Verschickungskinder legen Zeugnis ab

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Verschickungskinder legen hier ZEUGNIS ab

Hier haben sehr viele Menschen, seit August 2019, ÖFFENTLICH schmerzhafte Erfahrung mit der Verschickung in Kindererholungsheime, Kinderkurheime und Kinderheilstätten eingetragen, die in der Regel 6 Wochen Alleinunterbringung in einem weit entfernten Kurort zur Luftveränderung bedeuteten. Bitte geht vorsichtig mit diesen Geschichten um, denn es sind die Schicksale von Menschen, die lange überlegt haben, bevor sie sich ihre Erinnerungen von der Seele geschrieben haben. Lange haben sie gedacht, sie sind mit ihren Erinnerungen allein. Der Sinn dieser Belegsammlung ist, dass andere ohne viel Aufwand sehen können, wie viel Geschichte hier bisher zurückgehalten wurde. Wenn du deinen Teil dazu beitragen möchtest, kannst du es hier unten, in unserem Gästebuch tun, wir danken dir dafür! Eure Geschichten sind Teil einer Selbsthilfe von ehemaligen Verschickungskindern, die die Verschickungen in diese Kureinrichtungen schmerzhaft, angstvoll und gewalttätig erlebt haben. Die Erinnerungen anderer helfen uns, unsere eigenen Erlebnisse zu verarbeiten. Sie helfen außerdem, dass man uns unser Leid glaubt. Auch positive Erinnerungen können geschildert werden, es ist wichtig zu wissen, was den Kindern und wer ihnen mglw. geholfen hat. Auch diejenigen, die im Gebiet der „neuen Bundesländer“ (einschließlich DDR-Zeit) in die bisher 130 Kinderkurheime (Liste bisher noch unvollständig) verbracht worden sind, haben die Möglichkeit hier Zeugnis abzulegen.
Alle Geschichten dienen der Dokumentation, als Belegsammlung. Sie sind damit Anfang und Teil eines öffentlich zugänglichen digitalen Dokumentationszentrums. Darüber hinaus können Einzelne, die sehr viele Materialien haben, ihre Bericht öffentlich, mit allen Dokumenten, Briefen und dem Heimortbild versehen, zusammen mit der Redaktion als Beitrag erarbeiten und auf der Bundes-Webseite einstellen. Meldet euch unter: info@verschickungsheime.de, wenn ihr viele Dokumente habt und solch eine Seite hier bei uns erstellen wollt. Hier ein Beispiel

Diejenigen, die uns kontaktieren und Teil unseres Selbsthilfe-Netzwerks werden wollen: Wir organisieren uns in HEIMORTGRUPPEN zum Erinnerungsaustausch, und sind dann den Bundesländern zugeordnet. Gern könnt ihr mit anderne Heimortgruppen aufmachen oder in eine schon bstehende eintreten. Wir schaffen nicht mehr, auf jeden von euch proaktiv selbst zuzugehen, deshalb hier die folgenden Möglichkeiten:

  1. Auf der Überblickskarte nachschauen, ob eurer Heim schon Ansprechpartner hat, wenn nicht, meldet euch bei vorstandsmitglied-fuer-vernetzung@verschickungsheime.de, und werdet vielleicht selbst Ansprechpartner eures eigenen Heimes, so findet ihr am schnellsten andere aus eurem Heim.
  2. Mit der Bundeskoordination Kontakt aufnehmen, um gezielt einem anderen Betroffenen bei ZEUGNIS ABLEGEN einen Brief per Mail zu schicken, der nicht öffentlich sichtbar sein soll, unter: Buko-orga-st@verschickungsheime.de
  3. Ins Forum gehen, dort auch euren Bericht reinstellen und dort mit anderen selbst Kontakt aufnehmen

Beachtet auch diese PETITION. Wenn sie euch gefällt, leitet sie weiter, danke!

Gern könnt ihr auch unseren Newsletter bestellen.

Für alle, die uns hier etwas aus ihrer Verschickungsgeschichte aufschreiben, fühlen wir uns verantwortlich, gleichzeitig sehen wir eure Erinnerungen als ein Geschenk an uns an, das uns verpflichtet, dafür zu kämpfen, dass das Unrecht, was uns als Kindern passiert ist, restlos aufgeklärt wird, den Hintergründen nachgegangen wird und Politik und Trägerlandschaft auch ihre Verantwortung erkennen.

Die auf dieser Seite öffentlich eingestellten Erinnerungs-Berichte wurden ausdrücklich der Webseite der „Initiative Verschickungskinder“ (www.verschickungsheime.de) als ZEUGNISSE freigeben und nur für diese Seiten autorisiert. Wer daraus ohne Quellenangabe und Genehmigung der Initiative Verschickungskinder e.V. oder des AEKV e.V. zitiert, verstößt gegen das Urheberrecht. Namen dürfen, auch nach der Genehmigung, nur initialisiert genannt werden. Genehmigung unter: aekv@verschickungsheime.de erfragen

Spenden für die „Initiative Verschickungskinder“ über den wissenschaftlichen Begleitverein: Verein Aufarbeitung und Erforschung von Kinderverschickung / AEKV e.V.:     IBAN:   DE704306 09671042049800  Postanschrift: AEKV e.V. bei Röhl, Kiehlufer 43, 12059 Berlin: aekv@verschickungsheime.de

Journalisten wenden sich für Auskünfte oder Interviews mit Betroffenen hierhin oder an: presse@verschickungsheime.de, Kontakt zu Ansprechpartnern sehr gut über die Überblickskarte oder die jeweiligen Landeskoordinator:innen


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2835 Einträge
Schiller, Harry aus Braunschweig schrieb am 30.10.2025
Ich würde 1969 über das DRK von meinen Eltern nach Amrum geschickt. 6 Wochen der blanke Terror. Man würde körperlich gezüchtigt wenn man z.b sein Essen nicht auf aß. Ich musste 5 Stunden im Essenssaal verbringen. Ich habe den Dreck trotzdem nicht gegessen. Die Konsequenz war, das ich am späten Nachmittag bei einem Spaziergang mit Schwestern nichts zu trinken mit bekam. Weil ich aber solch furchtbaren Durst hatte, habe ich Nordsee Wasser getrunken. Böser Fehler. Aber eine Schwester namens Sabine, hatte Mitleid und gab mir sogleich Mineralwasser. Die Leitung dieses Heims hatte damals eine Frau Hahn. Die prügelte auf die Kinder ein, wenn ihr was nicht gepasst hat. Heute fast 60 Jahre später lässt mich diese Erinnerung immer noch nicht los. Schlimm.
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Andrea Gerlach schrieb am 30.10.2025
Mit ca. 6-9 Jahren war ich im Schwarzwald in einem Heim. Sechs Wochen wohl!? Ich hatte unwahrscheinlich starkes Heimweh. Ich kann mich erinnern dass dort Ordensschwestern waren. Es war anscheinend so fürchtest dass ich ne Menge davon verdrängt haben muss.
Ich erinnere mich daran, dass die Nonnen vor uns den Nachtisch aßen, den ich nicht bekommen hatte.
Dass ein Kind sein Erbrochenes essen musste.
Meiner Mutter konnte ich das alles nicht erzählen, sie hätte mir nicht geglaubt.
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Sina Ehmke aus Taunusstein schrieb am 28.10.2025
Ich war 1988 am Ammersee in einem Kloster, leider kenne ich den Namen nicht mehr. Ich habe nur noch den Namen der Schwester, die sehr angsteinflössend war im Kopf. Der Aufenthalt war 6Wochen lang und ich wurde zum Essen gezwungen und und in dem Schlafsaal musste man im absolut dunklen schlafen und durfte kein Wort von sich geben. Eine Mädchen hat aus Angst ins Bett gemacht. Sie durfte nicht weinen und würde derb von den Schwestern angegangen und erniedrigt. Ich würde mich freuen, mich nach all den Jahren mit jemandem darüber austauschen zu können, da es immer noch in meinem Kopf als Trauma ist.
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Jeannine Hartmann aus Magdeburg schrieb am 26.10.2025
Hallo,
und ganz speziell an Thoralf,
Nein, du bist nicht allein und bildest dir deine Erinnerungen nicht ein.
Ich war auch 1975 zur Kur in Strausberg. Es war der Sommer vor meiner Einschulung. Ich war also auch ein Kindergartenkind.
Der Grund meiner „Erholungskur“ war mein Gewicht und mein Erscheinungsbild. Ich war ein kleines, blasses und dünnes Mädchen. Auch ich kann mich daran erinnern, mit einem Ikarusbus abgeholt worden zu sein. Ich saß ganz hinten und habe noch meinen Eltern zu gewunken.
Wie ich in Strausberg angekommen bin ist mir völlig entfallen.
Ich habe auch meine Mutti daraufhin angesprochen, sie kann sich daran erinnern, eine Karte bekommen zu haben auf der auch ganz kurz, wie bei vielen anderen stand; „Hallo Mutti und Vati mir geht’s gut“ und sie wusste, dass nicht ich diese geschrieben hatte.
Ich kann mich erinnern, dass meine Eltern mich besucht haben, ich denke nach der halben Zeit nach drei Wochen und zum Ende mich sogar abgeholt hatten.
Das erste Mal sprach ich über dieses Erlebte erst viele Jahre später. Ich glaube, ich war 14 oder sogar 16 Jahre alt.
Daraufhin sagten mir meine Eltern. Wenn wir das vorher gewusst hätten, hätten wir die Erzieherinnen angezeigt.
Das wäre Kindesmisshandlung gewesen.
Aber es war natürlich viel zu spät.
Meine Erinnerungen sind stellenweise noch sehr klar, doch vieles weiß ich auch nicht mehr.
Deine Erinnerung an unsere Erzieherin Frau Hempel ist korrekt. Das war eine der lieben Erzieherinnen. Nur leider hatte ich nicht lange etwas von ihr, denn sie ist entweder krank geworden oder in den Urlaub gegangen.
Danach bekamen wir eine sehr miese/ böse Erzieherin. An diesem Namen kann ich mich nicht mehr erinnern, um dir bei deinen Erinnerungen vielleicht etwas auf die Sprünge zu helfen. Ich kann mich auch an Gutes erinnern.
Es gab dort einen Märchenwald, so nannte ich ihn. Es war eine große Lichtung im Wald mit einem großen holen Baumstumpf & einem großen, toten Baum. Er stand nur noch das Gerüst da. Dort haben wir gerne gespielt und da war die Welt in Ordnung, für mich zumindest.
Es gab auch einen tollen schönen Spielplatz vorm Haus, mit so einer tollen großen Schaukel, dort konnten auf beiden Seiten jeweils zwei oder drei Kinder sitzen.
An andere schöne Dinge kann ich mich nicht erinnern.
Ich kann mich an einen großen Raum erinnern, in denen wir alle schliefen, auf einer Seite vier oder fünf Betten und gegenüber auch vier oder fünf Betten. Ich werde ein Bild in meinem Leben nicht mehr los.
Ein sehr kleiner Junge mir gegenüber liegend, wurde von dieser Erzieherin drangsaliert . Der kleine Junge konnte sein Abendessen nicht herunterbekommen. Ich sehe sie noch auf seinem Bett sitzen, mir gegenüber. Sie holte einen kleinen Holzquirl aus der Küche und rührte und quirlte in seinem Mund, bis er das Essen, jämmerlich weinend, endlich herunter geschluckt hatte.
Ich kann mich auch an einen großen Tisch/Tafel erinnern. An diesem Tisch saßen alle Kinder aus unserer Gruppe in einem großen Saal. Es gab Stulle mit Aufschnitt, Apfelspalten und Tee.
Ich erinnere mich daran, jedes Mal, wenn ich Leberkäse nur rieche. Ich war die Letzte am Tisch, durfte erst aufstehen, wenn ich alles aufgegessen hatte. Die Apfelspalten haben mir etwas geholfen, den Leberkäse herunter zu schlucken aber es war eine Tortur. Während des Essens habe ich die Erzieherin darüber informiert, dass mir schlecht ist und ich mich übergeben müsste. Da hat sie mich in die Ecke geschickt mit dem Gesicht an die Wand dann musste ich mich übergeben.
Mein erbrochenes habe ich selbst weggemacht und sie hat mich beschimpft, wenn das noch mal passiert schicken Sie mich ins Krankenhaus und meine Eltern würden nicht kommen.
Wenn ich jetzt noch Hunger hätte, hätte ich Pech gehabt.
Seitdem trinke ich nur noch Tee. Wenn ich krank bin, kann kein Leberkäse mehr riechen. Und Äpfel sind natürlich auch nicht mein Obst..
Viele Jahre dachte ich, nur ich hätte sowas erlebt.
Erst jetzt weiß ich, dass es so viele von mir gibt, die ähnliches erlebt haben.
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Katja Böger aus Braunschweig schrieb am 25.10.2025
Hallo zusammen,
ich war 1978 im Viktoriastift in Bad Kreuznach. Mein Name war damals Katja Zimmermann. Ich war zum Zeitpunkt der 100-Jahr-Feier dort und gehörte zu dem Chor, der auf der Eingangstreppe zum Jubiläum gesungen hat.
Ich erinnere mich leider nicht gern an diese
Zeit.
Ich würde mich freuen, mich mit euch auszutauschen.
Liebe Grüße
Katja
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Hannelore Fränken aus Mönchengladbach schrieb am 20.10.2025
Ich war 6 Wochen zur Erholung in diesem Heim. Einiges von dem, was die Anderen schreiben, kann ich persönlich bestätigen. Ich bin in Tränen ausgebrochen, als ich die Berichte las.
Ich war ca. 12 Jahre alt und musste Mittagsschlaf machen. Weil ich mich rumgewälzt habe, wurde ich angeschrien. An unserem Mittagstisch war ein Mädchen, welches nicht aufessen konnte. Sie musste sitzen bleiben, bis der Teller leer war. Wir haben ihr dann heimlich mitgeholfen.
Nur die Kinder des Schlafraumes, die besonders ruhig waren, durften samstags länger aufbleiben.
Als ich nach Hause kam, war ich so verändert, dass meine Eltern ganz erschrocken waren. Sie haben sich damals bei der Barmer Ersatzkasse beschwert.
Wenn ich davon erzähle, sage ich immer: Der tägliche
Brief meines Vaters hat mich gerettet.
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Ina Jentzsch (geb. Kollrich) aus Leipzig schrieb am 19.10.2025
Ich wurde im Jahr 1976 für lange 5 Wochen in ein Kinderkurheim, Haindorf-Schmalkalden, verschickt.
Ich war gerade einmal 5 Jahre alt!!! Auf Grund meines Alters habe ich nur wenige
Erinnerungen. Was ich aber bewusst erlebt habe ist die Tatsache, das ich nachts im Flur stehen musste, weil ich vor Heimweh weinte. Auch wurde ich geschlagen/Ohrfeigen weil ich einmal unachtsam gegenüber einem Kind war.
Meine Mutter erzählte mir später, das ich in einem desolaten Zustand nach Hause kam. Ich hatte einen angebrochenen Daumen und ein gebrelltes Knie.
Bis heute mit 54 Jahren und schon in meiner Jugend habe ich psychische Probleme. Ich entwickelte Verlustängste, generalisierte Angststörung, Depressionen, Agoraphobie.
Ich weiß das es vielen von den Kindern ähnlich geht. Bleibt bitte stark!
Herzlichst Ina Jentzsch
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Christina schrieb am 11.10.2025
Aufgrund meiner Hautprobleme wurde ich in den ersten Schuljahren (konnte schon schreiben) zur Lufterholungskur nach Graal-Müritz verschickt. Die meisten Erinnerungen sind weg. Was bleibt ist Willkür, Kontrolle, Unsauberkeit, Hänseleien (auch von den anderen Mädchen), Ungerechtigkeit....Bruchstücke und ein Name, Tante Ilse.
Nächtlicher Toilettengang war verboten, manchmal schlichen wir uns leise raus.
Wir schliefen in einem Schlafsaal. Auch die Nachtwächterin drückte mal ein Auge zu. Ein Mädchen (dunkles Haar, dunkle Augen, Carola?) machte dadurch oft ins Bett. Der nächste Tag war für sie der Horror. Wir gingen am Strand lang, im Wasser waren wir nie, oder sammelten Heidelbeeren. Ansonsten spielten wir im Objekt. War ein großes Areal mit mehreren Häusern und Freigelände. Alles fand unter Aufsicht statt. Wuschen sich die größeren Kinder eine Etage tiefer zur gleichen Zeit, hatten wir kein Wasser. So mußten wir schmutzig ins Bett.
Einen Tag waren die Tanten nicht da, es wurde ein dickes rechthaberisches Mädchen zur Aufsicht bestimmt. Wir hätten ihr zu folgen. Mit einem Mädchen zusammen reinigen wir unseren Waschraum. Recht vergnügt, weil endlich allein und ohne Kontrolle. Danach zurück zu den anderen, wo das bestimmte Mädchen ihr Zepter schwang. Sie bestimmte über alles, ich verweigerte mich. Das brachte mir später eine Strafe der Tanten ein. Welche, ist vergessen.
Die Toiletten waren Holzkabinen in Reihe, wo alle anderen davor warteten. Ein Mädchen wollte ständig meine Tür ausreißen, also hielt ich fest zu. Konnte dadurch aber mein Geschäft nicht erledigen. Dann flog die Tür auf, eine wutentbrannte Tante Ilse davor. Wie ich es wagen konnte, zuzuhalten, wenn sie die Tür öffnen wollte. Sofort ab ins Bett ohne Widerrede. Toilette war gestrichen.
Habe mich später leise im Dunkeln rausgeschlichen.
Spaziergang auf den Dünen, ein Mann verteilte Prospekte. Ich, im kindlichen Übermut, wedelte damit über meinem Kopf und rief "Wer will?". Zack, Tante Ilse hatte es mir aus der Hand gerissen. Ich bat um Rückgabe, die strikt verneint wurde. Hätte es ja nicht gewollt. Mehrmaliges Bitten wurde ignoriert.
Beim Bücken am Stuhl im Speiseraum haute ich mir den Kopf an der Lehne ein.
Sofort wurde ich in die Krankenstube gebracht. Man war besorgt, freundlich, fast liebevoll. Die Falschheit dahinter war spürbar.
Wir, die schon schreiben konnten, mußten Karten nach Hause schicken. Heimweh durfte nicht vorkommen, letztendlich wurde diktiert.
Ich kam schmutzig und Mut einem Ekzem am Kinn zurück, was sich dann vergrößerte. Meine Mutter war entsetzt, lief Sturm, aber gegen Wände.
Ein Trauma ist nicht geblieben, vielleicht hat eine gesunde Verdrängung das verhindert.
Später besuchten mein Mann und ich Graal-Müritz, wollte unbedingt dorthin. Warum, keine Ahnung. "Unser Haus" Sofort erkannt. Auf die Reaktion war ich nicht vorbereitet. Haltloses Schluchzen. Warum? 6 Wochen verlorene Zeit, ein Stück Kindheit?

Ausgelöst durch den Film Schwarzwaldkrimi "Schneekind" kam alles wieder hoch.
Doch mir geht es gut.
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Ulrike Masuch aus Nideggen schrieb am 07.10.2025
Hallo
Ich schrieb gerade über WhatsApp mit meiner Freundin. Wir kamen auf das Kinderheim in Sankt Peter Ording zu sprechen, wo wir gemeinsam hingeschickt wurden. Erinnerungsmäßig war das nah am Meer gelegen.
Ja meine Mutter war immer froh, wenn ich weg war. Aber das Heim fand ich ganz schrecklich.
Aufessen war ein tägliches Thema. Manchmal stand es mir im Hals.
Mittagsruhe. Wehe man hat gehustet oder genießt. Damals waren dort auch Nonnen. Und die standen parat mit ner gefaltenen Zeitung hinter der Tür, die ein Spalt geöffnet war. Als wenn sie darauf gewartet hätten, das ein Geräusch aus dem Raum kam und sie zuschlagen konnten.
Das gleiche haben sie mit meiner Puppe Susi gemacht (ich hab sie immer noch. Meine Seelentrösterin) Sie hat dicke Pausbacken und sie haben ihr mit der Zeitung ins Gesicht geschlagen, weil sie nicht runterschluckt und deswegen die dicken Backen hat.
Ja man könnte darüber schmunzeln. Ich fand es damals ganz grausam.
Einzige schöne Erinnerung, das Blaubeersammeln.
Heute bin ich Rebornerin und färbe und roote Puppenbausätze.
Zu finden ist mein Profil bei Facebook unter
Ulrike Masuch
Rike's Rebornstube
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Meyer, Jacqueline aus Chemnitz schrieb am 07.10.2025
Verschickungsheim Trautenstein im Harz

mein Aufenthalt war 1976 (versehentlich steht 1876 drin).
Oktober - November 1976, 4 Wochen Aufenthalt
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Daniela aus Thueringen schrieb am 05.10.2025
Ich, damals 8 oder 9, befand mich dort, weil ich angeblich einen krummen Ruecken hatte. Erst im Erwachsenenalter hat man mir den wahren Grund mitgeteilt. Mehr dazu aber im persönlichen Kontakt. Was mir wichtig ist: Ich suche die anderen Mädels (Wir hatten ein 3Bett Zimmer), die mit mir dort waren. Wir haben uns abends aus unseren Schulbuechern Lesegeschichten vorgelesen. Alles andere ist vielleicht durch Medikamenteneinnahme aus dem Gedächtnis verschwunden. Stichpunkte: "Gruppen"- Buerstenmassage in Kreisaufstellung, Gestaltung einer Erinnerungsmappe mit bunten Farben und Lederflechtband. Innen mit Karteikarten, wo der Wochenplan aufgeschrieben wurde. Wer kann sich an mehr Details zu dieser Zeit erinnern? Vielleicht die 2 Mädels, die mit mir im Zimmer waren, sie waren damals schon etwas älter, 6. oder 7. Klasse, ich war in der 2. oder 3. Klasse.
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Heinze aus Mainz schrieb am 04.10.2025
Hallo ich grüße Euch !
Ich war zwischen 1972 und 1976 am Ammersee für 6 Wochen in so einer Einrichtung mit Nonnen.Mein Klassenkamerad Ottmar Weinacker (leider finde ich Ihn hier nicht) war zur selben Zeit dort.
Im Bad die Arme nach oben angebunden und geschlagen haben Sie uns mit Stöcke auf den Körper.Wir hatten nur die Unterhosen an und mussten sehr lange jedesmal in der Stellung mit Armen nach oben festgebunden bleiben.Ich werde jetzt mehr recherchieren um das genaue Datum und den Namen der Klinik raus zu finden.Ich hoffe das es was bringt.Im Internet findet man nicht so viel und bei der Krankenkasse kann mir auch niemand helfen.
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Stefan Kessler aus Bad Soden schrieb am 25.09.2025
Ich bin im Sommer 1968 als 6 jähriger nach Passau für 6 Wochen verschickt worden, da ich zu dünn war. Getroffen wurde sich in Höchst am Bahnhof, dann gings gemeinsam mit einer Gruppe Kinder und Betreuern mit der Bahn nach Passau. Das Heim war von Ordensschwestern geführt, es gab aber auch zivile Angestellte.
In meiner Erinnerung bestand der Aufenthalt größtenteils aus Essen und schlafen.
5 Mahlzeiten am Tag
3 Schlafenszeiten:
Nachts: von 19:00-7:00
Morgens: Uhrzeit weis ich nicht mehr genau, aber jedenfalls vor oder nach dem 2. Frühstück.
Nachmittags: nach dem Essen
Tagsüber wurde draußen auf Feldbetten geschlafen und wer nicht geschlafen hat kam in ein Gitterbett.
Da ich als Kind vieles nicht gegessen habe. u. a. Milch, wurde ich gezwungen diese zu trinken. Nachdem ich diese dann über den Tisch gekotzt habe, und am nächste Tag dann nochmal (war wohl eine andere Betreuerin anwesend) war das Thema für mich erledigt, und ich bekam dann Tee.
Einmal in der Woche gabs Abends Würstchen mit Brezeln- das war lecker.
Nachmittags sind wir in den Wald zum Heidelbeeren pflücken. Einmal wurde eine Schiffahrt auf der Donau unternommen und die Nonnen hatten Naschzeug dabei , was verteilt wurde.
Einmal in der Woche wurden wir untersucht: 3 Jungs quer übers Bett gelegt Hose runter und Fieberthemometer in den Hintern.
Die Schwestern habe immer wenn sie uns beaufsichtigt haben gestrickt- es wurden kleine Teddybären gestrickt, jeder hat am Ende einen bekommen. Ich hatte meinen bis ins Jugendalter im Bett liegen.
Schläge haben wir nicht bekommen.
Meine Erinnerung ist, bis auf die Milch, eine gute. Ich hab in den 6 Wochen 6 Pfund zugenommen.
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Yvonne M aus Torgau schrieb am 18.09.2025
Hallo, ich bin Yvonne, 41 Jahre alt und hab mein Leben ganz gut im Griff. Meine Verschickungskur erwähnte ich Jahre lang nur am Rand, bei einem Bier. Ab und an hatte ich Albträume. Doch als mein Kind allmählich dem Alter näher kam, in dem ich verschickt wurde, brach es mit voller Wucht aus mir heraus und legte mich völlig lahm.

Ich kann mich an meinen Kinderarzt erinnern, der mich für zu dünn hielt und ich meine auch gehört zu haben, wie er zu meiner Mutter darüber sprach. Die Bedeutung war mir nicht klar und auch nicht die Auswirkungen.

Meine Eltern erzählten, dass sie mich zum Bahnhof nach Torgau brachten und noch vor den Gleisen ohne Abschied mich übergaben . Kein Winken, keine letzte Umarmung. Das Gefühl ist in mir wieder erwacht, fühle diese Angst und versteh nicht was passiert. Die Reise ist für mich nur schwarz und auch die Ankunft im Heim, bzw den Bahnhof erinnere ich mich nicht. Ich war kürzlich in Schmalkalden und hab das Heim gefunden, der Bahnhof war sofort ein Erinnerungsstück und irgendwie vertraut.
Der Aufenthalt war schrecklich, ich erinnere mich an Essenszwang, Redeverbot, Lieblosigkeit, Einsamkeit und Gewalt. Der Ort war für mich wie ein grünes Gefängnis- in jede Richtung die ich blickte wusste ich, dass hier kein Entkommen ist.
Die riesige Tannen vor den Fenstern stehen heute nicht mehr. In einer Nacht brach der Winter ein, über mir brach das Fenster auf und es schneite und stürmte auf mein Bett. Ich rief um Hilfe, konnte durch die Milchglastür die Siluetten der Erzieherin erkennen, doch niemand kam. Aufstehen war verboten und von den anderen Mädchen im Schlafsaal reagierte keiner. (Bekamen wir Schlaftabletten?) Ich kroch bis ans Bettende um mich vor Schnee und Kälte zu schützen und schlief weinend ein. Am nächsten Morgen kamen die Erzieher und weckten uns- mein Fenster war geschlossen und mein Bett und ich klatsch nass. Ich hatte zudem eine beginnende Erkältung und bekam dafür, dass mein Bett nass war, schimpfe. Ein Mädchen strahlte und freute sich mit Worten „es hat geschneit“ und wurde sofort mit einer vollen Hand aus Schnee von den Tannen vor dem Fenster (2. Etage), beworfen. Hier hast Du Deinen Schnee.
Ich fragte mich, warum sie es nicht bemerkt hatten, den Sturm und den Schnee und kam zu einem mir logischen Entschluss- ich muss es wohl geträumt haben?
Der Gang nach unten zu den Waschräumen war gruselig und überall kalt. Wir durften nicht reden, ich suchte verzweifelt nach Anschluss.
Am Tisch sitzen bleiben, bis aufgegessen war, manchmal vom Mittagbrot bis zum späten Nachmittag. Von meinem Platz aus konnte ich die Kinder draußen spielen sehen und war so traurig, dass ich kein Teil davon sein konnte. Ich aß bis zum Erbrechen, ob ich mich erbrach weiß ich nicht. Heute kann ich mich selbst bei einer Magenverstimmung nicht entleeren, ich halt es mit Macht zurück.
Ich hab an diesem Ort mit 6Jahren aufgegeben zu leben, ich dachte, dass ich nie wieder nach Hause komme. Dass mich alle längst vergessen haben und keiner meiner Familie mehr an mich denkt. Bis ein Brief meiner Oma eintraf, ich weiß heute noch, was mir vorgelesen wurde.
Ich war wütend und noch trauriger, daheim ging das Leben einfach weiter und ich muss hier bleiben, fühlte mich noch einsamer. Da ich noch nicht schreiben konnte, taten das die Erzieherin, ich denke, dass mein Gesagtes nicht aufgeschrieben wurde. An die Heimfahrt erinnere ich mich nicht. Meine Mutter erzählt mir heute, dass ich Sie nicht erkannt habe. Dass Sie von meinem Anblick sehr erschrocken war, dass ich noch dünner war, als vor der Kur.
Daheim schlief ich nicht mehr allein und wenn nur mit Licht, hatte Angst vor dunklen Räumen, unseren Keller oder der Scheune. Ich aß auch daheim nicht, meine Mutter dachte, dass ich Sie abstrafe. Dabei erkannte Sie mein Trauma nicht und irgendwann hatte ich es tief in mir verdrängt. Mein Leben lang war ich entweder Magersüchtig oder Adipös. Kenne kein Maß und war weder in dem dünnen noch dicken Körper jemals ich. Angst vor allem blieb, mutig wurde ich erst nach der 1. Lehre, die ich auch weit entfernt von der Heimat absolvieren musste. Auch da quälten mich Heimweh bis ich Anschluss fand. Den Zusammenhang konnte ich nicht herstellen.
Als ich in Schmalkalden an dem Heim war, kam mir alles viel kleiner vor, doch die Gefühle fühlte ich dort erneut. Als säße meine kleine Kinderseele noch immer auf dem Bett und wartet abgeholt zu werden.

Ich hab nach Akten gesucht, nach Zeitzeugen oder Menschen, die auch dort waren. Eines ist wirklich seltsam- das Kinderheim Haindorf ist weitgehend unbekannt, selbst im Archiv Schmalkalden hörten sie von mir zum ersten Mal davon. Eine nette Dane erzählte, dass sie als Kinder nicht auf den Berg zu diesem Ort gehen durften- es war verboten.
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Valle Giuliana aus Essen schrieb am 14.09.2025
Guten Tag an alle Mitbetroffenen!
Einen Erfahrungsbericht habe ich vor einigen Jahren bereits geschrieben. Und eine Dame war so nett, kurz zu schreiben. Danke nochmal! Da inzwischen mein PC durch ein Virus komplett zerstört wurde, weiß ich leider nicht einmal mehr den Namen der Kinderpflegerin, die wohl noch lebt.
Ich war im Sommer 1969 in Mambach (heute: Zell im Wiesental) u. wurde im Laufe des Aufenthaltes 6 Jahre alt. Altersbedingt weiß ich Vieles einfach nicht mehr. Die wenigen (negativen) Erinnerungen habe ich im Erfahrungsbericht geschildert.
Ich möchte gerne wissen: Wie hieß das Heim? Im Netz finde ich nur die `Bergklause` Maria Frieden, u. ich zweifle, daß es sich dabei um mein Heim handelt; es sieht einfach anders aus, als auf den Bildern, die ich noch habe (ich habe nicht die techn. Ausstattung, sie hochzuladen).
Hier meine Fragen:
Gab es in Mambach noch mehr Heime? Meines lag etwas außerhalb, etwas höher gelegen. Hinter dem Haus begann gleich der Wald.
Kann sich vielleicht jemand an mich erinnern? Ich war wie gesagt 5, wurde 6, war aber sehr klein, sehr dünn u. sehr eingeschüchtert. Ich hatte dunkles, kurzes Haar. Ich schlief in einem Dreibettzimmer.
Was wurde eigentlich tagsüber getan? Ich erinnere mich lediglich an kurze Malstunden.
Wurden wir liebevoll oder eher grob gewaschen u. an-/ausgezogen?
Welcher Grund könnte bestanden haben, mich allein an einen kleinen Einzeltisch zu setzen - kurz vor der Tür - , während die anderen Kinder alle an einem großen Tisch saßen? Noch dazu saß ich allein dort.
Warum nur mußte man Kinder mit so schrecklichem Essen quälen? Ich erinnere mich an Salat mit weißer Sauce u. irgendwelchen Brotstücken sowie Rosinen, an ekliger Schokoladensuppe sowie Fruchtsuppe. Vor dem Salat habe ich oft noch sehr lange gesessen. An Schläge kann ich mich nicht erinnern.
An das Frühstück habe ich null Erinnerung.
Warum hat man uns nicht einfach freundlich erklärt, daß wir nicht für immer dort bleiben müßten? Natürlich sind 6 Wochen kein Zeitbegriff für ein kleines Kind, aber für mich war erschreckend klar, daß ich - warum auch immer - nun immer dort leben müßte.
Gab es überhaupt Freundlichkeit?
Warum nur sollte man nachts nicht auf die Toilette gehen, aber wehe, man nässte ein?
Falls sich jemand an mich erinnert oder mir helfen könnte, den Namen des Heims zu erinnern, würde mich das sehr freuen. Übrigens, wenn aus den Fensters des Speise-/Gemeinschaftsraums schaute, sah man etwas entfernt auf einem kleinen Hügel eine Kapelle. Vielleicht hilft das.
Auch weitere Namen von lebendem Personal würden mir helfen.
Alles Gute an Sie alle!
Giuliana
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Eva Gerken aus Hamburg schrieb am 14.09.2025
Im Alter von 8 Jahren wurde ich vom Hamburger Schulferien verschickt weil ich zu klein und zu dünn war, außerdem hatte ich ständig Mandelentzündungen. Leider hat niemand bemerkt, dass ich, vermutlich im Alter von ca. 2 bis 3 Jahren an Tuberkulose erkrankt war und somit auch nicht entsprechend behandelt wurde. Meine traumatischen Erfahrungen dort waren der Essenszwang und das schlagen der Kinder. Am 28.8.59 schrieb die Leiterin meinen Eltern, dass ich häufig über Übelkeit geklagt hätte und keinen Appetit habe, tatsächlich habe ich stark und häufig erbrochen und kam ins Krankenzimmer, wegen der Diät ging es mir dann besser. Damals wusste man wohl noch nichts über Laktoseintoleranz und die Mengen der Mahlzeiten waren für Kinder viel zuviel. Ein Mädchen in meinem Zimmer weinte jeden Abend vor Heimweh und wurde deshalb geschlagen. Die Post an unsere Eltern wurde kontrolliert, wir durften nicht schreiben was wir wollten, ich habe noch die Briefe von damals.
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Sylvia Schmilewski aus Salzgitter schrieb am 13.09.2025
… es gibt da diese Packung Kekse.

Wenn ich die in einem Regal im Supermarkt sehe, wird mein Herz zu dem eines achtjährigen, zutiefst verletzten Kindes.

In meinen zweiten Sommerferien 1975, wurde ich in gutem Glauben, von meiner Mutter in den Schwarzwald zur Kinderkur verschickt. Sie dachte es tut mir und ihr gut.

Zurück ließ ich auch meine Schwester Susan, (deren Name in einem der in der Kinderkur wöchentlich zu schreibenden Briefe, übergriffig in Susanne geändert wurde). Mein, nach der Trennung meiner Eltern und dem cholerischen, prügelndem Vater, übrig gebliebenes zu Hause, Oma, Opa, Omi, Garten, Sicherheit.
Ein Ortswechsel, eine Scheidung, eine neue Schule, neue Freunde, oder eher weniger. Die Erinnerung ist schwer, oder besser - ganz tief versteckt.

… mit diesen Keksen beginnt die Mauer der Verbannung von Erinnerungen zu bröckeln. Ich sehe sie und mir fällt wieder einiges ein. … ich falle …

Omi Trudchen, meine geliebte Uromi, gab sie mir mit auf die Reise, die sehr lange dauern sollte. Im Zug, allein, über Stunden in den Schwarzwald unterwegs, konnte ich davon gar nicht naschen.

Alles was ich hatte, tragbar für eine Achtjährige, wurde mir abgenommen mit dem Versprechen das alles für Alle aufgeteilt wird. Mein Koffer kam vorerst nicht mit an. Auf einen Keks von Omi wartete ich wochenlang, täglich vergebens. NUR EIN BISSCHEN HALT, BITTE!

… der Koffer! Ich weiß nicht wieviele Tage ich nur im Schlüpfer, beschämt, Schlafen, über den kalten Flur zur Toilette gehen, an den Jungs vorbei, war.
Schuhe putzen im dunklem Hinterhof; warum nur hatte ich kein Schuhputzzeug und wurde dafür noch vor allen getadelt? Und warum weinst du!

… Erinnerungsbruchstücke!

Gewürfelte Karotten, lecker waren sie sicher nicht, denn dieses kleine Mädchen lebt von gutem Gemüse aus Oma`s Garten. Ich kann nicht sagen, wie lange ich allein in dem großen Esssaal sitzen musste. Vor dem Teller mit kalten Möhrenwürfeln; ich muss sie wohl zwangsläufig gegessen haben. Erinnerung an „sich übergeben“. Das kann ich bis heute nicht gut …

Und vieles mehr; … lass ich wohl lieber in der dunklen Keksverpackung.

Meine Mami sagte mal: „ich dachte ich tu meinem Kind was Gutes; zurück kam nicht mehr meine Sylvia.“

Wie Recht sie hat, weiß sie bis heute nicht!
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C. Saubert aus Zorneding schrieb am 10.09.2025
Mir wurde 1967 der Blinddarm entfernt, der Grund war, daß "der Bub noch gscheid wachsen soll". Medizinsch kann ich das nicht beurteilen....
Anschließend kam ich für ein paar Wochen in ein Erholungsheim im Raum Passau. Genauere Informationen dazu hab ich nicht.
An einem Tag bauten wir Kinder im Wald eine Holzhütte aus dem Holz, das da rumlag, also sehr einfach. Die Hütte fiel dann auch schnell einfach wieder ein. Ein anderes Kind machte mich als Schuldigen dafür aus und haute mir einen dieser Holzprügel über den Kopf, was mir eine recht stark blutende Wunde beibrachte. Die Betreuerinnen verbanden mir diese Wunde selbst ganz einfach. Beim Zubettgehen am Abend gab es eine Kissenschlacht unter den Kindern in meinem Zimmer, ich wollte schon auch mitmachen. Das Resultat war, daß meine Kopfwunde wiederum sehr stark blutete. Daraufhin banden mir die Betreuerinnen meinen völlig verbluteten Kopfkissenbezug zusätzlich um den Kopf ohne weitere Behandlung und schickten mich mit heftigsten Vorwüfen allein in eine kleine Kammer für diese Nacht, schon als Strafe gedacht und daß ich keinen weiteren Schaden mehr anrichten könne. Ich trug keine weiteren Schäden davon , pädagogisch war meiner Meinung nach das ganze schon sehr unprofessionell, medizinisch war das wohl auch ziemlich fahrläßig. Und ich war über die doch sehr harten Behandlungen schon recht geschockt Man könnte jetzt auch sagen, es wäre der Zeit geschuldet gewesen, ich weiß nicht! Meine Eltern meinten später dazu nur, daß es ja nun eh schon vorbei wäre. Heißt aber absolut nicht, daß ich Rabeneltern hatte, auch das kann sicher eine eher zeitgemäße Reaktion gewesen sein.
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Peter W. schrieb am 09.09.2025
Hallo,
ich bin Peter und war als 5 jähriger im März 1974 für 6 Wochen zur "Kur" auf Norderney im 'Haus Warburg".
Obwohl ich mich heute an keine konkreten übergriffigen Situationen erinnere, war diese Kur für mich eine doch sehr traumatische Erfahrung, die mir in meiner heutigen Situation noch einige Probleme bereitet, an deren Aufarbeitung ich aktuell arbeite.
Ich erinnere mich wie ich seinerzeit früh morgens zu einer anderen Familie in den Zug gesetzt wurde, um alleine, losgelöst von meinen Eltern und meinen Geschwistern, nach Norderney zu fahren. In Erinnerung blieben mir auch, dass wir dort mit der dortigen Kindergruppe zusammen am Strand Muscheln sammelten und wohl mehrmals das dortige Meerwasser-Wellenbad besuchten. Was mir zeigt, dass die Zeit dort so traumatisch für mich geblieben ist, ist die Tatsache, dass ich mich erinnere, dass ich sowohl Zeiten dort, aber vor allem meine anschließende Ankunft zu Hause wie in Trance erlebte. Wie mir auch meine Geschwister erst noch vor kurzem beschrieben, kam ich zu Hause, entgegen der Erwartung meiner Familie, völlig apathisch wieder an und sprach lange Zeit kein Wort. Erst Stunden später, als mir am abendlichen Küchentisch ein Missgeschick widerfuhr, brach es dann aus mir heraus sodass ich weinend in einer Ecke der Küche zusammenbrach. Meine Eltern waren offensichtlich mit der Situation überfordert, da sie anstelle meine Verzweiflung zu erkennen und mich in die Arme zu schließen, mich nur über die Unbedeutenheit des Missgeschicks zu trösten versuchten.
22 Jahre später, als es mich mit meiner Lebensgefährtin bei einer Fahrradtour wieder nach Norderney zog, suchten wir auf gut Glück eine Unterkunft auf Norderney und fanden sie in einem Jugendgästehaus. Es war, wie sich später herausstellte, tatsächlich das damalige 'Haus Warburg'. Nachdem wir dort ein Zimmer bezogen und ich dann den Waschraum aufsuchte überkam es mich nach 22 Jahren erneut und ich brach, für mich als junger Mensch völlig unüblich und unvermittelt, heftig in Tränen aus. Zum Glück reagierte meine Lebensgefährtin sehr verständnisvoll, wenn auch überrascht. Am nächsten Tag zeigte uns die dortige Herbergsleiterin eine Sammlung von alten Kindergruppenfotos, die damals auf den Stufen vor dem Haus aufgenommen wurden, auf denen ich mich aber leider nicht wiedererkannte.
Jedoch fand ich später zu Hause bei meinen Eltern tatsächlich auch ein solches Gruppenfoto auf den Stufen vor dem gleichen Backsteinhaus auf dem ich mich zweifelsfrei erkannte.
Auf der Rückseite dieses Fotos hatte meine Mutter mit mir 1974 glücklicherweise den Namen des Hauses, den Monat des Aufenthalts, die Namen aller Gruppenmitglieder, an die ich mich noch erinnern konnte, und die Namen der beiden Gruppenleiterinnen notiert.
Die Gruppenleiterinnen nannten wir demnach "Tante Martina" und "Tante Therese". Die Vornamen der Kinder waren: Arno, Martin, Peter (2x), Bernd, Stefan (2x), Volker, Christian, Günther, Michaela, Alexandra (2x), Carsten, Christine (Schreibweisen können abweichen)

In den vergangen Tagen besuchte ich die Insel und das Haus erneut, um meine Erinnerungen und Emotionen aufzufrischen. Das Haus heißt jetzt "Gäste- und Jugendhaus Klipper" und wurde in den vergangen Jahren teilweise neu aufgebaut, sodass ich wenig wiedererkannte. Auch das Wellenbad ist jetzt nicht mehr an genau gleicher Stelle.

Da ich gerne mehr aus der Zeit dort in Erfahrung bringen möchte, wäre ich an Berichten aus dem Haus zu dieser Zeit sehr interessiert und teile auch gerne das Foto mit den damaligen Zeitgenossen. Bin erreichbar unter tw_04062010(at)t-online.de
Es wäre auch interessant zu erfahren, was aus all den anderen Gruppenfotos, die mir 1996 gezeigt wurden, geworden ist.
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Gerhard Stumpf aus Trappstadt schrieb am 05.09.2025
Als 11Jähriger fuhren wir in Gruppen
Von Schweinfurt nach Scheidegg wegen Unterernährung
Hatte Anfangs starkes Heimweh
Wurde aber mit der Zeit immer
besser war eigentlich ein guter Schüler habe beim Essen immer
Nachschlag geordert dadurch besonders beim Spinat konnte ich immer was auf Teller lassen
Nach 2 Wochen durften wir raus
hinter Klinik Fußball spielen.Haben
mal Ausflug zu Fuß zum Pfänder Bodensee gemacht.
Geschlagen und misshandelt wurden
wir nicht am 25 Juni ging es wieder nach Hause hatte 300gr. zugenommen. Muss bis heute an den
Aufenthalt denken war erstes mal
Von zuhause weg.
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Birgit schrieb am 28.08.2025
Ich war in obigem Heim, habe aber (Gott sei Dank)nur gute Erinnerungen. Leider finde ich nirgends eine Adresse. Kann mir hier jemand weiterhelfen? Vielen Dank im voraus.

Birgit
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Michelle schrieb am 20.08.2025
Im Februar 2022 habe ich schon Zeugnis abgelegt.
Inzwischen ist das Kinderkurheim in die Liste der Verschickungsheim Baden-Württemberg aufgenommen worden.
Da es sich um ein Privat geführtes Heim handelt, ich mich aber erinnern kann von Nonnen betreut worden zu sein und ich das Haus anders in Erinnerung habe als das in Waldrennach vermutete ist mein Verdacht, dass ich woanders hingebracht wurde. Ich kann mich auch an eine an die Zugfahrt anschließende längere Busfahrt mit vielen Kindern erinnern. Ist sowas jemanden bekannt, dass die Kinder in andere Heime verbracht wurden? Gab es in der Nähe von Waldrennach/ Neuenbürg ein katholisch geführtes Kinderkurheim im Jahr 1978?
Über eine Rückmeldung würde ich mich sehr freuen, da ich dieses Thema gerne für mich aufklären würde.
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Monika aus Dortmund schrieb am 19.08.2025
Drei Verschickungsheime
Ich war 1952 bei meiner Geburt mit 59 cm und etwas über 3000 g Gewicht ein großes, aber für die Familie und die Ärzte ein zu leichtes Kind. Damit war der Grundstein für das Thema „Essen und Gewicht“ in meinem Leben gesetzt.
Nahrungsverweigerung im Alter von sieben Monaten mit folgender Klinikeinweisung und Sondenernährung trugen nicht dazu bei, dass sich die Bedeutsamkeit des Themas „Essen und Gewicht“ für meine Familie änderte. Daraus ergaben sich im Laufe meiner Kindheit drei ärztlich verordnete Aufenthalte in Kinderkureinrichtungen, über die ich hier berichten möchte.

1955, im Alter von drei Jahren wurde ich das erste mal verschickt. Es ging für 4 Wochen in eine private Kinderkureinrichtung nach Bad Sassendorf.
Mein Erinnerungsvermögen an diese Zeit ist stark begrenzt. Was ich erinnere ist lediglich ein kleines Zimmer, in dem unter anderem mein Bett stand. Es hatte keine Gitter sondern ein Netz. Dunkelheit und ein grelles Licht an der Decke wenn jemand ins Zimmer kam. Ich habe viel geweint. Als meine Mutter irgendwann kam und mich wieder abholte, fuhren wir mit der Bahn heim. Meine Mutter hatte mir einen Kasten mit einer kleinen Puppe mitgebracht, die ich nicht annehmen wollte. Wie sie aussah weiß ich noch genau. Ich weiß auch, dass ich mit meiner Mutter nicht gesprochen habe.
Noch heute kriege ich ungute Gefühle wenn ich daran denke , an den dunklen Raum und das Gefühl von Trauer und Verlassenheit.
Drei Jahre später, als ich 1958 zu meiner nächsten Kinderkur verschickt wurde, schrieb meine Mutter in einem Brief an die Betreuerin in Bad Rothenfelde Folgendes:
Sehr geehrtes Fräulein,
gestatten Sie mir, daß ich ein paar Zeilen schreibe. Ich wünsche für mein Kind und mich, daß es sich bald einlebt und nicht Heimweh hat. Monika ist nämlich zu Hause ein sehr lustiges und bewegliches Kind. Als sie drei Jahre alt war, schickte ich sie in ein Privatkinderheim nach Bad Sassendorf. Monika lag dort fast 14 Tage krank und hatte nach der 4-wöchigen Kur abgenommen; sie war seelisch tief erschüttert und hat es mir längere Zeit nachgetragen, daß ich sie fortgeschickt hatte. Nun ist sie ja verständiger und ich habe versucht, ihr diese Kur sehr farbenfroh zu schildern. Sie ist auch fortgefahren, ohne zu weinen, aber sie sprach kein Wort mehr mit mir und schaute mich vorwurfsvoll an. Ich will nur sagen, daß ich einige Sorgen habe, ob sie sich auch nicht grämt, denn sie braucht viel Liebe und Freundlichkeit ………

1958, ich war 6 Jahre und gerade in die Schule gekommen, wurde ich für 6 Wochen nach Bad Rothenfelde , Haus Sonnenblick, Waldstraße 6 verschickt.
An diese Kinderkur habe ich, außer Heimweh und Trennungsschmerz, keine schlechten Erinnerungen.
Ich erinnere mich an Spielen, Singen, Spazier- und Kirchgänge und Solebäder in großen Holzbottichen. In letztere wurden immer je zwei Kinder gesteckt, und wir mussten darin eine Zeitlang sitzen.
Da ich frisch eingeschult war, schickte meine Mutter mir regelmäßig Aufgaben, die meine Freundin daheim für mich abgegeben hatte. Die Betreuerinnen ließen mich Schreiben und Rechen üben während die großen Kinder Briefe nach daheim schrieben. Einmal schickte mir meine Mutter ein Paket mit einer Stoffkatze und Süßigkeiten. Die Katze durfte ich zum Spielen behalten. Die Süßigkeiten wurden an alle verteilt.
(Die Briefe, die meiner Mutter an die Betreuerinnen schickte und die vielen bunten Karten meiner Familie an mich, habe ich alle noch. Auf jeder zweiten Karte schrieben sie oder meine Großmutter, ich solle brav sein, tüchtig essen und schön dick werden.)
Ich habe keine Erinnerungen, ob andere Kinder zum Essen gezwungen wurden. Ebenso wenig erinnere ich mich an Demütigungen oder Bestrafungen in irgendeiner Art.
Ich habe als Kind kein Rind- oder Schweinefleisch gemocht. Wenn es Suppe mit Fleisch drin gab, hab ich die Fleischstücke ganz geschluckt, weil ich Angst hatte, gescholten zu werden, wenn ich rummäkele. Das kannte ich schon von daheim von meiner Großmutter.

