dank AWO dachten meine Eltern sie würden mir etwas Gutes tun. Urlaub konnten sie sich nicht leisten. Meine Erinnerungen decken sich mit so vielen hier. Erzwungenes Essen mit Zwangsmaßnahmen inkl. "Fütterung". Endlos erscheinender Mittagsschlaf, während das Radio im Flur lautstark Fernando von ABBA spielte. Konfiszierte Pakete der Eltern, deren Inhalt bei den Schwestern oder in der Gruppe verteilt wurden. Meine "entliehenen" Comics an die Gruppenleiterin habe ich nie wieder gesehen. Nächtliches Strafsitzen im kalten Flur. Meinen Bettnachbarn Norbert sperrten sie fast jede Nacht im Waschraum ein, weil er auch auf dem Flur keine Ruhe mehr geben wollte. Ich glaube den kleinen Kerl haben sie dort wirklich seelisch gebrochen. Krank war ich mit hohem Fieber. Meine Postkarten wurden allerdings in schönster Urlaubsidylle formuliert, dabei haben wir kaum den Strand gesehen, waren fast nur im Gruppenraum. Ich erinnere mich auch an "Anwendungstage", an denen man mich sinnlos in eine lauwarme Badewanne mit klarem Wasser steckte, alleine ließ und irgendwann wieder abholte. Meine Eltern glauben bis heute, ich hätte dort eine tolle Zeit erlebt. Damals hielten sie meine Geschichten für übertrieben, für die Ausschmückung eines 6-Jährigen. Ich denke, sie konnten sich gar nicht vorstellen, dass unter der Verantwortung von AWO und Krankenkasse ein solch massenhafter Missbrauch stattfinden konnte. Der perfekte Deckmantel wie sich heute zeigt.
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Dr Tatjana Kytmannow aus Lackagh Drumfin Co Sligo schrieb am 16.05.2021
Ich bin 1958 geboren und als vierjährige mit meinem sechsjährigen Bruder im Sommer 1964 oder 65 nach Karlhafen an der Weser geschickt worden, in ein riesiges Kinderheim. Mein Bruder wurde sofort von mir getrennt und ich habe so sehr geweint daß sie mich ihn für eine Minute sehen ließen. Ich habe ihn dann in den 6 Wochen nur noch einmal gesehen als er in der Gruppe beim Wandern hinter mir war. Ich durfte aber nicht stehen bleiben oder mit ihm reden. Die Tanten waren streng und ziemlich widerlich und ich hatte grosse Angst vor ihnen. Wir schliefen in einem riesigen Schlafsaal in Gitterbetten die wie Käfige waren. Das Essen war eklig, immer mit uralten Kartoffeln die voller schwarzer Stellen innen drin waren die wir mitessen mussten. Kinder wurden ausgeschimpft wenn sie nicht aufassen oder sich erbrochen haben. Ich habe mich mal in mein Bett erbrochen und habe versucht die Kotze mit meinem Teddy aufzuwischen mit ich nicht bestraft wurde. Ich konnte vor Angst nicht schlafen musste aber ganz ruhig sein. Nach 6 Wochen sollte die Tortur vorbei sein aber ich bekam ganz zum Schluss Windpocken und musste weitere 6 Wochen bleiben, ganz alleine, in einem Zimmer in so einem Gitterbett. Ich bin buchstäblich fast verrückt geworden und habe mit mir selbst geredet und mir ausgedacht das meine Mutter Zwillinge bekommen hat und ähnliches. Meine Eltern haben sich natürlich Sorgen gemacht konnten aber nichts tun. Meine Eltern waren sehr lieb und haben uns nie bestraft und schon gar nicht geschlagen. Als ich endlich wieder Zuhause war und mit meinem Bruder darüber reden konnte was da alles so scheusslich war lichtete sich der Kummer und das Elend. Meinen Eltern tat es furchtbar leid und wir sind nie wieder 'verschickt' worden. Stattdessen haben wir auf billig Urlaub in Dänemark gemacht
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Monika Thesen aus München schrieb am 13.05.2021
Hallo Ich war ende der 60 er Jahre in Oy-Mittelberg (Ich glaube es war 1967 bevor ich in die Schule kam). das Heim wurde von Nonnen geleitet. Ich war zu dünn und habe nicht ordentlich gegessen. Ich kann mich an das meiste nicht mehr erinnern. Was mir im Gedächtnis geblieben ist ist die Tatsache das wir immer zum aufessen gezwungen wurden. Ich kann mich darn erinnern das ich einmal den ganzen Tag vor einem Teller total matschiger Nudeln gesessen habe die total widerlich geschmeckt haben. Ich habe Sie nicht gesessen und dementsprechend nichts erbrochen. Ich wurde aber bestraft indem ich eine ganzen Tag im Bett liegen bleiben musste und auch zu einem Ausflug nicht mitgenommen wurde. Ich kann mich auch an die diktierten Postkarten erinnern deren Text stand an einer Tafel und ich haben mich innerlich so sehr aufgeregt da ich gelernt hatte doch immer die Wahrheit zu sagen. Ich kann mich daran erinnern das ein Paket mit Süßigkeiten und anderen Dingen für mich konfisziert wurde und der Inhalt an alle verteilt wurde. Ich kann mich auch an den endlos langen Mittagsschlaf erinnern bei dem man in einen großen Saal auf einer Pritsche lag und sich nicht rühren durfte. Auch kann ich mich darn erinnern das ich mal in eine Gipsschale geschnallt wurde. Ob von den Nonnen oder jemand anderen kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Zurückgeblieben ist bis heute in dem Moment in dem ich das niederschreibe ein Gefühl des Grauens und des Entsetzens. Ich habe zudem eine tiefe Abneigung gegen Nonnen entwickelt die so weit ging das ich meine Kinder niemals in einen ordensgeführten Kindergarten anmelden wollte obwohl sie dadurch länger auf einen Platz warten mussten. Zudem habe ich mich geweigert jemals eines meiner Kinder zum Aufessen zu zwingen egal wie gering der übrig gebliebene Rest auch war. ( Bis sie alt genug waren abzuschätzen was Sie aufessen können vorausgesetzt es hat Ihnen geschmeckt hat.)Ich habe dies meinen Eltern erzählt und es wurde mir nicht geglaubt. Erst Jahrzehnte später habe ich mit meiner Mutter einmal darüber sprechen können. Insgesamt glaube ich das ich noch vielmehr erzählen könnte das ich aber das meiste davon verdrängt habe.
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Jens Engelhardt aus Bremen schrieb am 13.05.2021
1973 war ich für 6 Wochen in Berchtesgaden. Es war die Hölle. Ich wurde von allen anderen Kindern gehänselt und schikaniert, u.a. wegen meinem äußeren. (rote Haare/Sommersprossen). Das Essen, was wir in dem Sanatorium bekamen, schmeckte mir nicht. Ich erinnere mich an einem Tag als es Kohlrouladen gab. Ich muss heute noch würgen wenn ich nur an den Geruch denke. Ich wurde zum Essen gezwungen und musste am Tisch sitzen bleiben bis ich aufgegessen hatte. Was ich aber nicht tat. Das hatte dann immer eine Strafe zur Folge. Am nächsten Tag gab es dann Gulasch. Ich war total ausgehungert und freute mich auf das Essen. Man gab mir aber nur trockene gekochte Kartoffeln, kein Gulasch. "Weil ich gestern nicht gegessen habe, gäbe es heute für mich auch kein Gulasch." Ich lag oft stundenlang im Bett und weinte. Meinen Eltern schrieb ich einen Brief. "Es ist so schrecklich hier, ich will nach Hause". Den Brief warf ich frankiert in den dafür vorgesehenen Briefkasten im Haus. Einen Tag später musste ich zur Rektorin. Man hatte meinen Brief aus dem Briefkasten genommen, geöffnet und mich nun zur Rede gestellt. Was ich meinen Eltern für ein Leid antäte wenn sie diese Zeilen von mir erhielten, wurde mir vorgehalten. Erneut wurde ich bestraft. Auf den Ausflügen wurde ich ständig von den anderen Kindern, die mich als Opfer ausmachten, mit Schneebällen beworfen oder eingeseift. Ich erinnere mich auch noch an einen Pullover den ich damals trug. Es war ein großes Peace Zeichen drauf. Das war damals "Mode". Ich wusste als 9 jähriger nicht im geringsten was für eine Bedeutung das hat. Ob meine Eltern Kommunisten wären, wurde ich oft gefragt und sogar von Erwachsenen deswegen beschimpft.
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Renate aus Bad Belzig schrieb am 13.05.2021
geboren bin ich 1955 in hamburg - von dort aus wurde ich, als 6 jährige, im frühjahr (feb. / märz) nach glücksburg / flensburg verschickt, bevor ich im märz dann eingeschult werden sollte - weil ich so dünn und blass war...
die bleibendste erinnerung ist die angst, dass ich meine eltern nie wieder sehen würde - sie erzählten uns von der großen flut, dem deichbruch in hamburg. wir erfuhren davon - und es machte die unsicherheit der ganzen situation nur noch größer. was sollte aus mir werden,, wenn es meine familie nicht mehr gab???
allein unter lauter fremden - krank und schwach, hilflos ausgeliefert.
der wildfang in mir zerbrach dort ziemlich, war absolut unerwünscht.
ich war dort krank - und hinterher, endlich wieder zuhause war ich auch wieder krank - die zeit meiner masern- und windpockenerkrankung.
es wird mich sicherlich noch weiter beschäftigen - gerade fühlt es sich an, als wären die erinnerungen hinter einer wand verborgen.
alles gute uns allen - möge so etwas nicht wieder passieren.
renate
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Anna schrieb am 12.05.2021
Guten Tag,
ich habe über die Medien die aktuellen Berichte über die Kinder Verschickungen verfolgt. Durch Erzählungen meiner Mutter die auch mindestens zwei Mal Ende der 50er Jahre bzw. Anfang der 60er Jahre verschickt wurde hatte ich auch persönlich einen Hintergrund hierzu.
Jedoch fühle ich mich auch selber persönlich betroffen obwohl ich aus einer anderen Generation komme.
Meine Eltern, streng katholisch, schickten mich mit 10 Jahren auf ein Mädchen Internat in der Nähe von Bonn welches bis heute von der in der Kritik stehenden Piusbruderschaft von Nonnen geleitet wird. Ich musste dort ohne jeden Besuch meiner Eltern ein halbes Jahr dort bleiben bis ich zum Glück aufgrund meiner dann schlechter werdenden schulischen Leistungen wieder zurück nach Hause ziehen durfte. Das Gefühl als kleines Kind diesem Ort ganz alleine total ausgeliefert gewesen zu sein ist für mich bis heute immer noch schmerzhaft.
Viele Berichte von Betroffenen aus den damaligen Kinder Verschickungen erinnern mich sehr an das halbe Jahr was ich damals in diesem Internat verbringen musste.
Es gab dort eine sehr strenge Führung die schon fast an eine Kaserne oder ein strenges Klosterleben erinnert. Der Tagesablauf war geprägt durch häufiges angeleitetes Beten und vorgeschriebenen Gottesdienstbesuche. Briefe nach Hause wurden nur unter Aufsicht geschrieben. Die Freizeit war auf eine Stunde pro Tag beschränkt. Wenn man in den Augen der Erzieherinnen ungehorsam war oder nicht die gewünschten Schulischen Leistungen brachte wurde man auf ihre Weise bestraft. Einmal wurde ich von einer Erzieherin in ihr privates Schlafzimmer eingesperrt und nicht mehr heraus gelassen. Wie es dann weiterging habe ich verdrängt... Das erschreckende an der Geschichte ist, dass dieses private Internat bis auf den heutigen Tag staatlich zugelassen ist und weiter arbeiten darf.
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Manuela Schneider schrieb am 12.05.2021
Ich war vom 25.09.1974 bis 05.11.1974 im Alter von 4 Jahren im Rahmen der Postkinderfürsorge im Kinderkurheim "St. Antonius" in Bad Münster am Stein mit dem Krankheitsbild Anämie und ich war eine allgemein schlechte Esserin. Im Kinderkurheim wurden mir Höhensonne und Solebäder verordnet. Für mich war der Aufenthalt eine der schlimmsten Erlebnisse, sowohl psychisch als auch physisch. Der persönliche Kontakt während des Aufenthaltes zu Eltern und Großeltern war untersagt. Einmal wöchentlich wurde seitens der Nonnen eine Postkarte an die Eltern versandt, die ausnahmslos positiv verfasst wurde. Die Realität war eine Andere. Ich wurde gezwungen zu essen bzw. aufzuessen, was dazu führte das ich erbrach und das erbrochene essen musste, tat ich dies nicht blieb ich so lange am Tisch sitzen, bis ich es tat. Nach Solebädern kam es vor, dass ich umkippte, was aber nicht wahrgenommen wurde, da sich niemand kümmerte. Wenn ich vor Angst ins Bett gemacht habe, musste ich das Bett abziehen, bzw. meine Fäkalien mit den Händen von der Bettdecke wegnehmen. Im Anschluss musste ich mich nackt ausziehen und wurde mit einem Schlauch mit kaltem Wasser abgeduscht. Heimweh wurde nicht akzeptiert, wurde eine Träne vergossen musst ich in der Ecke stehen oder ohne Essen ins Bett. Vor vielen Jahren habe ich mal angefangen zu recherchieren, da ich gerne Unterlagen seitens des Arztes und der Nonnen eingesehen hätte. Eine Spur brachte mich zum Kloster Nonnenwerth in Bonn. Auf Nachfrage teilte man mir mit, dass es keine Unterlagen mehr gibt und somit verlor sich jede Spur. Das einzige was ich noch besitze sind die Postkarten die die Nonnen meinen Eltern schickten und die Verordnung zu Höhensonne und Solebäder des behandelnden Arztes in Bad Münster am Stein. Bis heute begleiten mich die Erlebnisse, sowohl physisch als auch psychisch. Meine Mutter sagte einmal zu mir, dass ich als ein anderer Mensch aus der Kur zurückkam.
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Gabriele Schmidt-Hoppe aus Wiesbaden schrieb am 11.05.2021
Im Alter von 5 Jahren wurde ich zur in das Kindererholungsheim Voigtslust in den Harz verschickt. Ich war ein kränkliches und dünnes Kind, deshalb hatten es meine Eltern gut gemeint und schickten mich dorthin. Ich hatte schon Wochen vor der Abreise Bauchschmerzen und Angst davor und wollte nicht da hin. Leider war alles Bitten umsonst. Also wurde ich im August 1960 mit anderen Kindern in den Zug nach Clausthal-Zellerfeld gesetzt. Da bekam ich das erste Mal in meinem Leben eine Panikattacke, die sich dann später als Erwachsene bei traumatischen Erlebnissen wiederholten, ohne dass mir der Zusammenhang mit der Kur bewusst war. Im Heim angekommen hatte ich großes Heimweh und weinte mich jede Nacht in den Schlaf. Zum Frühstück gab es immer einen großen Teller Haferschleimsuppe und 2 Scheiben Marmeladenbrot. Das ist sehr viel für ein kleines Kind von 5 Jahren. Aber wir mussten den Teller leer essen, da kannten die Rotkreuzschwestern kein Pardon. Einmal in der Woche durften wir eine Ansichtskarte nach Hause schreiben bzw. wir Kinder, die noch nicht schreiben konnten, diktierten den Text an ältere Kinder. Die Post wurde zensiert und die Karte, in der ich mich beklagte dass es mir dort schlecht ging, wurde vor meinen Augen zerrissen und mit einem erlogenen Test versehen. Ich fühlte mich in dieser Zeit ohnmächtig den Erwachsenen ausgeliefert und fiel in eine Depression. Außerdem wurde ich in der Kur schwer krank. Scharlach mit Nierenentzündung und musste nach den 6 Wochen Kur nochmal 6 Wochen auf die Isolierstation eines Krankenhauses. Danach war ich nicht mehr das fröhliche Kind, was ich davor war ... Dieses Trauma hat mich mein ganzes Leben verfolgt und ich finde es gut, dass es endlich eine Organisation gibt, die das Leid der Verschickungskinder aufdeckt und Wiedergutmachung fordert.
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Monika Müller geb Nicklas aus Rüsselsheim schrieb am 11.05.2021
Würde gerne die "Mädchen" kontaktieren, die gemeinsam in diesem Sommer mit mir quasi eingesperrt waren. Mittagsschlaf in diesem Alter(11). Durften während dieser Zeit noch nicht mal auf Toilette. Ein Teil von uns brachte nach "Kurende" Läuse mit nach Hause
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Ulrich aus Fellbach schrieb am 07.05.2021
Ich war zweimal in Scheidegg, einmal mit vermutlich vier und einmal mit fünf Jahren, jeweils sechs Wochen lang. Später, mit 6 Jahren, wurde ich nochmals, doch diesmal an die Nordsee nach St. Peter Ording, verschickt. Zum Glück habe ich noch einen Bescheid der DRV, ohne den ich an meinen Erinnerungen zweifeln würde, da ich nie jemandem von meinen Erlebnissen erzählt und somit keine Zeugen habe.
Im Infobrief der Einrichtung, der mir auch noch vorliegt, steht ausdrücklich, dass Besuch durch die Eltern während des gesamten Aufenthaltes unerwünscht sei. Unter solchen Bedingungen wurde Übergriffigkeit fast schon gefördert.
Erinnern kann ich mich hauptsächlich an die traumatischen Teile der Aufenthalte in Scheidegg: ich wurde gezwungen Erbrochenes zu essen, das Fieberthermometer wurde mir gewaltsam in den Körper gerammt, die tägliche Blutzuckerkontrolle war eine Qual, da beim "Stechen" sehr grob vorgegangen wurde. Außerdem wurden wir bei jeder Gelegenheit von den Schwestern erniedrigt, gequält und eingeschüchtert. Ich weiß noch, dass ich oft schlaflos im Bett lag und mir völlig verloren vorgekommen bin. Auch, das Kruzifix im Schlafsaal sehe ich noch vor mir, dass in manchen Nächten mein Trostspender war. Vieles liegt aber im Dunklen, vermutlich weil es für eine Kinderseele einfach zu viel war.
Sehr groß war meine Angst vorab, als ich zum zweiten und zum dritten Mal verschickt wurde, und ich glaube, dass ich irgendwann abgeschaltet und mich dissoziiert habe.
Über St. Peter Ording kann ich nichts Schlechtes berichten, außer dass es aufgrund der Vorerfahrungen die Traumatisierung wohl verfestigt hat.
Mit den Auswirkungen dieser "Kur"-Aufenthalte habe ich heute noch zu kämpfen: chronische Schlaflosigkeit, rezidivierende schwere Depressionen, eine PTBS, die zwar diagnostiziert ist, zu der ich aber bisher keinen Zugang finde. Dazu kommen alte Bekannte wie Einsamkeits- und Verlassenheitsgefühle.
Als ich die Reportage in SWR 2 gehört habe, sind mir die Tränen gekommen, denn vieles was dort geschildert wurde kam mir so bekannt vor. Dass so viele Menschen
davon betroffen sind, war mir nicht bewusst, ich hatte mich immer für einen Einzelfall gehalten.
Vorher, so sagte man mir, war ich ein fröhliches Kind, hinterher galt ich als schwierig, aufsässig und aggressiv. Es wundert mich heute immer noch, dass damals niemand einen Zusammenhang sehen wollte.
Wenn ich daran denke, dass es für Seniorenpflegeheime die Heimaufsicht als Kontrollinstanz gibt, frage ich mich, warum uns Kinder damals niemand geschützt hat oder schützen wollte.
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Armin Kleinschmidt aus Köln schrieb am 06.05.2021
Erinnerungen an die Kinderverschickung in den Schwarzwald 1959
1959 wurde ich für als Neunjähriger von April bis Mai 6 Wochen zur Erholung in den Schwarzwald verschickt (Haus Rosenlund in Dobel bei Bad Herrenalb).
Warum? Ich war spindeldürr, zappelig, von ständigen, teils heftigen Bauchschmerzen geplagt, überängstlich und wollte einfach nicht zunehmen. Also beschlossen der Kinderarzt und meine Eltern, mich auf Kosten der Krankenkasse zum Zunehmen zu verschicken.

Ich hatte als Jüngster von 3 Brüdern ein behütetes Zuhause und war niemals alleine.

Die Verschickung alleine mit dem Zug von der Ostsee in den Schwarzwald war schon eine echte „Herausforderung“.

Jedoch fand ich mich schnell in der Gruppe zurecht und hatte wohl, wenn ich heute die Briefe lese, die ich nach Hause schickte, durchaus Spaß im Kinderheim.

Allerdings war es sicher nicht so wunderbar, wie in meinen Briefen und dem Statusbericht der Betreuerin beschrieben.

Als meine Eltern mich nach der Ankunft in der Heimat fragten, ob ich mich gut erholt habe, obwohl ich noch immer klapperdürr war, sagte ich nur: „Mutti, ich bin gar nicht mehr innervös“. Großes Gelächter! Sie fragte mich dann auch, was denn die kahle Stelle auf meinem Kopf zu bedeuten habe. Eine plausible Antwort gab ich ihr nicht, aber damit war das Thema „Erholung“ in der Familie erledigt.

Tatsächlich habe ich dermaßen unter der strengen Herrschaft der Betreuerinnen gelitten, dass ich anfing, mir die Haare auszudrehen und auszureißen. Schmerz empfand ich wohl nicht.

Und dann erinnere ich mich, dass ich bei der zweistündigen Mittagsruhe nicht auf Befehl schlafen wollte und konnte, zu laut war und deshalb auf der harten Holzbank in der Küche ohne Decke und Kissen stundenlang mucksmäuschenstill unter Aufsicht „schlafen“ musste.

Am schlimmsten aber war, dass irgendeine Kleinigkeit vermisst wurde, ich weiß nicht mehr, was es war, und dass ich in Verdacht geriet. Es wurde schlimmster Druck ausgeübt, dass ich doch zugeben solle, gestohlen zu haben. Das konnte ich natürlich nicht und wurde daraufhin vor den anderen Kindern immer wieder als Dieb hingestellt. Da habe ich gelitten.
Sogar auf der Fahrt zum Bahnhof hieß es noch „Nun gib doch endlich zu, dass du es gestohlen hast!“ Reiner Psychoterror!

War ich froh, als ich wieder zu Hause war, überhaupt nicht „erholt“, sondern traumatisiert.
Aber ich hatte ja meine Zwillingsfreunde Hanni und Christian wieder zum Fußballspielen und bald war die Welt wieder heil für den schmächtigen Armin.

Doch die Erinnerung bleibt.

