ZEUGNIS ABLEGEN – ERLEBNISBERICHTE SCHREIBEN

Hier haben sehr viele Menschen, seit August 2019, ÖFFENTLICH ihre Erfahrung mit der Verschickung eingetragen. Bitte geht vorsichtig mit diesen Geschichten um, denn es sind die Schicksale von Menschen, die lange überlegt haben, bevor sie sich ihre Erinnerungen von der Seele geschrieben haben. Lange haben sie gedacht, sie sind mit ihren Erinnerungen allein. Der Sinn dieser Belegsammlung ist, dass andere ohne viel Aufwand sehen können, wie viel Geschichte hier bisher zurückgehalten wurde. Wenn du deinen Teil dazu beitragen möchtest, kannst du es hier unten, in unserem Gästebuch tun, wir danken dir dafür! Eure Geschichten sind Teil unserer Selbsthilfe, denn die Erinnerungen anderer helfen uns, unsere eigenen Erlebnisse zu verarbeiten. Sie helfen außerdem, dass man uns unser Leid glaubt. Eure Geschichten dienen also der Dokumentation, als Belegsammlung. Sie sind damit Anfang und Teil eines öffentlich zugänglichen digitalen Dokumentationszentrums. Darüber hinaus können, Einzelne, die sehr viele Materialien haben, ihre Bericht öffentlich, mit allen Dokumenten, Briefen und dem Heimortbild versehen, zusammen mit der Redaktion als Beitrag erarbeiten und auf der Bundes-Webseite einstellen. Meldet euch unter: info@verschickungsheime.de, wenn ihr viele Dokumente habt und solch eine Seite hier bei uns erstellen wollt. Hier ein Beispiel

Wir schaffen nicht mehr, auf jeden von euch von uns aus zuzugehen, d.h. Ihr müsst euch Ansprechpartner auf unserer Seite suchen. ( KONTAKTE) Wenn Ihr mit anderen Betroffenen kommunizieren wollt, habt ihr weitere Möglichkeiten:

  1. Auf der Überblickskarte nachschauen, ob eurer Heim schon Ansprechpartner hat, wenn nicht, meldet euch bei Buko-orga-st@verschickungsheime.de, und werdet vielleicht selbst Ansprechpartner eures eigenen Heimes, so findet ihr am schnellsten andere aus eurem Heim.
  2. Mit der Bundeskoordination Kontakt aufnehmen, um gezielt einem anderen Betroffenen bei ZEUGNIS ABLEGEN einen Brief per Mail zu schicken, der nicht öffentlich sichtbar sein soll, unter: Buko-orga-st@verschickungsheime.de
  3. Ins Forum gehen, dort auch euren Bericht reinstellen und dort mit anderen selbst Kontakt aufnehmen

Beachtet auch diese PETITION. Wenn sie euch gefällt, leitet sie weiter, danke!

Hier ist der Platz für eure Erinnerungsberichte. Sie werden von sehr vielen sehr intensiv gelesen und wahrgenommen. Eure Erinnerungen sind wertvolle Zeitzeugnisse, sie helfen allen anderen bei der Recherche und dienen unser aller Glaubwürdigkeit. Bei der Fülle von Berichten, die wir hier bekommen, schaffen wir es nicht, euch hier zu antworten. Nehmt gern von euch aus mit uns Kontakt auf! Gern könnt ihr auch unseren Newsletter bestellen.

Für alle, die uns hier etwas aus ihrer Verschickungsgeschichte aufschreiben, fühlen wir uns verantwortlich, gleichzeitig sehen wir eure Erinnerungen als ein Geschenk an uns an, das uns verpflichtet, dafür zu kämpfen, dass das Unrecht, was uns als Kindern passiert ist, restlos aufgeklärt wird, den Hintergründen nachgegangen wird und Politik und Trägerlandschaft auch ihre Verantwortung erkennen.

Die auf dieser Seite öffentlich eingestellten Erinnerungs-Berichte wurden ausdrücklich der Webseite der “Initiative Verschickungskinder” (www.verschickungsheime.de) als ZEUGNISSE freigeben und nur für diese Seiten autorisiert. Wer daraus ohne Quellenangabe und unsere Genehmigung zitiert, verstößt gegen das Urheberrecht. Namen dürfen, auch nach der Genehmigung, nur initialisiert genannt werden. Genehmigung unter: aekv@verschickungsheime.de erfragen

Spenden für die „Initiative Verschickungskinder“ über den wissenschaftlichen Begleitverein: Verein Aufarbeitung und Erforschung von Kinderverschickung / AEKV e.V.:     IBAN:   DE704306 09671042049800  Postanschrift: AEKV e.V. bei Röhl, Kiehlufer 43, 12059 Berlin: aekv@verschickungsheime.de

Journalisten wenden sich für Auskünfte oder Interviews mit Betroffenen hierhin oder an: presse@verschickungsheime.de, Kontakt zu Ansprechpartnern sehr gut über die Überblickskarte oder die jeweiligen Landeskoordinator:innen


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2741 Einträge
Willi Fergen schrieb am 16.03.2021
Lange habe ich gezögert und mir die Frage gestellt, ob ich in diesem Forum etwas veröffentlichen soll. Dennoch habe ich mich entschlossen, hier meine Geschichte und meine Einschätzung zu den veröffentlichen Beiträgen zu posten. Mein Erleben ist so ganz anders als das der meisten, die auf diesen Seiten ihre Eindrücke preisgegeben haben.
Drei Mal war ich zu unterschiedlichen Zeiten (Sommer, Herbst, Ostern) in verschiedenen Heimen an jeweils anderen Orten. Liest man die Berichte in diesem Forum, so scheint klar, Freude, Kindsein, Ungezwungenheit, ja vielleicht sogar Freiheit konnte es in den Kurheimen nicht geben. Alle Heime waren grau, hatten keine Farben, dort herrschte nur Zwang, nur Strenge, nur Gehorsam, nur Qual, nur Tyrannei … Schon diese Aufzählung zeigt, dass den meisten Einträgen eine Schwarz-Weiß-Malerei zugrunde liegt. Auf der einen Seite die Kinder und deren Eltern, die alle nur gut waren und nur das Beste wollten, zwischen denen keine Konflikte bestanden und auf der anderen Seite die grausamen Heime mit ihren repressiven Methoden und sadistischen Menschen. So einfach ist und war es aber nicht!
Während meiner Aufenthalte – 1955 war ich 5 Jahre, 1961 11 Jahre und 1964 14 Jahre alt – habe ich nicht ein einziges Mal das erfahren, wovon die meisten hier berichten. Mir ist auch nicht aufgefallen, dass anderen Kindern, die mit mir untergebracht waren, Leid zugefügt wurde. Weder musste jemand sein Erbrochenes aufessen, noch wurde jemand angeschrien oder geschlagen. Im Gegenteil – ich habe während der Aufenthalte sehr viel gelernt, viele Anregungen erhalten, Neues entdeckt, mich oft sportlich betätigt, sehr viel gespielt, viele neue, unbekannte Brett- und Kartenspiele erlernt, viele Lieder gesungen, deren Texte ich noch heute wiedergeben kann. Ich erinnere mich an meine erste Seilbahnfahrt zum Nebelhorn, an den Bau von kleinen aus Ästen zusammengebauten Häuschen mit Moosdächern, an ausgedehnte Spaziergänge auf sonnigen Wiesen, an die „grüne Spinne“ in ihrem grünen Trainingsanzug, eine Gymnastiklehrerin in die wir Jungs „alle“ verliebt waren, an Schlittenfahrten, an erste Liebschaften, …
Das, was ich erlebt habe, kann aber, wenn ich die Einträge auf diesen Seiten lese, eigentlich gar nicht passiert sein. Das System war doch so sehr auf das Quälen von Kindern ausgelegt. Ich muss mich also irren oder habe ich alles nur besser verdrängt als andere? Was mich wundert, ist, dass meine verstorbene Frau, die zu starken Depressionen neigte, ihren Kinderkurheim-Aufenthalt an der See ebenfalls immer in den buntesten Farben in Erinnerung hatte und oft und gerne mit mir darüber sprach. Ganz so eindimensional, wie sich die Kurheimverschickung auf diesen Seiten darstellt, scheint sie in der Realität also doch nicht gewesen zu sein. Ich möchte allen folgendes zu denken geben:

1. Das Leben ist nicht nur Schwarz oder Weiß, nicht nur Gut oder Böse. Das hätten zwar viele gerne, weil dann manches leichter einzuordnen wäre. Aber so ist es nicht! Deshalb gibt es auch nicht nur den einen Grund, der uns zeigt, warum das Leben nicht so verläuft, wie wir es uns ausmalen.
In vielen Berichten erkennt man eine verengende Perspektive, eine monokausale Sichtweise. Es gibt aber nicht DIE URSACHE, nicht DAS TRAUMA, auf das sich alles reduzieren lässt, welches alleine für das Misslingen eines Lebensentwurfs verantwortlich zu machen ist, das als Erklärung für alle psychischen Schmerzen herangezogen werden kann. Es gibt viele Dinge, viele Gründe, viele Stränge, die ineinander verwoben sind, die miteinander in Beziehung stehen und die unsere Psyche beeinflussen. Ich behaupte, dass der, der glaubt, DIE URSACHE seiner Leiden gefunden zu haben, auf dem falschen Weg ist. So einfach ist das Leben nicht zu erklären, denn das ist – um es mit Fontane zu sagen – ein „zu weites Feld“.

2. Die Kinderverschickungen fanden nicht im luftleeren Raum statt, sie waren an gesellschaftliche Realitäten gebunden. In den 1950er bis 1970er Jahren befanden sich noch auf allen Ebenen des Staates Personen, die auch im Dritten Reich gewichtige Posten innehatten, nicht nur in den Kinderheimen und den Krankenhäusern, man fand sie auch in der Verwaltung, den Gerichten, bei der Polizei, im Justizvollzug, in den Kanzleien, den Ministerien, ja sogar an der Spitze des Staates und der Länder (Bundespräsident Heinrich Lübke, Ministerpräsident Kurt Georg Kiesinger, Ministerpräsident Hans Filbinger, …). Der Bezug zum untergegangenen Macht- und Organisationsgefüge war allgegenwärtig, nicht nur in den Kinderheimen. Ebenso verhält es sich mit den Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen: Wenn Daheim gegessen wurde, durfte man nicht reden, man musste seinen Teller leer essen, man durfte mit Erwachsenen nur reden, wenn man gefragt wurde. Für „Vergehen“ wurde man bestraft, man wurde beschimpft, man wurde geschlagen, man hatte Hausarrest. In den Schulen gab es bis 1973 (BRD) die Prügelstrafe, Erst 1998 wurde das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung im Gesetz verankert.
Vieles, was über die Kinderheime berichtet wird, gab es also auch auf anderen gesellschaftlichen Ebenen. Ich selbst wurde kurz nach meinem ersten Kuraufenthalt, also mit 5 Jahren, während eines längeren Krankenhausaufenthaltes öfter allein in eine dunkle Kammer gesperrt. Im Krankenhaus war ich nicht in einem Zwei- oder Dreibettzimmer, sondern mit sieben weiteren Kindern in einem größeren Saal in Metallbetten untergebracht. Auch war ich nicht ganz unschuldig an der Strafe, die ich erhielt. Selbstverständlich würde man das heute anders regeln, die gesellschaftliche Wirklichkeit 1955 war aber eine andere! Um mein rechtes Auge zu retten, das durch einen heftigen Schlag mit einem Stock fast zerstört war, wurde ich täglich für ca. eine Stunde in Quecksilberwickel eingepackt. Zu welchem Zweck dies geschah, wusste ich nicht. Da Quecksilber hoch giftig ist, musste ich also eine geschlagene Stunde regungslos im Bett liegen. Daran habe ich mich selbstredend nicht gehalten, sondern bin mit den anderen durchs Zimmer getobt. Die Strafe war jedes Mal ein längerer Aufenthalt in der Dunkelkammer, selbstverständlich ohne die Wickel. Ich erzähle das alles nur, um deutlich zu machen, dass Vieles, was in den Kinderkurheimen geschah, auch in anderen Zusammenhängen vorkam, in den Krankenhäusern, in den Familien, in der Schule, in den kirchlichen Institutionen, in den Lehrwerkstätten (Ohrfeigen, Genickschläge mit der Handkante, bewusst verursachte blutige Verletzungen und psychische Erniedrigungen aller Art durch Vorgesetzte gehörten bei Siemens bis in die 1970er Jahre hinein zum Ausbildungsalltag.), … Selbstverständlich sollen die schlimmen Ereignisse in bestimmten Heimen dadurch nicht verharmlost oder gar gerechtfertigt werden. Ich möchte nur der Tatsache Geltung verschaffen, dass diese unentschuldbaren Praktiken auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen Realität waren. Viele Methoden, die in den Heimen angewandt wurden, waren keine Besonderheiten, die nur und ausschließlich in den Heimen Anwendung fanden, sie waren gängige Praxis.

3. Ein letzter Punkt, der in Vielem, was ich bisher über die Verschickungsheime gelesen, gehört und gesehen habe, nur unterschwellig, oft in vagen Formulierungen auftaucht, betrifft die Anzahl der Betroffenen. Wenn man annimmt, dass 8 Millionen Kinder verschickt wurden und wenn man weiter annimmt, dass nicht 1.000, nicht 10.000, nicht 100.000, sondern 1.000.000 der verschickten Kinder traumatisierende Erlebnisse hatten, dann sind das ca. 13% aller Verschickungskinder! Wie gesagt, jedes Kind, das verletzt, beleidigt, gequält oder missbraucht wurde, ist ein Kind zu viel. Aber dass es 1 Million sein sollen, das glaube ich nicht. Selbst wenn – es wären „erst“ 13 %. Man sollte sich also hüten, zu schnell, zu leichtfertig, ohne Belege und Beweise vorzubringen, davon zu sprechen, dass es alle, die meisten oder viele Kinder waren, die in den Heimen gequält wurden. Außerdem sollte man Bedenken, was man denen antut, die in den Heimen ihren Dienst taten und die nicht an der Disziplinierung der Kinder beteiligt waren. Aber das scheint ja egal zu sein, diese Personen können sich nicht mehr wehren. Sie scheinen – so kommt es mir manchmal vor – kein Recht auf eine faire Behandlung zu haben.

Vielleicht hat die Redaktion ja den Mut, diese vom Mainstream abweichende Stellungnahme zu veröffentlichen.
Willi Fergen
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Susanne aus Regensburg, Stadt schrieb am 16.03.2021
Da ich mit 7 Jahren zu klein und zu dünn war und zudem Neurodermitis und Asthma hatte, wurde ich im November/Dezember 1969 für sechs Wochen nach Amrum ins Kindererholungsheim in Nebel verschickt.
Empfohlen hatte meiner Mutter dies offenbar ein Schularzt.
Da das große Heim renoviert wurde, wurden wir in den ersten Wochen in der "Liegehalle" in Satteldüne untergebracht. Das war ein einstöckiger, flacher Bau, der zum Meer hin über seine ganze Länge aus Fenstern bestand. Angrenzend an unseren Schlafsaal gab es noch einen kleinen Nebenraum, der als Garderobe genutzt wurde.
Nachts habe ich mir oft erträumt, meine Eltern warten in diesem Raum auf mich, um mich abzuholen...
Ich erinnere mich an einen schweren Asthmaanfall, wegen dem ich auch tagsüber im Bett war, als einziges Kind im Schlafsaal.

Ein Mädchen aus unserer Gruppe hat regelmäßig ins Bett gepieselt und wurde dann am Morgen von den Tanten in ihrem nassen Nachthemd in den Schnee nach draußen geschubst. Nach einer Weile durfte sie wieder rein und wurde dann unter die kalte Dusche gestellt. Alle Kinder sollten zuschauen, zur Abschreckung.

Als ich beim Essen vor lauter Heimweh weinend mein Essen nicht essen konnte, musste ich so lange allein am Tisch sitzen bleiben, bis ich mein kaltes, mit Rotz und Tränen vermengtes Essen nach Ewigkeiten endlich würgend hinuntergebracht habe.

Als die Tanten meinten, ich hätte bei einer Kindertheater Vorführung zu viel geschwatzt, wurde ich nach Ende der Vorführung an meinen langen Haaren die Treppe runtergezogen und zusammengeschrien.

Es gab regelmäßige Gruppenuntersuchungen, bei denen der Arzt zum Abschluss unsere Unterhosen am Rand nach vorne zog und hineinsah. Wir wurden "entlaust", mussten unsere Köpfe über ein weißes Blatt Papier beugen und wurden dann mit einem Nissenkamm drangsaliert.
Ich habe mich während dieser Untersuchungen sehr geschämt.

Als ich nach 6 Wochen endlich wieder im Lübecker Hauptbahnhof ankam, waren meine Eltern über den Zustand meiner Haut entsetzt. So schlimm war meine Neurodermitis vorher noch nie gewesen.

Im selben Jahr, allerdings schon im Sommer, war mein Bruder, 6 Jahre alt, in Bad Sachsa zur Verschickung. Es war traumatische für ihn. Unter anderem musste er sein erbrochenes Essen aufessen.
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Andreas D.61 aus Hameln/Weser schrieb am 16.03.2021


Essen "Oliver Twist":
" Stil in Charles Dickens " , unter dem Saal war eine Töpferei
und ein Brandofen mein zimmer war glaube ich Unter dem Dach habe zur Nittagspause aus dem Fenster runter nach unten zum Tor geschaut und wurde erwischt von den sndern gehänselt dann kamm eine Frau (Erzieherin) dazu und mit Hand und Gürtel geschagen hat sogar Gelacht-
Zur Töpferei .... Da Musten wir Wasen
und anderes klein kram herstellen
das wurde warscheinlig verkauft
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Meike aus Düsseldorf schrieb am 15.03.2021
Wir (5 Geschwister) waren im Kurheim Sonnhalde, wir sind nach ca einer Woche aus dem heim abgehaun nd durch den Wald gelaufen , in der Morgenddämmerung von Waldarbeitern aufgegriffen und zur nächsten ortspolizei gebracht, meine Eltern haben uns dann abgeholt und es wurde ein Heiminterner Prozess angestrebt, die Täterinnen haben sich geweigert zuzugeben das wir die Wahrheit sagten, meine Eltern haben uns nach Hause geholt es war ein langer harter Prozess, wir wurden in Flurschränke gesperrt mt Eikaltem Wasser abgespritzt via Schlauch des Nachts und mussten in den Duschen (im Keller) aus eikaltem Betnboden Barfuss stehen. Die Post wurde abgefangen und vor allen ohren vorgetragen, die Kritik die wir an unsere Eltern über diese Heim"Pädagogen" senden wollten wurden in den Müll geworfen, wir sahen wie die Kleinsten an ihren Bettchen gefesselt wurden und ins Bett machten, auch sie wurden in die kalten Flurschränke gesperrt, die Schlösser haben wir dann aufgebrochen , weil man das jewimmer nicht mehr ertragen konnte . Meine ältere Schwester war schon 12 , ich war 8 meine Brüder 7 u. 11 und meine ander Schwester war 9.
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Christoph schrieb am 15.03.2021
Wessobrunn Sommer 1973

Ich bin Christoph, Jahrgang 1965

Im Sommer 1973, es muss Ende Juli, in den August /September hinein gewesen sein, wurde auch ich im Alter von 8 Jahren von NRW aus in die „Kur“ nach Wessobrunn geschickt. Es war entweder gegen Ende oder kurz nach den Sommerferien.
Am Abfahrtstag kann ich mich nur erinnern, dass meine Eltern mich zum Bahnhof gebracht haben. Das Besondere war, dass mein Vater, der zu diesem Zeitpunkt berufsbedingt unter der Woche nicht zu Hause sein konnte, extra über Nacht gekommen war um mich am Bahnhof mit zu verabschieden. Der Abschied von meiner Schwester war wohl zu Hause, da sie in die Schule musste.
An die Fahrt und die Ankunft im Kloster habe ich keine Erinnerung, nur an die große Halle in der wir unseren Koffer abgestellt haben. Dort haben wir alles abgeben müssen, den Koffer, den Umschlag mit den Papieren und auch das Taschengeld. „damit nichts wegkommt“.
An den Schlafssal erinnere ich mich nur ungenau. Leider weiß ich nicht mehr, wieviele Jungs wir waren. Doch die Demütigungen der Jungs, die Nachts in Bett gemacht hatten, die sind mir nebulös in Erinnerung. Insbesondere dass zumimdest in einem Fall die Bettwäsche einfach nur am offenen Fenster getrocknet wurde.
Was wir tagsüber gemacht haben, keine Ahnung. Außer diesem Bettzwang für den Mittagsschlaf. Das waren wohl zwei Stunden still im Bett liegen, die Augen geschlossen halten, sonst gab es zumindest verbalen Ärger. Erinnerungen an Strafen dafür, Fehlanzeige. Doch es muss etwas gegeben haben. Sonst wäre mir nicht die Ausnahme im Gedächtnis. Einmal die Woche hat eine Ordensschwester die Sitzwache im Raum übernommen. Ansonsten war es wohl die für die Gruppe verantwortliche „Tante“, meines Erachtens keine Ordensfrau. Diese eine Ordensschwester war sehr gütig und hat uns erlaubt, dass wir uns leise von Bett zu Bett unterhalten konnten. Eben mit dem Hinweis, dass wir leise sein sollten, damit auf dem Flur niemand etwas bemerkt. Was war das jeden Tag für eine Qual für mich als achtjährigen, der sich bei strahlendem Sonnschein bewegen, toben, die Gegend erkunden wollte.
Der Hinweis der mir in Erinnerung zu dem Zwangsmittagsschlaf geblieben ist, wer dreimal beim Stören erwischt wird, wird nach Hause geschickt und die Eltern müssen die Fahrt für einen selbst und für die Begleittante bezahlen. Das reichte für mich als Einschüchterung.
Von den Mahlzeiten ist mir bewusst nur ein Teil der Mittagessen im Gedächtnis. Ich wurde neben einen Jungen gesetzt, der abnehmen sollte. Ich war wegen meiner sehr schmächtigen Statur verschickt worden, sollte im Gegensatz zu ihm zunehmen. Er bekam eine Traube Weintrauben und ich einen Teller voll mit ?, den ich nie hätte leer essen können. Er musste mir beim Essen zusehen und ich bekam das Essen nicht runter. Als ich ihm etwas abgeben wollte wurden wir sofort zurechtgewiesen. „Noch einmal…“
Manchmal ist es uns im Laufe der 6 Wochen gelungen, dass er heimlich etwas mitessen konnte. Seit damals kann ich keinen Milchreis sehen oder riechen. Ebensowenig diesen fürchterlichen roten Tee. An die vielberichteten Essenszwänge anderer kann ich mich nicht erinnern.
Ich war körperlich sehr klein für mein Alter und wie gesagt sehr schmächtig. Das ideale Opfer für die anderen Jungs, wenn es ans auslachen oder an andere Demütigungen ging. Dank meines Tischnachbarn ist, glaube ich, das Schlimmste an mir vorbei gegangen. Er war groß und kräftig. Als Dank fürs Essen teilen, so interpretiere ich es heute, hat er wohl auf mich aufgepasst. Seinen Namen weiß ich leider nicht mehr. Kein Name ist in meiner Erinnerung geblieben. Auch nicht einer von den „Tanten“.
Dafür kann ich mich an das tägliche gewaschen werden erinnern. Mein Widerspruch, dass ich mich zu Hause auch selber wasche wurde im Keim unterdrückt. Ebenso bei der wöchentlichen Badeprozedur. Hier ist es jedesmal zu sexualisierter Gewalt durch eine „Tante“ gekommen, die ich nie vergessen werden, ebensowenig wie ihren Gesichtsausdruck. Mein Schreien vor Schmerz und mein Weinen wurde mit einem „ich gebe dir gleich einen Grund zum Weinen“ niedergeschrien.
An einen einzigen Ausflug habe ich eine Erinnerung. Wir waren wandern und haben Station auf dem elterlichen Hof einer Auszubildenden des Kurheimes gemacht. An dem Tag war alles schön und friedlich. An diesem Tag war die einzige Gelegenheit etwas von meinem Taschengeld auszugeben. Ich habe für meine Eltern ein kleines Schnapsglas mit dem Bild vom Kloster Wessobrunn gekauft. Mehr Geld durfte ich nicht ausgeben.
Eigenartiger Weise war mein Taschengeld am Ende der Kur vollständig aufgebraucht. Damals waren 40 DM, auf die ich lange gespart hatte für einen 8 jährigen Jungen sehr viel Geld. Porto für Postkarten die ich schreiben musste damit die Mama nicht traurig wird, wurde vom Taschengeldkonto abgezogen. Gefühlt habe ich pro Woche zwei Karten geschrieben. Angekommen ist in 6 Wochen zu Hause eine einzige. Wohl die Erste. Die Briefe, die für mich ankamen, wurden vor allen Kindern beim Mittagessen vorgelesen. Mein Widerspruch, dass noch nicht einmal meine Eltern meine Post lesen, dass ich sie ungeöffnet bekomme, hat niemanden interessiert.
Ein paar Mal konnten wir das zum Kurheim gehörende Schwimmbad benutzen. Streng nach Schwimmern und Nichtschwimmern getrennt. Wehe ein Nichtschwimmer trat über die im Beckenboden eingelassene vermutlich geflieste Linie.
Es gab allerdings einen Ort, an dem man mich in Ruhe gelassen hat. Manchmal bin ich entwischt und habe mich in die Klosterkapelle geflüchtet. Dort war ich vor allem sicher. Meist war eine der Ordensschwestern anwesend.
Was mir am meisten auffällt, sind die Erinnerungslücken. Was habe ich wohl alles von diesen 6 Wochen verdrängt, die für mich die schlimmsten sechs Wochen meines Lebens waren. Sie haben mich nachhaltig geprägt, beeinflussen mein Verhalten bis heute.
An Rückfahrt und Ankunft habe ich keine Erinnerung.
Von meinen Eltern habe ich erfahren, dass ich wohl etwas erzählt habe, insbesondere das mit dem Taschengeld. Eine Beschwerde bei der Krankenkasse, auch mit dem Hinweis auf den Nichterfolg des Zieles, Gewichtszunahme, verlief vollständig ins Leere.
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Claudia aus Walheim schrieb am 14.03.2021
Nun möchte ich mich hier mal anschließen mit den wenigen Erinnerungen die ich noch habe...
Denn ich bin schon seit einiger Zeit auf der Suche irgendetwas über diese Zeit am Lago Maggiore in Erfahrung zu bringen.
Ich habe auch schon auf dem Gesundheitsamt LB nachgefragt ob es irgendwelche Informationen noch gibt. Aber da gibt es wohl nichts mehr weil es schon zu lange her ist. Ich konnte auch nichts im Internet finden. Man kann von vielen Orten und Heimen etwas lesen. Aber nicht über Brissago...
Einen Eintrag habe ich hier gefunden!!!
(von Stefan aus Niedersachsen)

Ich bin 1966 Jahrgang und 1972 mit gerade mal 6 Jahren in die Schule gekommen.
Es gab kurz nach der Einschulung die Reihenuntersuchungen.
Wenn ich mich noch richtig erinnern kann sagte die Tante vom Gesundheitsamt ich sei noch nicht Schulreif und müsste unbedingt zunehmen.
Somit wurde die Kindererholung angeordnet.
6 Wochen an den Lago Maggiore....