1961, ich war 9 Jahre, wurde ich für 6 Wochen in das Kindererholungsheim Haus Sonnenschein, Nordseebad Wittdün auf Amrum, verschickt.
(Auch von diesem Aufenthalt habe ich Karten und den Briefwechsel mit meiner Familie.)
Ich erinnere mich an eine lange Reise per Bahn und Schiff mit vielen anderen Kindern und einigen Betreuerinnen. Eine von den Betreuerinnen war, glaube ich, auch später auf der Insel für meine Gruppe zuständig.
Im Haus Sonnenschein wurden wir auf unsere Zimmer verteilt. Mädchen und Jungen auf unterschiedlichen Etagen. Ich habe mit vier anderen Mädchen auf einem Zimmer gelegen.
Unsere Koffer wurden weggeschlossen und nur einmal in der Woche hervorgeholt, um die Wäsche zu wechseln.
Mein Bett war zu kurz. Ich habe das gemeldet, aber es hat keinen gekümmert. Ich konnte mich somit die ganze Zeit über nicht in meinem Bett ausstrecken und musste mit angezogenen Beinen schlafen.
Meinen Briefen nachhause entnehme ich, dass wir um 7:15 aufgestanden sind. Nach dem Waschen ging es zum Frühstück. Ich weiß nicht mehr genau, was es zu essen gab. Ich glaube es waren Milchsuppen, Brei oder Ähnliches. Ich mochte nichts von allem, habe aber aus Angst alles gegessen. Beim Frühstück wie bei allen anderen Mahlzeiten galt, es muss aufgegessen werden, am Besten mit Nachschlag. (Letzteres galt nicht für die übergewichtigen Kinder.)
Wer erbrach, musste dann trotzdem weiter essen. Solange das nicht erledigt war, musste das Kind an seinem Platz sitzen bleiben. Kinder, denen das passierte, weinten meist und wurden dann ausgeschimpft.
Nach dem Frühstück mussten einige Kinder wieder ins Bett, um dort bis kurz vor dem Mittagessen zu liegen. Ich hatte Glück und gehörte nicht dazu.
Die anderen Kinder, die nicht wieder ins Bett mussten, durften mit den Betreuerinnen Spaziergänge machen oder draußen spielen, wenn das Wetter gut war. Sonst wurde drinnen gespielt.
Der Sonntag war eine Ausnahme. Da mussten alle nach dem Frühstück ins Bett zurück. Dann aber war es uns erlaubt, zu lesen.
Nach dem Mittagessen mussten alle Kinder wieder ins Bett. Man musste ruhig liegen und durfte nicht sprechen.
Zum Nachmittag durften dann alle aufstehen und es gab Kommissbrot mit Vielfruchtmarmelade oder Gurkenscheiben. Dann war endlich auch für alle Kinder die Zeit gekommen, zu der sie aus dem Haus gehen und spielen durften.
Das Abendessen gestaltet sich wie das Frühstück. Die Regel, alles aufzuessen und nicht zu erbrechen, galt immer. Es kam auch vor, dass man beim Mittagessen Reste vom Abendbrei des Vortages mit auf dem Teller hatte.
Nach dem Abendbrot haben wir uns waschen müssen und um 7:00 Uhr mussten alle ins Bett. Ich habe in meinen Briefen geschrieben, dass uns noch etwas vorgelesen wurde.
Am Abend im Bett durfte man nicht aufstehen, nicht sprechen , nicht husten oder sich räuspern. Wer das dennoch tat, wurde aus dem Bett gezerrt und in die Ecke gestellt. Ich erinnere mich, dass ich einmal gehustet habe und dann in den Waschraum musste, weil die Ecken schon alle belegt waren. Ich musste dort lange auf dem kalten Boden stehen und habe gefroren.
Die Betreuerinnen (Tanten), die im Heim, beim Essen sowie nachts da waren, waren wohl die Heimangestellten. Sie haben in der Regel keine Gruppenbetreuung am Tag gemacht. Sie trugen auch eine Art Tracht. Sie waren hart und schlugen auch schnell mal zu. Den Kindern wurde die Hose runter gezogen und ihnen wurde das nackte Hinterteil verprügelt.
Die Tagesbetreuerinnen, die wir ebenfalls Tanten nannten, machten Spaziergänge, Ausflüge, Spiele etc. mit uns. Mit ihnen bin ich auch 2 mal am Strand ins Wasser gegangen. Alle Kinder fassten sich in einer langen Kette bei den Händen, gingen mit den Betreuerinnen ins Wasser, durften ein paarmal hüpfen und untertauchen und mussten dann wieder raus aus dem Wasser.
Ich erinnere mich, dass wir einen Ausflug zur Hallig Hooge gemacht haben.
Jede Woche mussten wir einen Brief nachhause schreiben, der vor dem Absenden von den Tanten gelesen und zensiert wurde. Ein Kind hat es wohl geschafft, eine Karte heimlich an dem Tag, als wir unser Taschengeld für einen Andenkenkauf nutzen durften, nachhause zu schicken und zu schreiben wie es wirklich war. Auch in dieser Kur bekam ich viel Post vom meiner Familie, aber immer mit dem Zusatz, gut zu essen und dick zu werden.
Wie oft der Arzt, der das Kinderheim betreute, da war, weiß ich nicht. Ich weiß nur dass wir alle nackt und frierend in der Reihe gestanden haben, bis wir dran waren.
Nach der Kur hatte ich oft Alpträume von großen Untersuchungsräumen.
Alle Kinder haben täglich mehrere Medikamente bekommen. Nicht alle die gleichen.
Ich wüsste heute gern, was man uns Kindern da an Medikamenten verabreicht hat.
Ich hatte die ganze Zeit Heimweh und wollte nach Hause. Nachts, wenn dann auch mal die Nachtbetreuung nicht auf dem Flur saß, bin ich aufgestanden und hab aus dem Fenster geschaut und geweint, weil mir klar war, dass ich nicht weg konnte von der Insel.
Es war für mich zum Glück die letzte Kur zu der ich verschickt wurde.

Wenn ich heute zurück blicke frage ich mich oft, warum mir meine Familie und die behandelnde Ärztin daheim das dreimal zu gemutet haben, vor allem schon im Alter von drei Jahren. Meine Mutter konnte ich darauf kaum ansprechen, weil sie dann immer beleidigt reagiert hat. Ich habe versucht, es mir mit Sorge um meine Gesundheit zu erklären, aber das hat irgendwie nicht so recht gereicht.
Viele andere Dinge wie Teller leer essen müssen, nicht aufmucken, Drohungen, Beschimpfungen und Prügel waren in der damaligen Zeit in den Familien, Kindergärten und Schulen oft noch an der Tagesordnung. Beklagten sich Kinder, wenn der Lehrer zugeschlagen hatte, hieß es meist nur lapidar: „Du wirst es wohl verdient haben.“

Ich würde mich gern mit jemandem austauschen, der ebenfalls eine Kur auf Amrum im Haus Sonnenschein verbracht hat.
Fürs Erste ist es gut, dass ich mir das alles von der Seele schreiben konnte.
Monika
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Ralf Witt aus 52066 Aachen schrieb am 18.08.2025
Habe häßliche Erinnerungen an die Zeit im Haus Warburg z. ZT. von Leiterin Julia und Ihren Kasperleplatten! Windpockenisolation und gemeine Behandlung als Kind ohne Hilfe!!
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Mona aus Großraum München schrieb am 16.08.2025
Hallo liebe Heimkinder,
ich will mich wieder in Erinnerung rufen und suche nach wie vor Kontakt zu möglichen Heimkindern in den Jahren 59/60 evtl. 61 die ebenfalls in dem Kinderheim-Verschickungsheim Rechtis-Weitnau Betreiber war wohl die AWO -im Allgäu gewesen sind. Wohl habe ich den einen oder anderen Kontakt doch sie sind wesentlich jünger inzwischen 70Jahre. Wäre ich dennoch über Kontakte froh, ich habe hier immer wieder mal einen Beitrag geschrieben.
Ich wünsche von Herzen allen ehemaligen Verschickungs-Heimkindern alles, alles gute. Hoffnung, Mut, Selbstbewusstsein, Zuversicht und vor allen Dingen Liebe. ☀️🌈
Namasthe
e-mail: DetzelMona-@t-online.de

 
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Silke Picker aus 33428 Harsewinkel schrieb am 15.08.2025
Meine Erinnerungen vom Seehospiz Norderney 1971, 1973 und 1976
Ich bin Silke, eine von vielen Millionen ehemaligen Verschickungskindern und erzähle meine
Geschichte:
Damals war ich 2 Jahre alt und ein völlig
unbeschwertes kleines Mädchen. Wenn da
nicht die Neurodermitis gewesen wäre. Meine
Eltern sind mit mir von Arzt zu Arzt gefahren
und leider hatten diese als letzte Lösung immer
nur Cortison im Angebot. Manche Eltern haben
in den Wartezimmern ihre Kinder von mir
weggerissen, weil sie Angst vor Ansteckung
hatten. Damals war Neurodermitis noch nicht
so bekannt wie heute.
Der Kinderarzt meinte dann, ich müsse mal zur
Kur nach Norderney und meine Eltern haben
aus lauter Verzweiflung zugestimmt. Auch den
strengen Richtlinien im Haus, dass man keinen
Kontakt aufnehmen oder mich besuchen darf,
stimmten sie zu.
Sie bestellten Namensschilder aus Stoff für jede
Socke und für jedes Kleidungsstück, was ich
mitnehmen sollte. Meine Oma und Mama
haben die halbe Nacht diese Schildchen
eingenäht, denn die „Einberufung“ für den
Kindertransport war da.
Eines Tages ging es zum Bahnhof nach
Münster, wo ich (noch) glücklich auf dem Arm
meiner Mutter war und lachte (es gibt einen
Super-8-Film meines Vaters). Plötzlich kam
eine Schwester mit Haube und fragte meine
Eltern nach meinem Namen und als sie ihn
bestätigten, rissen sie mich vom Arm meiner
Mutter und stiegen in den Zug. Ich heulte
lauthals, weil ich nicht wusste, was da mit mir
geschieht und diese „Tante“, wie wir sagen
durften zu allen Schwestern, weder je gesehen
hatte noch kannte.
Meine Eltern blieben zurück am Bahnhof, in der Hoffnung, dass sie nach 6 Wochen ein gesundes Kind
in ihre Arme schließen dürfen…
Aus diesen 6 Wochen wurden dann jedoch 17
Wochen, ich blieb über Weihnachten ohne
Kontakt zu meinen Eltern und meinen beiden
Schwestern. Als Mutter von zwei Kindern weiß ich,
wie schlimm es wohl auch für meine Eltern
gewesen sein muss. Diese Ungewissheit, wie es
mir geht und nur ab und zu einen getippten Brief
zu bekommen. Das Ende der Kur wurde immer
wieder durch Telegramme verschoben, weil ich
angeblich krank war. Nach diesen 17 Wochen, von
denen ich nichts mehr bewusst weiß, bin ich sehr
artig zurückgekommen und habe zu meiner
Mutter gesagt: „Tante auch mit in Tadt (Stadt)?“
Das hat ihr das Herz gebrochen; ich hatte sie in den
„Tanten-Modus“ degradiert und sie war nicht
mehr meine Mama für mich. Auch heute mit 82
Jahren erinnert sie sich schmerzhaft an diese Zeit.
Leider war meine Hautkrankheit nicht verschwunden und so durfte ich mit 4 Jahren noch einmal ins
Seehospiz, dieses Mal für 12 Wochen. Auch davon weiß ich bewusst nichts mehr.
Zu guter Letzt ging es dann mit 6 Jahren noch einmal für 12 Wochen nach Norderney. Von dieser Kur
habe ich noch einige Erinnerungen, die jedoch teilweise so schlimm sind, dass ich hier nicht alles
aufschreiben kann.
Durch meine Neurodermitis wurde ich täglich mit Bandagen verwickelt, gebadet und ich weiß noch,
wie ich gebettelt habe, dass sie Tante doch bitte den Daumen nicht mit einwickeln soll, damit ich besser
kratzen konnte. Leider ohne Erfolg, im Gegenteil, ich wurde sogar ans Bett gefesselt, damit ich mich
nicht wund kratze in der Nacht. Natürlich alles zu meinem Besten.
Wir mussten immer alle gleichzeitig auf die Toilette gehen, und nur dann, wenn die „Tanten“ es gesagt
haben. Auch nachts gingen die Neonröhren im Schlafsaal an und wir mussten sofort zur Toilette, ob
wir wollten oder nicht. Ansonsten wurde gewaltsam nachgeholfen.
Der Ton der Schwestern war militärisch und eiskalt! Kein Mitleid, wenn man Heimweh hatte und
weinte: „Hör auf zu heulen!“, höre ich noch die Schwester, als ich wieder einmal auf der Isolierstation
lag, alleine im Zimmer, ohne Kontakt zu den anderen Kindern. Man wurde versorgt mit Essen und
Trinken, aber ohne jegliche Wärme. Ich wusste nicht, ob meine Eltern mich jemals wieder nach Hause
holen, oder ob sie mich schon vergessen hatten.
Manchmal kamen allerdings Briefe von zu
Hause, die mir dann vorgelesen wurden oder zu
Weihnachten auch ein Päckchen. Auch ich
durfte Briefe nach Hause schreiben, bzw. die
„Tanten“ haben sie für mich verfasst: „Hier ist
es jetzt sehr schön, die Sonne scheint schon
richtig warm und wir gehen jetzt länger
spazieren als sonst.“
An Spaziergänge an die Nordsee kann ich mich
auch erinnern. Schön warm weiß ich allerdings
nicht...
Manchmal wurde gebastelt. Ich habe einen
Kalender mit nach Hause gebracht mit 12
gestalteten Seiten. Jede Woche eine Seite…
Das war mein ganzer Stolz.
Ich habe oft gefroren, vor allem, wenn wir in Unterwäsche und barfuß im Flur in einer langen Schlange
vor dem Arztzimmer stehen und warten mussten, bis wir zu ihm zur Behandlung durften. Es gab
regelmäßig Spritzen, ich weiß nicht, wofür oder wogegen sie waren. Danach mussten wir alle auf einer
Turnbank stehen, bekamen eine Schutzbrille aufgesetzt und wurden mit „Höhensonne“ von vorne und
von hinten bestrahlt. Vielleicht so ähnlich wie heutzutage die Balneo-Phototherapie, wo man erst in
die Badewanne mit Salzwasser oder Ölbädern steigt und danach mit UVA-Strahlung bestrahlt wird.
Auf dem Gelände gab es eine Wäscherei, wo die Wäsche gewaschen wurde. Dort rauchte oft der
Schornstein. Wir dachten jedoch immer, nun wird wieder ein unartiges Kind verbrannt. Wie bei Hänsel
und Gretel. Also bloß nicht auffallen, immer artig sein und möglichst wenig auffallen war die Devise.
Weil, wer möchte schon in den Ofen gesteckt werden? Da ich es auch in den Zeitzeugen-Berichten
anderer gelesen habe, gehe ich davon aus, dass die Schwestern uns diese Strafe angedroht haben.
Viele berichten ja von Horrorgeschichten beim Essen. Dass sie immer aufessen mussten und auch ihr
Erbrochenes essen mussten. Das Essen habe ich zum Glück nicht in so schlechter Erinnerung. Ich bin
und war aber schon immer ein unkomplizierter Esser und habe wahrscheinlich immer brav alles
aufgegessen.
Das Heimweh, die Kälte der Schwestern und die nächtlichen „Attacken“ sind mir bis heute in
schlimmster Erinnerung…
Wenn ich heute Abschiedsszenen im Fernsehen sehe oder unsere 4.-Klässler, die ihren letzten Tag in
der Grundschule feiern und Abschiedslieder singen, laufen mir die Tränen über die Wangen und ich
kann nicht sagen, warum mich das so mitnimmt, obwohl nicht einmal meine eigenen Kinder dabei
sind. Ist eben auch ein Abschied…
Als Erwachsene musste ich mein Referendariat
als Grundschullehrerin abbrechen,
weil ich jeden Sonntag bei Aufbruch von zu Hause
dachte, ich komme nie wieder nach Hause
zurück. Ich war eine gute Lehrerin, jedoch konnte
ich vor lauter Heimweh keinen klaren Gedanken
fassen. Meine Ausbildung habe ich später noch
beendet.
Ich bin ein Mensch, der es immer allen recht
machen möchte, harmoniebedürftig ist und
leider das Wort „Nein“ nicht im Vokabular hat.
Ich kümmere mich gerne um andere Menschen
und vergesse mich selbst meistens dabei.
Das Arztzimmer im Erker, der rote Backstein,
diese Ortgänge von Gebäude zu Gebäude, der
Spruch im Innenhof: „Und vergiss nie, was er dir
Gutes getan hat!“
Nein, vergesse ich bestimmt nicht…insgesamt
41 Wochen isoliert als kleines Kind mit
bösartigen Schwestern. Wie könnte ich das
vergessen?
Ich bin schon öfter nach Norderney mit einer
Freundin gefahren und jedes Mal zieht es mich
zum Seehospiz, bzw. zur Seeklinik, die von
außen noch genauso aussieht wie damals.
Heute ist es eine Mutter/Vater-Kind-
Einrichtung und man hört fröhliches
Kinderlachen, wenn man am Gartenzaun steht.
Ich stehe davor und mir laufen
die Tränen herunter, ich zittere und habe einen
Stein auf der Brust. Ich weiß nicht, warum ich
mir das antue. Vielleicht, weil ich endlich einen
Haken an dieses Trauma und die schrecklichen
Erinnerungen machen möchte!!!
Es ist mittlerweile 50 Jahre her und ich wünsche mir, dass wir ehemaligen Verschickungskinder erhört
werden, denn wir sind noch da und die dunklen Schatten der Vergangenheit haben unser Leben
geprägt bis heute. 12 Millionen Kinder! Und kaum jemand weiß etwas über diese Zeit…
Ich wünsche mir Aufarbeitung, eine Art Wiedergutmachung, eine Traumatherapie, und Träger, die sich nicht vor
ihrer Verantwortung drücken, sondern zu den Schandtaten der Vergangenheit stehen. Teilweise geschieht dies ja schon.
Danke für den tollen Einsatz der vielen Ehrenamtlichen des Vereins Verschickungskinder e.V.!
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Kontakt Wunsch: Kontakt: Über die Initiative
werner jozwiak aus oberhausen schrieb am 14.08.2025
Ich bin als Arbeiterkind von der August-Thyssen-Hütte in Duisburg-Hamborn
6 Wochen umsonst nach Borkum-Tüskendör zur Kur als 8/9 jähriger geschickt
worden.Das war damals so üblich.Ich habe bis Heute nur gute Erinnerungen.
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Dr. Bullerdiek aus Bruchhausen-Vilsen schrieb am 13.08.2025
Verschickungskinder,20.4.24, W.B.

Auch ich bin ein „Verschickungskind“. Habe das jahrzehntelang nicht ins Bewusstsein gelassen,
auf die Handlungsebene schon gar nicht. Anderes war immer wichtiger, drängender. Und sogar Älteres ist genauer, detailreicher im Gedächtnis.
Aber eine lange Narbe an meinem linken Arm gibt Zeugnis von jener Verschickung, die vor mehr
als siebzig Jahren meiner Erholung und Stärkung dienen sollte. Und immer, wenn ich etwas mit der linken Hand machen will oder muss – Klavierspielen oder irgend eine technische Sache, werde ich
daran erinnert. Auch wenn ich allzu scharf angesprochen werde oder aggressiven Menschen begegne. Jetzt, mit 85 ½ will ich endlich versuchen, vernünftig und objektiv zusammenzufassen, was im Gedächtnis von damals noch vorhanden ist :
Nicht sehr lange nach einem weiteren Trauma meiner früheren Jugend (als ich nach der zuerst angeblich bestandenen Aufnahmeprüfung doch nicht aufs Gymnasium durfte und den Kontakt mit den Freunden verlor; später wurde ich dann trotzdem noch Dr. und Prof.) schickte mich meine Mutter auf ärztliche Empfehlung in ein (wohl evangelisches, Diakonie ?) Kinderheim auf die unfassbar entfernte, fremde Nordsee-Insel Amrum.
Schon vor der Verschickung und dem „Ereignis“ war einiges nicht so gut gewesen: m Krieg bei einem Bombenangriff verschüttet und später meistens hilflos gegenüber dem kräftigeren jüngeren Bruder. Nun kam ich als Einzelgänger mit der Meute der lauten, frechen und trickreichen Normalkinder selten zurecht und sehnte mich schnell nach Hause, obgleich ich dort, in der Familie und der Schule, auch selten glücklich gewesen war:
Nachts wurde man auf den dunklen Gang hinaus geschoben (für mich nach der Verschüttung besonders schrecklich), wenn man zu unruhig oder sonst „unartig“ gewesen war. Militärartige und in Mäntel gehüllte „Spazier-Märsche“ am Strand – ohne Möglichkeit, einen nachhaltigen persönlichen Eindruck vom Meer zu gewinnen. Was auf den Teller kam. Musste gegessen werden, auch bei nach so viel Widerwillen und Ekel (Essenszwang) usw..

Nun aber zu dem „Ereignis“:

Eines Tages stand ich bei einem Strandgang auf einer Sanddüne, wohl ziemlich hoch. Ein anderer Junge schlich sich an und schubste mich mutwillig von der Düne. Nach dem Sturz tat der linke Unterarm, das linke Handgelenk gleich fürchterlich weh. Mit diesen Schmerzen musste ich noch einen ziemlich langen und anstrengenden Weg gehen. Das anwesende und erreichbare Kindergarten-Personal konnte mir wohl kaum helfen. Der Fußweg mit einer jüngeren Schwester zu irgendeinem Arzt dauerte damals sehr lang. Ich immer unter großen Schmerzen (ohne Schmerz- oder Beruhigungsmittel, meiner Erinnerung nach). Dort wurde, wieder mit großen Schmerzen, die Bruchstelle eingerenkt, hier oder einem Krankenhaus eingegipst (kann ich nicht mehr erinnern). In diesem stark eingeschränkten Zustand blieb ich noch bis zum Ende meines „Erholungsurlaubs“ auf der Insel – noch weniger integriert in den allgemeinen Therapie- und Spiel-Betrieb als zuvor, noch mehr Außenseiter .
Als ich nach der Beendigung der „Verschickung“ mit meiner Mutter in der nahegelegenen Klinik einen Chirurgen aufsuchte, stellte der – nach der Besichtigung meines inzwischen stark angeschwollenen Armes und Handgelenkes sinngemäß fest: „So ein Pfusch! Wie kann ein Arzt nur so etwas machen“. (Leider wollte er sein Urteil nicht wiederholen, als meine Mutter ihn später darum bat, um gegen die unsachgemäße Behandlung klagen zu können.).
Ich wurde operiert und musste nach ein ¾ Jahr lang einen damals noch sehr großes und schweres
Gipskorsett tragen, war drüber hinaus lange ziemlich unbeweglich, musste fortgesetzt viele medizinische und therapeutische Behandlungen erdulden, konnte jahrelang nicht mehr Fußball spielen und am Sportunterricht in der Schule teilnehmen, nicht am Schwimmunterricht usw.. Kurz und gut: Es kam zu einem langjährigen Entwicklungsstau, der sich bis heute noch auswirkt (siehe
oben!)
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Simone schrieb am 10.08.2025
Ich bin Jahrgang 1970 und erinnere mich nur noch an Details. Ich war über Ostern 1976 in Schmalkalden zur sogenannten Esskur. Ich war ein dünnes Kind und sollte wohl zunehmen bevor ich in die Schule komme. Ich war 5 wo ich dahin mußte denn ich weiß noch ich hatte da Geburtstag und wir haben Osternester gesucht. Ich erinnere mich, das wir immer auf essen mussten. Es gab Brötchen mit Leberwurst und Blutwurst. Man wurde gezwungen auf zu essen. Einmal habe ich ein Stück Fleisch in die Toilette gespuckt, das wurde dann von Kindern an die Erzieherinnen gepetzt. Da musste ich zur Strafe in die Küche vom Hausmeister und da still stehen. Der hatte einen Kohlenherd mit Kohlenkasten, da lag ein Hund drin, muss ein Dackel gewesen sein. Ich hatte große Angst vor dem Hund. Ich durfte nicht reden. Nach dem Abendessen schauten wir Alle das Sandmännchen an. Ich musst da auch manchmal zur Strafe, weil ich nicht aufgegessen hatte an der Wand stehen und durfte nicht mit schauen. Zum Geburtstag hatten mir meine Eltern ein kleines Päckchen geschickt, da habe ich nicht alles bekommen. Meine Mutti hatte mir dann später mal erzählt das sie mir Nivea Creme und eine Lux Seife vom damaligen Westen rein getan hatte. Das habe ich nicht bekommen, in meiner Waschtasche war dann Kernseife.
Ich habe nur schlechte Erinnerung an die Zeit da in dem Heim. Ein was gutes weiß ich noch, als ich von meinen Eltern am Bahnhof abgeholt wurde habe ich einen Plüschhasen bekommen, den habe ich heute noch.
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Kirsten schrieb am 09.08.2025
Ich habe gestern in der Facebook Gruppe:Verschickungskinder Deutschland, herausgefunden, dass mein Kurheim das Haus Deckers in Wenningstedt ,nähe Westerland auf Sylt war,

Bisher dachte ich immer es wäre in Westerland gewesen aufgrund der Aussage meiner Mutter.
Habe das Kurheim nie gefunden auf google.
Nun bin ich schlauer.
Auf dieser Seite war noch kein Bericht über das Haus Deckers, später hieß es Am Kliff,ein privates Haus.
Habe es in die Suchmaske eingegeben.Keinen Bericht gefunden.
Es war höchstwahrscheinlich der Sommer 1982.

Es gibt viele gute Erinnerungen zum Beispiel :Spaziergänge am Strand.
Im grossen Speisesaal:malen. Schallplatten hören, von Rolf Zuckowski Die Vogelhochzeit,werde es nie vergessen,die Betreuerin Ute? hat gesagt, das könnt ihr euren Eltern vorsingen wenn ihr wieder zu Hause seid; Hallo Mama Hallo Papa, die Zeit ist um und ich bin daaaa.
Es gibt noch ein Foto, wo wir einen Geburtstag feiern, der Tisch war richtig festlich gedeckt,es gab Kakao und Kuchen, das war im Keller des Hauses
Von dem Eingangsbereich war ein großer Umkleiderraum, sowie im Kindergarten, wo man die Schuhe und die Jacke aufhängt, dann kam man rein im Flur hoch und rechts war ein Riesenspeisesaal,der voll verglast war wie ein Wintergarten.
Links ging die Treppe nach oben und da habe ich gewohnt,mit 4? anderen Mädels im letzten Zimmerl links.
Ich erinnere mich dass wir jeden Sonntag in der Kirche waren.
Einen Leuchtturm besucht haben . In Dänemark waren.
ot auf dem Spielplatz viele Spaziergänge im Wald .Ich erinnere mich dass wir jeden Sonntag Einmal auch baden am Strand und im Wellenbad.
ÄltereMädchen aus den anderen Gruppen haben sich manchmal die Haare geschnitten ,also die Spitzen schneiden, wenn wir draußen irgendwo am Spielplatz saßen
Es gab wohl Milch aus Milchkannen, also die gute vom Bauern, weil ich mal eine Milchkanne auf der Treppe stehen sehen habe.
Eine Zimmer Mitbewohnerin hat mal ins Bett gepinkelt aber sie hat keinen Ärger bekommen,also an Strafen diesbezüglich kann ich mich nicht erinnern Ich erinnere mich, dass alle Kinder außer ich die Blendie Zahnpasta und eine blaue Seife hatten war wohl damals im Angebot
Mein Taschengeld ging dafür drauf, dass ich angeblich immer die Zopfbänder der anderen Kinder verloren oder kaputt gemacht habe, musste ständig welche ersetzen
Als negative Erinnerung habe ich noch im Kopf dass ich mehrmals aus dem Zimmer geholt wurde, abends zur Nacht,weil ich angeblich Unsinn gemacht hätte und musste auf der kalten Fensterbank schlafen oder wurde in einem Raum eingesperrt wo Gesellschaftsspiele gelagert waren.
Der Betreuer Joachim,hat mich ständig eingesperrt.
Wir waren auch in irgendeiner Art Museum wo wir auf Schiffe herumgeklettert sind
Also alles in allem war es eine schöne Zeit.
Manchmal habe ich noch Flashbacks wobei ich denke ,woher kommt das? Also vielleicht hab ich auch noch was negatives verdrängt? ich denke schon,dass wir Nachts auf die Toilette durften kann mich auf jeden Fall erinnern dass ich Nachts auf die Toilette gegangen bin und nicht daran gehindert wurde. Ob es Medikamenten gab da gibt es keine Erinnerung also ich glaube nicht .
Manchmal medizinische Untersuchungen.
Kalte Duschräume.
Alles in allem glaube ich dass das gar nicht so schlecht in der Kur war.
Meine Mitbewohnerinnen in der Kurzeit ,ich kann mich an einzelne Namen erinnern ,hier ein paar Vornamen Ornella Diana Julia Stefanie Claudia Jutta Kerstin, es waren auch 3 Jungen in der Gruppe :Oliver?
Ein Foto ist auf Facebook zu finden, in der Gruppe Verschickungskinder Deutschland.
Vielleicht meldet sich ja jemand.
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Jacqueline aus Chemnitz schrieb am 03.08.2025
Dieses Kurheim wurde zu DDR Zeiten von Diakonissen und einem parteitreuen Heimleiter geführt. So schlimm, traumatische Erfahrungen. Ich habe mich nach 30 Jahren mit einem ehemaligen Hausmeister unterhalten. Unglaublich. Gibt es hier noch mehr Zeitzeugen.ich habe noch ein Erinnerungsbuch davon, ich zitter noch immer bei dem Gedanken 😪😪😪
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Doris Mittel aus Königsbach-Stein schrieb am 03.08.2025
Ich wurde erst vor ca. 3 Monaten auf das Thema aufmerksam und mir wurde bewusst, dass auch ich ein Verschickungskind war. Seither hab ich viel gelesen und gestöbert und einige sehr schwache Erinnerungsbilder wurden deutlich und verständlich.
Ich war noch vor meiner Einschulung im Frühjahr 1967 oder 1968 dort. Ich wurde über die Barmer von Nürnberg aus dorthin mit dem Zug verschickt.
Eine meiner ältesten Erinnerungen sind Frühlingsspaziergänge entlang eines Baches mit viel Moos und blauen Blumen, an der Hand eines größeren Mädchens, das sich um mich gesorgt hat. Ich glaube, es wurde auch gesungen. Eine sehr schöne, harmonische Erinnerung.
Ich erinnere mich auch an 2 Esszimmer, links und rechts….Im Zimmer der Kleinen war ich wohl auch eine der Kleinsten, denn ich habe Erinnerungen an riesige Teller, hohe Stühle und ein Gefühl, winzig zu sein. Ich habe mich wohl mit einem etwas älteren Mädchen gut verstanden und sie hat mir geraten, den Mund voll Essen zu nehmen und es auf der Toilette auszuspucken….scheinbar hat das nicht geklappt….die nächste Erinnerung ist, dass ich im Zimmer bei den richtig großen Jungs am Tisch sitze und dort eine riesige Portion irgendetwas essen muss….ich glaube, da wurde ich sehr ausgelacht und ich habe mich sehr hilflos gefühlt. Ich glaube, einer der Großen hat mich immer wieder gezwickt und gekniffen. Ich glaube aber auch, mitleidige Blicke bekommen zu haben.
Eine Erinnerung habe ich schon mein ganzes Leben: Ich habe wohl nachts eingekotet und bin selbst darüber sehr erschrocken. Ich habe wohl versucht, diese „festen Kugeln“ heimlich unter der Matratze oder im Mülleimer zu verstecken…dies wurde entdeckt, ich wurde fürchterlich geschimpft…..ich glaube, dass ich ohne Hose gezwungen wurde, diese Fäkalien auf einem Kehrblech ins Badezimmer weit weit hinten zu tragen. Auf dem Weg durch den dunklen Flur waren noch andere Kinder, die nicht lachten, sondern still auf mich blickten. Ich kann mich auch erinnern, dass ich meine Hose dort selbst mit einem Stück Seife säubern musste….im Nachhinein war es eine gespenstische Situation, die mir in der Vergangenheit immer wieder im Kopf herumspukte.
Dann ist da noch die Erinnerung „Waschen“ oder „Gewaschenwerden“. Ich erinnere mich daran, dass jemand die Seife in einem alten Handschuh hatte und mich damit überall wusch, entsprechend musste ich mich auch mit gegrätschten Beinen hinstellen. Das war mir fremd und sehr unangenehm….
Essenstechnisch kann ich mich an den roten Früchtetee erinnern und ich meine, den Mund immer voller Vollkornbrot gehabt zu haben….gehoben hat es mich wohl regelmäßig und auch in den Jahren danach, kam mir oft das Essen hoch.
Mehr Erinnerungen habe ich nicht. Ich kann mich auch an kein Gesicht einer Erzieherin erinnern.
Ich weiß aber, dass ich, als ich nach 4 oder 6 Wochen zurückkam, meine Mutter und Großmutter nicht angeschaut habe, wohl eher apathisch war und lange Zeit (?) nicht sprach. Erzählt habe ich wohl nie etwas.
Ich sehe heute noch sehr deutlich den Namenszug in roter Schreibschrift, der in vielen meiner Sachen und auf mehreren Handtüchern eingenäht war.
Aber wie gesagt, viele wage Erinnerungen werden erst langsam und beim Lesen anderer Berichte etwas konkreter.
Ich würde mir Bilder von dort wünschen, vielleicht sogar Innenaufnahmen?
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Katja Vanzo aus Hessen schrieb am 02.08.2025
Ich möchte meine Erfahrungen mitteilen. Ich muß sagen es tut gut das es öffentlich ist. Ich war ein stilles Kind und habe nie darüber gesprochen bis ich die Postkarte fand aus Bad Tölz, wie gut es mir doch gehe. Ich hatte kaum gesprochen und hatte Angst, vorher, deswegen wurde ich in die Kur geschickt.
Irgendwann saß ich im Zug. Ich weiß noch, ich wollte nicht und erinnere mich an ein ganz ungutes Gefühl. Eine fremde unfreundliche Frau fuhr mit mir.
Angekommen würde ich, ganze 5 Jahre alt in einen großen Raum geführt, der Tisch war lang, vielleicht wie ein U, in der Mitte standen an der Wand die Küche frauen. Ich bekam Kakao, heiß mit Haut, ich wollte nicht, wurde gezwungen, die Frauen brüllte, ich musste mich übergeben.
Dann war ich irgendwann in einem Raum mit anderen Kindern und Angestellten die vielleicht 20 Jahre alt waren, die zusahen wie ich gehänselt gehauen gequält wurde. Ich lernte ein Mädchen kennen, vielleicht 3 Jahre sie wurde meine beste Freundin und wir versteckten uns. Wir hatten Angst.
Ich erinnere mich nicht an alles, nur daran das ich glücklich war mit diesem Mädchen zusammen zu sein und an einen großen Jungen, 11?kräftig der sich zu mir auf die wippe setzte und ich im hohen Bogen durch die Luft flog und auf die Erde fiel. Keiner kam, die kinder die mich schlugen und quälten waren plötzlich erschrocken da, ich blutete aus dem mund blaue Flecken im Gesicht. Mein Körper schmerzte. Kinder sagten, bzw logen die Aufseherin bzw direktorin an(ich war in einem großen Büro) ich hätte was schlimmes gemacht, Ich weiß noch die Aufseherin zog mich ans linke Ohr, solange bis es blutete. Deshalb höre ich nur 50 Prozent, leider hat man das erst zu spät festgestellt. Auch meine Rippen Brüche von damals machen mir heute Sorgen. Ich bekam Fieber, später Läuse, lag alleine in einem Krankenzimmer und bekam kein Essen. Das war ein Alptraum.
Vor einigen Jahren habe ich überlegt anzuzeigen, da war es meine ich verjährt. Vielleicht ist hier jemand aus Bad Tölz?
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Anja Andreä aus Wiesbaden schrieb am 26.07.2025
Ich möchte gerne mal meine Erfahrungen mitteilen, vielleicht kann mir jemand sagen, welches Heim das sein könnte:
Ich wurde mit 6 Jahren nach Bonndorf geschickt im Sommer 1974. Gefahren bin ich mit der Bahn ab Mainz Hbf. Ich erinnere mich an den Speisesaal und wir mussten vor dem Essen die Arme hinter die Stuhllehne verschränken und durften nicht reden bis das Essen da war. An das Essen selbst habe ich keine schlimmen Erinnerungen, es gab aber nur Löffel und ich fand es merkwürdig, Salat mit dem Löffel zu essen.
Wenn man Päckchen von Zuhause bekam, wurden die Süßigkeiten beschlagnahmt und unter allen aufgeteilt. Ein Mädchen hatte Geburtstag, die persönlichen Geschenke durfte sie allerdings behalten. Vermutlich war die Führung dieses Heims schon etwas fortschrittlicher. Die Tanten waren auch eigentlich ganz nett, aber dennoch war das Heimweh das quälendste. Ich habe des öfteren eingenässt und nächtelang geweint, weswegen ich von einem anderen Mädchen ziemlich beschimpft wurde, weil sie deshalb nicht schlafen konnte. Ich erinnere mich noch gut an das wohlige Gefühl, wenn das Bett beim Einnässen ganz warm wurde und der Druck nachließ. Von den Tanten wurde man zwar nicht bestraft, aber ich habe noch ganz gut die Missbilligung im Kopf.
Der morgendliche Toilettengang zur Darmentleerung fand bei offener Tür statt und der Reihe nach, d. h. alle Kinder standen an und mussten warten, bis man sein Geschäft erledigt hatte.
Wir haben viel im Wald gespielt, da gab es eine Lichtung mit einer alten Baumwurzel, die wie ein Pferderücken aussah und sehr beliebt war. Es sind leider nur Bruchstücke an Erinnerungen und einzelne Bilder, die in meinem Kopf verblieben sind. Auch erinnere ich mich an die Höhensonne, wir waren eine Handvoll Kinder und wurden eingecremt, danach mussten wir im Ringelrein unter der Höhensonne unsere Kreise drehen.
Meine Mutter schilderte immer, wie entsetzt sie war, als ich nach Hause kam, ich war noch dünner und kränker als zuvor. Auf dem Bahnsteig bin ich vor Weinen fast zusammen gebrochen als ich meine Eltern gesehen habe. Das Einnässen ist mir noch länger erhalten geblieben und meine Eltern durften mich keine Sekunde mehr alleine lassen. Selbst in der Grundschule konnte ich nicht mal eben so bei einer Freundin übernachten. Auch wenn ich keine direkten Demütigungen oder Misshandlungen erfahren habe, hat es mich leider in meiner Entwicklung nachhaltig beeinflusst, ich konnte es schwer ertragen, alleine zu sein oder allein gelassen zu werden. Ich habe eine chronische Depression entwickelt (Dysthymie) und als junge Frau unter Essstörungen gelitten, was meinem geringen Selbstwert zuzuschreiben ist.
Vielleicht gibt es jemanden, der/die sich an ähnliche Dinge erinnert. Ich glaube, bei mir war es die Arbeiterwohlfahrt, mein Vater hat damals in einer Chemiefabrik gearbeitet und meine Textilien waren alle mit einem Patch bestückt worden mit der Aufschrift "KALLE".
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Toralf Gruschinski aus 39387 Oschersleben schrieb am 25.07.2025
Hallo liebes Team,
durch Zufall stieß meine Lebensgefährtin auf diese Seite und empfahl mir mich mit meiner Vergangenheit und dem Erlebten auseinander zu setzen.
Für mich war der Aufenthalt, ein bis heute prägendes und traumatisierendes Erlebnis. Sehr oft konfrontiere ich noch heute meine Mutter damit, dass es heute unverantwortlich wäre sein Kind für mehrere Wochen allein zu lassen, geschweige denn weg zu schicken.
Es haben sich so viele Details bewahrt, die mir teilweise heute noch schwer fallen, wie z. B. das alleine sein in dunklen Räumen. Selbst der Name meiner Gruppenerzieherin hat sich über die Jahre erhalten. Frau Hampel oder Hempel hieß sie. Obwohl sie eine der gemäßigten Erzieherinnen war.
Um alles Erlebte hier zu dokumentieren, bräuchte ich eine lange Zeit. Mit Kindererholung hatte meine Kur nichts zu tun, wohl eher mit Einschüchterung und psychischen Traumatas.
Das Jahr meiner Kur kann ich nur erahnen. Ich gehe von 1975 aus, da ich zu diesem Zeitpunkt noch Kindergartenkind war.
Was mir schleierhaft war, ich war vor einigen Jahren in Strausberg um zu recherchieren. Erfolglos! Keiner der Befragten könne sich erinnern, hier jemals ein Kinderkurheim gekannt zu haben. Nach mehrmaliger Kontrolle des Navigationssystems, blieb kein Zweifel daran, am richtigen Ort zu sein.
Sehr gern möchte ich das Erlebte weiter aufarbeiten können. Bitte kontaktieren Sie mich.
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Marita Monteleone aus Reichelsheim schrieb am 14.07.2025
Ich war als Verschickungskind dreimal unterwegs und hab an alles gute Erinnerungen. Natürlich waren immer Tage dabei wo ich Heimweh hatte aber ich fand es normal. Da wir eine Großfamilie waren tat es mir gut da mal rauskommen. Vielleicht hatte ich Glück mit den Erziehern in den Einrichtungen. Auf Borkum war meine Cousine dabei. Da hatten wir eine Tante Barbara, sie war noch jung und wir hatten viel Spass auch in Murnau am Staffelsee . Es hat vielleicht nicht alles geschmeckt aber zuhause auch nicht. Da wurde noch nicht gennörgelt wie heute . Schön wars...
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Marita Monteleone aus Reichelsheim schrieb am 14.07.2025
Ich war gerade mal im 3.Schuljahr und durfte eine weite Reise auf die Insel Sylt machen. Urlaub mit der Familie gab es damals nicht. Kreisjugendamt verschickte Kinder zur Luftveränderug u.ich sollte ein bisschen zunehmen. Habe schöne Erinnerungen an diese 6Wochen. Natürlich hatte ich auch mal Heimweh aber das war für mich zu überwinden. Es waren kleine Ferienhäuser und ein Haupthaus wo wir uns zum Essen trafen. Hat mir nicht geschadet , hat mich auch früh selbstständig gemacht. Wollte schon immer mal wieder dahin.Mal sehen...
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Karita aus Bad Oeynhausen schrieb am 13.07.2025
Ich war 1987 mit 13 Jahren 6 Wochen lang zur Kur im katholischen Heim Sancta Maria auf Borkum und habe die Zeit aufgrund der unglaublich netten, engagierten und herzlichen Betreuerinnen als eine sehr gute Zeit in Erinnerung. Ich kam aus einer Missbrauchssituation und die Betreuerinnen gaben mir soviel Liebe, Halt und Hilfe, dass ich mich ihnen anvertrauen konnte und im Anschluss dann in eine Pflegefamile kam. Ich hatte die Zeit auf Borkum immer als ein für mein Leben sehr positives, wegweisendes Erlebnis in Erinnerung.

Dann hörte ich von dem Leid der Verschickungskinder und musste schlucken, weil mir klar wurde, wieviel Glück ich gehabt hatte. Und beim genaueren Hinsehen merkte ich, dass es doch Dinge gegeben hat, die einem zu denken geben.

Die Post wurde gelesen und wir mussten 1 Mal die Woche an die Eltern Positives über den Aufenthalt schreiben. Päckchen durften wir keine bekommen. Die Schlafsäle waren ganz oben in dem Trakt, wo auch die Ordensschwestern wohnten, und uns wurde jedes Mal ganz furchtbar panisch eingebläut, ja kein Geräusch zu machen, wenn wir durch den Flur oben gingen. Wir hatten richtig Angst.

Das Schlimmmste für mich war aber die Begegnung mit der Oberschwester. Nachdem ich mich den Betreuerinnen über meine Familiensituation anvertraut hatte, sollte ich der Oberschwester das auch erzählen. Ich stand also vor ihr und habe noch nie ein so kaltes, abweisendes Gesicht gesehen. Sie unterbrach meine Erzählung andauernd, war absolut herablassend, faselte was von "das stimmt doch nicht", "übertrieben" und "typisch Pubertät" , so dass ich weinend zusammenbrach und tagelang verstört war. In großer Not von Missbrauch zu erzählen und einem wird nicht geglaubt ist allein ein Trauma für sich.
Ohne die Betreuerinnen hätte ich das nicht überwunden.

Ich möchte nicht wissen, wie es den Kindern gegangen ist, die diese Oberschwester als Betreuung erlebt haben und ich bin sehr dankbar, dass ich nicht noch mehr Kontakt zu ihr haben musste.

Diese zwei Betreuerinnen jedoch haben mein Leben verändert. Ich weiß nicht, was aus mir geworden wäre, wären sie nicht für mich da gewesen.
Danke❤️
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Heike schrieb am 10.07.2025
Ich habe vor ein paar Tagen schon einmal geschrieben. Jetzt habe ich mir heute alle Berichte zu Bad Reichenhall durchgelesen. Meine Güte mir schnürt es den Hals zu, ich bekomme keine Luft mehr. Ist jemandem aufgefallen wie oft das Wort HÖLLE benutzt wird. Ich habe es immer so genannt aber ich fürchte es war noch viel schlimmer! Es ist eine Gratwanderung...sich verzweifelt an mehr erinnern zu wollen und gleichzeitig Angst zu haben, dass man es nicht aushalten kann.
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Marcel C aus Stuttgart schrieb am 10.07.2025
Als ich 4 Jahre alt war kurz vor meinem 5. Lebensjahr kam ich
1991 im Sommer für ganze
6 Wochen über mein Geburtstag hinweg in Bad Kreuznach in die Viktoria Stift Klinik.

Ich komme ursprünglich aus Fellbach und meine Eltern brachten mich zum Stuttgarter Hauptbahnhof, als ich im Zug war schaute ich aus dem Fenster des Zuges zu meiner Mutter die zu mir winkte als der Zug abfuhr.

Ich dachte warum kommen meine Eltern nicht mit und ich sehe sie bestimmt nie wieder.

In der Klinik fing dann der Horror an, ich kann mich noch ein ein paar Begebenheiten erinnern.

Es gab eine Brechbohnen Suppe und welches Kind mag den schon gerne Bohnen. Ich musste solange am Tisch sitzen bleiben bis ich die Bohnensuppe gegessen hatte, es waren bestimmt 2-3 Stunden wo ich am Tisch saß und nicht aufstehen durfte.
Alle anderen Kinder durften spielen gehen nur ich nicht.
Am anderen Tischende war ein Pfleger der ein Mädchen unter ihren Armen trug und hoch in die Luft gehalten hatte und mit ihr gespielt hatte und ich musste mir das anschauen und dürfte nicht weg.

Nachtisch gab es auch nicht immer und auch nicht für jeden. Es gab mal nach dem Mittagessen Eis, der Pfleger brachte das Eis in einem Karton und sagte es gebe endlich mal wieder Nachtisch aber nicht für jeden, der Pfleger nahm das Eis und so mussten uns danach strecken und darum kämpfen, manche Kinder bekamen ein Eis und manche gingen leer aus.

Meine Eltern hatten mir im originalen gelben Karton von DHL/ Deutsche Post was geschickt mit lauter Süßigkeiten und einem Stoffhasen von Steiff.
Den Karton hatten mir die Pfleger gezeigt und sagten schau mal was deine Eltern dir geschickt haben und gaben mir den Stoffhasen und meinten die Süßigkeiten würde ich von Zeit zu Zeit bekommen und haben den Karton ganz hoch auf einen Holzschrank gelegt wo man nicht ran kommt zumindest nicht als 4 jähriger ich habe kaum was von den Süßigkeiten gesehen haben bestimmt alles die Pfleger und Pflegerinnen gesessen.