Aufgezeichnet von Armin Kleinschmidt, geb. 16.3.1950
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Udo Rosin aus Köln schrieb am 05.05.2021
Als Flüchtlingskind aus der DDR mit gerade 6 Jahren in Köln angekommen, konnte ich laut Gesundheitsamt wegen Untergewicht nicht eingeschult werden!
Ich wurde für 6 Wochen ins Heim nach Brilon geschickt. Die schlimmste Erinnerung beim ersten Aufenthalt war, dass ich und andere Protestanten morgens in der katholischen Kirche permanent knien mussten!
Beim 2. Aufenthalt erinnere ich mich daran, dass ein kleines Kind mehrfach gezwungen wurde das erbrochene Essen wieder aufzuessen!
Als 10jähriger war ich 6 Wochen auf Borkum. Nach wenigen Tagen erkrankte ich an einer Infektion und war mehr als 3 Wochen im Krankenzimmer im Bett!
Mit 12 kam ich ins Heim nach Rottach-Egern, geleitet von einer älteren Nonne. Zwischen 13 und 15 Uhr war Mittagsruhe. Wir mussten still im abgedunkelten Raum in unseren Betten liegen. Wenn das Bett beim umdrehen knarrte, musste der Täter für die restliche Mittagsruhe in der Ecke stehen oder knien! Oft waren Bekannte der Mitarbeiterinnen am Mittag da und aßen auch. So reichte immer wieder das Essen nicht, um alle Kinder satt zu bekommen!
Dies alles berichtete ich meinen Eltern!
Mit 14 sollte ich dann nochmals nach Rottach-Egern. Zuvor wurde ich zu einem vertraulichen Gespräch zum Chef meines Vaters gebeten! Er bat mich Augen und Ohren offen zu halten und ihm nach meiner Rückkehr zu berichten. Dies alles vertraulich und ich sollte im Heim kein Wort dazu sagen! Irgendetwas musste durchgesickert sein, denn im Heim waren sie netter zu mir als 2 Jahre zuvor! Trotzdem gab es wieder viele negative Erlebnisse in den 6 Wochen. Im Prinzip hatte sich für die anderen Kinder nichts positiv verändert!
Nach meiner Rückkehr wurde ich im Beisein meines Vaters und in Anwesenheit zweier anderer Personen über meine Erlebnisse befragt. Wie ich erfuhr, gab es das gleiche Prozedere mit dem Sohn eines Kollegen meines Vaters, der vor mir in der Verschickung war.
Fazit: Das Heim in Rottach-Egern wurde im Hebst 1963 vom Landschaftsverband Rheinland, als zuständiger Träger, geschlossen!
In den späteren Jahren, als viele der Erlebnisse, auch beruflich bedingt, mir wieder in den Sinn kamen, war dies für mich eine besondere Genugtuung!
Als junger Mann war ich mit meiner Frau nochmals in der Region des Tegernsees. Aus dem Kinderheim war ein Hotel geworden!?
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Herb Newen aus Köln schrieb am 05.05.2021
Mein Name ist Herb(ert) Newen, Jahrgang 1957.

Anfang der 60er Jahre wurde ich auf dringendes Anraten meines Kinderarztes zweimal zu sog. Kinderkuren verschickt, da mein Vater starker Asthmatiker war und mir dieses Schicksal unbedingt erspart bleiben sollte. Gut gedacht, aber leider nicht auch gut gemacht! Denn anders als bei heutigen Eltern-Kindkuren, bin ich damals als 3,5 und nochmals als 5-Jähriger, im wahrsten Sinne des Wortes, mutterseelen-alleine ver- bzw. weggeschickt worden. Dabei dürfte ich, als Kind diesen Alters, die jeweiligen sechs Wochen sicherlich als unübersehbaren Zeitraum, eher als endgültige und finale Trennung von meiner Familie und sämtlichem Liebgewonnen empfunden haben.
Seit jeher war ich ein durchaus quirlliges und lebensfrohes Kind und habe mir dies glücklicherweise auch während dieser Leidenszeit nicht ´nehmen lassen´! Dies allerdings mit fatalen Folgen, die meinen Lebensweg bis zum heutigen Tage grundlegend - oder sollte ich zutreffender formulieren - ´grund-nehmend´ beeinflusst und belastet haben!
So erwartete uns damals, nach der radikalen Trennung von unseren Familien vermeindlich allein gelassen, in den Kinderheimen ein rigoroses, ja gnadenloses Regime der sog. `lieben Fräuleins´. Überwiegend Damen mittleren Alters mit fragwürdigstem Hang zu unverantwortlichen, ja menschenverachtenden `Erziehungs´-Methoden.
Da ich mir meine Lebendigkeit trotz allem nicht `aberziehen` lassen wollte, kam es, wie es kommen musste: So war in dem Heim u.a. nach dem Zubettgehen absolute Bettruhe angeordnet! Als in unserem Schlafsaal dennoch einmal leises Getuschel festgestellt wurde, bin prompt ich als `Rädelsführer`ausgemacht worden, was für mich fatale Konsequenzen nach sich ziehen sollte: So wurde ich in der Nacht rigoros aus meinem Bettchen gerissen, durfte fluchtartig nur mein Kopfkissen mitnehmen und musste der `lieben Tante´ barfüßig auf einen kalten, stockdunklen Dachspeicher folgen, innerhalb dessen ich, in einen beengten Holzverschlag gesperrt, auf einer kargen Pritsche mucksmäuschenstill die Nacht verbringen musste.
Mein einziger Halt in dieser ´finsteren Hölle` war mein kleiner Löwe, den ich - streng verbotener Weise - dennoch in meinem Kopfkissen mitgeschmuggelt und an den ich mich in meiner Verzweiflung geklammert habe, so winzig klein dieser auch war. Nur wenige Zentimeter groß, war Leon für mich dennoch der Größte, mein einziger Begleiter durch diese grausame und nicht enden wollende Nacht in meinem hölzernen Verlies.
Nach Rückkehr aus der zweiten Verschickungskur habe ich jahrelang wieder eingenässt und schleichend einen Sprechfehler entwickelt, der mich - mal mehr, mal weniger - bis zum heutigen Tage durch mein gesamtes Leben begleitet.
Glücklicherweise haben meine Eltern schon damals therapeutischen Rat bei einer Familienberatung gesucht, so dass ich die Aufarbeitung meiner traumatischen Erlebnisse dieser `Erholungskuren´aufnehmen konnte. Negativste Prägungen, wie z.B. eine grds. Skepsis hinsichtlich meines Vertrauens in die `Verlässigkeit und eines Gehörtwerdens` von handelnden Personen, kann ich dennoch bis zum heutigen Tage bei mir in Tendenzen immer wieder feststellen.

Aufgrund der erfolgten Aufarbeitung meines Kindheitstraumas liegt mein primäres Augenmerk heute, anders als bei vielen anderen der Verschickungskinder-Initiative ( `www.verschickungsheime.de´ ), nicht mehr auf Selbstreflektion und Aufklärung von Verantwortlichkeiten und der menschenverachtenden Strukturen, sondern vielmehr darauf, Kindern und anderen Schutzbedürftigen eine Stimme zu geben! Darauf, mehr Achtsamkeit auf deren ganz individuellen Erlebniswelten zu lenken, da meines Erachtens nach wie vor Schutzbefohlenen, die ihren Bedürfnissen nicht den entsprechend Aus- bzw. Nachdruck verleihen können, auch heute noch viel zu wenig ´Einfühlung´-svermögen und Achtsamkeit entgegen gebracht wird. Sei es am Anfang des Lebenszylus als Kinder, oder auch an dessen Ende, als hochbetagte Senioren.

Sicherlich geprägt durch meine eigenen Erlebnisse und bestätigt auch während meiner späteren Ausbildung zum Heilpraktiker für Psychotherapie, habe ich mich schon immer vehement für die Bedürfnisse von Kindern eingesetzt, am stärksten natürlich in Bezug auf meine eigene Tochter. Dies übrigens meist belächelt und sogar gegen den Widerstand ihrer eigenen Mutter, denn ´...Kinder kriegen doch noch gar nicht so viel mit`. M.E. eine fatale Fehleinschätzung, und das noch Anfang der 90er.

Obwohl sich mittlerweile Vieles bereits zum Positiven hin ´ent-wickelt´ hat, werden allerdings weiterhin - teils zwar in subtilerer Form - Bedürfnisse von Kindern oft eher nachrangig behandelt, sondern primär das Empfinden, die Einschätzung und die eigene Zielsetzung der Erwachsenen in den Vordergrund gestellt.
Beispielhaft sei hier etwa die lapidar erscheinende Aufforderung angeführt, `...als Kind lieb zu sein und der Oma ein Küsschen zu geben´. Oder auch `....stell Dich nicht so an, andere Kinder üben auch jeden Tag Klavierspielen, gehen zum Tennisclub, lernen Einradfahren`.
Oder, wie gesagt, am anderen Ende des Lebenszyklus, `...na komm, der Opa versteht das sowieso nicht mehr`. Oft vordergründig gar gut gemeint; aber auch gut ge- bzw. bedacht?
Das für mein Empfinden einzig Richtige z.B. an der `Opa`-Aussage ist das `Verstehen`. Denn ´verstehen´ können ganz junge, oder auch hochbetagte Menschen vieles kognitiv wohl tatsächlich noch nicht, bzw. nicht mehr; erleben, empfinden und sehr wohl wahrnehmen allerdings sicherlich Vieles mehr, als uns in unserer oftmals unbedachten, vllt. sogar anmaßenden Sichtweise bewusst sein dürfte.

Zum Wohle v.a. der Kinder wäre es äußerst wünschenswert, wenn sich das Handeln von uns Erwachsenen primär an deren ganz individuellen Bedürfnissen und Erlebniswelten ausrichten würde, und nicht an unseren eigenen Sichtweisen, Einschätzungen und Interessen. Sei es bei der Begleitung während der Findung eines Hobbies, bis hin z.B. auch im Zusammenhang mit Scheidungen, wobei gerade auch in diesen, für Kinder äußerst belastenden Zeiten, viel zu oft Kinder teilweise auch als Werkzeuge der eigenen Empfindlichkeiten der Erwachsenen `missbraucht´, und viel zu wenig deren berechtigte, kindgerechten Bedürfnisse als maßgeblich berücksichtigt werden. Denn nicht nur damals bei den `lieben Tanten´, sondern oftmals auch noch in den heutigen, fraglos aufgeklärteren Zeiten, scheinen Überlegenheit, Manipulation und Macht - ob bewusst, oder unbewusst - weiterhin nicht unwesentliche Triebfedern menschlichen Handelns zu sein. Dies nach wie vor mit teils fatalen Prägungen und Auswirkungen auf so manchem Lebensweg.

Wie heißt es in einem Lied von H.Grönemeyer: ´Kinder an die Macht´. Soweit braucht man/frau ja nicht unbedingt zu gehen, aber ein Mehr an Achtsamkeit, an Verständnis und Einbeziehung, im kindgerechten und bestgemeinten Sinne, wäre meines Erachtens ´Not-wendig´, auch - und immer noch - in unserer fraglos positiv weiterentwickelten Zeit!

Ganz im Sinne der durchaus tiefgründigen Botschaft des Hollywood-Blockbuster Avatar: `Ich sehe Dich! Ich sehe Deine wahre Natur, wer Du wirklich bist`.
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Beck, geb. Elfriede Lindner aus München schrieb am 03.05.2021
Ich war ca. 9 Jahre alt. Wegen Untergewicht wurde ich von der BEK dorthin verschickt. Schönes Bauernhaus mit Blick zum Schloss Ringberg. Aber leider war es kein erfreulicher Aufenthalt dort. Meine Gewichtszunahme war tatsächlich in 6 Wochen 4 Kilogramm. Denn es gab bereits morgens zum Frühstück ausschließlich dick bestrichene Schmalzbrote. Ich hatte furchtbaren Ekel von diesem schmierigen Belag und immer wieder Brechreiz. Es gab keine Gnade, es musste gegessen werden. Einmal, daran erinnere ich mich besonders, hat eine Mädchen (eine kleine Chinesin) ihr Mittagessen in den Teller gebrochen. Alle Kinder wurden gerufen um zuzuschauen wie sie den Teller mit Gebrochenem unter Weinen essen musste. Am Ende der Erholung wurden wir einzeln von einem Fotografen fotografiert. Volles Gesicht mit lauter kleinen Pickeln. Seit dieser Zeit konnte ich kein Fett mehr ansehen und heute noch kommt bei mir keine Butter aufs Brot.
Jetzt bin ich bald 74 Jahre und habe das alles nicht vergessen. Schöne Grüße Elfriede
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Michael Spiegel aus Erkrath schrieb am 02.05.2021
Hallo,
ich war etwa im Frühjahr 1970 auf der Insel Amrum im Sanatorium Dr.Ide auf Amrum. Da war ich 8 Jahre. Ich erinnere mich, das ich während der Zeit Geburtstag hatte. Es war entsetzlich. Das Heimweh, Post von den Eltern war nicht erlaubt. Eines Nachts wurde ich aus dem Bett geholt. Nachdem ich im Dunkeln Ohrfeigen bekam wurde ich mit Bettzeug in den Flur in eine Ecke gestellt und habe dort die Nacht verbringen müssen. Beim Essen musste aufgegessen werden, wenn nicht wurden wir mit dem Gesicht in den Teller gedrückt..! Auf diesem Weg möchte ich Schluss mit der Heimlichkeit machen und mir die Scham nehmen, die ich noch immer habe...! Viele Grüße, Michael
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Uwe Fleischmann aus 96215 Lichtenfels / Schney schrieb am 01.05.2021
Uwe Fleischmann
Hallo alle zusammen.
Ich war im Spätherbst 1965 auf der Insel Anrum, Heimleiterin Frau Zillas, Gruppenleiterin Frau
Handschuh, um 7 Uhr 45 war wecken, die Türen der
Schlafsääle wurden geöffnet, und es erklang Musik
eines Mädchenchores, Live oder Band das weiß ic nicht.
Nach dem Wecken mußte ich immer dringend aufs Klo
Pippi machen. Ich durfte immer nur um 8 Uhr, wenn das Gedudel zu Ende war, Dies hielt ich nicht aus und machte öfter ins Bett. Ich bekam Windel an und wurde im Speisesaal vorgeführt und mußte mich in die Ecke stellen. Da ich mich für schlau hielt, krabbelte ich am nächsten Tag unters Bett und verrichtete da meine Notdurft. Mein einziger Halt war in dieser Zeit, es war ein Nachbarsjunge von meiner Heimaf dabei, der 3 -4 Jahre alter war. Ich bin am 03.01.1961 geboren und konnte nach der Kur perfekt Hochdeutsch sprechen.
Es war eine schlimme Zeit als Kleinkind und ich wünsche Niemanden ein solches Erlebnis.
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Susanne schrieb am 01.05.2021
Ich habe festgestellt, dass in der Suche auf dieser Seite nur die Heime erscheinen die im Text genannt sind. Ich war in Bad Kissingen im St. Josefsheim mit sechs Jahren zur Kur. Da ich zum Ende der Kur Mumps bekam musste ich insgesamt wohl 8 Wochen bleiben. Dieser Aufenthalt war wohl vom Hausarzt ausgegangen. Ich hatte nach einer Mandel-OP zweimal Lungen- und Rippenfellentzündung. Bei der Mandel-OP ist mir schon Schlimmes auf der HNO Station passiert. Ich wurde auf Anweisung eines Arztes mit meinem erbrochenem Grießbrei eingesperrt mit der Maßgabe aufzuessen, sonst komme ich nicht mehr aus dem Zimmer. Irgendwann wurde ich von einem anderen Arzt befreit. Ich dachte sowas ist nur mir passiert und ich habe jetzt in vielen Berichten gelesen, dass ich kein Einzelfall bin. An die Kur habe ich fast keine Erinnerung. Es ist fast wie ein schwarzes Loch. Ich muss wohl so unter Heimweh gelitten haben, dass meine Eltern mich besuchen durften. Einmal kann ich mich erinnern, dass ich mich in den Mittagsschlaf geweint habe. Als ich auf der Krankenstation war hatte ich Angst, dass der Fieberthermometer in meinem Körper vergessen wurde. Dann noch, dass mich eine Frau nach Hause gebracht hat. Ich bin seit Jahrzehnten in therapeutischer Behandlung. Ich leide unter Verlassenheits- und Verlustängsten, Panikattacken und Schwindel in allen Formen. Das hier oft beschriebene Gefühl ich bin ausgeliefert und ich kann nichts machen kenne ich auch gut. Ich habe trotz den Symptomen mein ganzes bisheriges Leben unter enormer Anspannung *funktioniert*. Vor drei Jahren jedoch wurden die Symptome so überwältigend, dass ich etwas früher berentet wurde. In einer Reha kamen die Gefühle in einer Gruppensitzung beim Erzählen was mir passiert ist nach oben und mir wurde bewusst wie dramatisch diese Erlebnisse, erst auf der HNO-Station und dann später in der Kinderkur wohl für mich gewesen sein müssen. Zum ersten Mal konnte ich mir viele der diffusen Gefühle halbwegs erklären. Immer noch fehlen mir aber Erinnerungen. Ich bin noch aktuell am Ende einer Psychoanalyse und in einer EMDR Behandlung. Als Folge dieser Kinderkur kam ich im ersten Schuljahr nicht gut mit. Ich wurde ja kurz nach der Einschulung verschickt. Ich sollte das Schuljahr wiederholen. Das hat meine Mutter abgelehnt und so habe ich bei den Hausaufgaben immer wieder Schläge bekommen. Darauf angesprochen vor ein paar Jahren hat meine Mutter gemeint irgendwann wurde ich ja besser. Bei ihr hatte es als Kind auch geholfen. Immerhin hat sie sich entschuldigt dafür. Jedoch all das Erlebte hat sich tief in meine Seele gebrannt. Ich bin sehr dankbar, dass ich hier meine Geschichte teilen darf und ich hoffe, dass ich etwas über die Verhältnisse zu der damaligen Zeit in dem Kurheim noch erfahren kann. Danke an Alle. Ich wünsche Euch allen alles Liebe und Gute auf Eurem Genesungsweg. Mit lichtvollen Grüßen Susanne
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Sabine Stabel schrieb am 30.04.2021
Hallo zusammen.

Ich bin auf der Suche nach einem Teil meiner Vergangenheit. 1971 hat man mich, mit 4 Jahren, für 6 Wochen zur Kur geschickt. Ich war in Pelzerhaken. Ich kann mich erinnern, dass mich mein Bruder zum Bahnhof brachte. Dort wurde ich von einer Nonne empfangen, die mich später im Zug anschrie und schüttelte, weil ich weinte....dann erlischt meine Erinnerung komplett.

Meine zahlreichen Psycho Therapien führen mich immer wieder zu der Kur zurück. Vielleicht ist es Zufall und dort war gar nichts. Vielleicht aber auch nicht.

War zufällig jemand auch dort und hat Erinnerungen wie man dort mit Kindern umgegangen ist?