Wir wurden auf den Bahnhof nach Stuttgart gebracht, dort wurden wir abgegeben...
Von der Minute an als ich in diesen Zug gestiegen bin, bis zu meiner Rückkehr habe ich geweint. Ich habe 6 Wochen vor Heimweh geweint.
Meine Erinnerungen sind einige Puzzelteile...
Ich kann mich daran erinnern das es ein 4 oder 5 Bettzimmer war.
Und wenn man aus dem Fenster geschaut hatte am morgen den Anblick der Berge.

Ich kann mich an den Essraum /Aufenthaltsraum erinnern.
Ich kann mich an die Schalen aus denen morgens getrunken wurde,
an die Haferflocken mit Kakao und Zucker, an den Schokoaufstrich und das Marmeladebrot morgens erinnern.
Aber an warme Mahlzeiten kann ich mich nicht wirklich erinnern...
Vielleicht waren sie so grauenhaft, ich weiß es nicht.
An den eckelhaften Hagebuttentee aus Plastikbecher, den ich übrigens heute auch nicht wirklich mag.
Es war für mich einfach nur eine grausame Zeit.
Die größte Freude war das Päckchen von zuhause.
Ich war bereit es zu teilen mit den andern die mit mir im Zimmer waren. Doch leider haben sie es verraten, somit wurde es mir weggenommen!!! Mit der Erklärung es wird unter allen aufgeteilt.
Ich kann mich nicht erinnern das es aufgeteilt wurde.
Wenn ich mich noch richtig erinnern kann waren 2 Mädchen in meinem Zimmer Geschwister, aber wie gesagt wirklich kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Und ich meine es war 1 Mädchen mit im Zimmer da war was zuhause passiert und das hat man ihr gesagt sie hat bitterlich geweint. So ist es in meiner Erinnerung, aber ob das so stimmt kann ich auch nicht mehr 100% sagen.
Jungs waren übrigens auch da! Wir waren geteilt. Ein Gebäude die Mädchen, ein Gebäude die Jungs.

Ich schreibe das deshalb mit den Jungs weil mein Mann auch 1966 Jahrgang zum gleichen Zeitpunkt auch in Bressago in Erholung war.
Damals war mein Mann aus Ottmarsheim und ich aus Ludwigsburg.
(Mein Mann und ich haben uns 2002 kennengelern und bei Erzählungen kam raus das wir zum gleichen Zeitpunkt dort waren)
Mein Mann kann sich auch kaum an irgendetwas erinnern.
Mein Mann war auch noch in Pelzerhagen in Erholung entweder 1 oder 2 Jahre später da hat er auch keine Erinnerungen mehr....

Es müsste doch jemand geben zwischen Heilbronn und Stuttgart oder aus Baden - Württemberg oder sonst wo in Deutschland der zum gleichen Zeitpunkt in der Kindererholung am Lago Maggiore in Brissago war.
Wir bekommen mit unseren Puzzelteile kein Bild zusammen!!!
Es ist schon merkwürdig!!!

Wir würden uns freuen wenn sich jemand meldet.
Bleibt alle gesund
herzlichst
Claudia und Jörg...
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Jürgen G. schrieb am 14.03.2021
Aufmerksam geworden auf diese Seite bin ich durch die Sendung im SWR am 17.2.2021. Allerdings spüre bzw. weiß ich schon lange, dass auch ich Betroffener bin.

Ich war 1967 (wahrscheinlich während der ersten drei bis vier Monate des Jahres) als knapp 6-jähriger in "Kinderkur" in Bad Sooden-Allendorf, in welchem der Heime dort weiß meine Mutter nicht mehr und ich erst recht nicht. Sie weiß nur, dass die "Erholung" aufgrund meiner "schwächlichen Konstitution" von der Kinderärztin Frau Dr. R. veranlasst und von der Stadt Frankfurt / Main bezahlt wurde und sechs Wochen dauerte. Meine Mutter geht noch heute davon aus, dass dort Bäder, Spiele und Krankengymnastik stattfanden.

Ich habe an den gesamten Aufenthalt keinerlei Erinnerung mit einer Ausnahme: Einmal (zum Abschluss?) habe / musste ich ein Lied vorsingen, ich weiß sogar noch welches: "Die Wissenschaft hat festgestellt, dass Coca Cola Schnaps enthält ..." – ich war schüchtern, zaghaft und habe sicher nicht aus eigenem Antrieb oder gar mit Freude gesungen.

Ansonsten habe ich nur unangenehme Körperempfindungen, Ahnungen sowie sonstige Hinweise, aufgrund derer ich schon lange vermute, dass dieser Aufenthalt emotional traumatisch für mich war und ich die Erinnerung daran verdrängt oder genauer gesagt abgespalten habe.

Auch die Schilderungen meiner Mutter lassen nichts Gutes erahnen, z.B. , dass ich nach der Kur kaum etwas erzählt habe und sehr verschlossen gewesen sei. Oder das Besuchs- und sogar Annäherungs-Verbot an das Heim für Eltern während der Kur. Eine der „Tanten“ hätte meiner Mutter schließlich verraten, dass wir zu einer bestimmten Zeit spazieren gingen; meine Eltern haben mich daraufhin wenigstens kurz aus der Ferne beobachten können, in Zweierreihen laufend, was meine 88-jährige Mutter noch heute genau vor Augen hat. Wenn die Trennung schon so schwer für meine Eltern war, dass sie über 400km fuhren, nur um mich kurz zu sehen – wie furchtbar muss sie dann erst für die Seele des Kindes gewesen sein?!

Deshalb war ich nicht überrascht über den Fernsehbericht und die Zeugnisse auf dieser und anderen Seiten, die ich seither gelesen habe (und bisher nur aus Erziehungsheimen kannte).

Ende meiner 40-er Lebensjahre habe ich, nach einer Krise, unbewusst die Aufarbeitung meiner Traumata zu meinem Beruf gemacht und bin ärztlicher Psychotherapeut geworden. Von daher nehme ich für das Folgende eine gewisse fachliche Untermauerung in Anspruch.

Ich weiß inzwischen, dass ich in meiner Kindheit traumatisiert wurde, was mein Leben, vor allem die zwischenmenschlichen Aspekte, negativ beeinflusst hat; auch wenn ich es äußerlich gut auf die Reihe gekriegt habe – das Anpassen habe ich schließlich gelernt; und ich wollte schon als Kind „auf die andere Seite der Spritze“ gelangen und habe dies geschafft. Die psychischen Folgen des Erlebten für mich waren dennoch massiv. Allerdings dürfte die Hauptursache meiner Traumatisierung in noch früherer Zeit als meiner Kinderkur mit knapp 6 Jahren liegen: Mehrere mehrmonatige Krankenhausaufenthalte von meinem 16. Lebensmonat bis zum 4. Lebensjahr. Das war bezüglich der Trennung von den Eltern noch schlimmer, als das oben geschilderte: Einmal pro Woche durfte ich meine Eltern durch eine Glasscheibe sehen – das war’s. Soviel zu den Themen Bindung, Geborgenheit und Sicherheit. Doch die Traumatisierung in den Krankenhäusern der damaligen Zeit ist ein anderes Kapitel, das hoffentlich eines Tages auch aufgearbeitet wird. Die Erfahrungen von Verlassensein, Ausgeliefertsein und Ohnmacht dürften jedenfalls ähnlich und genauso gravierend gewesen sein wie in der Kinderverschickung.

Dass dann zwei Jahre später gerade dieser Junge nochmals für sechs Wochen durch die Kinderärztin von zuhause weggerissen, alleine, im Stich gelassen und dadurch retraumatisiert wurde, ist für mich bis heute absolut unverständlich. Ich habe lange gebraucht, die mit diesem wehrlos Ausgeliefertsein verbundene ohnmächtige Wut zuzulassen und zu bearbeiten.

Die frühen Klinik-Erfahrungen liegen in meiner Vorerinnerungs-Zeit; deshalb habe ich akzeptiert, hiervon nur aus den Erzählungen meiner Eltern etwas zu wissen. Das Spüren und Erahnen der schlimmen Zeit in Bad Sooden-Allendorf beschäftigt mich jedoch seit langem und bis heute. Trotz aller Selbsterfahrung und Traumatherapie wünschte ich, mehr über diese Zeit zu erfahren, um das Abgespaltene wieder integrieren zu können oder zumindest ein Narrativ zu haben. Bis heute weiß ich beispielsweise nicht, ob meine (inzwischen erfreulicherweise deutlich gelockerten) Zwänge – z.B. kein „unnötiges“ warmes Wasser zu „verschwenden“ oder beim Essen das, was ich am wenigsten mag, zuerst zu essen damit es weg ist und das Leckerste bis zuletzt aufzuheben – aus dieser Zeit stammen. Deshalb die Frage: Gibt es Menschen, die in etwa zur selben Zeit in Bad Sooden-Allendorf waren und sich mit mir austauschen möchten?

Jedenfalls freue ich mich, dass dieses dunkle Kapitel für zigtausende damaliger Kinder nun aufgedeckt und hoffentlich aufgearbeitet wird. Es belastet uns bis heute. Ich weiß, wie ich selbst die Auswirkungen über vier Jahrzehnte nicht wahrgenommen habe und weiß als Therapeut, dass dies bei vielen Traumatisierten so ist, bis sie hoffentlich schlussendlich in Behandlung kommen.

Doch heute bin ich kein wehrloses Opfer mehr. Und deshalb klage ich an:
- Das, was Menschen anderen Menschen, vor allem Kindern, in Institutionen angetan haben (auch wenn ich es heute so sehe, dass dies überwiegend nicht aus bösem Willen geschah).
- Das (damalige) Gesundheitssystem und die sog. Pädagogik mit all ihren den Menschen / das Kind verachtenden Überzeugungen, Meinungen und Ideologien.
- Vor allem aber klage ich an, dass die Auswirkungen des Geschehenen auf Menschen weiterhin verharmlost und bagatellisiert werden. Dass den Betroffenen kein Gehör und kein Glauben geschenkt wird. Ein „ja, es war so“, „ja, die Auswirkungen waren für die Betroffenen schrecklich“ aus den für das damalige Leid verantwortlichen und großteils heute noch existierenden Institutionen würde vielen von uns helfen – und ihnen sowie insbesondere den ihnen heute noch „Anvertrauten“ vermutlich auch.

Dabei geht es mir nicht um Wiedergutmachung; was vergangen ist, lässt sich nicht ungeschehen machen und nur sehr begrenzt wiedergutmachen. Es geht darum, aus den damaligen Geschehnissen und deren Folgen für zigtausend Menschen zu lernen. Damit es sich nicht wieder und wieder wiederholt und weitergeht. Doch leider ist es bis dahin auch in unserem heutigen Gesundheits- und Erziehungs-System, unserer heutigen Gesellschaft noch ein weiter Weg, der noch viel Mut und Stärke erfordert.

Ein herzlicher Gruß an euch alle
Jürgen
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I. P. schrieb am 12.03.2021
Ich kann mich nicht mehr an alle Ereignisse in Bad Sassendorf so genau erinnern, allerdings verbinde ich keinerlei positive Erinnerungen mit dieser Zeit. Ich war 7 oder 8 und kann mich an das Mästen erinnern, es musste immer aufgegessen werden, oftmals hatte man einen Nachschlag erhalten, obwohl man schon nicht mehr in sich hinein stopfen konnte. An dem Tisch saß immer eine Aufsichtsperson und achtete darauf, dass alles gegessen wurde. Wichtig war, dass man zunahm. Ich gehörte auch zu den Kindern, die aus dem Bett geholt wurden und nachts über Stunden auf dem kalten Flur stehen mussten. Innerhalb der ersten Woche habe ich angefangen ins Bett zu nässen. Meine Eltern wurden in meinem Beisein angerufen und ihnen mitgeteilt, dass ich ein Bettnässer wäre, obwohl ich mit 2 1/2 Jahren schon trocken war. Wir durften auch nur zu bestimmten Zeiten auf die Toiletten und nachts gar nicht. Am meisten Angst hatte ich vor den Holzfässern mit heißer Sole, das Wasser wurde bis zum Kinn eingelassen und man sollte sich nicht bewegen. Nach dem Bad mussten man sich in dem Raum an einer Wand aufstellen und wurde mit einem eiskalten Wasserstrahl von einer recht dicklichen Frau abgeduscht. Sie hat gelacht und gesagt, man solle sich mal zusammenreißen. Sonntags ist man in Reihe durch das Dorf zur Kirche gewandert, es war etwas weiter weg. In der dritten Woche, in der Nacht von Samstag auf Sonntag, hatte ich starke Bauchschmerzen bekommen. Ich hatte die Betreuerin informiert, jedoch wurde mir gesagt ich würde simulieren und soll mich nicht so wichtig tun. Auf dem Weg zur Kirche am Sonntag konnte ich kaum noch aufrecht laufen. Nach dem Gottesdienst, habe ich es fast nicht zurück geschafft und bin mehrmals gefallen, musste aber trotzdem den ganzen Weg zurücklaufen. Dann hat man mich ins Bett gelegt. Erst als ich nur noch vor Schmerzen geschrien habe, hat man mich ins Auto gesetzt und ist mit mir zum Arzt im Dorf gefahren, dieser hat den Notarzt informiert und ich kam hochfiebernd mit einem Blinddarmdurchbruch nach Soest ins Krankenhaus. Für die OP Einwilligung, so erzählte mir meine Mutter, hätte man nur von einer kleinen Blinddarmreizung gesprochen. Erst nach der OP hatte sie von einem Arzt aus dem Krankenhaus erfahren, dass mein Zustand sehr kritisch war und sie froh sein konnte, dass ich überlebt habe. Die weiteren Wochen war ich ausschließlich im Krankenhaus in Soest. Nach Bad Sassendorf, bin ich mit meinem Vater nur noch einmal, um die Unterlagen abzuholen. Mir war insbesondere das Bettnässen so peinlich, dass ich meinen Eltern wenig über den negativen Umgang der Betreuerinnen mit uns Kindern erzählt habe. Vieles hat man in den Jahren verdrängt, aber durch die Berichte wird einem klar, was man dort alles an Unangenehme erleben musste. Die Erlebnisse der einzelnen Kinder gleichen sich ja. Schlimm, dass man so ausgeliefert war, aber gut, dass es endlich ausgesprochen wird und man eine Stimme erhält.
Auch ich habe Interesse daran mich mit anderen auszutauschen, so kann man eher verarbeiten und damit abschließen.
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Karl schrieb am 12.03.2021
Hallo,
im Jahr 1966 war ich in einem "Erholungs-Heim", dessen genaue Adresse ich leider nicht mehr kenne. Die Einrichtung muss aber in oder der Nähe von Donaueschingen gewesen sein. Da mein Vater bei der der Bundesbahn tätig war, könnte der bzw. ein Heimträger auch die damalige Bahnkasse gewesen sein.
Nach meinen Recherchen war es wohl das Kindersolebad Donaueschingen.
Ich war damals 8 Jahre alt und habe eher unangenehme Erinnerungen an diesem Aufenthalt, wobei mir aber extrem schlimmste Behandlungen jetzt nicht mehr bewusst sind. Unter den "Tanten" gab es mW. sehr strenge aber auch an eine nette Frau - glaube ich mich erinnern zu können. Aber ich weiß auch noch von "Mobbing-Attacken" anderer Verschickungskinder, besonders eines älteren Jungen. Da ich damals auch schon etwas größer und kräftiger war, kam ich da wohl noch glimpflich davon. Ein anderer, etwas kleinerer Junge, mit dem ich per Bahn angereist war, hatte da mW. weniger Glück.
Ich hatte den Eindruck, dass die "Tanten" da nicht immer einschritten, obwohl sie davon wussten. Ansonsten die wohl weit verbreitete Praxis in dieser Zeit: Androhung (und Vollzug) von Strafen, bei "Fehlverhalten" der Kinder. Besonders das (wohl nicht grundlose) Einnässen hatte - neben einer Riesenschelte - eine (zumindest gefühlte) öffentliche Demütigung zur Folge.
Mit ist auch noch in Erinnerung, wie wir zum Abschluss des 6- wöchigem Aufenthaltes, eine Glasbläser-Werkstatt besuchten. Das war eigentlich sehr schön.
Richtig vor Augen habe ich noch den Sammel-Schlafsaal mit unzähligen Metallbetten. Vor dem Zimmer "wachte" eine "Schwester" an einem Bürotisch, auf der eine Schreibtischlampe platziert war, wie sie in den Krimi-Serien der 60er Jahre zur Ausstattung gehörte.
Vor dem Haus war viel Grün und Rasen. Wenn man aus einiger Entfernung auf das Gebäude zurücksah, wirkte dies wie ein karges Schloss, wo man nur ungern wieder zurückging.
Nach allem, was ich zu dieser Thematik jetzt schon gelesen habe, war ich in der betr. Einrichtung aber vermutlich - insgesamt gesehen - noch "gut bedient". Oder - was auch sein kann - ich habe diese Epoche gut verdrängt.
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Jean Müller aus Güstrow schrieb am 12.03.2021
Als „Zappelphilipp“ und zu dünn kam ich mit vier Jahren 1977 nach Bad Salzungen. Ich habe visuell nur noch den Schlafsaal in Erinnerung und dass es Strafen für vieles gab. Und dass ich nach dieser „Kur“ ein noch größeres Nervenbündel war, welches viel weinte und keinen Mittagsschlaf mehr machen wollte. Vielleicht gibt es jemanden, der zu dieser Zeit mehr Erinnerungen hat.
Danke, dass diese Seite, Möglichkeiten zur Bewältigung und Vernetzung bietet! Es ist absolut tröstlich, nicht allein mit dieser prägenden Kindheitserinnerung zu sein.
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Wolfgang Müller-Davidi aus Heusenstamm schrieb am 12.03.2021
Wie bei allen hier, wurde ich mit 8 Jahren wegen Unterernährung zur Kinderlandverschickung nach Muggendorf in der fränkischen Schweiz vom Schularzt ausgewählt. 4 Wochen über Ostern waren angesagt. Nach Anweisung durften meine Eltern zu Ostern kein Paket senden. Ich war der einzige der keins bekam. Die Tagesordnung bestimmte, dass alles aufgegessen werden musste, sonst wurde man nach dem Mittagessen ins Bett geschickt und man konnte sich nur hilflos in die Kissen weinen. Die Zimmer mit mehreren Betten waren nach den umliegenden Bergen benannt. Mein Zimmer hieß Wichsenstein.
Das Essen war sicher für Kinder nicht schmackhaft. Eine bleibende Erinnerung ist das wunderschöne Gericht Germknödel mit warmen Apfelmus und süßsauren rote Beete. Ein Junge übergab sich beim Essen auf den Teller des Gegenübersitzenden und löste so eine Kettenreaktion aus. Seit dem kann ich keine rote Beete mehr essen. Alle mussten danach ins Bett.
Da wir kein Telefon zu Hause hatten, blieb die einzige Verbindung nach zu Haus über Postkarten. Diese wurden vor dem Abschicken zensiert, sodass nichts aus dem Heim nach draußen gelangen konnte. Briefmarken konnte man sich nicht alleine beschaffen, denn das Haus durfte man nicht verlassen.
Eine Begebenheit ist mir erst nach Jahren hochgekommen. Ich fuhr mit dem Wohnmobil durch die Gegend und kam zufällig durch Muggendorf. Ich fand das Heim, dass heute ein Altersheim ist. Erinnerungen wurden wach. Eine davon war: einmal in der Woche wurde geduscht in einer großen Gemeinschaftsdusche. Wir Jungen waren nackt und sollten unter der Dusche im Kreis laufen und dabei den Hintermann an den Schniedel fassen. Die Schwestern schauten zu und amüsierten sich. Ich habe davon keinen Schaden erlitten aber das würde wohl heute unter sexuellen Missbrauch fallen.
Der Heimaufenthalt wurde nach endlosen 4 Wochen ohne Gewichtszunahme beendet und hinterließ keine guten Erinnerungen. An den Namen der einen Schwester Lieselotte, die auf dem Bild ist, erinnere ich mich noch. Des weiteren an einen Besuch in der nahe gelegen Tropfsteinhöhle.
Ich hoffe, dass mein Bericht durch die geschilderten Einzelheiten authentisch ist.
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Gaschnitz, Cornelia aus Unstruttal schrieb am 12.03.2021
Ich war 1979 zur Kur in Königswusterhausen. Zur Mastkur. Für mich war es furchtbar. Da ich kein Fisch esse wurde ich gezwungen. Ich erbrach es und musste als Strafe in der Mittagsruhe in der Mitte des Schlafsaals stehen. Zwei größere Kinder tauschten später mit mir das Essen gegen Dinge, die sie nicht mochten. Im Sport machte ich wohl die Übungen nicht richtig und fing eine kräftige Ohrfeige. Nach Hause schreiben durften wir nur vorgefertigte Texte. Ich weiß noch genau wie die " Erzieherin meine Karte zerrissen hat weil ich was eigenes geschrieben habe. Ich erinnere mich nur an das viele weinen, an Bleche mit Zuckerbrot, fetter ekliger Milch. Für mich Horror wovon ich bis heute noch träume.
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Esther Neitzert aus Lautert schrieb am 12.03.2021
Mit 4 Jahren wurde ich vom Kinderarzt in Mainz aufgrund von chronische Bronchitis zur „Kur“ geschickt.
... einsperren im Kleiderspind war die tägliche Bestrafung. Ich hatte immer Angst keine Luft mehr zu bekommen. Die größeren Kinder hatten Freude die kleinen zu verbotenem zu animieren: Ich sollte ein Lied während der Mittagspause singen, nichtsahnend dass dies mit „Spind“ bestraft wurde. Essen von glibberigem Haferbrei, welcher solange vorgesetzt wurde bis er alle war...Ich habe versucht auf der Toilette auszuspucken welches entdeckt und bestraft (Spind) wurde. Ich wurde obwohl seid 2 jährig stubenrein wieder zum Bettnässer- man zog mir wollstrumpfhosen über meine Neurodermitis... ich fühlte mich völlig wehrlos.Der Kinderarzt des Hauses empfahl Abbruch wegen Gewichtsverlust.... ich musste bleiben ... Meine Mutter dürfte mich mich nicht sehen.Wir hatten viel Angst, weil wir die Regeln nicht verstanden .Meine Freundin und ich aßen Waschpulver um uns zu vergiften ... sie war dann weg und ich blieb ganz alleine zurück ...
Wieder zuhause war ich laut meiner Mutter sehr verändert, sprach eine Weile nicht , hatte einen wasch und aufräumzwang...Lange habe ich geglaubt wenn ich nicht lieb bin, muss ich zurück ins Heim...
Eine Essstörung und Ekel sowie Ängste und Alpträume waren lange Begleiter.
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Helga Schmickt aus Ruppichteroth schrieb am 11.03.2021
Es muss im Jahr 1951, war 5 Jahre alt, kam ich zur Erholung nach Solbad Sassendorf. Hatte mit den Bronchien zu tun und war wohl auch etwas unterernährt. Es war die Hölle für mich. Das Essen wurde täglich mit einem Bollerwagen aus dem Dorf geholt. Es handelte sich fast ausschließlich um Milchsuppen aus Ziegenmilch. Morgens gab es zum Brot ein dickes Stück Ziegenbutter. Ich habe mich nur geekelt und immer alles erbrochen. Dafür musste ich in der Ecke stehen und wurde von den Kindern verhöhnt. Ich habe es noch in den Ohren. Dann hatten wir einen Schlafsaal für ca. 20 Kinder. Jedes Kind hatte ein Bett und einen Stuhl. Abends wurden wir eingeschlossen und durften nicht zur Toilette. Es stand lediglich 1 Topf im Zimmer. Der lief nach kurzer Zeit immer über und man versuchte einzuhalten. Es war auch immer Stockdunkel. Schrecklich. Ich sehe alles noch vor mir. Mehrmals in der Woche wurden wir im Dorf in einen Bottich gesteckt und auch schon mal untergetaucht. Meine Mutter sagte mir später, ich hätte mich total verändert und wäre überängstlich geworden. Bis heute trinke ich keine Milch. Das Ganze ist jetzt knapp 70 Jahre her und immer noch gegenwärtig.
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Eva schrieb am 11.03.2021
ich war in den 70er Jahren (wahrscheinlich 1971) in Oy/Mittelberg. Ich war nicht im großen Klinikgebäude, sondern in einem kleineren (Bauern-)Haus (Haus "Schwalbennest"?) in der Dorfbrunnenstr. 18 in Mittelberg. Ich muss ca. 7 bis 8 Jahre alt gewesen sein. Am 17.02.2021 habe ich im SWR die Doku „Das Leid der Verschickungskinder- Was geschah in den Kurheimen?“ gesehen und war tief berührt. Und ich versuchte mich an meine Kur zu erinnern. War ich auch 6 Wochen weg? Ich musste zur Kur wegen Unterernährung. Ich habe diese Kur nicht als negativ abgespeichert (oder ist das nur Verdrängung?). Es gibt nur wenige Bruchstücke an die ich mich erinnere. Morgens wurde immer ein Lied gesungen, um uns aufzuwecken. Ich kann mich undeutlich an folgenden Text erinnern: “Raus aus den Federn, raus aus dem Haus, wir wollen in die Natur …”. Wir waren auch beim Schlittenfahren und ich hatte Schulunterricht. Wir müssen auch Fasching gefeiert haben, denn davon klebt ein Foto in meinem Album. Beim Essen saß mir ein Teenagermädchen gegenüber, das abnehmen musste. Das war blöd, denn ich hatte keinen Hunger auf z.B. belegte Brote und sie schielte ganz gierig darauf. Wie gerne hätte ich ihr eins von mir gegeben. Aber das war natürlich verboten. Eine Erinnerung habe ich noch an einen Einlauf, denn so etwas kannte ich bis dahin noch nicht. Ich bin gespannt, ob durch meine Recherche noch weitere Erinnerungen kommen.
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Erika G. aus Redefin schrieb am 11.03.2021
Nachtrag z. A. v. 04.03.2021. Durch das Lesen mehrerer Artikel ist mir klar geworden, dass die Geschehnisse auf Kur Ursache für mein späteres alptraumhaftes Leben sind. Bin1957 in RL/PF geboren. 1960 starb mein Vater. Habe von 1960 bis 1963 kaum Erinnerungen. Als ich von einem fremden Mann nach Kurende zu Hause abgeliefert wurde, bekam ich panische Angst. Wenn Jemand in meiner Gegenwart laut lachte, fühlte sich mein Körper an, als würde er implodieren. Habe auch mein ganzes Leben lang einen Reizmagen. Während meiner Schulzeit war es für mich kaum zu ertragen, wenn mehrere Kinder um mich rum waren. War auch kaum in der Lage mit anderen zu reden oder mich Jemanden an zu vertrauen. Konnte keine Gefühle zeigen .Ich war total verstockt. Mein Vater war der Einzige bei dem ich mich beschützt fühlte. Zeit meines Lebens habe ich dieses Gefühl vermisst. Bis ich vor 3 Jahren an einen Arzt ( Chirurg) geraten bin und mich von Anfang an gut aufgehoben gefühlt habe. Während der Nachbehandlung änderte sich meine Gefühlslage so dramatisch, dass in einen seelischen Ausnahmezustand geriet. Die Erklärung dafür habe ich in einigen Artikeln lesen können. Auf Kur gehörten ärztliche Untersuchungen dazu, genau so wie der Essenszwang und sonstige Drangsalierungen. In meinem Gedächtnis ist nur ein schwarzes Vakuum. Meine Mutter hätte mir Antwort geben können, aber sie schaffte es später nicht mehr meine 4 Geschwister und mich zu versorgen. Sie wurde asozial und wir wurden 1971 getrennt. Ich bin froh endlich den Grund für mein Seelenleid bekommen zu haben, auch wenn ich noch nicht so glücklich bin, wie ich es gern sein möchte.
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Karl-Heinz Krämer aus 51381 Leverkusen schrieb am 11.03.2021
Bin dankbar für die Aufarbeitung der „Verschickungskinder“Problematik.Ich war nach 6 wöchigem Aufenthalt dort, stark traumatisiert.Erbrochenes aufessen,Bettnässen mit anschließender Strafe.Überheiße Solbäder mit anschließender totaler Ruhe unter strenger Aufsicht. Das alles un noch viel mehr habe ich dort erlebt
Karl-Heinz Krämer
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Walburga Kalis aus Ratingen-Lintorf schrieb am 09.03.2021
Aufgrund des SWR Beitrags, wurde ich wieder mit meiner eigenen Verschickung 1964 nach Berlebeck konfrontiert.
Ich muss zugeben, der Beitrag hat mich sehr aufgewühlt. Im Moment grüble ich sehr viel, bin sehr verstört, sehr emotional und verwirrt.
Meine Erinnerungen sind leider nur sehr gering. Laut Aussage meiner Mutter wurde ich damals verschickt, weil sie mir etwas Gutes tun wollten. Aufgewachsen bin ich als 4 Kind und als sogenanntes Schattenkind, denn ich hatte einen 2 Jahre älteren Bruder mit Trisomie 21, um den ich mich, trotz meines jungen Alters, sehr kümmerte. 1964 wurde unsere Mutter zum 5. mal schwanger und ich denke, dass war der Grund warum ich verschickt wurde.
Ich fuhr zur Kur in das DRK Kinderheim Johannaberg in Berlebeck.
Genaue Erinnerungen habe ich nicht mehr an die Zeit, habe alles scheinbar verdrängt, da der Aufenthalt dort für mich die Hölle war.
Ich erinnere mich an:
- viel Angst,
- viel Heimweh,
- viel Tränen,
- viele böse Betreuerinnen,
- Kneippgüsse in einem eisigkalten Waschsaal oder
Keller,
- einen großen Schlafsaal,
- ein rotes Licht welches uns den Gang zur Toilette
verbot,
- ein Bettlaken welches ich selbst waschen musste, weil
ich mich eingenässt hatte,
- an ein stilles oder schwarzes Zimmer,
- zwei Brüder die flüchten wollten und von einem
Taxifahrer wieder zurück gebracht wurden,
- ein älteres Mädchen, dass mich hin und wieder tröstete
- Milch die ich noch nie vertragen habe und
- schrecklich viel Butter, dass es mir heute noch übel
wird, wenn ich Butter nur rieche
Als fröhliches Kind wurde ich verschickt und als trauriges, verängstigtes Kind kam ich wieder nach Hause.
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Herbert schrieb am 09.03.2021
Ich war im Herbst 1967 als Begleitung für meinen 2Jahre jüngeren Bruder in Bad Reichenhall Kurfürstenstr.,dadurch war man natürlich nicht so allein u.unsicher in einer fremden Gemeinschaft,wie wie andere Kinder.Wir waren in der "Mittelgruppe" im alten Bau gegenüber dem Neubau.Das erste Negative war das bei der Anreise dann die Süßigkeiten aus dem Koffer konfisziert wurden,später sah ich dann wie andere Kinder davon aßen,u.wir kriegten auch fremdes Zucker-Zeug zu essen.Unangenehm war beim wöchentlichen Duschen immer wie Fräuleins immer mit dem Wattestab in den Ohren rumgestochert haben.Die Rosi war die strengste,es gab aber auch nette u.milde wie die Anschi u.die Ursula. Im Solebad sind wir dann immer nackt rumgeschwommen,angeblich weil das Salzwasser die Badehose zerfressen hätte,dann gabs Atemgymnastik in der Turnhalle,Salzinhalationenin so einer "Gaskammer",u.wir sind sogar auch mal in eine Druckkammer reingesteckt worden wo man Höhen von ein paar tausend Metern simulieren konnte,ich erinnere mich noch an meine Bettnachbarn,den Gerhard Schmid (Segelohr) aus Köln u. Frank May aus Siegen,alles nette Typen,Mitternacht haben wir uns dann manchmal heimlich auf der Toilette getroffen, weil pinkeln mußte man ja doch irgendwann mal,man mußte da immer vorsichtig auf den knarrenden Dielen schleichen,das die Nachtwache nichts merkte.
Haben auch schöne Ausflüge in der schönen Berglandschaft gemacht,,Padinger Alm,mit der Seilbahn auf den Predigtstuhl,Busreisen nach Salzburg (Hohe Festung), Berchtesgaden Salzbergwerk u.Königsee,also schon ganzschön rumgekommen mit ca.9 Jahren,u.das auf Kosten der Allgemeinheit.
An viel Negatives kann ich mich nicht erinnern,wenns mal ein paar hinter die Ohren gegeben hat,das waren wir Jungen damals ja von zuhause aus gewöhnt,nur einmal haben sie meinem Bruder die übriggebliebenen Fettreste vom Fleisch der ganzen Gruppe dann noch in den Mund gestopft,aber der hat das dann gleich wieder auf dem Klo ausgespuckt wie er mir dann stolz erzählte.Alles in allem habe ich es als schöne Zeit in Erinnerung,mußte man doch in jungen Jahren sich zum ersten Mal in eine fremde Gemeinschaft einfügen,was ja nicht unbedingt schlecht ist. Habe da auch die Liebe zu den Bergen gewonnen,war 1987 noch mal dort,aber da war unser alter Bau schon abgerissen,das neue Gebäude stand aber noch,ist aber inzwischen auch weg u.jetzt befindet sich da nur noch ein öder Parkplatz wo wir uns früher mal getummelt haben
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Nöthlich aus Berlin schrieb am 09.03.2021
Es begann damit, daß mein jüngerer Bruder und ich mit einem Schild um den Hals "Bad Dürrheim" allein auf die Bahn gesetzt wurden. Beim Umsteigen in Frankfurt/M (?) wurde ich von einer Erzieherin mit voller Wucht mit dem Kopf an einen Laternenmast geschleudert, sicher unbeabsichtigt, aber auch sehr unvorsichtig, Ich muß eine Verletzung am Kopf davongetragen haben, denn ich wurde im Heim in einem Einzelzimmer untergebracht. Vor Angst und Übelkeit habe ich ins Bett genäßt. Die Heimarbeiterinnen reagierten verständnislos und roh, ich war damals ca 5 Jahre alt, das einzig Tröstende waren die gelben Schlüsselblumen, die im Garten vor meinem Zimmer blühten. Meine Eltern haben eingesehen, daß es ein Fehler war, uns Kinder zu verschicken
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Stefan Lahr aus Zürich schrieb am 09.03.2021
Bin durch SWR Sendung darauf aufmerksam geworden, geschockt, dass es so viele Betroffene gibt und über deren Berichte! Ich selbst habe leider nur Bruchstücke in Erinnerung: wurde im Alter von 5 Jahren durch Kinderarzt in Mainz wegen Asthma in ein Heim der Caritas (?) im Schwarzwald verschickt, weiss aber weder Ort noch Namen des Heimes. War für 6 Wochen dort, das wurde dann aber von Ferne und ohne weitere Diagnose auf weitere 6 Wochen verlängert. Dieser Tag war der schlimmste: alle anderen reisten ab, ich musste bleiben. Die Nachricht der Verlängerung meines Aufenthaltes wurde von meinem Onkel, der damals oder später Caritasdirektor in Worms war, überbracht. Ich versteckte mich in seinem Auto, wurde aber entdeckt. Da ich schon etwas schreiben konnte, hatte ich mehrmals einen Brief mit Hilferuf an meine Eltern geschrieben, diese Briefe wurden aber abgefangen, ebenso wie die Briefe und Päckchen meiner Eltern. Ich war völlig allein und wusste auch nicht wo ich bin. Leider sind Eltern und Verwandte aus dieser Generation alle verstorben, ich kann niemanden mehr fragen. Ich habe wenig Erinnerung an einzelne Vorgänge im Heim: ich wurde aber mindestens einmal mit dem Gesicht in meinen Teller mit Milchreis getaucht, weil ich nicht aufgegessen hatte. Man durfte nachts nicht aufs WC, auf dem Treppenabsatz sass/lag eine "Tante" und warf einmal mit einer leeren Flasche nach mir, als ich aufs WC wollte. Man hatte immer Angst. Viel mehr weiss ich nicht, ausser dass ich nach meiner Rückkehr nachhause längere Zeit nicht mehr gesprochen habe. Klagen wurden dadurch obsolet, dass mein Asthma durch die Kur "geheilt" war und auch nie mehr wieder kam. Jahre später wurde dieses Heim geschlossen, es gab Strafverfahren und Urteile in diesem Zusammenhang. Wenn ich den Namen des Heimes erfahren könnte, würde ich vielleicht weitere Informationen finden.
Vielleicht hat jemand einen Tipp?
Danke für ihre Arbeit und Initiative!