Fieber wurden jeden Morgen im Po gemessen wir lagen im Bett auf dem Rücken und mussten unsere beiden Beine in die Luft strecken damit das Fieberthermometer in uns eingeführt werden konnte, es war sehr unangenehm.

Zäpfchen bekamen auch einige von uns und einige auch Windeln wurden gleich im Bett gewickelt.

Es waren alles Reihenbetten aus Holz. Die Betten Jungs und Mädchen waren strikt getrennt.

Die hatten auch ein Bettkäfig gehabt auf Rollen, es war ein Vollkäfig Bett mit weißen Gitterstäben und einer Matratze und Bettbezug, Bettdecke und Kopfkissen drin.

Der Bettkäfig war so beschaffen das man nicht selber raus gehen konnte er wurde von außen verriegelt und abgeschlossen.
Er war so hoch konstruiert damit man auch nicht selber einsteigen konnte eben ein Gefängnis auf Rädern

Nervende, laute, störende und sehr lebhafte Kinder kamen halt in diesen Bettkäfig rein unter anderem sehr oft auch ich.
Wir bekamen bevor es in den Bettkäfig ging meisten Windeln und wurden vor anderen gewickelt und danach wenn es aus dem Käfig ging saubergemacht.
Wir wurden dann meistens abgesondert vor allem Nachts von den anderen Kindern in diesen Käfig gebracht, der wurde zugeschlossen und wir wurden dann über Nacht in dem Bettkäfig raus auf den Flur in den gestellt.
Ich konnte mich nur wie ein Affe an den oberen Stäben dran hängen, festhalten und mehr war nicht. Ich wurde auch am ab und zu auch am Tage in diesen Bettkäfig eingesperrt und alle Mädchen und Jungs sowie die Pfleger versammelt sich schauten mich an und gingen dann los und wandern, spielen oder raus ich blieb allein in diesem Käfig zurück.

Ich war aber nicht der einzige der in diesem Käfig gesteckt wurden bin, ein anderer Junge ereilte das gleiche Schicksal wie ich und kam auch in diesen Bettkäfig er hatte geschrien wie am Spieß.

Ich weiß nicht mehr wie viele Kinder zu meiner Zeit in diesen Bettkäfig rein kamen.

Nachts als ich im Bettkäfig draußen auf dem langen Korridor war sind ein paar Pfleger mit Bettlaken als Geister verkleidet durch die Gänge gewandert ich hatte da Todesangst und konnte nicht weg.

Meine Eltern kamen zum Besuch aber Eltern durften die Klinik nicht besuchen als kam ich um Parkplatz in der wurde ich auch krank und war erkältet und meine Mutter meine zu meinem Vater das irgendetwas mit dem Jungen sei aber holten mich nicht aus der Klinik raus.

Es wurden auch Qual oder Todesmärsche gemacht, also Wandern bis zur Erschöpfung, einige von den Kindern konnten nicht mehr und haben sich mitten auf den Wegen und Asphalt gesetzt um sich zu erholen und wurden von den anderen Kindern motiviert weiter zu gehen.

Ich hatte mich mit einem Mädchen angefreundet und habe mich damals heimlich nachts zu den Mädchen geschlichen und war mit ihr nachts in der Klinik auf Wanderschaft, sie hatte eine Puppe gehabt wo man den Bauch gedrückt hatte, began der Kopf zu leuchten dies nutzten wir als Taschenlampe, sie musste dringen auf die Toilette gehen Pinkeln und hielt die Puppe fest und machte so Licht.

Eine Nachtschwester mit blonden Haaren die war sehr nett und sehr lieb, ich glaub ich die war auch die einzige da drin.

Das ist alles was ich noch weiß und worüber ich erzählen kann aus meiner Erinnerung über diesen Alptraum der mich noch teilweise bis heute verfolgt und begleitet.
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Armin wiedemeier aus Schorfheide 16244 schrieb am 06.07.2025
Bin in Dehrn eingeschult worden.Alle für uns zuständigen waren sehr nett.Erinnere mich an Namen wie Frau Stein,Hr.Hadacic.Unser Sportlehrer war so ein feiner Mensch,wir wurden von allen gefördert.Wäre am liebsten dort geblieben.Dann war ich nochmal von 1972 bis 1974 da.War vor Jahren nochmal Fa,leider ist die Immobilie total runtergekommen.Habe großartige Charaktere kennenlernen dürfen,diese ich nie vergessen habe..
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Heike schrieb am 03.07.2025
Ich war vom 10.8.71 bis zum 21.9.71 im Alter von 5 Jahren in der Asthma Kinderheilstätte in Bad Reichenhall. (Ich habe heute diese genauen Daten gefunden) Ich wurde am Bahnhof von meinen Eltern abgegeben und in den Zug gesetzt. ich erinnere mich nicht mehr an die Zugfahrt, aber sehr genau an das Gefühl alleine und verloren zu sein. Dann gab es 6 Wochen keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern, nicht mal ein Telefonat. Ich habe Bruchstückhafte Erinnerungen und würde mich gerne an mehr erinnern. Das Gefühl zu diesen 6 Wochen ist furchtbar. Es gab einen riesigen Schlafsaal. Dort weinten in der Nacht viele Kinder. Es wurde geschimpft, geschlagen und damit gedroht, dass wir nicht mehr nach Hause kommen. Es gab einige Kinder die wieder anfingen ins Bett zu machen. Manche Kinder wurden nachts aus dem Bett geholt. Ich erinnere mich an einen grossen Speisesaal. Es gab meistens Essen, dass mir nicht schmeckte. Aber es musste alles aufgegessen werden. Wir sind anschliessend aufs Klo gegangen, um es wieder auszukotzen. Ich konnte damals noch nicht schreiben. Die Tanten dort haben Postkarten nach an meine Eltern geschrieben, dass alles prima sei und es mir gut ginge. Meinen Eltern habe ich erst sehr viel später erzählt, dass es furchtbar war. Ich würde mich über Kontakt freuen zu jemandem, der im gleichen Zeitraum auch dort war oder jemand der Fotos von diesem Haus hat. Es ist inzwischen wohl abgerissen. Und ich möchte mich bedanken, für die Möglichkeit, dass unsere Geschichten hier geteilt werden können. 🙂
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Yvonne aus Sachsen schrieb am 29.06.2025
Hallo, ich war zweimal zur Kinderkur. Das erste Mal war ich noch sehr klein. Ich kann mich an die Kuren so gut wie nicht erinnern, nur bruchstückhaft. In Thüringen war es wahrscheinlich schlimmer als an der Ostsee, denn da habe ich ein komisches unbehagliches Gefühl, wenn ich daran denke. Ich sehe da nur Bilder, vom Waschraum, wo es immer nach Tanne roch (wenn man aus dem Minifenster schaute, sah man riesige Nadelbäume) und sehr kalt war, vom Gemeinschaftssaal, in dem man sich nackt abbürsten traue, was sehr weh tat und von Ausflügen im Wald, ugh glaube zum Heidelbeeren sammeln. Immer wenn ich Waldduft Harz oder ähnliches rieche, habe ich diese Bilder vor Augen. In Wiek war es glaube ich ganz ok, zumindest habe ich dort eher ein positives Gefühl, wenn ich daran denke. Ich war 2014 mit meinen Kindern noch einmal in Wiek zur Mutter - Kind Kur. Vor Ort kamen aber trotzdem nicht mehr Erinnerungen hoch. Ich finde das schon merkwürdig. Es ist wie ausgelöscht.
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Irmgard Koschate aus Bonn schrieb am 29.06.2025
Nach meiner letzten Eintragung am 3.10.2023 sind so viele Berichte dazugekommen, dass ich den Eindruck habe, es hört niemals auf.
Ich finde es aber auch sehr ausgleichend, dass es durchaus auch positive Berichte gibt. Es kann ja wirklich nicht sein, dass überall geprügelt, bestraft, gequält und gemobbt wurde.
Aber die Negativ-Beispiele und ihre Folgen beschäftigen mich ständig: dass dort erworbene Traumata das Erwachsenenleben bestimmen und einen Menschen sukzessive zerstören können. Natürlich sind viele Quellen in Deutschlands dunkler Zeit zu vermuten, … aber warum noch in den 70er, 80er und 90er Jahren? Wir kleinen Kinder der 50er Jahre trauten uns ja eh nicht, auch nur ungefragt den Mund aufzumachen, wenn Erwachsene dabei waren. Junge Menschen von heute können sich das damalige Klima nicht mal ansatzweise vorstellen! Aber Kinder der 70er bis 90er Jahre waren doch schon anders gepolt, hatten andere Eltern.
Zu der Zeit war ich schon Lehrerin und hätte doch nie ein Kind geprügelt.

Leider (oder zum Glück?) hat sich nie jemand weiteres auf meinen Bericht zum Caritas Haus Feldberg (1958) angemeldet. Vielleicht kommt noch jemand mit anderen Erinnerungen dazu! Vielleicht auch mit positiven…!?!?
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Beate aus Bad Doberan schrieb am 27.06.2025
Hallo,

ich war im Winter 1973 oder 1974 für drei Wochen in Hainrode im Kinderkurheim Wöbelsburg. Es gab dieses Heim also schon vor 1979. Da war ich in der dritten Klasse. Ein Klassenkamerad von mir sollte auch dort hin, der wollte aber nicht. Also fuhr er nicht. Ich habe nicht erlebt, dass Zwang ausgeübt wurde. Meine Eltern haben mir erklärt, dass ich zur Kur soll, weil ich so dünn war und Haltungsschäden hatte. Wir fuhren sehr lange mit einem Bus von der Ostsee nach Hainrode. Sofort nach der Ankunft und vor dem Essen wurden wir gewogen. Ich erinnere mich da aber nur an schlechtes Wetter und lange Weile. Der Kuraufenthalt war etwas öde, weil wir immer draußen bei grauem Wetter spazieren gingen, in der Nähe war die Hainleite. Wir haben auch mal eine Burg oder so besichtigt. Schulunterricht gab es auch, aber das war auch langweilig. Das Essen war mittelmäßig. Wir "großen" bekamen ein kleineres Kind zur Betreuung. Mein Patenkind hieß Claudia, war im Kindergartenalter und musste 6 Wochen bleiben. Sie war ganz lieb und hatte viel Heimweh. Ich musste immer sehen, dass sie sich ordentlich wäscht und die Zähne putzt und ordentlich schläft und so. Weil sie so Heimweh hatte, habe ich ihr meinen Teddy gegeben. Wir haben Post empfangen können. Ich habe z.B einen ganzen Stapel liebe Briefe aus meiner Klasse erhalten. Schreiben konnten wir auch, an Briefzensur erinnere ich mich nicht. Es wurde gebastelt, denn die Tage waren im Winter kurz. Der Aufenthalt war einfach öde, obwohl das Personal sich Mühe gegeben hat. Es war Winter und graues Wetter. Am Abreisetag gab es Eierkuchen und Schokoladensuppe. Danach wurden wir gewogen und ich hatte zwei Kilo zugenommen. Meine Mutter hat zu Hause darüber nur gelacht und war einfach froh, dass ich wieder da war.

Auf einer Website habe ich Fotos von dem Kinderkurheim gesehen. Die Orte habe ich erkannt. Ein großer Essensaal, mehrere kleinere Räume für Unterricht, Schlafräume mit mehreren Betten, Waschräume mit langen Reihen Waschbecken. Es war nicht traumatisch, aber ich war froh, als ich wieder zu Hause war.

Beate
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Beyer schrieb am 24.06.2025
Liebes Team, in der Apothekenumschau vom 15. Juni 2025 habe ich mit Entsetzen den Bericht über die Verschickungskinder in der ehemaligen BRD gelesen und auch, dass über die Kinderkureinrichtungen in der ehemaligen DDR wenig bekannt ist. Da kann ich Ihnen helfen. Ich war im Januar 1968 als Elfjährige in Wieck auf Rügen, da ich sehr dünn war und einfach nicht zunahm. Im Internet kann man noch Fotos der Kinderkureinrichtung finden. Diese wird heute m. E. von der AOK betrieben. Ich war mit anderen Mädchen aus Berlin in einem der niedlichen weißen, zweistöckigen Holzhäuser untergebracht. In der unteren Etage befanden sich der Speise- und Aufenthaltsraum sowie die sanitären Einrichtungen und oben zwei Schlafsäle mit kleinen Fenstern und bunten Vorhängen, mittig noch einmal ein kleiner Sanitärbereich für die Nacht. Vorweg: Zu den Berichten der Zustände in der ehemaligen BRD war es ein Unterschied wie Tag und Nacht. 3 liebevolle Betreuerinnen, die in den 4 Wochen ja auch irgendwie Elternersatz sein mussten, kümmerten sich um uns. Der Tag begann mit einer Trockenbürsten-Massage, dann spazierten wir jeden Morgen an den Strand und zurückgekehrt, wartete das Frühstück auf uns. Ich glaube, wir saßen immer zu sechst am Tisch, in der Mitte standen vier Plastikschälchen mit Marmelade, Pflaumenmus, Honig und an das vierte kann ich mich nicht mehr erinnern. Nach dem Frühstück war jeden Wochentag 2 Stunden Unterricht. Da wir unterschiedlich im Alter waren, wurde er allgemein abgehalten, Mathematik und Deutsch überwiegend. Nach dem Mittagessen war Ruhe angesagt, wir schrieben nach Hause oder lagen nur so auf unseren Betten. Nachmittags wurde gespielt, bei gutem Wetter draußen und zum Abendessen schaute hin und wieder auch ein Fischer mit frisch geräuchertem Fisch vorbei. Abendruhe war um 19 Uhr und die große Kuranlage hatte auch eine eigene Radiostation und so gab es vor dem Einschlafen auch jeden Abend eine Gute-Nacht-Geschichte. Ein mal wurde auch ein Wissenswettbewerb durchgeführt, an dem sich alle Häuser beteiligten - unseres hatte leider nicht gewonnen. Ein mal in der Woche wurden wir gewogen. Ich hatte leider nur 2 Kilo zugenommen. 😕 Alles in allem wurde m. E. in dieser großen Einrichtung alles zur damaligen Zeit Mögliche unternommen, den vor allem Stadtkindern Ruhe, Natur und gutes Essen zu vermitteln. Ich denke, dass die Verhältnisse in der ehemaligen BRD eher dem Grund zuzuordnen sind, dass Pädagogen, Ärzte... aus der Nazizeit unkritisch übernommen wurden. In diesem Zusammenhang erinnere ich an die Aktion der Neulehrer in der ehemaligen DDR, als NSDAP-Mitglieder aus dem Schuldienst 1945 sofort entlassen wurden und junge Frauen und Männer aus anderen Berufen schnell umgeschult wurden.
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Manuela aus Zwickau schrieb am 23.06.2025
Mein Kinderarzt verordnete diese Kur, wegen meiner Skoliose. Ich kam für 6 Wochen in dieses Kindersanatorium.

Für mich waren diese 6 Wochen ein Horror. Ich war 7 Jahre alt.

Ich war in einen 5 Bett Zimmer mit noch 4 Mädels untergebracht. Alle zirka in meinem Alter.

Gesprochen wurde nicht viel, aber abends viel geweint. Die Betreuerinnen hatten wenig Verständnis für uns.

Wenn wir was Falsches gesagt oder getan hatten, wurde gleich geschrien oder man bekam eine heftige Ohrfeige. Man hörte oft den Satz: „Wenn das nicht klappt, dann bleibst du länger hier.“

Früh mussten wir uns in Unterwäsche im Keis aufstellen und uns mit einem Tuch trocken abschrubben. Dann Zähne putzen und anziehen.

Frühstück gab es meist eine Art Brei. Den mussten wir immer aufessen. Eher durfte man nicht aufstehen. Egal wie lange man saß. Ich erinnere mich noch, dass ein Mädchen ihr Erbrochenes essen musste.

Morgens bekamen wir immer Tropfen auf einem Löffel. Für was diese waren, keine Ahnung.

Zum ersten Abendbrot wusste ich nicht, dass man Stulle zu seinem Brot sagte. Ich musste mich als Strafe in die Ecke stellen und bekam auch an diesem Tag kein Abendbrot.

Geduscht wurde nach meiner Erinnerung nicht oft. Auch hier kann ich mich nur an kaltes Wasser erinnern.

Ein Mädchen in unserem Zimmer hatte schreckliches Heimweh und weinte jede Nacht. Ein paar Mal hatte sie ins Bett gemacht, weil wir nachts nicht auf Toilette durften.

Jede Nacht ging die Tür auf und sie wurde aus dem Schlaf gerissen. Hatte sie ins Bett gemacht, wurde sie verprügelt und aus dem Zimmer gezerrt.

Die Schreie höre ich heute noch. Das war echt schlimm.

Es wurde Mathe und Deutsch unterrichtet. Ich glaube, das war das ganz in Ordnung. Ob es Behandlungen zu meiner Skoliose gab, weiß ich leider nicht mehr.

Viele Dinge sind wie gelöscht aus meinem Gedächtnis, ob wohl ich mich an fast alles aus meiner Kindheit erinnern kann.

Am Nachmittag wir durften Karten nach Hause schreiben. Ich schrieb, dass ich gerne wieder nach Hause möchte.

Aber für diese Karte gab es nach der Prüfung keine Briefmarke. Die Karte wurde zerrissen und ich musste diese nochmal schreiben. Eine Vorlage, was

zu schreiben war, gab es auch. „Liebe Mama lieber Papa, wie geht es euch. Mir geht es gut.“

Manchmal ging es in den angrenzenden Wald. Dort mussten wir bis zu einem gewissen Punkt rennen und wieder zurück. Das war dann alles.

Von meinen Eltern bekam ein Päckchen. Das wurde auf mein Bett geknallt, darin befanden sich ein paar rote Halbschuhe.

Später erfuhr ich von meinen Eltern, dass hier noch weitere Sachen für mich darin waren. Diese habe ich nie erhalten.

Als ich wieder zu Hause war, erkannten mich meine Eltern gar nicht mehr wieder. Abgemagert und verstört. Verstanden haben sie das damals nicht.

Erst viele Jahre später erzählte ich von den Vorfällen, nachdem wir beim Ausmisten die geschriebene Karte von mir fanden.

Hier kochte alles auf einmal hoch. Meine Mutter war sprachlos und macht sich heute noch Vorwürfe, weil sie mich dort hinschickte. „Kind, warum hast du das nicht eher gesagt.

"Laut deiner Karten, war doch alles in Ordnung.“

Ich hoffe, dass solche Dinge heute niemand mehr angetan werden.

Ich bin erst mal wieder nach einem Bericht im Fernsehen darauf aufmerksam geworden, dass es so viele Schicksale gibt. Das ist einfach eine Schande.
Ein Bild habe auch noch. Das wurde gleich am Anfang der Kur gemacht. Bei Bedarf kann man mir ja schreiben. Vielleicht erkannt sich jemand wieder.
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Sabine Gerassimatos aus Ludwigshafen schrieb am 19.06.2025
Ich war ca. 1969 (6 Jahre) im Haus am Schmalensee in Mittenwald. War aus Salzgitter Niedersachsen. Ich habe erst vor ca. 4 Wochen etwas mit bekommen, was sich mit Verschickungkindern passiert ist und war absolut entsetzt. Ich habe scheinbar ziemlich viele Schutzengel damals gehabt und kann nur positives berichten. Ich wurde am Bahnhof damals von einer Dame in Schwesternkleidung in Empfang genommen und die saß mit bei mir und den anderen Kindern im Zugabteil. Ich habe in Mittenwald einen jungen Mann und dazu 2 Junge Frauen und eine ältere Frau in der Gruppe gehabt und wir haben viel gespielt und Lieder gesungen. Auch gab es damals einen Fernseher, wobei ich nur noch weiß, daß der immer so lila Farben hatte. Wie ich abends mal Heimweh hatte und geweint habe, hat ein anderes Kind, den Betreuer geholt und er hat mich getröstet. Er meinte wir spielen morgen wieder und den anderen Kindern geht es auch so und je länger ich schlafe, desto schneller bin ich wieder zu Hause. Ich habe mich gefreut, weil wir am Vortrag auf den Rasen gespielt haben und am nächsten Morgen Schnee dort war! Ich habe nichts von den ganzen schrecklichen Sachen, mit bekommen oder gesehen. Vielleicht lag es an unsere Gruppe und an den Betreuern? Ich war als Kind schon Untergewichtig und habe viel gegessen, so dass ich immer glücklich war, wenn es Essen gab. Ich habe nur die schönsten Erinnerungen daran und war dann in ca. 1996 mit meiner Tochter in Mittenwald um ein Foto vom Haus zu machen und ihr zu zeigen, wohin ich damals verschickt wurde. Leider habe ich davon keinerlei Fotos gesehen oder es wurden keine gemacht?
Auch habe ich mit jemandem eine Postkarte geschrieben, in den Spielzimmer/Aufenthaltsraum ich konnte ja noch nicht schreiben, aber wie oder was, weiß ich nicht mehr.
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Ruth-Maria aus aufgewachsen in Hamburg-Langenhorn schrieb am 17.06.2025
Ich wurde als Kind mehrmals verschickt. Von meinen Kinderarzt vorgeschlagen und verordnet. Mir wurden langfristig "Herzchentabletten" verabreicht, von denen meine Mutter bis heute nicht weiß wofür.
Auf der Kur habe ich keine Gewalterfahrung erlebt. Ich war aber auch ein kleines stilles und sehr braves Kind. Ich kann mich an ein Einzelzimmer/ Krankenhauszimmer alles in weiß, keine Bilder, keine Kinderbücher, isoliert von den anderen Kindern erinnern. Wie lange ich isoliert war, kann ich nicht sagen, habe aber seid dem Probleme mit geschlossenen Türen. Wir bekamen Zuckerei an der Küchetür und Lichttherapie zum Wachsen in Unterwäsche im Kreis aufgestellt um eine große UV-Lampe herum
Mein Gynäkologe hat die Tabletten später abgesetzt und mir Androcur und Diane verschrieben um meinen Hormonstatus ins Lot zu bringen wie er sagte (Testosteron erhöht). Daher gehe ich davon aus, dass es sich bei den Herzchentabletten um Wachstumshormone gehandelt hat. Berichte ließen sich weder bei dem Kinderarzt noch anderswo anfordern...weil, wen wundert es, 10Jahre Aufbewahrungsfrist für Medizinische Unterlagen.

Mich würde interessieren, wer ebenfalls in diesem Zeitraum Medikamente nehmen musste und wenn ja welche. Sie waren klein braun und hatten die Form eines Herzens.
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Angela aus Bad Dürrheim schrieb am 15.06.2025
Meine Mutter erzählte mir, dass ich in Kinderferien dürfe, das wird schön, viel bastel, malen, spielen, singen.
Sie packte mit mir zusammen den Koffer, mit meinem Teddy, damit ich kein Heimweh bekäme.
Wir gingen zu einem Bus, es warteten bereits andere Kinder, und meine Mutter früh einen älteren Jungen, ob er auf mich aufpassen könne, damit ich nicht so allein wäre. Der junge nahm die ganze Fahrt meine Hand.
Angekommen, wurden wir auseinander gerissen, junge und Mädchen getrennt, und ich schrie und schrie, jetzt ganz alleine, kenne niemanden.
Sofort kamen wir in ein grosses Bad mit vielen Wannen. Zuerst suchte man nach Läusen, dann in die riesengroße Badewanne, ich verstand nicht, war doch von meiner Mutter bereits gebadet worden.
Anschließend in ein grosse Halle mit Eisenbetten, eine Trennglasscheibe.
Ich soll die Aufsicht machen. Ich hatte ein rotes Kleid an und beige Strumpfhosen.
Ich lief leise durch die Gänge der Betten.
Ein Kind meldete sich, es müsse mal.
Ich suchte dann die Schwester. Es gab eine Glastür, klopfte, es meldete sich niemand, also hämmerte ich an die Tür, keine Reaktion. Ich öffnete nun die Tür und wurde barsch von Sr. Ursel angewiesen, sofort zu gehen. (Sie tranken Kaffee und Kuchen) Darauf schrie ich: "das Kind muss Pipi"!! Man schickte mich weg. Ich weiss noch, dass ich so wütend war. Und weiss bis heute nicht, was aus dem Kind wurde.
Ich erinnere mich an das Solezimmer, mit Kapuze, Dampf und singen.
Ich erinnere mich an schweigende Mahlzeiten. Dass man den ganzen apiaufessen musste und ich mich weigerte.
Ich erinnere mich, dass es kein spielen oder vorlesen oder ähnliches gab.
Ich erinnere mich an kein einziges Kind, dass mit mir 6 Wochen verbrachte, obwohl ich das Abschlussbild so oft anschaue.
Ich erinnere mich, dass ich mit einer Decke auf einem Liegestuhl auf dem Balkon ging, und dachte, ich komme da nie wieder raus, und wenn sind meine Eltern gestorben.
Ich erinnere mich an tägliche Tablettengabe, eine Kinderschlange, still, vor einer Tür wartend. Wenn man eintrat, nur einzeln, bekam ich Tabletten, ich glaube, eine weiße, eine rosa. Es gab einen Arzt und eine Schwester. Dann ging man aus einer anderen Tür rechts wieder raus. Da wartete dann noch eine Schwester.
Etwas 1x Woche würde ich geröntgt, gemessen und gewogen. In Unterhose. Und ich erinnere mich an das kalte Röntgengerät.
Ich erinnere mich an ständiges warten.
Ich erinnere mich, dass ich nachts in einem leeren Flur stehen musste, nicht anlehnen, nicht auf den Boden legen, dunkel, und die Schwester kontrollierte. Angst. Und Wut.
Ich erinnere mich an tunken in der überdimensionierten Badewanne, Angst zu sterben.
Ich erinnere mich an einen Speisesaal, ein Podest, auf dem die Erwachsenen saßen.
Ich erinnere mich, dass ich dort 5 Jahre alt wurde, und Sr.Ursel meinte, meine Eltern schenken mir nichts, sie hätten geschrieben, weil ich so ein ungezogenes, boeses Kind sei, wollen sie mich nicht zurück. Wieder Wut, da meine Eltern doch gar nicht wissen, wie es hier ist, wie wollen sie so etwas sagen.

Am letzten Tag das Foto. Endlich.
Mit dem Zug nach Hause, Abholung durch meine Mutter. Ich habe einen Bogen um sie gemacht, sie durfte mich ab da nie wieder anfassen. Ich vertraute ihr nie wieder. Wir hatten ein Leben lang ein schlechtes Verhältnis.
Allerdings fragt sie mich nach ihren Briefen und Geburtstag Geschenke, worauf ich zu ihr sagte, ihr wolltet mich ja nicht mehr, deshalb bekam ich doch nichts!
Ich erinnere mich, dass ich mit 5 Jahren zu einer Kindertherapie ging, nehme an, als Folge dieser Aussage.
Ich musste nie mehr weg.

Nachdem ich heim kam, begannen Allergien, meine Mutter veränderte das Essen und änderte das Waschpulver, nutze nichts, und mit 18 bekam ich Asthma. Niemand im Verwandtenkreis hatte sowas.

Geblieben ist Einsamkeit, gestörtes Vertrauen in andere, Hospitalisation, Probleme mit Gruppen. Angst weg zu fahren. Das Zuhause zu einem gemütlichen Laufstall ausbauen. Probleme Freundschaften zu schließen.
Essensprobleme, d.h. schlecht und zu wenig essen. Überverantwortung für mich und andere. Übergerechtigkeit. Meine Wut ist geblieben, wenn ich merke, etwas stimmt nicht, mische ich mich ein, streite, wütend.
Seit 4 Jahren gehe ich in Therapie, sehr fruchtbar.

In diesem Jahr in eine psychotherapeutische Reha, bin nach 4 Tagen gegangen, in einem erbärmlichen, schlimmen Zustand, da ich da eine Reitraumarisierung bekam, zittern, schluchzen und Angstzustände.
Die Klinik reagierte unverschämt.

Heute keine Beziehung zu meinen Kindern, da sie mit meinen Depressionen und 2x Suizidversuche nicht klar kommen.
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Violet Hasner aus Rudolstadt schrieb am 12.06.2025
Ich danke Ihnen für Ihre mutige Initiative und dafür, dass hier so viele sichtbar werden. So viel unerträgliches Leid und Schmerzen...Hoffnungslosigkeit. Damit möchte ich nicht mehr allein sein.

Mein gesamtes Leben unterdrückte was da alles geschah, und später; und als es vor 4 Jahren dann nicht mehr ging, holte ich mir Hilfe. Seitdem heilen diese ganzen schlimmen Dinge. Nach 40 Jahren.

Soetwas darf nie wieder passieren!!!!

Nun ist der Blick frei und ich kann zum Grund blicken, zum Anfang. Noch immer bin ich in Behandlung und es wird noch dauern das alles zu verstehen und zu verarbeiten. Auch künstlerisch kann ich mich der Kur 1985 nicht nähern und brach oftmals mit schreiben, zeichnen und malen ab. Es ist schwierig die Gefühle, Sequenzen und Bilder darstellen.

Ein Versuch: meine Mutter heiratete neu und die belastete erste Ehe war der Grund, dass ich mich aus den "zerrütteten" Verhältnissen erholen sollte. Die Sozialistische Erziehung ließ zu wünschen übrig. Spätere Repressalien.

Wie lange ich dort war, weiß ich nicht und auch erst mit der Traumaarbeit zu andren Themen, habe ich verstanden wo diese Bilder hingehören. Ich fand im Nachlass meiner Mutter ein Briefcouvert und konnte nun endlich einordnen, was ich mit 5 Jahre erlebte.

1985 Kindererholungsheim Gernrode. Der Briefumschlag war leer. In dieser Kurzeit zog meine Mutter mit meinem 6 Jahre älteren Bruder von Erfurt nach Schwerin, zum 1. Stiefvater, der dann auch ein Täter sein würde.

An Esssituationen kann ich mich nur erinnern, dass anderen Kindern Gewalt angetan wurde und sie am Tisch sitzen mussten und alles aufzuessen hatten. Ich begann zu der Zeit und später zu essen, um zu kompensieren.

Ich wurde an den Ohren gezogen, dass es mehrmals knackte und einriss, weh tat und brannte. Ich bekam auch Ohrfeigen und wurde einmal so heftig am Arm gezogen, dass es auch dort knackte. Das Armzucken ist im Therapieprozess aufeinmal wieder aufgetreten. Wie in meiner Kindheit, als ich stotterte und andere Auffälligkeiten hatte.

In der Kur kann ich mich an drei Dinge erinnern die sich wie Ohren, Wange und Arm in mich einbrannten.

Ich musste abends/nachts auf Toilette und durfte immer wieder nicht...Ich versuchte mich hinauszuschleichen, denn ich musste wirklich dringend. Die Erzieherin schimpfte mich aus und bedrohte mich, zerrte und befahl mir im Bett zu bleiben. Ich war voller Angst und ich kann mich nicht mehr erinnern wieviele Kinder mit im Zimmer waren und wie es aussah.

Aber ich kotette und machte ins Bett und weinte im Dunkeln und alles war voll, ich war voll, alles stank und ich hatte solche Angst. Ich schämte mich sehr und dieses Thema wiederholte sich später. Auch ganz anders. Sie kam wieder und beschimpft mich als Schwein und pfui, als pervers und der letzte Dreck. Sie zerrte mich in die Dusche und dann weiß ich nichts mehr...

Immer wieder herumzerren und Ohrfeigen, an den Ohren ziehen und ausschimpfen. Ich habe immernoch Angst vor Kritik und Autoritäten, wenn ich meine Gefühle zulasse.

Ich stand dann in dem dunklen "langen" (?) Flur und zitterte und weinte und hatte Todesängste. Die ganze Nacht und ich löste mich auf, phantasierte... dort in der dunklen Ecke, im gruseligen Flur...alleine.

Ich erinnere mich, mit anderen Kinder nackt, in einem dunklen Raum im Kreis zu laufen. Höhensonne/ Bestrahlung und wir sollten Brillen aufsetzen. Ich hatte furchtbare Angst und wurde fürs weinen ausgeschimpft. Erniedrigt und entwertet. Ich kann mich an das Gefühl erinnern ein nicht und wertlos zu sein. Man behandelte mich wie eine Puppe, Körpertaubheit und mich aus der Ferne sehen.

Dieses Gefühl begleitet mich mein ganzes Leben schon, und ich hatte zu schweigen.. immer. Keine Wiederworte, keine Klagen und Wünsche. Wenn Erwachsene reden, schweigt das Kind... in der Familie musste ich auch schweigen.

In der Kur wurde ich gebrochen und meine Persönlichkeit zerstückelt und kaputt gemacht. Ein Gefühl begleitet mich seitdem und dass ist ein zugeschnürtes Herz und beklemmendes Atmen: Krämpfe und die Angst vor Untersuchungen, Ärzten und Räumen/Betten/ festgemacht zu werden und Zwangsmedikamentiert.

Soetwas sagte dann später auch mein 1. Stiefvater, weil ich so anders war und komisch. Meine Mutter überlebte die Gewalt in ihrem Leben nicht.

Im Zuge meiner jahrelangen Therapien ambulant und stationär, ist mein Herz befreit worden und ich kann frei atmen, Angstschweiß und Panik minderten sich. Ich habe viel gelernt und begann mich zu trauen wieder "mich" zu fühlen und nicht nur für andere herzlich, hilfsbereit zu sein und mit Leistung zu funktionieren. Die Ängste Stück für Stück zu überwinden.

Dennoch bleibt vieles noch zu bewältigen.

Es wird noch lange dauern und weiteres kann ich zur Kur noch nicht zulassen.
Ich bin stolz auf mich es hier nun einmal öffentlich aufgeschrieben zu haben.
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Lea schrieb am 11.06.2025
Huhu ihr lieben, ich berichte nicht über meine Erfahrungen sonder über die von meiner Mutter sie wurde mit 5 jahre in das Heim Lieselotte in Braunlage verschickt. Und sie selber weis leider nicht mehr viel… aber sie ist durch diese Erfahrung sehr traumatisiert worden bis heute. Und ich würde gerne mehr verstehen was dort vorgefallen ist, ich habe hier nur 2 Einträge über dieses Haus gefunden also falls ihr dort auch wart meldet euch gerne bei mir. Was ich von ihr weis ist das sie dort auch zum essen gezwungen wurde und als sie es verweigert hat geschlagen wurde. Sie ist darauf hin in den Heizungskeller gelaufen und hat sie dort versteckt sie wurde von allen gesucht. Sie ist dann irgendwann raus gekommen und dann waren alle super erleichtert und sie wurde fortan nur noch gut behandelt.. mehr weis sie leider nicht aber sie hat ihrer mutter nach ihrer Heimkehr gesagt das es schrecklich war und sie nie wieder weg möchte was sie bis zum heutigen tage immernoch ungern tut…


Also falls ihr dort wart und mehr wisst Kontaktiert mich.
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Cornelia Blömer aus Wyk auf Föhr schrieb am 08.06.2025
Ich war 1972 mit 5,5 Jahren in Haus Tanneck und bin von dort traumatisiert zurück gekommen. Ich habe nicht mehr gesprochen, nachts geschrien. Heute bin ich 60, vor ca. 15 Jahren bekam ich Flashbacks an diese Zeit. Ich erinnere mich an die psychische Misshandlung, an saure Milchsuppe, die wir essen mussten und daran, dass ich nachts im Nachthemd mit nackten Füßen auf dem Flur stehen musste, ich sollte mich schämen, weil ich geweint hatte. Seit 15 Jahren ungefähr erinnere ich mich auch an den sexuellen Mißbrauch, vielleicht geschah es auf der Krankenstation, das weiß ich nicht genau. Ich habe einzelne Flashbacks und ein Foto, von dem ich mir sicher bin, dass hinter der Kamera der Täter stand, auch von der damals hochschwangeren Erzieherin, die das zugelassen hat, habe ich ein Foto. Als ich von dort zurück kam, hatte ich meiner Schlummerle-Puppe alle Finger abgekaut. Ich habe viel Therapie gemacht und bewältige mein Leben inzwischen sehr gut, aber das Trauma hat mein Leben schwer belastet.
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Nadine aus Wuppertal schrieb am 08.06.2025
(Bad Sassendorf- Okt/Nov 1985)
Ich habe meinen ehemaligen Kurort Bad Sassendorf besucht.
Den Bildern nach müsste ich im Haus Hamburg gewesen sein. Mein Vater war damals in der DAK, das würde passen.
Ich bin im Okt 1985 am Wuppertaler Hauptbahnhof in den Zug gestiegen, begleitet wurde ich von einer Frau, ich glaube es waren noch 1-2 Kinder mit dabei.
Geschlafen habe ich mit mehreren Kindern in einem Raum, es war alles mit Betten zugestellt.
Hinterm Haus standen einige Bäume, ich glaube da konnten wir zum Spielen raus.
Es war alles streng getaktet….
Jeden Tag ein „Event“.
Solebäder, Inhalieren, Spaziergang.
Nach dem Solebad mussten wir uns alle hinstellen und frieren, bis die Damen einmal durch waren und man seinen riesigen Messbecher eiskaltes Wasser über den Kopf geschüttet bekommen hat.
Zum abhärten.
Beim inhalieren in der Kammer mussten wir uns auf die Holzbänke setzten und den Kopf hinten anlehnen und tief ein und ausatmen.
Ich fande es schrecklich und ich meine mir ist davon schlecht geworden.
Jeden Tag gab es den Mittagsschlaf.
In diesem Schlafsaal mit den großen Fenstern , wie ein Wintergarten,viele Betten . Man musste still sein und ich glaube uns wurde der Räuber Hotzenplotz vorgelesen. Einmal wurde ein Junge zur Strafe mit nackten Füßen ,vor den Fenstern ,durch den Schnee gejagt, alle haben zu gesehen.
Ich habe mich immer schlafend gestellt und kaum getraut , die Augen zu öffnen.
Zu meinem 6. Geburtstag bekam ich ein Päckchen von meinen Eltern.
Ich meine es war schon auf als ich es bekam. Ich kann mich an ein Kuscheltier erinnern und an Süßigkeiten. Wenn ich etwas nahm, musste ich allen Kindern etwas abgeben. Alle saßen um mich rum und streckten ihre Hände aus, weil sie auch etwas wollten.
Es gab Kinder die ich garnicht mochte, denen habe ich zum Schluss etwas gegeben.
Ich kann mich an keine einzige Freundschaft erinnern.
Ich glaube ich war immer „alleine“.
Einmal in der Woche war Telefontag. Da waren gefühlt alle in einem langen Gang und haben gehofft aufgerufen zu werden, damit man mit den Eltern telefonieren konnte. Es hat Ewigkeiten gedauert. In den 6 Wochen sind meine Eltern einmal durchgekommen.
Ich habe mich gefreut. Das Ganze war von Zeitdruck geprägt und einer Sanduhr, die rumgedreht wurde. Vielleicht war es 1 Minute… jedenfalls sehr kurz ,um wirklich zu sprechen.
Wenn man nicht aufgelegt hat, wenn die Sanduhr durch war, wurde auf die Gabel gedrückt. Ein Telefonat und eine große Enttäuschung, nicht wirklich Zeit um zu sprechen.
Gegessen wurde im Speisesaal.
Und was auf den Tisch kam , wurde aufgegessen. Es war keine Spargelzeit, es gab ihn trotzdem und ich musste solange sitzen bleiben, bis ich aufgegessen hatte ebenso bei Sülze. Auch ich war angeblich zu dünn und kam zum „Aufpäppeln“.
Ich war alleine, einsam und habe nur funktioniert, ein Gefühl von ausgeliefert sein, Ohnmacht.
Einfach nur durchhalten.
Zurück bin ich wieder mit dem Zug nach Wuppertal und es lag Schnee.
Ich habe nur negative Erinnerungen, ein schlechtes Gefühl.
Heute denke ich, das mich dies alles sehr geprägt hat.
Wenn ich die ganzen Berichte lese,
hatte ich ja noch „Glück“ im „Unglück“.
An viel kann ich mich nicht erinnern,
was noch war kann ich nicht sagen.
Ich finde es einfach nur schrecklich, was so vielen Kindern angetan wurde . Und auch wie lange bis in die 90er….
Ich versuche das Beste zu machen, für meine Familie und meine beiden Kindern.
Insgesamt bin ich eher ein trauriger, zurückgezogener Mensch, obwohl ich alles habe. Dafür bin ich sehr dankbar. Trotzdem kann ich nicht richtig glücklich sein.
Nachdem ich auf all das gestoßen bin, habe ich meine Mutter gefragt, wie das alles sein kann?
Wie man ein 5 jähriges Kind , 6 Wochen wegschickt, zu Fremden?
Die Berichte aus den Medien, das hat sie sehr schockiert und fertig gemacht. Ich glaube sie hat jetzt erst realisiert, was das alles war.
Und erst jetzt wurde ich ernst genommen.
Sie sagte, das der Kindergartenarzt die Kur empfohlen hat, daraufhin war sie bei der Kinderärztin Fr Dr Leopold/ Wittener Str.. und dann wurde das gemacht. Es wurde nichts hinterfragt, das was Ärzte gesagt haben wurde gemacht.
Ich glaube sie hat auch viel verdrängt. Ich habe das Gefühl, das sie heute versucht viel wieder gut zu machen, weil ihr klar ist, das früher doch einiges nicht in Ordnung war.
Insgesamt hatte ich auch keine liebevolle, behütete Kindheit.
Ich vermute auch, das mein Vater Jahrgang 1949 auch ein Verschickungskind war. Zu ihm habe ich kein Kontakt mehr. Das würde auch einiges erklären, aber nicht rechtfertigen.
Ich bin heute Mutter 2er toller Kinder, habe kein Selbstwert, kein Selbstbewusstsein.
Ich hoffe sehr, das ich eine gute Mutter bin und meinen Kindern nicht meinen Schaden weiter gebe.
Falls hier jemand ist, der zur gleichen Zeit in Bad Sassendorf war, würde ich mich über eine Kontaktaufnahme freuen.
Danke an diese Initiative!
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Tom aus St.Peter Ording schrieb am 07.06.2025
Ich war kurz vor der Einschulung in "Kinderkur" in St. Peter-Ording!
Leider kann ich mich nicht mehr an den Namen der Einrichtung erinnern.
Ich weiss nur noch, dass die "Heimleiterin" in einem Reetdachhaus auf dem Grundstück des Heimes wohne.
Ich war in einer Gruppe, die von einem "Onkel Detlef" betreut wurde.
Es war kein schönes Erlebnis! Mir persönlich wurde nichts "angetan" aber die Strafen waren teil's brutal.
Wenn man z.B. beim erzwungenen Mittagsschlaf nicht schlafen konnte, wurde man in den Waschraum verwiesen und musste da die Zeit absitzen.

Auch das Essen war immer ein Drama, Kinder die sich übergaben mussten ihr eigenes Erbrochenes aufessen.....
Wenn Eltern z.B. mal einen Kuchen geschickt haben, wurde dieser dem Kind weggenommen.
Mit mir war auch ein älterer Junge, der aus dem gleichen Dorf wie ich kam in dieser 6-wöchigen Kur.
Er war natürlich nicht in meiner Gruppe, aber ich durfte nicht einmal Kontakt zu ihm haben..... Wir sahen uns nur zu den Mahlzeiten kurz, durften aber nicht zusammen sitzen bzw. essen.

Am Ende der Kur wurden wir dann noch für irgendwelchen Andenken-Kitsch um unser Taschengeld betrogen.

Keine schöne Zeit!
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Bianca K. schrieb am 23.05.2025
Durch Zufall fand ich vor einigen Wochen heraus das auch ich ein Verschickungskind war. Durch die Suche nach einer Impfung in meinem Impfausweis fand ich einen Stempel vom Kinderkurheim Mönchwinkel. Leider habe ich keinerlei Erinnerung an diesem Aufenthalt. Vielleicht gibt es jemanden der ebenfalls in Mönchwinkel war ,vielleicht sogar zur selben Zeit.
Ich möchte unbedingt mehr erfahren ob dieser Aufenthalt vielleicht auch was mit mir gemacht hat.
Es gibt einige Verhaltensweisen die ich nicht zuordnen kann.
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Mike Czarska aus Fleeth schrieb am 23.05.2025
Aber mich wird aus Pausa niemand kennen. Ich bin aus Mecklenburg-Strelitz und Baujahr 12/1971.
Es war 1977, ich sollte nächstes Jahr zur Schule, aber ich wog nicht genug. Es war Winter, wir sind mit einem weinroten Bus hingefahren. wir standen vor einer riesen-flügeltür, es ging stufen hinauf, drinnen wieder. dann kam eine graue dreiteilige tür, die führte in ein treppenhaus. wir gingen nach oben. hier waren speisesaal, spielzimmer und eine groß küche. es gab drei gruppen, erstmal die spatzen, das waren wir jüngsten, dann die finken und die adler. ich konnte mich nie eingewöhnen, weil ich so verschlossen war, freunde hatte ich dort nie, (wie sonst auch nicht in den "pionierlagern", mein heimatdorf hatte eins, und jede sommerferien musste ich zwei wochen dort verbringen, während meine freunde vor dem tor standen - ich musste den tag über dableiben. meine verschlossenheit überwand dieses dennoch nicht!) in pausa wurde ich oft von meinen mitkindern verlacht, weil ich so schüchtern war. einmal brauchten wir wasser für irgendwas, und ich wurde in die küche geschickt, die unserem spielzimmer gegenüber war. eine betreuerin war drin, ich guck sie an und sagte, ich möchte bitte wasser (ob ich bitte sagte weiß ich nicht mehr). ehe sie in mich dringen konnte, ging die tür auf und die ganze bande kam rausgestürmt und brachte einen eimer mit: wasser holen ohne eimer, du dummerjahn (oder so ähnlich).
zu den schlafräumen gings die treppe runter - nanu, dachte ich, schlafzimmer sind doch immer oben - ich schlief schlecht, kriegte bald fieber, mir war hundeelend, ich glaub sogar, ich hab ins bett gekotzt. die betreuerinnen waren nicht unfreundlich, aber sie waren gestresst, glaub ich.
morgens gings los mit duschen und bürstenmassage. die sanitärräume lagen noch unter den schlafzimmern. wenn wir hinaus spazierengingen (es lag viel schnee), benutzten wir IMMER eine ausgangstür von den sanitärräumen aus, niemals die haupteingangstür, durch die wir am anreisetag ins haus gekommen waren.
apropos tür: hier sah ich zum ersten mal eine "ziehharmonikatür". geschlossen sah die aus wie eine wand, offen war plötzlich die wand weg und der raum viel größer! in diesem raum haben wir abends immer den sandmann gesehen, ich erinnere mich noch an die folge, wo er mit dem schneeräumer kommt und hab gerade kürzlich die folge via net aufgerufen.
tür anders: wenn wir nach oben oder unten gingen, kamen wir immer an dieser grauen tür vorbei. ich wusste, dass da der ausgang war, aber man konnte nicht durchsehen, denn die scheiben waren milchglas. eine klinke hatte sie auch nicht sondern einen schwarzen runden türknauf. oft stand ich davor, musste oft gerufen oder geholt werden.
wenn ich vor dieser tür stand, dachte ich immer: wenn die jetzt aufgeht, biste zu hause!
schlimm wars eigentlich nicht in pausa, besonders streng auch nicht, jedenfalls nicht strenger als woanders. und immerhin bin ich mit sollgewicht nach hause gekommen ...
ABER SCHLIMM - SCHLIMM - SCHLIMM WAR DAS HEIMWEH!
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Kathleen Kerler aus Adelschlag schrieb am 12.05.2025
Ich war 85 oder 86 in Pausa, April auf jeden Fall, da ich dort Geburtstag hatte, den 5. oder 6...
Ich kann mich nicht mehr an viel erinnern, aber das was ich weiß bzw auch vor mir sehe, ist wohl mit verantwortlich für meinen psychischen Zustand, Angststörung.
Ich sehe den Schlafraum, mit mehreren Doppelstockbetten längst an den Wänden, an beiden langen Seiten entlang, und in der Mitte unzählige Einzelbetten.
Von dem Schlafraum aus ging es in einen langen dunklen Flur an dessen Ende das "Bad" war. Wir waren unten untergebracht, glaube es waren Kellerräume.
In diesem Flur stand ich einige Male nachts an der Wand, weil ich im Bett weinte. Ich glaube ich habe auch mal ins Bett gemacht. Ein Junge war mit im Schlafraum, mit demich zusammen im Kindergarten war, wir flüsterten auch öfter, wieder Strafe.
Zu meinem Geburtstag kamen meine Eltern und schenkten mir eine Puppe. Diese wurde mir nach der Abfahrt der Eltern abgenommen, ich bekomme sie wieder wenn ich lieb bin, oder so ähnlich. Bekommen hab ich sie bei der Abreise.
Ich musste mehrmals im Speisesaal stundenlang vor dem Teller sitzen, mit 2 oder 3 Kartoffeln und einem riesigen Stück fettiges Fleisch, eigentlich nur Fett. Ich bekam es nicht runter. Alle durften spielen gehen, ich nicht, erst wenn der Teller leer ist. Ich habe geweint, gewürgt, geweint, gewürgt...stundenlang. Ich schneide noch heute jedes Milligramm Fett vom Fleisch bei der Zubereitung.
Ich erinner mich an die Außenanlage, da war so ein ziemlich großer Pavillon aus Holz glaube ich, da saß ich manchmal.
Ich glaube ich war 6 Wochen dort.
Wenn man den Eltern was erzählt hat, wurde man als Lügner abgestempelt, ich bilde mir das nur ein. Später habe ich noch mal nachgefragt, als ich in der psychosomatischen Klinik war, ob es Bilder oder ähnliches gibt, Postkarten wurden auch verschickt, aber ich bekam keine Antworten mehr, dieses Thema wurde tot geschwiegen.
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Ute Wallis aus Neumünster schrieb am 25.04.2025
Hallo, nachdem ich viel über Verschickungsheime und die Erlebnisse vieler Betroffener gelesen habe hab ich in meiner Erinnerung gekramt. Ich wurde zusammen mit meiner jüngeren Schwester im Frühjahr/Sommer 1962 in ein Heim in St. Peter (Ording?) geschickt. Als Folge der Sturmflut im Februar 1962 als wir wegen der Überschwemmungen alles verloren hatten wurde
unsere Fam. (8 Pers.) notdürftig in einer Jungendherverge untergebracht. Wir Kinder wurden nach und nach aufgeteilt und wegegeschickt. Als wir in St. Peter ankamen ging es sofort los. Aggressives Verhalten der „Aufpasser“ uns gegenüber zog sich durch die ganze Zeit des Aufenthalts. Es waren furchtbare Wochen. Wir waren traumatisiert von der Sturmflut und wurden an die Nordsee geschickt. Nächtliche Alpträume und Weinen waren in den Augen der Aufpasserinnen etwas das es nicht geben durfte. Nach dem zu Bett gehen durfte nicht mehr aufgestanden werden. Auch nicht zum Toilettengang. Als Folge davon und aus Angst wurde ins Bett gemacht. Grausam was dann am Morgen geschah. Bloßstellung vor allen anderen, anschreien und Bestrafung in Form von heute bleibst du hier alleine im „Zimmer“. Beim Essen der Zwang alles aufessen zu müssen. Auch wenn man von mittags bis zum späten Nachmittag daran saß. Die Behandlung durch die Erwachsenen war nicht nur streng sondern auch abwertend. Mit uns waren viele Kinder aus Berlin im Heim. Diese Kinder waren offenbar bemitleidenswert weil sie aus Berlin kamen und wurden komplett anders behandelt. Briefe die wir von zu Hause bekamen wurden geöffnet und vor allen laut vorgelesen. Päckchen wurden geöffnet und der Inhalt an die armen bedauernswerten Kinder aus Berlin verteilt. Ich kann mich erinnern das meine Schwester und ich unsere Sachen gepackt hatten und nachts verschwinden wollten. Leider hat man uns erwischt. Ich habe immer das Problem gehabt das ich nicht damit
umgehen konnte wenn Mitmenschen einfach nur nett zu mir
waren und sind. Ich fühlte mich wertlos. Das man darunter leidet und schlechte Erinnerungen verdrängt ist wohl klar. Lange habe ich überlegt ob ich die Erinnerungsfetzen die noch da sind einmal niederschreibe. Jetzt, mit 72, mach ich das. Ich hatte das Problem das ich linkshändig bin und schon deshalb als zu dumm für alles hingestellt wurde.
Wie verroht muss man sein um so mit Kindern umzugehen?!
Bis heute hab ich ein Problem damit wenn man geraten hat oder rät eine Reha zu machen. Irgendwann war mir klar das es einen Zusammenhang geben muss mit dem Aufenthalt im Kinderkurheim. Ich ertrage es nicht wenn andere bestimmen was ich wann zu machen habe.
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Roland Häring aus Billigheim schrieb am 19.04.2025
Hallo zusammen,
ich würde gerne mal das Heim besuchen, um endlich abschließen zu können. Allerdings traue ich mich nicht alleine. Wer fährt mit mir dort hin und wir arbeiten gemeinsam auf?
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Petra Webersik aus Rügen - Sassnitz schrieb am 06.04.2025
Für alle Journalisten und Betroffenen habe ich auf meiner eigenen Webseite meine Erfahrungen zu meinen Verschickungen dokumentiert. Ich zeige zahlreiche Dokumente, Briefe, Broschüren und Flyer. https://verschickungskind.petra-webersik.de
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Henning aus NRW schrieb am 02.04.2025
Ich bin im Zuge einer anderen Recherche auf dieses Forum gestoßen und wieder an meine gründlich verdrängte eigene Kinderkur erinnert worden. In den letzten 50 Jahren habe ich diese nahezu vollständig vergessen. Aufgrund von Fotos, Briefen/Postkarten und Gesprächen mit Familienangehörigen konnte ich einiges wieder auffrischen. Nunmehr habe ich eine lückenhafte Erinnerung an wenige Einzelheiten, viele andere Dinge sind dafür wie ausgelöscht.