Ich danke euch
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Brigitte Schlegel aus Köln schrieb am 27.04.2021
Ich war in Bad Kreuznach für 6 Wochen .Als es mir einmal Nachts Schlecht wurde u ich im Bett Erbrechen müsste weil wir ja abends nicht aufstehen dürften ,musste ich weiter auf dem Erbrochenem Kissen Schlafen.Einmal beim Turnen müsste ich ganz dringend ich durfte nicht zur Toilette als ich mich einkotet müsste ich in den Duschraum mich komplett ausziehen alle mussten zusehen man spritzte mich mit einem Schlauch mit Eiskalten Wasser ab.
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Claudia aus Hückelhoven schrieb am 26.04.2021
Ich war als 9-jährige für 6 Wochen in Kreuth am Tegernsee. Am meisten erinnere ich mich an die 2stündige Mittagsruhe. Da ich mit meiner Freundin im Bett gequatscht hatte, musste ich die ganze Zeit auf dem Flur mit der Bettdecke auf dem Kopf ( sie ging bis auf den Boden) im Stehen verbringen. Als ich Magen-Darm Beschwerden hatte, wurde ich gezwungen den Fisch mittags bis zum Erbrechen aufzuessen. Jahrelang konnte ich keinen Fisch mehr essen! Aber es gab auch schöne Sachen: ich habe mich zum ersten Mal schwer in einen Jungen namens Michael verliebt ?
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Dagmar aus Remlingen — Früher Würzburg schrieb am 26.04.2021
Hallo,
auch ich bin ein „gebranntes „ Kind! Mit damals 10 Jahre alt ist mir leider auch nur schreckliches in Erinnerung
6 Wochen Horror in sg. Kurklinik!
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Ute Kahlstadt aus Ochsenfurt schrieb am 26.04.2021
Ich war als sechsjährige auf Westerland Sylt in so einem Heim weil ich zunehmen sollte. Es waren die schlimmsten sechs Wochen meines Lebens. Wir bekamen zum Frühstück ein Brötchen jeden Morgen die eine Hälfte mit Honig die andere Hälfte mit Schokostreusel. Jeden Mittag und jeden Abend bekamen wir Brei zum Essen. Am Sonntag, war der einzige Tag, wo wir eine halbe Scheibe Leberkäse bekamen mit einer Kartoffel. Wenn wir einen Brief schreiben wollten, wurde der immer durchgelesen und alles gestrichen was nicht rein durfte, es bestand auch nicht die Möglichkeit heimlich einen Brief zu schreiben, wurden auf Schritt und Tritt beobachtet. In der Mittagspause musste ich auf Klo, und habe mich aus Versehen in der Tür vertan und kam in den Speiseraum der Nonnen, ihr könnt euch nicht vorstellen was da alles auf dem Tisch stand, das was wir eigentlich auch bekommen sollten. Duschen durften wir nur in Unterwäsche,. Wenn wir ein Paket von unseren Eltern bekamen mussten wir es mit allen Kindern teilen. Könnte ohne Ende erzählen ich weiß nur dass ich wieder froh war wenn ich wieder nach Hause durfte. In der letzten Woche, weiß ich noch dass ich die Rödeln bekam, da wollten die mich noch eine Woche länger behalten, fragten mich ob es noch juckt was ich natürlich verneint habe, wollte nur nach Hause
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Karina aus Würzburg schrieb am 25.04.2021
Bin Jahrgang 1968 und war 1974, noch mit fünf Jahren für sechs Wochen in Scheidegg. Es war und ist fürchterlich dort gewesen zu sein. Bin als Frau mit meinem Mann nach Scheidegg gefahren und hab mir die Klinik nochmal angesehen und meinem Mann gezeigt, wo wir Kinder dieses Leid erfahren haben. Meine Eltern sagen bis heute, so schlimm war es bestimmt nicht.....war doch schön in Scheidegg!
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Helga Lang aus Würzburg schrieb am 25.04.2021
Hallo ich war mit einer Schulfreundin im Winter Anfang 1965 für 7 Wochen im Kinderheim Dr. Braun in Bad Reichenhall.
Ich habe die teils schlimmen Erlebnisse bis heute nicht
vergessen.
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Gunter Weckemann aus 35418 Buseck schrieb am 25.04.2021
Sommer 1960: sechs Wochen zur Kur in Bad Orb
Die Lektüre von Anja Röhls Buch „Das Elend der Verschickungskinder“ hat mich sehr schockiert. Dies lag nicht so sehr in der Kenntnisnahme dessen, was sich in den diversen Heimen abgespielt hat. Das kannte ich großenteils bereits aus eigenem Erleben, denn ich war selbst ein Verschickungskind. Und mir war immer auch sehr präsent, wie die Zustände damals waren. Allerdings war ich bis jetzt der Meinung, ich hätte sozusagen die Arschkarte gezogen und sei unglücklicherweise mit den anderen Kindern in unserem Heim besonders rigiden „Tanten“ in die Hände gefallen, während alle anderen verschickten Kinder fröhlich am Meer geplanscht hätten. Aber nein, diesem mehrwöchigen Martyrium waren unzählige Kinder republikweit und über Jahrzehnte ausgesetzt. Diese Erkenntnis hat den eigentlichen Schock ausgelöst.
Wie sehr sich die Geschichten gleichen, möchte ich gerne auch an meiner verdeutlichen. Ich war im August und September 1960 im Alter von neun Jahren zu einem sechswöchigen Kuraufenthalt in Bad Orb. „Ich war noch niemals in Bad Orb“ kann ich also nicht singen, aber mir ging es wie vielen anderen Verschickungskindern: Sie haben die Schlangengrube fortan gemieden. Es blieb auch bei mir bei dem einen Mal.
Auch bei uns in Bad Orb: Anfahrt mit dem Zug aus ganz Deutschland, nach der Ankunft im Heim Einteilung in Gruppen. In dem Haus, in welchem ich untergebracht war, gab es einen Flur mit etlichen Gruppenräumen für Jungen. In meiner Gruppe waren fünfzehn Jungen im Alter von 7 bis 13 Jahren. Ich erinnere mich noch an einige Namen, allerdings wurden wir von den „Tanten“ in Schwesterntracht mit der Nummer unseres Bettes angesprochen. Ich war die Nummer 9. Die Betten standen u-förmig mit dem Kopfende zur Wand, und in der Mitte stand ein großer Tisch, an dem man in der Freizeit spielen, lesen oder schreiben konnte.
Mehrere Begleitumstände der „Kur“ sind mir noch in unangenehmer Erinnerung, aber zwei Dinge waren besonders schlimm.
1. Unsere Intimsphäre wurde gröblichst verletzt, und zwar ständig.
2. Wir wurden häufig geschlagen bzw. verdroschen.
Und die „Tanten“ wussten auch beides geschickt zu kombinieren: Schläge gab es meist mit dem Hausschuh auf den nackten Hintern. Abends wurden wir – 15 Jungs, wie gesagt – gezwungen, uns nackt vor den Waschbecken stehend zu waschen. Und es war auch immer eine „Tante“ zugegen, die das überwacht hat. Unser Ältester, Christian aus Berlin, kam mit einem Tag Verspätung und hat einen Versuch gemacht, die Hosenbeine seiner Schlafanzugshose nur nach oben zu schlagen, er wurde aber gezwungen, diese auszuziehen. Ich habe mich selbst sehr geschämt, fand aber die Zumutung für ihn noch einmal größer. Er hatte bereits Schamhaare, und die hauptsächlich für uns zuständige „Tante“ Beate war gerade mal 19 Jahre alt, wenn ich mich recht erinnere.
Überhaupt: Entblößen war Programm, nicht nur beim abendlichen Waschen. Dreimal wöchentlich war Badekur, das hieß, wir wurden für 20 Minuten in eine lauwarme, unangenehm riechende, pissgelbe Brühe gesetzt. Wir wurden auch mehrfach (unbekleidet) in der Woche gewogen. Und schließlich wurde zweimal (oder dreimal?) täglich bei völlig gesunden Kindern Fieber gemessen. Dies geschah rektal. Ein Novum für mich. Zu Hause haben wir Fieber immer unter dem Arm gemessen.
Wann wurden wir geschlagen? Bei Regelverletzungen aller Art, und die Regeln waren strikt. Von 13 bis 15 Uhr war Mittagsruhe, ab 20 Uhr Nachtruhe. Beides wurde streng kontrolliert. Die Türen der Gruppenräume blieben geöffnet und eine „Tante“ patroullierte auf und ab, um sicherzustellen, dass absolute Ruhe herrschte. Wurde jemand beim Reden erwischt oder war erkennbar, dass er nicht schlief, konnte dies bedeuten, dass man in der beschriebenen Weise bestraft wurde. Also, auf den Bauch drehen, Hose runter…
Mir ist das tatsächlich mehrfach passiert, denn Ich war ein unruhiger Geist, aber definitiv nicht boshaft. Einmal wurde ich auch nachts allein auf den Flur gesetzt als Strafe. Wie lange ich dort saß, weiß ich nicht mehr. Irgendwann sah mich eine für die Nachtstunden zuständige „Tante“ in der Dunkelheit sitzen, erschrak und schickte mich wieder ins Bett. Ich war allerdings nicht nur unruhig, sondern wohl auch ein bisschen verträumt, denn mein Spitzname unter den Jungs meines Zimmers war „Schlafhaub“‘, und einmal fing ich eine kräftige Ohrfeige von Tante Beate, weil sie mir offenbar angesehen hatte, dass ich ihren Ausführungen nicht mit der gebotenen Aufmerksamkeit gefolgt war. Auch an diesen Schlag erinnere ich mich noch lebhaft.
Die schlimmste Erfahrung im Zusammenhang mit Prügelstrafen war aber die folgende: Ein Junge in unserem Zimmer, offenbar ein noch unruhigerer Geist als ich, war „Tante“ Beate wohl besonders unangenehm aufgefallen. Sie entschied daher, dass der betreffende Junge „Gruppendresche“ erhalten würde. Jeder durfte mal zuschlagen, natürlich auf den nackten Hintern. Sehr bildhaft steht mir vor Augen, dass mein Stubenkamerad Frieder der Aufforderung, da mitzutun, nicht Folge leistete, sondern nur den Kopf schüttelte. Ich selbst habe mich dem Gruppenzwang unterworfen und dem armen Kerl auch mit dem Hausschuh eine verpasst. Ich hätte es besser wissen können. Im Kindergottesdienst wurde durchaus vermittelt, dass man seinen Nächsten lieben und ihn nicht piesacken soll. Aber obwohl ich das Empfinden hatte, dass Frieder mit seinem Verhalten eigentlich richtig lag und ich auch selbst nur zu gut wusste, wie sich Schläge mit dem Hausschuh auf den nackten Hintern anfühlen, bin ich dennoch mit dem Strom geschwommen. Das war der unangenehmste Moment der sechswöchigen „Kur“.
Er ist mir im Lauf meines Lebens immer wieder sehr plastisch vor Augen getreten. Einmal war das während meines Studiums, als ich zum ersten Mal den Film über das Milgram-Experiment („Abraham“) sah, in welchem sich in einer Versuchsreihe ein Proband weigert, mit der Bestrafung fortzufahren, die übrigen sich aber daran kein Beispiel nehmen. Äußerst unangenehm war das für mich, hier mein eigenes Verhalten von damals gespiegelt zu bekommen.
Vor etwa zehn Jahren hatte ich die Idee, nach Frieder zu suchen, zumal er neben seinem eher ungewöhnlichen Vornamen auch einen ungewöhnlichen Nachnamen hatte. Nach wenigen Momenten legte mir meine Frau eine Telefonnummer hin, und nach einer weiteren kurzen Frist meldete sich eine Frauenstimme am anderen Ende. Ich sagte, ich wisse nicht, ob ich richtig sei, aber die von mir gesuchte Person müsse etwa 58 Jahre alt sein. „Ja, da sind Sie richtig. Ich gebe Ihnen mal meinen Mann“, antwortete die Dame am anderen Ende der Leitung. Es entwickelte sich dann ein sehr nettes Gespräch mit Frieder. Ihm waren die sechs Wochen in Bad Orb auch noch präsent, er hatte sie aber nicht so negativ in Erinnerung wie ich. Auch an die besagte Episode erinnerte er sich nicht. „Tante“ Beate habe ihm sogar mal, vermutlich wegen eines Sonnenbrands, die Schultern eingecremt. Wir haben dann vereinbart, wir sollten versuchen, auch andere Jungs aus unserer Gruppe ausfindig zu machen. Leider ist es dann dabei geblieben. Vielleicht mache ich jetzt einen Versuch.
Der malträtierte Junge hat übrigens einige Tage später noch einen „Nachschlag“ bekommen. Als wir Briefe an die Eltern schrieben, hat er berichtet, er sei verhauen worden und sein Hintern sei jetzt grün und blau. Das ging natürlich nicht durch „Tante“ Beates Zensur, wie andernorts war es bei uns streng verboten, etwas Negatives nach Hause schreiben. Sie hat den Brief vor seinen Augen zerrissen, und er durfte von vorne anfangen. Auch diesmal brach er in Tränen aus, denn er war mit seinen sieben Jahren erneut für eine Weile schreibend an den Tisch gefesselt.
Gab es auch Positives? Der Tagesablauf war ganz stark reglementiert. Mittagsschlaf, Bettruhe, Fieber messen, Wannenbäder, Gewichtskontrolle, Andachten, Spaziergänge in Zweierreihen und der Zwang, bei den Mahlzeiten den Teller leer zu essen, waren schon sehr unangenehm. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass sich ein Kind bei Tisch übergeben hätte und dann gezwungen worden wäre, das Erbrochene aufzuessen, wie es in zahlreichen Berichten zu lesen ist. Grießbrei, Zucker und Zimt waren definitiv keine Gegner für mich. Dennoch: Es ist mir bisweilen schwergefallen, den Teller zu leeren, obwohl es auch zu Hause üblich war, zu essen, was der Herr Jesus bescheret hatte. Unangenehm in Erinnerung ist mir das Sauerkraut, damals eigentlich mein Lieblingsgemüse, was aber mit Kümmel kontaminiert war und damit für mich ungenießbar. Auch Nudeln mit Kompott fand ich sehr gewöhnungsbedürftig. Mein Wunsch, beides getrennt essen zu dürfen, wurde rundweg abgelehnt. Die beiden genannten Mahlzeiten bei mir zu behalten, stellte dann nach meiner Erinnerung schon eine Herausforderung dar. Überhaupt fällt mir jetzt nach der Lektüre der „Verschickungskinder“ auf, dass der Herr Jesus auch in Bad Orb vermehrt zucker- und weißmehlhaltige Speisen bescheret hat, damit dort ebenfalls die Rendite stimmte.
Daran, dass Toilettengänge stark reglementiert gewesen seien, kann ich mich nicht erinnern. Ich weiß noch, dass bei einigen Jungs meiner Gruppe Gummimatten auf die Matratze gelegt worden sind, aber das geschah relativ diskret und ohne die Betreffenden bloßzustellen. Nur einmal war es für mich sehr unangenehm. Nach dem Mittagsschlaf musste ich dringend auf die Toilette. Das wurde mir nicht gestattet. Denn erst musste ja – wie immer völlig sinnfrei - Fieber gemessen werden. Das Thermometer war dann sichtbar verschmutzt mit Kot, wofür ich mich sehr geschämt habe.
Welche Freizeitaktivitäten gab es? Wir sind zweimal täglich spazieren gegangen. Das konnte eine langweilige Runde im Kurpark sein, aber manchmal gab es auch längere Ausflüge. Bisweilen haben wir Rindenstücke gesammelt, aus denen wir Schiffchen gebastelt haben. Und mindestens zweimal haben wir Pilze gesucht, die dann von der Küche verarbeitet wurden. Was ich in diesem Zusammenhang über Röhrenpilze gelernt habe, hilft mir heute noch bei der Pilzsuche. Immerhin.
Noch ein Wort zur Gesangskultur, begleitet von einer „Tante“ auf dem Akkordeon. Wir Jungs haben gerne einen damals aktuellen Schlager gesungen: „Charlie Brown, der ist ein Clown!“ Er gehörte allerdings nicht zum offiziellen Repertoire. Stattdessen gab es den üblichen Singsang, oft recht martialischen Inhalts („Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord“, „Die einen wünschten ihn zu braten, die andern ihn, ihn, ihn als Frikassee, ohe ohe!“, „Das linke Auge fehlte, das rechte war poliert, aber dennoch hat sich Bolle ganz köstlich amüsiert!“).
Tante Beate hat mir einmal für einen Brief an meinen Vater zu seinem Geburtstag etwas basteln helfen, allerdings nicht ohne mich dann den Satz schreiben zu lassen: Das hat Tante Beate gebastelt! Das gute Stück existiert noch in einem Briefkonvolut unserer Familie. Tante Beate hat uns auch mal ein Foto ihres Freundes gezeigt. Es war dies ein gutaussehender junger Mann mit Namen Freddy. Eines Abends hat sie uns informiert, dass sie Freddy heimlich zu treffen wünsche und wir, wenn wir gefragt würden, sagen sollten, wir wüssten nicht, wo sie sei. Ich erinnere mich noch, wie sie ihr an unseren Gruppenraum angrenzendes Zimmer verließ, „lieblich schleichend“, wie Thomas Mann formuliert hätte. Ihren Hintern hatte sie in eine hautenge Jeans verpackt. Später dachte ich in Erinnerung dieser Szene, dass „Tante“ Beate für den feuchtfröhlichen Abend mit Freddy vielleicht mit den nackten Buben vorher ein wenig vorgeglüht hat. Aber das ist Spekulation.
Die Obertante, eine dicke Mamsell mit lautem Organ und großem Vorbau, ist „Tante“ Beate aber dann, wie wir mitbekommen haben, auf die „Schliche“ gekommen, weshalb sie am folgenden Tag ein wenig sediert gewirkt hat.
Der Kuraufenthalt fand seinen Abschluss in einer Theateraufführung für alle Anwesenden durch ältere Jungen. Es wurde der „Doktor Allwissend“ gegeben nach den Brüdern Grimm. Das war definitiv nicht schlecht gemacht, auch die Botschaft des Märchens ist ja in Ordnung. Die Jungs hatten zudem viel Text gelernt. Allerdings waren die allermeisten Jungs dem Märchenalter bereits entwachsen, so dass wir das damals doch als ein etwas kindisches Spektakel empfanden. Zur Lektüre in unserer Gruppe gehörten Fußballgeschichten und Astrid Lindgren, wie ich mich noch erinnere, Märchen waren passé. Wahrscheinlich endete unser Kuraufenthalt auch deshalb so, damit wir am nächsten Tag zu Hause was Nettes zu erzählen hatten.
Nach meiner Rückkehr habe ich aber wenig erzählt. Aus heutiger Sicht erscheint das unbegreiflich. Man muss sich aber klarmachen, dass in dieser Zeit in vielen Elternhäusern und den meisten Erziehungseinrichtungen noch geschlagen wurde und ein strenges Regiment herrschte. Sowohl in der Grundschule als auch in den ersten Jahren auf der weiterführenden Schule gab es körperliche Züchtigungen. Ich habe das so weit als normal empfunden. Aber an das Gefühl der wiedergewonnenen Freiheit nach sechs Wochen „Kur“ erinnere ich mich noch ganz deutlich.
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Susanne schrieb am 24.04.2021
Hallo, ich war als Sechsjährige 8 Wochen zur Kur und habe fast keine Erinnerungen. Leider musste ich auch noch länger bleiben da ich Mumps hatte. Ich muss wohl so unter Heimweh gelitten habe, dass meine Eltern mich besuchen durften. Ich leide seit dieser Zeit massiv unter Ängsten mit der Symptomatik Schwindel. Seit Jahrzehnten bin ich in Therapie. Aktuell in einer Traumatherapie. Kann mir jemand etwas über die Verhältnisse in diesem Heim berichten? Danke ?
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Jutta schrieb am 24.04.2021
Ich habe soeben den Bericht über Verschickungskinder in meiner Tageszeitung gelesen und da sind Erinnerungen hochgekommen...
Nachdem mein Opa an Tbc verstorben war wurde bei mir, im Rahmen einer Reihenuntersuchung, ein Schatten auf der Lunge festgestellt. Ich wurde also zu einem 6-wöchigen Aufenthalt nach Berchtesgaden geschickt (was den Namen der Einrichtung betrifft bin ich mir nicht ganz sicher wie der korrekte Name war). Aus den vorgehsehenen 6 Wochen wurden am Ende 10 Monate!! Meine Eltern bekamen in regelmäßigen Abständen kurze Notizen mit dem Wortlaut "Ihrer Tochter geht es gut aber aus gesundheitlichen Gründen ist eine Verlängerung des Aufenthaltes erforderlich.." manchmal hieß es auch "Ihrem Sohn..."
Kann mich auch dran erinnern dass, falls man das Essen mal nicht drinnen behalten hatte (mehr Fett- als Fleischbrocken im Bohneneintopf), der Tisch abgewischt wurde und man musste das Essen fortsetzen. Honig (gab es fast jeden Morgen, so verklumpt und zuckrig) kann ich bis heute nach all den Jahren weder essen noch riechen.
Was viel schlimmer war, ist, dass ich 10 Monate lang weder Mutter noch Vater (und meinen kleineren Bruder) zu Gesicht bekommen habe. Meine Mutter hat mir regelmäßig Päckchen geschickt, aber alles was an Lebensmitteln geschickt wurde, wurde unter den anderen Kindern mit aufgeteilt. Ich durfte das Paket auspacken und dann wurde es mir weggenommen und mir wurde die Hand geführt beim Schreiben der Dankeskarte. Als ich nach 10 Monaten nach Hause entlassen wurde, habe ich bei der Abholung meine Mutter nicht mehr erkannt (man hatte mir erzählt eine Tante würde mich abholen), im Zug habe ich ununterbrochen die eingetrichterten Lieder gesungen und zuhause habe ich meinem Vater ins Ohr geflüstert "Darf ich bitte mal aufs Klo gehen"..
Ich bin extrem harmoniesüchtig und versuche es jedem Recht zu machen und auf keinen Fall irgendwo anzuecken und weiß dass diese 10 Monate mich fürs Leben geprägt haben!
Administrator-Antwort von: Redaktion
Nachtrag per Email:
"Hab ganz vergessen anzugeben das ich Jahrgang 1954 bin...ich war 5 Jahre alt."
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Gabi Hess aus Üchtelhausen schrieb am 24.04.2021
Ich war im Jahr 1968 für sechs Wochen im Kinderheim Hafenpreppach bei Ebern. Ich war damals ein schmächtiges und sehr sensibles sechsjähriges Mädchen. Der Grund meines Aufenthaltes dort war wohl, dass ich immer viel zu dünn war und unbedingt zunehmen sollte. Das habe ich dann dort auch zu spüren bekommen ! Man wurde gezwungen seinen Teller leer zu essen und wenn es Stunden dauerte. Manche Kinder mussten sich darüber erbrechen und mussten/sollten trotzdem noch aufessen. Es wurde nicht akzeptiert, wenn jemand sagte " ich mag das nicht". Einmal musste ein Kind sein Erbrochenes selbst wieder aufwischen. Schlafen mussten wir in großen Sälen und nebenan war das Dienstzimmer der Erzieher. Oft ging dort eine Party ab, während viele von uns heulend im Bett lagen. Ja, wir litten sehr unter Heimweh. Ich weinte mich damals fast jede Nacht in den Schlaf. Ich wollte einfach nur nach Hause zu meiner Familie ! Einmal die Woche durften wir einen Brief an unsere Familie schreiben. Mein Problem war nur, dass ich noch nicht schreiben konnte. So bat ich immer ein etwas älteres Kind das für mich zu tun. Es war immer der selbe Text " Mama und Papa, ich will wieder heim zu euch". Die Briefe kamen niemals bei meinen Eltern an, laut meiner Mutter. Dieses "Alleinegelassenwerden" von damals hat mich für mein ganzes Leben nachhaltig geprägt. Auch was meine Essgewohnheiten betrifft. ? Ich esse meinen Teller immer leer und hatte seitdem nie mehr Untergewicht - im Gegenteil ! Erfahrungen, die keiner braucht. Ich bin auch nachhaltig auf meine Eltern sauer, dass sie sich zu so einer" Kur" für ihr Kind haben überreden lassen. Sie hätten doch wissen müssen, wie ich ticke und leiden würde. Gabi ?
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Inge Kretschmer aus 97199Ochsenfurt schrieb am 24.04.2021
Ich war in der fränkischen Schweiz als 6jährige mit meiner 10jährigen Schwester....ganz schreckliche Zeit
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Nati aus Kiel schrieb am 23.04.2021
Ich bin 1977 mit 8 Jahren für 6 Wochen ins Kinderheim Dr. Selter nach Brilon verschickt worden. Vor einiger Zeit bin ich auf die Initiative von Anja Röhl gestoßen und dadurch dann auf diese Webseite. Meine Erfahrungen decken zum großen Teil mit den hier geschilderten Erlebnissen. Der Aufenthalt hat mich schon tendenziell traumatisiert, das erkennt man auch daran, dass einen die Erinnerungen einfach nicht loslassen und immer wieder hochkommen. In meiner Familie war das auch oft ein Thema, was aber nicht wirklich ernst genommen wurde. Daher sind Erfahrungsberichte wie diese so wichtig! Nicht nur, weil man selbst plötzlich nicht allein mit den Erlebnissen ist, sondern auch, um anderen „zu beweisen“, dass dies tatsächlich auch von vielen so empfunden wurde.
Meine Mutter wollte mir etwas Gutes tun und wandte sich an die Barmer Ersatzkrankenkasse, weil ich zu dünn war. Sie war selbst im Krieg mit ihrer Schwester für ein Jahr von Schleswig-Holstein nach Bayern verschickt worden und hatte daher keine Bedenken, mich für die 6 Wochen ins Sauerland zu schicken. Im Ergebnis kam ich zwar mit Pausbäckchen wieder nach Hause (heutzutage überhaupt nicht mehr erstrebenswert), der Weg dahin bestand jedoch aus Zwang und Psychoterror. Alles aufessen zu müssen, selbst wann man, wie ich, keine Milch mochte – Milchsuppen, Kakao mit dicker Haut, ekligen Quark. Vorher durfte man nicht vom Tisch aufstehen! Das war für mich wirklich schlimm. Es gab auch Kinder, die abnehmen sollten, diese durften nur hungrig zuschauen, wenn es doch mal Bratkartoffeln gab. Sehr pädagogisch. Dazu die merkwürdigen „Kuren“: Apfelessigkur, Honig aus einem Riesentopf (ich dachte wenigstens, es sei echter Honig, in den Berichten hier wurde auch schon Kunsthonig erwähnt), dazu die Algenkur mit den widerlichen Tabletten, die ich aber nicht einnahm, sondern sammelte und beim morgendlichen Zwangsdauerlauf heimlich im Wald verteilte. Überhaupt der Dauerlauf vor dem Frühstück: wenn die Luft im Frühjahr oder im Herbst feucht-kalt ist und nach Waldboden riecht, fühle ich mich immer noch sofort zurückversetzt; Proust lässt grüßen … die Erinnerung ist aber alles andere als angenehm. Hatte man im Schlafsaal geredet, so wurde man aus dem Bett geholt und musste erst mal im Nachthemd im kalten Speisesaal sitzen, bevor man irgendwann wieder nach oben durfte. Gut erinnern kann ich mich an die Heimleiterin mit dem grauen Dutt, wie sie uns zum Wassersparen auf dem Klo anhielt: “ein Tropfen Pippi, neun Liter Wasser“, wir sollten nicht ziehen. Mit dem Ergebnis, dass die Toiletten verstopften. Das alles führte dazu, dass ich einen Brief nach Hause schrieb und erzählte, wie unglücklich ich dort war. Meine Mutter hat diesen Brief übrigens lange Jahre aufbewahrt und hat ihn, glaube ich, immer noch. Im Brief hatte ich noch explizit darauf hingewiesen, dass meine Mutter sich bloß nicht an die Heimleitung wenden sollte, ich befürchtete Repressalien. Und so kam es dann leider auch, ich wurde vor allen anderen, nach meiner Erinnerung im Schlafsaal, vorgeführt. Die Heimleiterin kam wütend mit dem Brief wedelnd in den Raum und las meinen O-Ton daraus vor (meine Mutter hatte wohl eine Kopie beigefügt) und machte mich dabei total lächerlich. Keine meiner Mitleidenden hat sich natürlich für mich eingesetzt, bei diesem Drachen hätte das womöglich Konsequenzen gehabt und das verstand ich schon damals. Ich glaube wirklich, das war der schlimmste Moment in meinem Leben, bis zu dem Zeitpunkt auf jeden Fall. Irgendwann dann hatte die Heimleiterin andere Kinder im Visier und ich konnte mich erleichtert in die Anonymität zurückziehen. Das einzige schöne Erlebnis möchte ich der Vollständigkeit halber nicht unterschlagen: wir haben die Karl-May-Festspiele in Elspe besucht und ich habe Pierre Brice als Winnetou erleben dürfen. Ansonsten mussten wir unser Geld wie hier schon geschildert bei einem Basar ausgeben, wo wir unter Druck gesetzt wurden, angebliche Arbeiten aus Entwicklungsländern zu kaufen. Die Cord-Stofftiere – einen Fuchs und einen Hund, meine ich – habe ich noch jahrelang aufbewahrt.
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Gabriele Diebel aus Vorm. Berlin schrieb am 23.04.2021
Hallo und guten Tag!
Eigentlich dachte ich, darüber hinweg zu sein, aber nachdem ich vorhin einen Beitrag im Deutschlandfunk über eine dies betreffende Initiative und geschilderte Schicksale hörte, konnte ich erstmal eine ganze Weile nicht aufhören zu weinen.
Im Alter von neun oder zehn Jahren wurde ich wg. Atemwegserkrankungen in das "Krankenhaus Schöneberg", in Wyk auf Föhr, verschickt; das war ca. 1963/64 und hatte nachhaltigen Einfluß auf meine seelische Gesundheit. Erst eine achtjährige Psychoanalyse, vor 20 Jahren beendet, brachte einiges ans Licht und konnte mir meine Albträume von leeren, gefliesten, dunklen, kalten Räumen nehmen - allerdings bekomme ich noch heute grausende Beklemmungen, wenn ich kalte Waschräume mit aneinandergereihten Becken und Wasserhähnen sehe.
Das Ausgeliefertsein war eigentlich das Schlimmste. Die eigenen Eltern, die eigentlich dazu da sind, uns als ihre Kinder zu beschützen, konnten dies nicht tun, denn Briefe an sie wurden zensiert; ich weiß noch nicht mal, ob sie die überhaupt bekamen. Mir wurde tatsächlich mitgeteilt, daß zensiert wird und Negatives nicht hinausgelangt. Päckchen von daheim wurden nur in geöffnetem Zustand übergeben und jede Mittags- oder Nachtruhe hatte in absoluter Stille zu geschehen.
Mein erstes Aufbegehren äußerte sich darin, daß ich - keine Katholikin! - im Bett kniend vorgab zu beten (ich wollte einfach nur irgendwas machen), in der Annahme, das religiöses Verhalten respektiert würde - was ein Trugschluß war und ich angewiesen wurde, daß man auch im Liegen Beten könne.
Meine zweite Auflehnung bestand in einem Streich: jeweils Samstagabends wurden die, sich vor den Betten befindlichen, Hocker mit neuer Unterwäsche bestückt. In meinem Zimmer schliefen, glaube ich, sechs oder sieben Mädchen unterschiedlichsten Alters. Sehr früh morgens wachte ich auf und vertauschte heimlich die Wäschestapel, wurde aber von einer kleinen Kröte dabei beobachtet und - als nach dem Aufwachen das Chaos perfekt war und keine mehr sein Leibchen gefunden hatte - von ebendieser Kröte verpetzt. Schwester Luitgard hieß die knochentrockene, autoritäre und gefühllose Person, die mit ihrer Bestrafungsentscheidung für dieses schwere Vergehen, für Jahrzehnte von Albträumen verantwortlich ist: dunkle, kalte, geflieste Räume, unendlich in ihrer Ausdehnung - furchteinflößende Leere! Ich wurde verdonnert in einem Waschraum ohne Licht, auf einer Holzbank zu nächtigen; ob ich eine Decke bekam, weiß ich nicht mehr.
Weniger bedrohlich, aber ebenso erinnerungsnachhaltig, war das Frühstück dort: es gab jeden Tag Marmeladenstulle und Sonntags Stulle mit Pflaumenmus. Ich brauche nicht zu erwähnen, daß ich bis heute keine Marmeladenbrote esse.