S. Lahr, Zürich, 9.3.2021
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Mike schrieb am 08.03.2021
@ Michaela aus Kassel:
Kommt das Kinderheim / Kinderkurheim Inntal in Nußdorf in Frage?
Registriere Dich bitte im Forum, um dort nach weiteren Betroffenen suchen zu können.
LG Mike
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Wolf aus Edenkoben schrieb am 08.03.2021
Aus der Perspektive eines „Betreuers“ einer Ferienfreizeit auf dem Land für Stadtkinder, 1980 oder 1981.

Vielleicht aufgrund des späten Zeitpunkts auch von Interesse. Obwohl ich nicht so traumatische Sachverhalte bestätigen kann, wie am 04.03.2021 in SWR2 geschildert.

Selbst bin ich 1962 geboren und war somit 17 oder 18 Jahre alt als ich die im folgenden beschriebenen Erfahrungen machte. Das ist nun fast 40 Jahre her und ich hoffe, dass ich alles korrekt wiedergebe. Denn seit ich meine Erlebnisse das erste Mal festhielt, drängen immer wieder andere Details ins Bewußtsein, die ich jahrelang verdrängt hatte, von denen ich teils gar nicht mehr wußte, dass dies geschehen war und die eine oder ander Kleinigkeiten mußte ich auch schon korrigieren.

Ich kann aber versichern, dass das Folgende nach bestem Wissen und Gewissen notiert ist:

In der Oberstufe dachte ich daran Sozialpädagogik zu studieren und habe deshalb, wohl aufgrund einer Zeitungsannonce der CARITAS, welche Betreuer für Ferienerhohlung für Stadtkinder suchte, gedacht, dass es sinnvoll wäre, ein entsprechendes Praktikum in diesem Bereich zu machen.

So geriet ich an die Caritas und das von Nonnen geführte Heim in Rickenbach.

Obwohl ich als Referenzen meinen Sozialkundelehrer und einen Sozialarbeiter angegeben hatte, der mich kannte, da er mit meinem Vater Fußball spielte und ich seit Jahren nicht mehr in der Pfarrei aktiv war, also wohl schon 6 Jahre kein Messdiener mehr war, hat man, wie ich im Nachhinein erfuhr, nur in der Pfarrei Referenzen eingeholt. Meine beiden Gewährspersonen wurden nicht kontaktiert.

Die Vorbereitung fand an zwei aufeinanderfolgenden Tagen in einem Tagungsheim in St. Martin bei Edenkoben statt. Ich kann mich nach fast 40 Jahren nur noch an basteln und spielen erinnern, aber bin mir sicher, dass es keine ernsthafte pädagogische Ausbildung war; wie denn auch an 2 Tagen.

Rückblickend stellt sich mir dieses Vorbereitungstreffen, auch wenn es 2 Tage dauerte, vollkommen unangemessen dar. Denn in den paar Stunden war nichts wirklich handfestes zu vermitteln.

Vor allem wurde ich ohne fundierte Ausbildung oder entsprechende Aufsicht auf die Kinder losgelassen, hatte sozusagen meine eigene Gruppe, statt nur Hilfsdienste zu leisten, wie es vielleicht dem stattgefunden „Vorbereitungstreffen“ angemessen wäre.

Die Unterbringung fand in einem von Nonnen geführten Heim für angeblich schwererziehbare Kinder statt, die über die Sommerferien Urlaub bei ihren Familien machten. Augenscheinlich wollten die Nonnen über die Sommerferien Zusatzeinnahmen generieren.

*** („Angeblich schwererziehbare“ schreibe ich deswegen, da noch 4 Jugendliche im Heim waren, da wohl keinerlei Familie. Erst war ich befangen und ich war deswegen befangen, weil man uns vor den Heimkindern gewarnt hatte und ausdrücklich gesagt hatte, dass wir auf Abstand zu den Ferienkindern achten sollten.

Es gab da sowieso kaum Kontakt, da die Ferienbetreuungs-Kinder unter 10 und die Heimkinder geschätzte 13 – 15 Jahr alt waren, also fast in meinem Alter.

Nachdem ich mit einem der Heimkinder mehrmals in Kontakt kam und mir der Junge einen normalen und vernünftigen Eindruck machte, traute ich mich, ihn nach Wochen zu fragen, was an ihm schwer erziehbar wäre. Er sagte mir, dass er und die anderen Kinder nicht schwer erziehbar wären, aber die Nonnen durch die entsprechende Titulierung mehr Geld erhielten.

Erst die letzten Jahre wurde mir bewußt, wie man damit den Kindern das Leben verbaute, weil eben in allen ihren Papieren steht, dass als Kind im Heim für Schwererziehbare, also tendenziell problematisch.

Ganz zu schweigen von dem zutiefst unchristlichen Getue, vor diesen Heimkindern auch noch zu warnen, weil „schwererziehbar“.)

Die Kinder der Caritas-Kinderlandverschickung waren im Stockwerk über den Stallungen untergebracht. Diese befanden sich auf gegenüber dem Haupthaus, in dem die Heimkinder unterbracht waren und in dem sich der Speiseraum befand und der Fußballplatz.

Sehr problematisch war, dass beide Gebäude durch eine öffentliche Landstraße getrennt waren und wir Betreuer damit permanent aufpassen mußten, dass kein Kind aus Versehen auf die Straße oder gar unter ein Auto geriet  Denn, es war nicht viel Verkehr aber wer dort vorbeifuhr tat dies schnell.

Wenn man Ferienfreizeit für Stadtkinder im Schwarzwald hört, stellt man sich vor dem geistigen Auge vor, dass die Unterkünfte im Grünen liegen, so dass die Kinder autonom etwas das Gelände erkunden könnten, einen großen Spielplatz, grüne Wiesen direkt an der Unterkunft. Dem war leider nicht so.

Alleine schon wegen der Gefahr für Leib und Leben und der Verantwortung, die damit konstant auf den Betreuern lastete, erschien uns Betreuern die Unterbringung als vollkommen unakzetabel.

Nun bin ich kein böser Mensch und habe kein Kind geschlagen oder sonstwie gequält; hoffentlich nicht; aber rückblickend war das untragbar, vor allem auch die Überlastung mit einem 14 – 16 Stundentag; nur unterbrochen von den Essenspausen, s.u.

Da die Kinder abends viel zu lange wachblieben, wie denn auch nicht in einem 6 oder 8-Bettzimmer ging ich mit meiner Gruppe viel und lange spazieren und anschließend spielten wir Fußball. Die anderen Gruppenleiter und die Aufsicht lachten erst, aber nachdem sie mit ihren Gruppen nicht zurechtkamen, haben sie mir ihre Gruppen auch anvertraut; zumindest die Kinder, die man wohl als überaktiv bezeichnen würde.

Denn auch wenn man Sozialpädagogik studiert hat sind 16-STundentage, d.h. bis spät in die Nacht hinein, ohne Wochenende nicht lange durchzuhalten.

Zu den Essenspausen: Auch die Betreuer bekamen ausschließlich Mehlspeisen, wobei besonders unappetitlich war, dass hierzu regelmäßig selbst eingemachtes Obst serviert wurde und die Würmer nicht abgeschöpft wurden.

Wobei, ich noch nicht einmal weiß, was die Kinder zu essen bekamen und zu welchen Szenen es dort kam, da wir davon ferngehalten wurden. Auch dies ein Sachverhalt, der mir erst jetzt, Jahrzehnte später, rückblickend beim Schreiben aufstößt. Zumindest haben sich die Kinder alle vor dem Essen geekelt, eben nur Mehlspeisen mit eingemachten Obst und hier vor allem vor den Würmern und sich permanent beklagt.

Zu was für Szenen es beim Essen gekommen sein mag, konnte ich allerdings nicht sehen; aber, wie geschrieben; mir fiel erst Jahre später auf, dass die Betreuer beim Essen von den Kindern getrennt wurden.

Und auch erst Jahre später verstand ich wirklich, wie einfach es auch den Nonnen gewesen wäre die Würmer abzuschöpfen. Und wer die Würmer nicht vom eingemachten Obst abschöpft, wie ist der geistig disponiert und was macht der noch?

Auch rückblickend konstatiere ich diese Art von toxischem Katholizismus wie bspw bei Theresa von Kalkutta, welche Todkranke alle mitdemselben dreckigen Lappen abwusch, obwohl genug saubere Lappen und auch eine Waschmaschine vorhanden war.

Ich gestehe, wenn es denn überhaupt ein Fehler war, dass ich Kindern, die sich beschwerten und zwar in Menge, d.h. nicht nur eins oder das andere, sagte, dass sie das ihren Eltern schreiben sollen; denn Telefon war dort irgendwie nicht und der Münzfernsprecher – ja, das gab es – erst nach einigen km, die zu laufen waren, im nächsten Dorf.

Da viele Kinder dies ihren Eltern schrieben, wurde eine Visite durch Leitungspersonal der CARITAS angesetzt. An dem Tag, also rund 3 Wochen nach Beginn, gab es das einzige Mal ein Schnitzelchen und selbstgemachte Pommes Frites. Damit war alles gut. Kinder sind so.

Zumindest dachte ich das wohl lange so.
Rückblickend?

Die CARITAS-Visite hatte auch nur mit der Gruppenleiterin der Betreuer gesprochen, nicht mit den anderen Betreuern.

Zumindest bei den Betreuern ging es mit dem Essen wohl weiter wie davor, wobei ich natürlich nicht weiß, ob das Essen der Betreuer nicht vielleicht besser war, aber von den Kindern wurde sich nur noch sehr, sehr vereinzelt beschwert. Rückblickend ist natürlich auch auffällig ist und ich frage mich, wie ich so blind sein konnte.

Das ich mir die ganzen Zustände mit den 16-STundentagen und ohne Wochenende und der mangelhaften Verpflegung nicht erfunden oder falsch verstanden habe, ergibt sich alleine schon daraus, dass es zwischen den anderen Betreuern, die alle Sozialpädagogik studierten und für welche der Aufenthalt ein verpflichtendes Praktikum zu Reibereien kam. Diese nahm ich nur am Rande war. Aber eine der Kolleginnen ergriff aufgrund der untragbaren Zu- und Umstände die Flucht, d.h. brach ihr verpflichtendes Praktikum ab und hierbei ist es wichtig zu verstehen, dass sie im Gegensatz zu mir das Praktikum als Studienleistung zu erbringen hatte.

Aber sie nahm lieber in Kauf einige Wochen zu verlieren und sonstwo ein Praktikum nachzuweisen, als das begonnen zu Ende zu führen.

Dunkel kann ich mich noch daran erinnern, dass ich daraufhin in der vierten Woche der „Freizeit“ erklärte, dass ich nun einige Tage meiner Wochenenden nachholte. Dies tat ich dann auch und in diesen Tagen besuchte mich meine damalige Freundin. Ich hatte ein Schuljahr hinter mir und das nächste vor mir, die „Freizeit“ dauerte 5 von 6 Ferienwochen und ich war erschöpft, schlichtweg am Ende.

Aus irgendeinem, mir heute unverständlichen Grund, wohl falsch verstandendes Pflichtbewußtsein, habe ich die Angelegenheit nicht komplett abgebrochen, wie es sich rückblickend gehört hätte.

Der damit ausgelöste Aufstand war dergestalt, dass ich kein Zeugnis bekam und ich glaube mich erinnern zu können, dass mir noch Geld abgezogen wurde. Selbst, noch beim Aussteigen aus dem Bus in meinem Heimatort hatte ich von einem CARITAS-Mitarbeiter eine persönliche Ansprache zu vergegenwärtigten; die mir aber angesichts der Sklavenhaltermethoden mit durchgearbeiteten Wochenenden und 16-Stundentagen allerdings bereits herzlich egal war; auch wenn ich die Problematik noch lange nicht ganz durchdrungen hatte.

Bei der Abschlussuntersuchung beim lokalen Allgemeinmediziner in Rickenbach hatten fast alle Kinder, obwohl nicht übergewichtig. 2 – 3 kgs abgenommen, was für 10-jährige wohl heftig ist. Trotzdem wurden, bis auf eine Ausnahme, überall dieselben Gewichte eingetragen wie bei der Eingangsuntersuchung. Auch diese Brisanz und welche Dimensionen diese hat, nämlich ärtzliche Unterlagen freihändig zu gestalten, ging mir erst beim Schreiben auf.

Denn nur ein Junge, der wirklich übergewichtig war und ½ kg abgenommen hatte, also eigentlich im Rahmen der Messungenauigkeit wurden 3 kgs Gewichtsabnahme aufgeschrieben. Da wir als Betreuer hierbei in der Arztpraxis behilflich waren, kann ich dies bezeugen. Es war auch Gesprächsthema zwischen den Betreuern.

Mir liegt es, angesichts des Leids der Kinder, auch in anderen, gar traumatischen, Zusammenhängen fern, hier aufzurechnen, aber es ist nun mal nicht so, dass nicht auch die Betreuer Opfer des billigen, gottlosem Profitstrebens der Nonnen und der Caritas wurden; auch wenn deren Leid sich in Grenzen hält.

Es tut mir trotzdem leid hierbei mitgewirkt zu haben, d.h. Jahrzehnte zurückblickend und nachdem ich selbst Kinder aufgezogen habe, würde ich mir diese Art von Sommeraufenthalt für kein Kind gewünscht haben.

Irgendwie wurde ich da auch missbraucht und sei es nur als billige Hilfskraft.

Wenn ich nun den Radiobeitrag in SWR2 vom 04.03.2021 höre, dann ist das Verhalten der kranken Menschen, welche Kinder so gequält haben, immer noch unentschuldbar aber ob das wirklich alle und ausnahmslos böse Menschen, gar Nazis, waren oder wegen Profitstrebens an ihr Limit und darüber hinausgeführt wurden?

Meine Erfahrungen waren dergestalt, dass ich davon Abstand nahm Sozialpädagogik zu studieren. Denn mir war klar, dass die 5 Wochen ohne Wochenende mit 14- 16-STundentagen mich an mein Limit geführt hatten und wohl so im Berufsalltag nicht vorkämen; oder vielleicht doch, wenn auch dort vielleicht erst nach 15 Jahren?

Ich habe dann auch davon Abstand genommen den Kriegsdienst zu verweigern, da ich bei den Ersatzdienstleisteden denselben Mechanismus am Wirken sah, d.h. ausgenutzt und überfordert mit den Alten und Kranken als Opfer. Bei der Abwägung schießen zu lernen für einen nur hypothetischen Ernstfall oder Kranke und Schwache darunter leiden zu lassen, dass ich ohne entsprechende Qualifikation und überfordert aus Gewinnstreben von „Trägern“, von unseren Gutmenschenorganisationen auf diese losgelassen werde, entschied ich mich für das erste.
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Ilona Seedorf aus Berlin schrieb am 08.03.2021
Ich war im Sommer 1966 als 8jährige ca. 4 Wochen in diesem Heim nahe am Strand. Anfangs hatte ich etwas Heimweh, ich war das erste Mal getrennt von meinen Eltern, aber ich wurde sehr liebevoll getröstet und überwand es schnell. Auch als ich einige Tage krank war, hat man sich sehr intensiv gekümmert, auch abends und nachts schaute immer wieder jemand nach mir. Da ich schon als Kind eine ausgeprägte soziale Ader für andere hatte, würde ich mich auch sicher erinnern, wenn Andere schlecht behandelt worden wären. Zumindest dieses Kindererholungsheim ist seinem Namen gerecht geworden.
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Tim aus Düsseldorf schrieb am 08.03.2021
Ich war 6 Jahre alt, als es im Sommer 1999 für 6 Wochen ins Kloster Wessobrunn in Kur ging.
In der Kaserne eh Ich meine im Kloster angekommen ging der Psychoterror gleich los.
Als erster Termin stand eine Impfung für alle Kinder an.
Aufgrund der vielen Kinder war dies mit enormen Wartezeiten verbunden. In dieser Wartezeit ließ man es sich nicht nehmen, die Kinder zu unterrichten, welch brutalen Schmerzen bei der Impfung bevorstehen!