Ich wurde am 2. Juli 1974 während der Schulzeit von der BEK für 6 Wochen zu dem Kinderheim Kiebitzdelle auf Borkum verschickt.
Weder an die Zufahrt vom Rheinland nach Emden noch an die Überfahrt nach Borkum habe ich irgendeine Erinnerung. Dies ist erstaunlich, da für mich die Reise sehr spannend und interessant gewesen sein muss.
Das Heimgebäude lag nach meiner Erinnerung abgelegen am Stadtrand ohne direkte Nachbarbebauung. Das Haus war ein eingeschossiges, langgestrecktes Gebäude an dem Geune Stee Weg 31 an dem sich ein Dünen- und Waldgebiet und dann der Strand anschloss.
In einer Postkarte schreibe ich von 5 Jungenzimmern mit je 4 Betten, einem Speiseraum und einer gegenüber liegenden Mädchenabteilung. Das Zimmer war eng und dunkel, der Speiseraum kalt und ungemütlich. An den Waschraum und die Toilette habe ich keinerlei Erinnerung.
Obwohl ich von zuhause weiss Gott nicht verwöhnt war, empfand ich das Mittags- und Abendessen fürchterlich. Ich kann bis heute keine Hülsenfruchteintöpfe und Fleischwurstaufschnitt mit Paprika essen, beides gab es in Erinnerung ständig. An ein Frühstück habe ich keine Erinnerung. Am Mittagstisch musste man solange sitzen bis alles aufgegessen war. Die Erbsensuppe habe ich erst versucht zu verweigern, mangels Erfolg dann teilweise gegessen und erbrochen. Zur Strafe durfte ich dann alles essen.
Mittags müssten wir uns 1 bis 2 Stunden schlafen legen, was mir als 9 jährigem sehr schwer gefallen ist zumal wir in dieser Zeit nicht reden oder zur Toilette durften. Die Nachtruhe begann früh und mann musste wieder ruhig sein und durfte nicht zu Toilette.
Schöne Erinnerungen habe ich an stundenlange Wanderungen am Strand, in den Dünen, im Wald und in der Stadt.
In meinen wöchentlichen Pflichtpostkarten schreibe ich von mehrmaligem Baden im Meer sowie im Wellenbad und von einem Ausflug mit einem Fischkutter. Hieran habe ich keinerlei Erinnerungen. Die Postkarteninhalte sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, da deren Inhalt kontrolliert und mindestens teilweise vorgegeben wurde. Ich habe eine Erinnerung, das eine meiner Postkarten zerrissen wurde und ich sie gemäß Vorgaben neu schreiben musste. Die Post meiner Eltern wurde ebenfalls zensiert und mir erst am Ende der Kur und z.T. auch gar nicht gegeben. Dies ergibt sich aus lückenhaften Briefen meiner Eltern, in denen sie sich darüber beschweren warum ich nur so wenig und belangloses schreibe und nicht auf Fragen in diesem oder jenem Brief eingehe.

Insgesamt ist mir die Kurzeit als unendlich lange Abfolge von Tagen mit ständig gleichem Ablauf in einem dunklen, kalten Gebäude, bei ständig kaltem nassen und windigen Wetter im Gedächtnis geblieben. An körperliche oder sexuelle Misshandlungen habe ich keine Erinnerungen. Deutliche jedoch an einen rauhen Ton, häufigem Gebrüll, dem fortwährendem Zwang auf Ge- und Verbote zu achten um Strafen zu vermeiden.

Nach Angaben meiner Eltern und meines Bruders bin ich als völlig anderer Mensch aus der Kur zurückgekommen. Aus einem lebensfrohen, aufgeschlossen und unternehmungslustigen Kind war ein ruhiges, verschlossenes und ängstliches Kind geworden. Nach der Kur wurden eine Legasthenie und feinmotorische Störungen bei mir festgestellt, die mich die nächsten Jahre bei meiner schulischen Entwicklung stark behindert haben.
Ich habe Jahre gebraucht um wieder halbwegs selbstsicher und offener zu werden. Geschafft habe ich dieses wie ich heute weiß, indem ich Alkohol als Hilfsmittel eingesetzt und mich als zynischer Spaßvogel vor meinen Mitmenschen geschützt habe. Im Ergebnis bin ich über die Jahre zum Alkoholiker geworden, seit 3 Jahren trocken, um dafür jedoch infolge Depressionen und ein paar körplichen Folgeschäden der Sucht arbeitsunfähig zu sein.
Nach der Kinderverschickung habe ich eine starke Abneigung gegenüber Gruppen und Vereinen jeglicher Art und vermeide Hallenbäder, Saunen, öffentliche Duschen. Enger Körperkontakt - wie bei Massagen, Physiotherapie, Umarmungen, etc. - ist mir sehr unangenehm. Fremden gegenüber kann ich mich nur sehr schwer öffnen, Vertrauen in meine Mitmenschen habe ich nur wenig. Bis heute stört mich aufgrund meiner Erinnerungslücken das unangenehme Gefühl, das in meiner
Kurzeit noch andere für meine spätere Entwicklung relevante negative Dinge vorgefallen sein könnten.

Ob diese Auffälligkeiten und Störungen mit meiner Kinderverschickung in Zusammenhang stehen weiß ich nicht, vermute es aber zumindest in Teilen.

Da ich die letzten 50 Jahre erfolgreich vieles von meiner Verschickung verdrängen konnte, bin ich mir nicht sicher ob ich diesen Zustand so spät noch ändern und die Lücken füllen sollte.
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IrgendwoGlücklich schrieb am 28.03.2025
Ihr Lieben, so viel Leid muss man hier lesen.
Ich war in Weimar und erlebte auch sehr viele schlimme Dinge.
-Kaltes Abduschen im Keller inklusive Auslachen von einem Mann und mehreren Erzieherinnen
-Ans Bett gefesselt nachts um nicht zu stören, auf Toilette gehen unmöglich
-"Aufessenzwang" inklusive Wiederaufnahme des Essen in Form von Erbrochenen
-Stundenlange Märsche im Schnee zur Abhärtung
usw usw usw ...
Vieles hat der Körper verdrängt, in Form von Trauma gespeichert.
Ich wünsche allen ehemaligen Kindern ein schönes weiteres Leben.
Ihr seid Stark!
A.M.
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Jürgen schrieb am 21.03.2025
Die jetzt geschilderten negativen Erfahrungen beziehen sich nur auf Reinhardshausen. In Norderney war ich jünger, und habe mich so gut ich konnte eingefügt und arrangiert. Die dortige Erzieherin Frau Stabbert hatte eine Gitarre, auf der sie abends spielte, wir haben Lieder einstudiert. Das war eine gute Erfahrung. Natürlich hatte ich auch da schon Heimweh, aber es gab genügend Ablenkung. Wir hatten auch eine Zwangs-Mittagspause und alle mussten die Augen zu machen. Wenn einem das gelang, lag am Ende ein Plätzchen auf dem Pfosten. Das war fair. An Bestrafung kann ich mich nicht erinnern. Wir waren auch zusammen im Meer, haben uns alle an den Händen festgehalten, das war auch eher positiv.

Bevor ich nach Reinhardshausen kam, hatte ich bereits zwei Aufenthalte bei Verwandten hinter mir, die eher positiv waren. Dort, und auch zuhause hatte ich eine weitgehende Freiheit, konnte überall mit dem Fahrrad hinfahren. In Reinhardshausen war es eher restriktiv, wenn wir irgendwo hingingen, mussten wir uns zu zweit an den Händen halten. Als ich aus der Reihe tanzte, kassierte ich eine Ohrfeige. (War aber für mich die einzige). Nun gut, mein Vater und ganz besonders meine Mutter verprügelten mich regelmäßig mit einem Kochlöffel oder auch mit dem Teppichklopfer, so war das jetzt nichts Besonderes für mich. Das hat erst wirklich aufgehört, als ich für meinen Vater zu stark wurde, und ihn mit 15 einfach hochgehoben habe, als er mich übers Knie legen wollte. Ich hatte in Reinhardshausen unglaubliches Heimweh, ich habe am Anfang gar nicht mehr aufgehört zu heulen, ich wusste ja, dass es auch ganz anders ging. Ich war nicht gewohnt, so eingesperrt zu sein.
Bei uns bestand die Bloßstellung daraus, das nach dem Waschen die Unterhosen vor versammelter Mannschaft kontrolliert wurden, ob sich darin Spuren von einem feuchten Pupser befanden. Das war uns allen schon sehr peinlich. Die Badeausflüge habe ich als eher positiv empfunden. Es gab auch die Ausflüge in die Blaubeerfelder. Was bei mir persönlich noch dazu kam, war, daß ich meinen Eltern das Versprechen abgenommen hatte, daß sie mich wieder nach Hause holten, wenn das Heim schrecklich war, was sie dann natürlich nicht taten, heute würde man sagen: LOL. Daß jemand sein Erbrochenes essen mußte, weiß ich nicht mehr, kann sein. Ich war nicht betroffen, und könnte das auch verdrängt haben. Im Vergleich zu anderen Traumata, war das in Reinhardshausen eher mittelgradig, denn ich kann mich noch relativ gut daran erinnern, während ich andere Dinge über Jahrzehnte völlig verdrängt hatte, und, selbst, als ich konkret darauf angesprochen wurde, absolut nichts mehr davon wusste. Die Hälfte meines Traumas in Reinhardshausen war die Enttäuschung über meine Eltern, die mich offensichtlich abschieben wollten. Später, mit 15, habe ich zum ersten Mal in den Sommerferien in der Fabrik gearbeitet, und war völlig erstaunt, wie hochzufrieden meine Mutter damit war. Ich konnte dadurch ja nicht im Garten helfen, über den sie immer jammerte. Es gab offensichtlich etwas noch besseres, nämlich mich einfach los zu sein. Ich habe danach jede Sommerferien am Fließband gearbeitet.
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Wilhelm Baurichter aus Paderborn schrieb am 06.03.2025
Verschickung mit der Bahn nach Norderney 1953
in den Schulferien 30. Juli (Do) bis 03. September 1953 (Do)
Im April 1953 wurde ich in Altenbeken eingeschult. Vier Monate später, direkt zu Ferienbeginn schickten mich meine Eltern wegen meines Asthma`s zur Kur nach Norderney.
Wie ich heute weiß, es war das “Haus Warburg”.
Meine Erinnerung geht zurück auf die Zugabfahrt mit vielen anderen Kindern im Bahnhof Altenbeken (Kreis Paderborn).
Ich weiß auch noch, dass wir irgendwann mit dem Schiff gefahren sind.
An die Fahrt kann ich mich nicht näher erinnern.
Meine Mutter hatte mir für die Reise Butterbrote und Äpfel mitgegeben.
Den größten und schönsten Apfel habe ich mir verwahrt.
Wie ich mich genau erinnere ist, dass nach der Ankunft im Heim die Schwestern alles Essbare von den Kindern eingesammelt haben.
Auch meinen schönen und großen Apfel.
Am anderen Morgen wurden die eingesammelten Früchte wieder verteilt, aber ich bekam leider nicht meinen Apfel, sondern nur einen kleinen, schrumpeligen Apfel zurück.
Negative Erinnerungen an den Aufenthalt habe ich nicht, außer das bei den Toilettengängen, -eine Kabine reihte sich an die andere-, schon nach kurzer Zeit von den Schwestern heftig an die Türen geklopft wurde, sich zu beeilen.
Ich erinnere mich aber auch an die schönen Wanderungen durch die Dünen zum Strand, wo wir Kinder dann im Sand buddeln und bauen durften.
Und ich erinnere mich an ein nahe gelegenes Kiefernwäldchen, durch das wir oft gingen.
Der Kiefernwald neben dem ehem. Haus Warburg existiert noch.
Das einschneidenste Erlebnis für mich war, dass nach vier Wochen
bei mir Scharlach festgestellt wurde.
Ich wurde sofort isoliert und war drei Wochen “sozusagen” in Einzelhaft.
Meine Mahlzeiten wurden mir durch eine Klappe gereicht. Aber sonstige Erinnerungen habe ich nicht.
Nach drei Wochen durfte ich den Raum verlassen und wieder nach draußen gehen, war aber durch einen Zaun zu den anderen Kindern getrennt.
Allerdings waren die Kinder, die mit mir angekommen waren, nicht mehr da.
An meine Heimreise kann ich mich leider überhaupt nicht mehr erinnern.
Auch nicht, ob ich begleitet wurde und wenn ja, von wem.
Positiv für mich ist, dass es außer den geschilderten Erinnerungen vor allem keine negativen Missstände oder Übergriffe gab.
Als Trauma ist mir geblieben, dass man mich nach der Kur nirgendwo mehr hinschicken konnte, auch z. B. nicht in Zeltlager.
Das hat sich aber gelegt, spätestens als ich allein als 16-jähriger 1963 mit der Bahn in eine DAG-Jugendhaus nach Schliersee gefahren bin.
Insgesamt ist es so. dass ich gerne mehr
Erinnerungen an meinen Kur-Aufenthalt hätte.
Aber auch im Mai 1971 (unsere Hochzeitsreise) habe ich vor Ort keine Anhaltspunkte finden können, zumal ich auch damals überhaupt keine
Idee hatte, wo das Haus hätte sein können.

"Heute weiß ich nach langen Recherchen, dass das „Haus Warburg“ von Rote-Kreuz-Schwestern geleitet wurde und zu der Zeit wohl der Landschaftsverband Westfalen-Lippe neben dem Kreis Höxter die
Träger des Hauses waren".
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Wilhelm Baurichter aus Paderborn schrieb am 05.03.2025
Verschickung mit der Bahn nach Norderney 1953
in den Schulferien 30. Juli (Do) bis 03. September 1953 (Do)

Im April 1953 wurde ich in Altenbeken eingeschult. Vier Monate später, direkt zu Ferienbeginn schickten mich meine Eltern wegen meines Asthma`s zur Kur nach Norderney.
Ich weiß heute, es war das “Haus Warburg”.
Meine Erinnerung geht zurück auf die Zugabfahrt mit vielen anderen Kindern im Bahnhof Altenbeken (Kreis Paderborn).
Ich weiß auch noch, dass wir irgendwann mit dem Schiff gefahren sind.
An die Fahrt kann ich mich nicht näher erinnern.
Meine Mutter hatte mir für die Reise Butterbrote und Äpfel mitgegeben.
Den größten und schönsten Apfel habe ich mir verwahrt.
Wie ich mich genau erinnere ist, dass nach der Ankunft im Heim die Schwestern alles Essbare von den Kindern eingesammelt haben.
Auch meinen schönen und großen Apfel.
Am anderen Morgen wurden die eingesammelten Früchte wieder verteilt, aber ich bekam leider nicht meinen Apfel, sondern nur einen kleinen, schrumpeligen Apfel zurück.
Negative Erinnerungen an den Aufenthalt habe ich nicht, außer das bei den Toilettengängen, -eine Kabine reihte sich an die andere-, schon nach kurzer Zeit von den Schwestern heftig an die Türen geklopft wurde, sich zu beeilen.
Ich erinnere mich aber auch an die schönen Wanderungen durch die Dünen zum Strand, wo wir Kinder dann im Sand buddeln und bauen durften.
Und ich erinnere mich an ein nahe gelegenes Kiefernwäldchen, durch das wir oft gingen.
Der Kiefernwald neben dem ehem.Haus Warburg existiert noch.
Das einschneidenste Erlebnis für mich war, dass nach vier Wochen
bei mir Scharlach festgestellt wurde.
Ich wurde sofort isoliert und war drei Wochen “sozusagen” in Einzelhaft.
Meine Mahlzeiten wurden mir durch eine Klappe gereicht. Aber sonstige Erinnerungen habe ich nicht.
Nach drei Wochen durfte ich den Raum verlassen und wieder nach draußen gehen, war aber durch einen Zaun zu den anderen Kindern getrennt.
Allerdings waren die Kinder, die mit mir angekommen waren, nicht mehr da.
An meine Heimreise kann ich mich leider überhaupt nicht mehr erinnern.
Auch nicht, ob ich begleitet wurde und wenn ja, von wem.
Positiv für mich ist, das es außer den geschilderten Erinnerungen vor allem keine negativen Missstände oder Übergriffe gab.
Als Trauma ist mir geblieben, das man mich nach der Kur nirgendwo mehr hinschicken konnte, auch z. B. nicht in Zeltlager.
Das hat sich aber gelegt, spätestens als ich allein als 16-jähriger 1963 mit der Bahn in eine DAG-Jugendhaus nach Schliersee gefahren bin.
Insgesamt ist es so. dass ich gerne mehr
Erinnerungen an meinen Kur-Aufenthalt hätte.
Aber auch im Mai 1971 (unsere Hochzeitsreise nach Norderney) habe ich vor Ort keine Anhaltspunkte finden können, zumal ich auch damals überhaupt keine Idee hatte, wo das Haus hätte sein können.

"Heute weiß ich nach langen Recherchen, dass das „Haus Warburg“ von Rote-Kreuz-Schwestern geleitet wurde und zu der Zeit wohl der Landschaftsverband Westfalen-Lippe neben dem Kreis Höxter die
Träger des Hauses waren".
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Wilhelm Baurichter aus 33106 Paderborn schrieb am 02.03.2025
Verschickung mit der Bahn nach Norderney 1953
in den Schulferien 30. Juli (Do) bis 03. September 1953 (Do)
Ich wurde direkt zu Ferienbeginn wegen meines Astma`s zur Kur nach Norderney geschickt.
Wie ich heute weiß, ins Haus Warburg.
Meine Erinnerung geht zurück auf die Zugabfahrt mit vielen anderen Kindern im Bahnhof Altenbeken (Kreis Paderborn).
Ich weiss auch noch, da? Wir irgendwann mit dem Schiff gefahren sind.
An die Fahrt kann ich mich nicht näher erinnern. Meine Mutter hatte mit wohl Butterbrote und Äpfel mitgegeben. Den größten und schönsten Apfel habe ich mir verwahrt.
Wo ich mich genau dran erinnere ist, dass nach der Ankunft im Heim die Schwestern alles Essbare von den Kindern eingesammelt haben. Auch meinen schönen und großen Apfel.
Am anderen Morgen wurden die eingesammelten Früchte wieder verteilt, aber ich bekam leider nicht meinen Apfel, sondern nur einen kleinen, schrumpeligen Apfel zurück.
Negative Erinnerungen an den Aufenthalt hatte ich nicht, außer das bei den Toilettengängen, -eine Kabine reihte sich an die andere-, schon nach kurzer Zeit von den Schwestern heftig an die Türen geklopft wurde, sich zu beeilen.
Ich erinnere mich aber auch an die schönen Wanderungen durch die Dünen zum Strand, wo wir Kinder dann im Sand buddeln und bauen durften.
Und ich erinnere mich an ein nahegelegene Kiefernwäldchen, durch das wir oft gingen.
Der Kiefernwald neben dem ehem.Haus Warburg existiert noch.
Das einschneidenste Erlebnis für mich war, daas nach vier Wochen bei mir Scharlach festgestellt wurde.
Ich wurde sofort isloliert und war drei Wochen sozusagen in Einzelhaft.
Meine Mahlzeiten wurden mir durch eine Klappe gereicht. Aber sonstige Erinnerungen habe ich nicht.
Nach drei Wochen durfte ich den Raum verlassen und nach draußen, war aber getrennt durch einen Zaun zu den anderen Kindern.
Allerdings waren die Kinder, die mit mir angekommen waren, nicht mehr da.
An meine Heimreise kann ich mich leider überhaut nicht mehr  erinnern.
Ob ich begleitet wurde und wenn ja, von wem.
Positiv für mich ist, das es außer den geschilderten Erinnerungen vor allem keine negativen Missstände oder Übergriffe gab.
Als Trauma ist mir geblieben, das man mich nach der Kur nirgendwo mehr hinschicken konnte, auch z. B. nicht in Zeltlager.
Das hat sich aber gelegt, spätestens als ich alleine als 16-jähriger 1963 mit der Bahn in eine DAG-Jugendhaus nach Schliersee gefahren bin.
Insgesamt ist es so. dass ich gerne mehr Erinnerungen
an meinen Aufenthalt hätte.
Aber auch im Mai 1971 (unsere Hochzeitsreise) habe ich vor Ort keine Anhaltspunkte finden können, zumal ich auch damals überhaupt keine Idee hatte, wo das Haus hätte sein können.

"Heute weiß ich nach langen Recherchen, dass das Haus Warburg von Rote Kreuz-Schwestern geleitet wurde und zu der Zeit wohl der Landschaftverband Westfalen-Lippe neben dem Kreis Höxter Träger des Hauses waren".















So sieht das Haus heute aus:

Haus Klipper (Jann-Berghaus-Straße 40
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Ilona Willmann aus Buchholz i.d. Nordheide schrieb am 27.02.2025
Ich kann mich an vieles erinnern.
Die Begleitung im Zug Richtung Tannenhöhe schimpfte mit mir, weil ich weinte und nicht mitfahren wollte.
Als wir dort ankamen, weiß ich noch, wie wir auf dieses riesige Haus zugingen. Ich hatte furchtbare Angst und wollte nur nachhause. Wir wurden 1 mal die Woche im Keller gewogen und waren fast nackig und wurden von einem Mann (Arzt) begutachtet.
Es wurde notiert, ob man zu oder abgenommen hat. Im Erdgeschoss war das Esszimmer. Im ersten Geschoss die Schlafzimmer und im Dachgeschoss gab es einen Ruheraum mit vielen Matten. Es gab jeden Tag eine Zwangsruhestunde. Jedes Kind lag auf einer Matte und musste schlafen. Wir wurden die ganze Zeit bewacht und durften nur ganz ruhig liegen bleiben. Ich hatte damit sehr große Schwierigkeiten und konnte nie schlafen. Ich kann mich erinnern, dass ich mehr essen musste. Es gab noch einen riesigen Nachtisch und ich musste Alles aufessen. Ich bin krank geworden und habe mich in der Nacht übergeben und Fieber bekommen. Ich bin einfach ins Badezimmer gegangen, obwohl wir dass nicht durften und dann ist mir Schwarz vor Augen geworden. Ich musste dann in einem Metallbett bei der Heimleiterin im Büro an der Wand liegen und hatte fürchterliche Angst. Es wurde 1 Anruf mit meiner Mutter erlaubt, der genau überwacht wurde mit strengen Blicken. Die Heimleiterin sagte zu mir, ich solle diesen Anruf zu schätzen wissen und es ist nur eine Ausnahme weil ich krank bin. Das Gespräch mit meiner Mutter ist sehr kurz gewesen und ich konnte kaum reden. Ich lag jede Nacht in meinem Bett und habe mir vorgestellt, dass ich weglaufe, in den Zug steige und wieder nach Hause fahre. Ich habe zu der Zeit angefangen ins Bett zu machen. Die Nachtaufsicht hat es mitbekommen und zur Strafe hätte ich eigentlich für den Rest der Nacht im Flur sitzen müssen. Sie drückte aber ein Auge zu und ich durfte im Bett liegen bleiben. In dem Zimmer waren 4 - 6 Mädchen, ich weiß es nicht mehr genau. Ich musste 4 Wochen dort bleiben, an vieles kann ich mich nicht mehr erinnern.
Es gibt eine Situation, die ein anderes Mädchen betraf, darüber möchte ich hier nicht schreiben. Ich habe später eine Angsterkrankung entwickelt und auch heute habe ich noch Ängste.
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Vera aus Witzenhausen schrieb am 24.02.2025
Ich wurde 2 mal im Alter von 7 und 9 Jahren für jeweils 6 Wochen nach reinhardshausen verschickt.
Im Alter von 13 Jahren nach klappholltal auf sylt im November
Vom Gesundheitsamt in Bad schwalbach
Ich wurde alleine in einem Auto mit einer " fürsorgerin" dorthin gefahren.
Auf der Fahrt wurde mir schlecht. Man ließ mich kurz aussteigen
Keine wärmenden Worte.
Vom 1. Aufenthalt erinnere ich mich an eine Tante rosi, die sehr nett zu mir war.
Der 2. Aufenthalt war sehr schlimm.
Da gab es eine Tante, sie hieß glaube ich Monika, nicht sicher.
Sie hat fast nur geschrien und war schon heiser.
Sie schien überfordert zu sein
Ich hatte ganz schlimmes Heimweh und weinte jeden Tag im Bett.
Ich kann mich an kein liebes Wort erinnern.
Niemand sprach mit mir.
Die Mädchen waren fast alle bettnässer und es roch jeden Morgen nach Urin.
Es war deshalb immer eine Panikstimmung am Morgen.
Beim Frühstück musste jedes Mädchen vor allen sagen ob es ins Bett gemacht hat oder nicht.
Dies wurde dann eingetragen.
Ich war froh, nie ins Bett gemacht zu haben und die Mädchen Taten mir leid.
Ein zierliches Mädchen sollte sein erbrochenes am Tisch noch mal aufessen.
Eine dicke küchenfrau stellte sich wie ein dragoner hinter ihren Stuhl, und befahl ihr aufzuessen. Ich sehe noch heute, den flehenden Blick dieses Mädchens ,zu mir. Ich litt darunter ihr nicht helfen zu können.
Ich weiß nicht mehr , wie es ausgegangen ist.
Mittwochs wurden wir zu den wannenbädern geschickt nach bad Wildungen
Ein freundlicher Mann fuhr uns immer und ich beneidet ihn. Er lebte für mich in der Freiheit, und ich hätte ihm am liebsten von meiner Not berichtet und was in diesem Heim passiert.
Wir spielten in einer fichtenmomokultur immer mit viel Leidenschaft " Familie " . Es war für kurze Zeit wie ein kleiner Trost.
Vor kurzem war ich mal wieder in reinhardshausen, und stellte fest, daß mir Bad Wildungen völlig unbekannt war. Wir scheinen nie dort oben rausbekommen zu sein?
Die Nebengebäude des Heimes sind alle abgerissen worden.
Es steht bestens renoviert das Schwarzwaldhaus, von weitem gut sichtbar.
Weiter unten sah ich dann eine kleine alleenstraße, und ich wusste plötzlich wieder, daß diese Straße der Weg zurück in die Freiheit war.
Ich wurde wieder als einzige in diesem Auto abgeholt.
Ich saß alleine in einem gelb gestrichenen hohen Vorraum, ich denke es war in diesem Schwarzwaldhaus.
Ich war erleichtert endlich wegzukommen, aber sie kamen nicht pünktlich. Da verlor ich fast im letzten Moment meine Fassung.
Ich dachte, die kommen nicht !!!!
Zu Hause hatte meine Mutter einige Überraschungen für mich vorbereitet, und schaute mich gespannt an. Aber ich konnte keine Freude empfinden. Ich glaube ich ging einfach stumm weg.
Mehr weiß ich nicht mehr.
Vor 2 Monaten erst, bekam ich eine sehr wichtige Information von meiner besten Kinder und schulfreundin A. B. Sie sagte, ich hätte nicht mehr gesprochen. Sie kannte mich davor immer sprudelt und lebendig.
Sie habe mich gefragt, vera warum redest du nichts mehr.? Da soll ich gesagt habe, ich hatte so schlimmes Heimweh.
Ich kann mich an dieses Gespräch nicht mehr erinnern!!!
Ich kann mich nicht erinnern, das meine Eltern mich etwas diesbezüglichen gefragt haben.
Mein Bruder Thomas kann sich an mein verändertes verhalten auch nicht mehr erinnern
Er riet aber meinen Eltern von dieser Kur ab, im Vorfeld.
Denn, er war 4 mal verschickt....
Hat nichts genützt.
Mein Bruder ist 6 Jahre älter als ich.
Nun erst begreife ich, woher meine atembeklemmungen mit 10 Jahren kamen......!
Mir hat es wohl für einige Zeit die Sprache verschlagen....
Ich habe sie wiedergefunden!
Klappholltal auf sylt war eine gute Zeit. Wir hatten warmherzig uns wahrnehmende Betreuer dort.
Sie haben uns nach unserem befinden gefragt.... das war neu.
Wir hatten so viel Spaß und wollten nicht mehr nach Hause.
Ich denke , daß war eine Heilung für mich.
Allerdings las ich nun hier, daß jemand ganz schlimmes dort erlebt hat.
Das hat mich doch sehr traurig gemacht. Ich dachte, klappholltal sei von dieser schlimmen Vergangenheit nicht betroffen. Auch aufgrund seiner speziellen historischen Vergangenheit...!
Heute ist klappholltal eine Akademie am Meer . Ich machte dort meine beruflichen Fortbildungen . Eutonie nach Gerda Alexander.
Möge diese Aufarbeitung viel Heilung für alle bringen.
Mein Dank gilt allen, die sich so dafür einsetzen.
Besonderen Dank an Anja Röhl. Die dies initiiert hat.

Vera Z.

Ergänzung: ich kam mal auf die krankenstation. Dort musste ich unmengen von Wasser trinken. Es wurde ein test gemacht. Nur ganz langsam konnte ich mich wieder von diesem Wasser befreien.
Ich lag alleine in einem Bett, für einen Tag.
Die Schwester war hektisch, unterkühlt.
Niemand sprach mit mir oder erklärte etwas.
Ich war ja dort, wegen blasenprobleme.
Aber auch das hatte ganz andere Ursachen, die in diesem Heim gar nicht erfasst wurden, die Kur hat nichts gebracht.
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Wilfried Schlüter aus Harsefeld schrieb am 18.02.2025
Ich wurde im Alter von 11 Jahren nach Bad Salzdetfurth/Waldhaus verschickt.Grund: Untergewicht, ständig krank und nervös (Zuckungen und Grimassen), die schulischen Leistungen liessen ständig nach. Ich habe nur beste Erinnerungen an den 6 wöchigen Aufenthalt. Wir haben viel Sport (Fussball) getrieben und haben viele Wanderungen durchgeführt. Mit dem Essen war ich sehr zufrieden- dabei hat meine Mutter gut gekocht, ich war insofern verwöhnt. Es wurde natürlich Wert darauf gelegt, dass möglichts viel gegessen wurde zwecks Gewichtszunahme. Es gab auch Wettessen, ich war immer vorne mit dabei. Wir wurden wöchentlich gewogen- wenn die Gruppe zuwenig zugenommen hatte, durften wir nicht mehr soviel Fussball spielen.Aber nach einer Woche wurde das wieder aufgehoben. Noch heute esse ich einige Gerichte, die ich dort kennenlernte. Unsere Betreuerin ( Fräulein) war sehr nett.
Resultat der Kur : 3 Kg Gewichtszunahme, mein Gesundheitszustand besserte
sich kontinuierlich, ich fing mit Sport an und wurde Leistungsturner. Bestand vorher noch die Gefahr, dass ich von der Realschule zur Hauptschule zurück musste, so wurde ich in der Schule immer besser und habe später die Uni besucht. All das führe ich auf die Verschickung zurück. Ein damaliger Kur-freund sagte mir später, die Kur sei die beste Zeit seines Lebens gewesen. Für mich war es eindeutig der Auslöser für bessere Zeiten.
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Udo Reitter schrieb am 14.02.2025
Hallo zusammen.
Meine Mutter hat mich 1965 in einem Verschickungsheim in Wangen im Allgäu abgeliefert und für ein halbes Jahr einfach dort zurückgelassen und ist wieder abgehauen. Seltsamerweise erinnere ich mich noch an rauchende Lokomotiven in einem Bahnhof am Bodensee auf der Fahrt dorthin. In Wangen angekommen ist vieles nur verschwommen, aber ich erinnere mich das ich den Milchreis, den wir ständig bekamen, in eine Schublade neben meinem Bett gekippt habe und dafür schwer bestraft wurde. Alle Nase lang gab es irgendwelche Untersuchungen. Und irgendwann bin ich nachts aus dem Heim verschwunden und wurde nach mehreren Tagen an einem Waldweg gefunden. Wie ich da rausgekommen bin wurde nie geklärt weil das Haus nachts immer abgeschlossen wurde. Eine schlimme Zeit und ich hoffe das alle Verantwortlichen auf ewig in der Hölle schmoren.
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Eve-Marie Wiemer aus 80686 München schrieb am 10.02.2025
Wer kann sich an Frau Dr.Rothermund erinnern, der leitenden Ärztin in Haus Schöneberg in Wyk auf Föhr?
Mit 5 Jahren war ich dort 9 Monate verschickt und Frau Dr. Rothermund hat an mir schmerzhafte genitale Untersuchungen vorgenommen, die bei einem 5 jährigem Mädchen sicher nicht notwendig waren .
Einmal hatte ich Kontakt mit einer Frau aus Lübeck (den Namen habe ich leider vergessen ), die mir erzählte, Dr.Rothermund hat sich immer einzelne Mädchen rausgegriffen und sie mit in ihr einzel stehendes Haus auf dem Gelände mitgenommen. Sie habe sie dann am Bauch gestreichelt.
Über Erfahrungsberichte wäre ich Euch dankbar.
Grüße an alle von Eve-Marie
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Helmut Herrmann aus Nürnberg schrieb am 06.02.2025
Kann mich nur noch ganz dunkel erinnern. Es bestand Essenszwang und manche von uns waren deshalb verschiedenen Repressalien ausgesetzt. Habe ich. Internet unter Kinderland den Namen Hedwig Wolber gelesen. Es gab tatsächlich eine "Tante Hedwig". Ich selbst hatte keine negativen Erinnerungen. Aber manches lief dennoch nicht ganz koscher ab, was den Umgang mit meinen anderen Altersgenossen anging, was ich so mitbekam.
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Tanja schrieb am 06.02.2025
Ich war 1990 zum ersten Mal für 3 Wochen im Haus Kohlwald. Zu diesem Zeitpunkt war ich gerade 3,5 Jahre alt. Viele Erinnerungen daran habe ich nicht mehr. Jetzt bin ich 38. Ich weiß nur noch (und das konnte ich aus dem ein oder anderen Erfahrungsbericht rauslesen), dass auch ich nachts häufiger mit verschränkten Armen auf einem Holzstuhl in einem fast leeren Raum sitzen musste. Warum? Weil ich nachts zur Toilette ging... Das gefiel der Nachtschwester Maria nicht. Also: Ab auf den Stuhl. Diese Frau hatte eine wahnsinnig narzisstische Veranlagung - wie ich einige Jahre später noch einmal erfahren musste. Die Konsequenz aus meinem nächtlichen Toilettengang war, dass ich nachts nicht mehr zur Toilette ging, sondern auf den Boden vor dem Kleiderschrank machte...

1997 war ich ein weiteres Mal im Schwarzwald. Dieses Mal 10 Jahre alt. Ich war dort, um zuzunehmen. Also musste ich den Teller immer komplett leer essen. Dadurch habe ich heute noch Probleme. Dann kann ich mich immer an eine erzwungene Mittagsruhe erinnern. Ein großer Wintergarten, in dem ein Bett neben dem anderen stand. Und wir MUSSTEN schlafen!

Bei diesem Aufenthalt fing ich mir Läuse ein. Gemeinsam mit einem Geschwisterpärchen musste ich dann abends um 20 Uhr nach unten. Nachtschwester Maria hat unsere Köpfe mit einer Tinktur eingerieben, die ekelhaft nach Edding stank. Diese musste 1h einwirken und wir MUSSTEN in dieser Zeit die Essenräume fegen und die Tische für das Frühstück am nächsten Morgen decken.

Die Kommunikation nachhause war ebenfalls sehr schwierig. Wir konnten 2x telefonieren und Briefe schreiben. Mein Vater war zu dieser Zeit alleinerziehend. Nach meinem Kuraufenthalt haben wir ohnehin einen Urlaub im Schwarzwald geplant, also war der Plan, dass er mich an meinem letzten Kurtag abholt. So hatten wir das ausgemacht. EINEN Tag vor Kurende kam die Heimleitung zu mir und teilte mir mit, dass das mit dem Abholen nichts wird, da mein Vater "keine Lust" habe, den weiten Weg auf sich zu nehmen. Ich sagte, dass wir sowieso in Loßburg Urlaub gebucht haben und er den Weg ohnehin fahren müsse. Ich solle still sein und mit allen anderen am nächsten Tag mit dem Bus zurück nach Wiesbaden fahren. Dort angekommen sprang ich meinem Vater weinend in die Arme und fragte, warum er mich nicht abholen wollte. Er sagte daraufhin, dass das Heim ihn angerufen hätte und sagte, dass ICH mit dem Bus heimfahren WOLLTE!

Ich könnte noch so viele Geschichten erzählen. Hier vielleicht ein paar Stichpunkte:

- Heimweh, Tränen, die man auf dem Brief an die Eltern auf dem Papier sah. Ich musste den Brief nochmal schreiben ("Deine Eltern sollen nicht merken, dass du Heimweh hast!")
- erzwungene Mahlzeiten für die "dünnen" und sehr rationierte Portionen für die "dicken" Kinder. Übergewichtige Kinder wurden übrigens "Dinos" genannt inkl. Aufkleber am Sitzplatz, damit die Essensausgabe wusste, wer nicht viel zu Essen bekommt.
- Absolute Nachtruhe. Kein Flüstern. Nichts. Bei zu laut ging ein rotes Lämpchen an und über Lautsprecher wurde man zurechtgewiesen (das passierte auch, wenn man sich nachts umdrehte, schnarchte, etc. Folge: Man wurde durch die Durchsage 'Ruhe jetzt!' häufig aus dem Schlaf gerissen)
- Nachtschwester macht sich über "Läusekinder" lustig

Ich würde NIE NIE NIE auf die Idee kommen, meine Kinder zu einer Kur zu schicken. Schon garnicht alleine. Schon garnicht so lange. Und schon garnicht in so einem jungen Alter wie ich es damals war!