Nach Ende des Martyriums holte mich mein Vater vom Busbahnhof ab; eigentlich habe ich kaum vollständige Erinnerung an diesen Abend, aber ich weiß, daß ich sofort im Auto heftig anfing zu weinen. Auch vom Nachhausekommen habe ich keine verläßliche Erinnerung - alles nur diffus und von Betroffenheit geprägt, so glaube ich wenigstens.

Nach dem Aufkommen des inzwischen allgemeingebräuchlichen Internets Ende der 1990er Jahre, machte ich mich auf die Suche nach Schwester Luitgard - und - ganz ehrlich - ich weiß nicht, was ich unternommen hätte, wäre ich fündig geworden - ist vermutlich auch besser so.

Ich wünsche allen von Ihnen, die ähnliches erlebten: weinen Sie es sich von der Seele. Auch wenn wir wissen, daß es etliche gibt, die diese Pein erlebten - jeder Schmerz ist neu und einzig, und es ist gut diesen mit anderen teilen zu können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Herzlicher Gruß

Gabriele Diebel
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Gnotke aus Mönchengladbach schrieb am 19.04.2021
Mein Bruder hat mich auf den Fernsehbeitrag aufmerksam gemacht. Das ist nun schon einige Wochen her. Ich musste diese Form der Bestätigung erst verdauen. ich bin erst mal 2 Tage unter Schock gestanden. habe viele Gespräche mit meinen Geschwistern geführt.
Ich war als noch fünfjährige, 6 Wochen im Barmer Haus auf Wyk auf Föhr in Asthma Kur.
Die Anreise habe ich in Erinnerung, das dort Versprochen wurde, ich dürfe sofort zurück, wenn es mir nicht gefällt.es war eine lange Anreise. Zum Abend kamen wir im Haus an. Es gefiel mir nicht. ich wollte sofort wieder nach Hause. Das hat natürlich nicht geklappt, stattdessen gab es Abendessen und in Reih und Glied ein Stück Würfelzucker mit bitteren Tropfen, für jeden. Bisher bin ich von Hustenstiller (Codein) ausgegangen. Nach dem Fernsehbericht bin ich da nicht mehr so sicher. Die eventuelle Tatsache, an Medikamentenexperimenten teilgenommen zu haben, hat mich tief schockiert.
Ich bin seit 25 Jahren Schmerzpatient, ohne wirkliche Hilfe. gibt es da einen Zusammenhang?
Ich erinnere nicht die komplette Zeit. Es war über Karneval. Daran habe ich nicht teilgenommen, da ich die Windpocken von zu Hause mit ins Kurheim gebracht hatte. Ich schätze 3 Wochen war ich ziemlich alleine auf der Krankenstation isoliert. Die Zeit war auch ganz in Ordnung. Danach aber zurück, ließ man mich spüren, was sie davon gehalten haben, das ich so Viele angesteckt hatte. Meine Station und mein Zimmer war relativ leer. Ich war nicht mit am Strand, kein Karneval. Nachts durften wir nicht auf die Toilette.
Es gab eine große Treppe mit massiven, blickdichten Treppengeländer. Die bin ich Nachts zur Toilette heruntergeschlichen. Reden im Zimmer war nicht erlaubt. Eine Nacht haben die zwei Anderen gequatscht und gekichert. Ich war nicht beteiligt. Als die Aufsicht reinstürmte, wurde es mir in die Schuhe geschoben. Ich wurde äußerst unsanft aus dem Bett gezerrt. Wurde über den Flur gestoßen. Immer wenn ich versuchte wieder aufzustehen, bin ich mit Fußtritten zurück auf den Boden geschickt worden. In dieser Manier ging es bis zu einem abgelegenen Einzelzimmer weiter. Dort musste ich die Nacht alleine, körperlich misshandelt, in einem Bett voller kleiner, spitzer Legosteine verbringen.
Ich durfte die Steine nicht raus legen und auch nicht daneben liegen. Man machte mir brüllend und drohend klar, das ich zur Strafe auf den Steinen zu schlafen habe.
Eine weitere Erinnerung ist in dem Wellenbad von Wyk.
Ich konnte mit 5 Jahren schon einigermaßen gut schwimmen. Ich erinnere mich, ganz alleine und ohne Aufsicht oder Begleitung zu sein. Was sicher nur meine Wahrnehmung war. Der Hupton für die nahenden Wellen erklang, und ich schaffte es nicht schnell genug in seichteres Wasser. Ich drohte zu ertrinken, hatte Panik und schon aufgegeben, als ein nettes älteres Ehepaar mich griff und zum Beckenrand brachte. die Beiden waren sehr um mich bemüht, und mir war bewußt, das ich ohne sie ertrunken wäre. keine Ahnung wo jemand von der Kur war.
Wie ich nach Hause gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Warum mir zu Hause keiner glaubte, weiß ich auch nicht. Danach hatte ich ein nächtliches Problem mit häufigen auf Toilette müssen. So stark, das mein Vater mir Nachts auch den "Toiletten-Gang " verbot.
Nach der Kur bin ich durch exzessives Lügen aufgefallen. Alles was Strafen hätte nach sich ziehen können, wurde mit lügen versucht, abzubiegen.
Bis zur Kur war ich ein selbstbewusstes Mädchen, kurz nach der Kur, hatte ich meine ersten Missbrauchserfahrungen, die mich seit dem mein Lebenlang begleiten. Das ist ein Puzzelteil meines Lebens, das plötzlich passt und Sinn ergibt. Ich bin überzeugt, das die Erfahrung in dieser Kur ursächlich ist, für meine Missbräuche. Wenn meine chronischen Schmerzen psychosomatischen Ursprungs sind, ist es eine weitere Erklärung ,die plötzlich passt. Oder sind meine Ärzte ratlos, weil Spätfolgen der Medikamentenexperimente keiner berücksichtigt?
Ich bin auf jeden Fall froh, durch diesen Fernsehbericht ein wenig mehr zu verstehen, warum einige Dinge in meinem Leben sind, wie sie sind.
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R. Josef schrieb am 19.04.2021
Mit 6 Jahren wollte ich nichts Dringenderes als endlich in die Schule kommen. Stattdessen musste ich ein Viertel Jahr zur "Erholung", weil bei den Voruntersuchungen ein Schatten auf der Lunge (TBC) festgestellt wurde. Unsere Familie hatte einen kleinen Gastronomiebetrieb, aufgrund der Ansteckungsgefahr durfte ich nicht zuhause bleiben.
Nun, es war eine harte und qualvolle Zeit, nichts Schlimmeres dabei, als all die anderen hier berichten.
Zweimal konnten meine Eltern zu Besuch kommen. Der muntere und aufgeweckte Knabe, den sie dort abgegeben hatten, hatte sich in ein menschliches Häufchen Elend verwandelt. Sie waren so schockiert, dass sie alle Hebel in Bewegung setzten, mich vorzeitig aus den Fängen der Heimleiterin und ihrere Truppe zu befreien.
Glücklicherweise konnte ich dann bereits nach zehn Wochen wieder zurück nach hause.
Dennoch - gezeichnet für das ganze weitere Leben.
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Linda Schrey aus Aachen schrieb am 19.04.2021
Auch in meiner Familie war es üblich die Kinder zur "Kur" zu schicken. Meine drei älteren Brüder und ich sind in den "Genuss" dieser fragwürdigen Kur gekommen, auch weil mein Vater als Eisenbahner die Möglichkeit dazu hatte, seine Kinder für 6 Wochen in "Eisenbahnerholungsheime" zu schicken. Meines Wissens hatte Woehr in Peterszell auch einen entsprechenden Vertrag.

Hier war es üblich, Kinder zu schlagen, die gegen die Hausordnung verstießen. Dazu zählte auch das Einnässen ins Bett. Ich erinnere mich daran, dass ein Zwillingspaar jeden Tag "dran" war. Wir Kinder hingen dann an der Heizung, die war so gebaut, dass man Geräusche aus anderen Zimmern deutlich hören konnte. Mittlerweile bin ich sicher, dass das Zuhören gewollt war, weil es die Angst vor dem "Herbergsvater" (der nannte sich tatsächlich so) verstärkte und wir demzufolge besser "parierten". Ich habe vor lauter Angst mal eingekotet und hatte das Glück, dass meine Betreuerin so viel Verständnis aufbrachte, dass sie mir half, alles zu reinigen und vor allem, machte sie keine Meldung. Von da an war ich weniger verängstigt.
Ich war mit einem meiner Brüder da, der Kontakt zu ihm wurde in den ersten Wochen konsequent unterbunden, "damit das Heimweh schneller weggeht". Wir durften uns nicht treffen, das fand ich richtig schrecklich.
Jeden Nachmittag wanderte der Lebertranlöffel von Mund und Mund. In der 2. Woche begann ich schon in Erwartung dieser ekligen Masse zu würgen und habe dann die Marmeladenbrote mit meiner lebertrangetränkten Spucke überzogen, da war richtig was los, ich wurde vor den Teller gesetzt und sollte alle Brote aufessen und bekam zur Strafe kein Abendessen.

Über unsere Erlebnisse haben wir unseren Eltern nach der "Kur" berichtet, auf diese Weise bliebt unserem jüngeren Bruder ein Aufenthalt erspart.
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Schneider Andrea aus Bergheim schrieb am 18.04.2021
Nachtrag: das Kinderkurheim hieß wohl früher Hsus Schönsicht, es wurde wohl mal in Marta Hübner Haus umbenannt. Habe hier einige Berichte gelesen, es war wie ein Deja-Vu.
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Schneider Andrea aus Bergheim schrieb am 18.04.2021
Hallo... ich habe Euren Bericht mit Interesse gesehen und es sind gleich Tränen geflossen.

Ich war mit 9 Jahren 6 Wochen in Berchtesgaden im Marta Hübner Haus. Wir hatten für 6 Wochen nur eine Unterhose, wurden in gute und böse Kinder unterteilt, wurden nachts im Wald in einen dunklen Holzschuppen eingesperrt, Essen wurde über den Kopf geschüttet und Post wurde kontrolliert und und und. Am Ende der „Kinderkur“ war ich voller Ekszeme und krank. Körperlich und seelisch. Es war die Ruhr ausgebrochen und einige Kinder sind glaube ich sogar verstorben. Noch heute leide ich, auch nach der Psychotherapie unter diesen traumatischen Erlebnissen.
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Anja Beckmann aus Oldenburg schrieb am 18.04.2021
Im Alter von 5 Jahren wurde ich mit meiner 2 Jahre älteren Schwester für 5 Wochen ins Erholungsheim für Kinder nach Bad Rothenfelde geschickt. Dort angekommen wurden wir gleich in versch. Gruppen eingeteilt. Wenn ich nachts weinte, musste ich stundenlang im Flur in der Ecke stehen. Als ich beim Abendessen das verschimmelte Brot nicht essen wollte, wurde ich gezwungen es aufzuessen. Als ich davon etwas auf den Boden warf, musste ich es vom Boden essen. Als unsere Eltern uns ein Päckchen geschickt hatten, durfte wir us öffnen, dann wurde es uns weggenommen. Weil ich „ falsch gesungen „ hatte, musste ich im Speisesaal auf den Stuhl steigen und „ vorsingen“. Es waren die furchtbarsten Wochen meiner Kindheit!
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Anja Beckmann aus Oldenburg schrieb am 18.04.2021
Im Sommer 1965 im KindererholungsheimBad Rothenfelde.
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Heike aus Staßfurt schrieb am 18.04.2021
Wieder und wieder, all die Jahre seid ich es weiß, versuche ich mich zu erinnern, und stelle mir die Frage, WARUM?
Da gibt es Gruppenfoto's, traurige Kinderblicke, und noch andere Foto's die ich jetzt erst zuordnen kann.
Ich sah nicht so aus als hätte ich zu wenig Gewicht, war auch nicht oft krank.
Vielleicht gab es auch andere Gründe, weshalb wir zur Kur geschickt wurden.
Ich hatte im Sommer 1973 einen schweren Verkehrsunfall, das ich deswegen zur "Erholung" in die Kur geschickt worden bin.
Jedenfalls war ich zusammen mit meinem Bruder da. Er war gerade 3Jahre, und ich 4Jahre alt.
Einige Bilder/Erinnerungen habe ich noch im Kopf. Wie die Hirschstatue im Park, der Kamin, die dunkle Holztreppe, und das knarksen der Dielen.
Vor der Nachtruhe mussten wir Kinder uns in Unterwäsche, alle in einer Reihe stellen, unsere Schlüpfer runter ziehen, die auf Sauberkeit kontrolliert wurden. War der Schlüpfer nicht sauber wurden wir bestraft... WIR WAREN DOCH KINDER...
Ich wollte nicht das mein Bruder bestraft wird?. Irgendwie schaffte ich es, sein Schlüpfer vorher zu wechseln, und die schmutzigen versteckte ich, hinter Schränke, unter Matratzen. Ob ich dabei vielleicht mal erwischt wurde, oder ob sie die während unseren Aufenthalt doch noch gefunden haben, das weiß ich nicht mehr.

Ich sah in den Medien wie über Kurkinder berichtet wurde, recherchierte im Internet-Monate lang.
Auf der Suche nach jemanden der/die auch in Krumke gewesen sein könnte.
Nun freue ich mich, gleich 4 Frauen gefunden zu haben?.

Vielen Dank, das es die Möglichkeit gibt sich mitzuteilen?.
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Peter Gölz aus Aachen schrieb am 17.04.2021
Ich habe vor einiger Zeit schon einmal geschrieben und möchte meinen Bericht ergänzen. Ich war im Sommer 1965
für 6 Wochen im Kinderheim St.Elisabeth in Berchtesgaden-Schönau. Ich sollte zunehmen, obwohl ich durchaus normalgewichtig war. Dementsprechend hatte das Essen eine große Bedeutung. Es musste IMMER ALLES aufgegessen werden, egal, wie groß die Abneigung, der Widerwille oder der EKEL auch war. Wenn ich mich dann übergeben hatte, musste das Erbrochene eben mitgegessen werden. Schreckliche Szenen haben sich dort abgespielt, sowohl bei mir als auch bei anderen. Letztlich habe ich in den 6 Wochen abgenommen. An die Postzensur erinnere ich mich noch gut. Alles, was man schrieb, wurde kontrolliert und ggf auch zensiert, selbst leichte Kritik wurde nicht geduldet. Die "Schwestern" kannten kein Pardon. Auf diesem Weg konnte man die Verhältnisse also nicht nach draußen tragen. An eine Beschränkung der Toilettengänge kann ich mich nicht erinnern, aber ich konnte schon damals sehr gut "einhalten", weshalb ich vielleicht keine Probleme damit hatte. Die schlimmste Erinnerung betrifft einen 14-jährigen Jungen, der mich während der gesamten Zeit drangsaliert und gequält hat, auch körperlich. Er war erheblich größer und stärker als ich und ich fühlte mich ihm völlig ausgeliefert. Von den Betreuerinnen habe ich keinerlei Hilfe erhalten. Das war eine tief negative Erfahrung. Die letzte Zeit dort verbrachte ich auf der Krankenstation, weil ich mich mit Röteln infiziert hatte und isoliert werden musste. Zum Glück blieb dies meine einzige "Verschickung". Ob und wie ich meinen Eltern von meinen Erlebnissen erzählt habe, weiß ich leider nicht mehr.
Ich bin sehr froh, dass es diese Initiative gibt und die schlimmen Erfahrungen endlich öffentlich gemacht werden. Auch wenn manches schon lange zurück liegt und es keine wirkliche Wiedergutmachung geben kann, darf nichts unversucht bleiben, um diese unrühmliche Vergangenheit aufzuarbeiten und die Verantwortlichen - sofern noch möglich - zur Rechenschaft zu ziehen.
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Heike Fi-Na aus Hamburg schrieb am 16.04.2021
Traumatische Erlebnisse, sexualisierte Gewalt
Erholungsheim und Indikationen
Ich war 4 Jahre alt und wurde im Nov/Dez 1971 für 6 Wochen von Herford (NRW) aus in ein Kindererholungsheim der Inneren Mission nach Rehe/Rennerod in den Westerwald (Rheinland-Pfalz) verschickt. Laut der Heimliste von Sepp Folberth (1964) wurden in diesem Kindererholungsheim 40 Kinder im Alter von 5-14 Jahren aufgenommen sowie 105 Jugendliche ab 14 Jahren. Die Jugendlichen wurden in einem nahegelegenen Haus auf demselben Gelände untergebracht.
Ich entsprach mit meinen 4 Jahren also altersmäßig nicht der Aufnahmeanforderung. Ich kann mich nicht daran erinnern, ein anderes Kind in meinem Alter während meines Aufenthaltes dort gesehen zu haben. Von meinem persönlichen Empfinden ausgehend, hatte ich den Eindruck, dass ich mit Abstand das jüngste und körperlich gesehen, auch das schwächste Kind war. Ich sollte zunehmen, war aber nicht bedrohlich untergewichtig. Ich hatte noch kein Zeitgefühl, konnte mich nicht verorten und auch nicht den riesigen und weit abgelegenen Heimgebäudekomplex überblicken. Ich fühlte mich von Anfang an verloren, einsam und heimatlos - von meiner Familie abrupt abgeschnitten, was für mich als Vierjährige nicht nachvollziehbarer war und einen völlig unvorhersehbaren Bindungsabbruch bedeutete.
Ich wurde zusammen mit meinem Nachbarsjungen, der damals „schon“ 5 Jahre alt war, verschickt. Ich sah ihn aber nur einmal in den ganzen 6 Wochen wieder, da wir schon im Zug getrennt wurden und er in der abgetrennten Jungenabteilung, in einen anderen Haus untergebracht wurde.
Reise:
An die weitere Hinfahrt im Zug kann ich mich nicht mehr erinnern. Wer uns begleitet hat oder ob es etwas zu Essen gab. An die Rückfahrt schon eher, weil mir diese endlos lang vorkam. Ich trug eine karierte Stoffwollhose, die sehr kratzig war und auch nicht sauber. Ich hatte mir Tage zuvor in die Hose uriniert. Gefühlt war es die einzige Hose, die ich dabei hatte. Sie scheuerte furchtbar zwischen den Beinen, es fühlte sich wund, heiß und beschämend „schmutzig“ an. Während der Rückfahrt hatte ich diffuse Gefühle von Angst , Scham und Schuld. Angst, weil ich nicht wusste, ob es wirklich nach Hause ging und Scham, weil ich meine Unbedarfheit und irgendwie auch meine Unschuld als Kind verloren hatte. Und Schuld, weil ich das Gefühl hatte, „falsch“ zu sein und deshalb Strafe erwartete. Ich erinnere mich auch daran, dass mein Koffer im Abteil stand und dass das wohl ein Zeichen dafür war, dass ich den Ort wechselte. Eine Vorstellung von nach Hause fahren, stellte sich definitiv nicht ein – ich war total entfremdet.