Vor jedem Frühstück waren Wir Kinder gezwungen mehrere Runden auf einem Hof am Kloster zu laufen. Als Belohnung winkte die Aussicht vom Glockenturm nach dem Laufen. Vor dem Besteigen des Turmes hatte Ich jedoch große Angst vor den lauten Glocken welche regelmäßig leuteten. Einmal war Ich mit zwei weiteren ängstigen Kindern gezwungen mit einer Schwester eine längere Zeit auf dem Turm zu verharren!
Die Nahrungsaufnahme dort gleichte eher einer Kaserne als einem Kloster voller Kinder.
So war es verboten beim Essen zu sprechen und verpflichtend das vorgesetzte komplett zu verspeisen.
An einem Abend erwischte eine Schwester Mich beim Zähneputzen wie Ich etwas von der roten zuckersüßen Zahnpasta mit Erdbeergeschmack gegessen hatte.
Die Strafe folgte umgehend mit einer schallenden Ohrfeige. Des weiteren holte sie eine andere Zahnpasta und zwang Mich unter Androhung weiterer körperlicher Gewalt etwas davon zu essen. Sie war feuerscharf und schmeckte so in etwa nach Minze oder Mentol.
Rein vorsorglich durften Wir Kinder etwa 1-2 Stunden vor dem Schlafengehen nichts mehr trinken um dem Einnässen vorzubeugen!
Auch sollten Wir Uns besser nicht erwischen lassen beim Zähneputzen heimlich etwas Wasser vom Wasserhahn zu Trinken. Sonst drohte harte Brügel!
Toilettengänge waren nach dem Zubettgehen verboten. Im Notfall stand ein Eimer im Zimmer bereit. Natürlich wollte diesen Eimer kein Junge benutzen, wenn einem die Mädchen beim Pinkeln zuschauten. Umgekehrt wollten die Mädchen natürlich auch nicht von den Jungen beim Pinkeln beobachtet werden.

"Du willst doch nicht, dass die Schwester böse wird oder Junge?!"
Dieser Satz brannte sich fest bei Uns ein und galt als letzte Warnung vor Körperlicher Gewalt.
Diese Drohung wurde besonders häufig und für die kleinste Kleinigkeit ausgesprochen. Der nächste Schritt war dann die schallende Ohrfeige!

Auch erinnere Ich Mich an eine Situation die Mich in große Angst versetzte.
Ich musste ganz alleine als kleiner Junge auf einer durch Bauklötze oder Bausteine abgesteckte Fläche stehen und dort Stunden verharren. Geprägt von der beängstigenden Aussage dass Ich Wort wörtlich sofort "sterben werde, wenn Ich die Fläche verlasse oder Mich hinsetze" stand Ich Stunden lang stramm dort. Ich war so weggetreten, dass Ich nicht einmal merkte, dass Ich vor Angst eingenässt hatte! Die eingenässte Kleidung wusch Ich nach der Aufforderung der Schwester natürlich per Hand und das freiwillig. Ich wollte ja nicht, dass die Schwester böse wird ....!

Aufgeschreckt und erinnert an die traumatischen Erlebnisse in diesem Kloster wurde Ich durch einen Alptraum der sich in der Nacht vom 06.03.2021 auf den 07.03.2021 ereignete!
Über 20 Jahre habe Ich diese Horror-Erlebnisse verdrängt. Bis dato!

Wer auch solche Erfahrungen im Kloster Wessobrunn gemacht hat und eventuell sogar in den 90er Jahren dort war ist ausdrücklich gebeten sich bei Mir zwecks Kontakt/Gedankenaustausch via E-Mail an tim.steffen.kontakt@gmail.com zu melden.
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Michaela aus Kassel schrieb am 07.03.2021
Hallo. Ich wurde in den 80er Jahren zur Kur geschickt. Ich weiß noch das es für sechs Wochen war und ich mit dem Zug dorthin bin. Ich erinnere mich an das Schild am Bahnhof Rosenheim und einen Ort Namens Nußdorf. Das Thema lässt mich keinen Frieden finden, da ich dort furchtbares erlebt habe, ich wurde dort missbraucht.Leider habe ich niemanden gefunden der auch dort war und mir hilft mich an weitere Einzelheiten zu erinnern. Ich habe bereits einer Dame geschrieben aber keine Antwort mehr erhalten. Ich würde unter anderem gerne wissen wie dieses Heim hieß und es muss doch jemand anderen geben, der mit mir dort war.
Ich freue mich über jede Anwort.
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Britta B. aus Köln schrieb am 07.03.2021
Ich verbrachte im Sommer 1962 als 3-Jährige sechs Wochen im Kinderheim Sancta Maria auf Borkum.
Wohl auch aufgrund meines jungen Alters habe ich nur sehr wenige Erinnerungen an diesen Aufenthalt, fühle aber noch heute, dass es ein ganz düsteres Kapitel in meinem Leben war.
Die stärkste Erinnerung ist die an einen großen kahlen Schlafsaal mit vielen weißen Metallbetten, einer Nonne als Nachtwache auf einem Stuhl sitzend, einem Nachttopf unterm Bett, der Geruch von Pfefferminztee auf dem Nachttisch und Heimweh, gepaart mit einem Gefühl der Verlassenheit ohne Ende.
Zumindest einmal musste ich mich beim Essen in die Ecke stellen, mit dem Gesicht zur Wand.
Meine Eltern schickten mir einmal ein Paket, dessen Inhalt irgendwie verteilt wurde.
Meine heiß geliebte Babypuppe erhielt ich wohl nur zu bestimmten Spielzeiten, aber nicht beim Schlafen gehen, wo sie mir bestimmt ein kleiner Trost in der großen Einsamkeit gewesen wäre. Ich erinnere mich daran, dass ich meine Puppe beim Spielen auch an andere Kinder abgeben sollte, was ich aber überhaupt nicht wollte. Das ist alles was ich noch sicher weiß. Keine Erinnerung an Tagesabläufe, andere Kinder, Betreuungspersonen, Mahlzeiten.
Laut Verzeichnis von Folberth, Sepp - Kinderheime - Kinderheilstätten, 2. Auflage 1964, S. 160 hatte „Sancta Maria“ 280 Betten für Kinder von 6!! - 13 Jahren. Ich habe noch vier Fotos von meiner Mädchengruppe, auf denen ich wohl als die Jüngste zu sehen bin.
Pfefferminztee konnte ich noch jahrzehntelang danach nicht trinken.
Es kostete mich sehr viel Überwindung und gutes Zureden, meine Kinder in einem Kindergarten anzumelden, der mir vom Konzept her sehr zusagte, aber von einer katholischen Nonne geleitet wurde. (Die Erzieherinnen waren aber „weltliche“ Fachkräfte.)
Nachdem ich die vielen erschütternden Erfahrungsberichte in diesem Blog gelesen habe, vermute ich, dass auch ich noch ganz andere Dinge erlebt habe, die in meinem Gedächtnis ausgelöscht sind. Das würde mir so manche Probleme, mit denen ich heute noch kämpfe, erklären.
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Jutta Weißer geb.Peter aus Villingen-Schwenningen schrieb am 06.03.2021
Ich wurde mit 5 Jahren auf Anraten unseres Hausarztes zur „Erholung“ nach Lenzkirch geschickt. Mein Bruder wurde gleichzeitig nach Bamberg verschickt. Angeblich weil wir zu schmächtig waren. Ich hatte solches Heimweh, mir fehlten meine Geschwister, die Eltern und die gewohnte Umgebung. Ich war bis dahin noch nie von zuhause weg. In dem Heim gab es große Schlafräume mit ca. 8-10 Betten und wir wurden immer zum Mittagschlaf ins Bett gesteckt. Eine Schwester in grauem Gewand überwachte uns, damit ja keiner Faxen macht. Ich hab oft geweint, dann war mein Kopfkissen klatschnass und dafür wurde ich ausgeschimpft. Auch mussten wir unseren Teller immer leeressen. Einmal gab es Spinat, den ich partout nicht mochte, ich musste ihn essen. Danach mussten wir uns alle in der Reihe vor der Toilette anstellen und noch aufs Klo gehen, bevor es dann zum Mittagschlaf ging. Beim Anstehen kam mir der Spinat wieder hoch und ich erbrach in im hohen Bogen gegen die Toilettentür. Daraufhin bekam ich von der „Tante“ gewaltig den Hintern vermöbelt und wurde für den Rest des Tages ins Bett gesteckt. Dieses Erlebnis und dass mich ein paar Mädchen gemoppt haben ist mir in Erinnerung geblieben, und dass ich an Masern erkrankte und deswegen noch eine Woche länger bleiben musste. Sonst weiß ich nichts mehr. Keine Namen, keine Gesichter, nur graue Kutten und weiße Hauben. Warum ich in „Erholung“ musste, weiß ich bis heute nicht. Ich war nach der Mastkur dünner denn je.
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Claudia K. aus Bamberg schrieb am 06.03.2021
Ich möchte den Eintrag meiner Schwester Susanne K. vom 01.03.2021 ergänzen.
Wir müssen 6 und 8 Jahre alt gewesen sein als wir in das "Kindererholungsheim" geschickt wurden. Unserer alleinerziehenden Mutter wurde eine Kur verschrieben und wir mussten irgendwo unterkommen während der Sommerferien.
Die in psychisch und physischer Hinsicht sadistische Behandlung, die wir als Kinder in Neustift erfuhren, ist auch im Rückblick nur schlecht erträglich.
Während unseres 4-wöchigen Aufenthaltes in diesem von "schwarzen" Nonnen geleiteten Heimes lag meine Schwester ca. eine Woche mit einer Mandelentzündung im Bett. Ich durfte sie während des ganzen Aufenthaltes nur einmal während ihrer Krankheit durch eine Glasscheibe sehen. Sprechen durften wir vier lange Wochen nicht miteinander. Alle Schlafräume waren mit Glasscheiben ausgestattet, durch die die Schwestern z.B. den Mittagsschlaf der Kinder beobachteten. Jedes Kind, das sich während der Ruhezeit auch nur bewegte, wurde bestraft. Jeder noch so kleiner fröhliche Ausbruch wurde sofort mit Androhung von Strafen unterdrückt. Ekel gegenüber Essen wurde mit Zwang, eine weitere Portion essen zu müssen bestraft. Als Kind einer alleinerziehenden, geschiedenen Mutter war ich für die Nonnen unterstes Niveau und bekam die Verachtung täglich zu spüren. So wurde ich z.B. gleich zu Beginn vor allen anderen damit gedemütigt, dass ich nicht die richtige Wäsche und auch nicht genug Wäsche dabei hatte. Freunde habe ich so nicht gefunden. Durch das Verhalten der Nonnen waren aber auch die Kinder ohne Empathie füreinander. Jeder kämpfte für sich und Trost gab es keinen. Einmal am Wochenende durften wir im Fernsehen die Hitparade schauen. Nach der Rückkehr in den Schlafsaal versuchte ich ein dort aus Strafe zurückgebliebenes Mädchen aufzuheitern, indem ich eine Sängerin (Maggie Mae - Lollypop;) nachmachte. Meine Strafe folgte auf den Fuß und so musste auch ich in den nächsten Tagen früher ins Bett. Nachts bekam man mit, wie Kinder, die sich einnässten aus den Betten geholt wurden. Was mit einem geschah, wenn einem dieses Malheur passierte, konnte ich am eigenen Leib erfahren. Aus dem Bett gerissen, beschimpft, nackt in eine Badewanne gestellt, mit kaltem Wasser abgeduscht und brutal abgeschrubbt. Ich stellte mir wochenlang meine Flucht aus dem Heim vor und flehte jede Nacht innerlich um Hilfe. Die Briefe, die wir unseren Eltern schreiben mussten, wurden gelesen und zensiert. Man wusste, dass man nicht die Wahrheit schreiben durfte. Als wir mit dem Zug wieder in Bamberg ankamen und unsere Mutter uns empfing, ist meiner Erinnerung nach sofort alles aus uns herausgebrochen. Ich habe nur noch geheult. Unsere Mutter hat Beschwerde beim katholischen Träger des Heimes eingereicht und sie war wohl nicht die Einzige. Angeblich ist das Heim zunächst geschlossen worden. Sicherlich hätten wir damals psychologische Hilfe gebraucht, aber angeboten wurde dies nicht.
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Karin aus Baden Württemberg schrieb am 05.03.2021
Vor kurzem wurde ich durch eine Videoaufzeichnung auf das Thema Verschickungskinder aufmerksam. Ich war tief erschüttert und hatte direkt körperliche Schmerzen. Das war für mich der Anlass, weiter zu recharchieren, da ich im Winter 1962 im Kindersanatorium WUNSCHA (ehemalige DDR) war . Ich habe an diese Zeit des Aufenthalts (4 Wochen) keine Erinnerung. Ich war bereits 7 Jahre alt, in der zweiten Klasse und kann mich an die Zeit davor gut erinnern.(Schuleinfuhrung/erstes Schuljahr). Da ich mein ganzes Leben lang nach Gründen suche, warum ich weder Nähe zulassen kann und mir immer selbst im Wege stehe, vermute ich nun, dass es Ursachen dafür gibt, die eventuell mit dieser Zeit zu tun haben.Es gibt leider niemanden mehr, den ich in der Familie fragen kann und es wurde auch nier darüber geredet. Leider gibt es das Kurheim nicht mehr und auch den Ort Wunscha nicht, da er in den achtziger Jahren dem Bergbau zum Opfer gefallen ist. Weitere Recherchen haben mich bisher nicht weiter gebracht. Vielleicht soll es so sein, dass sich hier jemand findet, der im selben Kurheim war. Im Moment lese ich das Buch "Die Akte Verschickungskinder", welches aber eher die Kinder der BRD betrifft.
Ich hoffe sehr, dass mit Hilfe dieser Homepages, vielen Menschen geholfen werden kann und immer mehr Licht ins Dunkel kommt. Vielen Dank für diese Möglichkeit.
Liebe Grüsse Karin
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Harald Reimann aus Kassel schrieb am 05.03.2021
Sehr geehrte Frau Röhl,
vielen Dank für Ihr Engagement, ohne das ich auf dieses in der Öffentlichkeit verdrängte Problem nicht aufmerksam geworden wäre. Hier folgt meine Geschichte aus der Erinnerung:
Meine Zwillingsschwester und ich wurden mit 4 Jahren, einige Monate vor unserem 5. Geburtstag, zur "Kindererholung" auf die Insel Amrum verschickt, nach Wittdün/Nebel. Wie ich später erfuhr, gehörte das Kindererholungsheim "Lenzheim" in den 60iger-Jahren der evangelischen Kirche, die einen "Lenzheim-Heimstätten-Verein" in Kurhessen-Waldeck (Sitz Kassel) gegründete hatte, der Bestandteil der Inneren Mission war (vermutlich war das Heim auch schon 1959 im Besitz der Kirche, aber das werden Sie stimmt schon recherchiert haben. Vielleicht können Sie mich mal darüber informieren. Vielen Dank.).
Das Heimweh von uns kleinen Kindern war grenzenlos und besonders meine Schwester litt besonders darunter. Sie weinte ständig und hatte Angstträume, so dass die "Tanten" sie öfter nachts zu mir ins Jungenzimmer brachten, damit sie sich mit mir zusammen im Bett schlafend beruhigen konnte. Die Schlafräume waren vollgestellt und ich hatte selbst auch Einschlafprobleme, da ich so viele Menschen auf engstem Raum nicht gewohnt war.
Dass man beim Essen so lange sitzen bleiben musste, bis alles aufgegessen war, erinnere ich auch noch und auch daran, dass eines Tages der Abfalleimer, in den die Apfelreste gegeben wurden, nochmal an uns Kinder zurück gereicht wurde, mit der Begründung, wir hätten die Äpfel nicht genug abgegessen. So mussten alle Kinder sich einen Apfelrest aus dem Eimer nehmen (der natürlich nicht ihr eigener war) und ihn abknabbern.
Die schlimmste Erinnerung für mich war das Duschen abends, wenn wir vom Spiel am Strand zurück kamen. Duschbrausen, die unter der Decke hingen, kannte ich von zuhause nicht und wurde ohne Vorwarnung darunter gestellt. Dann schoss das Wasser mit großem Druck herab, und ich hatte das Gefühl, zu ertrinken oder zu ersticken. Jedesmal, wenn ich zur Seite sprang, wurde ich mit Gewalt zurück gedrängt, festgehalten und es gab auch Schläge aufs Gesäß. Ein-oder zwei anderen Jungen erging es ähnlich und wir mussten "als Strafe" zum Schluss länger als die anderen Jungen weiter duschen. Dazu wurde wechselweise das Wasser erst heiß und dann kalt aufgedreht und sollte unserer "Abhärtung" dienen. Ich hatte jeden Tag Angst vor dem Duschen und konnte das Spiel am Strand nie richtig genießen, weil ich bereits an den Abend unter der Dusche denken musste.
Auch das Waschen morgens in den kalten Räumen, nackt, und das Zähneputzen mit Salzwasser sind noch heute in meiner Erinnerung.
Ich kam als verängstigtes Kind zurück und blieb es über viele Jahre. Dazu gesellte sich ein übergebührlicher Respekt vor "Autoritäten", denn der eigene Wille war teilweise gebrochen worden, zusammen mit einem Verlust des Vertrauens in andere Menschen. Bis heute habe ich Schwierigkeiten mit Menschenansammlungen und suche in Theater, Kino usw. zuerst den "Notausgang" als Fluchtmöglichkeit. Ich bevorzuge dort immer einen Sitzplatz an einer Seite und kann nur mit größtem Unbehagen irgendwo in der Mitte sitzen.
Soweit meine erinnerte Geschichte. Ich bin noch im Besitz von 2 persönlichen Fotografien aus der damaligen Zeit und meine Schwester besitzt ein kleines Foto-Andenken-Mäppchen zum Aufklappen vom "Lenzheim", welches uns als Souvenir zum Abschied mit gegeben wurde. Es ist ein böses Andenken.
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Wolfram schrieb am 05.03.2021
Meine Verdrängungsmechanismen haben sehr gut funktioniert bis ich bei einem Spaziergang mit meinen Töchtern aufgerüttelt wurde. Sie hatten von unglaublichen Zuständen in Erholungsheimen in der Nachkriegszeit gelesen. Durch das Gespräch kamen die Erinnerungen an meine "Mastkur", so hatte ich meinen Aufenthalt immer tituliert, wieder hoch. Wenn ich mich recht erinnere, hatte das Gebäude einen großen Speisesaal, in dem Neben der Nahrungsaufnahme bei schlechtem Wetter auch Spiele stattfanden. An den Tischen saßen wir zu sechs oder acht Kindern im Alter von ca. neun bis vierzehn Jahren. Ich war spindeldürr und kerngesund. Mein Highlight beim Essen war vieler anderer Elend. Es gab täglich Haferflocken mit Zucker, Kakao und Milch, meine Lieblingsnahrung. Ich konnte nicht verstehen, warum andere das nicht mochten und sich sogar davon übergeben mussten. Ausnahmslos jeder musste seinen Teller auffüllen und leer essen. Mir gegenüber saß ein Junge, der, nachdem er in seinen Teller erbrochen hatte, gezwungen wurde, das Erbrochene wieder zu essen. Anderen erging es nicht anders. Ich bekam große Angst, das es mir genauso ergehen würde und aß alles, auch wenn es mich ekelte. Nach dem Mittagessen mussten alle in ihre Betten und schlafen. Danach ging es bei trockenem Wetter raus. Abends, wenn alle in den mit acht bis zehn Betten bestückten Schlafräumen lagen, kamen die großen Jungs zu uns kleinen, zogen wahllos irgend einem die Decke weck und die Hose runter und hatten riesig Spaß beim Schinkenklopfen, bis die Pobacken feuerrot waren und der Gepeinigte Rotz und Wasser heulte. Die Betreuungsriege zeigte daran keinerlei Interesse. Während des sechswöchigen Aufenthalts wurde unter Aufsicht nach Hause geschrieben. Jeder musste schreiben, dass alles ganz toll und schön ist, und dass es einem gut ginge. Dann brach zu allem Übel noch Mumps aus. Die Erkrankten wurden von den anderen getrennt, und niemand wusste, was mit denen geschah. Manchmal sah man den ein oder anderen am Fenster, wenn wir draußen spielen durften. Dann erwischte es auch mich. Da ich auf keinen Fall in diesem Haus gefangen sein wollte, verschwieg ich meine Erkrankung und vertuschte die Schwellung mit einem Rollkragenpulli. Später, wieder zu Hause, erkrankte ich an einer Hirnhautentzündung. Für mich waren diese Wochen ein reines Grauen mit viel Heimweh. Ich wagte mich nicht, mich jemandem anzuvertrauen, da ich Sanktionen fürchtete. Als ich endlich wieder nach Hause kam, heulte ich vor Erleichterung. Meinen Eltern habe ich nie etwas davon erzählt. In meinem "Entlassungsgutachten" wurde bescheinigt, sechs Kilogramm zugenommen zu haben. Ziel erreicht. Geprüft hat es niemand.
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Silke Balsser schrieb am 05.03.2021
Ergänzung zu meinen Schreiben: War am 04.September 1968 bis zum 11.Februar 1969 in Dehrn wurde vom meinen Hauptwohnsitz abgemeldet u dort angemeldet.