Schreibt mich gerne an, falls ihr euch austauschen wollt. Leider habe ich keine Unterlagen mehr von 1997 oder Namen, aber ich weiß, ich hatte ein Mädchen in meinem Zimmer. Sehr groß für ihr Alter, sehr schlank, kurze dunkle Haare. Gewohnt hat sie in Homberg/Ohm.
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Reinhold Ide schrieb am 05.02.2025
Hallo,
Ich bin Jahrgang 1964 und 1973 oder 1974 zu Ostern mit 2 weiteren Jungen aus dem damaligen Kreis Ziegenhein (Hessen) verschickt worden, über das Gesundheitsamt, wegen Asthma und leichter Neurodermitis, nach St. Peter Ording. An was ich mich erinnere ist, daß wir zu dritt in Treysa in den Zug stiegen und in einem Abteil saßen. Der eine Junge hieß auch Reinhold so wie ich und der andere evtl. Andreas ( 2 oder 3 Jahre älter als ich) und kam aus dem Dorf Wasenberg. An mehr erinnere ich von der Hinfahrt nicht. Auch an den Aufenthalt im Kinderheim erinnere ich mich nur Lückenhaft.Der große Schlafraum war im 1. Stock, Im Zimmer lag ich dann mit 8-10 Jungen. Mein Bett stand gleich an der Tür rechts. Die erste Nacht habe ich vor Heimweh nur geweint. Die Jungs im Zimmer waren ziemliche Rabauken, kamen zum Teil aus Frankfurt/M. Dagegen war ich eher zart beseidet. Wer sich nicht benahm musste die Nacht in einer kleinen Kammer, unter der Treppe, die zu den Zimmern unter das Dach führte, verbringen. An das Essen kann ich mich nicht mehr erinnern. Ob es geschmeckt hat oder nicht. Einmal hab ich dem o.g. Reinhold mal von mir den Teller gegeben. Aber ob das dannFolgen hatte, , daran kann ich mich nicht erinnern. Zu Hause musste bei uns ja auch gegessen werden, was auf den Tisch kam. So lange bis der Teller leer war. Das kannte ich also schon.
Aus mir heute nicht mehr erinnerbaren Gründen, hielt ich irgendwann den Stuhlgang ein, bis ich mir in die Hosen machte. Hab versucht das zu verheimlichen, die Unterhose zu verstecken... dann reißt der Erinnerungsfaden. In meiner nächsten Erinnerung werde ich (nackend) mit kaltem Wasser, mit einem Schlauch abgespritzt und jemand sagt "ich wäre ein Schwein". Diese Worte hatte meine Mutter aus meinen Erzählungen damals, noch heute in Erinnerung. Ich selbst hatte sie vergessen.
Vor dem Kinderheim war eine kleine Anhöhe auf der wir manchmal spielten.
Mein Osterpäckchen durfte ich nicht behalten. Ob und wieviel ich daraus bekommen habe, kann ich nicht erinnern.
Irgendwann durfte ich aus dem großen Schlafraum ausziehen und unters Dach ziehen, zu dem älteren Jungen o. g. aus Wasenberg. Das fühlte sich wie eine Befreiung an. Wir lagen dort zu 3.Der andere Reinhold kam irgendwann auch dazu
Ob wir viel gewandert sind weiß ich nicht mehr. Oder im Wellenschwimmbad waren auch nicht. Verliebt hatte ich mich in ein Mädchen namens Tosca.(glaube ich).
An die Rückfahrt mit dem Zug nach Hause kann ich mich nicht mehr erinnern
Im Forum schrieb jemand etwas von einem Spielplatz namens Ponderosa. Der Name kam mir bekannt vor. Ach ja, eine Postkarte vom Weberhäuschen im Internet hat mich auf den Namen des Kinderheimes gebracht.
Wenn jemand ungefähr in diesen
Jahren im Weberhäuschen war, würde ich mich über Austausch freuen.
VG Reinhold
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Sabine F. aus Dresden schrieb am 04.02.2025
Ich war mit 6,5 Jahren in Mönchwinkel, weil ich zu dünn war.
Ich kann mich (leider) an garnichts erinnern.
Meine Mutter erzählte mir, dass ich mich nicht gefreut hatte wieder zuhause zu sein und dass ich erstmal nicht gesprochen habe.
Ich habe 1 Foto und 4 Briefe von damals, die die Betreuer meinen Eltern geschrieben hatten.
Ich würde sehr gern andere Betroffene kennenlernen, die auch in Mönchwinkel waren, vielleicht sogar im selben Jahr 🙂
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Beate Kopp-Engel aus Königsbach-Stein schrieb am 03.02.2025
Hallo,
ich war 2x von der AOK aus in einer Kinderkur, weil ich klein und schmächtig war.
Das erste Mal mit 5 Jahren in Villingen, Haus Tannenhöhe für 3 Wochen. Das Haus wurde von Diakonissen geführt. Ich hatte großes Heimweh. Eingehende Post der Eltern wurde weder erwähnt noch vorgelesen. Schön waren die Gruppenspaziergänge im Wald gegenüber zu
einem Eichhörnchen namens Hansi.
Einmal wurde ich eingesperrt in einem abgedunkelten eiskalten Raum, der mit Stapelstühlen und Tischen vollgestellt war. Ich musste mich bis zur Unterwäsche ausziehen und zur Strafe allein und frierend über -gefühlt sehr lange Zeit- schweigend und stehend darin verharren. Das war eine übliche Strafe. Ich weiß nicht mehr, wieso ich diese bekam.
Jedenfalls war ich das 2. Kind, das auf diese Weise an Scharlach erkrankte. Und das war mein und unser Glück: Wir kamen allesamt ins Krankenhaus und füllten dort als Gruppe mindestens 2 , nur durch eine Glaswand getrennte Zimmer. Da gings uns gut. Uns wurde vorgelesen und ich erinnere mich an eine fröhliche Kissenschlacht.
Wir waren dem Kurheim und den dortigen Schwestern entronnen!
Allerdings verständigten die Diakonissen nicht die Eltern, über die Krankenhauseinweisung und als Begründung wurde mir gesagt, dass, wenn man das täte, ich dann länger zur Kur bleiben müsste.
Dieser Zusammenhang erschließt sich mir heute natürlich nicht, allerdings habe ich den auch als 5 Jährige nicht hinterfragt.
Zerbrochen bin ich damals nicht. Das hing auch damit zusammen, dass wir als Gruppe unsere Scharlacherkrankung und den Krankenhausaufenthalt als glücklichen Ausweg des Entkommens empfanden. Wir waren dem Sadismus nicht ohnmächtig ausgesetzt, das machte uns stark.
Ich wurde noch ein weiteres Mal zur Kur geschickt - 1970/71 von der AOK aus nach Wyk auf Föhr. Den Namen des Heimes weiß ich nicht mehr.
Dieses mal für 6 Wochen.
Die Tanten hießen Rani, Britta und Ingeborg.
Rani und Britta waren oft abends und in der Nacht weg. Brittas Lieblingswort war "dufte".
Es war oft unter Tags und immer ab abends verboten zu trinken. Das war furchtbar schlimm. Denn das Essen war sehr salzig. Allein "Tante Ingeborg" erlaubte hin und wieder zu trinken nach dem Zubettgehen, wenn der Durst sehr schlimm war.
Das Essen war oft ekelig. Einmal erbrach ich eine Bratwurst - gleichwohl musste ich den Rest des Essens aufessen. Ich schnipste warum auch immer mit Erbsen durch den Speisesaal - und wurde daraufhin an den sogenannten " Eselstisch" gesetzt.
Irgendwie fühlte ich mich dabei jedoch auch stolz, weil ich mich wehrte.
Ich war die Zimmerälteste - und hatte lt. der Tanten die "Zimmerverantwortung". Ein Kind im Zimmer, sie hieß Michaela, hatte einmal abends hohes Fieber - es war nirgendwo jemand vom Betreuungspersonal zu finden. Mitten in der Nacht kamen die Tanten Rani und Britta nach Hause - ihr Betreuerzimmer lag neben unserem Gruppenzimmer - und schimpften, weil wir noch nicht schliefen.
Ab da schmiedeten wir Pläne abzuhauen - was jedoch am Inseldasein scheiterte und weil uns das doch niemand glauben würde...
Telefonate wurden überwacht, ausgehende Briefe zensiert und das Päckchen, das ich von meinen Eltern erhielt, wurde mir weggenommen. Ich durfte lediglich eine Blendi-Zahnpasta und ein Micky Maus Heft entnehmen. Dabei hatte ich mich so über den Gruß der Eltern gefreut - ich hatte schreckliches Heimweh.
Vielleicht weiß jemand, um welches Heim es sich hier handelte?
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Stefan Ferko schrieb am 01.02.2025
Ich war 1973 als 7-jähriger in Passau auf Kur, vermutlich Neustift.
Indikation war vermutlich schlechter Allgemeinzustand, Untergewicht und soziale Indikation.
Die lange Trennung von der Mutter und dem häuslichen Umfeld war traumatisch, die Umstände der Unterbringung und der Umgang der Nonnen mit den Kindern ebenso.
Ich kam mit Windpocken nach Hause zurück und war dadurch weitere 4 Wochen krank, fehlte also insgesammt 2 bis 3 Monate in der Schule.
Während der Kur wurde ich regelrecht krank vor Heimweh. Die ganze Zeit war eine Art Alptraum, der gefühlt ewig gedauert hat. Es war eine Zäsur in meiner Kindheit. Ich war danach nicht mehr der selbe. Habe kaum meine Mutter mehr erkannt, die Bindung und Beziehung zu ihr wurde nachhaltig unterbrochen. Auch aus dem Schulleben war ich irgendwie heraus katapultiert.
Ein Kurerfolg wr natürlich nicht festzustellen. Dafür eine nachhaltige Traumatisierung mit lebenslangen seelischen Folgestörungen und auch sozialen Verhaltensstörungen.
Trennungen jeder Art sind seither kaum noch zu bewältigen gewesen. Längere Zeit von zuhausse weg zu sein ging lange nicht. In Urlaub fahren war reiner Stress.
Natürlich gab es in meiner Kindheit multiple Faktoren und Traumata, wie bei vielen Kindern meiner Generation. Aber die Kur war eine Art Atombombe für meine Kindheit. Das war jenseits dessen, was man aushalten und verarbeiten konnte.
Explizite schwere Mißhandlungen erinnere ich nicht, ich möchte auch nicht vergessen dass es dort eine jüngere Schwester gab, sie trug glaube ich weiß, die lieb war und mich getröstet hat. Sie spielte und tobte auch mal mit uns, wurde dafür aber von der Schwester Oberin (glaube ich) ausgeschimpft.
Ich habe als Erwachsener lange Therapie gemacht und das hat auch geholfen. Aber man lernt im Grunde nur damit zu leben. Man kann es nicht rückgängig machen.
Die Folgen insgesammt waren für mich letzten Endes volle Erwerbsminderungsrente mit 49 Jahren, vorrangig wegen schwerer chronifizierter Depressionen.
Ich würde sagen, dass ich in dier Zeit auf Kur ein Stück weit gestorben bin.
Seelen-Mord, das wäre eine treffende Umschreibung für das was damals passiert ist oder zumindest "versucht" wurde.
Mich aber kann man nicht brechen, das weiß ich mittlerweile ganz genau. Auch später im Leben nochwurde das immer und immer wieder versucht.
Ich bleibe aber wer ich bin. Im innersten bin ich einfach nicht tot zu kriegen. Gut so!
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Oliver Solcher aus Berlin schrieb am 27.01.2025
Ich bin im Alter von 5 Jahren über das Berliner ? Programm "Kinder zur Sonne" aus Westberlin für 6 Wochen nach St. Peter Ording verschickt worden. Meine Erinnerung daran sind nicht wirklich vorhanden, ich will sie aber trotzdem teilen:
Die An- und Abreise fand per Bus statt.
Ich erinnere mich an das Gehen in Zweierreihen am Strand im Regen.
Mehr ist nicht da.
Ich weiß, daß mein Freund aus Berlin im selben Alter dabei war, aber ich kann mich nicht daran erinnern.
Ich weiß nur noch sehr genau, dass ich nichts gefühlt habe, als ich wieder zuhause war. Meine Mutter hatte Waffeln für mich gemacht und es gab ein Geschenk. Ich sehe beides vor mir auf dem Schränkchen und ich fühle nichts, keine Freude, gar nichts.
Meine Mutter erzählt mir, dass ich nicht mehr gesprochen habe und sie Lebensmittel bei mir gefunden hat, die ich hortete.
Mein Freund und ich haben immer von unserer Verschickung ins Kinder-KZ gesprochen, und nun stellt sich heraus, es könnte wirklich eins gewesen sein.
viele Grüße
Oliver
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Karin Gundermann aus Ansbach schrieb am 21.01.2025
Wer war auch 1971 in der Nähe von BuxteHude im Kurheim?
Ich war mit vier Jahren dort. Drei Wochen in Quarantäne mit Windpocken. Einzelzimmer. Vorher würde ich von älteren Kindern geärgert. Es war alles schrecklich. Ich hatte verfilzte Haare. Es waren die Läuse ausgebrochen . Es war schrecklich.
Nach der Kur bin ich nicht einen Tag in den Kindergarten. Mein Vater gab dafür meiner Mutter die Schuld. Meine unbeschwerte Kindheit war nach der Kur vorbei. Ich hatte Alpträume über Scham. Ich fühle seitdem Scham und Schuld. Niemand hat jemals über die Kur mit mir gesprochen.
Karin
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Mona aus Norden von München schrieb am 15.01.2025
hallo Mona nochmalig hier
Für alle noch nachträglich ein Gutes, erfreuliches, gesundes und wundersames neues Jahr 2025.
Verschickungsheim: Rechtis-Weitnau im Allgäu
Zeitraum (Jahr): 1959-1960?
Hallo liebe Heimkinder,
nach wie vor suche ich Kontakt zu möglichen Heimkindern in den Jahren 59/60 evtl. 61 die ebenfalls in dem Kinderheim-Verschickungsheim
Rechtis-Weitnau im Allgäu gewesen sind. Wohl habe ich den einen oder anderen Kontakt doch sie sind wesentlich jünger und ich werde nun bald 70. Wäre dennoch über Kontakte froh, ich habe hier immer wieder mal einen Beitrag geschrieben.
Wer kann sich auch an Rechtis in diesen Jahren Erinnern weil er dort zur
"Kur" gewesen ist.
Namasthe
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Klaus Bargheer aus Stadthagen schrieb am 14.01.2025
Unser Hausarzt verordnete mir den Aufenthalt in einem Kindererholungsheim. Unsere Eltern stimmten zu, hatten doch auch schon Großmutter und Tante eine solche Kinderverschickung absolviert. Man versuchte mir diese Kur schmackhaft zu machen. Die Gründe, die dafür genannt wurden, habe ich vergessen. Es blieb aber der Eindruck, mit mir stimme irgend etwas nicht und das solle dort wieder in Ordnung gebracht werden. Ich wollte trotzdem nicht von zu Hause weg. Ich war gerade erst von der ersten in die zweite Schulklasse gekommen.
Die Erinnerungen an den eigentlichen Aufenthalt liegen undeutlich hinter einer Nebelwand des Vergessens. Nur einige wenige Eindrücke und Bilder scheinen hindurch: Der Gang mit unserer Mutter an einer Häuserreihe entlang zu einem Bus, indem schon andere Kinder mit Gepäckstücken warteten. Ein Haus in Hanglage in bewaldeter Umgebung. Eine Frau, die das Kommando hatte. Heimweh. Ein Teller Suppe vor mir. Ein Schlafsaal mit weißen Bettgestellen.
Nur zwei Szenen kommen etwas deutlicher hervor: Es ist Winter, draußen liegt Schnee. Wir betreten das Haus durch einen Seiteneingang im Untergeschoss. Links und rechts an der Wand steht jeweils eine lange Bank mit Garderobenhaken darüber. Wir sitzen auf der Bank und zeihen uns unsere Winterkleidung aus.
Zweite Szene: Eine Spielrunde in einem großen Saal. Wir sitzen im Kreis. Die Frau mit dem Kommando fragt, ob wir Sterne sehen wollen. Ein oder mehrere Kinder werden vor die Tür geschickt. Wir anderen sollen nichts verraten. Ein Junge wird hereingerufen. Es muss sich inmitten des Kreises auf dem Boden legen und an die Decke schauen. Er soll ein Fernrohr bekommen. Das Fernrohr ist der lange Ärmel eines Mantels. Der Mantel wird über sein Gesicht gelegt, der Ärmel nach oben gehalten, so dass der Junge noch ein wenig von der Zimmerdecke sehen kann. Dann nimmt die Kommandofrau ein Glas Wasser, schüttet es von oben in den Ärmel auf das Gesicht des Jungen und sagt: „So, jetzt siehst du Sterne“. Der Junge ist erschrocken, springt auf und weint. Wir anderen lachen.
Zu Hause, als einmal mehrere Kinder zum Spielen bei uns waren, wollte ich dieses Spiel wiederholen. Ich suchte nach einem Mantel. Unsere Mutter konnte mich zum Glück von meinem Vorhaben abhalten. Es wäre nicht gut, anderen Menschen Schaden zuzufügen und sich dann darüber lustig zu machen. Das sah ich ein und schämte mich ein bisschen.
Ob mir die Kinderverschickung auch ein wenig genützt oder eher geschadet hat, kann ich nicht beantworten.
Ich hätte aber gern gewusst, wo ich damals überhaupt gewesen bin. Unterlagen oder Wissen gibt es in der Familie dazu nicht mehr. Ich erinnere mich noch dunkel, dass von einem Ausflug an die Lorelei die Rede war. Ich wusste damals nicht, was die Lorelei ist und bin auch nicht dort gewesen. War ich krank und durfte nicht mit oder hat der versprochene Ausflug garnicht stattgefunden? Aber immerhin ist die Lorelei ein örtlicher Anhaltspunkt.

Über https://verschickungsheime.de habe ich das wahrscheinliche Heim ausfindig gemacht. Alles passt zusammen. Es muss das Kindererholungsheim „Jagdhaus Dr. Stäckel“ in Weisel bei St.Goarshausen/Rheinland-Pflaz gewesen sein. 1955 eröffnet war es Vertragsheim der Barmer Ersatzkasse und hatte seit 1964 Platz für „20 Knaben u. 30 Mädchen v. 6- 12 Jahren, ganzjährig“. Träger waren Dr. Walter Stäckel und seine Frau Erna Stäckel. War Erna Stäckel die „Komandofrau“?
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Gerhard Stumpf aus Trappstadt schrieb am 11.01.2025
Ich war als 11Jähriger wegen Unterernährung in Scheidegg. Erste mal von zuhause
alleine weg. Ersten 2 Wochen waren sehr
hart. Geld u. Persönliche Gegenstände
wurden abgenommen.
Mit der Zeit wurde es aber besser
Schule war ich gut Fußball durften
wir auch spielen . War schon eine
harte Zeit nach 6 Wochen ging es wieder
nach Hause. Hatte 600 Gramm zugenommen. Hat mich für mein
ganzes Leben bis jetzt stark gemacht.
War nicht alles so schlecht
Liebe Grüße
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Simerkus Guido aus Reichshof schrieb am 11.01.2025
Ich war 2 mal in Kinderkur.Das erste mal 1975 in Königsfeld/Schwarzwald,daß zweite mal 1976 in Pfronten-Steinach(Allgäu).Es war wunderschön!An beiden Orten liebe Schwestern,Ärzte und fürsorglich,hilfsbereite Personen.Natürlich ist man als Kind froh,wenn man wieder zu Hause ist.Aber es hat mich in vielen Dingen gestärkt.Es war ohne Beanstandungen für mich und sehr schön. Gruss an Alle
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Peter aus Nordsee Insel schrieb am 06.01.2025
vielen Dank für diese Plattform. Ich habe meinen Beitrag bereits hinterlegt auf dieser Seite (Peter am 29.04.24) und meine traumatischen Erlebnisse waren grauenhaft. Ich habe den Beitrag von Ingo aus Ahrtal am 31.12.24 gelesen und weiß nun, dass ich auf keinen Fall ein Einzelfall war.
Gerne würde ich mit Ingo einen direkten Kontakt aufnehmen wollen. Schreiben Sie mir bitte auf meine Adresse = Peter.Drude(at)gmx.(net); gerne auch andere Betroffene mit dem Betreff Verschickungsheime.
Herzlichen Dank.
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Petzold aus Schwerin schrieb am 05.01.2025
Für alle, die keine guten Erinnerungen haben, mein Mitgefühl! Schließlich ist man als Kind ohne Elternbegleitung
Fremden ausgeliefert. Meine Erinnerungen an die Kuren sind gut, die Bilder davon sehe ich mir noch immer gern an. Deshalb habe ich auch unsere Tochter 1990 nach Wiek auf Rügen fahren lassen.
Einzig nicht so gut war, dass in Heidenau unsere im August 1973 begonnene Kur um 3 Wochen verlängert wurde, weil eine Ruhrepedemie ausgebrochen war. Wir verpassten den Schuljahresbeginn, was besonders für die Schulanfänger unter uns schlimm war. Wer hier war da auch dabei? Ich würde mich zu diesen Erinnerungen gern austauschen!
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Ingo aus Ahrtal schrieb am 31.12.2024
Ich war 1978 in St. Johann.

Die schlimmste Zeit in meiner Kindheit. Habe noch folgende Dinge in Erinnerung:

Essenszwang ( egal, wie lange es dauert), Toilettenverbot nachts ( Nachtwache durch Nonne)
Das Bett musste man nach Einnässen und Erbrechen nächsten Morgen selbst wieder in Ordnung bringen.
Auf Ausflügen gab es Brote mit Zucker. Habe die gehasst, wobei das Essen mich im allgemein eher an eine Srafanstalt erinnert hat!

Bestrafung durch Arrest in Einzelzimmern. Ein Kind wurde meist nachts aus dem Gruppenraum geholt ( oft ohne Grund) und musste alleine schlafen ) wo und mitwem auch auch immer, mittlerweile kann man es ja denken!

Kein Kontakt zu meiner Schwester, die zu dieser Zeit auch dort in der Einrichtung war, sie die Zeit aber nicht so schlimm empfand!

Komplett Ausziehen vor einem Arzt und einer Nonne , um zu sehen, wie man sich so entwickelt, (auch Geschlechtsteile) wurden 1 x pro Woche interessiert beschaut und teilweise angefasst.

Bin dort nicht vergewaltigt oder sexuell misshandelt worden ( außer oben beschrieben ) kann mir das aber sehr gut vorstellen, das es solche Fälle gegeben hat.

Ob die Kur im Nachhinein uns Kindern etwas gebracht hat wurde von Seiten der Verschickungsorganisationen nie nachgefragt.

Habe im Nachhinein das Gefühl gehabt die haben Hand in Hand gearbeitet .

Mir tut es wahnsinnig leid für alle die Kinder, die hier sexuell missbraucht worden sind .

Hoffentlich passiert so etwas nie wieder!!

Seelischer Missbrauch fand hier bei fast allen Kindern statt!

Kann mich noch an die strenge Oberschwester Burghade erinnern. Erzieherinnen waren damals eine Maria, Petra und eine Praktikantin.
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Karin M. schrieb am 22.12.2024
Im Frühsommer 1966 war ich mit meiner Schwester im Kinderkurheim Dr. Schütterle in Hogschür. Meine Schwester war 10 und ich 5Jahre alt.
Wir wurden zuhause von uns fremden Personen abgeholt und in einen Zug gesetzt. An die Zugfahrt kann ich mich nicht mehr erinnern, sie muss aber lang gewesen sein, da wir aus Mittelhessen kommen.
Im Heim wurde ich von meiner Schwester getrennt. ich kann mich nur an einzelne Sequenzen unseres sechswöchigen Aufenthaltes dort erinnern, der Rest liegt wie unter einem Schleier.
Zum Mittagessen gab es dicken ekligen Reisbrei, der aufgegessen werden musste. Die " Tanten " selbst aßen bessere Speisen.
Wir mussten stundenlang wandern und jeden Tag ca. 2 Stunden Mittagschlaf entweder auf dem großen Balkon oder in den Zimmern machen machen. Fand der in den Zimmern statt, mussten wir uns mit geschlossenen Augen mit dem Gesicht zur Wand legen. Einmal wurde ich körperlich bestraft, weil ich zwar regungslos - wie vorgeschrieben, aber mit geöffneten Augen da lag. Wir durften während des Mittagschlafes weder sprechen noch auf Toilette gehen. Auch nachts durften wir nicht auf Toilette gehen. Beim Mittagschlaf auf dem Balkon lagen wir zeitweise in der prallen Sonne. Ich holte mir einen starken Sonnenbrand mit einer großen Blase im Gesicht, darum kümmerte sich aber niemand. Die Blase platzte dann irgendwann beim Mittagessen.
Die Stimmung war, soweit ich mich erinnere, immer gedrückt. wir mussten immer still sein, es herrschte ein Klima der Angst nach dem Motto " bloß nicht auffallen ". An fröhliche Kinderspiele kann ich mich nicht erinnern.
Ich kann mich an zwei körperliche Bestrafungen erinnern, einmal an das oben beschriebene "Vergehen " mit offenen Augen im Bett zu liegen und einmal, weil ich heimlich versucht habe mein Mettwurstbrot mit dem meiner Tischnachbarin zu tauschen. Meine Tischnachbarin hieß Karoline, an die Namen anderer Kinder kann ich mich nicht erinnern. nur noch an den Namen einer " Tante " , sie hieß Helene.
Die Briefe nach Hause wurden zensiert man durfte nur Positives schreiben.
Meine Schwester hat dort auch sehr gelitten, obwohl sie schon 10 war, das hat sie mir Jahre später erzählt.
An die Heimreise und das Wiedersehen mit meinen Eltern kann ich mich nicht erinnern. Meine Mutter beschrieb mich später als apathisch und versteinert beim Wiedersehen. sie sagt, sie habe mich gefragt: " Kennst du mich nicht?" und ich habe apathisch geantwortet : " Doch, du bist meine Mama." Mit unseren Eltern haben wir nie über die schlimme Zeit in Hogschür geredet, sie hätten uns sowieso nicht geglaubt.
Ich hatte in meiner Kindheit Dissoziationen - häufig während Schulausflügen und habe mich oft in Gruppen mit vielen Kindern unwohl gefühlt. Das hat sich erst als Jugendliche in der Oberstufe geändert.
Wenn meine Tochter auf Klassenreise war mir immer hundeelend, ich weiß nicht, ob das etwas mit dem Kuraufenthalt zu tun hat.
Danke, dass ihr euch Zeit genommen habt, meinen Bericht zu lesen.
Liebe Grüße Karin
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Mittermayer Peter aus 12459 Berlin schrieb am 08.12.2024
Guten Tag, mein Name ist Peter Mittermayer, ich war Anfang 1966 im Schwarzwald in einen Posterholungsheim im Schwarzwald für 6 Wochen. Bei meinen Recherchen fiel mir das Posterholungsheim Freudenstadt ins Auge, daß Gebäude deckt sich mit meiner Erinnerung. Meine Frage: kann mir jemand sagen, ob dieses Haus zu besagter Zeit ein Kinderverschickungsheim war? Trotz bisheriger Recherchen komme ich diesbezüglich nicht weiter. Über eine Antwort würde ich mich freuen. Dies Haus befand oder befindet sich in der Landhausstraße in Freudenstadt. Vielen Dank
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Angelika Schuh aus Wiesbaden schrieb am 24.11.2024
Angelika Schuh, ehemals Scheiber:
Vom 21.02. - 4.4.1975 wurde ich über die Barmer Ersatzkasse von Wiesbaden aus zur sogenannten "Kinderkur" nach Haffkrug in das Haus Marion (Privatkinderkurheim der Familie Ellenberger) geschickt.
Grund: ständig wiederauftretende Bronchitis und angeblich zu dünn
die Idee zur Kur wurde angestoßen von einem Freund meines Vaters, K.H.Grund, damals in der Barmer Ersatzkasse tätig, die Kinderärztin Frau Dr. Sommer stellte dann wohl den Antrag.
Die Abreiseuntersuchung fand genau an meinem achten Geburtstag statt, nur 3 Tage später ging es los. Bis dahin war ich ein glückliches und aufgewecktes Kind mit einer liebevollen Verbindung zur Familie und habe gerne draußen spielt. Zurück kam ich still, in mich gekehrt und verändert. Es gibt einiges, an das ich mich erinnere, aber auch noch viele Erinnerungslücken.
Trotz attestiertem angeblich "guten Kurerfolg" ist die Bronchitis bis ins junge Erwachsenenalter geblieben , zugenommen habe ich 300g, einhoher Preis, wie ich finde für das Getrenntsein von der Familie und die Verschickungsfolgen...
Ich erinnere mich an das Packen, die obligatorischen Namensschilder in allen Kleidern und dass der Koffer schon am Vortag am Hauptbahnhof aufgegeben wurde. Für die Abfahrt gab es dann noch einen Rucksack, gefüllt mit etwas zu Essen, einer Feldflasche, gefüllt mit Tee, einer Dose Limonade und Zahnbürste, Schalfanzug und Handtuch für den ersten Abend.
Bis zu dem Moment, als meine Eltern mich in den Zug setzten, habe ich nicht geglaubt, dass sie das wirklich tun. 11 Stunden dauerte die Reise damals, ich kann mich an kein anderes Kind, keine Betreuungsperson erinnern, nur an das Gefühl von unendlichem Alleinsein. Und irgendwie bestraft...wofür eigentlich.
Ab jetzt gibt es nur Erinnerungsfetzen:
- an die unendliche Fahrt, später durch die Dunkelheit...ich war noch alleine nie von zuhause weg, erst recht nicht im Dunkeln, das Heimweh war das schlimmste
- Habe noch nie zuvor eine Getränkedose benutzt und wußte nicht, dass sie ausläuft, wenn man sie geöffnet in den Rucksack stellt: Mein Schlafsanzug war pitschnass, als wir ankamen und ich mich bettfertigmachen sollte...ich habe mich niemandem anvertraut, kann mich auch an niemanden vertrauenswürdigen erinnern, der da war für mich...die eiskalte Nacht im nassen Schlafsack voller Angst vor den nächsten Wochen erinnere ich als eine der schlimmsten meines Lebens. Heute weiß ich: ab da habe ich mich verschlossen, um diese Zeit und das getrenntsein von der Familie Vater (Mutter und 2 Schwestern, mit denen ich sehr eng verbunden war) durchzustehen. Bis heute ist oft die erste Nacht an einem fremden Ort die schlimmste, selbst wenn z.B. der Anlass (Urlaub) ein selbstgewählter und schöner ist.
- Das Essen: Ich sollte ja zunehmen, also war "essen, was auf den Tisch kommt", Pflicht. Das Essen war ungewohnt, es gab viel Innereien (Leber, Nieren), vor den Gerüchen von Leber, von Karokaffee und auch Kaffee(duft damals aus der Küche) und aus Pulver angerührtem Kartoffelbrei oder nicht durchgegahrten kartoffeln im Kartoffelsalat ekle ich mich bis heute. Ich habe oft als letzte noch lange im Speisesal gesessen. Zum Glück durfte ich dann irgendwann aufstehen und wurde nicht gezwungen, auch den letzten Rest runterzuwürgen.
Karokaffee habe ich, wann immer heimlich möglich, in größtmöglichen Mengen im Mund zum Klo transportiert und hineingespuckt. Die Innereien, die ich auch essen musste, als ich krank war, habe ich einmal hinter den Schrank im Zimmer geworfen, zum Glück hats keiner gemerkt. Meinen Platz im Speisesal weiß ich heute noch, habe ihn auf einem Foto von Haus Marion wiederentdeckt...neben zwei Kindern eingequetscht an einer Wand, so dass man nicht einfach rauskonnte. Solche Situationen oder unerwartet lange Wartesituationen hasse ich bis heute, bekomme dann Panik....was ich jetzt endlich einordnen kann.
- ich kann mich nicht direkt an Strafen erinnern, aber daran, dass wir immer sehr leise sein mussten, v.a. beim Mittagsschlaf und nachts. Haben wir überhaupt jemals gesprochen?
- Morgens ging es auf lange Spaziergänge an den Strand (das war für mich, als ehemaliges Wanderkindergartenkind ein Glück und vielleich tein Rettungsanker und darum nicht so schlimm, wie für andere...das hies aber auch lange Einhalten ohne Toilette, hat nicht immer geklappt....das war mir sehr peinlich, denn ich musste dann jemand erwachsenen bitten, mir frische Kleidung zu geben, da mein Schrankfach im großen Flurschrank so weit oben wa, dass ich nicht alleine drann kam.
Bis heute bin ich sehr froh, wenn immer eine Toilette in der Nähe ist...
- Nachmittags malen oder Spielen) (etwas zusammenstecken o.ä. am Tisch, große und kleine, Jungen und Mädchen in getrennten Gruppen, manchmal draußen auf dem Klettergerüst im Garten. Haben wir uns da unterhalten? Ich erinnere mich an Stille.
- Ja genau, das allabendliche Singen aus der Mundorgel, für mich (im Gegensatz zu anderen) zum Glück auch ein Lichtblick vom Heimweh, da in Kindergarten und Schule viel gesungen wurde und auch meine Familie immer schon viel gesungen hat und ich dass schon immer geliebt habe
- Ich musste meine neue Brotdose...Geschenk meines Vaters für diese Fahrt... bei der Ankunft abgeben, zum spülen, habe sie nie wieder gesehen, das hat mir damals sehr weh getan
- Wellenbadbesuche, ich glaube 2x, war für mich als Nichtschwimmerin schon beängstigend, aber auch spannend
-einmal in der Woche, sehr unangenehm, mit Angst verbunden: Gang zur ärztlichen Untersuchung, ich glaube, die fand im Henry - Everling-Haus statt, damals ein großes Kinderkurheim in der Nähe, dort war auch ein kleines Süßigkeitenkiosk, wenn ich mich richtig erinnere
- ärztliche Untersuchungen, gruselig, ausgeliefert: halbnackt in Unterhose in Reihe warten, bis man dran kam, abgehört und gewogen wurde, erinnere nur unangenehme Gefühle, sonst weiß ich nichts mehr davon,
- keine Erinnerung an Gesichter, nur an gesichtslose große und kleine Personen
- meine Eltern und Geschwister feiern Ostern ohne mich...trotz liebem Päckchen erlebe ich das als Bestrafung..wofür eigentlich?
- Heimreise 4. März, ich kann mich an nichts erinnern, nicht ans Abfahren und die 11-Stündige Bahnreise, und nicht ans heimkommen oder die Begrüßung von den Eltern, irgendwie muss ich wieder zuhause gelandet sein, danach ist alles dunkel in meiner Erinnerung. Als hätten alle, da weiter gemacht, wo sie vor der Kur aufgehört hatten und als sei nichts geschehen...nur ich habe nicht mehr hineingepasst. Für mich fühlt sich diese Erinnerung an, wie ein dunkles schwarzes Loch. Erst ungefähr ein Jahr später ( Familienfest zur Erstkommunion) setzten die ersten Erinnerungen wieder ein.
- ab da bin ich ein schüchternes sehr ängstliches Kind, versuche möglichst nicht aufzufallen, heute würde ich sagen, ich hatte gelernt, mich tozustellen
Das Vertrauen in die Eltern ist - so weiß ich es heute - zutiefst erschüttert worden und die Angst blieb bis zu meinem Auszug aus dem Elternhaus, dass ich jederzeit wieder weggeschickt werden könnte...
- im folgenden Jahr 1976 wurde meine jüngere Schwester im Sommer nach St. Peter Ording verschickt, das habe ich dann noch weniger verstanden, das Gefühl ist bis heute, dass kann man doch nicht machen, die müssen doch wissen, dass das nicht gut ist....
-Über die Erlebnisse und vor allem die Folgen des Getrenntseins von der Familie in der Kur wurde bei uns nie wirklich offen gesprochen, denn schließlich war das ja nur zu Eurem Besten gedacht und wenn die Ärztin das sagt, dann muss das ja helfen, konnte ja keiner ahnen, " dass Du als verkorkstes Kind zurückkommst" Immerhin, vor ein paar Jahren habe ich meine noch vorhandenen Kurunterlagen von der Mutter bekommen, eine kleine Hilfe bei der Aufarbeitung
- Mit 14 sollte ich wieder zur Kur...ich war sofort wieder panisch, doch zum Glück sollte es "nur" eine ambulante Kur auf Norderney sein, während der Rest der Familie Urlaub macht. Ich habe mich falsch gefühlt und bestraft dafür, dass ich immer krank bin. Erinnere mich nur an einen unheimlichen Kurarzt, dunkle Räume zum Meerwasserinhalieren und irgendwelche Wannenbäder...ich war so voller Angst, dass ich nach der ersten Woche krank geworden bin, dann hatte ich zum Glück meine Ruhe.


Erste wirkliche Aufarbeitungen beginnen 1987/88mit dem eigenen Ausbildungsweg in die Pädagogik und später Heilpädagogik und Naturheilkunde, bis dahin dachte ich immer, ich war damals halt zu empfindlich, zu schwach, zu schüchtern und es war mein Fehler, dass es mir in Haffkrug nicht gut ging. Mindestens ein Einzelfall. Als Mit -Erzieherinnen in Ausbildung 1988 (!) berichten, sie machten ein Praktikum im Kinder -Kurheim, keine Mutter-Kind-Kur, bin ich innerlich zu Tode erschrocken, dass es sowas noch gibt....das hat etwas in mir wachgerüttelt, dass hier damals irgendwas nicht gestimmt hat, aber (damals meine Vermutung)scheinbar nur ich das wohl so erlebt habe.
1997 nach einem Skandinavienurlaub dann die erste geplante Stippvisite in Haffkrug, ich stehe vor dem Haus Marion, aber es ist ein Ferienhaus geworden, so dass ich zunächst nicht begreife, dass ich hier richtig bin....aber die Angst und der Ausnahmezustand ist zu spüren, als ich mich weiter in diesem Ort bewege, auch als Erwachsene. Zum Glück bin ich nicht alleine dort und habe liebevolle Begleitung. So richtig fassungslos bin ich dann , als ich Mutter werde und meine Tochter 2010 acht Jahre alt wird und mir nocheinmal bewußt wird, was das getrenntsein von der Familie über viele Wochen mit einem Kind dieses Alters anrichten kann. Irgendwann 2013 bekomme ich im Internet mit, dass das Haus Marion abgerissen wurde, die damals zu findenden Abrissbilder der Trümmer tun mir gut. Endlich gibt es diesen Ort nicht mehr.
2019 dann nach in den Wechseljahren verstärktem Aufbrechen diffuser Ängste, was das Reisen, Essen gehen, Aufenthalt in großen Menschenmassen und anstehende Arztbesuche/Wartezimersituationen anbelangt, endlich die Erleichterung und das entsprechende einsortieren:
Ich bin nicht schräg, unfähig oder zu schwach, zu empfindlich etc..., die Umstände waren schräg, wie mir geht es Millionen anderen, viele Reaktionen auf das Erlebte sind völlig gesund / normal und haben bei vielen bis heute Folgen! Ich bin Anja Röhl und allen Mitarbeitenden und Mit - Forschenden sehr dankbar!
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batra pasic schrieb am 24.11.2024
Erfahrungsbericht zur Verschickung 1969
In meinem Buchprojekt über unser Leben als religiöse Minderheit in Deutschland in den 60ern und 70ern schreibe ich auch zur Verschickung meines Bruders und die Erfahrung im Umgang mit Speisegeboten und „den Muff von tausend Jahren“ der hier wirkte. Von diesem Gästebuch habe ich vor zwei Wochen erfahren und möchte diesen Text hier einstellen. So habe ich es erlebt als seine Schwester und meine Mutter sprach immer wieder davon.
Das wird dem Kind guttun
Ein paar Wochen voller Sonne - Spiel - Spaß - Landerholungsheim so riet der Arzt, frische Luft und Bewegung, das ist genau das Richtige. Unser Bruder fieberte dieser Zeit entgegen, wir sagten neidisch "Tschüss", klappernde Absätze auf der Treppe, Autotür auf und sie fuhr mit ihm weg.
Ein Beschwerdeanruf der "Erziehungsanstalt" spätabends verlangte nach Beistand der elterlichen Autorität, doch sobald sie meinen Bruder sah, stieß sie wie eine Adlerin vor, statt ihre Methoden zu segnen. Entriss ihren geliebten Sohn außer sich vor Zorn und brachte nach Hause. Das hatte sich noch keine Mutter erlaubt! Hieß es und überhaupt, "wir haben mit dem Vater gerechnet!!"
Da stand er nun, drei Tage später und wir sahen schlaftrunken im Nachtzeug zu. Sanft, ganz sanft umschmeichelte ihn ihre Stimme "Alles ist gut, alles ist gut mein Schatz" während sie versuchte ihn zu entkleiden. Bei jeder Bewegung rieselte Essen aus Hosentaschen, Kleiderfalten, Schuhen, und Socken auf den Boden und bildete einen stinkenden Kranz um ihn. Noch im Flur wusch sie seinen Körper, trotz stummer Schreie seiner Augen. Entfernte unendlich liebevoll und geduldig vor unseren Augen diese Schicht aus Essen, die er hingeschmiert hatte. Auch dort zu verstecken suchte, damit der Teller leerer wurde. In seiner Not und Angst um der nächsten Prügelrunde zu entgehen. Stunde um Stunde um Stunde, bereits seit der Mittagsessenszeit.
Unser Großer, unser Held - nie werde ich den Anblick vergessen: nass, verschmiert, stinkend, zitternd, übersäht mit den Spuren der Gewalt vom Gesicht bis zu den Füßen grün und blaugeschlagen, verängstigt und die Tränen hörten nicht auf, hörten nicht auf in seinem stummen Schrei dieser völlig verschreckten Kinderseele.
Sein Verbrechen? Werdet ihr nun fragen. Er bekam nicht herunter was auf dem Teller lag. Einfach keinen Bissen in den Mund .........
Doch: Was auf einem "Deutschen Tisch" kommt, wird aufgegessen.
"Schlachtplatte"! Schnaubte meine Mutter, "Schlachtplatte, mit Blut- und Leberwurst!"
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Jörg aus Hunsrück schrieb am 22.11.2024
Zunächst einmal meinen höchsten Respekt für alle, die ihre Leidensgeschichte hier veröffentlicht haben! Und vor allem: ich glaube Euch. Und das, obwohl ich selbst völlig andere Erfahrungen gemacht habe während meiner zwei Kuren.

Ich bin Jahrgang 1964, hatte seit frühester Kindheit schweres Asthma und war 1973 mit acht Jahren für ein paar Wochen auf Juist. Außer dass das Essen dort (im Nachhinein betrachtet) nicht gut und vor allem billig war (oft Vanille- oder Schokoladesuppe, was mir damals gut geschmeckt hat, aber eigentlich keine geeignete Ernährung darstellte), hab ich kaum Erinnerungen an die Zeit.
1976 war ich dann sechs Wochen auf Sylt im DAK Haus Quickborn. Und an die Zeit erinnere ich mich noch ganz gut, auch weil ich dort meinen zwölften Geburtstag feierte. Wir hatten sehr nette Betreuerinnen, vor allem eine blieb mir in Erinnerung, Hiltrud hieß sie, die erste Person, die nicht mit mir sprach wie mit einem kleinen Kind, sondern auf Augenhöhe.
Wir unternahmen viel, Fahrten über die Insel, Strandwanderungen, wir probten ein kleines Stück passend zum Advent ein, es gab Tanzabende, wo wir bissl tanzen lernen konnten...

Also meine Erfahrungen sind überwiegend positiv; umso mehr tut es mir unendlich leid, was für traumatischen Erlebnisse ihr machen musstet.
Ich wünsche Euch von ganzem Herzen, dass Ihr darüber hinweg kommt, gegebenenfalls lasst Euch dabei helfen.

Herzliche Grüße, Jörg
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Margit Schuler geb. Hoffmann aus 66346 Püttlingen schrieb am 22.11.2024
Im Alter von 8 Jahren wurde ich mit meinem Bruder, 7 Jahre ( ich geb. 1951, mein Bruder geb. 1953) zur Erholung von dem Arbeitgeber unseres Vaters, Hütte röchling, Völklingen, Saarland, heute Weltkulturerbe, zur Erholung geschickt. Heute habe ich in der Saarbrücker Zeitung den Bericht gelesen, der mich bewogen hat, zu schreiben. Nach so vielen Jahren endlich die Gelegenheit, zu schreiben, obwohl ich mich lieber nicht daran erinnern möchte. Der Bericht hat etwas mit mir gemacht: Ekel, Trauer, Schmerz, tiefste Verletzung. Ich wurde 7 Tage weggesperrt mit trockenem, harten Brot, das ich über den Tag essen musste, es war etwa ein Kilo , in ein privatzimmer der Heimleiterin, ein menschlicher Satan. Das Zimmer war prächtig, aber den ganzen Tag verdunkelt, die Tür war zugesperrt bis zum nächsten Tag . Sie gaben mir einen toiletteneimer, den ich am nächsten morgen leeren durfte, ich hoffte jeden Tag, meinen Bruder zu sehen bei dieser Gelegenheit, den anderen Kindern erzählte die Heimleiterin, dass ich böse sei und es ihnen ebenso ergehen würde, wenn sie nicht gehorchen und essen. Es gab eine sogenannte Tante für die Jungs, ansonsten nur die Heimleiterin, kein einziges Mädchen kam während des Aufenthaltes an die frische Luft, wir mussten drinnen bleiben und Stoff-und Teppichreste zusammenschneiden. Ich hatte schon im Kindesalter eine milchallergie und musste Milchprodukte erbrechen. Eine Woche musste ich morgens und abends -zum Mästen - jeweils zwei Teller Grießbrei essen, ich erbrach ihn jedesmal, musste dann das Erbrochene wiederum essen und in meine Schürze erbrechen, die ich nicht ausziehen durfte, lediglich in der Toilette mit Wasser etwas abwischen durfte. Im nahen Fluss musste ich getrocknete, halb gefrorene Essensreste abwaschen. Danach sofort, ohne Mantel bekleidet zurück im Winter mit viel Schnee, ich kam jedesmal mit nassen Kleidern zurück, musste mit Hausschuhen in den Schnee. In der 2. Woche durfte ich aus dem Zimmer. Es hat mich Jahre meines Lebens gekostet, ich kann heute noch nicht im Dunkel mit abgeschlossener Tür schlafen. In den beiden anderen Wochen durfte kein Kind mit mir reden, ich wurde unter Kindern in die Einsamkeit verbannt und bestraft.
In der Mittagsruhe, 2 Stunden ( im Flur saß die Erzieherin der Jungs und überwachte, dass wir nicht zur Toilette gingen oder geredet haben) musste ich zur Toilette, sie hat es mir verboten, ich habe eingenässt, den Kot habe ich in meine Hände genommen und unter der Bettdecke versteckt. Ich hatte schlimme Bauchschmerzen. In meinem Anorack habe ich dann weiter den kot versteckt, um ihn im Erdgeschoss zu entsorgen. Drei Wochen keinen einzigen Schritt um im Schnee zu wandern, lediglich die paar Minuten, wo ich mein erbrochenes in den Bach zum Teil entsorgen musste. Der Geruch war ekelhaft.
Jeden Abend als alle Kinder im Bett waren, war laute Musik mit Tanz im Erdgeschoss, es duftete nach Braten, der Pastor war jeden Abend zu Gast. Was diese Personen uns angetan haben, glaubt heute niemand, wir waren hilflos, haben den ganzen Tag geweint, mir wird jetzt noch ganz übel und es erschöpft mich völlig, wie ist das möglich?
Die Erinnerung ist fast haargenau so, als wäre ich 8 Jahre.
Was für eine Möglichkeit hatten wir hilflosen Kinder? Sie haben Schaden für unser ganzes Leben zugefügt. Ich wäre damals so gerne gestorben, habe zu Gott gepflegt, dass er mich nicht mehr weckt am Morgen. Ich werde bald meinen Bruder ansprechen über das Jahr 1959 und den Aufenthalt in Buhlbach. Für die Jungs war es nicht so schlimm, sie durften täglich zwei mal raus in den Schnee, mussten nichts arbeiten, waren außer den Mahlzeiten von den Mädchen getrennt und hatten eine „ Tante“.
Schade, dass diese teufel nicht zur Rechenschaft gezogen wurden. Ganz und gar unvorstellbar, dass so schlimme Dinge zwei Generationen vor mir an unschuldigen Kindern , die vertrauen in die Erwachsenen hatten , geschehen sind
Viele Grüße
(ein ehemaliges Kind, das jetzt sehr traurig ist)



Ich schreibe heute zum 1. mal online, außer der alltäglichen WhatsApp usw.
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Monika Rack aus 58300 Wetter ( Ruhr ) schrieb am 19.11.2024
Hier erzähle ich meine Erlebnisse als 5 jährige.

2017 erzählte ich meiner Freundin Monika Weigt von dem Erlebnis was ich als 5 jährige bei Nonnen in einer Landverschickung mit meinen beiden älteren Schwestern erlebt hatte.

Das war so schrecklich das sie zu mir sagte – das kann ich nicht glauben -.
Jahre später als diese Ereignisse von anderen Betroffenen in den Medien veröffentlicht wurden
rief mich Frau Weigt an und sagte mir das dort genau das berichtet wird was ich Ihr damals erzählt hatte.
Dann kam Corona!
Nun bin ich bereit über meine Erlebnisse zu berichten.

Da die Landverschickung erst ab 6 Jahren erlaubt war kämpfte meine Mutter bei der Stadt Hagen
mich als 5 jährige mit meinen beiden älteren Schwestern mitzugeben. Mit Erfolg.
Wir waren bei Nonnen untergebracht.
Hier waren sehr viele Kinder; als jüngste war ich der Liebling der Nonne Oberin.
Diese saß in der Mitte des Speisesaals und wenn die Kinder sich zum essen setzten musste ich immer zur Nonne Oberin.
Sie machte Ihre Beine auf und schob ihre Kutte durch damit sie mich nah heranziehen konnte. Sie drückte meinen Körper ganz fest an sich so das mein Gesicht zwischen Ihrem großen Busen verschwand.
Ich bekam keine Luft mehr; sie setzte mich anschließend auf ihren Schoß weil mein Kreislauf
zusammen brach und ich wahrscheinlich sonst gefallen wäre. - Und das jeden Tag -.

Nun kommen wir zu dem Teil des Erbrochenen:
Es sollte eine Märchenaufführung stattfinden. Wir hatten Tage vorher geprobt sowie die Kostüme gebastelt bzw. aus dem Fundus geholt.
Martina war die Prinzessin, Ulrike der Kater und ich die Maus.
An dem besagten Abend an dem die Aufführung stattfinden sollte saßen wir alle im Speisesaal
zum Abendessen. Es gab Milchreis mit Grütze.
Ich sagte der Nonne das ich das nicht essen kann worauf sie einen Löffel nahm und mir das Essen in den Mund schob. Sofort musste ich mich übergeben und das Erbrochene verteilte sich auf dem Tisch. Die Mädchen in meiner Nähe wanden sich angeekelt ab.
Die Nonne aber nahm meinen Teller und wischte mit ihrer Handkante mein Erbrochenes vom
Tisch in meinen Teller und forderte mich auf das alles zu essen. Ich weigerte mich und aß nichts.
Alle Mädchen durften den Speisesaal nach dem Essen verlassen nur ich musste vor meinem Erbrochenem sitzen bleiben.
Die Aufführung durfte ich nicht mitmachen. Jede Stunde wurde nachgesehen ob mein Teller leer war. Als es schon dunkel war kam die Nonne herein und teilte mir mit jetzt das Licht auszumachen.

An der Wand hing ein sehr großes Krokodil mit aufgerissenem Maul welches wohl Kinder in früheren Zeiten gebastelt hatte.
Die Nonne sagte zu mir wenn ich jetzt nicht den Teller leere würde das Krokodil runter kommen und mich auffressen.

Meine 91jährige Mutter konnte sich noch an den Ort (für mich) des Grauens erinnern.
Auf meine Frage nach Bad Soden antwortete sie spontan „Allendorf“.

Meine Schwester Ulrike lebt nicht mehr, meine Schwester Martina kann sich noch gut daran
erinnern mich auf dem Schoß der Nonne Oberin sitzen zu sehen.

Beim Hagener Stadtarchiv konnte ich keine Dokumente aus der Zeit 1965 erhalten, wegen dem
Hochwasser sei angeblich vieles vernichtet worden ?!?
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THORSTEN KRUPPKA aus Frankfurt am Main schrieb am 19.11.2024
In den frühen 70er Jahren war ich zweimal im Klappholttal auf Sylt, eine Maßnahme, die über das Gesundheitsamt der Stadt Offenbach am Main organisiert wurde, um Gewicht zu verlieren. Die Zeit dort war von strengen Regeln und Demütigungen geprägt, vor allem im großen Speisesaal, wo Kontrolle und Schikane an der Tagesordnung waren. Wir „dicken“ Jungs mussten in einem Zimmer mit direktem Zugang zum Aufenthaltsraum schlafen, um jederzeit überwacht werden zu können. Beim zweiten Aufenthalt wohnten wir oberhalb des Speisesaals in einer kleinen Hütte.

Ohrfeigen für vermeintliche Verfehlungen, das Durchsuchen von Paketen nach Süßigkeiten und die strikte Kontrolle bei Stadtausflügen und Post hinterließen tiefe Spuren bei mir. Ausflüge nach List oder ins Legoland gerieten oft zu einem regelrechten Spießrutenlauf. Jahrzehnte später, als ich von einem Brand im Speisesaal erfuhr, empfand ich eine Art Erleichterung – als hätte sich eine Form von Gerechtigkeit durchgesetzt.

Besonders stark erinnere ich mich an einen aggressiven Pfleger, dessen Name sinnbildlich für sein Verhalten stand. Seine Gewaltbereitschaft und seine Art haben mich nachhaltig geprägt. Dennoch gibt es auch eine schöne Erinnerung: Ein liebes Mädchen aus Peine, türkischer Abstammung, mit dem ich eine freundschaftliche Verbindung hatte. Oft habe ich an sie gedacht und frage mich, ob sie sich vielleicht auch noch an mich erinnert.