Ich habe einige traumatische Erlebnisse während meiner Verschickung im Erholungsheim erlitten: zahlreiche Demütigungen durch die „Tanten“, die überwiegend Diakonissinnen waren, wie Wegsperren, Ausgrenzen, Sachen/Kleidung/Pakete wegnehmen, Essenszwang, körperliche Übergriffe und Grobheiten beim Waschen und bei den Toilettengängen.
Auch die älteren Mädchen, mit denen ich in einem Schlafraum untergebracht war, haben mich ständig geärgert, mir mein einziges Kuscheltier weggenommen und dieses zerstört, mich verhöhnt und mir ständig angedroht, dass ich nie wieder nach Hause komme! Das führte in der gesamten Zeit zu massiven Schlafstörungen, sprich, ich hielt mich nachts wach, weil ich Angst vor Übergriffen meiner Zimmergenossinnen hatte. Ich erinnere mich daran, dass ich die Wand anstarrte und aus den kleinen Löchern darin den Kalk pulte und ihn aß. Das wurde eine Art stimulierendes Ritual, um mich selbst zu spüren und mich irgendwie zu verorten. Eine Art Überlebensstrategie. Heute würde ich sagen, dass ich hospitalisiert habe.
Mein schlimmstes Trauma war jedoch eine „Zuführung“! Auf diesen Begriff bin beim Hören eines Radioberichts gestoßen, in dem davon berichtet wurde, dass eine [b]„Zuführung“
eine häufig eingesetzte, institutionelle Sanktionierung in den (Verschickungs-)Heimen war. So auch in meinem Fall:
Ich hatte mir auf einer langen und kalten Schneewanderung in die Hose uriniert. Ich vermute, dass das der Grund war, um bestraft zu werden, womöglich bringe ich aber auch einzelne Szenen in der Erinnerung durcheinander! Eine Diakonisse und 2 ältere Mädchen aus meinem Schlafraum brachten mich in einen Schlafraum des Jungentrakts im Haus der Jugendlichen. Dort wurde ich mit mehreren älteren Jungen (ca. 14- 16 Jahre alt) zurück gelassen. Auch mein Nachbarsjunge befand sich in diesem Schlafraum. In meiner Erinnerung wirkte er verängstigt und wir konnten auch nicht miteinander sprechen. Er saß mit überkreuzten Armen, die seinen Intimbereich schützen, auf einem Bett. Ob er auch dort schlief oder so wie ich den älteren Jungs „zugeführt“ wurde, weiß ich nicht genau.
Ich wurde Opfer eines gewalttätigen und sexualisierten Übergriffs in diesem Raum. Es war kein Erwachsener anwesend oder irgendwer, der mir hätte helfen können. 3, 4 geschlechtsreife Jugendliche sind scheinbar zuvor veranlasst worden uns Kleinen mächtig Angst einzujagen. Ob jemand etwas davon etwas mitgekriegt hat, was sich abgespielte, weiß ich auch nicht. Aber ich vermute, dass es nicht der einzige Vorfall in der Art war.
So haben mich mehrere Jungs festgehalten, mir ein Kissen auf den Kopf gedrückt und mich sexuell missbraucht. Ich kann mich nur noch an einzelne Details erinnern, wie das Kissen, was mir fest auf den Kopf gedrückt wurde und die Beine und Arme der Jungen die meinen Bauch sowie meine Beine niederdrückten und auch auf meinen Intimbereich Druck ausübten und sich an meinem Körper zu schaffen machten. Da war kein Entkommen möglich. Ich hatte Todesangst, irgendwann blieb mir durch das Kissen, was meine Atemwege fest verschloss und durch den heftigen Druck auf meinem Körper sowie das Gezerre an mir die Luft weg. Ich dachte, ich müsse jetzt sterben und bin dann ohnmächtig geworden!
Ich habe ein schweres Erstickungstrauma erlitten, aber eben auch einen Übergriff von sexualisierter, sadistischer Gewalt von Mitverschickungskindern im Jugendalter. In meinem Gedächtnis blieb mir auch der „Spaß“, den die Jungen hatten, als sie mich quälten. Der Übergriff „artete wohl aus“ und mir wurde im Alter von vier Jahren die „Würde“ genommen. Ich war schutzlos, ausgeliefert, hatte Schmerzen und fühlte mich schmutzig. Als kleines Kind konnte ich das natürlich noch gar nicht verbalisieren, verstehen oder gar verarbeiten, was da gerade mit mir passierte, aber in meinem Körpergedächtnis hat sich diese tiefe Verletzung nachhaltig „gespeichert“. Seelisch habe ich das Erlebt viele Jahre abgespalten, ich konnte es einfach nicht zusammenbringen das körperlich Erlebte und das seelisch Erinnerte.
An den Rest dieses Übergriffes habe ich keine Erinnerung mehr, also wie ich
wieder in meinen Schlafraum zurückgekommen bin, ob mir jemand geholfen hat, ob ich gewaschen wurde oder ärztlich versorgt wurde.

[Arztkonsultation- erste Dissoziation

Die nächste übergriffige Erinnerung, die ich habe, war eine mit Angst und Scham besetzte Arztkonsultation. Ich musste allein, gefühlt stundelang in der Ecke eines sehr großen und dunklen Raumes mit heruntergelassener Hose und nacktem Po, dem Arzt und der mitanwesenden Diakonisse den Rücken zugewandt, stehen. Es war am Nikolaustag 1971 daran erinnere ich mich deshalb, weil die anderen Kinder nebenan Weihnachtslieder sangen und der Weihnachtsbaum aufgebaut war!
Wenn ich daran denke, überkommt mich auch heute noch ein Gefühl von Scham, Schande, ausgeliefert und gebrochen zu sein!
Ich wurde zum Objekt, wie ein Gegenstand der begutachtet, der „ausgepackt“, „beglotzt“ und „begrabscht“ werden konnte, wann immer wer anderes es wollte. Ich hatte keine „Hülle“, keinen Schutz aber auch keinen Willen mehr mich zu wehren oder gar aus dem Raum zu laufen. Ich habe mich in eine Art „Blase“, in einen „Zwischenraum“ zurückgezogen: um mich herum begehrten die Täter und Dämonen darauf, in diesen Raum vorzudringen. Das war wohl meine erste Dissoziation!
Seit meiner Verschickung löst alles was hinter meinem Rücken körperlich, wie auch emotional-atmosphärisch passiert, ein großes Unbehagen sowie Kontrollverlust bei mir aus.
Kindheit:
Ambivalente Erziehungmuster - gewaltätige Übergriffe, Scham u. Schuld
Die Traumata meiner Verschickung haben mich in meiner persönlichen und gesundheitlichen Entwicklung zeitlebens geprägt und auch in einigen Phasen sehr stark beeinträchtigt. Daneben war meine Kindheit geprägt von einem groben und ambivalenten Erziehungsverhalten meiner Eltern. Vor allem meine Mutter erzog mich mit ähnlichen Mustern, wie ich sie im Kindererholungsheim erleben musste. Mein Kindheitserleben und unsere Beziehung war geprägt durch ihre unberechenbaren Gefühlsausbrüche, verbale und körperliche Demütigung, zwanghafter Reinlichkeitserziehung, sadistische Wut- u. Gewaltausbrüche sowie von ihr erzwungene (Liebes-) Zuwendung. Sie wollte nur das „Beste“ für mich. Der Bindungsabbruch, den ich als Vierjährige erlebt habe durch die Verschickung, wurde durch die ambivalente und gewalttätige Erziehung nochmal mehr verstärkt. Was die Verschickungszeit angeht, so habe ich sehr lange an meiner eigenen Glaubwürdigkeit und dem Ausmaß der Erlebnisse gezweifelt, auch aufgrund des fehlenden Vertrauens vor allem zu meiner Mutter. Auf spätere Gesprächsversuche hin reagierte sie verschlossen, schambesetzt als wollte sie etwas verbergen. Ich denke, ihr war es sehr wohl bewusst, dass dort etwas Schlimmes mit mir passiert sein musste. Sie hat dann immer gesagt, dass mein Vater so erschrocken gewesen sei über meinen Zustand, als ich nach Hause kam. Sie selbst neigte zur Verharmlosung und Vertuschung: „naja, so schlimm kann es ja nicht gewesen sein, du hast es ja überlebt“, auch um aufkommende Schuldgefühle von sich zu weisen. „Wir wollten doch nur das Beste“ – Ende des Gespräches! Das hat sich sehr lange in mir verankert und mich auch „mit“ krank gemacht.
Therapie und Aufarbeitung
Ich bin seit vielen Jahren in therapeutischer Behandlung, habe 2 Klinikaufenthalte hinter mir und versuche über das Mit-Teilhaben der Aufarbeitungsbemühungen der „Initiative Verschickungskinder“ und durch meine persönliche Recherche sowie einer langjährigen Traumatherapie, eine erneute Konfrontation mit meinen „Verschickungstraumata“.
Ich möchte verstehen, welche Auswirkungen die schwerwiegenden und traumatischen Erlebnisse im Verschickungsheim, vor allem auch die sexualisierten Gewalterlebnisse auf mein Leben Einfluss hatten.
Meine beiden aktuellen therapeutischen Begleiter bestätigten mir schon lange, dass sie keinen Zweifel an meinen Schilderungen, dem Erinnerten und an meiner Glaubwürdigkeit haben. Sie haben mich auch ermutigt, das Erlebte hier zu berichten. Ich erhoffe mir auch durch das Niederlegen „meiner Geschichte“ den verlorenen Anteil an Glaubwürdigkeit und Würde wieder zurück zu erlangen. Einen Zugang zu dem Kind, was ich vor der Verschickung war, wiederzufinden.
Heute bin ich zuversichtlich, weil immer mehr Licht ins Dunkel kommt! So langsam setzt sich ein immer vollständiger werdendes Lebens-Puzzle zusammen, auch deshalb, weil es die „Initiative Verschickungskinder“ gibt. Das Gefühl, mich in dem vielen Berichteten wieder zu finden, bestätigt mich als Opfer eines schlimmen Verbrechens, aber auch als individuellen Mensch, der sich verbinden möchte.

In Verbundenheit Heike Fi-Na
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Sylvia schrieb am 16.04.2021
Ich war Ende 1984 mit 5 Jahren für 5 Wochen im Kinderkurheim Krumke, in Osterburg.
Auch ich möchte Zeugnis ablegen, nachdem ich sehr dankbar bin, diesen Verein gefunden zu haben.
Ich erinnere mich daran, dass ich ekliges Fleisch mit viel Fett zu essen bekam, dass ich wieder herausgebrochen habe, weil es mich so geekelt hat. Ich sollte dass dann wieder essen, ich habe keine Erinnerung daran wie es ausgegangen ist.
Wir durften nicht auf Toilette, so passierte es dass sich Kinder eingemacht haben. Ich musste in meinen Exkrementen liegen bleiben. Frühs wurden alle Übeltäter vor versammelter Mannschaft kalt abgeduscht und massiv und sehr demütigend beschimpft...
Morgens und abends wurde sehr unsanft Fieber gemessen, dabei wurde uns die Geschichte erzählt, dass einem Jungen das Fieberthermometer im Hintern abgebrochen ist. Dadurch hatte ich panische Angst dass das bei mir auch passiert. Wahrscheinlich eine Methode, die Verhindern sollte das wir das Poloch zukneifen.... keine Ahnung.
Außerdem habe ich das Gefühl dass ich dort mal eingesperrt war, vielleicht auch öfter. Zum Geburtstag schickten mir meine Eltern eine Päckchen mit Naschen, einer Puppe und einem Plüschtier - ist nie bei mir angekommen und war auch nicht in meinen Sachen zu finden. Meine Mutter versuchte auch anzurufen, wurde aber abgewimmelt, mir ginge es gut und hier könnten nicht ständig Eltern anrufen.
Zu meinem Geburtstag wurde ich auf einen Stuhl gesetzt und von großen Kindern und Erziehern mit dem Stuhl weit hoch gehoben und dreimal hoch gesungen - ich hatte totale Angst herunterzufallen, da ich mich kaum halten konnte.
Nach dieser Kur war ich wohl mehrere Wochen total apathisch und war bis zur Einschulung nur noch 4 Stunden im Kiga.
Lange Zeit habe ich das weggedrückt, doch jetzt kamen Erinnerungen wieder und nach einigen Tagen entschied ich mich zu googeln, ob es Berichte gibt. So entdeckte ich diesen Verein. Ein großes Dankeschön für alle die sich hier zeigen und damit auch anderen helfen, das ganze aufzuarbeiten und vor allem zu wissen, dass es keine Einbildung war, sondern wirklich geschehen ist.
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N.R. aus Köln schrieb am 16.04.2021
Ich war Anfang der 80er Jahre zur Kur in Wyk auf Föhr (über die Barmer EK) wegen starken Untergewichts und chronischer Bronchitis.
Die Anfahrt erfolgte ohne meine Eltern. Ich war mit mehreren Kindern auf dem Zimmer. Beim Essen kam immer der Spruch "Bitte nachnehmen". Ich musste immer zwei Portionen essen, da ich zunehmen musste, auch wenn ich nicht mehr konnte und mir schlecht war.
Ich kann mich an eine große Angst erinnern, vor allem abends. Es war still, man hörte nur leises Wimmern.
Meine Mutter erzählte mir, dass sie eine Postkarte von dort bekam (nicht von mir geschrieben) und sonst keinen Kontakt aufnehmen durfte. Ausserdem war meine Kleidung bei der Ankunft zu Hause nass und völlig durchnässt von Urin.
Ich habe leider fast keine Erinnerung, nur schlimme Körpergefühle, wenn ich an diese Zeit denke. Bei mir hat sich eine PTBS entwickelt.
Ich würde gerne wissen, ob andere auch zu dieser Zeit dort waren.
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Waltraud Meyer-Mierzwa aus Oldenburg schrieb am 15.04.2021
Auch ich wurde durch einen Bericht im WDR auf die Missstände in den damaligen,sogenannten Erholungsheimen aufmerksam.Es ist allerdings immer nur von Verschickungen in der Zeit von 1960 bis 1980 die Rede. Ich kam, um mich zu erholen, ca. 1950/51 in das Erholungsheim Etzhorn in Oldenburg. zu dem Zeitpunkt war ich 8 Jahre alt. Was ich dort sehen musste war für mich ganz schlimm. Uns wurde täglich gesagt, dass wir bestraft werden wenn wir unser Essen nicht aufessen. Und um das den Kindern zu verdeutlichen, mussten wir unsere Stühle wie in einer Vorstellung hintereinander aufstellen in Richtung Fensterbank. Dann wurde ein ca. einjähriges Kind auf die Fensterbank gelegt, dem die Schwestern dann einen Trichter in den Mund hielten um dem Kind so einen Grießbrei einzuflößen. Uns wurde danach gesagt, dass wir das auch zu erwarten hätten wenn wir unser Essen nicht aufessen. Vielleicht wurde am Gewicht der Kinder der Erfolg der Heime gemessen, denn in fast allen Berichten geht es irgendwie immer um das Essen. Es gab noch viele andere Gemeinheiten in diesem Heim. Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, an dem meine Mutter mich abgeholt hat. Ich war noch nie so glücklich wie an diesem Tag. Aber auch ich habe nicht über die schlimmen Dinge in dem Heim gesprochen. Das hört man immer wieder. Erst als ich erwachsen war, habe ich mein Erlebtes meiner Mutter erzählt. Meine Mutter hat mir natürlich geglaubt, hatte nur kein Verständnis dafür, dass ich das alles die ganzen Jahre für mich behalten habe. Allerdings hört man das immer wieder , dass Kinder über schlimme Dinge nicht sprechen. Das hat sich vor 71 Jahren zugetragen. Es wäre zu schön, wenn sich noch Jemand der auch in diesem Heim war, an diese Zeit in Oldenburg, in Etzhorn erinnern könnte.
W. Meyer-Mierzwa
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Kirstin Amberger aus Köln schrieb am 14.04.2021
Nachdem ich heute erst durch einen Fernsehbericht auf das Thema der Kinderverschickung aufmerksam wurde, ist mir erst bewusst geworden, dass meine Schwester und ich kein Einzelfall waren, sondern es viele Kinder gibt, die mehr oder weniger traumatische Erlebnisse gemacht haben.
Ich war von September bis Oktober für 6 Wochen in Berchtesgaden - den Namen des Heimes weiß ich nicht mehr. Meine Schwester (zu diesem Zeitpunkt 4jährig) und ich (6 Jahre) wurden in Köln in einen Zug verfrachtet. Begleitet wurden wir nicht - zumindest nicht von der Familie. Wir haben beide geschrien und geweint weil wir nicht weg wollten.
In Berchtesgaden angekommen wurde meine Schwester von mir getrennt. Sie wurde anderswo untergebracht. Nach ein paar Tagen ist sie jedoch zu mir gekommen, weil sie nur geweint hat und zu mir wollte.
Ich erinnere mich nicht an viele Dinge, aber es sind sowohl negative als auch ein paar positive Erinnerungen dabei. Wir haben schöne Ausflüge gemacht und viel gesungen. Das hat mir immer viel Spaß gemacht. Negativ habe ich die Zensur der Briefe in Erinnerung, wir durften nichts negatives schreiben und mussten alles beschönigen. Briefe und Karten von daheim wurden laut vorgelesen. Der Inhalt von Päckchen oder Paketen wurde unter allen Kindern geteilt.
Bei Nachtruhe war absolute Stille zu halten, ansonsten stand man stundenlang auf dem kalten Flur nur im Nachthemd und barfuß in einer Ecke.
Ganz furchtbar habe ich in Erinnerung, dass sich (gegen Ende der Kur) viele Kinder mit Brechdurchfall infiziert hatten. Die Toiletten waren entweder besetzt oder verdreckt dadurch dass es Kinder nicht mehr rechtzeitig geschafft haben. Betten wurden dadurch beschmutzt, weil man einfach nicht mehr wusste wohin.
Als wir wieder zuhause waren, wurden Stuhlproben meiner Schwester und mir entnommen und es stellte sich heraus, dass wir die Erkrankung Ruhr hatten.
Ich habe meine Mutter mehrfach gefragt warum sie uns weg geschickt hat. Die Antwort war immer nur, dass das ein Angebot von der Krankenkasse (DAK) war.