Wurde vom Facharzt (Marburg Hessen ) verschickt.....meine Eltern sollten sich an den Kosten beteiligen 24 DM am Tag (eine Information für die Verwaltung der Kinderklinik Schoss Dehrn) bin nicht sicher von wem das Schreiben kommt die Krankenkasse AOK oder Stadt/Kreissozialamt oder Landeswohlfahrtsverband für meine Eltern unmöglich zu bezahlen mein Vater als Hauptvediener war meine Mutter nur stundenweise arbeiten ging ...Ich habe die Patientenakte angefordert die Behandlungsmethoden waren nicht dabei aber eine Bescheinigung das ich polizeilich gemeldet war (war 6Jahre alt ).
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Gabriele Schmidt aus Hannover schrieb am 04.03.2021
Ich war 10 Jahre alt als durch die AWO im Kinderkurheim Herrlingen bei Ulm war. Ich hatte schlimmes Heimweh, es war Hochsommer. Wir mußten draußen unter schweren Jutedecken unsere sogenannte "Mittagsruhe" halten. Direkt neben den Pritschen war ein Tisch an dem ein Junge saß und - ich glaube "Tante Ingrid" - die ihn mit strenger Mine zwang zu essen. Und auch hier sah ich entsetzt, wie der Junge erbrach und das Erbrochene weiter essen mußte. So etwas ist also kein Einzelfall. Briefe nach Hause wurde vorab von "Tanten" gelesen und zensiert. Stand etwas negatives drin, mußte der Brief noch einmal geschrieben werden. Telefonate nach Hause gab es damals noch nicht. Das ist auch die Erklärung, dass die Eltern nie erfuhren, wie es einem ging. Einmal hat ein Mädchen aus Berlin den Mut gehabt, unsere heimlich geschriebenen Briefe zu einem Briefkasten am Ende der Straße zu bringen, indem sie durch ein Loch im Maschendrahtzaun schlüpfte und schnell die Straße hinunter lief. Als mein Brief zu Hause ankam, rief mein Vater mich an. Ich wurde ans Telefon geholt, aber "Tante Jutta" stand beobachtend daneben und ließ mich nicht aus den Augen. Das Ganze hatte ein wenig von einem Gefängnisaufenthalt. Ich war nicht zum Zunehmen, sondern zum Abnehmen dort, da ich schon immer etwas pummelig war. Morgens mußten die "Abnehmer" eine Tablette schlucken, Appetitzügler Tenuate. Dann war man ganz aufgedreht und hatte weniger Hunger. Heute wäre so etwas undenkbar. Nach alle den anderen hier beschriebenen Berichten ging es uns noch relativ gut, ausser dem schrecklichen Heimweh und den vereinzelten unschönen Vorkommnissen war es gerade noch auszuhalten. Heute bin ich 63 Jahre als. Vor kurzem waren wir mal in Herrlingen und haben das ehemalige Kinderkurheim angeschaut. Es hat sich kaum verändert, ist jetzt aber von einer Privatperson bewohnt. Alles in allem war die Zeit dort eher unschön und ich habe noch Monate später voller Freude festgestellt, endlich wieder zu Hause zu sein. Die Kinderkuraufenthalte in der damaligen Zeit waren wohl im allgemeinen nicht sehr angenehm.
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Inge N. schrieb am 04.03.2021
Ich verbrachte 6 Wochen in Dausenau, angeblich wegen Bronchitis. Ich war erst 5 Jahre und sehr schüchtern, so das ich fürchterlich unter der Trennung meiner Eltern gelitten habe. Ich kann mich nicht an so viel erinnern, nur an die Essensszenen und die große Angst es nicht runter zu bekommen. Ich kann mich wenig an Details erinnern. Vielleicht verdrängt. Auf jeden Fall wurde ich nach dem Aufenthalt dort "nicht mehr krank" und war noch schweigsamer als vorher. Meine Mutter erzählte, das Ehepaar Lichius, das Haus war in Privatbesitz, hat mich und einige andere Kinder am 9.9.59 mit zwei PKWs in Saarbrücken abgeholt. Ich war aus Orscholz. Vielleicht kann sich noch jemand daran erinnern. Ich habe noch ein Gruppenfoto und eine Karte und werde dies noch in die Galerie tun. Alles Liebe Inge
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Thorsten Krause aus Hamburg schrieb am 04.03.2021
Ich war im Sommer 1977 für sechs Wochen in einem Heim auf der Insel Föhr in der Nordsee, nachdem ein Arzt oder sonstiger Herr in weißem Kittel meiner Mutter nach einer sehr oberflächlichen Untersuchung weisgemacht hatte, ich müsse zunehmen. Ich erinnere mich noch gut an den Tag der Abreise, an dem ich in einen Bus gesteckt wurde, während meine Eltern draußen standen und mir hinterwunken, als führe ich für immer davon. Ich war mit neun Jahren nie zuvor von ihnen getrennt gewesen, und jetzt sollten es gleich sechs Wochen sein. Man hatte mich in keinster Weise auf den Aufenthalt vorbereitet, ich kannte keines der anderen Kinder und auch keinen der Erwachsenen. Während der mehrstündigen Fahrt zur Insel kümmerte sich niemand um mich, wurde ich nicht getröstet, machten wir keine Pause. Ich vermute, dass wir an Bord der Fähre die Busse hätten verlassen können, aber das geschah meiner Erinnerung nach nicht, weil es gewiss aus personellen Gründen unmöglich war. Ob ich etwas zu Essen oder zu Trinken dabei hatte, weiß ich auch nicht mehr. Ich kann es mir aber nicht vorstellen, weil mein kindlicher Organismus eine so lange Reise ohne die Benutzung einer Toilette kaum ausgehalten hätte. Die Betreuerinnen und Betreuer im Heim waren streng. Strenge war das Mittel der Wahl, nicht Liebe. Einen so großen Haufen Kinder zusammenzuhalten, gelang offenbar nur so, zumal, wie schon erwähnt, die Personalstärke schwach gewesen zu sein scheint. Ich weiß, dass wir während des gesamten Aufenthalts nicht ein einziges Mal im Meer gebadet haben. Auch das lässt für mich nur den einen Schluss zu, dass es an geschultem Personal mangelte. Was wir Jungs stattdessen machten, waren Gruben, die wir im Sand des Strandes schaufelten, Tag für Tag. Solche Schanzarbeiten, wie sie unter anderen zeitlichen Bedingungen wohl auch für die Vorbereitung auf den Fronteinsatz hätten praktiziert werden können, scheinen das einzige gewesen zu sein, was den Betreuern einfiel. Eines Nachts wachte ich auf und tappte im Halbdunkel zur Toilette, fand aber beim Zurückkehren mein Bett nicht wieder. So legte ich mich schüchtern und zu ängstlich, um den Aufseher in seinem schwach beleuchteten Zimmer um Hilfe zu bitten, auf das mit einem Plastiklaken überzogene Bett in einem anderen Zimmer. Irgendwann war mir so kalt, dass ich erneut aufstand und mich auf die Suche nach meinem Bett machte und es auch glücklich fand. Am Ende meines Aufenthaltes lernte ich ein Mädchen kennen und fragte sie in kindlicher Manier, ob sie mich zu ihrem Freund wolle. Sie schien mich für würdig genug gehalten zu haben, dass sie einwilligte, und ich erlebte einige Stunden großen Glücks. Doch schon am folgenden Tag war sie nicht mehr da. Ihre Eltern hatten sie zwei Tage vor unserer aller Abreise nach Hause geholt. Ich sah sie nie wieder. Ob die Heimleitung hinter dieser unvermittelten Trennung steckte, weiß ich nicht, aber es würde mich auch nicht überraschen. Als besonders absurd für dieses ganze Konstrukt Heimverschickung erscheint mir heute ein „Ausflug“, den wir eines Tages machten und der in einer Umrundung der Insel bestand. Wir marschierten morgens mit vier Scheiben Butterbrot los. Nach einer Weile ließ man uns, die wir den Schluß des Bandwurms bildeten allein, um Getränke zu besorgen. Doch während der insgesamt 42 Kilometer sahen wir keinen einzigen Tropfen davon. Wir waren bald ein Grüppchen von fünf Jungs, vollkommen auf sich allein gestellt, die irgendwann aus purer Verzweiflung beschlossen, das Wasser aus den Pfützen zu trinken, die sich am Fuß des Deichs gebildet hatten. Eine Evaluation meines Aufenthaltes nach sechs Wochen fand nicht statt, niemand fragte mich oder meine Eltern jemals danach, was das alles gebracht hatte. Eine Farce, die zum Glück folgenlos für mich blieb, und nur ein gebrochenes Herz hinterließ, das ich mich schleunigst zu flicken bemühte. Eines hatte ich zumindest gelernt: Verlasse Dich niemals mehr auf Erwachsene, weder Deine Eltern noch andere.
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Erika G. aus Redefin schrieb am 04.03.2021
Da ich in RL/PF geboren bin und nach dem 2, Kuraufenthalt in MV gelandet bin, kann ich nicht sagen, ob ich in Ost-oder Westdeutschland zur Kur war. Ich erinnere mich daran, wie wir 4-5 Jährigen nackt in einem stark vernebelten Raum im Kreis laufen mussten. Eine Pflegerin zwang mich zum essen. was schnell wieder retour kam. Daraufhin schleifte sie mich eine breite Treppe hinauf. Hatte eine gefühlte Ewigkeit vorher allein an der großen Tafel sitzen müssen.
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Hofrichter Katharina schrieb am 04.03.2021
1965 schickten unsere Eltern meinen siebenjährigen Bruder auf Anraten der Kinderärztin über die BASF nach Bad Dürrheim ins DRK Kinderheim. Damit es für meinen Bruder nicht so schwer sei, so lange in Kur zu sein, schickten sie mich mit. Ihnen wurde nicht vorher erklärt, dass Vorschulkinder und Schulkinder getrennt untergebracht werden. So wurde ich schon auf der Fahrt von meinem Bruder getrennt und war sechs Wochen lang allein. Einmal traf ich meinen Bruder zufällig im Treppenhaus und wir freuten uns beide - sofort wurde uns verboten, miteinander zu sprechen, sonst gäbe es kein Mittagessen.
Nachts wurde uns vorgeschrieben, wie wir im Bett zu liegen hatten und auf welche Wand wir schauen mussten. Es gab Jungs, die aufstanden und mit dem Nachttopf als Mutprobe Fußball spielten, bis die Nachtschwester kam. Die habe ich bewundert, selbst war ich so eingeschüchtert, dass ich nicht einmal aufstand, als ich dringend aufs Klo musste.
Es gab DRK - Schwestern, die habe ich als Drachen in Erinnerung. Aber es gab auch Frauen aus dem Ort, die waren richtig lieb. Zum Glück hatte eine von den lieben Frauen Dienst in der Nacht, als ich ins Bett machte!
Ich kann mich nicht erinnern, dass ich zum essen gezwungen wurde oder dass das Essen nicht schmeckte.
Furchtbar fand ich, dass ich vor dem Essen nicht die Hände waschen durfte und kein Taschentuch bekam, als ich starken Schnupfen hatte. Mein Bruder meint, Zahnpasta, Seife und Tempos hätten die Schwestern eingesteckt.
Ich habe noch den Arztbericht von damals. Darin steht, dass ich sehr ruhig war und nur langsam Kontakt zu zwei anderen Kindern fand. Da hat doch jemand genauer hingeschaut!
Und dass ich etwas zugenommen habe- das war ja bei untergewichtigen Kindern immer ein Sieg!
Ich erinnere mich an Spaziergänge im Wald, an die Inhalationen und an ein Schwimmbad im Keller und an ein Spielzimmer mit Spielsachen, in dem ich mit anderen Kindern gebaut habe. Daran habe ich gute Erinnerungen.
Aber alles ist überlagert von der großen Einsamkeit und dem Gefühl des Ausgeliefertseins.
Meine Eltern haben extra ganz in der Nähe Urlaub gemacht und wollten uns besuchen. Sie wurden abgewimmelt nach einem kurzen Gespräch mit dem Arzt. Noch heute sagt meine Mutter, sie hätten uns sofort mitgenommen, wenn sie um die Zustände gewusst hätten.
Ich war 5 Jahre alt und war nicht im Kindergarten- ich war mit der Situation völlig überfordert.
Meine Eltern waren sehr erschrocken, als ich eingeschüchtert nach Hause kam.
Jahrzehnte später war ich zur Reha auf Föhr. Die Atmosphäre hat mich so an das Kinderheim 1965 erinnert- was ich denke und fühle, ist unwichtig. Der Arzt bestimmt, was läuft. Der Kasernenton hängt wohl bis heute in den Mauern.
Inzwischen fahre ich gerne nach Bad Dürrheim in Urlaub- jedes Mal gehe ich am DRK Kurheim vorbei, das immer mehr verfällt. Als Mutter- Kind Heim hatte es noch eine gute Zeit, aber das war lange nach 1965.
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Susanne Schauer aus Bietigheim-Bissingen schrieb am 03.03.2021
Ich schreibe hier für meine Mutter, die leider schon verstorben ist. Sie hat mir aber viel über ihre Kinderlandverschickung berichtet, und es hat sie ihr ganzes Leben beschäftigt.
Da sie zu klein und zu dünn war musste sie vor der Einschulung in "Erholung". Ihr einziges Glück war, dass ihr Bruder auch mit musste und so hat sie sich nicht ganz so verloren gefühlt. Sie hat mir von Zwangsessen (Sitzen bis zum Nachmittag) und von Zwangsmittagsschlaf (egal wie alt) berichtet. Ihr Heimweh war unerträglich, da sie noch nie von ihrer Familie und ihrem Bauernhof getrennt war.
Es hat sie so sehr erschüttert, dass ich als Kind nie aufessen musste und auch nie wo übernachten musste wo ich nicht wollte. Zu Hause hat sie erzählt wie schlimm der Aufenthalt für sie war. Ihre Eltern haben sie nicht mehr weggeschickt!
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Franziska schrieb am 03.03.2021
Da meine Mutter mit meiner Erziehung (Ich war Einzelkind, mein Vater hatte einen guten Arbeitsplatz, die noch fitten Großeltern wohnten noch im Haus) überfordert war und /oder ich Probleme mit den Bronchien hatte, wurde ich mit vier Jahren und vier Monaten ins Kinderheim Mittelberg-Oy verschickt.
Meine Mutter war vor ihrer Heirat und meiner Geburt 1955 beim Gesundheitsamt beschäftigt und dort wurde durch einen ihr vermutlich bekannten Arzt mein Asthma und Untergewicht (auf meinen damaligen Kinderfotos nicht zu erkennen) attestiert. Ohne Vorbereitung wurde ich von meiner Mutter ohne Abschiedsworte am Bahnhof an einen Sanitäter übergeben.
An meine ersten Tage im Heim kann ich mich kaum erinnern, aber die Berichte auf der Web-Seite zu Mittelberg kann ich alle bestätigen. Man zwang uns Kindern zum Essen mit der Drohung: „Wenn du nichts isst, kommt der Schlauch“ Der lag immer am Tisch.
Falls ein Kind weinte, wurden die anderen dazu aufgefordert, das Kind zu verlachen und mit den Fingern darauf zu zeigen. So stand man am „Pranger“ und wurde als „Lätschenbene“ (= Heulsuse) verspottet.
Mittags gab es die Liegekur, wenn man sich bewegte, wurde man fixiert. Beim wöchentlichen Arzttermin bekam man von einer Ärztin eine Spritze in den Hintern verabreicht. Nachts wurden wir im Dunklen mit Kochlöffel oder Ähnlichem geschlagen, vermutlich wenn man tagsüber nicht so folgsam war.
Am schlimmsten empfand ich jedoch die morgendliche Toilettenverrichtung. Wenn man kein „Häufchen“ gemacht hatte, wurde man auf den vollen Eimer in den Flur gesetzt. Alle anderen Kinder gingen vorbei, mussten lachen und mit dem Finger auf einen zeigen.
Kurz gesagt: Für mich war es eine Zeit der Hölle mit Drohungen: Wenn du nicht folgst, kommt der schwarze Mann und nimmt dich mit in den Kohlekeller.
Nach meiner Rückkehr erkannte ich meinen Vater nicht mehr, ich verweigerte den Kindergartenbesuch. Meine Eltern ließen mich nichts über den Aufenthalt erzählen, ich wurde als „Phantasiehansl“ bezeichnet. Es wurde mir nicht geglaubt, bis ich es verdrängte und es mir selbst nicht mehr richtig vorstellen konnte. Ich war traumatisiert, mein Urvertrauen war zerstört, ich immer unsicher und ängstlich.
Trotzdem habe ich mein Leben gut bewältig und dank meines Mannes (Wir heirateten schon mit 20 Jahren) und meiner Berufe geschafft, ein einigermaßen glücklicher und erfolgreicher Mensch zu werden. Nur Kinder wollte/konnte ich nicht bekommen.
Kurz vor dem Tod meiner Mutter übergab sie mir die Unterlagen über den Aufenthalt, die ich leider vernichtete. Ein Gruppenfoto (ca. 20 Mädchen im Alter von 2 bis 12 Jahren und einer ganz in weiß gekleideter Klosterschwester) habe ich aufbewahrt.
Ich weiß aber von den Postkarten des Heimes, die von den Eltern voradressiert und mit kurzen Berichten des Heimes versehen verschickt wurden. Beispielsweise: Ich habe noch ein wenig Heimweh. Wenn ich heimkomme, bin ich ein kleines Dickerchen.
Ein ärztliches Attest war nach Entlassung vorhanden: Kerngesund und ein Pfund zugenommen.
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Sabine Stengel-Maidel aus 87769 Oberrieden schrieb am 03.03.2021
Gleich am Anfang wurde ich (7 Jahre) von meiner 9-jährigen Schwester getrennt. Ich kam in die Gruppe der Jüngsten, Buben und Mädchen waren zusammen. Einmal musste ich im kalten großen Speisesaal den ganzen Nachmittag in Unterwäsche sitzen, "zur Strafe" (wofür?) . Jeder, der hereinkam, konnte mich dort sitzen sehen. Ich wurde ausgelacht und verspottet, besonders von den älteren Buben. Ich war sehr dünn und kränklich, der evangelische Pfarrer in meinem Heimatort hatte meinen Eltern das Heim besonders für Kinder, die vorher an Keuchhusten erkrankt waren, ans Herz geleg. Er betonte vor allem die gute Führung und den guten Ruf des Heimes. Meine Eltern waren überzeugt, uns etwas Gutes zu tun. Das Essen war grauenhaft, einmal brach Brechdurchfall aus. Viele Kinder in meinem Schlafsaal erbrachen sich oder machten ins Bett. Da es Nacht war, trauten wir uns nicht, die "Tanten" zu wecken. Die sahen dann am Morgen die Bescherung, die ich ihnen heute noch gönne...Ich durfte meine ältere Schwester nur einmal, an einem Sonntag, als wir in die Kirche mussten, sehen. Sich mit anderen Kindern anzufreunden, wurde unterbunden. Ich fühlte mich immer sehr allen und hatte Heimweh. Getröstet hat einen niemand. Ich war ein stolzes Kind und zeigte meine Gefühle nicht. Ich hatte 4 Wochen ständig einen Kloß im Hals, aber rein instinktiv zeigte ich mein Weh den Tanten nicht, da es dann noch schlimmer werden würde für mich. Spielsachen gab es gar keine, nicht einmal einen Ball. Ab und zu wurde ein Ausflug an den Strand gemacht. Wir mussten in dem eiskalten Nordseewasser badenund saßen den restlichen Tag in unseren nassen Badanzügen schlotternd am Strand. Getobt werden zum Aufwärmen war strikt verboten. Was mich sehr erstaunt hat war, dass die beiden Tanten (eine davon hieß Ursula) ständig an den kleinen Buben in meiner Gruppe herumfummelten. Meine Eltern bekamen per Postkarten mitgeteilt, wie gut sich ihre Kinder erholten und wie fröhlich wir waren. Meine Eltern schickten mir mindestens zwei Mal Päckchen mit Süßigkeiten, von denen ich nichts bekommen habe. Die Tanten haben die Sachen wohl selbst gegessen. Zum Waschen im Waschraum (es gab dort eine Dusche, höchstens drei Waschbecken und Toiletten) mussten wir nackt mit Handtuch und Seife anstehen, bis wir an der Reihe waren. Es war dort immer kalt, ich habe ständig gefroren, weil ich so dünn war. Im Nachhinein bin ich erstaunt, dass ich mir dort nicht noch eine Lungenentzündung zum Keuchhusten geholt habe. Ich hatte wohl eine stabile Konstitution... Meinen Eltern habe ich zu Hause von alldem erzählt, und mein Vater hat die Geschichten dem evang. Pfarrer, der ihm zu der Kur geraten hatte, berichtet. Er wollte das wohl nicht glauben, aber meine Eltern sagten, sie hätten keine Zweifel an unseren Berichten. Ob es daraufhin Kosequenzen in dem Heim gab, weiss ich nicht, ich glaube aber nicht. Das Heim ist heute ein Jugenderholungsheim und heisst anders. Die "Erziehung" zu dieser Zeit war drakonisch, Kinder mussten funktionieren und gehorchen. Ich musste nie wieder in eine solche Einrichtung, meine Eltern waren tief betroffen von den Vorkommnissen und machten sich Vorwürfe, uns das angetan zu haben.
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Hubert S. aus St. Peter Ording schrieb am 03.03.2021
Zu dem Bericht von Andi aus München vom 26.02.2021 über seine Erfahrungen im "Haus Schwarzwald" in Ühlingen-Birkendorf möchte ich doch anmerken, dass m.E. sehr wohl das betr. Heimpersonal eine gehörige Schuld an der allmählichen Verrohung der Kinder während des dortigen mehrwöchigen Heimaufenthaltes trifft:

Durch das dort offensichtliche tatenlose laissez faire hat man alles laufen lassen bis hin zu Bandenbildung der Kindergruppen - das ist angewandter Sozialdarwinismus.

Ursachen sind altersmäßig zu heterogene Gruppen (von z. B. 6-13 Jahren) sowie das Nichteinschreiten und Wegschauen des Aufsichtspersonals, welches gerade auch die Aufgabe hätte, jüngere und schwächere Kinder gegen die starken und frechen zu schützen, wie es z.B.normalerweise zu Hause verantwortungsvolle Eltern tun.

In diesem Zusammenhang möchte ich zu meinem Bericht v. 03.10.2020 noch folgendes ergänzen:

Auch in "meinem" Kinderheim habe ich wiederholt körperliche Brutalitäten seitens bestimmter älterer und kräftigerer Jungs meiner Gruppe miterlebt.

Ich selbst mit knapp 9 Jahren stand zwar unter dem Schutz eines kräftigen durchsetzungsstarken Jungen (Peter) aus meiner Nachbarstadt, der mich offenbar mochte, weil wir der gleichen christlichen (kath.) Minderheiten-Konfession angehörten.

Aber mein gleichaltriger Klassenkamerad Alwin F. wurde im Schuhkeller, wo wir unsere Haus- gegen Straßenschuhe und umgekehrt wechseln mussten, öfters von einem etwas älteren Jungen (Manfred Pr.) und dessen Komplizen verdroschen, ohne dass ich oder andere dagegen einschritten. Für meine diesbezügliche auf Feigheit und Ängstlichkeit begründete Tatenlosigkeit schäme ich mich bis heute.

Möglich waren diese Misshandlungen. a. Deshalb, weil im Schuhkellerraum während des Schuhewechselns niemals eine erwachsene Aufsichtsperson dabei war.

Eine schon von anderen gelegentlich geschilderte unangenehme  Erinnerung bzgl. des Fiebermessens bei Krankheit im Krankenzimmer habe übrigens auch ich gemacht:

Auch in meinem Heim erfolgte das rektal - eine für mich durchaus ungewohnte und von mir als sehr peinlich empfundene Methode.

Abschließend möchte ich noch von einem mehrfach wiederholten Streich berichten, den mein Klassenkamerad Alwin und ich den Aufseherinnen wiederholt spielten, ohne dass diese uns als Verursacher  herausbekommen haben.

Wir Jungs schliefen in einem großen Schlafsaal zu insgesamt geschätzt 50 - 60 Betten, der in der Mitte durch einen ca. 2m breiten Mittelgang geteilt war. Auf der einen Seite dieses Mittelgangs lagen die jüngeren Jungs unter 6 Jahren, auf der anderen Seite wir größeren Jungs. Vorne war ein ebenfalls breiter freier Quergang, und der Mittelgang endete an einer doppelflügeligen mittigen Tür, durch die der Schlafsaal betreten wurde. Der Fußboden bestand nach meiner Erinnerung aus Holzbrettern oder vielleicht auch Parkett, und die Längsseite des Saales zumindest auf unserer Seite war vom Fußboden aus bis in eine Höhe von geschätzt 1 - 1,5 m  mit Holzbrettern verkleidet. Alwin und ich hatten unsere Betten ganz weit vorne mit Blick auf die Flügeltür und dem Flur dahinter, Alwins Bett stand direkt am breiten Mittelgang des Saales, meines links daneben. Wir hatten natürlich bemerkt, dass es wegen des Holzfußbodens relativ laut war, wenn man sich darauf bewegte.

Nachts war es im Saal zudem total dunkel, allenfalls durch den davor liegenden Flur und die offenstehende Flügeltür fiel ein wenig Dämmerlicht von einer entfernten Notbeleuchtung. Die Aufsichtspersonen mussten also mit Taschenlampen leuchten, wenn sie etwas sehen wollten.

Wir waren somit nachts vollkommen unbeobachtet, solange es stockdunkel war - selbst seitens unserer Saalgenossen.

So kamen wir beide in den letzten beiden Wochen unseres Kuraufenthalts auf eine Idee, wie wir bestimmte uns besonders verhasste Aufsicht führende "Tanten" ärgern konnten:

Wir strecken ein Bein aus dem Bett und klopften mit der Ferse mehrfach kräftig auf den Holzfußbodens, danach zogen wir es schnell wieder unter die Bettdecke. Die dadurch verursachten dumpfen Klopfgeräusche waren weithin zu hören, und alsbald erschien die Aufsicht mit der Taschenlampe, um nach der Herkunft und Ursache zu forschen. Sie hat es nie herausgefunden, denn wir waren es ja schon von der Mittagsstunde her gewöhnt, uns nicht zu verraten und schlafend zu stellen. Sie war natürlich darüber wütend und frustriert, den Täter nicht zu ermitteln, vermutete schließlich u. a. zu Unrecht, die neben der Holzverkleidung an der Wand liegenden Jungs seien es gewesen und verhörte diese, die ja ahnungslos waren. Unter lauten Drohungen zog die betr. "Tante" schließlich wieder unverrichteter Dinge aus dem Schlafsaal ab.

Wir haben unser Geheimnis beide strikt für uns behalten auch vor der übrigen Gruppe, und so ist es bis zu unserer Abreise nie heraus gekommen, obwohl wir das nächtliche Klopfen in unregelmäßigen Abständen noch ein paar Male wiederholten. Für uns beide underdogs eine große Befriedigung, hier mal dem ungeliebten Regime des Heimes aber auch den frechen und brutalen Rädelsführern der Gruppe ein Schnippchen schlagen und auch mal eine eigene bescheidene Machtprobe zeigen zu können.
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Kathi aus Dormagen schrieb am 02.03.2021
Ich lese seit geraumer Zeit alle Einträge und bin immer wieder schockiert, was die meisten Kinder ertragen mussten.
Gewalt habe ich bei meinen Aufenthalten nicht erlebt, wohl aber eine sehr unpersönliche Behandlung. Die Betreuerinnen interessierten sich nicht für uns. Hauptsache war, dass wir reibungslos funktionierten.
Ich erinnere mich nicht wie fast alle anderen an Gefühle wie Heimweh oder Angst, obwohl sechs Wochen Abwesenheit von zuhause im Alter von acht Jahren ( 1. Aufenthalt) bestimmt nicht leicht waren. Ich habe auch kein Kuscheltier dabei gehabt und auch keine Päckchen bekommen.
Damals habe ich gelernt, mich anzupassen und meine Gefühle zu überlaufen. So mache ich es mein Leben lang, obwohl ich schon fast 70 bin.
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Rogers Freund aus München schrieb am 02.03.2021
Hallo,
am 08.02.2021 berichtete ich hier etwas ausführlicher über meine bleibenden "Erlebnisse" in dieser Kinder-Kur ...!

Unter anderem, bekam ich ja in regelmäßigen Abständen alle 2 oder 3 Tage auf dieser "Kur" Spritzen, die man "Aufbauspritzen" nannte wenn ich fragte.

Als 5 Jähriger zum ersten mal getrennt und weit weg von den Eltern hatte ich vor diesen Tagen wenn man zum Spritzen geführt wurde natürlich große Angst.
Da gab es keine Mutter die neben einem stand und für einen eintrat wenn man zu etwas gezwungen wurde.

Aber gerade eben sehe ich einen Filmbericht, der dem ganzen eine ganz neue Tragweite gibt.

Ich leide nämlich seit ca 20 Jahren an Muskelschund (FSHD) der seinen Ursprung schon in der Kindheit hatte.

Verursacht wird mein Muskelschwund durch einen Gen-Defekt am Chromosomenstrang 4 (und wir haben und hatten keinen einzigen Verwandten in der Familie der jemals ein Muskelproblem hatte) und in dem Bericht wird nun von Medikamtententest an den Verschickungskindern berichtet.
z.B. unter anderem sogar mit dem Schlafmittel Contagan. Und Schlaf- u. Beruhigungsmittel bekanem wir zumindest in den ersten durchweinten Nächten nach der Trennung von den Eltern auch.

Ich hoffe ich darf hier den Link zu dem Filmbericht über Verschickungskinder anhängen.

https://www.youtube.com/watch?v=oW24BaiLz8A&list=RDCMUCK6jlnWA8t-XgUxwZJJHkQA

Bleibt gesund!
R.
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Regina M. aus Dortmund schrieb am 02.03.2021
1963 schickte man mich unmittelbar vor der Einschulung 6 Wochen zur Mastkur nach Bad Rothenfelde. Ich war ein lebhaftes fantasievolles Kind. Da ich bereits Lesen und Schreiben konnte und man mich aus dem Kindergarten raushaben wollte, weil da alle von mir genervt waren, sollte ich mit 5 Jahren eingeschult werden. Körperlich war ich aber noch nicht „schulreif“, nämlich klein und dünn. Kein Wunder, mein Vater misst stolze 170, meine Mutter 152 cm. Ich bin heute 158 cm klein und wie der Rest meiner Familie übergewichtig. Wir waren eine Gruppe von ca. 30 Kindern in einem großen Schlafsaal und durften die Betten nur zum Essen und für Kuranwendungen verlassen. Dazwischen war die Tür abgeschlossen. Jeden Morgen wurde vom Personal (keine Nonnen) Fieber gemessen und festgestellt, dass ALLE Kinder „Fieber hatten“, also den ganzen Tag im Bett verbringen mussten. Komisch, ich habe mich gar nicht krank gefühlt… Ich erinnere mich an den furchtbaren mehrstündigen Mittagsschlaf, bei dem ich stundenlang liegend die Wand angestarrt habe, aber die Zeit schien still zu stehen. Außer Essen, Schlafen und täglichem Wiegen und Messen bestand der Tagesablauf aus einem kurzen morgendlichen Spaziergang mit der Gruppe rund um das Gradierwerk und nach dem Abendessen mussten wir eine Stunde lang in einem zugigen weiß gefliesten Raum in Bottichen mit ungereinigtem Solewasser sitzen. Zu trinken gab es gelbe Limonade mit Salzgeschmack. Bäh. Eine Kur mit allem Drum und Dran, aber mit 5 Jahren? Ich hatte es noch ganz gut getroffen, denn körperliche Gewalt gab es keine, nur Kasernierung und gähnende Langeweile. Zum Essen kann ich nichts sagen, es muss wohl halbwegs in Ordnung gewesen sein. Ich komme aber aus einer nicht so begüterten Familie und war es gewohnt, zum Frühstück Hafersuppe oder Graubrot mit Margarine und Zucker essen zu müssen.
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Kerstin aus Ludwigshafen am Rhein schrieb am 01.03.2021
Habe heute durch Facebook von Verschickungsheime. de erfahren.
Insgesamt war ich 4 mal für jeweils 6 Wochen weg.