Falls sich jemand angesprochen fühlt oder Lust hat, mir zu schreiben, würde ich mich sehr freuen.
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Alexandra aus Essen schrieb am 09.11.2024
Hallo liebe ♥️ Menschen ich war auch ein Verschickungskind und leide heute noch darunter 😞 liebe Grüße Alexandra
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Petra Sch. aus Bautzen schrieb am 06.11.2024
Hallo, ich bin durch Zufall auf die Reportage "Verschickungskinder" im TV gestoßen und habe mich dadurch näher mit dem Thema befasst.
Ich (jetzt 63 Jahre alt) war auch ein Verschickungskind. Ich war 5 Jahre alt (bin im Heim 6 geworden), als bei einer Schuluntersuchung festgestellt wurde, dass ich zu dünn bin.
Im März/April 1967 wurde ich für 6 Wochen ins Kinderkurheim nach Greiz geschickt, um zuzunehmen.
Sehr viele Erinnerungen habe ich nicht mehr an diese Zeit. Vielleicht spielt da auch Verdrängung eine große Rolle.
Ich kann mich aber erinnern, dass wir gezwungen wurden aufzuessen, was für uns Kinder eine Qual war.
Schnelle Bewegungen, wie rennen und toben waren verboten, weil es für die Gewichtszunahme hinderlich war. Wer gegen irgendwelche Vorgaben verstoßen hatte, musste im Waschraum bleiben, wogegen die anderen zum Essen gehen durften.
Erinnern kann ich mich auch, dass es jeden Tag zum Frühstück Mehlsuppe gab. Und dann weiß ich noch, dass es dort einen Raum mit einer Art Höhensonne gab, um die wir nackt herumlaufen mussten.
An Misshandlungen, wie Schläge oder andere Repressalien, kann ich mich nicht erinnern. Das Schlimmste war der Esszwang und die wochenlange Trennung von der Familie ohne jeglichen Kontakt.
Wahrscheinlich habe ich auch vieles verdrängt. Aber wenn ich die Erfahrungen und die daraus erfolgten Ängste und Zwänge vieler anderer Verschickungskinder lese, denke ich, dass einige Verhaltenszüge von mir auf diese schlimme Zeit zurückzuführen sind, worüber ich mir bis jetzt noch keine Gedanken gemacht habe.
z.B. reise ich ungern, brauche meine vertraute Umgebung, ich lass mich nur ungern von Fremden berühren und ganz ausgeprägt, ich würde nie jemanden zwingen zu essen bzw. aufzuessen.
Ich weiß nicht, ob der Kuraufenthalt dafür verantwortlich ist. Aber eine Erklärung wäre das.
Vielen Dank für die Aufarbeitung!
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Thorsten Gerlach geb.Kinder aus 29525 Uelzen schrieb am 24.10.2024
Hallo
Mein Name ist Thorsten Gerlach und ich schreibe hier zum ersten Male über die Erlebnisse in den "Erholungsheim Upstalsboom" in Norderney an die ich mich noch erinnere.
Ich war damals kurz vor meinem 8. Geburtstag und mein Bruder noch 4 Jahre als wir am von Uelzen unter der Aufsicht von zwei älteren Damen des Gesundheitsamtes in Uelzen in Empfang genommen und nach Norderney "verschickt" wurden.
Ein solches Verfahren wäre heute nicht mehr denkbar aber für die Kinder die aus der Nachkriegszeit kamen und selbst an körperlichen und geistlichen Misshandlungen erlebten war so etwas wohl völlig normal und vielleicht handelten sie aus dem Verlangen ihren Kindern etwas Gutes zu tun .
Wer weiß, wer weiß .
Nach einer Fahrt von mehreren Stunden mit der Bahn, damals D-Zug, und und einem Transfer auf einer Fähre, was natürlich für mich und meinem Bruder ein tolles Erlebnis war, kamen wir beide an einem Sammelpunkt zusammen wo alle Kinder auf die einzelnen Heime aufgeteilt wurden.
Am ersten Abend wurden wir eingeteilt in verschiedene Altersgruppen;
Kleine Jungs ( In diese Gruppe waren die Kleinsten Untergebracht)
Mittlere Jungs (Hier war ich untergekommen)
2.Jungs und große Jungs
So saßen wir nun in dieser Konstellation die 6 Wochen an unseren Tischen.
Meinen Bruder sah ich nur zu den Essenszeiten im großen Speisesaal aber ansonsten hatte ich keinen Kontakt zu ihm.
Die erste Nacht
An die erste Nacht an die ich mich noch mit der viel Schrecken erinnere und machten mir einen kleinen Vorgeschmack auf die restliche Zeit.
Das alle Kinder und für einige Kindern besonders nach einer sehr langen Reise aufgedreht waren, war doch eigentlich mehr als nur normal.
Aber wir machten alle sehr Schnell eine einschüchternde Erfahrung mit einer sehr brutalen weiblichen Aufsicht und Betreuerin, die jeden in den Haaren zog, in den Nacken kniff oder an den Ohren zog bis sie rot wurden.
Ich weiß noch, dass ich die halbe Nacht stehend in einem kleinen Schrank verbringen musste nur weil ich den Jungen im Nebenbett gefragt habe von wo er denn her was mir das o.g. "Privileg" im Schrank bescherte.
Diese Betreuerin war an Brutalität nicht zu übertreffen.
Außerdem kann ich mich noch sehr gut an ihre keifende Stimme und an das fiese Lachen erinnern wenn sie jemanden stundenlang in den Schrank oder in eine Ecke stellte.
Ich glaube, sie hatte sehr viel Spaß an ihrer Arbeit und hoffe inständig, dass
Sie selber keine Kinder hatte , den sie ihre "Werte" weitergeben konnte.
Zwar musste ich während der Nachtruhe nach dieser Nacht nie mehr in den Schrank aber gekniffen oder an den Ohren gezogen das kam schon des Öfteren vor.
Die Morgenwäsche
Vor einem langen Waschbecken wurden die Zähne geputzt und sich mit einem Waschlappen reinigte und das Nackt mit ca. 20 anderen Jungs in einer Reihe.
nach der morgendlichen Körperwäsche wurden dann auch die Unterwäsche für die Reinigung eingesammelt.
Auf die Unterwäsche komme ich aber später noch einmal zurück.
Das Frühstück
Da ich zu dieser Zeit ein kleines pummliges Kind war, musste ich in Regelmäßigen abständigen von einigen Tagen ein Glas mit Salzwasser trinken.
Diejenigen , die das auch trinken mussten wissen bestimmt noch wie "lecker" das war und wenn man es nicht zum Anfang auf Ex getrunken hatte musste solange sitzen bleiben bis das Glas alle war.
Hin und wieder klappte das auch aber meistens musste ich mich davon übergeben und dann gab es den ganzen Tag nur schwarzen Tee und Zwieback was nicht unbedingt satt machte.
Nach dem Frühstück ging man in der Gruppe bei gutem Wetter durch die Stadt oder an dem Strand wo man im Sand spielen durfte und der Besuch alle zwei Wochen im Wellenbad in der Zeit war für mich persönlich das Highlight schlechthin.
Aber ich möchte dazu sagen, dass solche sehr wenigen positiven Ereignisse mich nicht zu einer Aussage wie zum Beispiel:" Es war ja nicht alles so schlecht" hinreißen lasse.
Denn die wenigen gute Erinnerungen machen die vielen schlechten Dinge nicht besser oder ungeschehen.
Das Mittagessen
Man saß also am Tisch und wartete auf das Essen, was aber seinem Namen nicht gerecht wurde.
Es gab viel "Suppe" verkochten Fisch und faden Kartoffelpüree, die Kartoffeln waren tröge und die Nudeln klebrig und pappig.
Das Fleisch war so ungenießbar und unfassbar schlecht, das ich heute noch sehr ungern Fleisch als Beilage esse.
Beim Essen durfte Selb verständlich nicht gesprochen werden und wer es doch wagte, der wurde unter einer demütigenden Ansprache vor die Tür geschickt und bekam natürlich kein Mittagessen.
Der "Mittagsschlaf"
Nach dem Essen wurde Mittagsruhe gehalten.
Ob es nun 1,5 Stunden oder 2 Stunden oder länger waren weiß ich nicht mehr so genau aber da ich, wie die meisten Kinder zu Hause eine solche Ruhepause nicht kannten war es natürlich sehr ungewohnt sich hinzulegen und zu schlafen.
Aber meistens waren wir sehr Ruhig ,da die "nette" Betreuerin, heute würde ich sagen Aufseherin, mit der Brille auf ihre nicht unbedingt einfühlsamen Art und Weise für Ruhe sorgte,
War man selbst ruhig und im Zimmer wurde niemand sanktioniert ,dann durfte man die letzte halbe Stunde sich leise unterhalten.
Nach dem Mittagsschlaf ging man in das Gruppenzimmer wo man Spielen durfte und wo man mindestens einmal in der Woche Postkarten oder Briefe nach Hause schicken durfte oder besser geschrieben musste.
Als erstes wurde auf ein Blatt Papier vorgeschrieben und anschließend von den "Betreuern" korrigiert zurück gegeben.
Natürlich wurden die Passagen wo man im Schrank stand oder anderseits Misshandelt wurde weggestrichen mit der Begründung unsere Eltern wären traurig oder böse auf uns, da wir uns so "schlecht" benehmen würden und welches Kind in diesem Alter möchte es das ihre Eltern traurig oder böse sind.
Vor dem Abendbrot kam meistens die Heimleitung, eine ältere Frau vom Typ nette Omi, mit ihrer Gitarre und wir mussten Volkslieder bzw, und wie passend Seemannslieder singen nur wer nicht mitsingen wollte oder Faxen machte, musste vor die Tür und meistens auf Geheiß der Heimleitung, sie wissen noch...netter Omityp , gab es kein Abendessen und es war das Warten vor dem verschlossenen Essenssaal angesagt.
Vor dem Schlafen gehen
Bevor es ins Bett ging saß unser Zimmer mit einer Betreuerin zusammen und es wurden Geschichten erzählt, doch danach gab es eine Art Inquisition die berüchtigt und gefürchtet war unter uns.
Dort wurden wir gemaßregelt für die Fehler des Tages und lächerlich gemacht und gedemütigt für Unterhosen wo zum Beispiel eine kleine Bremsspur war was in diesem Alter doch einmal vorkommen kann.
Die Wäscherei wurde darauf angewiesen solche Unterwäsche nicht zu waschen und da in ALLEN Wäschestücken ein Namensschild war, war es auch kein Problem den "Übeltäter" dingfest zu machen.
Jetzt wurde die Hose mit spitzen Fingern hoch gehalten und es wurde jeden im Zimmer gezeigt wem diese Hose gehörte mit den Worten:" Diese vollgeschissene Hose gehört dem Dreckschwein, Schwein, der alten Sau oder wenn man sehr viel Glück hat gab es nur die Bezeichnung Schmutzfink" dann wurde der 7 oder 8 jährige vor dem kompletten Zimmer herunter gemacht , was wohl zu der Zeit eine therapeutische Maßnahme war um es nicht mehr zu machen.
Das waren die "Flashlights" an die mich erinnere zum Schluss möchte ich sagen, dass ich meinen Kindern ein solchen langen Zeitraum ohne Eltern und in diesem Alter NIEMALS angetan habe oder antun könnte.
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Antje Puerta aus Heppenheim (Bergstraße) schrieb am 22.10.2024
Ich war 4 Jahre alt kann mich nicht so Recht erinnern nur das ich Panik bekam das ich mit 5 Jahren noch Mal zur Nach erholung hin musste.Einen extremen Ekel vor Spinat Angst vorm Wassermann (habe bis zu meinem 12 Lebensjahr nur mit hellen Licht schlafen können).Sie haben mir gleich beim ankommen meine lange blonden Haare abgeschnitten
Meine Mutter hat mich alle 6 Wochen besuchen dürfen bei meinem 6 Monate Aufenthalt.
Da hatte ich einen ganzen roten Handabdruck auf meinem Po.Heute noch habe ich Angst vor Dunkelheit und ich hasse Nonnen.Vielleicht kann mir jemand mehr aus diesem Zeitraum 1971/1972 erzählen habe noch alte Briefe wo die Nonnen meinen Eltern geschrieben haben.Auch alte Rechnungen wo immer Taschengeld aufgeführt wurde.Wir kinder wurden in Mannheim am Bahnhof versammelt.
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Ingelid Kühn aus Boostedt schrieb am 19.10.2024
Wie oben angegeben, wurde ich 3mal verschickt. Folgende Angaben der vor mir abgegebenen Berichte kann ich bestätigen:
- Essenszwang ( zumindest in St. Peter O. und Grömitz ) Ich war immer die
Letzte beim Abendessen und saß so lange alleine mit der
furchteinflößenden , gnadenlosen und empathielosen ,
schwarzgekleideten (Nonne?) Heimleiterin im Speisesaal, bis ich den
Teller endlich leer hatte.
- Toilettenverbot
- Zensur der Briefe ans Elternhaus - mit Bloßstellung bei negativen
Äußerungen
- teilweise ungenießbares Essen - z.B. mit dicker Schweinefleischschwarte
mit Borsten obendrauf
Nicht erinnern kann ich mich an den Zwang zum Aufessen von Erbrochenem und an sexuellen Missbrauch
Berichten möchte ich gerne über St. Peter Ording, weil es dort am
Traumatisierendsten für mich war:
7-jährig wurde ich dorthin geschickt. Die Atmosphäre war geprägt von Lieblosigkeit , Gnadenlosigkeit und Strenge. Heute frage ich mich, warum ich mich nicht an eine Freundin, die ich dort vielleicht gefunden haben könnte, erinnern kann. Ich vermute das lag daran, dass wir gar nicht die Möglichkeit hatten, viel miteinander zu reden. Dass Freundschaften geschlossen werden sollten, passte gar nicht zum Konzept des Heims. Mindestens ein Mal täglich mussten wir nach draußen gehen und über den weiten Sandstrand in Zweierreihe marschieren. Außer am ersten Abend (Gruppenspiele wie stille Post) kann ich mich auch nicht erinnern, dass wir jemals gespielt hätten, geschweige denn, dass dort Spielzeug vorhanden gewesen wäre.
Das Heim: Man betrat es durch den Keller, in dem sich die Jacken und Schuhe befanden. An den dort vorherrschenden Geruch nach Schuhcreme kann ich mich noch erinnern. Nach dem Mittagessen musste man 2 Stunden in der Liegehalle liegen , zugedeckt mit einer kratzigen Wolldecke. Ich würde sehr gerne den Namen dieses Heims erfahren, ob es noch existiert, und mich austauschen mit anderen , die auch dort gewesen waren. Erinnern kann ich mich nur noch an den Vornamen der Heimleiterin: Tante Annemarie.
Seit Langem leide ich unter Blasenentleerungsstörungen mit hohen Restharnmengen. Das hat zur Folge, dass ich die Blase nur noch durch Einführen eines Katheters in die Harnröhre entleeren kann. Diesen Umstand auf das Toilettenverbot zurückzuführen, erscheint mir nicht unsinnig. Hat jemand vielleicht ähnliche Beschwerden?
Interessieren würde mich auch die Antwort auf folgende Frage : Hat jemand eigentlich gesehen, ob die "Tanten" sich das "überaus schmackhafte" Essen auch angetan hatten?
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Astrid schrieb am 08.10.2024
Ich möchte zu diesem Thema auch etwas mitteilen. Meine persönlichen Erlebnisse waren nämlich ganz andere. Und ich habe es alles ein wenig zusammengeschrieben und füge es hier ein:
Bei mir, vierjährig, wurde Tuberkulose Anfang 1953 diagnostiziert. und ich wurde gleich nach Königsfeld im Schwarzwald in die Schwester-Frieda-Klimsch-Stiftung verschickt. Ich war in einer Gruppe von Kleinkindern im Haupthaus. Ich erinnere mich, dass ich zuerst gebadet wurde. Das war sicher nötig, denn viele Kinder kamen noch aus sehr ärmlichen und ungesunden Wohnverhältnissen. Schwester Brigitte war unsere Gruppenschwester. In der Gruppe waren wir zu sechst. Drei kleine Mädchen und drei kleine Jungen. Schwester Brigitte war wirklich sehr lieb, ich kann mich an nicht Unerfreuliches erinnern. Wenn es das Wetter zuließ, gingen wir spazieren, spielten draußen in einem Sandkasten oder saßen an einem großen Tisch unter Bäumen und spielten oder bastelten. Jeden Morgen wurde die Temperatur gemessen, und Hygiene spielte eine große Rolle. An den großen Speisesaal kann ich mich erinnern, wo alle Kinder des Haupthauses zusammen aßen. Es gab Regeln: man durfte den Löffel oder die Gabel erst wieder füllen, wenn der Mund leer war. Vermutlich deswegen, weil viele Kinder in dieser Nachkriegszeit aus immer noch sehr armen Verhältnissen kamen, und geprägt durch den vielen Hunger, den sie gehabt hatten, immer so viel und so schnell wie möglich essen wollten.
Die eigentliche Therapie waren Liegekuren und Lebertran. Lebertran war schrecklich, aber irgendwie konnte ich ihn doch schlucken. Ob wir Medikamente bekommen haben, weiß ich nicht mehr. Damals gab es schon Neoteben, dessen Entwicklung viele Menschenleben rettet und gerettet hat.
An Ostereiersuche im Wald kann ich mich erinnern. Es muss ein kühler Tag gewesen sein, denn auf dem Erinnerungsfoto tragen wir alle warme Kleidung. Ich fand ein großes, buntes Papposterei – natürlich gefüllt mit Süßigkeiten.

Anfang 1958 brach die TB bei mir wieder aus, und ich kam in ein Sanatorium (Krankenhaus) in Brauel bei Zeven. Ich habe daran nicht sehr viele Erinnerungen, auf jeden Fall keine negativen. Es gab viel Liegekur und es wurde viel gebastelt. Dann wurde ich als geheilt entlassen.
Das Bremer Gesundheitsamt war aber anderer Meinung – Diagnose: offene Tuberkulose – und schickt mich im Juni 1958 wieder nach Königsfeld in die Schwester-Frieda-Klimsch-Stiftung.
Ich kam ins Haus Waldfrieden in eine Gruppe mit zehn Kindern. Fünf größere, fünf kleinere Mädchen. Unsere Schwester, Schwester Ursel, war wirklich sehr nett. Es gab keine Gewalt, kein Mobbing, kein Lieblingskind. Sie konnte gut erzählen und vorlesen, wir haben viel gebastelt und gesungen. Wir durften sie sogar einmal an den Marterpfahl binden, als wir Indianerless spielten. Ihre Freundin war Tante Margret vom Haus Vogelsang, auch sie immer sehr nett und fröhlich. Spaziergang gab es jeden Tag. Der betreuende Arzt war Dr. Donath, kam zu Untersuchungen und Blutabnahme. Und auch er war immer freundlich. Jede Woche mussten wir eine Brief an die Eltern schreiben, und das wurde uns manchmal wirklich sauer. Es ereignete sich ja nicht so viel. Ich wurde kurz vor Weihnachten entlassen, was ich etwas bedauerte, denn wir hatten gerade so ein schönes Krippenspiel einstudiert.

Im Winter 1962 wurde ich noch einmal verschickt, diesmal zur Erholung in das Kinderheim Bergfreude in Scheidegg. Also eine echte Verschickung. Dort gab es vier Gruppen, große und kleine Mädchen, große und kleine Jungen. Es war wunderschön, jede Menge Schnee, viele Unternehmungen. Die Tanten und die Leiterin sehr freundlich und nett. Es spricht für dieses Heim, dass, als wir am Entlassungstag zum Bus gebracht wurden, alle (!!!) Kinder weinten, sogar die großen Jungen.
Ich habe also nie Gewalt, Unfreundlichkeit, mieses Essen o. ä. erlebt.

Allerdings: es wurde eine Tante Mechthild in der Klimsch-Stiftung unter den Zeugnissen erwähnt, die war mit ihrer Gruppe im Erdgeschoss. Sie war wirklich unfreundlich. Aber zum Glück hatten wir oben mit ihr nichts zu tun.

Und ich möchte durchaus nicht die Erlebnisse anderer Verschickten anzweifeln. Es ist auch gut, dass deren Erlebnisse thematisiert werden. Ihre Arbeit ist sehr wichtig!
Dennoch finde ich, positive Erlebnisse müssen auch erzählt werden.
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Peter Walther aus Menden schrieb am 02.10.2024
Ich muss etwa 6 Jahre alt gewesen sein, als ich für mehrere Wochen nach Berlebeck geschickt worden bin.
Meine Eltern haben geglaubt, das sie mir damit etwas Gutes tun und einen Kururlaub ermöglichen.
An meinen Aufenthalt habe ich nur wenige, aber leider überwiegend schlimme Erinnerungen.
Ich erinnere mich noch an Heilbehandelungen wie Wassertreten und
Bestrahlungen, dies fand regelmäßig in größeren Gruppen statt und war nicht so unangenehm.
Schlimme Erinnerungen habe ich beim Thema Essen.
Es gab morgens oft einen Haferbrei, den ich wegen seiner Konsistenz nicht essen konnte. Mittags oft Kartoffelbrei mit einer warmen Sosse und Apfelmuss.
Beide Gerichte vermochte ich nicht zu essen. Ich musste dann immer so lange unter Aufsicht im Speisesaal sitzen bleiben, bis ich meinen Teller gelehrt hatte. Ich erinnere mich noch an erbrechen und panische Angst vorm nächsten Essen.
Gerichte mit dieser Konsistenz kann ich bis heute nicht mehr essen.
Eine weitere schlimme Erinnerung ist das Thema Nachtruhe und Toilettengang.
Abends war ab einer bestimmten Uhrzeit
kein Toilettengang mehr erlaubt.
In meiner Not habe ich mir Nachts mehrfach in die Hose gemacht.
Das wurde dann in der Regel Nachts, bei Kontrollgängen, die mit Taschenlampen stattfanden, bemerkt.
Ich wurde dann aus dem Zimmer geführt und musste mich mit kalten Wasser waschen. Im Anschluss bekam ich ein weisses Nachthemd und musste die weitere Nacht alleine in einem separaten Zimmer verbringen.
Wenn ich mich noch richtig erinnere, musste ich das Nachthemd auch nach dem aufstehen noch tragen und wurde so vor den anderen Kindern als Bettnässer geautet.
Meine einzige schöne Erinnerung war ein Ausflug zur Adlerwarte.
Ich denke bis heute mit Schrecken an diese Zeit zurück.
Berichte von anderen Betroffenen, auf die ich vor kurzem durch Zufall gestoßen bin,
haben diese Erinnerungen wieder lebendig gemacht.
Meine Eltern haben mich damals nach meiner Heimkehr als verändert wahrgenommen, aber was dort wirklich passiert ist wussten sie glaube ich nicht.
Meine Mutter lebt heute noch. Sie ist 87 Jahre alt. Jetzt, wo ich erfahre, wie viele Kinder ähnliches erleiden mussten, möchte ich sie damit auch nicht mehr konfrontieren.
Sie hat tatsächlich geglaubt, das ich dort
eine schöne Zeit verbringe.
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Thomas Bäuerle aus Schmelz schrieb am 28.09.2024
Hallo auch ich war in dieser Kuranstalt am Donnersberg und habe keine gute Erfahrung gemacht. Ich kann mich noch an diesen Esel erinnern namens Batzi oder so . Ich habe auch noch ein Gruppenbild bei mir zuhause .
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Gabriele Baum aus Rheinland-Pfalz - Lahnstein schrieb am 17.09.2024
Ich bin mit 4 Jahren, nach einer Lungenentzündung, nach Bad Kreuznach gekommen. Als erstes wurde mir, von anderen Kindern, gesagt nachts dürfe ich nicht die Arme unter die Bettdecke legen. Ich hatte schrecklich Angst einzuschlafen weil ich mit dem Stock Prügel bekam wenn die Hände unter der Bettdecke waren oder wenn ich ins Bett gemacht hatte. Ich kam nach der Prügel alleine in einen dunklen Raum und bekam kein Essen. Wir wurden gezwungen unser Essen zu essen. Ich musste alleine am Tisch sitzen bleiben bis der Teller leer war. Manchmal musste ich alles wieder raus brechen das kam dann auf den Teller und ich musste es mitessen. Wenn ich heute an die Zeit denke, auch jetzt beim Schreiben muss ich weinen und fühle im Bauch die schreckliche Angst.

In Bad Marienberg war es genauso.

In Cuxhaven mussten wir uns in einer Reihe aufstellen und bekamen mit dem Stock auf die Finger wenn wir nicht essen wollten.
Wenn ich aus Angst nachts ins Bett gemacht hatte musste ich die nächste Nacht an der Wand stehen und im Stehen schlafen.
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A aus Leipzig schrieb am 16.09.2024
Ich war acht, als ich ins Kinderkurheim fahren musste. Mir fehlen die meisten Erinnerungen, aber an das Gebäude, den Schlafsaal, die morgendlichen Rituale kann ich mich noch gut erinnern. Auch an das Weinen der Kinder, welche nicht so still mit dem Heimweh umgehen konnten wie ich. Morgens gab es nur Schwarzbrot mit Erdbeermarmelade oder Haferschleim. Oder abends? Ich mochte jedenfalls beides nicht. Ich war dort, weil ich zunehmen sollte. Das hat wohl nicht wirklich geklappt. Ich weiß noch, wie ich einmal nachts aufstand, weil mir schlecht war. Die Nachtschwester schickte mich zurück ins Bett. Tja, danach musste sie mein Erbrochenes wegputzen, ich schaute zu.
Ich kann mich nicht wirklich an Gewalt oder Missbrauch erinnern, nur an Kälte und Einsamkeit. Und an 2 Kinder, welche nichts vom Nikolaus bekamen, weil sie unartig waren. Ich weiß nicht mehr, was da alles passiert ist, aber ich habe manchmal das Gefühl, dass dort ein Grund für einige meiner Verhaltensweisen zu finden ist.
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Mona aus Großraum München schrieb am 16.09.2024
Ich hatte meine email Adresse vergessen mit Anzugeben, für den Fall von Kontaktaufnahme.
DetzelMona-@t-online.de
Herzliche Grüße an Alle Mona
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Uli aus Münsterland schrieb am 11.09.2024
Habe sehr lange überlegt, ob auch ich mein erlebtes in einem Kurheim hier öffentlich machen soll…😔 Und ich bin zu dem Entschluss gekommen, mein Wissen über die damalige Kur im Kloster mit Euch allen zu teilen. Denn nach 50zig Jahren schweigen, ist es für mich an der Zeit gekommen, über all das negativ Erlebte hier zu erzählen. Und wer weiß, eventuell tut es ja meiner angekratzten Seele sogar gut?

1974 war meine Inhaftierung in einem Nonnenkloster bzw. Kurheim. Und ich glaube noch von meiner Mutter noch zu Wissen, dass es in Bad Soden war? Ich war damals 5 Jahre alt und auch heute noch könnte ich weinen, wenn ich daran zurückdenke bzw. über meinem dortigen Aufenthalt spreche. Auch jetzt kommen mir im Moment die Tränen beim schreiben…😢😢😢 Und das, obwohl ich mittlerweile 55 Jahre alt bin…für mich selbst im Moment des Schreibens kaum zu glauben. Diese negativen Erlebnisse dort, sind für mich tatsächlich bis heute noch fest in meinem Kopf verankert…unfassbar!😢😔 Und sobald meine Eltern mich damals auf diese grauenhaften Kur angesprochen hatten, um mehr zu erfahren…liefen bei mir tagelang ohne Worte die tränen.😢 War absolut der Horror dort unter den Nonnen!😱…😢

Damals ging es ohne meine Eltern auf eine lange Zugreise zum Haus des Grauens und es war für mich persönlich das allerschlimmste Erlebnis in meinem Leben. Und wie lange ich dort in Kur war, weiß ich leider nicht mehr? Aber ich denke mal, es waren 6 Wochen. Wir „Inhaftierten” durften in dieser grausamen Zeit nur 2 x zusammen an der frischen Luft in Zweierreihen spazieren gehen…mehr nicht! Kein Witz, denn Fotos habe ich noch von diesen zwei Spaziergängen. Natürlich gestellte Fotos, denn die Nonnen dort kontrollierten alles für das gute Image des Hauses. Es war sozusagen für uns Jungen dort Pflicht, uns auf den Fotos gegenüber dem Kloster und den Nonnen fröhlich zu präsentieren. Obwohl nicht eine Nonne mit auf den Fotos war…warum war das so??? Heutzutage weiß ich es eventuell tatsächlich zu Wissen! Und genau diese Fotos bekamen damals unsere Eltern an die Hand bei der Abholung nach 6 Wochen…und für die Nonnen waren weinende Jungen auf den Fotos ein absolutes NoGo damals!
Also insgesamt ging es seinerzeit während des 6 Wochen Aufenthaltes nur zwei mal nach draußen an die frische Luft und das, obwohl ich Asthmatiker bin…😶 Heutzutage für mich im Bereich meiner Krankheit kaum zu glauben, was man damals mit uns dort gemacht hatte! Ebenso kann ich mich noch gut daran erinnern, dass wir während unserer Wachphasen im Kloster alleinig 2-3 Steckspiele in einem großen Saal vorgelegt bekamen. Mehr Spielzeug gab es dort anscheinend nicht. Und sobald jemand unter uns durch das eintönige Spielen doch mal Heimweh bekam und kräftig anfing zu weinen, so wurden diese weinenden Jungen diesbezüglich ins lächerliche gezogen und ins schlechte Licht vor Allen gerückt…ich natürlich auch! Aber das nicht alleine, denn ab und zu gab es lange rot-gedrehte Ohren…wenn man zu oft weinte oder aus der Sicht der Nonnen mal was falsches gemacht hatte. Ebenso wurde damals von den Nonnen über unser Benehmen ein Buch geführt, sozusagen aus meiner heutigen Sicht…ein Ranking! Also derjenige unter uns, der am wenigsten weinte und sich gut benommen hatte, wurden ganz oben im Ranking geführt. Mehr dazu gleich noch…

Ebenfalls weiß ich noch gut zu Wissen, dass wir täglich Nudeln mit Apfelmus zum Essen bekommen hatten und tatsächlich kann ich mich an keinem anderem Essen dort erinnere...🤷‍♂️ Und was auf den Teller kam in diesem Kloster, musste definitiv gegessen werden…egal ob die Nudel verbrannt schmeckten oder auch nicht…das vorgesetzte Essen „musste“ definitiv bis zur letzten Nudel aufgegessen werden. Leere Teller waren dort Pflicht und es war absolut egal, ob erbrochenes vor einem lag! Und nach dem Essen ging es jedesmal in einem großen Schlafsaal und wir mussten „Alle“ mit dem Kopf zur Wand liegen. Reden durften wir natürlich nicht und derjenige, der nicht mitspielte…wurde mal kräftig an den Ohren gezogen bzw. 👋! Tja was soll ich sagen, es war absolut grausam für mich dort und durch den „Einschlafzwang“ der Nonnen, schliefen wir damals sehr schnell ein. Und ob wir fürs schnelle Einschlafen tatsächlich damals Medikamente bekommen hatten, weiß ich leider nicht mehr. Nur soviel weiß ich noch, dass es mir nach dem Schlafen oftmals so vorkam…als wäre ich aus einem tagelangen Tiefschlaf-Koma erwacht!

Ebenfalls kann ich mich noch gut daran erinnern, dass ich damals mit gerade mal 5 Jahren noch nicht alleine meinen Hintern nach einem großen Geschäft abputzen konnte. Ich rief somit damals nach den Nonnen…aber leider ohne Erfolg. Sie kamen einfach nicht, um mir diesbezüglich zu helfen. Vor der Tür in weiter Ferne schimpften Sie mit mir und stuften mich vor allen Jungen dort, durch erniedrigende Wortwahl als minderwertig ein…weil ich eben mein Gesäß mit 5 Jahren noch nicht selber abputzen konnte! Tja, und somit habe ich in all den vielen Wochen dort, meinen Hintern mit meinen eigenen Taschentüchern für die Nase aus Stoff, mit eingestickten Namen von mir, dafür benutzt. Denn eine hilfreiche Nonne gab es für mich damals definitiv nicht…😔 Die mir beigebracht hätten, dass man fürs abputzen des Hinterns Toilettenpapier benutzt. Auch meine Mutter war nach der Kur sehr erstaunt, wo denn all die Stofftücher mit meinem eingestickten Namen geblieben sind?🤷‍♂️ Ich hatte sie damals im Horror-Kloster nach dem Toiletten-Gebrauch unter meiner Bettmatratze heimlich versteckt und sammeln müssen…um dann diese verschmutzten Tücher während der zwei Spaziergänge heimlich in der dortigen Vegetation entsorgen zu können. Tja, und eventuell liegen diese Taschentücher heute noch dort in der Vegetation…grauenhaft und immer noch schämend für mich! Ja so war es seinerzeit und ich denke mal…dass ich 6 Wochen lang mit einem unsauberen Po und enkeling stinkenden Taschentüchern unter meiner Matratze…dort ein dahinvegetierendes „Güllefass“ war?🫣

Wie ich zuvor bereits angesprochen habe, es gab im Kloster unter uns Inhaftierten ein Ranking und der allerliebste unter uns bekam von den Nonnen zum Abschluss der Kur sogar ein Geschenk. Die Preise konnte sich jeder unter uns in Reih und Glied vor der Vergabe ansehen. Aber wo jeder von uns im Ranking gelandet war…wusste niemand unter uns? Tja…und mir gefiel von der Ranking-Skala sofort ein Modell eines Schneemobils. Und tatsächlich wurde ich damals als zweites aufgerufen, warum weiß ich bis heute nicht? Denn oftmals wurde ich dort heftig von den Nonnen erniedrigt! Ich durfte mir somit tatsächlich als zweiter etwas vom Gabentisch auszusuchen. Und ich überlegte damals diesbezüglich einen kleinen Moment und plötzlich fiel mir ein, dass ich ja noch eine jüngere Schwester hatte. Also schnappte ich mir nicht das erwünschte Schneemobil, sondern den minderwertigsten Preis auf dem Gabentisch…eine Stoffpuppe für meine kleine Schwester! Und warum seinerzeit dieses urplötzliche umdenken in meinem Kopf schoss…ich weiß es bis heute leider nicht!

Noch was…
Während dieser 6 Wochen im Nonnenkloster bzw. Kurhaus, hatte ich jegliches Aussehen meiner vier Geschwister tatsächlich vergessen…sogar das Aussehen meiner Eltern! Ebenso hatte ich vergessen, wie sie redeten bzw. deren aussprache war. Ja solange…bis ich meine Eltern im großen gefliesten Kloster-Saal zur Abholung wiedersah. Und als ich dann zur Abholung meine Mutter wiedersah und sie nach einem Moment der Ruhe wiedererkannte und somit anschließend in ihrem Armen lag…musste ich den ganzen Tag lang und bis spät in der Nacht hinein weinen…😥 Ebenso erzählte mir meine Mutter vor ein paar Jahren, wo sie noch lebte, dass sie erstaunt über mein damaliges blasses Aussehen war. Aber das nicht alleine, sie war erschrocken darüber, wie dick ich damals in den 6 Wochen der dortigen Mästung geworden bin.

Noch was diesbezüglich, meine Eltern hatten sich damals bis zu ihrem Tot für das damalige Weggeben bei mir andauernd entschuldigt. Sie wussten es einfach nicht, wie grausam es für mich dort war! Denn ich erzählte bis vor einpaar Jahren gegenüber meiner Mutter nie von dem erlebten im Kloster während der Horror-Kur…ich schämte mich einfach zu sehr! Es ist definitiv nicht die Schuld meiner Eltern alleine gewesen, mich damals mit 5-Jahren für 6 Wochen wegzugeben…denn sie dachten es wäre gesundheitlich das beste für mich. Sicherlich waren die Ärzte seinerzeit treibend für solche Kuren, die uns Kinder somit ins psychische verderben katapultierten! Tja🤷‍♂️…und so mancher erwachsene Mensch von damals, war seinerzeit anscheinend Arzthörig gewesen? Aber auch die damaligen Ärzte möchte ich persönlich nicht alleinig zum Schuldigen machen, denn auch diese Ärzte erfuhren von keinem Kurkind im Nachhinein…wie grausam diese Kuren tatsächlich für uns Verschickungskindern waren…
Ja wir Kurkinder schämten uns bis in die Ewigkeit, und wir redeten nicht über das damalig schrecklich erlebte…was uns innerhalb dieser Häuser des Grauens angetan wurde…😱😔

Ja so war es damals wahrheitsgemäß von mir, innerhalb des Klosters in Bad Soden. Und bis weit im Jugendalter hinein, hatte ich immer wieder einen grausamen Albtraum vom dortigen Aufenthalt und diesen Albtraum habe ich auch heute noch live vor meinen Augen stehend…👀😱 Aber diesen schlimmen Albtraum muss ich leider jetzt für mich behalten, denn ich weiß es nicht mehr ganz genau, ob dieser Traum vom Kloster tatsächlich der schrecklichen Wahrheit entspricht oder auch nicht?😱😥

Ich hoffe, dass hier einpaar Betroffene meine lange Geschichte von 1974 lesen und eventuell ist ja jemand darunter, der mit mir zusammen damals zur gleichen Zeit in diesem Nonnen-Kloster inhaftiert war? Ich würde mich auf jeden Fall sehr darüber freuen, einen dieser damaligen Jungen wiederzusehen…um diese negativen Erlebnisse eventuell komplett aufzuklären. Damit man endlich selbst mit all den damals negativ vorgefallenen, eventuell auf Ewigkeit abzuschließen kann…
LG. Uli

PS. Ich bin gerne bereit, meine damalige zwei Fotos vom Kuraufenthalt hier zu zeigen, um eventuell den einen oder anderen betroffenen Jungen von damals wiederzusehen.
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Mona aus Großraum München schrieb am 10.09.2024
Hallo liebe Heimkinder,
nach wie vor suche ich Kontakt zu möglichen Heimkindern in den Jahren 59/60 evtl. 61 die ebenfalls in dem Kinderheim-Verschickungsheim
Rechtis-Weitnau im Allgäu gewesen sind. Wohl habe ich den einen oder anderen Kontakt doch sie sind wesentlich jünger und ich werde nun bald 70. Wäre dennoch über Kontakte froh, ich habe hier immer wieder mal einen Beitrag geschrieben.
Ich wünsche von Herzen allen ehemaligen Verschickungs-Heimkindern alles, alles gute.
Namasthe
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Tatjana aus Bergisch Gladbach schrieb am 09.09.2024
Hallo Zusammen,
ich bin in der ehemaligen DDR grossgeworden.
Nur aus Erzählungen weiß ich, dass ich in einer dieser Kuren war. Meine Mutter sagte nur, ich wäre in einem schlechten Zustand nach Hause gekommen. Ich selbst habe keine Erinnerung. Aber leide schon seit der Kindheit an Depressionen, später Essstörung und auch Alkoholproblemen. Selbst nach wiederholtem Nachfragen in der Familie, will mir keiner sagen, wo ich war.
Von daher, hätte ich die Frage, woher kann man das erfahren.
Freu mich über Antworten.
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Stephan aus Lindenfels schrieb am 09.09.2024
1968 Seehospiz auf Norderney, ich war als Fünfjähriger dort zur Kur. Abhärtung erfolgte am Strand: ins Wasser gehen, Kopf untertauchen, danach stundenlange Fussmärsche im nasskalten Wind. Bekam eine Ohrenentzündung, nur hatten mir meine Eltern keine Mütze mitgegeben, es war ja Sommer. Für das Gejammer wegen dem Ohrenweh wurde ich noch bestraft. Kann heute noch Wind nicht ausstehen.

Hier ein guter Artikel auf Zeit Online:
https://www.zeit.de/zeit-wissen/2024/05/verschickungskinder-erholungsheime-kur-erinnerungen/komplettansicht

Erschreckend darin für mich:
"In zwei Studien untersucht Ilona Yim die Folgen von Verschickung: Verschickungskinder werden im Durchschnitt dreimal so häufig geschieden wie Kinder, die nicht verschickt wurden...

"Sie haben Schwierigkeiten, enge Partnerbeziehungen erfolgreich zu gestalten"..

"Die Studien zeigen, dass Menschen mit Verschickungserfahrung weniger gut mit Stress umgehen können",

"Sie empfinden weniger Nähe zu ihren Eltern als die Probanden der Vergleichsgruppe ohne Verschickungserfahrung."

... "Haben 10 bis 15 Prozent der Deutschen depressive Symptome, hat sie unter den Verschickungskindern jedes zweite."
- Stimmt alles, kann ich bestätigen.
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Christina Meyer aus Hamburg schrieb am 09.09.2024
Ich war mit 4 Jahren 1975 zusammen mit meiner Schwester im damaligen Kinderheim Frisia in Sankt-Peter-Ording zur "Erholung". Ich wurde ein "Opfer". Essenszwang, nach Erbrechen Erbrochenes essen müssen, Erniedrigungen (an "Stühlen riechen müssen"). Separierung von der Schwester im Schlafsaal.

Es gab eine "Schreibtante Sabine", die unserer Mutter am 11.05.1975 eine Postkarte nach Hause (Bremen) schickte. Es liest sich, als ginge es uns beiden bestens...

Im August 2023 war ich in Sankt-Peter-Ording die Wanderausstellung zu dem Thema Verschickungskinder besuchen. Und ich war auch im noch existierenden heutigen "Haus Frisia". Vor Ort traf ich zufällig ein weiteres Verschickungskind, die nur positive Erfahrungen in dem Kinderheim Frisia gemacht hat. Auch meine Schwester hat nicht solche leidlichen Erfahrungen machen müssen wie ich.
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Kerstin aus Drewitz schrieb am 07.09.2024
Ich war 2 mal in Blankenburg, noch heute kommen noch immer Fetzen dieser Höllenzeit hoch, 2x 6 Wochen ohne Kontakt zur Familie unvorstellbar. Meine Kinder mussten niemals diese Einsamkeit spüren. Nach dieser Zeit war auch ich Bettnässer. Ich kann noch heute ganz schlecht wirklich Kontakte schließen. Was geschrieben wurde zum Essen ist auch mir passiert nur wer die Milch Nudeln aufgegessen hat bekam ein Brot. Ich habe nie wieder Milch Nudeln gegessen. Wir mussten Jodeln lernen wer es nicht konnte wurde angeschrien. Ich kann schreien nicht ertragen. Das Bürsten war die Hölle man war auf den anderen angewiesen, wenn der schlecht drauf war hatte man keine Haut mehr. An den Ausflug zu den Höllen kann ich mich nur ungenau erinnern. Ich war all die Jahre nicht mehr in Blankenburg eben keine gute Erinnerung. Schön das ich auf die Gruppe gestossen bin. Kerstin
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Silke aus Landkreis Gießen schrieb am 07.09.2024
Hallo wer war zur Zeit auch dort
Möchte gerne mehr erfahren
Ich habe nur wenige Erinnerungen an die Zeit wo ich dort war
Kontakt erwünscht
Lg Silke
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Ruhl-Bady, Erich aus Oberursel (Taunus) schrieb am 06.09.2024
Meine Erfahrungen habe ich im Kapitel KINDERHEIMSCHERGINNEN in meinem Roman VATERFERN MUTTERSTILL (Verlag Kleine Schritte Trier) niedergelegt.

Hier ist das Kapitel:

Kinderheim-Scherginnen

Außer seiner Mutter, dem Kofferradio, einer warmherzigen und gelegentlich eine andere wahre Wirklichkeit schaffenden Tante hatte Leander eigentlich nur seine Krankheiten verlässlich an seiner Seite. „Es sind die Drüsen“, sagte der Lungenfacharzt gerne, als er die Besorgnisse der Mutter zu vergrößern verstand. Da gab es etliche Höhlen in Ohr und Kopf, über den Augen, hinter der Stirn und oberhalb der oberen Zahnreihe, die wollten sich offenbar gerne füllen mit allerlei Besatz, der dort nicht hingehörte. Der Hals tat weh oder das Ohr. Der Kopf drohte zu zerspringen, weil der Knochen über den Zähnen den Druck nicht mochte.

Dutzende Male und tapfer durchstreiften die Mutter und der kleine Sohn die kleine Stadt von Süd nach Nord, von einem Ende der Stadt, wo die Sozialwohnungen der Geflüchteten und Vertriebenen rasch aufgebaut worden waren, damit es nicht allzu viel Verdruss mit den Ur-Gatterstalern gab, in Stadtteil der Frischer Born hieß, wo es etliche Gründerzeitvillen oder mindestens stattliche Einfamilienhäuser gab. Ja, die vielen Flüchtlinge. Schlesien, Mecklenburg und Pommern und Ostpreußen – das passte nun wirklich nicht wirklich zu den stolzen Niedersachsen, die froh waren, dass der Krieg reichlich glimpflich an ihnen vorbei gegangen war. Einquartierungen der deutschen Landsleute – das musste dann auch mal ein Ende haben.

Vom Süden der kleinen Stadt also wanderten Mutter Lotte und Sohn Leander, gut eingepackt mit Schal und Pelzmütze, in den drei Kilometer entfernten Norden zum Facharzt. Der hörte sich dann stets die immer gleichen Klagen der Mutter an. Die Halsschmerzen, die enge Atmung, der geblähte Knochen überm Oberkiefer – das alles musste doch nun wirklich nicht sein, hatte sie denn nicht genug erleben müssen im fernen Pommern, in der zerbombten Stadt Stettin.

Dort, beim Facharzt, gab es – wie wohltuend warm – blaues und rotes Licht auf die Kiefer- und Stirnhöhlenknochen. Schade, dass man dann durch die eiskalte Luft wieder nach Hause in die kalte Wohnung musste, so dass schon der kleine Knirps erkennen konnte: So funktioniert eine Therapie, deren Wirkung zuverlässig umgehend verpufft. Das erlebte er bei anderen medizinischen und seelischen Herausforderungen noch viele Male.

Gewiss: Für Leander barg die wiederkehrende gesundheitliche Instabilität einen Vorteil, einen erlebbaren, fast planbaren Vorzug. Denn, was er sonst nicht hatte, konnte ihm die Krankheit verschaffen: Aufmerksamkeit. Ätherisch aufgeladene Pasten wurden auf seiner Brust verteilt, mit Watte wurde okklusiv die Wirkung verstärkt und über Stunden bewahrt. Wichtiger noch: Aus dem Keller wurden Säfte zu Tage gefördert, die er sonst nie sah. Leckere Säfte. Später hörte er bei einer Ernährungsberatung, dass der Saft Muttersaft hieß. Wenigstens rückwirkend betrachtet, passend. Johannisbeersaft – von Mutter im Kartoffelkeller selbst entsaftet mit einem Monstrum, scheinbar aus dem Chemielabor entliehen – wurde am Krankenbett des Sohnes feilgeboten. Was sonst oft nicht gelang, funktionierte jetzt: Mutter brachte etwas, und Leander verspürte Lust, es anzunehmen. Es schmeckte ihm. Mutter zeigte sogar ein Lächeln.

Aber die Bakterien freuten sich, Leander immer wieder zuverlässig als Spielkameraden zu haben. Denn es gab es kein Übungsfeld für die Antikörperchen des Kindes in einem Kindergarten. Der war ja für den Knaben tabu, damit Mutter Abhilfe in ihrem Alleinsein geboten werden konnte.

Dr. med. Alfons Lüttergard, der angesehenste und einzige Hals-Nasen-Ohren-Mediziner und Lungenfacharzt der kleinen ordentlichen Stadt, entwickelte im Zeitablauf zunächst mit der Mutter, dann auch mit dem Vater einen Plan, wie dem kleinen untergewichtigen und infektanfälligen Knirps wohl geholfen werden könne. Nähe und Wärme, Bindungsbereitschaft von Mutter und Vater gegenüber ihrem Nachwuchs, die gab es nicht auf Rezept. Wohl aber eine in diesen Jahren gut in der Bundesrepublik verbreitete Maßnahme, die man für eine zielführende Methode der Krankheitsbekämpfung und vor allem der stählenden Menschwerdung hielt.

Spaßig fand Leander gut zwölf Jahre später, dass es der gleiche Arzt Lüttergard war, der der Bundeswehr in einem Attest empfahl, den just Volljährigen für tauglich zu erklären. Tauglichkeitsgrad: wehrdienstfähig, Stufe drei. Wegen der erheblichen Atemprobleme aufgrund der heftigen Allergien wurde unter der Nummer drei ergänzt: „Nicht im Frühjahr einberufen!“ Da war die Behörde fürsorglich, genauso wie beim Verhör, die Gewissensentscheidung auf Relevanz hin zu durchleuchten.

Leander, der kleine und untergewichtige Knabe, müsse in ein Kinderheim verschickt werden. So lautete der Beschluss und die kaum abweisbare Empfehlung des erfahrenen Lungenarztes. Hunderttausendfach habe sich in ganz Deutschland – damals meinte man damit „ganz Westdeutschland“ – die Verschickung bewährt, berichtete der Mediziner, die Kinder würden ihre Infektanfälligkeit durch Abhärtung und die sogenannte Luftveränderung überwinden, würden quasi über Nacht – genauer: Binnen sechs Wochen – stabil, geheilt, weniger mager, heiter, widerstandsfähig, kurzum: Pralle glückliche Kinder werden.

Mindestens glücklich genug, um die Vorzüge des Wirtschaftswunders ohne Hinterfragen zu genießen. Wie diese Abhärtung aussehen sollte, das wusste Leander damals noch nicht, als er alleingelassen im Beisein seiner Eltern im mit Desinfektionsmitteln geschwängerten Behandlungsraum des ehemaligen Stabsarztes stand und das Urteil über seinen weiteren Werdegang vernahm. Erwachsene denken oft, die Kinder, die kriegen nichts mit. Kriegen sie aber. Nicht zum letzten Mal wurde Leander Empfänger einer Entscheidung; er hörte sie und spürte gar nicht wirklich, dass es ihn selbst betraf.

Im Oktober 1962, Leander war fünf Jahre alt, begann jene Reise von Niedersachsen nach Westfalen. In der Nähe von Soest gab es ein Kinderheim, das sich nach der schönen Hansestadt Hamburg benannt hatte. Die Angestelltenkrankenkasse betrieb in Bad Sassendorf dieses Haus, in dem sich fünfzehn Frauen, die mal Tanten und mal Schwestern genannt wurden, die Aufgaben mit den zweihundert Kindern aus ganz Westdeutschland teilten.