Vielleicht findet sich ja jemand, der sich an Dinge die ich geschildert habe, ebenfalls erinnert. Es ist schön zu wissen, dass man nicht alleine damit ist.
LG Kirstin
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Elke aus Köln schrieb am 14.04.2021
Das Seehospiz war die Hölle. Barfuß mit Decke über dem Kopf auf dem Flur stehen, weil man als 6 Jährige vor Heimweh nachts geweint hatte.Wer eingenässt hatte, stand mit der nassen , kratzigen Decke überm Kopf auf dem Flur. Pferdedecken mit Meandermuster...ich hasse dieses Muster . Zu der Zeit wurde die Mauer gebaut...es wurde drüber gemunkelt..ich dachte, ich käme nie wieder nach Hause, weil sie zwischen der Insel und dem Festland gebaut würde. Der Schornstein der Wäscherei ? war in meiner Phantasie ein Verbrennungsofen..man hörte ja auch als Kind von den Nazi Verbrechen. Mein Asthma verstärkte ich . 3 Jahre später war ich im Schifflein Sausewind . Dort war es für mich wunderschön, mit liebevollen Erziehern. Den negativen Eintrag über dieses Heim kann ich nicht bestätigen ( vielleicht eine Verwechslung mit dem Seehospiz) dort wurden auch nur 3 Wochen angeboten. Der Aufenthalt dort hat mich bis heute mit der Insel versöhnt, obwohl ich bei meiner Wiederkehr als 40 Jährige beim Anblick des Seehospizes in Tränen ausgebrochen bin. Wut kam hoch, Erinnerungen kamen...Schläuche, die man schlucken musste..warum weiß ich bis heute nicht. Es war ein Previleg, wenn man die gewaschenen Binden der Neurodermitiker aufrollen durfte. Da wurde man gelobt. Immer wieder sehe ich das Bild der Diakonissin mit der Haube und der großen Schleife unterm Kinn in Albträumen vor mir. Der strenge Blick durch die Nickelbrille ... grausam. Wir waren Kinder , verletzliche Seelen. Ich bin Erzieherin geworden...bestimmt auch, damit ich etwas an Kindern wiedergut machen konnte. Das hab ich mir zumindest immer gesagt : So gehts du nie mit Kindern um.
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Edith schrieb am 12.04.2021
Als Schulkind wurde ich in den Sommerferien mit dem Auto in das Kinderheim in Frankenberg gebracht; mein älterer Bruder kam in ein Heim in Kniebis im Schwarzwald. Unsere Eltern machten anschließend „unbeschwert“ Urlaub in Italien. Meine häusliche Erziehung vollzog sich nach den Maßgaben der Schwarzen Pädagogik der NS-Zeit, also absoluter Gehorsam und Unterwerfung; eigentlich gute Voraussetzungen für den Heimaufenthalt. Ab etwa dem 5. Lebensjahr entwickelte ich autistische Verhaltensweisen. Die Gesellschaft mit anderen Kindern sollte mir mein Einzelgängerwesen austreiben. Stattdessen wurden es die schlimmsten Wochen meines jungen Lebens. In Erinnerung ist mir vor allem die kaltherzige und ungerechte Heimleiterin Schminke geblieben. Das Essen war ekelhaft. In meinen Ausscheidungen wimmelte es von kleinen weißen Würmern. Nach dem Frühstück wurde gesungen. Wenn ich heute das Lied "Jeden Morgen geht die Sonne auf" höre, dann spüre ich sofort wieder das furchtbare Verlassenheitsgefühl der damaligen Zeit. Eine geplante dritte Verschickung sollte an die Nordsee erfolgen. Ich hatte große Angst davor und mir vorgenommen von zu Hause wegzulaufen, wenn ich dort hin musste. Zum Glück ist es nicht dazu gekommen. Seit jener schrecklichen Zeit verfolgen mich Albträume über ausweglose Begebenheiten. Ich leide an Angststörungen speziell bei Sozialkontakten. Seit ich in Rente bin, geht es mir besser, da ich belastenden Situationen leichter aus dem Weg gehen kann. Eine Einzelgängerin bin ich bis heute geblieben.
Irgendwann später wurde mir erzählt, das Kinderheim sei wegen Kindesmissbrauch geschlossen worden. Wer weiß etwas darüber?
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Kerstin schrieb am 09.04.2021
Ich war 1966 im Alter von knapp 6 Jahren für 6 Wochen im Schwarzwald, wenn ich mich recht entsinne, in Dobel. Bei allen Versuchen, das Erlebte zu verdrängen, sind einzelne Erinnerungen unauslöschbar eingeprägt.
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Mirko schrieb am 07.04.2021
Ich war von September bis Oktober 1974 in diesem Kinderkurheim. Ich habe im Forum einen neues Thema zu diesem Heim eröffnet, vielleicht findet sich jemand, der auch dort gewesen ist und schreibt im Forum darüber.
Ich bin durch die Fernsehsendung auf diese Initiative und diese Internetseite aufmerksam geworden. Vielen Dank für Euer Engagement und den Mut, diese Zeit immer wieder, bewusst oder unbewusst, zu durchleben.
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Manfred schrieb am 07.04.2021
Ich wurde mit 9 Jahren für 6Wochen Verschickt um dicker zu werden was schon seltsam ist ich war ja nicht unterernährt nur sehr lebhaft.Ich mußte immer meinen Teller völlig leeren was ich aber auf Grund meines Heimwehs nicht konnte.Durch die Angst des Esszwangs konnte ich immer weniger Essen und mußte mich täglich beim Essen übergeben.Ich wurde gezwungen das Erbrochene zu Essen was auch nicht klappte da es immer wieder hoch kam.Auch wurde ich des Öfteren dafür mit Schläge auf den nackten Hintern bestraft.Hätte ich ohne Zwang und Angst essen dürfen hätte ich bestimmt genug Nahrung zu mir genommen aber die Angst vor dem Esszwang machte es mir unmöglich vernünftig eine Mahlzeit einzunehmen.Mir wurde Widerspenstigkeit unterstellt dabei war es nur Angst und Heimweh.
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Susan Fritzsch aus Stollberg schrieb am 07.04.2021
Ich war noch nicht ganz 3 Jahre, als meine Mutter meinem Kinderarzt nach vielen Versuchen nicht mehr klar machen konnte, dass sie mich nicht alleine zur Kur schicken möchte. Ich war sehr oft krank und auch der Arzt konnte wohl nicht mehr rechtfertigen, warum ich noch nicht bei einer Kur war. Soweit ich weiß, war das bei kränklichen Kindern einfach Gang und Gebe in der DDR. Ich kam 1983 kurz vor Weihnachten zurück nach einem 6-wöchigen Kuraufenthalt.
Ich habe, trotz meines jungen Alters damals, ein paar gruselige Erinnerungen. Tägliches Fiebermessen, bei dem wir minutenlang mit dem Quecksilber- Thermometer im Po allein liegengelassen wurden. Eines Tages sagte eine "Wächterin" ,dass bei einem Jungen, der inzwischen nicht mehr in der Gruppe war, das Thermometer im Po kaputt gegangen ist. Wir lagen während des Messens in Gitterbetten in einem großen Schlafraum. Nach meiner Erinnerung waren es viele Betten. Das Schlafen fiel mir, aus Sehnsucht nach Mama, sehr schwer. Ich weinte oft nachts. Eines nachts kam die "Nachtwächterin" und nahm mir , weil ich mich nicht beruhigte, meine Plüschgiraffe weg , legte sie so auf den großen Schrank am Kopfteil meines Bettes, dass der Kopf noch runter hing, ich sie sehen konnte. Das machte mich noch trauriger. Dann kam die Frau wieder und sperrte mich in einen Raum, von dem eine Treppe hinunter führte. Wenn ich nicht aufhören würde, zu weinen, würde der Weihnachtsmann hoch kommen und mich mitnehmen. Ich war nicht mal 3 Jahre. Ich erinnere mich auch noch an einen weiteren Saal, in dem wir ab und zu spielen durften. Ein Kaufmannsladen war dabei. Von den Erzählungen meiner Mutter erfuhr ich, dass meine Haare nach der Kur komplett verfilzt waren und in meinem Rucksack die Brotdose noch mit dem Brot von vor 6 Wochen gefüllt war, welches sie mir mitgegeben hatte.
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Christiane aus Wieck / Rügen schrieb am 06.04.2021
Ich wurde mit 5 Jahren für 4 Wochen auf die Insel Rügen geschickt. Meine damalige Kinderärztin sagte meinen Eltern, dass sie allen Eltern empfehle ihr Kind vor der Schule auf Kur zu schicken, ein Grund würde sich bei jedem Kind finden.
Bei mir wurde meine Neurodermitis und häufige Atemwegserkrankungen als Grund für die Kur genannt.
An an den Aufenthalt selbst kann ich mich kaum erinnern.

Vielen Dank für diese Seite und vor allem die separate Betrachtung West- und Ostdeutscher Kuraufenthalte.
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Klaus aus Hamburg schrieb am 05.04.2021
Ich wurde im Spätherbst nach Northeim in das Haus am Sultmer Berg verschickt. Zu dem Zeitpunkt war ich vier oder fünf Jahre alt. Es gab zwei Frolleins die sich redlich Mühe gaben uns Zwergen gerecht zu werden. Ich kann mich nur an einen Ausflug in die Stadt Northeim erinnern. Das Heim lag abseits am Waldrand am Berg. Die Gruppen waren um
die 30 Kinder gross. Ich kann mich an wenig erinnern, körperlich misshandelt wurden wir nicht. Das Essen war schlecht, es gab den Zwang zum Mittagsschlaf, geschlafen wurde generell in einem grossen Schlafsaal. Das Heimweh war das Schlimmste, sechs Wochen als 4/5- jähriger war mehr als eine Ewigkeit. Retrospektivisch war das alles keine positive Erfahrung.
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Sommer Heike aus Lorsch schrieb am 04.04.2021
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Ich wurde als Begleitung für meine 5 jähr. Schwester mitgeschickt und weil wir angebl. zu dünn waren. Wurden aber gleich nach Ankunft in verschiedene Altersgruppen getrennt. Essen war meist furchtbar. Wer den Teller nicht leer essen wollte, mußte sich im Flur auf die Treppe setzen und eine Stunde schweigen. Das war Glück!!! Oft gab es auch Schläge z. Bsp. reden beim essen, oder man mußte nachts aufs Klo. Nachtruhe war ab 19:00 Uhr und vor dem Schlafsaal saßen immer Bewacher. Meist konnte ich mich unbemerkt zur Toilette schleichen, aber wehe man wurde erwischt: Hatte nur einmal Pech und mußte die halbe Nacht barfuß im Besenschrank stehen, nicht ohne die obligatorische Trachtprügel vorher. Dabei kam mir zugute, daß die meisten "Schwestern" echt alt waren und nicht wirklich fest zuschlagen konnten. Ich denke die meisten Kinder damals kannten durchaus solche Erziehungsmethoden...Ich erinnere mich an den erzwungenen Mittagsschlaf bei tollem Wetter, wer sich auf den Rasen raus schlich zum spielen bekam auch wieder Schläge. Postkarten nach Hause wurden diktiert, oh ja es war toll! Auch dass die Päckchen einkassiert wurden, weiß ich noch, wobei ich nicht mal schlimm fand die Süßigkeiten mit anderen zu teilen. Das war o,k. Gemein war, daß einige "Tanten" sich ungeniert daraus bedienten und uns als verzogene Blagen beschimpften.
Wochenlang trugen wir die schmutzige Kleidung und einiges, was vorher neu gekauft wurde verschwand.
Gebadet wurde nur nackt und wer Angst vorm Wasser hatte war übel dran. Da ich schon etwas schwimmen konnte war ich auf der Sonnenseite und mich traf dort keine Gehässigkeit. Die haben sich immer die ängstlichsten Kinder rausgesucht! Immerhin gab es auch zwei sehr nette (junge) Betreuerinnen und so kamen wir immerhin halbwegs ungeschädigt durch die langen 6 Wochen. Jedenfalls wurde mein Widerstandsgeist geweckt und ein gewisses Mißtrauen gegen Erwachsene blieb. Widerworte traute ich mich kaum zu geben, denn dann hats geschallert. Und wir mußten vor Abreise schwören zuhause nur das beste zu erzählen, sonst würden wir geholt und dürften dann nie mehr nach Hause. Zuhause hatte ich 2 Wochen Schule verpasst und mußte nachsitzen, aber die Lehrerin glaubte meinen Erzählungen. Meine Mutter zuerst nicht, erst als mein Vater und die Großeltern mir glaubten, tat sie es auch, aber es dauerte Jahre bis meine Eltern mit anderen recherchierten und andere Kinder den Mund aufmachten. Vom Amt kam keine Unterstützung, da war man der Meinung wir seien halt freche, vorlaute Kinder.
Irgendwan hat mein Vater erfahren, daß das Heim geschlossen wurde. Positiv an der Sache war, daß mir letztendlich doch geglaubt wurde und ich schneller lernte mir selbst zu vertrauen und selbstständiger wurde.? Zwei Mädchen erinnere ich noch gut Eine hieß Evi, kam aus Wien und hatte ein Glasauge. Sie war super nett und die kleine 4 jähr. Bettina aus Berlin. Die bekam oft Schläge, weil sie die halbe Nacht wimmerte und weinte und weil sie rötliche Haare hatte. Die tat mir immer sehr leid und niemand half ihr und ich traute mich auch nicht, echt schlimm.
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Gaska, Doris aus Rüsselsheim schrieb am 01.04.2021
Hallo ich war 1964 6 Wochen auf der Insel Sylt. Ich muss sagen ein Trauma hab ich nicht davon. Zwar herrschte zu dieser Zeit in den Heimen ein anderer Ton als man das vielleicht von zu Hause gewohnt war und es gab auch die schon viel erwähnte Milchsuppe in Form von Vanille und Schokoladensuppe. Ich kannte das gar nicht von zu Hause und konnte - übrigens bis heute nicht, keine Milch in irgendeiner Form zu mir nehmen. Ich wurde aber auch keineswegs dazu gezwungen diese zu essen. Und vergoren war die auch nicht. Wir hatten damals eine sehr liebe Betreuerin Namens Ute. Die sehe ich heute noch vor mir. Mir hat es damals sehr gut gefallen auf Sylt und als die 6 Wochen um waren und es nach Hause gehen sollte, war ich richtig traurig. Zu einigen "Kindern" von damals habe ich heute noch Kontakt. Also... es ging auch anders damals in den Heimen. Ich erinnere mich sehr gerne daran.
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Astrid aus Dresden schrieb am 31.03.2021
Hallo, ich bin mit 4 Jahren nach Graal Müritz zur Kur gewesen. Ich dachte immer, es ist bei mir einfach eine persönliche Erinnerung, die ich durch das ganze weitere Leben mitgenommen habe und auch das das nur in der DDR so üblich war, dass Kinder allein zur Kur geschickt wurden. Dann las ich in einer Fachzeitschrift über das Thema und war oder bin geschockt, das dies in ganz Deutschland Standard war. Ich habe nur eine kleine Erinnerung, welche sich aber offensichtlich sehr eingebrannt hat. Ich habe dort nachts eingekotet und durfte dann am nächsten Tag als Strafe einen Ausflug nicht mitmachen. Meine Eltern haben mich damals aber gemeinsam mit dem Zug dorthin gebracht und von meiner Mutter weiß ich auch, dass ich bei der Abholung nach 6 Wochen auf der Heimfahrt kein Wort mehr gesprochen habe. Und das über mehrere Stunden. Dann hatte ich im Verlauf große Verlustängste und wollte immer in der Nähe meiner Mutter sein. Außerdem erzählte sie mir, dass kein Kontakt möglich war und Eltern keine Auskunft bekamen. Einmal schickten die Schwestern eine weiße normale Postkarte auf der mit Kugelschreiber eine Sonne gemalt war und nur der Satz" Salzige Grüße von der Ostsee" Mehr nicht. Ich suche nun Menschen die vielleicht auch dort waren und vielleicht auch schon älter waren und mehr Erinnerungen vorhanden sind. Ich habe seit der Jugend immer psychische Probleme gehabt und mich würde interessieren, ob an diesem Ort auch noch andere Sachen passiert sind. Ich muss aber dazu sagen, dass ich hinterher im Kindergarten und Schule ein unauffälliges liebes Kind war und anscheinend keine Probleme hatte.
Falls sich jemand findet, der auch in den 1975-1980 in Graal Müritz war, kann sich gern melden.
Vielen Dank an Alle, die diese Seite ins Leben gerufen haben!
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Regina Gräbner aus Denzlingen schrieb am 29.03.2021
Hallo, ich heiße Regina Gräbner
und bin sehr berührt, was sich mir hier auftut. Schon einmal hatte ich kurz in der Presse etwas gelesen, ich war erschrocken und gleichzeitig wie eine innere Befreiung, dass es zum Thema gemacht wird. Es hatte meine Wunde rasch aufgerissen und ich habe es nochmal zur Seite geschoben, da so viel anderes anstand...ich war noch nicht bereit, habe mich geschützt.
Gestern schickte mir eine Freundin einen Link von einem Coach ( Roland Kopp-Wichmann ) und jetzt ist klar gewesen,...
jetzt bin ich da und schreibe und erzähle und will mit dabei sein, in dem Verein, in der Verbindung mit all den Betroffenen. Es ist wie eine neue Familie die ich finde.
Ich bin 1964 in Waldkirch geboren.
Ich wurde April/ Mai 1970 wegen Asthma nach Bad Sassendorf verschickt und
Sept./Okt 1971 nach Oberstdorf.
Da sah ich gestern auch ein Foto von dem Heim. Es hat mich total geflasht und so sehr aufgewühlt. Wie das Meer...bei uns vor der Haustüre.
Ich habe unendlich gelitten, ich hatte so unglaubliches Heimweh, habe mich verlassen gefühlt, einsam, nicht verstanden ( das Asthma, war rein psychisch...ein psychosomatischer Ausdruck, was Zuhause bei uns lief ...)
Ich habe unendlich gelitten, es war eine Ewigkeit. Und es ist für mich erschütternd, dass ich nach 1,5 Jahren !!! obwohl ich vollkommen verstört nach Hause kam und lange gebraucht habe, bis ich wieder aufgetaut war...noch einmal verschickt wurde.
Ich war total scheu, eingeschüchtert, fremd in der eigenen Familie.
Sie ist mir fremd geblieben. Ich habe nie wieder wirklich einen Zugang zu meiner Herkunftsfamilie bekommen und ich blieb die sensible, eigenartige, Regina...
Bis heute arbeite ich daran. Habe viele Therapien gemacht und immer wieder so gute Wegbegleiter gefunden. Dafür bin ich sehr dankbar.
Diese Not alleine im Bett, weinend, diese Ungeduld der Schwestern, Tanten, das Unverständnis mit einer Kinderssele umzugehen. Der Schlafraum, die Anwendungen. Das schlimme Essen. Kotze auf dem Boden wurde länger nicht weggewischt, ein paar Kinder sind darin ausgerutscht...vieles habe ich verdrängt, kann ich nur so in Puzzletielen sehen. Die Post die weggenommen wurde. Die Briefe die beeinflußt wurden oder korrigiert. Die Falschaussagen die den Eltern gemacht wurden. Eine unglaubliche Lüge. Ein Mißbrauch an Macht. Und diese unglaubliche Ohnmacht als Kind. Freundschaft wurde schnell getrennt, damit andere nicht traurig sind. Päckchen von Zuhause wurden geöffnet und an die anderen Kinder verteilt, es wurde alles weggenommen. Es gab nur den Rückzugsort in mir selbst. Und heute weiß ich, oder ahne ich, mein Engel war immer an meiner Seite. Ja, in dem Film sagt eine Frau , auch 57 Jahre,, wir sind Überlebende.
Ja, so sehe ich es auch. Ich habe es überlebt, vieles überlebt, auch Zuhause ging es heftig weiter...und heute kann ich auch so stolz auf mich sein, dass ich es überlebt habe, wie stark doch mein Wesenskern ist, und dass ich heute die bin, so wie ich bin. Nach wie vor spüre ich starke Ängste in Liebesbezeihungen, die Angst Verlassen zu werden, die Angst vor Verlust, Angst vor tiefer Nähe. Angst verletzt zu werden. Eine tiefe Bindungsstörung die ich in mir trage. Ich versuche immer liebevoller mit mir zu sein. und ich habe trotz einiger Trennungen, zwei wundervolle Söhne geboren, wo ich bedingungslose Liebe gelernt habe und seit 13 Jahren ist ein liebevoller Mann an meiner Seite. Ich spüre wie ich mich häute, die Zwiebelschälen sich lösen.
Es ist gut so wie es ist.
Und doch bleibt diese Erinnerung ein Horror für mich, ein tiefes Leid, absolut grausam und eine Wunde die gerade jetzt wieder wund ist und weh tut.
Doch ich bin stark und gehe meinen Weg Schritt für Schritt. Und ich will gerne dabei sein, in dieser Gemeinschaft. Weil es heilt und es berührt so sehr, verstanden zu werden, endlich einmal verstanden zu werden. Mitgefühl zu spüren, zu lesen, zu erfahren von all den unendlich vielen Verschickungskindern...von soviel Leid und Trauer.
Was so schrecklich war und auch heute immer noch ist, wenn es Menschen gibt die dies wegreden, oder schön reden usw, so wie mit Mißbrauch häufig noch umgegangen wird. " Ach du warst halt schon immer so sensibel , das bildest du dir ein , so schlimm war es doch nicht...." das empfinde ich bis heute immer noch als ein Messerstich ins Herz.
Das heißt, es gibt noch viel zu heilen.
Nicht Betroffene können es sich einfach nicht vorstellen, was das anrichten kann. In der Persönlichkeitsentwicklung, in Verhaltensmustern , Tricks und Vermeidungsstrukturen.
Ich würde mich unendlich freuen, wenn es zu liebevollen, achtsamen Begegnungen kommmt.
Das wäre eine großes Geschenk.
Von ganzem Herzen,
Regina Gräbner
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Christina Brekau aus Dortmund schrieb am 28.03.2021
Ich bin so bestürzt, aber auch dankbar, das es jetzt eine Plattform gibt, wo ich berichten kann.... ich kann Christophs Abreiseerinnerungen bestätigen, und fühle noch das Band mit dem Zettel um meinen Hals. Dort habe ich gelernt, mich selber zu hassen, mich selber, meinen Körper, und von da an in der Gewissheit zu leben, ganz allein zu sein. Die psychische Misshandlung war unfassbar, die Beschimpfungen, Entwürdigungen, die Isolation, die drakonischen Strafen. Das Heimweh... und die Frage, wie meine Mutter zulassen konnte, das ich dort hinkomme. Vor einigen Jahren habe ich ein Bild unserer Gruppe gefunden... alles Mädchen, die damals als zu fett behandelt worden sind... oh Gott, Bildhübsche kluge Kinder, die sich versucht haben, sich untereinander zu helfen und sich zu beschützen. Es gab starke Kinder, die für die schwächeren versucht haben einzustehen. ... mit schlimmsten Folgen während des Aufenthaltes. Ich erinnere einen Namen: Leonie aus Heidelberg.... All das Grauen kommt nach wie vor hoch, und es gelingt mir nicht, in eine Barockkirche zu gehen, ohne hinfortgespült zu werden von den Erinnerungen. Also, mir fehlen Barockkirchen nicht, aber mir fehlte immer die Gewissheit, dass das was da geschehen ist, nicht recht ist! Ich habe es mir immer selber angelastet. Immer habe ich gedacht, es verdient zu haben, dort bestraft zu werden. 1,5 Jahre zuvor war mein Vater neben mir verstorben... das habe ich als Kind alles in einen Topf geworfen. Und dachte, das wäre meine Strafe. Es folgten viele krumme Wege, das Scheitern einer Ehe, ein Selbstmordversuch mit Anfang 30 und lange Jahre Therapie, und Ende 40 dann noch einmal ein vollständiger Zusammenbruch. Mir geht es jetzt endlich gut, aber was bleibt ist die Wut, der Zorn über das was mir und den anderen zugestoßen ist. Ich wünsche mir, das derlei öffentlich wird, ich wünsche mir eine Entschuldigung und ich wünsche allen auch eine Entschädigung für das, was dort passiert ist und was es aus uns gemacht hat. Alle die das Lesen: es war nicht Eure Schuld!!! Es war nicht recht, es war schlimmstes Unrecht. Eure Christina
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Brigitte schrieb am 28.03.2021
Als ich gerade zwei Jahre alt war (September 1958) brachten mich meine Eltern nach Königsfeld im Schwarzwald ins Kinderheim. Mein Vater war Arzt und kannte dort eine Ärztin, die ihm dieses Heim empfahl. Eigentlich war ich zu jung für dieses Heim, aber da ich schon „sauber“ war und eben oben genannte Verbindungen bestanden, durften mich meine Eltern für sechs Wochen dorthin abgeben. Ich war körperlich nach mehreren Kinderkrankheiten (Mumps im Mai, Röteln im Juni) geschwächt und meine Eltern wollten durch die Luftveränderung mein Immunsystem stärken. Außerdem denke ich, wollte mein Vater meiner körperbehinderten Mutter eine Pause mit wenigstens einem Kind weniger gönnen.
Als wir im Kinderheim ankamen waren die meisten Kinder auf einem Ausflug. Man hatte gerade zwei oder drei Kinder hiergelassen, damit ich mich „eingewöhnen“ kann. Vertrauensvoll ging ich sofort in den Sandkasten um mit diesen Kindern zu spielen. Da wurde meinen Eltern nahe gelegt ohne Verabschiedung zu fahren damit es kein Theater gibt. Als ich irgendwann meine Eltern vermisste und lauthals schrie, sagte eine Erzieherin zu mir: „Wenn du brav bist, kommt die Mama wieder!“ (diesen Satz habe ich in der Therapie noch einmal gehört) Wenn man den Briefen des Kinderheims glauben darf, gab ich mein Bestes. „Brigitte singt und lacht den ganzen Tag“ wurde dort verlautet.
Als meine Eltern ich abholen kamen, erkannte ich sie nicht wieder und ich nannte meine Mutter Tante, wie eben alle Frauen dort.
Ich habe dieses Bindungsabbruchtrauma inzwischen mit Therapien bearbeitet. Es hat mich mein ganzes Leben lang begleitet, dieses Gefühl „ich gehöre nicht wirklich dazu“. Meine Schwestern verstärkten dieses Gefühl noch indem sie, wenn sie mich ärgern wollten behauptet hatten, mich hätte man vor die Türe gelegt und ich sei gar nicht ihre richtige Schwester.
Als mein Mann mich verließ als gerade unser drittes Kind geboren war rutschte ich in die erste Depression gerade dreißig Jahre alt. Ca. zwanzig Jahre später 2007 dann der „burn out“ mit allem was dazu gehört (Psychopharmaka, Klinikaufenthalt mit Unterscheiben eines Lebensvertrags, Verlängerung und anschließender Frühberentung nach einer Retraumatisierung durch den Amtsarzt).