Das erste Mal mit 4 Jahren und 6 Jahren in Bad Dürrheim.
Kann mich nur an grausame Erlebnisse erinnern, wobei ich wohl vieles verdrängt habe . Konnte ja nicht lesen und schreiben, daher wurde das dort übernommen was die Post betraf. Päckchen bekam ich nur eins, das wohl vorher geplündert wurde.
Kann mich noch erinnern dass mein Koffer auf einen Dachboden kam und das meiste im Koffer blieb( hatte schrecklich geweint deswegen. Meine Puppe durfte ich nicht behalten. Kann mich auch noch erinnern dass ich mich mit noch einem Kind, eventuell auch zwei, hichschleichen wollte um an den Koffer zu kommen. Es gab dann schläge?
Weiß auch noch das man alles Essen musste, selbst wenn man Erbrochenen hatten mussten man so lange im Speisesaal bleiben bis leer war.. ? Ich war sehr eingeschüchtert und wurde wohl wegen seelischer Grausamkeit beide male Krank.
Bei der Heimfahrt mit 4 Jahren waren meine langen Haare so kaputt(wurde nie gekämmt) dass sie komplett abgeschnitten wurden.
Meine Reisekleidung war ein Schlafoberteil und Hausschuh und ich hatte eine eidrige Nase und wohl Fieber. ( meine Mutter hatte das oft erzählt) Leider war meine Mutter keine starke Frau die sich gewehrt hatte... Sie war mit meinen zwei älteren Brüder und mir alleine und hatte nicht viel Geld und war wohl froh dass sie nichts zahlen musste oder hatte Angst vor dem Jugendamt. Da ich ja zu dünn war..
Leider ist sie schon verstorben und sonst auch niemand mehr lebt den ich fragen könnte.

Dann war ich glaub 1973 in Schloß Friedenweiler im Schwarzwald und
1975 in Stetten am kalten Markt.
Bei beiden hatte ich natürlich Anfangs Heimweh, jedoch keine schlechten Erfahrungen bzw Erinnerungen.
Als Kind bzw Jugendliche war ich sehr aufmüpfig und aggressiv gegenüber manchen Kinder und auch Erwachsenen.. Vielleicht hat das ja mit diesen grausamen Erinnerungen zu tun...
Jedenfalls bin ich froh dass es solche Zeiten nicht mehr gibt und hoffentlich nicht mehr geben wird!
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Beate Kauer aus Minheim schrieb am 01.03.2021
Zufällig sah ich den Bericht auf YouTube und musste feststellen, dass auch ich ein Verschickungskind war. Ich konnte nie verstehen, wie meine Eltern mir das antun konnten und mich für 6 Wochen dahin schickten. Vielleicht war ich ein so schlechtes Kind, ging es mir oft durch den Kopf.
Dort wurden die Kinder, die nachts sprachen oder lachten, reihum geschlagen. Im Dunklen ging dann leise die Tür vom großen Schlafsaal auf und die Nonnen prügelten die Kinder, die wach waren. Zum Glück lag ich ganz vorne nahe der Tür und stellte mich schlafend. Von da an wurde ich zur Bettnässerin und kaute an den Fingernägeln. Meinen Teller musste ich lange am Tisch sitzend bis zum Erbrechen leeren. Mein Heimweh wurde immer größer, ich verlor jegliches Zeitgefühl und dachte, ich dürfte nie mehr nach Hause zurück. Als meine Eltern und Geschwister mich mit dem Auto abholen kamen, konnte ich nicht mehr sprechen vor Glück. Ich hatte ein Sprachblokade. Sie konnten nicht verstehen, was mit mir los war und ich habe nie darüber gesprochen. Vor einigen Jahren fuhr ich mit meinem Mann dort hin und erzählte ihm meine Erlebnisse. Aus dem Gebäude wurde ein schickes Hotel, aber den Eingangs- und Essbereich konnte ich noch erkennen.
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Susanne K. aus Nürnberg schrieb am 01.03.2021
Das Heim wurde von katholischen Nonnen geleitet. Ich wurde sofort von meiner zwei Jahre älteren Schwester getrennt, ich sah sie nur einmal gegen Ende der vier Wochen durch einen Zaun. Ich konnte noch nicht lesen und erhielt nie die Briefe von meiner Mutter von zu Hause. Das heißt, ich habe vier Wochen nichts von daheim gehört. Wir durften nicht nachts aufstehen, wenn ein Mädchen ins Bett gemacht hat, musste sie bis morgens vor ihrem Bett stehen, nachdem laut geschimpft wurde und das Licht angemacht wurde, damit wir alles mitbekommen. Das Toilettenpapier mussten wir aus Zeitungspapier auf zwei bestimmte Größen zurechtschneiden. Manchmal zeigten die Schwestern dreckige Unterhosen und stellten das Kind bloß, dem die Unterhose gehörte. Auch wurde "gelobt", wer drei Tage lang die gleiche Unterhose tragen konnte. Mir wurden die Fingernägel regelmäßig extrem schmerzhaft kurzgeschnitten, dabei sparte die Schwester nicht damit, mir immer wieder zu erzählen, dass meine Mutter, da sie geschieden war, eine Sünderin sei und ich schwer daran zu tragen hätte. Auch die Läuseschau war schmerzhaft, ich kannte das von zu Hause nicht, ich hatte auch keine, es wurde trotzdem immer wieder gedroht, die Haare abzuschneiden. Als Hohn empfand ich auch, dass wir das Lied " Lustig ist das Z-Leben" umgedichtet singen mussten, nämlich: Lustig ist das Neustifter Leben...
Ich kann mich an niemanden namentlich erinnern, ich habe auch keine Freundin gefunden, ich hatte Angst, Angst und Angst. Ich habe nur gewartet, dass es vorbei sein wird. Ich erinnere mich auch, dass es am Tag der Abreise ein erstes freundliches Wort gab, wohl um einen guten Eindruck zu hinterlassen oder für die Begleitperson, die uns wieder im Zug heimbegleitete. Ich erinnere mich, dass ich mich im Zug nicht rührte, aus Angst, ich würde wieder fortgeschickt.
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AndreasD schrieb am 01.03.2021
Ich war vor der Einschulung 4 Wochen in einem Verschickungsheim in Rengsdorf in NRW. Dort bekam unsere ganze Gruppe nach 2 Wochen die Windpocken. Alle mussten im Bett bleiben und durften nicht aufstehen. Meine Eltern schickten mir einen Schuhkarton voll mit Süßigkeiten. Der Karton kam nie bei mir an, sondern wurden sofort konfisziert. Das Essen war das allerletzte. Zum Glück wurde ich nicht gezwungen, den Fraß zu essen. Ich bin froh, daß ich das zum ersten Mal erzählen darf.
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Helga K. aus Fürth schrieb am 01.03.2021
Am 17.2.21 sah ich im SWR in der Sendung „betrifft“ den Film „Das Leid der Verschickungskinder“
Ich wurde insgesamt fünfmal mit der Inneren Mission zur Erholung geschickt. Bis ich den Film sah, war mir nicht klar gewesen, dass das, was ich - wenigstens nur in einem der Heime - im Labenbachhof bei Rupolding erlebt hatte, kein Einzelfall war. Ich war damals sechs Jahre alt.
Es war mit Ausnahme von Wyk auf Föhr (sechs Wochen) stets für eine Dauer von vier Wochen. Mit Ausnahme von Mühlhausen besitze ich auch je eine Postkarte dieser Heime.
Meine Aufenthalte:
• Juni 1952, Alter 5 Jahre, Ort: Mühlhausen, Oberfranken; an den Namen dieses Heims kann ich mich nicht mehr erinnern.
• Juli 1953, Alter: 6 Jahre, Ort: Ruhpolding, Labenbachhof
• Juli 1954, Alter: 7 Jahre, Ort: Wyk auf Föhr, Marienhof
• September 1956 und August 1957, Alter 9 und 10 Jahre, Hausham bei Miesbach, Berghof
Da ich mich dort sehr wohl gefühlt hatte, wollte ich ein zweitesmal dorthin.

• Das habe ich im Labenbachhof erlebt:
Einmal gab es zum Mittagessen Wirsing. Ich habe mich erbrochen und sollte das wieder essen. Ich habe mich immer wieder erbrochen. So wurde ich im 1. Stockwerk, wo die Schlafsäle waren, an einen kleinen Tisch gesetzt und sollte dort aufessen. Ich erbrach mich immer wieder. Letztendlich prügelte mich eine „Tante“ – vor allem auf den Kopf – sodass ich Nasenbluten bekam. Ich fiel auf den Boden, und so schleifte sie mich bis zu dem Zimmer, in dem wir Mittagsschlaf halten mussten. Sie packte mich und warf mich ins Bett.
An einem der nächsten Tage versuchte ich, meinen Eltern eine Karte zu schreiben mit der Bitte, mich abzuholen. Nach nur einem Jahr in der Schule war ich im Schreiben noch nicht so sicher. Mir gelang es zwar, diese Karte bei einem Spaziergang – ohne Briefmarke – in einen Briefkasten zu werfen, ich wurde dabei aber von einer der „Tanten“ beobachtet. Daraufhin hat man mithilfe eines Postbeamten den Kasten geöffnet und meine Karte wieder herausgeholt. Ich bekam wieder heftige Schläge.
Nachdem ich – nach vier Wochen Aufenthalt – wieder zuhause war, berichtete ich meinen Eltern davon. Mein Vater ging zur Inneren Mission und beschwerte sich. Das war eine Reaktion, die ich nicht erwartet hatte, da meine Eltern normalerweise bei Rügen, die ich in der Schule bekommen hatte, immer zu den Lehrkräften hielten. Da ich ein sehr lebhaftes Kind war, gingen meine Eltern üblicherweise davon aus, dass ich zu Recht gerügt worden war oder eine Watsche bekommen hatte. Auch wird/wurde einem Kind wohl eher vermittelt, dass es an Strafen selbst schuld sei und die auch verdient habe.
Ob die Beschwerde meines Vaters eine Konsequenz hatte, weiß ich nicht.
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Silke (Rinn)Balsser aus Pohlheim schrieb am 01.03.2021
Ergänzung zu meinen Bericht:Meine mitgebrachte Spielsachen wurde mir entzogen wie ich nach Hause gekommen bin habe auch nicht wieder bekommen.Mein Märchenbuch was ich so geliebt habe. Sonntags immer wieder in die katholische Kirche ob wohl ich evangelisch bin warum weiß ich heute noch nicht warum und es öfters nach Eukalyptus stank das man keine Luft bekam.Meine Mutter nähte noch meine Namensschilder in meine Klamotten die waren in Schreibschrift mit Rot .Ich habe telefonisch raus gefunden das meine Patientenakte noch im Archiv vorhanden ist nach über 52 Jahren naja ?? Die Kinderklinik/heim war von 1965 bis 1982 mit 84 Betten belegt dann wurde sie geschlossen. Seit 1999 in privaten Besitz und steht dem leer muss saniert werden
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Detlef Dunker aus Bremen schrieb am 01.03.2021
Ich heiße Detlef Dunker und bin heute 72 Jahre alt. Meine Kindheit verlebte ich mit meinen Eltern in einem kleinen Dorf in Schleswig-Holstein in der Nähe Hamburgs.
In der zweiten Hälfte der Fünfziger des vergangenen Jahrhunderts (Genaueres weiß ich nicht mehr)wurde ich auf Rat unseres Hausarztes wohl vor allem zur Gewichtszunahme nach Föhr verschickt. Ich war sechs Wochen im Marienhof. Anders als viele andere Frauen und Männer hier kann ich über den Aufenthalt in diesem Heim nichts wirklich Negatives sagen - sehe ich von der Sago-Suppe zum Frühstück ab. Einige andere Kinder weinten häufiger vor Heimweh, wie sie selbst sagten, ich fühlte mich eher wohl. Nach über fünfzig Jahren habe ich nur noch bruchstückhafte Erinnerungen an den Aufenthalt in dem Heim. Eine von ihnen ist eine Vorleserunde in einem rückwärts gelegenen hellen Anbau des Hauses (vielleicht ein Wintergarten?), in dem uns in einer kleineren Gruppe vorgelesen wurde.
Eine andere ist die Verteilung von Kleiderspenden aus Schweden an uns Kinder. Ich bekam einen grauen Nicki, ein Kleidungsstück, das ich wunderschön fand und liebte.
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Miriam Bettag-Landherr aus Limburgerhof schrieb am 01.03.2021
Auch ich wurde als 6jährige in eine Kinderkur bezüglich meiner Bronchien geschickt. Welches es genau war weis ich nicht mehr, aber es war in Bad Lippspringe. 6 lange Wochen ohne meine Eltern und ich war ein absolutes Mamakind. An viel kann oder will ich mich nicht erinnern, aber dass was ich noch weis war grausam. Meine Eltern durften mich 1-mal kurz besuchen nach 3 Wochen. Es war schrecklich beim ersten (Bringung) und beim zweiten Mal (Besuch) als sie gingen, ich weinte nur. Ich weiß noch dass ich sehr große Angst hatte beim Blutnehmen, die Nadeln kamen mir riesig vor, man hielt mich mit mehreren Personen fest. Beim Essen war es so schlimm dass man gezwungen wurde den Teller leer zu machen, auch wenn man es nicht möchte oder in meinem Fall ich esse keinen Käse und keinen Fisch. Sie versuchten mich zu zwingen, ich weis noch wage dass ich den Teller auf den Boden schmiss. Was als Bestrafung passierte kann ich mich nicht mehr erinnern. Da schon bei meiner Einlieferung bekannt war dass ich Bettnässer war, sollte man eigentlich davon ausgehen, dass dort professionell damit umgegangen wird. Aber nein. Ich musste mehrmals, naja eigentlich fast jede Nacht als 6jährige in verpieselten Schlafsachen mein Bett selbst neu beziehen. Ich mache bis zum heutigen Tag fast 40 Jahre später noch immer keine Betten bei mir zu Hause. Es ist eine Sache die ich abgrundtief hasse. Meine Eltern schickten ein Paket mit Spielsachen und Süßigkeiten. Davon sah ich aber nix, das wurde an alle verteilt. Diese Zeit ist für mich noch immer schemenhaft aber ich kann mich auch an wenige schöne Dinge erinnern, zum Beispiel haben wir Steine angemalt mit Gesichtern und so. Meinen Eltern haben die Missstände dort erst in den kommenden Monaten nach dem Aufenthalt erfahren immer bruchstückweise. Für mich ist es noch heute ein absolutes Trauma darüber zu reden oder auch hier zu schreiben, ich habe echt Tränen in den Augen. Und fest steht dass keines meiner Kinder jemals alleine in eine Kur müssten. Mein Vertrauen ist in dieser Hinsicht komplett zerstört worden. Das einzig gute war dass ich ab dem Zeitpunkt als ich wieder zuhause war keine Probleme mehr mit meinen Lungen hatte. Physisch oder Psychisch beding keine Ahnung.
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Heide H. aus Garmisch-Partenkirchen schrieb am 01.03.2021
Ich war 1952 in Schmalensee in Mittenwald. Ich war 3 Jahre alt. Meine Schwester (+3,5) war auch dort. Wir wurden getrennt. Ich durfte nicht zu ihr, sie nicht zu mir. Es war eine Zeit der Qual und tiefster Angst.
Ich bekam einen Platz am langen Esstisch. Wir mussten essen. Ich konnte es nicht. Ich erbrach. Ich musste aufessen. Einmal bekam ich noch einen Schöpfer obendrauf zur Strafe für das Erbrechen.
Immer wieder wurde ich in ein Zimmer gezerrt, in dem ich verprügelt wurde. Ich hatte erbärmliche Angst.
Wir saßen in Reihen auf den Töpfchen vor den Klotüren und mussten auf Kommando 'unser Geschäft' erledigen. Es ging nicht.
Morgens wurden wir in einen kalten feuchten Kellerraum gescheucht, mussten uns ausziehen und wurden eiskalt mit einem Schlauch mit scharfem Strahl erbarmungslos abgespritzt.
Abends wurde das Licht ausgemacht. Es war ein Raum mit mehreren Betten. Vermutlich alle Kinder meines Alters. Am Schrank hing ein Kleid einer Wärterin. Ich sah es als dunklen Schatten und hatte furchtbare Angst, dass da jemand ist, der mir was Böses tun will.
Ich erkannte meine Eltern nicht mehr als sie uns abholen kamen. Sie saßen in dem Zimmer, in dem ich immer verprügelt wurde. Anstelle meiner Mutter sah ich den Teufel mit Pferdefuß und langem Schwanz im Sessel sitzen.
Ich erinnere auch einen sexuellen Missbrauch.
Es war eine furchtbare Zeit.
Ich habe noch ein Foto von der Gruppe mit den beiden Wärterinnen. Wenn es hilfreich ist, ......
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Dr. Matthias Lung aus 85368 Moosburg an der Isar schrieb am 28.02.2021
Grüß Gott miteinander,
1964 waren mein Bruder und ich auf "Erholung" in Schönwald. Mein Bruder das zweite Mal, ich das erste und letzte Mal. Zuvor war mein Bruder in Königsfeld, ebenfalls Schwarzwald. Seine "Tanten" hatten ihn damals auf Hochdeutsch getrimmt, so dass er nach Rückkehr für mich nicht mehr zu verstehen war, denn ich bin mit Stuttgarter Dialekt aufgewachsen.
Wir waren dann aber zu zweit in Schönwald im Scharzwald, 1000m Höhe, damals herrlich ursprüngliches Schwarzwalddorf. Wir waren getrennt. Ich war auf einem Zimmer mit nochmal 3 oder 4 Kameraden. Wir wurden gut behandelt damals. Wir haben jedoch viel geweint, aber dafür wurden wir nicht bestraft. Einmal hat mich ein anderer 5-jähriger anläßlich eines Heimwehanfalls getröstet und sagte "Mei Schneckle" zu mir. Das hat mir gut getan. Meinem damals verhassten Bruder bin ich dann und wann begegnet. Er war im Hinterhaus des Kurhauses Viktoria. Er hat mir vor zwei Jahren gesagt, dass wir uns ganz fest umarmt, uns aneinander geklammert haben, als wir uns begegneten und gar nicht mehr voneinander lassen konnten.
Alles in allem habe ich keine traumatischen Erinnerungen an Schönwald im Schwarzwald, doch ich sehe mich heute noch, alles als 5-Jähriger nicht verstehend mit meiner Karte an Schnur um den Hals im Zug und auf dem Bahnhof Stuttgart stehen. Auf der Karte stand "Triberg im Schw.". Meine Mutter hat sie noch Jahrzehnte aufgehoben.
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Bianca schrieb am 28.02.2021
Hallo ,
Ich war 1985 oder 86 in Salzwedel in einem Heim. Angeblich war ich zu dünn und zu klein. Ich kann mich leider an nichts erinnern, da ich eine postthraumatische Belastungsstörung habe. Ich weiß nur noch, dass wir mit dem Bus abgeholt wurden. Neben mir saß ein Mädchen, das hieß mit Nachnamen glaube ich Erfurt. Ich finde dazu leider nicht viel, außer das es ein Heim gab in Brewitz. Ich habe ab und zu Flashbacks und sehe Bilder an den Wänden und dunkle Räume.
Vielleicht kennt es jemand oder hat die gleichen Erfahrungen gemacht und kann mir etwas weiterhelfen.
Liebe Grüße
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Christine H.-W. aus Hörzhausen schrieb am 28.02.2021
Mit 6 Jahren wurde ich nach Spiekeroog verschickt weil ich ganz schlimm Psoriasis bekommen hatte. Ich hatte von Anfang an Todesangst dass ich nie wieder nach Hause zurück kommen würde. Mein Koffer war bei Ankunft im Heim zwei Tage lang verschollen, ich habe andauernd ins Bett gemacht. Nach 13 Wochen wurde ich nach Hause gebracht, kurz danach war die Psoriasis wieder genauso schlimm wie vorher.
Das Essen war grauenhaft: süsse Milchsuppe mit Nudeln drin, ich musste fast brechen. Abends Schwarzbrotscheiben mit Schmalz, verdünnter Tee der nach nichts schmeckte. Mir war immer kalt, ich musste nackig im Hof stehen und wurde dann mit eiskaltem Salzwasser aus einem Holzkübel übergossen, das war die Therapie bei Psoriasis! Als ich nach Hause kam, war ich total verschüchtert, habe kaum geredet, hatte Angst vor meinem Vater. Heute noch habe ich Alpträume von nächtlichen Bahnhöfen. Habe schon mehrere Therapien wegen Depressionen und unkontrollierten Aggressionsschüben hinter mir.
Ich könnte ein ganzes Buch über diese zwei Jahre schreiben! Ein Jahr nach diesem ersten langen Aufenthalt wurde ich nochmal dorthin verschickt, diesmal mit allen meinen Geschwistern, mein jüngster Bruder war noch sehr klein, ungefähr drei, meine älteste Schwester war 10. Wir wurden getrennt nach Jungen und Mädchen. Es war wieder genauso schrecklich! Zum Glück nur 4 oder 6 Wochen das weiss ich nicht mehr.
Wenn ein Päckchen von Zuhause kam, musste ich es aufmachen und alle Süssigkeiten abgeben, es hiess dass das später verteilt wird damit alle was bekommen. Ich war total enttäuscht und hab das nicht verstanden, weil es nie was Süßes gab! Von der Insel hab ich nur schreckliche Erinnerungen, es ar immer kalt und sehr windig, es gab nur trockenes braunes Gras und Heidekraut, immer war die Luft feucht und klebrig vom Salz, wir mussten immer in zweier Reihen gehen und singen. Ich glaube ich war nur ganz wenige Male am Strand oder im Meer zu baden, jedenfalls kann ich mich daran überhaupt nicht erinnern. Die Tanten haben immer Angst gemacht vor der Flut, oder vor dem Wind oder das einer verloren geht. Ich kann mich nicht daran erinnern, mal richtig gelacht oder laut gewesen zu sein.
Die Aufpasserinnen haben diktiert was nach Hause geschrieben werden sollte!
Noch ein Jahr danach, also 1965 wurden wir noch einmal alle zusammen verschickt, in ein kleines privates Kinderheim im Westerwald, bei einer älteren Dame, Frau Würth. Dort war es etwas schöner, dennes gab ein kleines Schwimmbecken zum Plantschen und einen großen Garten wo wir mit Decken immer draussen spielen und im Schatten liegen durften. Das Essen war aber auch komisch: trockene Haferflocken mit Kakaopulver gemischt am Nachmittag damit wir immer schön satt waren!!
Alle Kinderheimaufenthalte haben mich schon im Kindesalter depressiv gemacht und nachhaltig verstört. Am schlimmsten war das Krankenhaus in Köln und dann direkt im Anschluss die Verschickung nach Spiekeroog. Ich hasse diesen Namen!
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sybille hempel-abromeit schrieb am 28.02.2021
mich würde interessieren, ob noch andere sich an dieses kinderheim in list erinnern, wohin eine gruppe aus süddeutschland (ich damals aus tübingen) verschickt wurde, weil sie oft krank waren, zu dünn etc. habe unter schlimmem heimweh 6 wochen dort verbracht
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angela stark aus celle schrieb am 28.02.2021
hallo ich war zusammen mit meienr zwillingsschwetser 3x zur kur,1976,78 und 80 mit 7 ,9 und 11 jahren,mit 7 in bad pyrmont da haben wir in ein großen saall mit mehr als 50 kinder essen müssen,und der schlafsaal war mit mindestens 7 kindern.mir wurde mein teddykissenw as ich sehr liebte weggenommen,und wir mußten einmal auf dem flur sehn wegen zu lauten redenn.gutes war das wir jeden abend die kleine hexe vorgelsen bekamen ich mochte da ssehr,es gan wnaderungen,an eins ee ,nur ein kind durfte mit dem auto dahinfahrenn er hatte asma ein junge wir anderen mußten laufen und in bad pymont direkt in der stadt waren mal elefanten gelaufen von ein zirkus,und ich mußte in so ein olles solebad was braun war ich wollte da nicht rein,und da war vor mir ein junge drin und ich solte mich vor dem ausziehn slebst mit 7 jahrenn wollte ich das nichtt. und wir mußten durch andere schlafsääle um in ein badezimmer zu kommen,wo ich zusammen mit meienr schwester ein bad nehmen mußte,am letzen abend vor der abreise machte ich ins bett ich war so aufgeregt wieder heim zu dürfen.2 jahre später waren wir dann in bad karlshafen ich war 9 ,meine schwetser auch,wir haben da ganz gut erinnerungen nur einmal bekamm ich ärger weil ich mich mut eine jungen küßte.und ich hattee beim wandern problme weil ich damals ein problem mit dem knie hatte wachkelknie heiß das und ich konnte bei eienr wanderung kein stück mehr laufen,da hat mich die erzierhin huckepack den ganzen weg genommen.zum abschied gab es aufblasbare wasserbälle ,also da wars ganz o,k 1980 dann mit 11 wied er in die kur bad sachsa haus kern.ein großes haus mit tollen garten voll mit pielgeräten ,und wurde einiges geboten und gequält wurden wir da nicht,einmal gabs ne bombendrohnung und die polizei kam da swar spannent,und ann einmal hat ein großes mädchen 14 mein freun eine ohrfeige ggeeebn er hatte eine dicke wange nd ihre hand als abdruck,die bekam voll ärger von den kerns und michael wurde dann verhätschelt er bekamm sogar ein spilezeugauto,ich mußte zum zu nhemen da hin wog nur 25 kilo.und wir mußten hoch zu den kerns uns wiegen lassen das war das einizige unagenehme an der kur.wir bekammen morgens pudding und viel hagebuttentee noch heute erinner der geruch an hagebutten tee mich an die kur.im saal haben wir spile gemacht armer schwarzer kater uns owass,das war recht witzig alles,einmal hatte eine mädchen in ihren brötchen eine wespe oder biene,wir waren auch in dem märchenwald in bad sachsa und sind auch gewandert auf so ein hohen berg,ich mußte damals da zum zahnarzt wegen zahnweh.das heim war an ein berg.es gab da ein rootahriges mädel in mein zimmer die hat uns meiner schweter und mir vorhergesagt das ich mit 30 in ein auto vor ein zug fahre und tod bin und meine schwester i alter von 60 im schaukelstuhl von ein einbrecher die khele durchgschniten bekommt,wir werden dieses jahr beide 52 und ich lebe noch und das mit meiner schwester lachh das wird sicher auch nicht passieren,aber damals waren solche vorhersagen üblich.pendeln und das ganze zeug total intresannt.zum abschluss möchte ich erwähnen das ich die kuren nicht als toll emfund ich wollte da nicht hin ,dennoch wars neimals so das wir geqüält wurden oder sowas nein das gabs nicht nein,nur mein teddy wurde mir weggenommen.wer bilder hat vom haus kern oder berichte über das heim in bad pyrmont oder bad karlshafen kann sich bei mir melden gelchen@gmx.devon allen 3 heimen war mir das in bad sachsa haus kern aber am liebstenn.
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Angelika aus Hamburg schrieb am 28.02.2021
Im Jahr 1966 war ich mit knapp 5 Jahren acht Wochen im Heim in Lüneburg. Das Müttergenesungswerk und der Kinderarzt hatten meiner Mutter empfohlen mich zu ihrer Erleichterung (sie hatte gerade das 4. Kind bekommen) zu verschicken. Sie wollte es eigentlich nicht, sie hatte ja nicht gearbeitet, hat sich dann aber der "Autorität" gebeugt.
Es war eine vollkommen angstbesetzte Zeit, ich wusste nicht warum ich weggeschickt wurde, wo ich überhaupt war und auch nicht, ob ich meine Familie je wiedersehen werde.
Im Einzelnen erinnere ich mich, dass wir jeden Abend so lange auf der Toilette sitzen mussten bis wir Stuhlgang hatten, ich hatte vor lauter Angst keinen, hab dort immer am längsten gesessen, gefühlt die halbe Nacht... daraus hat sich für mich eine manifeste Reiseobstipation entwickelt. Dieser Zusammenhang ist mir erst vor einigen Jahren klar geworden.
Dann entwickelten sich bei mir Pickel mit starkem Juckreiz auf der Kopfhaut, diese habe ich wohl nachts unbewusst aufgekratzt, morgens waren kleine blutige Flecken auf dem Kopfkissen, daraufhin bekam ich nachts Fäustlinge angezogen, damit konnte ich wohl immer noch kratzen, denn dann wurden mir die Hände nachts an das Bett gebunden...
Und ich erinnere mich sehr deutlich an Zwangsessen, Dinge vor denen ich mich sehr geekelt habe (wie Zungenwurst), mussten gegessen werden...
Ich komme erst jetzt mit fast 60 J. an die Gefühle wieder heran die damit verbunden waren, endlich kann ich das betrauern, hatte immer das Gefühl mir ist meine Persönlichkeit aberzogen worden, jetzt macht es Sinn.
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Gabriele aus Bad Nauheim schrieb am 28.02.2021
Ich war öfter in einer so genannten Kur „leider“! Ich habe den Beitrag leider nicht gesehen aber irgendwie diese Seite gefunden. Ich kann es nicht glauben dass mir endlich jemand glaubt. Bevor ich von meiner Mutter weggeschickt wurde sagte sie, schreibe mir das geheime Wort das wir ausmachten und ich komme und hole dich sofort, ich schrieb dieses Wort in meiner kindlichen Schrift immer und immer wieder.... doch meine Mutter kam nicht um mich zu holen. Ich wurde in die dunkle Schuhkammer eingesperrt nachdem man mir mit einem Schlappen den nackten Hintern verhauen hat, ich kann mich daran erinnern dass ich zweimal versucht habe abzuhauen , aber als kleines Kind habe ich mich immer hinter dem gleichen Baum versteckt wo die rothaarige Schwester mich an den Haaren wieder in die Schuhkammer zerrte.
Ich bekam jeden Tag irgendwelche Kapseln zu schlucken, die ich nicht runter bekam und sie dann unter meine Bank im Speisesaal warf, als man die Kapseln nach zwei Wochen fand oje wieder Prügel. Es war eine schlimme Zeit.
Jetzt wo ich mit 60 Jahren das hier schreibe bin ich am weinen.
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Heidrun aus Murrhardt schrieb am 27.02.2021
Nachtrag zum Anfang meines Berichte:
Mir kamen die Tränen als ich diese Reportage sah und ich fühlte eine totale Beklemmung
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Martin K. aus Köln schrieb am 27.02.2021
Ich war wohl im Grundschulalter 6 Wochen im Heim Luginsland/Schwarzwald, eine endlose Zeit, geprägt von Heimweh und Verlorenheit. Ich erinnere mich an große Schlafsäle, eine sonnige Terrasse, auf der Mittagsruhe gehalten wurde, an leicht angebrannten Kakao, an Wanderungen, bei denen wunderbare Heidelbeeren gesammelt wurden ( es war Sommer). Ab und zu kam ein Paket von Zu Hause, ein großes Erlebnis. Dankbar nahm ich die Zuwendung einer jüngeren Betreuerin an. Genau erinnere ich mich an die grenzenlose Bewunderung und unser aller Neid, als ein Junge für mehrere Tage von seinen Eltern besucht wurde, die nah am Haus zelten durften. Endlose Erleichterung als ich von Onkel und Tante, die Urlaub im Schwarzwald machten nach 6 Wochen dort abgeholt wurde.Später bekam ich bei Gruppenreisen oft heftige Heimwehanfälle, die aber vorüber gingen. An direkte Gewalt oä. kann ich mich nicht erinnern-viellecht verdrängt. Was für eine Zeit der pädagogischen Abgründe - und wohl auch ein Geschäftsmodell, diese Kinderverschickung..
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Max Huber schrieb am 27.02.2021
Ich war als 6-Jähriger in Bad Reichenhall, Asthma Kinderheilstätte. Die Erinnerungen, soweit vorhanden, sind furchtbar. Mich würde die Biographie dieses Chefarztes Dr. F. Braun interessieren. Dieser hat mich nach dem Aufenthalt zu einem Kiefernorthopäden mit dem Namen Dr. Dr. Derichsweiler nach München geschickt. Weiss hier jemand mehr bezüglich dieser Ärzte? Die beiden Gruppenfotos mit den Kindern finde ich leider nicht mehr. Die Arztberichte liegen mir aber noch vor.
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Stefan aus Niedersachsen schrieb am 27.02.2021
Was ich noch vergessen habe: Wir wurden mit einer Karte um den Hals (die habe ich noch, meine Nummer war 623351) auf den Bahnhof gebracht und von einer Betreuerin in Empfang genommen. Bei jedem Halt kamen auf der Reise von Ulm bis nach Sylt immer ein paar Kinder hinzu. Laut Notizen meiner Mutter hieß die Leiterin Frau Neubauer und 28 Kinder waren in dem Heim untergebracht. Die zweite Verschickung in die Schweiz lief genauso mit Laufkarte ab.
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Stefan aus Niedersachsen schrieb am 27.02.2021
Ich fand es teilweise sehr erschütternd, was für Geschichten ich hier so lesen mußte. Im Vergleich dazu habe ich wohl ziemlich Glück gehabt. Allerdings war mein erster Heimaufenthalt (39 Tage!) alles andere als schön:

Ich war damals 6 Jahre und wurde sofort nach der Ankunft von meinem 10 Jahre alten Bruder getrennt, den ich nur noch ganz selten sah. Wir durften nachts nicht auf's Klo, eine "Tante" saß auf der Treppe und hielt Wache. An drastische Strafen erinnere ich mich aber nicht. Naja, ich saß fast jeden Tag zum Essen auf der Treppe, weil ich so zappelig am Tisch war. Aber das gab mir auch die Gelegenheit mit den Küchenfrauen zu plaudern, die recht nett zu mir waren. Die Gruppe von meinem Bruder mußte einen kompletten Tag im Bett bleiben, da beim Mittagsschlaf ein Bett gequietscht hatte, was verboten war. Die Freßpakete von den Eltern wurden durch das Personal beschlagnahmt und angeblich unter den Kindern "gerecht" aufgeteilt. Wir haben relativ wenig (in 6 Wochen so ca. 3 mal 2 Bonbons) davon erhalten. Mein Bruder sagte, einen Großteil hätte das Personal selbst gegessen. Manchmal wurde ich von älteren Jungs gehänselt oder drangsaliert. Wo war da eigentlich das Personal? Und dann hatten wir am Ende des Aufenthalts noch alle Mumps!

Aufgrund dieser Erfahrung hatte ich eigentlich keine Lust mehr, das Jahr drauf schon wieder verschickt zu werden. Aber meine Eltern überredeten mich dazu und es ging nach Brisago an den Lago Maggiore (ital. Schweiz). Dort war es super! Wir hatten nette Erzieher, sogar einen Sportlehrer und machten viele Ausflüge und fröhliche Wanderungen. Einmal gingen wir auch Souvenirs schoppen. Damit war ich als 7-jähriger ohne regelmäßiges Taschengeld etwas überfordert. Es gab auch Bastelnachmittage. Zum Mittagsschlaf ging es auf ein Matrazenlager im Bambushain. Dort sollten wir ruhen, durften uns aber paarweise leise unterhalten, etwas lesen oder ruhig spielen. Auch schlafen war erlaubt bzw. erwünscht. Strafen habe ich nicht erlebt, allenfalls Ermahnungen. Auf's Klo durften wir immer. Trotzdem gab es Regeln, die eingehalten werden sollten, also kein Laissez-Faires-Stil. Diese Erfahrungen haben mich wieder mit der Welt versöhnt und ich habe gelernt, daß Kinderbetreuung auch so geht. Inzwischen bin ich selbst Erzieher und versuche es besser zu machen, als die "Tanten" von damals.
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Ellen Henze aus Kassel schrieb am 26.02.2021
Ich wurde Anfang 1969 über die Barmer Ersatzkasse für fünf Wochen nach Wyk auf Föhr in das Kurheim "Schloss am Meer" geschickt.
Auf dem Kasseler Hauptbahnhof wurden die Kinder gesammelt, alle erkennbar an dem Barmer-Rucksack.
Ich musste zur Kur, weil ich öfter unter Bronchitis litt und für den Geschmack der sechziger Jahre angeblich zu schlank war.
Für mich waren die Zeit auf Föhr schrecklich! Ich litt die ganze Zeit unter schrecklichem Heimweh!
Ich wurde zum Essen gezwungen, saß gefühlt endlos vor meinem Teller. Auch wenn die anderen Kinder aufstehen durften. Ich musste aufessen! Auch wenn ich das Essen nicht runterschlucken konnte und auf den Teller spucken musste, wurde ich zum Weiteressen gezwungen.
Zur Kontrolle wurden wir regelmäßig gewogen.
Jeder Tag war straff durchorganisiert: Spaziergänge Hand in Hand in Zweierreihen: Große Mädchen fassen kleine Jungen an, große Jungen kleine Mädchen.
Und dann der tägliche Mittagsschlaf im großen Schlafraum für alle Kinder, egal wie alt. Unter Strafandrohung hielt man absolute Stille! Nur nicht bewegen und schon gar nicht reden. Man durfte nicht auffallen!
Die "Tanten" konnten sich an uns austoben. Wir waren ihnen ausgeliefert. Ich kann man mich nur an eine junge Frau erinnern, Z. P. , die anders war, mitfühlend und freundlich.
Als ich nach zwei Wochen Aufenthalt krank wurde und nachts auf die Toilette musste, bekam ich von der "Aufsichtstante" eine Ohrfeige. Man durfte nicht nachts auf die Toilette. Als sie feststellte, dass ich wirklich krank war, sagte sie: " Dann hast Du das nächste Mal eine Ohrfeige gut!"
Ich bekam Masern und das war mein Glück! Nun musste ich nicht mehr alles essen! Ich wurde in dem Krankenzimmer in Ruhe gelassen.
Die wöchentlichen Karten oder Briefe nach Hause wurden gelesen und "zensiert": "So was möchte die Mutti nicht lesen. Dann ist sie ja ganz traurig. Schreib was Schönes!" Für mich gab es nichts Schönes, nur Lieblosigkeit und Kälte.
Als ich endlich wieder zu Hause war und meiner Mutter davon erzählte, gab es als Antwort:" jetzt ist es vorbei. Da musst Du nicht mehr hin."
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Julia Prabhu aus Berlin schrieb am 26.02.2021
Ich wurde zusammen mit einer Freundin im Alter von vielleicht 9 Jahren nach St. Blasien verschickt. Ich weiss noch, daß wir viel zu wenig zu trinken bekommen haben (vielleicht, damit wir mehr essen?). Ständig hatten wir Durst. Ich habe bei jeder Gelegenheit aus dem Wasserhahn getrunken (war verboten) und sogar aus Bächen im Wald. Das durften wir natürlich auch nicht, man sagte uns, davon könnten wir Tollwut bekommen. Ich wurde gezwungen Milch zu trinken, obwohl ich gesagt habe, daß mir davon schlecht wird. Trotzdem. Die Milch habe ich gleich darauf wieder ins Klo erbrochen. Die 2 Stunden Mittagsruhe fanden in der brütenden Sonne statt (damit wir schön braun werden und gesund aussehen?), so daß meine Freundin einen Sonnenstich bekam. Post wurde zensiert. Ich war so froh, als ich wieder zuhause war.
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Heidrun Herre-Kizzie aus Murrhardt schrieb am 26.02.2021
Im April 1962 wurde ich gerade 8 Jahre und kam mit meinen beiden älteren Schwestern in das Hamburger Kinderheim Niendorf.
Gleich bei der Ankunft wurde ich als so kleines Kind von meinen Schwestern getrennt und kam mutterseelenallein in eine andere Gruppe als meine Schwestern. Ich fühlte mich furchtbar verloren und alleingelassen.
Besonders schlimm war dass ich einmal nachts gefühlt stundenlang mit nackten Füssen im Nachthemd vor der Schlafzimmertür stehen musste, ohne mich bewegen zu dürfen. Der Grund war, daß ich , während der Bettruhe ansprach, sie solle doch bitte nicht den Nasenpobel an die Wand schmieren. Das Mädchen wurde deswegen nicht bestraft, aber ich, weil ich sie kurz angesprochen hatte.
Ein weiteres Erlebnis:
Bei einer Strandwanderung stürzte ich und verletzte mich sehr an dem Eck einer Steinmauer. Wie dies passieren konnte ist mir bis heute rätselhaft.
Ich habe seither am Kinn eine Narbe. Die Verletzung war so vehement, daß ich Nahrung nur mit einem Strohhalm aufnehmen konnte. Der Lippenbereich war total aufgesprungen. Ich bekam keinen Trost.

Ein Päckchen von meinem Zuhause wurde mir gezeigt, aber ich bekam es nicht. Der Inhalt wurde unter allen Kindern verteilt.

Der Kontakt nach zu Hause war nur durch Briefe möglich. Diese wurden jedoch kontrolliert: zum Beispiel wurde der Satz: "es ist nicht schön hier" mit anderer Handschrift ergänzt..."das Wetter"
Diese 6 Wochen waren die Schlimmsten Wochen der Einsamkeit, des Ausgeliefertseins und der Hilflosigkeit in meinem Leben.
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Claudia aus Wuppertal schrieb am 26.02.2021
Ich wurde im Alter von fünf Jahren und 3 Monaten in das Kinderkurheim St. Ansgar in Glücksburg verschickt. Meine psychische Lage war zu dieser Zeit sicher nicht die stabilste, war doch im Sommer 1970 mein Vater bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Ich wollte unbedingt im Sommer 1971 zusammen mit meinem Cousin, der schon im Juni sechs Jahre alt wurde, zur Schule gehen. Die Schuluntersuchung ergab, dass ich die geistige Reife zu diesem Vorhaben hatte, aber zu dünn war. Die ärztliche Empfehlung war ein Kuraufenthalt und so schickte man mich zusammen mit meiner Freundin Silvia für sechs lange Wochen in die Ferne. Für meine alleinerziehende Mutter in diesen schwierigen Zeiten mit zwei Kindern (meine große Schwester war schon 14) sicherlich eine Erleichterung, zumindest für einige Wochen. Ich war noch zu klein, um detaillierte Erinnerungen zu haben, aber einige wenige Dinge werde ich NIE vergessen: Bei den Mahlzeiten saß an meinem Tisch mir direkt gegenüber ein Junge, der NAHEZU TÄGLICH sein Essen wieder in den Teller erbrochen hat. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass er gezwungen wurde, das Erbrochene aufzuessen, aber sehr wohl an meine Panik, dass es jeden Moment wieder soweit sein würde... Mein Essverhalten wurde dadurch nachhaltig beeinträchtigt, auf keine Mahlzeit habe ich mich gefreut, sondern hatte Angst und Ekel davor. Das Ziel, mit ein paar Pfunden mehr nach Hause zu kommen, wurde definitiv nicht erreicht. Ein weiteres Bild im Kopf habe ich von der Massendusche, viele Duschköpfe über einem tiefergelegten Becken, alle Mädchen mussten gleichzeitig und mit derselben Duschtemperatur duschen. Ich erinnere mich daran, dass ich als bibbernder dünner Hering diese Prozedur ausgehalten habe. Meine Freundin Silvia, mein einziger emotionaler Halt in diesen gräßlichen Wochen, hatte so starkes Heimweg, dass sie vorzeitig von ihren Eltern abgeholt wurde. Auch das Gefühl der totalen Einsamkeit und Verlassenheit ist noch abrufbar. Postkarten von meiner Mutter, meiner Schwester, meiner Oma und meinem Cousin, die ich bis heute wie einen Schatz hüte, besagen, dass ich während des Aufenthalts auch mehrere Tage krank war und auf der Krankenstation lag, aber ich weiß nicht mehr, welchen Infekt ich mir eingefangen habe. "Fräulein Gaul berichtet, dass es Dir schon wieder besser geht", so schrieb mir meine Mutter. Weingummi hat sie mir geschickt, nicht, dass ich diese Post etwa erhalten hätte. "Fräulein Gaul hat die Gummitiere an alle Kinder verteilt". Aus heutiger Sicht vermutlich pädagogisch richtig, aber dennoch eine Entmündigung. Ob ich nachhaltige Schäden aus diesem Aufenthalt davongetragen habe, kann ich nicht sagen. Aber ich fühle nur Unwohlsein und Zorn in mir, wenn ich an diese längst vergangenen Tage denke. Als meine Tochter fünf Jahre alt war, habe ich mich fassungslos gefragt, wie meine Mutter es fertig gebracht hat, mich für so lange Zeit fortzuschicken. Ich konnte sie leider nie danach fragen, sie ist schon lange tot.
Claudia
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Speichermann Michael aus Egglham schrieb am 26.02.2021
Ich wurde von meinen Eltern über die BASF nach Bad Dürrheim geschickt, es waren immer 6 Wochen in den ich in Gitterbetten schlafen musste, die teilweise so klein waren das die Füße raus hingen! Ich kann mich noch dran erinnern das ich an das Bett gefesselt wurden bin, auch an die Inhalation den Gestank! Jedenfalls war das immer für mich eine schreckliche Zeit, 6 Wochen alleine mit Heimweh, Ich bin gerade dabei diese Erlebnisse mit Psychotherapeuten aufzuarbeiten... es war eine schreckliche Zeit.. und ganz ehrlich habe ich Angst davor was ich alles verdrängt habe..
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Andi aus München schrieb am 26.02.2021
Ich wurde 1977 als 10-jähriger in das Haus "Schwarzwald" der Barmer -Ersatzkasse in Ühlingen-Birkendorf geschickt und habe daran Erinnerungen, die sich sehr von den meisten Beiträgen hier im Forum unterscheiden. Allerdings konnte ich von diesem Kindererhohlungsheim auch keinen Bericht finden. Im Gegensatz zu den meisten anderen Heimen scheint es eher entspannt zugegangen sein und an außergewöhnliche Drangsalierungen durch Betreuungspersonal kann ich mich auch nicht erinnern. Ich habe auch viele positive Erinnerungen an diese Zeit, wie etwa ein Ausflug zu den Rheinfällen in Schaffhausen, einen Diskoabend oder regelmäßige Spielzeiten in einem nahen Waldstück, wo wir ohne weitere "Einmischung" von Erzieherinnen Hütten bauen konnten. Was mich bis heute beschäftigt, war das sich fast schon frei entwickelnde "Kräftespiel" unter Kindern und Jugendlichen (die jüngsten dürften gemäß einem Gruppenfoto etwa 5 oder 6 , die ältesten 13 gewesen sein), das nach 6 Wochen doch zu einer gehörigen Rohheit untereinander geführt hat. Nach sechs Wochen hatten sich Banden gebildet, es gab "Revierkämpfe" zwischen der Gruppe von "Gorilla" und "Ritschi" und auch an einen sexuellen Übergriff kann ich mich erinnern, bei dem ein Mädchen von mehreren großen Jungs gehalten wurde und ich (ich war der kleinste in der Gruppe "Große Jungs") aufgefordert wurde, dem Mädchen die Hose auszuziehen. Das hätte ich zweifellos auch getan, ohne genau zu wissen weshalb. Zum Glück ist eine Erzieherin dazwischen gegangen. Der Vorfall beschäftigt mich noch heute und ich bin immer noch schockiert darüber, wie schnell ich zum Täter geworden bin, um mein "Standing" zu verbessern. An Konsequenzen oder Strafe hierfür kann ich mich nicht erinnern. Ich kann mich auch daran erinnern, wie ein kleinerer Junge mich darum gebeten hat, sein Freund zu sein, was mich zunächst sehr stolz gemacht hat. Später aber bin ich für diesen Jungen, als Mitläufer im Rudel, zum "Mobber" geworden. Insofern trag ich neben einigen positiven Erinnerungen bis heute auch Bilder in mir die mich belasten. Wie gesagt, dem Erziehungspersonal ist sicher kein Vorwurf zu machen aber für mich, der ich in der Frühpupertät mit unfestem Charakter nicht zwischen Gut und Böse unterscheiden konnte , war der Heimaufenthalt moralisch gefährlich! Diese sechs Wochen waren wahrscheinlich zu lang für mich.
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M. S. schrieb am 25.02.2021
Im Augenblick kommt wirklich alles wieder hoch, daher noch ein kleiner Nachtrag: Auf dem Rückweg von meinem heutigen Arbeitsplatz gibt es ein Trafohäuschen, so eines, das Erdleitungen mit Überlandleitungen verbindet. Mehr als 46 Jahre später werde ich davon noch immer an einen schneebedeckten Hügel erinnert, einen Bach der dort verlief und der flüssiges Wasser führte, weil es knapp über 0°C war. Es war alles sehr nass, auch der Schnee.

Das Trafohäuschen war damals nicht allzu weit weg vom Kinderheim und war meist der Ausgangspunkt für die Folter durch die älteren, stärkeren und größeren Kinder, die immer mindestens zu Dritt waren. Der nasse Schnee blieb mir besonders in Erinnerung, weil mir an einem Tag bei solch einem Wetter der Mund mit Schnee so voll gestopft worden war und ich zusätzlich mit dem Gesicht in den Schnee gedrückt wurde und sich die Kinder auf mich setzten, so dass ich keine Luft mehr bekam und echte Todesangst hatte.

Ob ich mich befreien konnte oder evtl. nur bewußtlos geworden war weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich kurz danach um Hilfe flehend die Betreuerinnen ansprach und Ärger bekam und aufgefordert wurde, mich halt zu wehren. Ich könne die anderen doch auch einseifen oder mit der Faust zuschlagen... Zur Erinnerung: Es waren stets mindestens drei Jungen, alle 2 bis 3 Jahre älter und einen Kopf größer als ich. Ich war zur Kur, weil ich zu klein und zu schwächlich war.

Ich hatte an dem Tag noch mehrere Stunden Probleme mit vorher mir unbekannten Kopfschmerzen und Schwindel. Ich gehe davon aus, tatsächlich aus Mangel an Sauerstoff ohnmächtig gewesen zu sein. Deshalb sehe ich bis heute hinter jedem Trafohäuschen einen mit nassem Schnee bedeckten Hügel.

Alle an diesen übergriffen beteiligten Jungen wurden auf der Weinachtsfeier vom Weihnachtsmann gelobt und bekamen Süssigkeiten und Geschenke, während ich als eines der ganz wenigen Kinder die Rute bekam (von über 100 waren es maximal 5). Ich war ja so ungezogen, einen Jungen mit Heimweh zu trösten, außerdem kam ich von den Jungenwanderungen über Wochen stets durchnässt und verdreckt zurück...
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Hans Knauser aus Stuttgart schrieb am 25.02.2021
Ich war in Bad Imnau... an die erste Nacht erinnere ich mich noch: Zimmernachbarn haben gewimmert vor Heimweh, kahle Wände, Metallstockbetten und vergrämte Nonnen. Die Grundstimmung war furchteinflößend.... ein Kinderknast! Das Essen war lieblos und der Zwang, aufessen zu müssen ging soweit,
daß ich weiteressen mußte, obwohl ich mich erbrochen habe. Von den sechs Wochen dort sind mir nur diese zwei Situationen in Erinnerung geblieben- die restliche Zeit scheint nicht mehr zu existieren. Nach dem Aufenthalt dort, hat sich bei mir ein ausgeprägtes Hospitalismussyndrom gezeigt, wobei dieses nie benannt, geschweige denn behandelt wurde.
Im Rückblick muß ich sagen:
Menschenverachtende Zustände, direkt ableitbar aus einer nicht aufgearbeiteten Geschichte!
Und wieder einmal ist die Kirche der Täter....
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M. S. schrieb am 25.02.2021
Dietmar Pyko aus München erinnert sich an eine systematisch geförderte Denunziation. Ich selber habe das genaue Gegenteil erlebt, ich wurde bestraft, wenn ich "petzte". Es ging dabei um die Übergriffe einer Gruppe älterer Kinder zu meinem Nachteil, siehe mein ausführlicher Bericht. Dabei hatte ich nur auf Hilfe gehofft, diese bleib aber komplett aus. Ich wurde vom Opfer zum Täter gemacht, es soll meine Schuld gewesen sein, dass ich gequält wurde.

Und noch ein Nachtrag zu meinem Bericht: An das Essen selbst habe ich wenig Erinnerung, aber an mehrere Dinge, die mit dem Essen zu tun hatten:

Es gab in dem Heim Kinder, die abnehmen sollten, andere sollten wie ich zunehmen und ein Junge hatte vermutlich Diabetes. Er bekam eine Sonderkost - immer die gleiche! Sechs Wochen lang! Der tat uns allen leid. Wir saßen bunt gemischt, aber immer am selben Platz. Der Diabetiker saß links von mir, an meinem Tisch saßen mehrere dicke Kinder, die tatsächlich regelmäßig Hunger hatten, weil sie für mich unvorstellbar kleine Portionen bekamen. Die wie ich dünnen Kinder hatten das Privileg, beliebig viel Nachschlag holen zu können. Das habe ich teilweise sogar für mich gemacht. Ich weiß nicht mehr, was es dort so alles gab, aber das Essen wird ganz normal gewesen sein, nur der Kamillentee war für mich untrinkbar.