Aufgabe der Tanten war es, die Kinder einzuschüchtern, sie anzubrüllen, ihnen ekelhaftes Essen aufzudrängen und überhaupt alles zu unternehmen, um die Kinder von zu Hause und ihrem Heimweh dorthin fernzuhalten. Die Angst und die unbedingte Anpassung, das war die Währung, mit der dort bezahlt wurde. Das war die Aufgabe der Klienten der Anstalt.

Viele Jahre später, als sich Leander umfassend mit der Entwicklung von Sprache und der Bedeutung von Worten befasste, war er immer noch nicht vollständig in der Lage, den Unterschied zu destillieren, der zwischen ge-schickt und ver-schickt lag. Vielleicht war es noch ehesten die Nähe zum Verschicken von Briefen und Postkarten. Die waren ja auch vor allem eins: Nach dem Versenden einfach weg, nicht aufs Wiederkommen programmiert. So war auch er ver-schickt und glaubte auch wirklich oft, niemals wieder zurückkehren zu dürfen.

Die Aufgabe der oftmals sehr kranken, hüstelnden, niesenden und weinenden Kinder war es, still und brav zu sein, die Maßnahmen zum Gesundwerden in ihr kleines Leben tapfer zu integrieren. Das dauernde Husten, das Weinen, das Flehen, endlich wieder nach Hause zu dürfen – ein bizarrer Teppich der Kälte, oft des Hasses war im Haus und vor allem in ihm ausgelegt.

Erst viele Jahre später, da war er schon vierzehn, fand Leander zufällig heraus, dass außer den erstaunlichen Maßnahmen – wie Erbrochenes aufessen und im Unterhemd in den kalten Ostwind vor die Tür gestellt werden – auch die Lüge ein tragendes Element dieses christlichen Hauses war. Leander war fünf, er konnte noch nicht schreiben. Jeden Sonntag innerhalb dieser unfassbar langen sechs Wochen setzten sich die Tanten im zum Glück leeren Speiseraum mit ihren Schützlingen an den Tisch, um Postkarten nach Hause an Mutti zu schreiben. Immer flehte Leander in den Postkarten, man möge ihn dort wegholen, die Tante möge schreiben, er wolle schnell heim. Darum hatte Leander gebeten.

Aber als Leander die Postkarten – in einem gelben Schuhkarton, von Mutter aufbewahrt und zufällig aus dem Wohnzimmerschrank gefallen – las, stand da nichts von seinen Sehnsüchten auf Heimkehr, auf ein Ende des schaurigen Aufenthalts. Da standen nur Lügen. Dass es dem kleinen Leander so gut gefalle, alle seien nett, es werde viel gespielt und viel gelacht. Nein, es wurde nicht viel gelacht. Es wurde nicht gelacht. Es wurde gelitten.

Immer, wenn Leander später einmal fror, dann war es das Frieren des Fünfjährigen, der zur Strafe für Nichtverzehr von fauligem Obst für eine Stunde im kalten Oktoberregen im Unterhemd vor die Tür gesperrt worden war.

Immer, wenn Leander später einmal schlecht schlief, dann sah er spätestens im Traum die klein-blaurotweiß-karierten Bettbezüge auf den Feldbetten, die in der Sporthalle von Haus Hamburg zum Zwecke des heilenden Mittagsschlafs aufgestellt waren.

Zweck der Sporthalle: Mittagsschlaf. Von eins bis drei. Mittagsschlaf. Damit die Kinder gedeihen. Und Schlaf bedeutete auch wirklich Schlaf, da gab es keinen Pardon. Leander war mittags um eins oft nicht müde, eher war er hungrig, vielleicht wollte er mit seinen Insassenkameraden reden, fragen, wie es ihnen denn geht, was ihre Wünsche wohl seien.

Jedenfalls lag er brav auf dem Feldbett mit der Nummer 7 – diese Zahl hatte er sich eingeprägt – und kniff die Augen zu. Er störte nicht, er gab keinen Laut von sich, atmete flach – so wie er es von seiner Bronchitis gut kannte, damit sie sich nicht allzu stark aufbäumte und das Giemen hörbar wurde.

Er sprach nicht, flüsterte nicht, lachte und kicherte nicht mit seinen Feldbettnachbarn, die auch alle so um die fünf bis acht Jahre alt waren. Nein, er gab keinen Laut von sich und hoffte, die strenge Tante würde bei ihrem Schlafkontrollgang ihre Kontrolle bewahren. Sie bewahrte sie nicht. Ein Dutzendmal wurde Leander während des verordneten Mittagsschlafs der über hundert Kinder kasernenhoftauglich angebrüllt, von jener Schwester, deren Namen er leider später nicht mehr erinnern konnte. Das war wohl besser so.

„Ich habe gesagt, dass hier geschlafen wird, verdammt noch mal, nicht, dass die Augen zugekniffen werden. Ich sehe das. Ich sehe das ganz genau. Glaub nur nicht, dass du mich anlügen kannst.“ Sowas sitzt. Und es förderte weder damals noch später Leanders Gesundheit. Die Schlafanordnung hielt ihn fern davon, wohlig müde zu werden.

War das Brüllen, diesmal sogar von Frauen, noch immer das gleiche Brüllen wie jenes des Bösmenschen aus Braunau? War das immer noch so nah an der Oberfläche, zu kurz her? Der Krieg und die Herrenmenschenherrschaft waren doch schon siebzehn Jahre vorbei. War das nicht lange genug? War es nicht.

Im Oktober 1962 – es waren drei der als umfassend heilsam versprochenen sechs Wochen verstrichen – kamen Mutter und Vater für einen Nachmittag zu Besuch, der Mercedes rollte über den Kies der Hofeinfahrt des Hamburg-Heims. Der hämmernde Diesel war dem Leander ein vertrautes Geräusch, das er bereits durchs gekippte Fenster des oft erschreckenden Speisesaals hören durfte.

Vater kommt zu Besuch, Mutter ist dabei. Gewiss haben sie die Postkarten gelesen, die die Tanten an den Sonntagen nachmittags nach dem Großen Geschlafe mit den Kinderinsassen verfassten. Leander war natürlich vom Authentischen dieser Karten ausgegangen. Gefleht hatte er, man möge ihn nach Hause holen, gejammert und geweint.

Kalt war es ja bereits zu Hause. Aber im Vergleich zu dieser erkalteten Abgeschiedenheit im Angesicht der rieselnden Saline und der Gewissheit der stets geschlossenen Türen – verglichen mit Haus Hamburg in Bad Sassendorf war es kuschelig warm in der winzigen Wohnung in Bad Gatterstal, froh für jedes gute Wort von Mutter war Leander und dankbar für jeden seltenen Blick des Vaters, der seine Wärme nur aus Versehen und Überforderung verbarg.

Ein langer Aufenthalt. Ein langer Entzug der Heimat. Sechs Wochen. Solche sechs Wochen rauschten sechzig Jahre später in den zwanziger Jahren des 21. Jahrhunderts – zu Beginn der Zeit der Großen Pandemien – für Leander und seine liebe Frau rasend hart und schnell wie ein eisig kantiger Sandsturm vorbei. Sechs Wochen; die dauerten bei guter innerer Führung in den Zeiten der Pandemie gewiss nicht länger als zweieinhalb Tage, aus Sicht der gereiften Seele gesehen.

Aber für Leander als Kind vergingen sechs Wochen langsam. Sie vergingen immer langsam, auch, weil der Vater verlässlich fern war, von Montag sechs Uhr bis Freitag fünf Uhr nachmittags. Nun, in Bad Sassendorf, konnte diese klebrige Wegstrecke durch die Zeit also noch gesteigert werden in ihrer Zähigkeit.

In Bad Gatterstal lebte er umhüllt von einem Mehltau-Mantel. In Bad Sassendorf lebte er zusätzlich in einem Bleikorsett, nach unten verstärkt mit Eisenkugeln, damit die innere Freude nicht auf die irrwitzige Idee kommen möge, frei zu hüpfen oder gar zu tanzen.

Diese sechs Wochen während der Kubakrise 1962 waren für den kleinen zarten Leander die erste persönliche unterbewusste Verknüpfung mit Krieg und Elend, jenes, das es zu vermeiden gelte.

Jeder einzelne Tag dieser sechs Wochen unter dem Kommando der Schwestern und Tanten im Verschickungsheim in Westfalen erschien ihm wie eine Woche, eher wie ein Monat. Keine Freude, keine Glanzpunkte, kein Hangeln von Spiel zu Spiel, keine heiteren Gespräche, kein freies Singen, kein Tanzen, nur stilles Erleiden der Anordnungen. Ein Tag, an dem er nicht geschimpft wurde, an dem er und die anderen nicht zerbrüllt wurden, war bereits ein besonderer Tag.

Es entstand eine jener umfassenden Verwechslungen: Das Ausbleiben von Trauer und Druck, das war bereits Glück. Es trainierte früh die Fähigkeit zur Contenance. Möglicherweise war das der verdeckte Auftrag, den die Sozialminister und Krankenkassen dieser Tage an die Verschickungsheime erteilt hatten. Vielleicht war das Quälen der Kinder nur ein Nebeneffekt. Sich unterordnen – das war schon einmal Tausend lange Jahre richtig, warum sollte das nun in einer freiheitlichen demokratischen Republik plötzlich anders sein.

Zurück zum Besuch der Eltern, dort im Haus Hamburg. Leander hatte also die kindliche Hoffnung, aus dem Besuch in der zeitlichen Mitte des Aufenthalts in Bad Sassendorf würde ein Heimholen nach Bad Gatterstal werden. Man – in diesem Falle, die Eltern – glaubte ihm nicht. Die Lügenpostkarten hatten gewirkt. Trauer oder gar Empörung konnte er nicht mobilisieren. Und er hatte schon damals die Fähigkeit, still zu leiden, so etwas, das er zwanzig und dreißig Jahr später gerne als „Mäßigung“ bezeichnete. Gelegentlich war er regelrecht stolz auf diese Umdeutung, auf diese fatale Verwechslung. Man sah seinem Gesicht jahrzehntelang nicht an, was sich hinter dem Pokerface verbarg. Es war selten Zorn, meistens Enttäuschung, was man hätte entdecken können.

Im Oktober 1962 gab es eine Krise in der Welt. Kuba stand im Zentrum des Interesses der Weltmächte. Später erfuhr Leander, wie brisant, wie unfassbar knapp der Planet vor dem Ausbruch des Dritten und vermutlich Letzten Großen Kulturbruchs gestanden hatte. Und als alles Flehen nichts nutzte, er an Mutter und Vater zerrte, die wieder in den Mercedes einstiegen, da hörte er den Vater sagen: „Du musst schön artig sein und auf die Tanten hören, damit du schön gesund wirst.“ Dieser Satz war belastend für Leander. Nicht belastend, sondern verstörend jedoch war jener Satz, den der Vater kurz danach beim Einsteigen an die Mutter richtete.

Drinnen im Auto lief das Autoradio. Nachrichten des Nordwestdeutschen Rundfunks. Das Thema war Kuba. Was der Präsident der USA wohl nun als nächstes machen werde, war eine der Fragen. Vater sagte zu Mutter – er war sicher davon überzeugt, der kleine Sohn würde es nicht hören: „Hoffentlich bricht kein Atomkrieg aus.“ Und dann fuhren die Eltern los, Leander weinte, winkte und blickte, er hatte gute Übung darin, in den Auspuff des 180-er Diesel.

Der Atomkrieg, der brach durch die Verkettung glücklicher Zufälle dann doch nicht aus. Atomkrieg und das Androhen mit Menschenmassenvernichtung, das war auch später etwas, das Leander nicht gut fand. Wie kam es zum Krieg der deutschen Herrenmenschen, wie zur Tötungsorgie gegenüber einem Dutzend Staaten, gegenüber anders Denkenden, anders Gläubigen, wie zum Zertreten eigener Landsleute? Das war eine Frage, die ihn politisch und historisch, vor allem aber tief in seinem Herzen sein Leben lang bewegte. Die andere Frage war: Wie eng und unabweisbar sind Lust an Unterdrückung und Sklaverei mit dem Einmünden in einen Großen Krieg verknüpft?

Vater Heinrich ging in neuer Gewohnheit und eigentlich zum Zwecke der Rehabilitation wöchentlich sonntags in die evangelische Kirche von Bad Gatterstal, um dem Pfarrer Nord zu lauschen, Mitglied der Bekennenden Kirche und ein Freund Pastor Martin Niemöllers.

Sohn Leander war – nur drei Jahre nach seiner Kriegsdienstverweigerung – stolz darauf, mit Pastor Martin Niemöller in Wiesbaden und Frankfurt am Main im Vorbereitungskomitee für die großen Friedensdemonstrationen Ende der siebziger Jahre, Anfang der achtziger Jahre gesessen zu haben. Leander und seine Mitstreiter, meist junge Gewerkschafter, waren ziemlich beeindruckt von der Vitalität des Pastors, der ein Freund des großen Dietrich Bonhoeffer gewesen war. 85 Jahre alt war Niemöller, als Leander ihn kennenlernen durfte. Der Pastor kam fünf Minuten vor Beginn der Tagung ins Haus der Gewerkschaftsjugend, nahm wie selbstverständlich drei Stufen auf einmal nach oben, überholte Leander und seinen Freund Horst – mit dem Zuruf: „Los, Jungs, lasst uns anfangen, wir haben nicht viel Zeit.“

Mit den ersten Demonstrationen in Wiesbaden, zwanzigtausend Leute waren es wohl, begann es 1977. Und die dreihunderttausend westdeutschen Menschen mit offenem Geist und der Sorge um die Erhaltung des Friedens, die in Bonn im Oktober 1981 auf der Hofgartenwiese gegen Raketen aller Art demonstrierten, sie vermochten es, dem jungen Leander Glücksmomente zu verschaffen, Geborgenheit, Zuversicht, Angstverminderung, ja echte Heiterkeit. Er spürte, auf der richtigen Seite zu sein, wie ein paar Jahre zuvor, als er sich für den Zivildienst und gegen den Kriegsdienst entschieden hatte.

Aber die großen Demonstrationen, umrahmt von Musikern und Literaten, leisteten mehr, als nur am Ende des Schlafs der Vernunft beteiligt zu sein. „Vom Schrei nach dem Frieden ist die Luft hier ganz schwer. Ja, wo kommt denn der Frieden her?“ rief André Heller, der Künstler aus Wien, den wachen und freundlichen alternativen Bundesbürgern und Bundesbürgerinnen auf der Bonner Hofgartenwiese zu.

Es war Konsens dieser herzlich Vernünftigen in Bonn, der Frieden komme nicht nur vom bloßen Fordern, nein, er komme vom eigenen Tun. „Wenn in unseren Seelen die Mörderwaffen ruh’n. Wenn wir Gewalt verweigern in Sprache, Not und Streit. Wenn wir als Haltung lieben, Zeit unserer Lebenszeit“, empfahl der große österreichische Künstler.

Die Freude in den Gesichtern der vielen Gleichgesinnten, ihre Buntheit und Weltoffenheit, ihre Herzlichkeit, ihr Mut und ihre Demut – sie vermochten die Kälte der elterlichen Sozialwohnung und mehr noch die Eiseskälte der beiden zehrenden Kinderheimaufenthalte mit Wärme und mit einem Geschmack von Zukunft zu vertreiben.
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Martin Achterkamp, geb. 6.April 1958 aus Münster schrieb am 03.09.2024
Ich habe nur noch wenige Erinnerungen an diese sechs Wochen, habe aber wenige Jahre später ein Erinnerungsfoto untertitelt mit "Die hässlichste Zeit meines Lebens! "
Ich bin mir sicher, dass sich dieser "Kuraufenthalt" tief in meine Seele eingebrannt hat, ohne Genaueres zu wissen. Vielleicht einer der entscheidenden Gründe für meine lebenslangen Depressionen?!
Ich würde mich gerne mit anderen Menschen austauschen, die auch eine "Kinderlandverschickung" erleiden mussten.
Martin
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Frank Gauterin aus Leinsweiler schrieb am 03.09.2024
Ich war in den Sommerferien 1967 für sechs Wochen im Haus "Schloss am Meer" in Wyk auf Föhr. Ich war neun Jahre alt. Ich war damals öfters krank gewesen, hatte Bronchitis und Lungenentzündung gehabt. Meine Eltern gingen davon aus, dass ein Aufenthalt an der Nordsee gut für meine Gesundheit sein würde. Ich erinnere mich, dass ich mich vor der Reise darauf freute, auf eine Nordseeinsel fahren zu können. Die vielen fremden Menschen und die Ferne von meinen Eltern machten mir allerdings zu schaffen. Ich war damals ein eher schüchterner Junge, hatte in der Grundschule eine harte Zeit, da ich von den Mitschülern viel gemobbt wurde. Es war mir nicht klar, wie ich in der unbekannten Umgebung klarkommen würde. Ich habe noch den vollen D-Zug vor Augen, der mich zusammen mit vielen anderen Kindern von Süddeutschland an die Nordsee brachte. In der Nacht das Gedränge im Zugabteil. Wir schliefen auf den ausgezogenen Sitzen, so gut es ging. Ich schaute aus dem Fenster und sah bei Frankfurt den Henninger-Turm. Das beruhigte mich, ich kannte ihn von Besuchen bei meinen Großeltern, die im Taunus wohnten. Ich sehe es heute mit 66 Jahren noch so deutlich und plastisch vor mir, als sei es gestern gewesen. Das Ganze war für mich sehr eindrücklich.
Zum Glück fand ich unter den anderen Kindern im Schloss am Meer bald einen Freund, einen Jungen aus der Nähe von Stuttgart. Wir verstanden uns gut und waren immer zusammen, wenn es ging. Wir gingen nebeneinander bei Strandwanderungen und wenn wir durch Wyk zum Sportplatz gingen, um dort Fußball zu spielen. Ich mochte Fußball nicht, was die Betreuerinnen aber akzeptierten. Ich durfte auf einer Bank sitzen und zuschauen, was ich viel schöner fand, als dem Ball hinterherzurennen. Ich war damals ziemlich dick, die Rennerei nervte mich. Toll war, dass wir anschließend bei einem Dorfladen vorbeigingen und uns etwas kaufen durften. Süßigkeiten waren nicht erlaubt, aber eine Banane war o. k. und ich fand sie damals köstlich. Das lag an dem etwas kargen Essen, das ich aufgrund meines Übergewichts bekam. Ich fand das ungerecht, aber es war eigentlich schon nötig. Ich erinnere mich an den großen Speisesaal, in dem alle Kinder saßen und aßen. Ein Gericht gab es öfters: Kartoffelbrei mit Sauerkraut und in Scheiben geschnittene Frankfurter Würstchen. Alles durcheinandergerührt zu einer ziemlich massiven Masse. Ich erinnere mich, dass mein neuer Freund das nicht mochte, aber ich aß eigentlich alles gern. Dazu gab es Hagebuttentee aus einer Edelstahltasse. Ich kannte das nicht, bei uns zuhause gab es nie Tee. Aber ich mochte es, ich fand es erfrischend.
Nach dem Mittagessen mussten alle Mittagsschlaf machen. Wir lagen in einem großen Saal auf einer Art Campingliege, jeder hatte eine Wolldecke. Auch das kannte ich von zuhause nicht, denn ich war mittags nie müde. Daher fand ich die Ruhezeit im Kinderheim sehr, sehr langweilig. Eigentlich durften wir nichts mit in den Ruhesaal nehmen, aber nach ein paar Tagen Langeweile schmuggelte ich immer ein kleines Blatt Papier mit hinein und faltete damit unter der Wolldecke Tiere, Schiffchen und Ziehharmonikas. Natürlich musste ich sehr vorsichtig sein, so dass die Aufpasserin nicht sehen konnte, das ich beschäftigt war. Ich wurde aber nie erwischt. Das war klasse und fortan war die Ruhezeit erträglich.
Tagsüber haben wir viel gebastelt, denn es regnete oft, oder wir sangen Lieder zusammen, aus der Mundorgel; jeder hatte so ein kleines Heftchen bekommen und trug es bei sich. Manchmal saßen wir beisammen und haben Postkarten an unsere Eltern geschrieben. Auch gab es einen Souvernierhändler, der mit Seepferdchen, Muscheln und ähnlichen Dingen ins Haus kam und wir konnten etwas als Mitbringsel für unsere Eltern kaufen. Ich weiß noch, dass ich mich über meinen Seepferdchenkauf sehr gefreut hatte.
Die Betreuerinnen, die sich um uns den ganzen Tag lang kümmerten, waren alles junge Frauen. Ich fand sie ziemlich nett. Sie machten lustige Spiele mit uns, ließen uns ein Zehnpfennigstück suchen, das sie ganz offen auf ihren Fuß gelegt hatten und niemand fand es. Wir spielten Stadt-Land-Fluss und stille Post, gingen einmal sogar in eine Eisdiele und die Betreuerinnen warfen Geld in eine Jukebox. Ich hatte zuvor so ein Gerät noch nie gesehen und fand es faszinierend, wie die Schallplatten automatisch auf den Plattenteller gelegt wurden.
In der Nacht irritierte es mich, was ein anderer Junge unter der Bettdecke machte. In meinem Raum gab es vielleicht vier Betten, einer der Jungs war schon älter. Er befriedigte sich wohl selbst und wusste dann nicht, wohin damit, so dass am nächsten Morgen die Erzieherinnen sein Bett neu beziehen mussten. Es gab aber deswegen kein Theater, nur ich verstand damals nicht, was das alles war.
Gegen Ende des Aufenthalts wurde ich krank, eine Erkältung mit Fieber, so dass ich nicht wie geplant mit den anderen Kindern wieder nachhause fahren konnte. Ich blieb ein paar Tage länger im Bett und bekam nun endlich gutes Essen, weswegen in diese letzten Tage gar nicht so schlecht in Erinnerung habe.
Ich denke, ich habe mit meinem Aufenthalt im Kindererholungsheim viel Glück gehabt. Erst vor kurzem las ich, dass es in diesem Haus ein paar Jahre früher noch einen ganz anderen Umgang mit den Kindern gab. Davon habe ich jedoch nichts mehr gemerkt. Abgesehen davon, dass ich meine Eltern sehr vermisst habe und ich immer Diätkost essen musste, habe ich keine negativen Erinnerungen an meine Zeit im Schloss am Meer. Auch kann ich mich nicht erinnern, dass ich dort gemobbt wurde, was mir gutgetan hat. Ich glaube, ich habe damals sogar etwas an Selbstbewusstsein gewonnen.
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Daniela schrieb am 03.09.2024
1967 – Kinderheilstätte Donnersberg, 5 Jahre alt
1969 – St. Peter-Ording, Leitung Familie Doll, 7 Jahre alt
1970 – Kindersanatorium Waldesruh, Dausenau/Lahn, 8 oder 9 Jahre alt
1972 - Amrum, Haus Satteldüne, 10 Jahre alt
1974 – Bad Kreuznach, 12 Jahre alt
Als ich mir einige der vielen Berichte hier durchgelesen habe, stellte ich fest, dass ich zum Teil sehr ähnliche Erfahrungen gemacht habe während den fünf 6-wöchigen Verschickungen, an denen ich aufgrund meines Asthmas teilnehmen musste. Ich kann wohl von Glück sagen, dass ich schon immer eine Frohnatur war, aufgrund der vielen Bücher, die ich las, mich als Abenteurer und tapferen Helden sah (und dazu zählten wohl auch die Gefahren eines Heimaufenthaltes, die es zu bezwingen galt). Allerdings sind auch an mir diese Aufenthalte nicht ganz spurlos vorbei gegangen und ich frage mich, ob ich einige meiner „Überlebensstrategien“ vielleicht sogar dort entwickelt habe.
Bei der ersten Verschickung war ich gerade mal 5 Jahre alt. Ich kann mich an so gut wie nichts erinnern, was in der Kinderheilstätte Donnersberg geschah. Ich weiß nur, dass es uns nicht erlaubt war, unsere eigene Puppe oder Teddybär dabei zu haben, was zu einem großen Trennungsdrama führte, als man meine Puppe meinen Eltern wieder mitgab, die mich im Auto eines Bekannten hingefahren hatten. Es gibt ein Foto, wo man uns zum Fasching angemalt hatte und man kann auf dem Foto sehen, dass ich mich sehr unwohl fühlte.
Die nächste Verschickung führte mich nach St. Peter-Ording und an diese Zeit kann ich mich noch sehr gut erinnern. Ich war mit 7 Jahren die Jüngste und wurde von den großen Mädchen gehänselt, geschubst, vom Spiel ausgeschlossen und nachts im Schlafsaal drangsaliert. Das Ehepaar, das damals das Haus leitete (ich glaube, sie hießen Doll), beschloss, dass dies eine untragbare Situation sei und nahm mich kurzerhand mit in die Privatwohnung, wo ich in der Besucherritze zwischen den beiden mit im Ehebett schlafen durfte. Morgens sprang der Dackel der Familie aufs Bett und begrüsste mich freudig. Nach anfänglicher Bedrängnis wandelte sich dieser Aufenthalt daher für mich in eine wunderschöne Zeit, dank des liebevollen Ehepaars. Ich habe noch lange Kontakt gehalten mit der Familie, erinnere mich an Telefonate aus der gelben Telefonzelle und die Frau, die mich ihre „Micky Mouse“ nannte.
Bei der nächsten Verschickung landete ich wohl mit 8 oder 9 Jahren in Dausenau an der Lahn. Seltsamerweise hat meine Mutter jahrelang bestritten, dass ich jemals dort war, bis eines Tages eine Postkarte von dort auftauchte, die ich eigenhändig geschrieben hatte. Wahrscheinlich hat meine Mutter dies verdrängen wollen, da ich offenbar dort Ärger machte. Die einzige Szene aus diesem ganzen Aufenthalt, an die ich mich nämlich erinnern kann, ist eine Fahrt auf der Lahn auf einem Ausflugschiff. Offenbar habe ich es so sehr gehasst dort, dass ich, als das Schiff in der Schleuse aufstieg über Bord und an Land gesprungen bin. Leider kam ich nicht weit, da mich ein Betreuer ganz schnell wieder einfing. Diese Situation kam mir erst Jahre später wieder ins Gedächtnis, als ich mich mit Freunden auf so einem Ausflugschiff befand und beim Auftauchen aus der Schleuse plötzlich den gleichen Blickwinkel einnahm wie damals.
Danach folgten 6 Wochen in Haus Satteldüne auf Amrum, als ich 10 Jahre war. Obwohl es teilweise eine schlimme Zeit für mich war, wollte ich immer wieder dorthin zurück in Urlaub fahren und Amrum ist bis heute meine Lieblingsinsel. Dies ist wahrscheinlich auf die lieben jungen Erzieherinnen zurückzuführen, die damals unsere Gruppe betreuten. Das Regiment führten jedoch einige Ordensschwestern, die uns ziemlich schikanierten. Es musste immer aufgegessen werden und einmal war ich so satt, dass ich nach dem Mittagessen den Schokopudding nicht aufessen konnte. Ich musste noch ganz lange sitzen und begann schon zu würgen. Als ich es dennoch nicht schaffte, aufzuessen, hat man mir zum Abendbrot kurzerhand noch einmal eine volle Schüssel Schokopudding mit dicker Haut hingestellt und zum Frühstück wiederum – während die anderen normales Essen bekamen. Das Einzige, was ich bis heute nicht essen kann und wovon mir nur beim Gedanken daran schlecht wird, ist Schokopudding. Nach dem Essen mussten alle Kinder den Kopf in den Nacken legen und dann kam eine Ordensschwester, hat uns die Nase zugekniffen und einen Löffel Lebertran in den Mund gegossen. Wenn die Schwester mal nicht da war, haben die jungen Betreuerinnen die Kinder durchgezählt und dann die Löffel abgezählt und in den Ausguss geschüttet, denn vielen wurde immer schlecht von dieser Gabe nach dem Essen und der Lebertran kam uns stundenlang immer wieder hoch.
Ich erinnere mich noch gut an die Vorbereitungen für jede Verschickung – meine Mutter musste in jedes Kleidungsstück meinen Namen einnähen, es gab dazu extra Aufnäher mit roten Druckbuchstaben. Außerdem hatte jedes Kind eine Kleiderliste im Koffer. Wir mussten nun immer in so Unterdruckkapseln sitzen, in denen ich Panik bekam, weil es so eng und dunkel darin war, komisch roch und klang. Zum Rausschauen gab es nur ein kleines Bullauge. An einem Tag kam eine der Betreuerinnen und hielt mehrere Kleidungsstücke vor das Bullauge und wollte wohl wissen, ob sie jemand von uns gehören. Ich konnte nichts erkennen, da die Sicht nach draußen sehr schlecht war und beim Verlassen der Kapsel bat ich die Erzieherin, mir die Sachen noch einmal zu zeigen. Da sagte sie, ich sei ein dummes Kind und sie habe meine Sachen in den Müll geworfen, die seien jetzt weg. Ich habe meine Kleider nie wieder bekommen.
Uns wurde auch immerzu Blut geholt und noch heute kann ich nicht hinschauen, wenn mir jemand eine Spritze in den Arm steckt oder in den Finger pieken will. Eine große starke Ordensschwester hielt mich im Klammergriff während ein Arzt mir Blut abnahm. Ich kann bis heute das Ticken der Uhr hören, die die Schwester umhängen hatte und gegen die sie mein Ohr presste, während sie versuchte, meinen Kopf so zu drehen, dass ich hinschauen musste, was der Arzt da machte.
Nachts war die schlimmste Zeit: am Abend las uns eine liebe Erzieherin immer ein Kapitel aus Tom Sawyer vor, es brannte nur noch ein Licht im Flur, wir lagen alle still im Bett und hörten andächtig zu. In dieser Zeit durfte man auch noch zur Toilette. Dann wurde auch das Licht im Flur gelöscht und die Ordensschwester schärfte uns ein, dass wir bestraft würden, wenn wir es wagten, nachts unsere Betten zu verlassen und zur Toilette zu gehen. Ich hatte in den 6 Wochen sehr oft Durchfall und schlich mich regelmäßig nachts mit Todesangst über den Flur zur Toilette und traute mich nicht, abzuziehen, da dies die Nonne auf den Plan gerufen hätte. Am Morgen war dann immer großes Geschrei, weil wieder jemand trotz Verbot aufgestanden war und man drohte uns an, dass man schon diejenige erwischen würde, die sich nachts rausschleicht. Diese Zeit hat mich tief beeindruckt, aber trotz der Schikanen wollte ich nicht mehr nachhause, weil es mir so gut gefiel.
Die letzte Verschickung fand statt, als ich etwa 12 Jahre alt war. Hier war es der Heimleiter, der uns Kinder in Angst und Schrecken versetzte. Wir durften ab einer bestimmten Zeit das Haus nicht mehr verlassen, um in den Hof zu gehen, weil der Mann dort seinen Schäferhund frei laufen ließ und drohte, ihn auf uns zu hetzen, sollten wir uns draußen blicken lassen. Es gab oft Griesbrei zu essen, den ich liebte, aber von dem vielen Kindern schlecht wurde. Es gab Schläge mit dem Holzlöffel, wenn wir nicht essen wollten. Ich erinnere mich, dass es wenig zu trinken gab, wir hatten ständig Durst und bei Wanderungen rieten uns die Erzieherinnen, einen Kieselstein in den Mund zu legen, dann würde man den Durst nicht so spüren. Es gab einen Kiosk in dem Gebäude, an dem man sich selbst Getränke kaufen sollte, aber der Heimleiter machte den Kiosk nicht auf. Gegen Ende der Kur kam eine Gruppe von Stadtratsmitgliedern meiner Heimatstadt zur Besichtigung und um zu prüfen, ob wir gut untergebracht sind. Der Heimleiter drohte uns mit Schlägen und Strafen, wenn wir etwas Nachteiliges über ihn und das Heim sagen. Einer der Männer war jedoch ein Freund meines Vaters und ich bat ihn um einen kurzen Moment und klärte ihn auf, was hier für Zustände herrschten. Daraufhin kam es zu einer Untersuchung, aber ich weiß nicht, was dabei herauskam.
Meine Schwester ist auch zweimal verschickt worden, einmal ins nördliche Saarland und einmal nach Wyk auf Föhr. Sie hatte jedes Mal eine schlimme Zeit, große Trennungsängste und erhielt wohl viel Schläge, hat bis heute Gewichtsprobleme, wurde immer zum Aufessen und Überessen gezwungen, weil sie zunehmen sollte. Auch sie durfte nachts nicht zur Toilette, hat ihre eingenässte und eingekotete Unterwäsche im Schrank versteckt und wurde dafür bestraft.
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Thomas K. aus Bremen schrieb am 02.09.2024
Lebenslanges Trauma. Unterschwellig. Ebenso verdrängt wie prägend.
Ich war fünf und konnte singen. Gut singen. Mir sofort Melodien und Texte der deutschen Volkslieder merken. Ich glaube, das war meine Rettung. Ich war keiner jener Kinder, denen nach einem Streit an den Haaren ziehend die Köpfe zusammengeschlagen wurden. Ich kam damit davon, nachts stehend zu verbringen, wenn ich mal wieder ins Bett gemacht hatte.
Ich war der, bei denen die Augen der alten Fratzen, die unsere "Schwestern" waren, zu leuchten anfingen. Und ich war froh, dass ich im echten Leben nur Brüder hatte.
Noch heute habe ich Angst, nach St. Peter Ording zu fahren. Ich war nie wieder dort.
Fast zwei Jahre nach dieser "Kur", nach der sich mein Kinderarzt wunderte, warum es mir immer schlechter ging, hatte ich wohl langsam begonnen, meinen Eltern von der Zeit in St. Peter Ording zu berichten. Deren Schuldgefühle, ihren Sohn dem ausgesetzt zu haben, hat sie ihr Leben lang begleitet.
Deutschland und den Deutschen, meinen Leuten, trau ich bis heute keinen Meter über den Weg.
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Uwe schrieb am 02.09.2024
Kleiner Nachtrag noch, vielleicht kann man es bei meinem ersten Eintrag zusammenfügen ?
Ich leide bis heute, aufgrund dieses Aufenthalt, unter Berührungsängsten und
einer sozialen Phobie.
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Uwe schrieb am 02.09.2024
Ich bin mit 4 oder 5 Jahren verschickt worden. Habe wenig Erinnerungen.
Ich weiss aber sicher, wenn ich nicht artig war, wurde ich von den Tanten in einen dunklen Kellerraum, ohne Licht und Fenster, für längere Zeit eingesperrt.

Auch der Mittagsschlaf war hart. War es von Zuhaus nicht gewöhnt.
Also bin ich aufgestanden. danach weiss ich nur noch, ich lag ab da 2 Stunden stocksteif auf der Liege, mit geschlossenen Augen und traute mir nicht auch nur die kleinste Bewegung zu.

Wieder zurück habe ich meiner Mutter erzählt, ich habe da in dem Heim sehr viel Schläge bekommen. So richtig geglaubt hat man mir es aber nicht.
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Hoffmann schrieb am 30.08.2024
Zeitraum (Jahr): 1960 und 1966
1. Ich bin zufällig auf das Thema im Internet gekommen. Ich erlebte als 5jähriger (1960) in Bad Laasphe den stundenlangen Esszwang und den Schlafzwang. Durch den Esszwang erbrach ich auf eine Steintreppe im Haus und rutschte aus. Ich erlitt eine Platzwunde über dem Auge und wurde in einer Hausarztpraxis versorgt. Anschließend hatte ich absolute Bettruhe. Darüber war ich als kleiner Junge recht froh. Ich konnte nicht mehr mit Essen traktiert werden. Schließlich hatte ein externer Arzt "ein Auge auf mich". Kontakt zu den Eltern war nicht möglich. Meine Eltern waren sehr zurückhaltend und beschwichtigten nach meiner Rückkehr. Mir blieb eine Narbe in der Augenbraue.
2. Meine zweite Kinderkur fand wegen Luftveränderung auf Amrum statt. Der Großteil der Kurkinder waren aber als schlechte Esser dort. Hier erlebte ich mit, wie Kinder vor meinen Augen bestraft und erniedrigt wurden. Essen oft von Milchsuppen und ähnlichen ungenießbaren mussten mit mehreren Portionen teilweise über lange Zeit heruntergewürgt einschließlich oft Erbrochenes aufgegessen werden. Oftmals wurden herrlich duftende Gerichte durch den Essenssaal zur Heimleiterin und den Schwestern geschoben was unsere ausgelieferte Situation nicht besser machte und bei mir auch Angst hinterließ. Ein strenger Winter während meiner "Kur" ließ Amrum einfrieren. Es kam keine ausreichende Versorgung per Schiff. Angeblich wurde die Insel mit Hubschraubern versorgt. Mir machte das als Zehnjährigen natürlich Angst. Heftiger Sturm machte es nicht besser. Bei einem vorgeschriebenen Kartengruss an die Eltern durfte ich das schwere und lange Wetterereignis nicht mitteilen. Man sagte mir, ich würde den Eltern damit nur Sorgen bereiten. Diese wollte man nicht und ich musste eine neue Karte mit Belanglosem abschicken. Ich fühlte mich hilflos und von meiner Familie isolliert. Ein kleines Geburtstagpäckchen mit Süssigkeiten wurde mir nicht gegeben. Vermutlich hat der Inhalt der Belegschaft gut geschmeckt. Nach meiner Rückkehr erlebte ich wieder bei meinen Eltern eine gewisse Verharmlosung meines Erlebten. Das Erlebte wird mir heute durch Betroffene im Internet wieder bewusst gemacht. Ich hatte das Erlebte so hingenommen, weil ich sowieso kein Gehör und keine Hilfe erwarten konnte.
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Nicole aus Eberswalde schrieb am 30.08.2024
Hallo... wie soll ich Anfangen? Ich bin Nicole und heute 41 Jahre alt. Lange Zeit war diese "Kur" in Vergessenheit für mich geraten. Seit ein paar Jahren, denke ich aber immer wieder,mit Entsetzen,Traurigkeit, Fassungslosigkeit zurück. Oft fragte ich mich,warum bin ich heute wie ich bin. Warum leider ich seit 20 Jahren zb an Panikattacken usw. Es gab viele Ereignisse die dazu führen konnten. Aber eine davon ist devinitiv dieses "Verschickungsheim". Ich war sehr jung (kann mich leider nicht an alle Details erinnern. Ich war zwischen 4 und 6 Jahre alt. Ich werde niemals vergessen,wie meine Mama mit mir zum Bahnhof lief und dort ein großer Bus stand... ich freute mich,da Mama sagte,mit dem fahren WIR jetzt. Wie aufregend... ich suchte schnell einen Platz für uns beide. Lachte... dann schlossen die Türen und der Bus setzte sich in Bewegung. Mama? Mama war nicht da. Sie stand einfach draußen und ging. Ich war allein,hilflos zwischen so vielen weinenden Kindern. Ich weiss nicht einmal mehr wo ich war! Berlin? Es gab auf jedenfall Straßenbahn,die ich noch nie gesehen hatte vorher.
Noch nie habe ich soviel Stränge erlebt. Noch nie wurde ich so oft angeschrien. Ich hasste es Tomatem zu essen zb,das weiss ich noch. Musste mich davon übergeben. Man zwang mich,in mitten des Speisesaals diese zu essen,stehend vor allen. Bis ich mich übergab. Musste dann auf knien alles putzen. Das war Standart! 1 mal die Woche wurden Briefe der Eltern vorgelesen. Eltern bekamen eine zurück. Ich war zu klein zum schreiben, daher weiss ich nicht was da stand. Wir mussten in Reih und Glied (Mädchen,Junge,Mädchen,Junge) auf den Schultern fassenden hintereinander zum Duschen. 1 Min warm. Dann kam der kalte Schlauch... sollte fürs Immunsystem sein,sagte man. Im Anschluss bekam jeder seine eigene Handbürste (so eine für die Nägel) und wir mussten uns zum Teil den Rücken blutig schrubben,für die Durchblutung. Ich weiss nicht extrem viel mehr.. aber ich weiss und erinnere mich genau an mein Gefühl...diese Ängste,Traurigkeit,ja auch Hass. Auch meiner Mutter gegenüber. Wie konnte sie das zulassen? Heute,will sie davon wenig hören. Ist ihr schlicht egal! Aber mit mir hat das viel Gemacht. Und das macht auch heute viel mit mir,meinen Kindern gegenüber. Bin so eine typische Helikopter Mutter! Sehr extrem sogar,bis hin zu Panikattacken bei mir,wenn ich Angst habe das mein Kind nur hinfällt. Das führe ich darauf zurück...ich werde diese Gefühle die ich dort hatte,einfach nicht los. Auch fast 40 Jahre später nicht
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Martin aus Paderborn schrieb am 18.08.2024
Hallo, ich war 1971 o. 1972 als 5/6 Jähriger in Wessobrunn und würde mich gern mit Personen austauschen, die zum ähnlichen Zeitpunkt vor Ort waren.
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Joachim Ohler aus Lambrecht schrieb am 16.08.2024
Mein Name ist Joachim. Ich wurde mit fünf Jahren alleine ,für vier Wochen nach Schillig zur Erholung versandt. Es war die schlimmste Zeit meiner Kindheit. Ich habe heute noch,mit 63 damit zu kämpfen. Diese Zeit der psychischen Qualen hat in mir große Wunden hinterlassen. Minderwertigkeitsgefühle.... Verlassenheit... Panik... Depressionen... Drogen... Alkohol...Danke ihr Perversen Menschenschinder von 1966 im Kindererholungsheim Schillig...ihr habt mich mit Sicherheit geprägt!
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Silke aus Halle schrieb am 15.08.2024
Hallo, ich wurde 1980 geboren und war 1986 in Bad Salzungen. Es war ganz ok dort, so weit ich mich erinnern kann. Ich war mit meiner 5 Jahre älteren Schwester dort. Ich habe die negativen Erlebnisse immer weggewischt. Vielleicht stehen auch meine psychischen Probleme damit in Verbindung. In der Nacht kam eine Art Nachtwache. Zu Beginn nahm ich nur eine Taschenlampe wahr, weil sie schaute, ob wir im Schlafsaal sind. Später wachte ich auf, weil mir jemand an die Genitalien fasste. Ich erwachte, wieder die Frau mit der Taschenlampe. Sie sagte, dass sie mich eincremen müsste. Weil ich wund sei. Ich war sehr müde und versuchte die Hand wegzuschieben. Es war unangenehm, aber nicht schmerzhaft. Einem Mädchen, das neben mir schlief erging es nicht besser. Erst viel später begriff ich, dass das Handeln dieser Frau einen sexuellen und keinen medizinischen Hintergrund hatte. Ich träume bis heute von diesem Ausgeliefert sein. Ich leide unter Schlafstörungen und Depressionen. Für viele war so eine Kur bestimmt ein Abenteuer, für mich auch, dennoch hätte ich gern auf die übergriffige Frau verzichtet
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Achim aus Heilbronn schrieb am 01.08.2024
Ich bin 1962 geboren und war 1968 in Bad Dürrheim, Klinik Huber. Es gibt ein Bild vor meiner Abreise vor der elterlichen Wohnung, mit dem Kinderkoffer, der mir dann abgenommen wurde. Wir mussten das Lied „Wir sind die Huberkinder“ oft singen, den Text kann ich teilweise noch. Esssaal, Schlafraum und Singen im Nebel erinnere ich noch recht gut, auch dass ich bereits erbrochenes essen musste. Ich möchte mich, wenn möglich, etwas intensiver mit der Zeit auseinandersetzen, eventuell auch austauschen.
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Jo schrieb am 29.07.2024
Auf das Thema Verschickung bin ich erst vor wenigen Jahren durch diverse Veröffentlichungen in den Medien aufmerksam geworden.
Mir wurde bewusst, auch ich bin damals verschickt worden, auch ich bin ein Verschickungskind, auch wenn ich offenbar das Schlimmste verdrängt und nur bruchstückhafte Erinnerungen habe.

Im Jahr 1963 wurde ich im Alter von 9 Jahren per Bahn aus dem Rhein-Main-Gebiet nach Villingen im Schwarzwald verschickt. Anlass war keineswegs eine medizinische Indikation. Vielmehr waren meine Eltern irrigerweise der Meinung mir als Einzelkind würde das dort gut tun.
Mehre Kinder teilten sich ein Abteil im Zug. An eine Begleitperson kann ich mich nicht erinnern. Dort angekommen wurden wir per Bus zum Haus Tannenhöhe (der Diakonie) gebracht und begrüßt. Danach nahm man uns unsere persönlichen Gegenstände ab, inkl. Plätzchen, Süßigkeiten und Obst, teilweise auch mitgebrachte Spielsachen.

An eine gesundheitliche Eingangsuntersuchung kann ich mich nicht erinnern. Untergebracht waren wir in großen Schlafräumen. Die Betten mussten wir selbst machen. Das Ergebisse wurde täglich benotet. Wir bekamen Punkte und sollten diese bis zum Schluss sammeln (vgl. unten).
Der Umgangston war herzlos, rauh und kalt, insbesonders gegenüber kleinen Kindern oder "Jammerkindern". Wir wurden verwahrt, eigene Vorstellungen waren nicht erwünscht. Es gab ein festes Programm und einen Tagesablauf, dem wir unterworfen wurden. Wer das Gelände verlies wurde bestraft. Oft weinte ich heimlich.
Einzig einige der tlw. sehr jungen Praktikantinnen waren nett zu uns. Deren Aufgabe war u. a. uns vor dem Mittagsschlaf (Bettenpflicht) etwas vorzulesen. Einige waren auch bemüht kleinere Kinder voller Heimweh zu trösten, zumindest solange keine Diakonissen in der Nähe waren.

Das Essen habe ich als gleichförmig, minderwertig und wenig schmackhaft in Erinnerung. Bei gutem Wetter organisierten die Praktikantinnen Spiele im Freien. Ich kann mich außerdem an einen anstrengenden Waldspaziergang erinnern und an einen tristen Ausflug zum Titisee bei Regen.

Anrufe nach Hause wurden mir verwehrt. Wöchentlich sollten Postkarten geschrieben werden. Oft kam es nicht dazu. Ich wurde angewiesen positiv zu schreiben, sonst würde man die Karte "um die Eltern nicht zu beunruhigen" nicht abschicken. Ich hatte jedoch mit meinen Eltern zuvor einen Code vereinbart, in dem ich versteckt eine Schulnote für die jeweilige Woche auf der Karte hinterlies. Diese Note fiel von anfangs 2 auf zuletzt 6. Geblieben ist mir lediglich ein Brief mit einem nichtssagenden Text und einem unscharfen Gruppenfoto.

In diesen Wochen erlebte ich die schlimmste Zeit meines Lebens. Anders als viele andere Kinder konnte ich mit meinen 9 Jahren meine Sitation einschätzen und versuchte unauffällig zu bleiben, um nicht betraft zu werden, z. B. mit Ecke stehen, kein Essen, keine Spiele. Es war dort sehr schwer Freundschaften zu schließen oder sich solidarisch zu zeigen. Am letzten Tag wurden wir verabschiedet und durften in der Reihenfolge unserer gesammelten Bettenpunkte antreten und aus einer Kiste mit alten, gebrauchten Spielsachen sich ein Stück nehmen. So sind einige der Kinder zuletzt sogar wieder in den Besitz ihrer eigenen Spielsachen gekommen. Ich habe verzichtet. "Villingen" ist und bleibt für mich ein Unwort. Lange Zeit dachte ich alleine solch schlechte Erfahrungen gemacht zu haben - Pech eben.