Ich habe Therapie gemacht, kenne meine Frühwarnzeichen und bin meinen ganz eigenen spirituellen, sehr selbstverantwortlichen Weg gegangen. Ich weiß heute, dass meine Eltern es damals einfach nicht besser gewusst haben und die Erzieherinnen auch noch nicht das Wissen von heute hatten. Diese Gedanken helfen mir ihnen zu verzeihen und Frieden mit der Situation zu machen. Was mich allerdings immer noch beschäftigt, ist wie ich dieses Trauma an meine Söhne weitergegeben habe. Was macht es mit einem Kind, das unter Tränen gestillt wird? Was macht es mit Kindern, wenn sie eine Mutter haben, die zwei Stunden lang weint um sich dann eine Stunde lang bemüht ihre Bedürfnisse zu befriedigen, wo sich gerade der Vater aus der Familie verabschiedet hat. Ich konnte auch nur so eine gute Mutter sein wie ich es geschafft habe. Das habe ich mir immer noch nicht ganz verziehen und nicht wegen der Angst, wenn ich nicht gut genug bin nicht dazu zu gehören, sondern weil ich meinen Kindern eine entspannte, gesunde Mutter gewünscht hätte, denn sie sind mein ganzer Reichtum in diesem Leben.
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Petra aus Waiblingen schrieb am 28.03.2021
Ich bin auf diese Seite gekommen durch das Buch von Hilke Lorenz "Die Akte Verschickungskinder". Aufmerksam auf das Thema selbst bin ich durch meine Mutter geworden, die den Beitrag auf SWR gesehen hat. Da wurde wohl auch "meine" Klinik erwähnt. Diese Klinik gibt es heute auch noch und ich wenn ich die Homepage sehe mit dem Bild der Klink weiß ich noch genau, wo "mein" Zimmer war. Ich finde die vielen Berichte schrecklich. Ich war 6 Wochen in Schönsicht Berchtesgaden, kam kurz vor Weihnachten wieder nach Hause. Hingeschickt wurde ich, weil ich viele Lungenentzündungen und Bronchitis hatte. Vieles ist mir nur noch brückstückhaft in Erinnerung, Fetzen. Allerdings wiegen sich bei mir gute und schlechte Erinnerungen gefühlt die Waage. Habe ich die schlimmen Dinge verdrängt? Gab es sie oder nicht? Ich weiß es nicht mehr mit Sicherheit. Ich kann mich an tolle Ausflüge erinnern, viele schöne Wanderungen, Gespräche mit den dortigen Erzieherinnen beim Zusammensitzen (Gruppenraum?). Wir waren zu fünft oder sechst in einem Zimmer, es war eine Mädchengruppe, alle so um die 10 Jahre alt. Ein Waschraum für alle. Ich meine, die Duschen waren offen, es gab keine Tür oder Duschvorhang. Es muss viel Spinat zum Essen gegeben haben, denn nach dem Aufenthalt und viele viele Jahre danach hat mich Spinat bis zum Erbrechen angeekelt. Ich habe während den 6 Wochen Gewicht verloren, das weiß ich von meiner Mutter, die erzählt hat, wie erschrocken sie war, als sie mich wieder sah. Nach und von Berchtesgaden bin ich in einem Kindersammeltransport gekommen, Ab- und Anfahrt war der Stuttgarter Hauptbahnhof. lt. meiner Mutter habe ich während den 6 Wochen komplett meinen heimischen Dialekt verlernt und habe reinstes Hochdeutsch gesprochen, was für meine Familie damals wohl sehr befremdlich war. Daran erinnern kann ich mich nicht. Allerdings bin ich heute sehr sehr stolz auf meinen Dialekt und liebe Mundart in jeglicher Form. Folge von damals? Weiß ich nicht. Ich erinnere mich, dass ich von den anderen Mädchen drangsaliert wurde, heute sagt man wohl gemobbt. Mir wurden meine Kleider und Schuhe versteckt, musste sie mühevoll suchen. Ich musste immer alles auf meinem Teller essen, viele Speisen (Beispiel Spinat) mochte ich viele Jahrzehnte nicht mehr. Ich meine, Grießbrei sei darunter gewesen und Haferbrei (Porridge). Beides esse ich wieder heute. An die Nikolausfeier habe ich positive Erinnerungen, das war für mich beeindruckend, aber nicht beängstigend. Ich kann mich an viel Schnee erinnern, lange Eiszapfen vor den Fenstern. Was ich aber sehr stark hatte, war Heimweh. Ich litt sehr darunter. Wir durften auch keine Besuche bekommen, auch nicht telefonieren. Eines Nachts habe ich den Plan ausgeheckt, mich in die große Halle zu schleichen, dort war ein Telefon, und meine Eltern anzurufen, weil ich sie so sehr vermisst hatte. Der Trick dabei war, ich musste unerkannt am Zimmer der Erzieherinnen vorbei, die Nachtdienst hatten. Leider habe ich das nicht geschafft. Warum ich Mitten in der Nacht auf sei? wurde ich gefragt. Ich könne nicht schlafen, habe ich gesagt. An eine Strafe kann ich mich nicht erinnern, sondern nur daran, dass mich eine der Erzieherinnen wieder ins Zimmer begleitet und mich zu Bett brachte. Wir durften Trinken nur während den Mahlzeiten. Oh, wie hatte ich Durst! Nach dem Mittagessen gab es eine Mittagsruhe, wo wir uns ins Bett legen mussten. Ich meine, geschlafen werden musste nicht, wir mussten nur ruhig sein. Durften also lesen, Briefe schreiben. Das empfand ich als furchtbar langweilig. Aber ich habe es nicht als "Strafe" in Erinnerung. Ich kann mich an die Maßnahmen erinnern, wie das Inhalieren, Kneipp-Kuren, Sport- und Schwimmprogramme. An sich muss es - bis auf das Heimweh - nicht so furchtbar gewesen sein, denn zwei Jahre später gingen wir als Familie in Berchtesgaden in den Urlaub und wir besuchten all die Orte, die ich während der Kur auch sah (Watzmann-Wanderungen, Königssee, Ramsau, etc). Ich habe vor, mit meiner Mutter darüber zu sprechen, wie es für sie war, mich wegzuschicken, ob ich Briefe erhalten habe und schreiben durfte oder ob es nur Postkarten waren. Das weiß ich nicht mehr. Allerdings hat die Kur mich nicht komplett geheilt. Ich war und bin weiterhin anfällig für Bronchitis und Lungenentzündung, habe Asthma bronchiale und Heuschnupfen. Danke für diese Seite!
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Thomas Meyer aus Hamburg schrieb am 27.03.2021
Ich muß dort als 5 Jähriger 1967 gewesen. Bin sehr froh, daß das nun ans Tageslicht kommt.

Dauernde Bestrafungen per in der Ecke stehen, Essen sehr schlecht, aber Kotze essen kann ich nicht erinnern, mundvoll machen und in der Toilette ausspucken war meine Taktik, Übelkeit wegen des Essens erinnere ich.

Einziges Licht war die Bibliothek, da gab es Krimis von Enid Blyton. Allerdings nach 3 Wochen war ich morgens früher aufgewacht und hatte mir das spannende Buch unter die Decke geholt: Erwischt und Leseverbot für die verbleibenden 3 Wochen. Das war für mich damals unglaublich schlimm.

Meine ältere Schwester war mit mir zusammen dort, hatte aber keinerlei Kontakt zu mir, kaum, daß ich sie überhaupt mal zu Gesicht bekam.

Träger war die DAK. Gute Erinnerungen habe ich keine.

Ich vermute, daß meine Vergeßlichkeit und meine Gefühlosigkeit gegenüber meiner Mutter in dieser Verschickung wurzeln. Ich kann nichts aus meiner Kindheit von vor dieser Verschickung erinnern. Auch an die Verschickung erinnere ich mich nur ganz schemenhaft. Eigentlich bin ich ein sehr empathischer Mensch, nur bei meiner inzwischen schon länger verstorbenen Mutter war das anders. Wäre durchaus plausibel, daß diese Horrortour der Grund dafür ist.

Brechen konnten sie mich nicht, obwohl ich wohl schon damals dies als Ziel der Maßnahme erkannte. Daher wohl auch mein unendlicher Haß auf Faschisten.

Wüßte zu gern die Namen der Heimleitung, daß man weiterkommt in der Erforschung. Meines Erachtens müßte die Erforschung von der DAK finanziert werden.
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Solveig aus DDR schrieb am 25.03.2021
Zufällig bin ich auf eine Doku zum Thema Verschickungskinder gestossen.
Ich habe nicht mehr so viele Erinnerungen, und ich weiss auch nicht mehr wo ich genau in Kur war.
Ich bin 1977er Jahrgang in Cottbus geboren und hatte 1986 eine sehr schwere Bauch- OP. Es war ein Darmverschluss der notoperiert wurde und bei dem ich fast gestorben wäre. Ich war sehr lange im Krankenhaus. Besuch von den Eltern hab ich kaum bekommen. Ich erinnere mich wie ich oft mit einem Stuhl vor meinem Zimmer sass und wartete das mich jemand besuchte.
Als ich wieder gesund war, aus dem Krankenhaus entlassen wurde, wurde ich zur Genesungskur geschickt für 4 Wochen.
Ich kann mich nicht mehr erinnern wohin.
Ich weiss nur das es schrecklich war.
Wir müssten bei bitterer Kälte morgens halbnackt im Garten ( oder Hof) stehen und uns gegenseitig abbürsten- uns wurde erklärt das dies gut für uns sei, uns abhärtete. Diese Bürstenmassagen fanden wie in einem Morgenkreis statt - erst bürstete sich jeder selbst ab, anschliessend drehte sich jeder so, das er ein Kind vor sich stehen hatte, dessen rücken es selbst abbürstete. Meine Narbe am Bauch war noch Recht frisch, und sie tat jedes Mal weh, wenn ich sie abbürsten sollte. So oder so hätte man nach dem bürsten ständig Striemen am ganzen Körper- es waren bürsten ähnlich solcher womit man einen Boden schrubbt. Nach diesem Bürsten ging man in den Waschraum, wir müssten uns in die Dusche stellen, wo die Erzieherin uns mit einem Duschschlauch eiskalt abduschte. Ich hab es gehasst, aber mir blieb nichts übrig als mitzumachen, denn sonst wurde man bestraft. Man durfte sonst nicht an einer Freizeit teilnehmen, oder den Eltern keinen Brief schreiben.
Wir Kinder waren in unterschiedliche Altersklassen eingeteilt. Eigentlich geh9rte ich zu den kleineren, wir würden aber genauso behandelt wie die grossen.
Einmal wöchentlich traf man sich im Gemeinschaftssaal, dort konnte man sich eine Ansichtskarte aussuchen, die man auch bezahlen musste. Wir sollten unseren Eltern eine Postkarte schicken. Aber den Text konnten wir nicht frei wählen, er war vorgegeben und stand auf einer grossen Tafel zum abschreiben für uns. Die Erzieherin ging herum und schaute ob auch alles so richtig sei.
Unsere Eltern könnten uns einmal pro Woche zurückschreiben.
Für uns war um 19 Uhr Nachtruhe, daran habe ich keine Erinnerung mehr. Ich weiss nicht wie ich zu Bett kam.
Ich erinnere lediglich die morgendlichen, halbnackten körperbürstungen. Denn ich hatte Probleme damit mich vor anderen frei zu machen, weshalb ich oft getadelt würde vor den anderen Kindern.
Ich war froh wieder zu Hause zu sein.
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Andreas aus Köln schrieb am 21.03.2021
Ich war durch das DRK nach Südtirol/Luttach verschickt worden. Heute wird dasselbe „Heim“ als Gruppenpension betrieben. Ich war 2019 vor Ort weil ich Gewissheit haben wollte ob, ich mir dass alles eingebildet habe. Im Auftrag meiner Erziehungsberechtigten/Eltern wurde ich 1972 im Alter von 10 Jahren, ein paar Tage nach meinem Geburtstag versendet. In einer großen Gruppe sind wir gefühlt zwei Tage im Zug (Typ: Silberlinge) unterwegs gewesen. Das Essen während des Aufenthaltes bestand oft aus Nudeln und gebratener Fleischwurst, also deftige Bergmannskost. Geschlafen haben wir in Zimmern mit Hochbetten 4 bis 6 Kinder je Raum. Wer Nachts nicht schlafen konnte/wollte musste im Flur solange Kniebeugen machen oder stehen bleiben bis er müde war. Das Personal war nett, einmal durften wir Post bekommen, mit frischen Taschengeld. Nach drei/vier Wochen bekam ich beim Spielen durch einen Steinwurf eine Schädelimpressionsfraktur mit linksseitiger Lähmung, Kopfschmerzen hatte ich dann auch öfters, latente Krampfanfälle hatte ich damals nicht so bewertet. Ich erinnere mich auch, aus dem Hochbett gefallen zu sein und habe dann im Bodenliegend teilweise Uriniert. Der „Kurarzt“ und die Leiter und anderen Beschäftigten hatten das alles nicht ernstgenommen, sodaß ich erst nach meiner Rückreise (zwei Wochen später) in einer Uniklinik operiert werden musste. Nach diesem Kuraufenthalt hatte ich weniger Gewicht als vorher. Meine Postkarten (nur diese durften wir schreiben) wurde inhaltlich auf Anweisung eines Gruppenleiters entschärft und von einem anderen Kind neugeschreiben (wegen der erforderlichen Kinderhandschrift), die Eltern sollten nichts Wissen, damit Sie nicht vorbeikommen. Im Kurabschlussbereicht stand dann nur, ich sei ein Sturkopf. Die Rückreise war auch wieder sehr lange, der Proviant Wasser, Semmel reichten nicht. Das ungewollte Versenden in ein fremdes Land, die „Kontaktsperre“, das Gefühl dieser Systemmacht ausgeliefert zu sein, ohne jegliche Hilfe, das ausgeliefert zu sein in einem fremden Land (auch wenn deutsch gesprochen wird), hat mich geprägt, wie ich 40 Jahre später verstanden habe. Ich habe überlebt.
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Martina Fischer schrieb am 21.03.2021
Ich bin über die SWR Doku auf diese Webseite gestoßen und sehr dankbar dafür.
Ich war 1969 mit 6 Jahren für 6 Wochen im "Schifflein Sausewind" auf Norderney. Da ich oft krank war, wurde dies meinen Eltern empfohlen.
Die 6 Wochen in diesem Heim waren schrecklich. Ich habe erlebt, was viele hier schon beschrieben haben: Ich habe mit 6 Jahren nachts wieder ins Bett gemacht und musste in einem dunklen Raum nackt ohne Decke auf einer Holzbank schlafen. Vorher wurde ich in einem Zuber mit kaltem Wasser übergossen und mit einer Wurzelbürste abgeschrubbt. Morgens im Essenssaal wurde ich vor allen Kindern bloßgestellt: "Seht wer wieder ins Bett gemacht hat!"
Wir mussten alles aufessen, auch wenn es uns anekelte, wie mich z.B. die Rosinen. Ich habe sie heimlich in der Hand gesammelt und beim Händewaschen in den Abfluss gestopft. Kam natürlich raus und wurde mit Schlägen bestraft.
Als ich an Windpocken erkrankte, lag ich mit einem Jungen in einem Isolierzimmer. Wir durften nicht auf die Toilette, sondern mussten im Zimmer auf den Topf. Ich habe mich so geschämt, dass ich das nur unter der Bettdecke gemacht habe.
Es war die schrecklichste Zeit meines Lebens, voller Angst, sie hat mich für mein Leben geprägt.
Ich war beim Schauen der Doku echt erschrocken, wie viele Menschen unter diesen Verschickungen leiden mussten!
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Wolfgang Veit aus Eßlingen schrieb am 21.03.2021
Ich wurde wegen meines Heuschnupfens an die Nordsee geschickt. Abgesehen von gelegentlichem Heimweh habe ich nur eine negative Erinnerung: ich mußte gezuckerten Salat essen. Die Tanten (Studentinnen der PH) waren sehr nett und wir haben in den Dünen und am Strand toll gespielt. Dort habe ich die Mundorgel (Liederbuch) kennengelernt, die benütze ich noch heute.
Ich bin sehr betroffen, daß so viele Menschen in den Verschickungsheimen so schlimme Erfahrungen gemacht haben und schätze mich glücklich, daß es bei mir völlig ok war.
(gegen den Heuschnupfen hat das natürlich nur geholfen, so lange ich dort war)
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Christine Koster aus WINLAW BC Canada schrieb am 21.03.2021
Christine Koster 1970 Bad Reichenhall - Ich erinnere mich daran, dass ein Mann von der Arbeiterwohlfahrt kam. Er hat mich zum Zug gefuehrt und meinen Koffer getragen. Ich wurde zur Erholung nach Bad Reichenhall geschickt. Ich habe angeblich vorher viel geweint, deswegen sollte ich in ein Heim. Die katholischen Schwestern im Heim waren gemein und herzlos. Als erstes haben sie mr alle Suessigkeiten und besondere Sachen von meinen Eltern weggenommen. Ich war erst 5 Jahre alt. Ich hatte Angst vor den Nonnen und furchtbares Heimweh. Sie haben mich eingeschuechtert, man durfte nicht reden und musste am Tisch sitzen mit Spielzeug spielen. Manchmal musste ich meine Haende hochhalten und siehaben dann mit einem Stock drauf eingeschlagen. Das Essen hat mir nicht geschmeckt. ich habe mich oft erbrochen und hatte Durchfall. Am Schlimmsten war es nachts. Wir mussten alle in einem grossen Saal schlafen. Wenn es Zeit fuer ins Bett war, durfte man nicht reden oder weinen. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass ich viele Naechte aus dem Bett gezogen wurde und musste dann mit nackigen Fuessen auf der eiskalten Treppe stehen. Das traumatischste Ereignis war fuer mich, dass ich eines Abends im Bett lag und auf die Toilette musste. Ich hatte ein schlimmes Bauchweh und durfte nicht gehen. Ich habe in meine Schlafanzug gemacht und musste die ganze Nacht in meinen Fäkalien liegen. Ich weiss noch genau, wie ekelhaft das war und wie sich Krusten geformt haben ueber die langen Stunden in der Nacht, in der ich schlaflos und weinend gelitten habe. Am Morgen hat es alles sehr weh getan. Dann kam die Schwester und hat mich ins Bad geholt. Da hatte sie die Badewanne voll Wasser. Andere Kinder waren anwesend und vor diesen Kindern habe ich mich sehr geschaemt, weil die Schwester allen gezeigt hat, dass ich ins Bett gemacht hatte. Dann musste ich mit einem anderen Kind in die gleiche Badewanne. Das andere Kind hat sich vor mir geekelt. Das war und ist bis heute fuer mich fuerchterlich. Die anderen Erinnerungen sind nur kleine Fragmente z.B. dass wir in Paaerchen im Park gelaufen sind. Die aelteren Kinder haben mir versucht ein Lied beizubringen, in dem die Nonnen aus dem Fenster geschmissen wurden. Nachdem ich wieder daheim war, habe ich einen Monat lang geheult.
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Helga Köhler aus Berlin schrieb am 20.03.2021
Einigermaßen verstört hat mich ein Radiobericht über Kinder-Verschickung in der Bundesrepublik. Deshalb will ich auch von meiner Mutter berichten.
Eine zu diesem Bericht in etwa gleichlautende Erzählung hat mir immer wieder meine Mutter aus den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts gegeben.
Meine Mutter Helga Köhler, geb. Kleige wurde am 24.3.1929 und ist im März 2004 verstorben. Sie ist in Berlin-Friedrichshagen aufgewachsen und wurde in den dreißiger Jahren nach Borkum verschickt.
In ihrem Schulzeugnis aus Friedrichshagen fand ich den Vermerk, dass sie vom 10.6. bis 29.7.1937 verschickt war. Ein Foto dieses Dokumentes lege ich bei (gelingt mir leider nicht, ich schicke es an den Verein).
Sie hat beschrieben Erbrochenes selber wegwischen, kein Wechsel der Bettwäsche, Nicht-an den Strand dürfen bis alles gegessen wurde, alleine essen. Erbrochenes aufzuessen ist ihr nicht selbst passiert, aber sie hat es bei anderen Kindern gesehen und beschrieben, dass es für sie wichtig war auf den Boden zu brechen, damit ihr nicht das gleiche passiert.
Wir haben das in unserer Familie immer als schlimme Zustände in der NS-Zeit angesehen. Die Fortführung noch Jahrzehnte hindurch weiter ist unfassbar. Vielleicht hilft ihnen diese Erinnerungs-Aussage einer Tochter in ihren Forschungen zu belegen, dass die Zustände in den Verschickungsheimen der Bundesrepublik ihre Wurzeln im Dritten Reich hatten. Es hat anscheinend nach dem Krieg niemand gefragt, was damals passiert ist und so konnten diese Ungeheuerlichkeiten fortgeführt werden.