Da ich wie ich bereits schrieb deshalb den Tag über sehr viel Durst hatte, tauschte ich fast jeden Morgen: Ich holte Nachschlag, also Brote o. ä., die ich gegen die Kindertassen mit geschätzt maximal 100 ml Kakao eintauschte.

Der starke Durst hat dabei vermutlich bis heute Folgen: Seit meiner Kindheit trinke ich sehr viel, es gab Zeiten, da trank ich täglich teilweise bis zu 5 oder 6 Liter. Inzwischen sind es meist nur noch zwischen 3 und 4 Liter, teilweise auch mehr und ich werde seit Jahrzehnten regelmäßig von meinen Ärzten gescholten, weil das ungesund ist. Aber ich habe halt immer Durst. Es kommt häufig vor, dass ich eine 1,5 Liter Flasche Cola Zero in wenigen Minuten austrinke. Meist sind das pro Tag 2 Flaschen, dazu kommt dann noch locker ein Liter Milch oder Saft. Wenn ich viel Stress habe, trinke ich mehr! Ich denke, das ist eine der Spätfolgen der Kur, die über 46 Jahren her ist.

Meinen Speiseplan konnte ich dagegen sehr gut an meine Wünsche anpassen. Gab es etwas, das ich widerlich fand oder nicht mochte, wie z. B. Leber, dann gab ich diese an die dicken Kinder am Tisch und holte mir vom Kartoffelbrei und der Beilage Nachschlag. Als Kohlliebhaber (Grünkohl, Rosenkohl und alle anderen Arten) gab es oft etwas, das mir sehr schmeckte, was aber - zugegeben - von vielen anderen Kindern als widerlich angesehen wurde. Für mich muss ich sagen: Das Essen war gut, ich habe keine negative Erinnerung daran.

Natürlich durften wir uns nicht erwischen lassen, es gab massive Strafen, wenn wir nicht ausschließlich von unseren Tellern aßen. Die gängigen Strafen waren langes In-der-Ecke-Stehen, Ausschluß von Gemeinschaftsaktivitäten u. ä. m..
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Monika aus Hannover schrieb am 24.02.2021
Als 9-jährige wurde ich in ein Heim zu Nonnen geschickt. Das Haus sehe ich noch vor mir, kann mich aber an den Ort nicht erinnern. Sehr gut erinnern kann ich mich allerdings an das Martyrium beim Essen. Da mußte immer alles aufgegessen werden. Vorallem abends saß ich oft als letztes Kind im Speisesaal und durfte nicht eher aufstehen, bis der Teller leer war. Mit vollgestopften Backen bin ich dann ins Schlafhaus hinüber und hab dort alles wieder rausgebracht. Das durfte natürlich nicht bemerkt werden, sonst mußte man auf dem kalten Flur stehen. In dieser Zeit bin ich zur Bettnässerin geworden.
Post nach Hause wurde kontrolliert und von Heimweh durfte man nichts schreiben. Es gab dann eine Karte, die schon vorgeschrieben war, da durfte ich meinen Namen drunterschreiben.
Ich war in dieser Zeit eh schon sehr verstört, da mein Bruder kurz zuvor druch eine Unfall ums Leben gekommen war. Dieses völlige Alleingelassensein in erniedrigenden Situationen hat mir einen seelischen Schaden zugefügt, den ich nicht ermessen kann.
Vor der Einschulung war ich schon einmal für 6 Wochen auf Spickeroog und später nochmal auf Föhr doch diese Aufenthalte haben keine so negativen Eindrücke hinterlassen.
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Gertrud (damals) Kramer aus Freiburg schrieb am 24.02.2021
Vor einer Weile schon bin ich zufällig durch einen „könnte Sie auch interessieren“-Link in irgendeiner Online-Zeitung auf diese Seite aufmerksam geworden, und seitdem habe ich mit mir gerungen, ob ich mich hier auch zu Wort melden soll/möchte oder nicht. Was ich zu erzählen habe, haben vor mir schon viele andere erzählt. Trotzdem habe ich mich nun dafür entschieden, es zu tun und habe gemeinsam mit meinen beiden noch lebenden Brüdern die Erinnerungen an unsere „Kur“ zusammengetragen, denn ich denke, jede Geschichte zählt.

Zuerstmal möchte ich aber gerne noch loswerden, wie erschreckend und gleichzeitig irgendwie auch erleichternd/befreiend (ich finde keine besseren Worte) es ist, daß so viele Kinder ähnliches erlebt haben wie meine Brüder und ich. Ich dachte damals, wir hätten einfach Pech gehabt, im „Haus Sonnenschein“ wäre es bestimmt besser gewesen... Niemals hätte ich gedacht, daß das ganze eine groß angelegte, systematische Kindesmisshandlungsindustrie sein könnte, von u.a. Krankenkassen und KIRCHEN unterstützt und finanziert.

Nun aber zu meinem Bericht.
Vermutlich 1980 wurden meine drei jüngeren Brüder und ich zur Kinderkur nach Langeoog geschickt, ins Flinthörnhaus. Wir kannten Langeoog, haben auch einige Verwandte dort, und da meine Mutter uns von ihren schönen Erlebnissen in ihrer eigenen Kur erzählt hatte, habe ich mich trotz der Aussicht, so lange von zu Hause weg zu sein, auch ein bißchen auf die Zeit auf der schönen Insel gefreut. Ich war damals 12 Jahre alt, meine Brüder waren 11, 9 und 7 Jahre alt. Wir hatte eine eher problematische Situation zu Hause und waren alle vier von der psychosozialen Entwicklung her nicht unserem Alter entsprechend, also gefühlt jünger. Mein jüngster Bruder war auch noch nicht in der Schule.
Unser Aufenthalt muss im Herbst gewesen sein; ich erinnere mich an eher wärmere Jacken und daran, daß ich Sanddornbeeren gegessen habe.
Ich weiß nicht mehr, wie wir zum Kurheim gekommen sind, aber ich bin mir sicher, daß wir ohne unsere Eltern mit der Fähre nach Langeoog übergesetzt sind und am Anleger von irgendjemandem „eingesammelt“ wurden.
Eingesammelt wurden dann, im Kurhaus angekommen, auch unsere mitgebrachten Süßigkeiten und persönlichen Dinge sowie unser mitgebrachtes Taschengeld. Ein Kuscheltier durfte man behalten. Die Süßigkeiten haben wir nie wieder gesehen. Ich hatte es irgendwie geschafft, meinem Teddy den Rücken aufzumachen und heimlich eine Hand voll Gummibärchen hineinzustecken, so konnte ich in der ersten Zeit ab und zu mal ein Gummibärchen mit dranklebenden Schaumstoff-Flöckchen essen, natürlich nicht ohne Angst, erwischt zu werden...

Mein Bruder erinnert sich an Angst vor der ärztlichen Eingangsuntersuchung, bei der alle Kinder erstmal nackt bis auf den Schlüpfer auf dem Flur warten mussten, bis sie von einer älteren Ordensschwester einzeln ins Zimmer gerufen wurden. Besagte Schwester Elfriede war zum Glück sehr nett. Zu ihr durfte ich dann aufgrund meiner Neurodermitis auch jeden Morgen gehen und mich am ganzen Körper eincremen lassen. Das hätte ich zwar mit meinen 12 Jahren durchaus auch schon selbst gekonnt, war aber ganz dankbar für diese kleinen friedvollen Momente des Umsorgtwerdens. Es waren so ziemlich die einzigen dort.

Es wurde, wie bei so vielen anderen, vor allem mit Angst, Drohungen, Strafen, Psychoterror und auch körperlicher Gewalt gearbeitet.
Ich erinnere mich an zwei Aufsichtspersonen?Erzieherinnen?, Schwester Annegret und Schwester Jutta. Vor allem Schwester Jutta war schrecklich. Von der Beschreibung her könnte sie die gleiche Person sein wie in einem Bericht ein Stückchen weiter unten vom Dünenhaus in 1968.

Meine Brüder und ich wurden bald nach der Ankunft voneinander getrennt, wir hatten kaum Kontakt, durften auch bei den Mahlzeiten nicht zusammen sitzen, nur wenn ich beim Rausgehen den Kleineren beim Jacke anziehen geholfen habe, war manchmal auch mein jüngster Bruder dabei. Bei einer solchen Gelegenheit stand plötzlich Schwester Jutta hinter mir, verpasste meinem kleinen Bruder eine deftige Ohrfeige und schnauzte in an, er solle gefälligst den Mund zumachen.
Mein kleiner Bruder hatte Polypen und konnte durch die Nase keine Luft bekommen. Als ich Schwester Jutta darauf hinwies, fing auch ich mir eine Backpfeife ein.
Wenn wir nach draußen gingen, war es immer eine Wanderung oder eher ein Marsch in Zweierreihen durch die Dünen. Am Strand waren wir in den ganzen vier Wochen nicht ein einziges mal. Ganz selten sind wir auch durch den Ort marschiert, bei solchen Gelegenheiten habe ich mir immer gewünscht, daß eine von unseren Verwandten uns doch bitte sehen möge.
An irgendwelche anderen Aktivitäten, Spiele oder ähnliches erinnere ich mich nicht.
Auch nicht, was es zu essen gab, aber ich erinnere mich an die Angst bei den Mahlzeiten an den langen Tischen. Mein damals 11jähriger Bruder erinnert sich an Hagebuttentee am Morgen und Pfefferminztee am Abend und schrieb mir: „Ich hatte noch lange nach Langeoog große Probleme mit Quarkspeise und Angst, daß die Spaghetti nach Kotze schmecken“

Ja, auch bei uns musste Erbrochenes aufgegessen werden. Ich erinnere mich an den kleinen Jens, der mit seinen zwei Jahren der Kleinste dort war und einmal seine Suppe oder Haferschleim nicht vertragen konnte, sich auf den Teller übergeben hat und gezwungen wurde, das ganze aufzulöffeln. Was er natürlich nicht konnte, er hat furchtbar geweint, und wurde dann festgehalten, bekam den Mund aufgedrückt und bekam die ganze eklige Portion dann zwangsweise eingeflößt.
Aber natürlich vor den Mahlzeiten alle schön die Hände falten, und wer spricht heute das Tischgebet?

Der gleiche kleine Jens musste, nachdem er einmal eingekotet hatte, im Gruppenwaschraum alleine mit der Hand seine Wäsche waschen. Mein 9jähriger Bruder hat im dann geholfen, da der Kleine weinend vor ihm stand und damit völlig überfordert war.

Dann war da der fünfjährige Markus, der nachts eingenäßt hat und jeden Tag im Waschraum sein Laken auswaschen musste. Außerdem mußte er fast täglich die Toilette schrubben, da ihm öfter mal Stuhlgang daneben ging.

Ich bin mir nicht sicher, aber meine, mich zu erinnern, daß ich eine Nacht auf dem Fußboden neben dem Bett schlafen musste, weil auch meiner Blase die Nacht zu lang war und ich im Schlaf ins Bett gemacht hatte.

Es gab zwei große Schlafsäle, einen für die Mädchen, einen für die Jungs. Nach dem Licht ausmachen durfte man nicht mehr auf die Toilette (Schwester Annegret hat einen manchmal gelassen, wenn keine Gefahr bestand, daß es jemand mitbekommt), reden ja sowieso nicht.
Die Nachtwache saß im Flur zwischen den Schlafsälen und hat aufgepaßt, ab und zu ging sie rum und leuchtete uns mit der Taschenlampe ins Gesicht um zu kontrollieren, ob wir auch wirklich schlafen.
Ich habe damals noch am Daumen gelutscht und hatte eine Heidenangst, erwischt zu werden, oder daß ich mit dem Daumen im Mund einschlafen könnte und es dann die Nachtwache sieht.
Mein damals 9jähriger Bruder ist nachts davon aufgewacht, daß Schwester Jutta ihn an den Haaren gerade gezogen hatte, weil er wohl „zu schräg im Bett lag“.
Kinder, die während der Mittagsruhe im Bett heimlich lasen, wurden ebenfalls von der lieben Jutta an den Haaren aus dem Bett gezogen.

Gebadet, geduscht oder auch nur die Haare gewaschen haben wir uns in den vier Wochen nicht, es gab nur die großen, weiß gekachelten Gruppenwaschräume mit Waschbeckenreihen, wo wir uns mit kaltem Wasser waschen durften.

Es waren auch drei vierzehnjährige Kinder da, obwohl laut meiner Mutter die „Kur“ nur für Kinder bis zwölf sein sollte. Ein Mädchen, Carmen, und ein Zwillingspaar, Christian und seine Schwester, ich glaube, sie hieß Petra oder so. Christian kam manchmal zu uns in den Mädchenschlafsaal und hat sich auf mich gelegt. Ich habe das damals gar nicht verstanden. Heute frage ich mich, wie er es überhaupt geschafft hat, in unseren Schlafsaal zu kommen, ohne daß die Schwestern es gemerkt haben.

Einmal durften wir Briefe nach Hause schreiben, die aber natürlich auch vor dem Zukleben kontrolliert wurden, damit auch ja nichts schlechtes drin stand.
Und wer, wie auch wir einmal, ein Päckchen von zu Hause bekam, hat davon auch nicht viel gesehen. Die beiliegenden Briefe/Karten wurden vorgelesen, der Inhalt wurde einkassiert. Und auch nicht an alle verteilt, sondern von den Schwestern behalten.

Wir hatten Glück und waren nur vier Wochen in dieser Kinderhölle, aber die waren auch lang genug, um uns kräftig zu traumatisieren.

Als wir nach Hause kamen, habe ich unseren Eltern erzählt, was uns dort passiert ist.
Meine Mutter hat mir nicht so richtig geglaubt und es abgetan „so schlimm kann‘s doch nicht gewesen sein“. Heute sagt sie „ich dachte, wir tun euch was gutes“.
Mein Vater, der als Kind während des Krieges übrigens in Kinderlandverschickung war, hingegen hat sich furchtbar aufgeregt und ich glaube, er hat auch einen Beschwerdebrief geschrieben, auf den aber nie eine Antwort kam.
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Ingrid Hellwig aus 23909 Ratzeburg schrieb am 24.02.2021
Mit Entsetzen habe ich die Berichte über die Verschickungskinder gelesen, die soviel Leid erfahren mussten.
Meine beiden Schulfreundinnen und ich gehören definitiv nicht dazu. Wir hatten die schönsten 6 Wochen in dem Kinderheim "Marienhof", Wyk a. Föhr. Wir waren viel an der frischen Luft am Südstrand und haben die Zeit genossen. Es ist zu keinerlei Strafen o.Ä. gekommen. Mittagsschlaf fand zwar statt, empfanden wir aber nicht als schlimm. Ich habe geweint, als es wieder nach Hause ging.....
Ich besuche die Insel 1x im Jahr und mein erster Weg führt immer in das Kinderheim, heute "Friesenhof".
Im Okt. 1962 war ich zusammen mit 3 Schulfreundinnen in Clausthal-Zellerfeld im Kinderheim "Voigtslust". Auch hier haben wir 6 herrliche Wochen verbracht. Viel an der frisch Luft, Pilze sammeln o.ä. Es wurden kleine Theaterstücke aufgeführt. Es ging uns rundum gut.
Dass wir nachts nicht auf die Toilette durften, sondern auf einen Topf gehen mussten, fanden wir amüsant aber nicht schlimm. Wir hatten alle unseren Spaß.
Wir hatten dann wohl großes Glück .....
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M. S. schrieb am 24.02.2021
Seit Jahrzehnten belasten mich Erinnerungen, die ich mit den Jahren immer mehr in Frage gestellt habe, mir erschien es einfach irgendwann unmöglich, dass mit Schutzbefohlenen so umgegangen worden sein könnte. Natürlich ist mir heute längst klar, dass das wirklich so passiert ist und ich nicht ohne Grund auch 46 Jahre später teilweise noch davon träume.

Es war Ende 1974, als ich für 6 Wochen von November bis Dezember zur Kur sollte. Meiner Eltern und ich erwarteten einen Urlaub im (wenn ich mich recht entsinne) Schwarzwald. Ich war noch keine 9 Jahre alt, war aber ein selbstbewußt erzogenes Kind. Ich war nicht ängstlich. Darum hatten sich meine Eltern immer bemüht. Für mich war die Kur tatsächlich ein Urlaub. Da ich einer der kleinsten und schwächsten Jungen in der Klasse war, lautete die Begründung für die Kur: Schwächlich, also Aufpeppeln.

Die erste Zeit begann ganz nett, auch wenn ich einiges sehr traurig fand und nicht verstand: Es wurde im Kurheim jeder Kontakt zu den Mädchen unterbunden. Für mich waren Jungen und Mädchen aber immer gleichwertige Spielkameraden, ich kannte da keinen Unterschied, mein bester Freund zuhause war auch ein Mädchen. Kontakt zum anderen Geschlecht gab es nur auf den mehrstündigen Märschen (Wandern würde ich das Marschieren in Zweierreihen nicht nennen).

Vorne liefen die Jungen, dahinter die Mädchen. Weil ich keinen der als Partner geeigneten Jungen fand, war ich zufällig der letzte der Jungen und traf dort ein Mädchen gleichen Alters, mit dem ich mich wunderbar unterhalten konnte. Sie war zufällig bei den Mädchen ganz vorn. Wir beide waren dort wohl die einzigen Kinder, die Spaß an den Gewalltmärschen hatten, weil wir mit viel Phantasie Geschichten erfanden, miteinander lachten und die Zeit so wie im Fluge verging. Obwohl die Kontakte zwischen Jungen und Mädchen nicht gern gesehen waren, ließ man uns gewähren. Wir gingen jeden gemeinsamen Marsch von Jungen und Mädchen gemeinsam.

Das Mädchen brach sich relativ früh einen Unterarm beim Sport. Sie bekam einen dicken Gips, der später noch wichtig werden sollte.

In der Jungengruppe hatten wir Zimmer mit 6 oder 8 Betten, das weiß ich nicht mehr genau. Ich hatte vom Flur ins Zimmer kommend links das erste Bett und auf der linken Seite am Fenster hatte ein Junge mit viel Heimweh sein Bett. Die ersten Tage ging es noch, aber sein Heimweh wuchs. Zu allen Schlafenszeiten beruhigte ich ihn, redete auf ihn ein, so dass er nicht nächtelang weinend im Bett liegen musste und er (und alle anderen im Zimmer) etwas Schlaf bekam(en). Ich hatte mit der Zeit tatsächlich Erfolg, es ging dem Jungen merklich besser. Ich flog allerdings regelmäßig raus. Nach dem Zubettgehen war unabhängig von der Uhrzeit jegliches Gespräch verboten. Kam eine Aufsicht den Flur herunter, war ich immer am besten zu hören, die weiter am Fenster liegenden Jungen meist nicht, da sie weiter von der Tür weg waren.

Die Standardstrafe war, dass man im Schlafanzug barfuß und ohne Bettzeug oder etwas in der Art in den ungeheizten Waschraum musste. Zuerst meist 1/4 Stunde, im Wiederholungsfall 1/2 Stunde. Ich musste dort stehen, hinsetzen oder hinlegen war verboten. Das habe ich trotzdem oft gemacht, die Aufsicht kam ja nur mit längeren Pausen. Wurde ich erwischt, wurde die Strafe halt verlängert. Kurz und gut: Ich musste sehr viel frieren, ich war über längere Zeit meist mehrmals täglich kaum bekleidet im Waschraum.

Weil ich so mickrig war und mich stets so schön wehrte, hatten mich mehrere ältere Jungen als Lieblingsopfer auserkoren. Es handelte sich um einen harten Kern von drei Jungen, mehr als einen Kopf größer und alle zwei bis drei Jahre älter als ich. Einige andere Jungen kamen im Wechsel hinzu. Da wir November/Dezember hatten, lag häufiger Schnee, meist war es aber eher nass, weil die Temperaturen über längere Zeit um den Gefrierpunkt lagen. Die Jungen quälten mich nach Kräften, dazu gehörte, dass mir die Stiefel weggenommen wurden (Moonboots), ich diese auf Socken aus dem Bach fischen musste oder die Jungen die Stiefel irgendwo in größerer Entfernung in den Schnee warfen, vorher mit Schnee füllten o. ä.. Zusätzlich wurde ich regelmäßig "eingeseift", dabei wurde mir Schnee den ganzen Rücken herunter in die Jacke und die Hose gestopft, aber mir wurde auch häufiger der Mund mit Schnee vollgestopft, so dass ich keine Luft mehr bekam und wurde dann gerne bäuchlings mit dem Gesicht voran in den Schnee geworfen, während die Kinder sich auf mich setzten um zu verhindern, dass ich aufstehen konnte.

Diese Übergriffe waren häufig, fanden regelmäßig auf den reinen Jungenspaziergängen oft im direkten Sichtfeld der Betreuerinnen statt, die mich nicht schützen wollten. Ich wurde stattdessen mit Strafen bedroht, bekam teilweise auch Strafen wegen meiner nassen Sachen und wurde ansonsten nur aufgefordert, mich gefälligst zu wehren. Wie sich das Problem nach einiger Zeit gelöst hat? Meine Freundin mit dem Gips hat dem harten Kern der Folterknechte einige Male mit dem Gips ein paar solide Nackenschläge verpasst - die schissigen großen Jungs hatten sehr schnell eine Heidenangst vor dem kleinen Mädchen! Die Schläge mit dem Gips hatten übrigens nachhaltige Wirkung, die Jungen ließen mich auch auf den reinen Jungenspaziergängen in Ruhe.

Nach einiger Zeit hielt ich mich recht gerne im Waschraum auf: Es war für mich eine Nottoilette (wir durften zu den Schlafenszeiten natürlich nicht auf Toilette) und ein unerschöpflicher Brunnen! Ich habe schon seit ich denken kann eine Art Phobie vor Kamillentee. Wahrscheinlich habe ich mich daran mal als Kleinkind schwer verschluckt o. ä.. Kamillentee verursachte mir als Kind Brechreiz und Krämpfe, ich konnte das Zeug einfach nicht schlucken. Leider war das das häufigste Getränk. Am Tag und Abend gab es nur Kamillentee. Es war aber verboten, etwas anderes zu trinken und es gab abgesehen vom morgendlichen Kakao in so kleinen Tassen mit 100 ml Inhalt auch nichts. Der Kakao war rationiert, eine Tasse pro Kopf und Tag, mehr gab es nicht. Um nicht zu verdursten fing ich sehr früh an, mich in meinen zahlreichen Strafzeiten kräftig aus der Wasserleitung zu bedienen.

Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass ich inzwischen fast dauererkältet war oder man erkannte, dass ich mich längst mit meinen täglichen Strafen arrangiert hatte, aber ich wurde in ein Einzelzimmer strafverlegt. Auf die Krankenstation. Die älteren Jungen waren nicht mehr so ein Problem, ich fing an, mich in dem Laden fast schon wohl zu fühlen.

Meine alten Zimmergenossen beklagten sich allerdings bei mir, weil mit meinem Auszug das Heimweh des einen Jungen wieder ausbrach. Er weinte wieder ganze Nächte durch, was die anderen um ihren Schlaf brachte. Mein Einzelzimmer auf der Krankenstation besaß ein kleines Waschbecken, so dass ich stets genug zu trinken hatte, ich brauchte auch niemandem mehr zureden, damit er sein Heimweh aushielt, ich kam auch nicht mehr mit verdreckter und nasser Kleidung von den Spaziergängen zurück, ich war ein braves Kind wie aus dem Buche geworden.

Nach zwei, drei oder auch vier Wochen, wo ich brav ohne Ende war, endete die ganze Kur, es waren sechs Wochen rum. Da es inzwischen Dezember war, gab es als Abschluss eine Weihnachtsfeier. Es kamen ein Weihnachtsmann und Knecht Ruprecht. Alle Kinder in dem Kurheim wurden einzeln aufgerufen und durften sich nach viel Lob wie brav sie doch seien aus dem Sack des Weihnachtsmanns ein Geschenk nehmen. Darin waren durchweg kleine Spielzeuge und natürlich Süssigkeiten. Auch meine früheren Folterknechte bekamen Spielzeuge und Süssigkeiten. Ich nicht. Ich gehörte zu den ganz wenigen Kindern, die kein Geschenk erhielten (nach meiner Erinnerung gab es vier Gruppen zu je 25 bis 30 Kinder, also insgesamt über 100, von denen drei oder vier oder fünf kein Geschenk bekamen). Wir wurden gerügt und bekamen vor allen Kindern die Rute. Das hat mich so verletzt, dass ich gar nicht sagen kann, ob das körperlich sehr schmerzhaft war, es hat mich gedemütigt und ich habe dieses Unrecht einfach nicht begreifen können. Mir wurde ernsthaft vorgeworfen, dass ich mich trotz aller Verbote und Strafen um den Jungen mit Heimweh gekümmert hatte und viel zu oft nass und verschmutzt von den Spaziergängen wieder gekommen war!

Ich ertrage es bis heute nicht, wenn irgendetwas unfair ist. Das ist ein Trauma, das ich nie überwunden habe.
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Gabriele Lindstaedt schrieb am 24.02.2021
In diesem Heim habe ich ein paar Wochen zur Kur verbracht. Als älteste von 5 Kindern wollte mir meine Mutter die Witwe geworden war wohl etwas besonderes gönnen.
Bereits bei der Ankunft mussten wir uns in Reih und Glied aufstellen und wurden auf die Betreuerinnen verteilt. Hier habe ich schon mitbekommen wie die fuer meine Gruppe zuständige Betreuerin zu einer Kollegin sagte die habe ich schon gefressen. Gemeint war ein etwas übergewichtiges Mädchen, das dann auch nicht allzu viel Freude hatte. Bei einer Gruppenwanderung im Schnee der uns Kindern immerhin bis zu den Knien ging ist die Betreuerin einfach losmarschiert und hat die kleine Dicke hinter sich gelassen. Ich bin dann mit dem Mädchen wesentlich spaeter nachgekommen. Zum Glueck hatten wir den Weg gefunden. Aufgrund dieser Exkursion hatte ich mich erkältet und prompt ins Bett gemacht. Das wurde dann im Fruehstuecksraum thematisiert mit zur Schaustellung des Lakens und ohne Frühstück in die Ecke stellen. An Ostern haben wir Kinder von unseren Eltern Paeckchen bekommen... Davon bekam ich lediglich eine Tuete Bonbons weil man den Rest an Kinder verteilen wollte die nichts bekamen. Abends konnte man die Betreuerin beobachten wie sie sich selbst bedient hat.
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