Gabriele Köhler
Söbrigener Str.7
01326 Dresden
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Elfi Caba aus Düsseldorf schrieb am 20.03.2021
Langeoog 1969:
Als 8-jährige war ich eine von beiden Jüngsten in einer Gruppe von Mädchen bis 12 Jahre!
Ich hatte 4 Astma-Anfälle hinter mir, bei denen ich ohnmächtig wurde und in Aurich unters Sauerstoffzelt musste. Der letzte war 1 1/2 Jahre her. Ausserdem war ich chronisch erkältet. Das "Reizklima" und das Autoverbot auf Langeoog sollten meine Atemwege heilen!

Ich war in Langeoog kreuzunglücklich, dachte aber bis zur Ausstrahlung der Lokalzeit Düsseldorf Ende Oktober '20, dass das meine Schuld wäre!
Ich kam mit der strengen Taktung des Tagesablaufs nicht klar, und auch nicht mit dem ganztägigen Verbleib in Gruppen, war eine verträumte Einzelgängerin, die nicht ständig mit anderen Kindern spielen und auf sie eingehen konnte. Von Anfang an hatte ich Heimweh und Schwierigkeiten mit den Kindern und Erzieherinnen!
Der Tag begann um 7 Uhr morgens mit dem Wecken! Meiner Erinnerung nach waren wir 6 Mädchen auf dem Zimmer und meine Gruppe von etwa 26 Mädchen teilte sich Toilette und Waschraum. Zu Hause lagen meine Kleider morgens für mich bereit und ich hatte ausreichend Zeit mich anzuziehen! Hier sollte man für Waschen und Anziehen nur 30 Min. brauchen und um 7.30 Uhr im Frühstücksraum sein.Das schaffte ich nie ! Ich konnte meine Kleider nicht schnell genug zusammenstellen und anziehen, suchte immer ein Kleidungsstück zuviel oder zuwenig raus und "kombinierte" Sommersachen zu Gummistiefeln und nichts passend zum Wetter! Fast immer vergass ich irgendein Teil der Unterkleidung anzuziehen, Strümpfe, Unterhose oder Unterhemd! Wenn um ca. 7.25 Uhr die Erzieherin kontrollieren kam, war ich noch nicht ansatzweise mit dem Anziehen fertig. Sie schimpfte dann, dass ich endlich lernen müsste, mich zu beeilen, und dass später alle auf mich warten müssten! Nach ein paar Tagen rief sie alle Kinder, die pünktlich fertig waren (fast alle), vor unser Zimmer, stellte mich halb bekleidet in den Gang und sagte "Guckt mal, wer hier fast nichts anhat!"
Die anderen Kinder grölten vor Lachen, tagelang jeden Morgen!
Nach sehr langer Zeit hatte eines der älteren Kinder, mit kleinen Geschwistern zu Hause, mit mir Erbarmen und verriet mir das Geheimnis: "Wir kriegen abends gesagt, wie morgen das Wetter etwa wird. Du stellst dich abends vor deinen Kleiderschrank, denkst nach welche Sachen am besten dazu passen würden, und faltest sie umgekehrt auf deinen Stuhl neben dir, zuerst die Jacke, zuletzt Unterwäsche und Strümpfe. Dann ziehst du morgens alles so schnell wie möglich nacheinander an!" -
Danach war ich nur noch leicht verspätet, weil etwas zu langsam beim Anziehen!

Von 7.30 Uhr bis 8.00 Uhr war Frühstück. Unser Essen wurde uns zugeteilt, wir kriegten fertige Rationen auf den Teller, mussten essen was da drauf war, kriegten aber auch nichts nach wenn wir mehr wollten! Einige Kinder waren wegen Untergewicht da .Sie wurden gezwungen, alles aufzuessen, und kriegten zu jeder Mahlzeit eine Extra-Ration. Die Erzieherinnen stellten sich ab 7.50 Uhr vor sie hin und drängten sie barsch, im Eiltempo die letzten Nahrungsmittel in sich rein zu schlingen! Die "Mageren" wollten nie essen und heulten und würgten! Wir anderen waren neidisch und hätten liebend gern ihre Extra-Ration verschlungen, denn unsere Portionen waren knapp bemessen.
Wir hatten zwar nach Tisch nie Hunger, waren aber auch nie richtig satt! Ich hatte ein zusätzliches Problem, weil mir um Punkt 8 der Teller unter der Nase weggezogen wurde und ich, wegen meiner Verspätung nach dem Antiehen, noch nicht fertig war!

Der Tag teilte sich in zwei Hälften, vor und nach dem Mittag. Morgens 8 bis kurz vor 12 Uhr und nachmittags bis 17.30 Uhr Programm. Jeden Tag gab es eine grössere Wanderung! Am Meer entlang, in die Dünen, zum grünen Gürtel der Insel, und zweimal sogar durch den Stadtkern! Ich hatte schlechte Füsse (Plattfüsse u.a) und am Ziel taten mir die Füsse weh. Dort wurde meistens irgendein Gruppenspiel gespielt (kriegen, goldener Wagen, bockspringen). Ich wurde von den Erzieherinnen zum Mitmachen ermahnt, setzte mich aber immer an den Rand, um meine Füsse auszuruhen. Ich sagte auch " Mir tun die Füsse weh". Die Erzieherinnen duldeten das aber nicht lange, sie wandten sich an die Gruppe: "Schaut mal, das Fräulein ist sich zu fein um mit uns zu spielen!" , oder " Die Dame braucht mal wieder eine Extra-Wurst! Findet ihr das gut Kinder?" "Nein!" riefen die Kinder, lachten mich aus und mieden mich auf dem Rückweg!
Auf dem Rückweg wollte ich mich immer an den Rand setzen und ausruhen, weil mir die Füsse weh taten! Es gab aber für die ganze Gruppe , etwa Klassenstärke, nur zwei Erzieherinnen. Eine lief vor der Gruppe und passte auf, dass niemand sie überholte, also zu schnell lief. Eine ging kurz vor Schluss und achtete auf alle Kinder Gruppe. Zwei ältere, zügig laufende Kinder mussten ganz hinten laufen und aufpassen, dass niemand hinter ihnen zurück blieb. Falls dich riefen sie die Erzieherin! Mit letzteren beiden geriet ich häufig aneinander, weil ich den Rückweg nicht schnell genug schaffte! Sie schupsten mich nach vorne, zogen mich an beiden Armen oder Ohren hinter sich her - oder riefen eben die Erzieherin! Die schimpfte lautstark auf mich ein: " Du kannst nicht allein nach Hause laufen, würdest nicht mal den Rückweg finden, das weisst du selbst! Willst du jetzt also, dass die ganze Gruppe stehen bleiben muss, nur weil du ein paar Wehwehchen an den Füssen hast?"
Mich zu schlagen hatte sie nicht nötig- die Schlusswachen-Kinder stiessen mich heim!

Beim Mittagessen dasselbe wie beim Frühstück : zugeteilte Portionen, alle das gleiche Essen, nicht zu wenig aber auch nicht reichlich! Ich konnte zwar irgendwie mit Messer und Gabel ans Essen kommen, hatte aber noch keine richtigen "Tischmanieren"!
Niemand wollte neben mir sitzen, meine Gruppe hatte mich ja sowieso nicht allzu gern!
Darum musste ich allein an einem Einzeltisch sitzen! Später, als rauskam, dass ich abreisen wollte, wurde die Gruppe noch weiter gehen mich aufgewiegelt und mein Tisch in die Mitte des Gruppenraums gestellt! Hier konnte mich jeder jederzeit beoachten und mit höhnischen Kommentaren belegen! Beim Anblick vom Zusatznachtisch für die mageren Kinder fragte ich mich schon damals, ob man von einem Pudding oder einer Banane mehr wirklich mehrere Kilo pro Mobat zunehmen könnte! Für die Mageren war es trotzdem Horror auf Tellern! Ein Mädchen in meiner Gruppe war zu dick und in meinen Augen noch schlimmer dran! Sie bekam nur wenige Bissen pro Mahlzeit auf ihren Teller und weinte den ganzen Tag, dass sie solchen Hunger hätte!
Sie wurde auch oft von den anderen Kindern wegen ihrer Figur verlacht und verspottet! Nur am Anfang mussten hier die Erzieherinnen nachhelfen: "Kinder, ist es richtig dass man sich sooo dick frisst?" "Nein!!!" - danach lief das Mobbing von allein und sie brauchten es micht mehr weiter an zu stossen!

In der zweiten Tageshälfte spielten wir auf dem Spielplatz, gingen Muschelsuchen am nahen Strand oder spielten im Gruppenraum. Wir bastelten oder malten oder spielten Spiele wie "ich sehe was, was du nicht siehst" oder "Teekesselchen" oder "Kofferpacken" oder Brettspiele wie "Mensch ärger dich nicht!"
Es spielte immer die ganze Gruppe dasselbe. Ob und was uns gefiel wirden wir nicht gefragt!
Ich selbst mochte die meisten drinnen stattfindenden Aktivitäten gern. Hier lernte ich Mobilees basteln und-von einer Tischnachbarin- Mainzelmännchen malen!
Für diese Fähigkeit wurde ich noch mehrere Schuljahr von meinen Klasdenkameraden beneidet! Dass das Mädchen sich mit mir beschäftigt hat, wundert mich heute, denn auch beim Gruppenspiel zeigte sich meist dass keiner mit mir spielen wollte! Trotzdem mochte ich alle Innen-Aktivitäten gern- sie schonten meine Füsse!

Um 17.30 Uhr war das Abendessen, um 18 Uhr gingen wir hoch auf die Zimmer, ausziehen, waschen, eine Stunde zur freien Verfügung, ab 19 Uhr musste man im Bett liegen und ruhen, nicht mehr reden, nichts mehr tun, obwohl es noch nicht dunkel war! Leider durfte man auch nicht mehr lesen, und ich liebte lesen! Ich hatte "Trotzkopf 1-3" mitgenommen, einen Riesenwälzer, der erst endete, als Trotzkopf Grossmutter war! "Du Angeberin, du kannst das mit 8 doch noch gar nicht lesen!" höhnten meine Zimmergenossinnen. Tasächlich hatten sie selbst nur Gross-Schrift-Bücher für ihte eigene Altersstufe dabei, aber ich komnte und wollte möglichst viel lesen! Unsere Taschenlampen waren im Voraus konfisziert worden, und frühabends bewachten uns die Erzieherinnen wie die Schiesshunde! Das führte dazu, dass ich abends so früh wie möglich an mein Buch wollte, und kaum mit den anderen Mädchen auf meinem Zimmer redete! Die hielten mich deshalb für eine "eingebildete Pute", haben auch einmal mein Buch versteckt, aber mich Gott sei Dank nie körperluch angegriffen! Die Jungen im Heim werden sicher Schlimmeres mitgemacht haben!
Auch wir durften nachts "nicht aufstehen", aber mir kam gar nicht die Idee dass das auch für Toilettengänge gelten könne!
2-3 mal während des Aufenthaltes war ich in tiefer Nacht auf der Toilette, ohne dass eine Aufsicht vor Ort gewesen wäre!
Meine Zimmergenossinen fanden den Aufenthalt toll! Aufgeregt erzählten sie von den Erlebnissen des Tages und malten sich aus, was sie morgen alles Schönes erleben würden. Ich hatte Sorgen vor jedem neuen Tag!

Einmal in der Woche hatten wir Briefschreibstunde, in der wir unseren Eltern schrieben! Schon beim ersten Mal versuchte ich meinen Eltern zu schreiben, dass ich mich schrecklich fühlte und sie mich sofort nach Hause holen sollten. Die Erzieherinnen lasen meinen Brief, beschimpften mich (wieder mal) lauthals vor der ganzen Gruppe, als ungezogen und undankbar! Von dort aus wurde ich zur Direktorin gerufen, und die tobte noch lauter, dass ihr noch nie rin Kind wie ich untergekommen wäre! Was ich wohl glaube ,dass meine Eltern mit mir machen, wenn
s i e i h n en erzählte, dass ich mich hier ständig absondern und ein Gesicht wie 3 Tage Regenwetter zu Schau tragen würde?-
Es half nichts, ich musste diesen Brief noch einmal schreiben, Tenor "Oh wie schön ist Langeoog"! Ich wusste auch damals schon, dass man die Briefe anderer Leute nicht lesen durfte, aber die Erzieherinnen sagten zuerst, dass sie auf Rechtschreibfehler kontrollierten.
Später lasen sie sofort im Gruppenraum:" Nur zu deinem Besten!"
Nach der Rückkehr fiel ich noch am Hafen meiner Mutter weinend um den Hals und erzählte ihr, wie schlimm es dort war!
Die meinte erschrocken:"Warum hast du denn nichts geschrieben?- Wir hätten dich doch sofort nach Hause geholt!"
Meine Eltern haben danach auch mit der Heimleitung telefoniert, aber die gaben mir allein die Schuld an meinem Unglück! -
Ich glaube, so dachten sie auch wirklich!Die schönen Fotos von Feiern und Ausflügenwaren in ihren Augen nicht gestellt, denn die Feiern und Ausflüge gab es ja wirklich! Dass man jedes 3.Kind unter lauten Ermahnungen zum Lächeln zwingen musste, war auf das Ungeschick der Kinder vor der Kamera zurückzuführen!
Man war überzeugt, uns zu unserem Wohl Ordnung und Disziplin beizubringen, und dass man letztlich uns alle glücklich gemacht habe!
Es gab auch hier schöne Momente! Besonderes das gemeinsame Singen, dass im Heim Freitag abends stattfand, liebe ich bis heute! Ich bin im einem Chor und einer Nachbarschafts-Singruppe! Viele Wandereime und Lieder habe ich auf Langeoog gelernt und werde sie bald an meinen neugeborenen Enkel weitergeben!
Von Missbrauch und Misshandlung habe ich nichts bemerkt!- Wie gesagt:
Bis vor einem halben Jahr dachte ich, ich sei Schuld! ?
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Mona Laasch aus Berlin schrieb am 20.03.2021
Mein ganzes Leben verfolgen mich die Erinnerungen an die 6 Wochen in der Kurklinik am Kölpinsee. Ich muss 6 Jahre gewesen sein und es war die Zeit um Ostern. Viele Tage dieser Zeit sind aus meinem Kopf verschwunden, da ich keine Ahnung wie lange in eines der Krankenhäuser auf dem Gelände verbracht habe. Ich erkranke wie fast alle Kinder in dieser Zeit an Imbichiko. Ein übler Hautausschlag mit Fieber und Erbrechen. Irgendwann wachte ich in diesem Krankenhaus auf. Ich wusste gar nicht wie ich dort hin gekommen bin und wie lange ich schon dort war. Eine Krankenschwester kam herein und brachte mir Tabletten. Meine Mutter hat sowas früher zermörsert aber die sollte ich nun so schlucken. Es ging nicht. Die Tablette war so groß dass ich sie nicht schlucken konnte. Da steckte mir die Schwester die Tablette in den Hals und kippte soviel Wasser rein dass ich dachte ich müsste gleich ersticken. Danach sind wieder die Tage in meinem Kopf ausgelöscht. Am ersten Tag wurden wir eine enge Treppe in den Keller geschickt zum waschen. Ein Junge trat mich die Treppe runter. Niemand interessierte sich dafür. Dann mussten wir uns nackt nebeneinander aufstellen und duschen anschließend wurden wir von Kopf bis Fuß eingecremt. Am meisten hatte ich immer Angst vor dem Fußnägel schneiden das war immer mit Schmerzen verbunden. Wir hatten dort auch Schule. Es wurde an die Tafel geschrieben was wir unseren Eltern schreiben sollten. Ich schrieb aber das sie mich sofort abholen müssen und wie schrecklich es dort zugeht. Der Brief wurde geöffnet und vor meinen Augen zerrissen. Entweder schreibe ich was an der Tafel steht oder ich darf meinen Eltern gar nicht mehr schreiben. Von meinen Eltern bekam ich nie etwas. Zu Ostern bekamen die Kinder Päckchen von zu Hause nur ich bekam keins. Zurück gebracht wurde ich schwer krank mit dem Bus. Man setzte mich mitten in Berlin ab. Alle Kinder wurden abgeholt nur ich nicht. Man hatte meinen Eltern einen anderen Treffpunkt mitgeteilt. Ich war erst 6 und mutterseelen allein gelassen worden. Die Zeit dort hat mich bis heute geprägt. Ich finde aber keine Aufzeichnungen über diese Klinik. Vor 3 Jahren habe ich dort eine Mutter Kind Kur gemacht. Es sollte für mich auch eine Aufarbeitung werden. Ich bin der Meinung die Kurklinik neben meiner war die in der ich damals war. Ich erinnere mich an den großen runden Raum vom Hauptgebäude dort befand sich der Speiseraum. Ein solches Gebäude steht dort noch. Aber es sieht natürlich alles anders aus als damals. Ich habe oft versucht im Internet Informationen zu finden. Vielleicht auch Menschen die genau wie ich dort hin mussten. Vor Ort mochte niemand mit mir über die Klinik sprechen.
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Carl Lücker schrieb am 20.03.2021
Hallo,
auch ich finde diese Webseite sehr gut
Ich war 1968 für mehrere Wochen im Kinderheim Gutermann. Der Grund war, dass meine Hände damals fast immer zitterten, wenn ich sie ruhig halten sollte.
Im Heim habe ich damals eigentlich keine wirklich schlimmen Erfahrungen gemacht, obwohl es dort recht streng zuging. Alles war genau getimt. Auch die Toilettenzeiten. Dort musste man in Reih und Glied warten, bis man dran ist, bekam für den Stuhlgang abgezählte Blätter Klopapier. Es wurde auch kontrolliert, ob man sauber abgewischt hat. Das Essen war ok. Es gab allerdings mehrfach Schwarzwurzeln, die ich ekelig fand. Essen musste ich sie trotzdem. Das fand ich doof, aber erträglich.
Ansonsten war der Umgangston ok, die Mitarbeiter des Hauses freundlich. Es gab abwechslungsreiche Aktivitäten im Haus und Spaziergänge in der Natur. Ausgiebige Mittagsschlafzeiten.
Tatsächlich hatten mir die Wochen gutgetan. Auch wenn das Zittern der Hände zwei Wochen nachdem ich zurückgekommen war, wieder da war. Die Zeit dort hat mir eine Wiederholung der Schulklasse eingebracht, was mir in der Schule, bei der sozialen Einbindung erstmal nicht geholfen hat.
Für mich also keine schlechte oder gar traumatische Erfahrung. Immerhin gab es auch solche.
Ihre Arbeit unterstütze ich jedenfalls!
MfG
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Peter Günther aus Berlin schrieb am 19.03.2021
Weil ich als Kind sehr dünn war, hielten meine Eltern es für gut, dass sie mich in Alter von 7 Jahren nach Bad Salzdetfurth verschickten. Sie gaben mir 20,- DM damals mit, in der Hoffnung, dass ich mir dafür etwas kaufen könnte. Die Summe war in den 60er Jahren nicht unbedeutend. Früh morgens, nach der ersten Nacht in den genannten Heim, man hatte kaum die Augen auf, da kahm eine Frau mit weißen Kittel in den Zimmer, wo man übernachten musste und durchsuchte den neben das Bett stehenden Schrank nach Geld und nahm meine 20,- DM an sich, mit der Begründung, dass es mir eingeteilt wird für Eis etc.und auch falls andere Kinder das sehen würden eventuell Neid entstehen könnte, weil andere weniger an Geld bei hätten.
Natürlich sah ich in der 14 tägigen Zeit rein nichts mehr von den Geld.
Das war das erste negative Ereignis unter noch sehr vielen in dieser Zeit.
Wir mussten als Kinder auch ein Mittagsschlaf halten.
Draußen vor die Zimmertüren lauschte der sogenannte Hausmeister, ob auch alle mucksmäuschen still waren.
Beim kleinsten flüstern kam dieser Unmensch hereingeplatzt, zog die Bettdecken den Kindern weg und hielt die Kinder mit einer Hand an ein Bein hoch und mit der anderen Hand schlug er ohne Rücksicht zu, so das einige dabei vor Todesangst den Urin verloren.
Auch platzte diese Herr damals einfach so hinein in die Zimmer und riss uns im Schlaf die Decke weg, zog uns die Unterhosen runter, schaute dabei angeblich nach, ob jemand eventuell sich eigemacht hatte.
Beim kleinsten Rallystreifen Schlug er wieder genauso erstmal zu und musste dann das nur weibliche Pflegepersonal verständigt haben.
Jungs und Mädchen wurden dann von ein Zimmer zum nächsten ohne Unterhosen durch die teils kalten Gänge geschickt und mussten - angeblich zur Strafe - zusammen in mit Salzwasser gefüllte kleine Zinkwannen baden, bis das Wasser kalt wurde.
Das weibliche Personal saß davor und beobachtete jede Bewegung.
Ausflüge fanden auch statt. man hatte Durst, man hatte auch mal Appetit auf ein Eis, oder Ähnliches. Dieses wurde uns ständig verweigert mit der Begründung, dass man in Heim etwas bekommen würde.
An einige Sachen kann ich mich leider nun nicht mehr so erinnern, aber das was ich hier geschildert habe, blieb mein ganzes Leben in Erinnerung.
Als ich nach der Rückkehr dieses meine Eltern erzählte, da hatten diese mir nicht Glauben geschenkt.
Und andere mitreisende Kinder schilderten unmittelbar nach Ankunft am Berliner Rathaus Reinickendorf auch ihren Eltern ihr Leid. Verständnislos fand niemand von uns Kinder bei den jeweiligen Eltern Gehör.
Wäre dieses geschehen, so hätten eventuell die verstorbenen Kinder von 1969 jetzt noch leben können.
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