Meine Eltern holten mich aufgrund meiner abfallenden Benotung direkt mit dem Auto ab. Ich habe Ihnen ausführlich berichtet und ihren Schock und die ehrliche Betroffenheit über die schlimmsten sechs Wochen meines Lebens gesehen. Diese Verschickung habe ich Ihnen trotzdem bis heute nicht verzeihen können.
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Hermann Josef Cremer aus Playa del Ingles schrieb am 28.07.2024
Hermann aus Rommerskirchen

1956/57 wurde ich im Alter von ca. 9 Jahren, weil ich zunehmen sollte, für 6 Wochen in Kur nach Bad Rippoldsau in den Schwarzwald mit dem Zug verschickt. Weil ich nach 6 Wochen nichts zugenommen hatte, wurde diese Kur nochmals 6 Wochen verlängert wobei ich nach dieser Zeit immer noch nichts zugenommen hatte. Bei unseren Betten wurden die Bettdecken an Beiden Bettkanten eingeklemmt. Wenn sie bei jemandem am Morgen nicht mehr korrekt waren, wurde derjenige in der folgenden Nacht abgeholt und mit anderen Kindern mitten in der Nacht eiskalt abgebraust. Diese Schreie in den Nächten, höre ich heute noch. Beim Essen mussten wir so lange sitzen bleiben, bis alles aufgegessen war. Ich musste das, weil ich keine gekochten Möhren mochte. Ich hatte mich mit einem Jungen aus Mönchengladbach angefreundet. Er mochte beim Frühstück keine Leberwurst, trotzdem musste er sie Essen und nachher dann wieder das erbrochene. Einmal kamen wir etwa mit 12 Jungen in Quarantäne. Ich hatte keine Beschwerden, aber uns wurde gesagt, wir dürfen mit anderen eine Woche lang nicht in Berührung kommen. Jeden Tag bekamen wir eine Spritze. Wir mussten uns auf den Bauch legen. Den nackte Hintern nach oben. Die Schwester kam mit einem Tablett Spritzen, und hat sie jedem wie beim Dart in den Hintern geworfen. Post wurde natürlich kontrolliert. Es durfte nur geschrieben werden, wie schön es dort war. Alles wurde kontrolliert. Ich habe mit niemandem darüber gesprochen. Auch mit meinen Eltern nicht. Mich hat das alles wieder eingeholt, als ich mit 55 Jahren wegen Depressionen in Kur kam. Ich fühlte mich eingesperrt. Kein Handy, kein Notebook, kein Kontakt zur Familie. Zum Glück wurde es mir später alles erlaubt, als sie von meinem Trauma erfahren haben. Das Kinderheim in Bad Rippoldsau wurde übrigens von katholischen Nonnen geleitet. Jetzt bin ich 76 Jahre alt und es verfolgt mich immer noch.
Seit 18 Jahren lebe ich auf Gran Canaria. Das hilft mir, weil ich weit weg von diesem Ort bin.
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Ellen aus Bonn schrieb am 26.07.2024
als 1957 Geborene habe ich vom18.5.65 bis zum 29.6.65 Zeit im Kinderheim Schlichter, Fischhausen-Neuhaus am Schliersee/Obb verbracht.
Als das Thema Verschickung jetzt in einer Therapiestunde angesprochen wurde, habe ich extrem physisch und psychisch reagiert. Leider, oder Gott sei Dank, habe ich keinerlei Erinnerungen mehr an diese Zeit. Da ich schon viele Jahre an Depressionen leide, mich schon ewig in Therapie befinde, mehrere Klinikaufenthalte hatte, frage ich mich nun: was ist da passiert? Ich habe noch Fotos, Schreiben und von mir geschriebene Postkarten aus dieser Zeit vorliegen. So suche ich Menschen, mit denen ich mich über das Haus Schlichter unterhalten kann, denen ich die Unterlagen zeigen kann.
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Robert Ducksch aus Seeg schrieb am 23.07.2024
Mein Name ist Robert und ich war als ca 11 jähriger im Verschickungsheim Alpenblick in Seeg im Allgäu. Ich glaube ich war so ca 6 Wochen dort.
Ja, im Nachhinein betrachtet war bzw bin ich traumatisiert. Ich musste, weil ich auf eine Postkarte geschrieben hatte „ es ist absolut furchtbar und unerträglich hier, zu Chef Vogt und dieser absolut eklige Typ erklärte mir dann, dass ich nie mehr nach Hause komme oder er ein Taxi bestellen muss und meine Eltern werden ein Leben lang daran bezahlen müssen. Ich dachte und fühlte damals: Das ist das Ende meines Lebens und ich sehe alle Menschen die ich liebe nie mehr. Nachts wurde ich von einer Aufsichtfrau dann aus dem Bett geholt und musste bis früh vor dem Schrank im Flur stehen. Schlimm war für mich dann auch die Untersuchung bei einem Arzt in Seeg. Was genau gemacht wurde weiß ich nicht mehr….nur das Gefühl habe ich noch in mir. Es fühlte sich an, als wenn ich kurz vor der Schlachtbank angekommen bin und nun auseinandergenommen werde. Ein Gefühl der Machtlosigkeit und der Ohnmacht. Was mir auch noch in Erinnerung blieb, war eine Betreuerin die total liebevoll mit uns umgegangen ist. Allerdings war sie nur ein paar Tage im Haus und war dann verschwunden. Heute weiß ich natürlich warum. Sie war einfach zu gut zu uns.

Ich weiß noch, dass ich in Schweinfurt am Sachs Stadion ausgestiegen bin und hätte meinen Eltern am liebsten links und rechts eine verpasst. Ich bin kein gewalttätiger Mensch aber das war mein Gefühl damals. Ich dachte noch: Wie konntet ihr mir das antun ?? Ich hatte richtig Wut in mir.
Jahre später fuhr ich mit meinen Eltern nach Seeg und traf dort am Haus auch eine Frau. Ob es sich um Fr. Vogt gehandelt hat, kann ich nicht sagen. Jedenfalls war sie sehr komisch und abweisend. Ich bin mir relativ sicher, dass sie das war. Wenn ich heute daran zurückdenke wird mir einfach nur schlecht.
Lasst uns auf unsere Kinder und Enkelkinder aufpassen. Dieses düstere Kapitel darf sich ( wie so viele andere Kapitel auch ) nie mehr wiederholen.

Heute, nach langer Aufarbeitung auch von anderen traumatischen Ereignissen, kann ich sagen: Es hat mich absolut aufmerksamer und achtsamer gemacht. Allerdings muss ich dazu sagen, dass ich bis vor ca 1 oder 2 Jahren gar nicht gewusst hatte, dass ich ein Verschickungskind bin. Das war wirklich vergraben. Ich habe erst durch Anja Röhl einen Zugang gefunden und ich bin ihr zutiefst dankbar für ihre Arbeit.
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Ricardo aus Weener schrieb am 23.07.2024
Liebe MeuranerInnen und ehemalige Kurkinder,

in den 80er Jahren war ich insgesamt acht Mal zur Erholungskur in einem Kinder-Erholungsheim in Meura (Thüringen). Und nun suche ich Leute, die auch dort waren und mit denen ich Erinnerungen austauschen kann.
Vielleicht ist ja hier im Forum jemand dabei, der/die dieses Kinderkurheim auch kennt...

Ich selbst habe wunderschöne Erinnerungen an diese Zeit:
Eine Kur in Meura dauerte immer vier Wochen. Es kamen aber nicht nur Kinder aus Berlin, sondern auch aus anderen großen Städten der DDR. Für Berliner Kinder (also auch für mich) ging die Reise immer von Berlin-Lichtenberg los, genauer gesagt von der Parkaue Ecke Deutschmeisterstraße.
Dort warteten immer viele Eltern mit Ihren Kindern. Es kamen dann zwei Ikarus-Reisebusse mit jeweils zwei Frauen, die die Kinder während der siebenstündigen Fahrt nach Meura betreuten.
Ja, das dauerte wirklich so lange, weil Busse damals nicht so schnell fahren durften.
Außerdem wurden während der Reise mehrere Pausen eingelegt.
Die Busfahrer luden die Koffer ein. Und damit es beim Einsteigen kein Gedrängel und Geschubse gab, wurden alle Kinder anhand einer Namensliste aufgerufen. Und welcher Name gesagt wurde, der- oder diejenige durfte dann einsteigen und sich einen Platz suchen. So wurde es im Bus immer gehandhabt. Auch dann, wenn wir in Meura ausgestiegen sind, sowie beim Ein- und Ausstieg auf der Heimfahrt. Außerdem bekam jeder vor der Abfahrt eine Reisetablette.

Zum Heim gehörten vier Häuser, soweit ich mich erinnern kann: Das Bettenhaus am Meuraberg, unten an der Straße das weiß-rote Haus, in dem die Heim-Krankenschwester Elfriede wohnte.
Weiter unten war das Haus, in dem es Mittagessen und Abendbrot gab. Und am Berghang gab es noch ein Haus, in dem die Reinemachefrau wohnte.

Als wir in Meura ankamen, wurden wir von den Erzieherinnen (deren Namen ich übrigens auch noch kenne) begrüßt. Dann wurde die ganze Kinderschah in drei Gruppen aufgeteilt:
Die Kleinsten (Kindergarten bis Vorschule) bildeten die Gruppe "Freundschaft", die etwas größeren und älteren kamen zur Gruppe "Pionier" und die ältesten Kinder gehörten der Gruppe "Aufbau" an.

Nach der Begrüßung saßen alle Kinder zusammen in der obersten Etage des Bettenhauses und es wurden die Benimmregeln genau erklärt. Dann wurden uns die Zimmer gezeigt. In den Schlafräumen wurden dann die Koffer ausgepackt und dann stellten wir diese in den Dachspeicher des Hauses.
Und wenn wir nach einiger Zeit schmutzige Wäsche hatten, kam diese immer in unsere Koffer, die die ganze Zeit auf dem Dachspeicher blieben. Und jedes Mal, wenn wir Sachen ein- oder auspackten, hielt die Erzieherin etwas davon in der Hand und fragte wörtlich: "Ricardo, ist das Dir?" Darüber musste ich immer etwas schmunzeln, denn diese thüringische Ausdrucksweise hatte ich vorher noch nie gehört. Aber ich wusste, wie das gemeint war: "Ricardo, gehört das dir?"

Wie der weitere Tagesablauf war, weiß ich leider nicht mehr. Abends hieß es dann Abendbrot essen, waschen und dann war um 19:00 Uhr Nachtruhe. Und jede Nacht war eine andere Erzieherin im Haus, die uns bewachte und mit einer Taschenlampe in die Zimmer leuchtete. Und jedes Mal, wenn noch jemand schwatzte oder Faxen machte, kam die Erzieherin rein und ermahnte diejenigen.
Einmal merkten zwei Kinder beim Schwatzen, dass die Erzieherin im Anmarsch war. Dann warnte einer: "Achtung! Sie kommt! Sie kommt!" Und schon stand die Erzieherin in der Tür, leuchtete wieder mit ihrer Taschenlampe ins Zimmer und meinte: "Sie kommt nicht erst, sie ist schon da!" Dann war alles Mux-Mäuschen-still.

Die nächsten Tage verliefen dann bis zum Ende des Kuraufenthaltes gleich:
Früh um 7:00 Uhr hieß es aufstehen. Dann mussten wir uns alle unter Anleitung einer Erzieherin "trockenbürsten". Das heißt: Wir mussten uns ausziehen und jeder musste sich dann selbst abbürsten. Es wurde uns gesagt, dass dies für die Durchblutung gut ist. Dann trafen wir uns alle in Schlafanzügen in der obersten Etage des Hauses und es war Morgengymnastik mit Schwester Elfriede angesagt. Dann hieß es: Waschen, anziehen und ab zum ersten Frühstück. Das Frühstück gab es immer im Bettenhaus. Es bestand unter Anderem aus einem ganz gesunden Müsli.
Rezept: - 2 gehäufte Esslöffel Haferflocken (am besten vorher einweichen in 6 EL Wasser),
klein geschnittenes Obst nach Wahl, süßen mit Honig oder Zucker, Weizenkeime, geriebene Nüsse, Kokosraspel, Milch. Wenn wir einen Tag zuvor bei einer Wanderung Beeren gepflückt hatten, waren diese am nächsten Tag in das Müsli gemixt worden. Desweiteren gab es Zitronentee und belegte Brote.

Dann folgte die erste Wanderung. Wir liefen durch das Waldgebiet in der Nähe des Heimes.
Danach ging es wieder zurück ins Bettenhaus, wo bereits das zweite Frühstück auf uns wartete:
Soweit ich mich erinnern kann, gab es dann immer Äpfel und Knäckebrot, da kann ich mich aber auch irren!
Dann eine zweite Wanderung durch den Ort, danach Mittagessen im unteren Haus.

Mindestens einmal die Woche bekamen wir dann alle Post von unseren Eltern aus Berlin. Darüber freute sich jedes Kind. Die Karten wurden dann immer von der Erzieherin vorgelesen. Und wir schrieben dann auch Karten aus Meura zurück an unsere Eltern: "Liebe Eltern! Mir geht es gut! Wie geht es Euch" usw...

Einmal ist mir vor dem Essen etwas ganz Kurioses passiert: Ich musste vor dem Essen dringend auf die Toilette. Und bei den Toiletten im Kurheim waren die Wasserkästen oben und mann musste an einer Strippe ziehen, um zu spülen. Als ich mich wieder angezogen hatte und an der Strippe zog, löste sich das Spülrohr vom Wasserkasten. Das ganze Wasser plätscherte mir auf meinen rechten Arm und floss über den Boden unter der toilettentür durch in den Raum zu den Waschbecken. Ich hörte, wie einige Kinder sich erschraken: "Guck mal, da unten kommt Wasser raus..." Ich meldete das Missgeschick sofort einer Erzieherin und die Toilette wurde repariert.

Nach dem Essen hieß es: Wieder zurück ins Schlafhaus, Zähne putzen, mit Sohle-Wasser (Wasser mit Emser-Salz) gurgeln und dann ab ins Bett zur Mittagsruhe.
Dann war "Vesper" angesagt, also Nachmittags-Mahlzeit. Was es da zu essen gab, weiß ich nicht mehr. Aber es gab immer Milch in Glasflaschen mit Papierdeckel. Und zwar jedes Mal eine andere Sorte: Mal Fruchtmilch, mal Vanillemilch und mal Kakaomilch.

Und auch hier kann ich mich auch noch an eine Anekdote erinnern: Es gab im Kurheim eine Erzieherin, die wir alle nicht besonders mochten, weil sie sehr streng war und immer einen bösartigen Ton an den Tag legte. Manchmal sprach sie die Kinder nur mit Nachnamen an.
Nun hatte diese Erzieherin uns an einem Tag während der Vesperzeit beaufsichtigt.
Und die Milch, die wir bekamen, ist schlecht geworden und schmeckte sauer. Das sagten wir der Erzieherin auch, aber die stritt es vehement ab und war fest der Meinung, dass das nicht stimmte. Denn die Milch in ihrer Flasche war noch gut. Nach einigen Minuten Diskussion probierte sie bei einem Kurkind und musste feststellen, dass es tatsächlich stimmte...

Aber nun wieder zurück zu den schönen Erinnerungen: Manchmal machten wir auch eine Kutschfahrt ("Kremserfahrt"). Denn in Meura steht das größte Haflingergestüt Europas. Vom Gestüt kam dann der Kutscher mit einer großen Kutsche und zwei Haflingern. Das war auch immer ein sehr schönes Erlebnis. Wir sind dann bis runter zum Schlagebach gefahren und wieder zurück.

Während der Kur haben wir auch Wanderungen zu den "Meurasteinen" unternommen. Dort war es ziemlich steil und wir mussten sehr aufpassen. Auf einem Felsen der Meurasteine stand eine Schutzhütte. Dort machten wir Rast und die Erzieherin erzählte uns die "Fribbchen-Sage":

Die "Fribbchen" sollen kleine Zwerge gewesen sein, die graue Gewänder und hohe Kapuzen trugen.
Laut der Sage haben sie vor sehr vielen Jahren in den Meurasteinen gelebt und sind als Korbmacher sehr fleißig gewesen...

Einmal pro Kur gab es auch die Möglichkeit, bei den Erziehern Andenken zu kaufen. Was das genau für Sachen waren, daran kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Aber kleine Souvenirs halt, als Andenken an die Kur in Meura.

Abends nach dem Abendbrot ging es wieder rauf ins Bettenhaus. Dort trafen wir uns vor dem Schlafengehen im Gruppenraum zur "Auswertung": Das Benehmen eines jeden Kurkindes wurde ausgewertet und in eine Liste mit Namen eingetragen. Wenn Kinder undiszipliniert waren, wurden sie darauf angesprochen, der "Gruppenrat" und die anderen Kinder wurden gefragt, es gab eine Eintragung und derjenige, den es betraf, schämte sich dann.

In unseren Zimmern hing für jedes Kurkind ein A5-Blatt mit seinem Namen und jeweils vier untereinanderliegenden Spalten, für jede Woche eine. In diese Spalten wurde nach jeder Woche ein Papier-Dreieck eingeklebt, welches ein Pionierhalstuch darstellte. Rote Halstücher standen fürh SEHR vorbildliches Betragen, blaue für normales bis schlechtes Benehmen.

Manchmal, wenn schlechtes Wetter war, hörten wir oben im Gruppenraum Kinder-Schallplatten.
Meine Lieblingsplatte war immer "Ferdinands Zauberhäuschen". Auch wurde einmal pro Kur ein Puppenspiel aufgeführt: Der Puppenspieler baute seine Bühne "Frechdachs" auf, spielte uns Geschichten vom Kasperle vor, hatte dann auch immer sein freches "Schnattchen" dabei, dass dann z. B. den Kindern eine Ohrfeige verpasste und sich danach schämte. Und dann waren da noch die beiden Mäuse "Singeschön" und "Springeschön"...

Sehr schön begannen auch immer die Sonntage: Da gab es im unteren Haus auch immer Frühstück, was sonst nur im Bettenhaus der Fall war. Sonntags stand bei uns im Gruppenraum auf den Tischen rotes Plastikgeschirr und es gab heißen Kakao. Nach der sonntäglichen Mittagsruhe schauten wir immer Kinderfernsehen: Die "Flimmerstunde" mit "Professor Doktor Flimmrich". Der erste Fernseher, den ich dort kannte, war ein Farbfernseher vom Typ Raduga 706. Es war ein Fernseher mit einem sehr schönen dunklen Holzgehäuse. Später muss er dann wohl defekt gewesen sein, jedenfalls wurde er dann durch einen neueren, grauen RFT Colotron 4000 ausgetauscht.

Nun ist mir noch etwas eingefallen: Im Waschraum hatten wir einmal pro Kur für jedes Kind jeweils zwei Plastikschüsseln für die Füße: Eine gelbe mit warmem und eine orangene mit kaltem Wasser. Oder war es umgekehrt? Jedenfalls mussten wir dann unsere Füße lange im warmen Wasser haben, dann kurz ins kalte wechseln und wieder zurück ins warme... Auch dies sollte wohl gut sein für die Blutzirkulation. Auch haben wir mehrmals in der Woche geduscht. Ganz lange unter warmem Wasser, dann zum Schluss ganz kurz unter die kalte Dusche. Die wunderschönen gelb gefliesten Waschräume habe ich heute noch vor Augen.

Jedes Kurkind bekam eine sogenannte "Gesundheitsfibel", auf deren Vorderseite das Kurheim in schwarzweiß abgebildet war. In dieser Fibel erklärte Kundi, das "Gesundheitsmännchen", wie man seinen Körper vorbildlich und korrekt pflegt (z.B., dass man nach dem Zähneputzen keinen Betthupfer mehr zu sich nehmen sollte, dass zu viel Süßes ungesund ist etc...). Die Comicfigur "Kundi" war bis Anfang der 90er Jahre das Maskottchen des Dresdner Hygienemuseums. Das Männchen mit der blauen Mütze mit dem gelbem Bommel sehe ich heute noch genau vor mir.

Tja, und nach vier Wochen hieß es dann Abschied nehmen: Auf zur Heimfahrt nach Berlin.
Einen Tag vorher hieß es Koffer packen. Und wieder amüsierte ich mich, wenn ich gefragt wurde: "Ricardo, ist das Dir?". Die fertig gepackten Koffer standen dann über Nacht aufgestapelt im Treppenhaus auf der jeweiligen Etage.

Am nächsten Tag bekamen wir vor dem Frühstück jeweils eine Reisetablette, sowie auch bei der Hinreise. Das waren so ganz kleine, runde, graue Tabletten. Dann wurden wir von den Erziehern gefragt, wie die Kur uns gefallen hat. Dann nahmen wir Abschied, stiegen in die Busse, die Koffer wurden unten eingeladen, die Busse fuhren los und die Erzieher winkten uns hinterher.

Und an eine Heimfahrt kann ich mich noch sehr gut erinnern, weil da folgendes passierte:
Wie erwähnt, waren wir ja immer mit zwei Bussen unterwegs. Und auf den Reisen hin und zurück machten wir, wie bereits erwähnt, mehrere Pausen. Und während der ersten Pause stellte sich heraus, dass der vordere Bus, in dem die Gruppe "Aufbau" saß, plötzlich eine Panne hatte. Was da genau kaputt war, weiß ich leider nicht. Jedenfalls musste die ganze Gruppe samt Gepäck aus dem Bus aussteigen und unser Bus war dann proppevoll. Da im Gepäckraum kein Platz mehr war, mussten die ganzen Koffer aus dem kaputten Bus zu uns hinten in den Fahrgastraum. So fuhren wir dann alle mit einem Bus nach Berlin, der andere musste zurück fahren.

Wenn wir dann nach Berlin reinkamen, wurden im Bus fröhliche Lieder gesungen. Bei einer Heimfahrt (ich weiß nicht mehr, ob es die selbe war) sang ich mit ganz tiefer Brumm-Stimme das Lied "Häns'chen klein" mit und die Betreuerinnen fragten verwundert, wer hier so eine tiefe Stimme hat.
Ich hatte nämlich einige Zeit zuvor eines Abends im Waschraum in Meura plötzlich einen Stimmbruch bekommen. Als ich meine Mutti bei der Ankunft in Lichtenberg mit einem brummigen "Hallo, hier bin ich" begrüßte, bekam diese erst einmal einen Schreck...

Von unseren Eltern wurden wir dann auch wieder in Lichtenberg in Empfang genommen.
Der Unterschied war nur, dass wir bei den Heimfahrten nicht zur Parkaue Ecke Deutschmeisterstraße fuhren (wo unsere Eltern uns verabschiedeten), sondern immer zum Bahnhof Lichtenberg.
Dort konnten wir unsere Eltern wieder in die Arme schließen und jeder hatte dann zuhause sicher eine Menge zu erzählen...

Nach der politischen "Wende" ist das Kurheim leider abgewickelt worden. Die Häuser existieren alle noch, werden aber für andere Zwecke genutzt. Das Bettenhaus nennt sich heute "Ferienhof Haus am Wald".

Ich fahre heutzutage hin und wieder privat von Berlin nach Meura, um alte Erinnerungen wieder aufleben zu lassen.

Vielleicht wird mein Beitrag ja von Leuten gelesen, die auch in Meura zur Kur waren und sich noch an einiges erinnern können. Womöglich hat ja meine Geschichte beim einen oder anderen Leser wieder Erinnerungen geweckt.

Ganz liebe Grüße sendet Ricardo.
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Regine schrieb am 21.07.2024
Ich habe meinen Bericht bereits 2020 geschrieben, nun habe ich gesehen, dass man die Einträge direkt mit Angabe des Verschickungsheims und der Aufenthaltszeit erfassen kann. Deshalb habe ich meinen Bericht jetzt nochmals unter dem Verschickungsheim "Nussdorf am Inn" eingefügt.

Ich war von November bis Dezember 1970 für 5 Wochen in Nußdorf (Nussdorf) am Inn, ich war damals 5 Jahre alt, im Januar wurde ich 6 Jahre alt. Über die wenigen Erinnerungen, die ich habe, kann nicht viel Gutes berichten. Ich hatte drei Monate zuvor meinen jüngeren Bruder nach langer Krankheit verloren, ich kam also schon traumatisiert dort hin. Es hat dort aber wohl niemanden interessiert. Als meine Eltern mich nach 5 Wochen abholten, war ich laut deren Erzählungen völlig verstört.

Ich war zusammen mit einer Kindergartenfreundin dorthin gefahren, bei der Ankunft wurden wir allerdings sofort getrennt, da sie 1964 und ich 1965 geboren war. Sie kam in die "Schneewittchengruppe", ich zu den "Zwergen". Wir haben uns dann quasi kaum noch gesehen. Für mich war diese Trennung furchtbar, ich war völlig allein, habe mich schrecklich einsam gefühlt. Ich war im Untergeschoss untergebracht, sie im oberen Geschoss. Ich war in der Zwergengruppe die Älteste (unfassbar, dass man damals sogar 3 und 4 Jährige schon verschickte) und hatte dementsprechend keinen vernünftigen Anschluss, ich hätte von meiner Entwicklung auf jeden Fall in die "Schneewittchengruppe" gehört.

An folgende Dinge kann ich mich erinnern:

Ich musste jeden Tag Mittagsschlaf mit den Kleinen halten, obwohl ich altersmäßig nicht mehr dazu bereit war und dementsprechend wach da lag und gewartet habe, bis die Zeit vorbei war
Wir durften nachts nicht zur Toilette gehen
Ich habe mich gefühlt jede Nacht vor Heimweh in den Schlaf geweint
Als ich einen Brei aus Hefeklösschen mit Zwetschgen nicht essen wollte, wurde ich zwangsgefüttert
Ich musste mich einmal nach einem ekligen Leberwurstbrot übergeben, danach konnte ich jahrelang keine Leberwurst mehr essen
Es gab eine Nikolausfeier, die mich völlig verängstigt hat. Der Nikolaus kam mit dem Krampus, einer mir völlig fremden Figur, die es wohl nur in Bayern gibt. Dieser hatte eine furchterregende Maske auf und warf eine Kette über den Boden hin- und her. Der Nikolaus las aus einem goldenen und einem schwarzen Buch vor. Im schwarzen Buch standen die "bösen" Kinder. Ein etwas älteres, lebhaftes Mädchen wurde vorgelesen und musste nach vorne kommen. Ihr wurde irgendetwas "Böses" vorgeworfen, danach schlug der Nikolaus ihr mit einem Stock oder Rute auf das Gesäss, sie schlug die Hände vor das Gesicht und fing bitterlich an zu weinen. Ich hatte wahnsinnige Angst, auch in dem schwarzen Buch zu stehen und auch Schläge zu bekommen, zum Glück war es nicht so.

Wenn ich an diese Zeit denke, kommt mir immer ein Lied von Daliah Lavi "Oh, wann kommst Du" in den Sinn. Eine junge, sehr nette "Tante" wohnte bei uns im Untergeschoss, sie hörte immer dieses Lied. Eines Abends hörte ich sie aufschreien und weinen. Andere "Tanten" kamen dazu und fragten, was passiert sei. Ich hörte nur, wie sie sagte "er hat mich geschlagen".
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Ulrich Nilkes schrieb am 19.07.2024
Kinderverschickung nach Scheidegg/Allgäu, Kindererholungsheim "Bergfreude", Winter 1966

Anlass: Wie meine Mutter erzählt hat, war ich nach einer überstandenen Masern-Erkrankung stark untergewichtig und sollte zunehmen, bevor ich eingeschult wurde. Als Alternative war nach meiner eigenen Erinnerung ein Erholungsaufenthalt am Lago Maggiore in der Diskussion. Mir ist nicht bekannt, was letztlich den Ausschlag für Scheidegg gegeben hat. Um mir den Aufenthalt im Allgäu schmackhaft zu machen, hieß es, dürfe ich meine Ski mitnehmen. Meine Eltern haben mir erzählt, dass sie nicht auf Besuch kommen dürften. Ich glaube, das hat mich nicht groß beeindruckt, denn zum einen war ich bis dahin noch nie allein weg und hatte zum anderen auch keine Vorstellung davon, wie lange fünf oder sechs Wochen sein können.

Vorbereitung: Es mussten alle Kleidungs- und Wäschestücke mit eingenähten Namensschildern versehen werden. Also besorgte Mama eine Art langes Band, welches fortlaufend mit Vor- und Nachnamen in roten Großbuchstaben bestickt war. Diese Namensschildchen fanden noch jahrzehntelang Verwendung, z.B. auf Handtüchern. Taschengeld sollten wir auch mitbringen, ich hatte einen 20-Mark-Schein in einem Briefumschlag dabei.

Die Reise: Der Kindertransport ging per Bahn ab Stuttgart Hbf. vonstatten. Ich wurde mit meinen Ski verschickt. In meinem Abteil saß eine Aufseherin, die im Kinderheim dann auch 'Tante (Heidi)' war. Es war noch eine jüngere und, wie ich damals fand, hübsche Frau, mit der ich mich unterhalten habe. Ich habe wohl erzählt, dass meine Großeltern im Laucherthal wohnen, sie komme aus Ebingen. Zu ihr fasste ich Vertrauen.
Irgendwo kamen wir an, und dann ging's in einem VW-Bus der ersten Generation weiter. Der hatte eine getrennte Frontscheibe und seitlich kleine Fensterchen am Dach.

Die ersten Eindrücke: Meine Ski wurden mir abgenommen. Sie habe ich dann auf der Rückreise wieder gesehen. Die Süßigkeiten (wie auch das Taschengeld) wurden allen Kindern abgenommen. Warum hatten wir überhaupt welche dabei?
Ich schlief in einem Schlafsaal, mein Bett stand mittendrin. Zähne haben wir an einem ganz langen Waschbecken geputzt, alle in einer Reihe.

Was haben wir den ganzen Tag gemacht? Wir sollten essen und ruhen, dann essen und ruhen und essen und schlafen. Wir waren schließlich zur "Erholung" dort. Ich habe dort zum ersten Mal in meinem Leben bewusst wahrgenommen, dass es mir nicht schmeckte. Zum Frühstück gab es Schwarzbrot mit Marmelade. Das schmeckte mir nicht, dazu gab es warme Milch mit Haut, das schüttelte mich. Es half nichts, es musste runter. Ich weiß heute noch, wie sich Milch mit Haut im Mund anfühlt. Mittags gab es Spinat, das schmeckte den wenigsten Kindern. Es half nichts, ... . Ich erinnere mich, wie wir an langen Bankreihen zu Tisch saßen und die Kinder Reih auf, Reih ab sich übergeben und auf dem Tisch für eine bunte Mischung aus Spinatresten und Kotze gesorgt haben. Wenn es zum Nachtisch Pudding gab, musste man (ob man Pudding wollte oder nicht) Schlange stehen und bekam einen Schlag aus einem riesigen Kessel, wie mir vorkam. Der Pudding hatte eine Haut, die war einen Zentimeter dick. Wenn ich zurückdenke, dreht sich mir heute noch der Magen um. Aber es half nichts, man musste Schlange stehen und ... . Das Gute an meinem Leben ist, dass ich seitdem nie wieder gezwungen wurde, Pudding mit Haut zu essen.
Nach dem Essen war Ruhe angesagt, denn Gewichtszunahme war der entscheidende Punkt. Ich erinnere mich, dass wir z.B. bei schönem Wetter auf der Terrasse liegen mussten, eingewickelt in kratzige, schwere Wolldecken. Als ich älter war, habe ich derartige Decken wieder in Militärbeständen oder beim Roten Kreuz gesehen. Größere Verschickungskinder haben aus Michael Endes "Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer" vorgelesen. Ich hatte mich mit Günter Spohn angefreundet, der war schon älter und hat mir immer geholfen.
Ich kann mich an ein oder zwei Spaziergänge während des ganzen Lageraufenthaltes erinnern, das hat einen nicht überfordert in fünf oder sechs Wochen "Erholung". An Spiele und spielen erinnere ich mich nicht. Dass ich auch mal Schlittenfahren war, habe ich erst zuhause erfahren, als meine Mama mir einen Standardbrief der Lagerleitung gezeigt hat, der mit zwei individualisierten Sätzen versehen war. Es war eine schriftliche Lüge.
Zu "erholten" Kindern gehört eine gute Farbe im Gesicht. Dafür mussten wir vor die "Höhensonne". Das war eine Art Heizspirale, die man einige Minuten vor das stark eingecremte Gesicht bekam, bis man es vor Hitze fast nicht mehr ausgehalten hat. Die stand im Büro der "Heim(= Lager-)leiterin" Tante Gertrud, und während mein Kopf geröstet wurde, las sie mir einen Brief an meine Eltern vor, in welchem ich überschwänglich meine Begeisterung über das Lagerleben ausrichten ließ.

Erlebniswert: Eingeprägt hat sich mir nur ein Erlebnis. Ich musste nachts mal raus. Meine Hausschuhe waren Birkenstock-Holzklapperlatschen, die waren modern damals und - wie der Name sagt - klapperten sie auf dem Steinfußboden und draußen auf den Fluren. Es dauerte nicht lange, und die nette Aufseherin aus dem Zug hatte mich gestellt und so richtig rund gemacht, dass ich es mit der Angst zu tun bekam. Fortan bin ich nachts nicht mehr auf das Klo, um den Heimklassiker Pfefferminztee abzulassen. Stattdessen bin ich ein oder zwei Nächte später des Morgens in einer Pfütze aufgewacht. Da war dann wirklich was los. Neben Schimpf und Schande mitten im Schlafsaal durfte ich bei der Beseitigung der Sauerei mithelfen und musste das nasse Laken hochhalten bis das Bett neu bezogen war.

Und das Ende? Alles geht einmal vorüber, auch ein paar Wochen Lageraufenthalt. Das wurde ein bisschen gefeiert. Die nach der Einweisung konfiszierten Süßigkeiten wurden wieder hervorgeholt und an alle verteilt. Manches, wie Mohrenköpfe oder offene Gummischlangen, war dann etwas vertrocknet. Wer das Pech hatte und die zugeteilt bekam, konnte andere damit totschmeißen.
Danach sollten wir auch an unsere Eltern denken und denen was mitbringen. Das ging so: Der Briefumschlag mit dem Taschengeld tauchte wieder auf. Eine Aufseherin wollte, dass ich der Mutti ein standardisiertes kleines Fotoalbum für fünf Mark mitbringe (habe ich heute noch). Da war ein Gruppenbild der Kinder meiner Gruppe und eines der Aufseherinnen drin, ansonsten nur Aufnahmen des Gebäudes und vom schönen Allgäu. Außerdem sollte ich noch ein Brotkörbchen und einen Zuckerstreuer nach Hause bringen. In dem Umschlag waren danach nur noch ein paar Münzen drin.

Was bleibt? Meine Mama war begeistert, dass ich noch lange Zeit nach meiner Rückkehr abends meine Kleider so zusammengefaltet neben das Bett gelegt habe, dass alle Kleidungsstücke auf dem Stapel haargenau das selbe Format aufgewiesen haben ("auf Kante"). Erzählt habe ich wohl nicht viel. Nur, dass ich Milch und Pudding mit Haut nicht mag. Als ich, längst erwachsen, ein paar Einzelheiten aus meinem Lageraufenthalt erwähnt habe, war meine Mutter überrascht.
Ich habe keinerlei Erinnerungen an meine Gefühle von damals. Ich könnte nicht aus der Erinnerung behaupten, dass ich unter Heimweh gelitten hätte, oder geweint habe, ob ich mich allein, hilflos oder gemein behandelt gefühlt habe. Ich hatte schon ein Staatsexamen hinter mir, als ich einen anderen jungen Mann getroffen habe, der ebenfalls in "Erholung" war und ähnliche Erlebnisse berichten konnte. Wir haben herzlich darüber gelacht, aber ich weiß noch, dass mein Lachen nicht echt war. Etwas drückte heftig auf meinen Magen. Wir sprachen vom "Kinder-KZ". Ich weiß: dieser Vergleich verbietet sich völlig (im KZ haben sie die Kinder zu Hunderttausenden oder Millionen umgebracht).
Nachdem ich -zig Berichte anderer Verschickungskinder gelesen habe, denke ich, war das Lager "Bergfeude" noch eines der weniger inhumanen.
Ich wurde dort im Wesentlichen lediglich gedemütigt und erniedrigt, genötigt (durch Essenszwang und Toilettenverbot), angelogen und nach Strich und Faden verar...; mein als Kind gefasstes Vertrauen zu einer Bezugsperson wurde gebrochen und missbraucht, meine Geschäftsunfähigkeit als Kind zum Nachteil meiner Eltern ausgenutzt.
Ich wurde aber nicht verprügelt, nicht im Bunker isoliert, musste nicht Erbrochenes essen, wurde nicht missbraucht oder Medikamentenversuchen und weiteren schweren Straftaten ausgesetzt und durfte sogar meine Kleidung behalten.
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C.D. aus Hamburg schrieb am 18.07.2024
Beim durchschauen alter Unterlagen im Haus meiner Mutter bin ich auf Postkarten und Schreiben aus dem „Kindersanatorium“ Königsfeld im Schwarzwald der Schwester-Frieda-Klimsch-Stiftung gestoßen und so einiges an schlimmen Erfahrungen kam wieder hoch.

Ich wurde auf anraten des Kinderarztes im Alter von 9 Jahren von April bis Juni 1971 nach Königsfeld „verschickt“. Ich soll zu dünn gewesen sein und für mein Alter viel zu wenig gewogen haben. Im Kindersanatorium sollte dem abgeholfen werden. Zudem sollte die Luft der Gesundheit auch sehr zuträglich sein.
Ich kann mich nur noch an ein paar Dinge meines Aufenthalts dorterinnern, aber die sind ziemlich bedrückend.
Ich war von Beginn an total eingeschüchtert von den „Tanten“ die sich um uns Jungen gekümmert haben. Ganz besonders von der Stations-„Tante“ Margot, einer älteren Frau. Es herrschte ein Ton von Zucht und Ordnung. Wer nicht aufessen konnte oder wollte (weil er das von zu Hause nicht kannte, das Essen nicht schmeckte oder er schlicht und ergreifend satt war) musste so lange sitzen bleiben, bis der Teller leer gegessen war. Weinen wegen Heimweh ging gar nicht. Wenn einer von uns dies tat, wurde er vor allen anderen Kindern als verzogen und verweichlicht beschimpft. Egal welches Alter. Wenn eines von uns Kindern über die Strenge geschlagen hat (welches Kind in dem Alter tut das nicht! Und ist es verwerflich, bei einem Spaziergang auf dem Aussengelände sich für Dinge die um einen herum passieren zu interessieren?), wurde mit Bestrafungen reagiert. Die gingen von Isolierung von der Gruppe, wo man in eine dunkle Kammer gesperrt wurde bis zu körperlichen Angriffen wie Schlägen auf die Hände - gerne auf die Fingerknöchel oder schmerzhaftes verdrehen eines Ohrs. Das regelmäßige schneiden der Fingernägel durch die Stations-„Tante“ Margot war eine Tortur. Die Nägel wurden uns mit der Begründung „damit du Nicht in der Nase bohrst“ so kurz geschnitten, dass es bei manchen von uns zum Teil blutete. Nur ein Mal machte es eine sehr junge Stations-„Tante“, die sehr behutsam war. Sie war aber nur sehr selten auf der Station, was wir sehr schade fanden, da sie die einzig nette Betreuungsperson war, die traurige Kinder auch getröstet hat. Sie war auch die einzige Person, bei der ich mich sicher gefühlt habe.
Schlimm und mit viel Scham behaftet war das zwangsweise gemeinsame duschen, nackt unter Beobachtung einer „Tante“ mit kaltem Wasser.
Als „Kur“ für die Atemwege mussten wir mindestens ein Mal in einem gefliesten und gekachelten Raum sitzen, während der Raum mit medizinischem Dampf für die Atemwege eingenebelt wurde.
Einmal die Woche haben wir Kinder nach Hause geschrieben. Die Briefe wurden danach von der Stations-„Tante“ Margot gelesen und wenn etwas von Heimweh oder dem Essen geschrieben wurde, musste der Brief nochmals geschrieben werden. Damit wir überhaupt schreiben konnten, mussten im ersten Brief nach Hause Briefmarken von den Eltern angefordert werden.
Päckchen von den Eltern wurden von der Stations-„Tante“ Margot grundsätzlich konfisziert und bis auf den beiliegenden Brief der Eltern einbehalten. War etwas zu Naschen mitgeschickt worden, wurde das einbehalten und zum Teil wurde es am Sonntag an alle Kinder auf der Station verteilt. Spielzeug wurde einbehalten.
Ein Dr. Alstede schickte ein Mal pro Woche eine vorgedruckte Karte an meine Eltern, auf der mit Schreibmaschine nur meine angebliche Verfassung und mein Essverhalten mit „gut“, „blass“, „unverändert“ und „lebhaft“ oder „vergnügt“ eingetragen wurde. Auf der ersten und die letzten Postkarte wurde meinen Eltern auch mein Gewicht mitgeteilt. Ich habe in den 6 Wochen grade einmal 1 Kg zugenommen. Die Untersuchungen durch einen Arzt waren ebenfalls erniedrigend. Nur in Unterhose vor ihm und einer „Tante“ stehend wurde ich vermessen und gewogen und zum Abschluss fummelte der Arzt im Genitalbereich herum.

Als ich nun im Internet ein wenig über das Kindersanatorium recherchiert habe bin ich auf einiges gestoßen was das System der Kinderverschickungen betraf. Schlimm finde ich, dass diese Zustände (auch in Königsfeld) bereits 1966 in der ZEIT beschrieben wurden (leider nur hinter einer Pay Wall lesbar). Nachdem ich dies gelesen hatte, war ich einerseits fassungslos und wütend, dass noch fast zwei Jahrzehnte lang (das Sanatorium wurde anscheinend in den 1980er Jahren geschlossen) Kinder diesen Torturen und Misshandlungen ausgesetzt wurden. Andererseits wundert es mich nicht. Wurden doch in der Zeit als ich dort hin musste, noch immer NS-Angehörige beschäftigt. Die Leiterin in Königsfeld wurde nach dem Krieg kurzerhand „entnazifiziert“ und konnte dort weitermachen, wo sie 1945 aufhören musste.
Zudem hatte, wie fast immer in solchen Einrichtungen, der Täterschutz und das Ansehen der Einrichtungen einen höheren Wert als das Schicksal der Kinder.
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Brüder Heilmann schrieb am 15.07.2024
Im Sommer 1977 wurden wir zur Vorbeugung von Atemwegserkrankung nach Glückburg geschickt. An das Heim kann ich mich nur wenig erinnern. Er war wohl wie eine Schule mit Schulhof. Im Flur waren Schaukästen mit getrockneten Seesternen und anderen Meeresbewohnern. Der Schlafsaal war eher ein Klassenraum mit dunkelblauen Vorhängen. Mein Bruder war damals 4 und ich war 7 Jahre alt. An die Erzieher kann ich mich nicht mehr erinnern. Auch kann ich mich an keine Übergrifflichkeit erinnern. Ich weiß jedoch, dass mein Bruder und ich fast täglich geweint haben.
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Stephanie Diercks aus Bremen schrieb am 14.07.2024
Ich war sieben Jahre alt als ich im Spätsommer zu meinem sechswöchigen Aufenthalt nach Brilon kam. Ich war blaß, klein und untergewichtig, deshalb die Kur.
Im Schlafsaal waren wir mindestens zu siebt. Es musste immer still sein, wenn nicht wurden wir bestraft. Ich kann mich an schreien erinnern und Verbote an bestimmten Aktivitäten teilzunehmen. Der Esszwang war für mich sehr streßig, stundenlanges sitzen vor dem Essen, bis man es aufgegessen hatte. Es gab kein einsehen von der Betreuer Seite. Jeden Tag mussten wir diesen ekeligen Apfelessig trinken. Dann gab es sehr lange erschöpfende Wanderungen, auf denen ich oft weinte, weil ich nicht mehr konnte, half aber nichts, irgendwann bin ich dann wie in Trance mit marschiert. Ich kann mich noch an einen Fliegenpilz erinnern, wenn der kam waren wir fast im Heim und ich konnte aufatmen. Dann gab es sowas wie mit Salzwasser zu spülen, da mussten wir Salzwasser in die Nase schütten und durch den Mund ausspucken, wenn man das nicht freiwillig gemacht hat, wurde einem "geholfen". An das "Duschen" mit kaltem Wasser und harter Bürste erinnere ich mich auch noch, wann und wie oft vermag ich nicht zu sagen. Dann gab es auch sowas zu ein Solarium, unter welches wir uns legen mussten, selbst wenn man schon verbrannt war. Ich bin hellhäutig und rothaarig. Während des 6-wöchigem Aufenthaltes war ich zweimal krank, einmal hatte ich Mittelohr Entzündung und das andere Mal weiß ich nicht was ich hatte. Allerdings fühlte ich mich während der Krankheit gut, weil wir nicht marschieren mussten und auch nicht zum essen gezwungen worden. Alles im allem war für mich das schlimmste, das ich etwas essen musste was ich nicht mochte und seit dem auch nicht mehrgegessen habe. Bei meiner Weigerung wurde ich lächerlich gemacht vor allen Kindern, und als ich den Brathering nach den Abendessen immer noch nicht angerührt hatte wurde ich geschlagen und bekam erst wieder am nächsten Tag zum Mittag etwas zum essen, damit ich den Wert der Nahrung zu schätzen weiß. Auf dem Spielplatz gegenüber des Eingangs, gab es eine Art Karussell, das fand ich toll. An Spielzeug erinnere ich mich nicht, aber ich weiß das ich viel gemalt habe. Nach den sechs Wochen war ich Froh wieder zu Hause zu sein.
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Dagmar aus Paderborn schrieb am 14.07.2024
Auch wir waren Verschickungskinder im Jahr 1966. Wir heißt: ich war 7, meine beiden Schwestern 11 und 12 sowie ein Bruder 13 Jahre alt. Wir waren für 6 Wochen in einem "Kindererholungsheim" in der Nähe des Schliersees/ Bayern (in meiner Rechersche habe ich es nicht gefunden). Die Hauseltern mussten wir "Onkel Fürsisch" (o.ä.) und "Tante Gretel" nennen. Deren Hauptaufgabe bestand offensichtlich aus Zwang, Bestrafungen und Demütigungen.Dann gab es noch eine einzige Betreuerin (Bettina ?), die sich wenigstens Mühe gab und einen kleinen Augleich schaffte.
Wir haben keine schöne Erinnerung, nur schlechte und übergriffige Dinge erlebt - aber wir 4 Geschwister hatten zum Glück uns zum Trösten und Helfen.
Doch mein eigentliches Anliegen, hier etwas zu schreiben gilt einer damaligen "Schicksalsgenossin" über die wir in all den Jahren immer wieder gesprochen haben. Sie heißt Annette, war damals 10/11 Jahre alt, hatte dunkle Haare und kam aus Köln (?). Ihr schmeckte scheinbar das Essen genau so schlecht wie uns allen, sodass sie sich in den Teller übergeben musste. Daraufhin wurde sie gezwungen den Teller samt Erbrochenem leer zu essen. Nie werden wir vergessen, wie schrecklich diese Situation für sie gewesen sein musste. Sie tat uns unendlich leid und sie hatte Niemanden, der sie trösten konnte.
Bis heute finde ich schlimm, dass niemand für Dich einstand, aber wir waren wohl alle viel zu verängstigt in dieser autoritären Umgebung.
Ich hoffe, Du hast diese "Geschichte" verarbeitet und hast heute Menschen um Dich, die Dich trösten und für Dich einstehen.
Liebe Grüße Dagmar und Geschwister
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Gabriela Schwartbeck aus Metelen schrieb am 14.07.2024
Hallo, bei mir würden durch einen Zeitungsartikel in der Münsterschen Zeitung wieder alle Erinnerungen wach gerufen. Ich bin mittlerweile 70 Jahre und Rentnerin.
Mit 5 Jahren wurde ich nach einer Masern Erkrankung zur Kur geschickt. Begründung: Zur Zunahme an Gewicht und da wirst du lernen Gemüse zu essen. In Lünen am Bahnhof war für uns die Sammelstelle. Dort nahm und die Begleitung in Empfang. Die Kur wurde von der Knappschaft bezahlt. Mit dem Zug ging es dann nach Wildeshausen. In Erinnerung blieb die schwarze Dampflok, die für mich riesengroß wirkte. Das sehr kleine Kurheim lag im ländlichen Bereich, umgeben von viel Wald. Sofort nach unserer Anfahrt ging es ins Badezimmer, 15 Kinder Jungen und Mädchen gemischt. Dort gab es eine Badewanne, in der wir im Schnelldurchgang gebadet wurden. Direkt mit Schlafanzug bekleidet ging es ins Bett. Dort bekamen wir unser Brot in die Hand gedrückt, etwas zu trinken und dann hieß es schlafen, mit der Warnung , wir wären alle zur Toilette gewesen. Geleitet wurde das Haus von zwei älteren Damen, eine die dickere Fame war für die Küche zuständig, und die andere , ich glaube sie hatte eine Kopfbedeckung ,wie eine Diakonissen auf. Sie war zumindestens recht Angst einflößend. Um das ganze zu verstärken schlug sie bevor sie ging mit einem Rohrstock auf jedes Bett. Ich selbst war voller Angst. Somit war am anderen Morgen mein Bett nass. Hier fehlt jede Erinnerung, wie sie damit umgegangen sind. Ich weiss nur noch, dass ich als Strafe abends nichts mehr zu trinken bekam. Zum Frühstück bekamen wir alle ein Lätzchen,welches wir nach Gebrauch an unserem Haken hängen mussten. Es gab morgens Haferflocken mit heißer Milch. Damit bin ich klar gekommen, mein Glück. Der Albtraum war das Mittagessen. Es war Pflicht, schliesslich sollten wir ja zunehmen,einen zweiten Nachschlag zu essen. Vor dem Essen war ein gemeinsamer Toilettengang, man hatte müssen zu müssen und das auch unter Aufsicht. Ich kann mich nicht entsinnen, dass ich mal allein zur Toilette gegangen bin, immer nur in Zweierreihe. Bevor ich zum Essen meinen Platz einnahm, bestückt mit Lätzchen, stieg die Angst schon hoch, was ist in der Schüssel, war es etwas,was ich möchte, falls nicht, stieg die Panik schon wieder hoch. Warum, man müsste die Schüssel leer machen und dann noch ein zweites Mal. Pech für mich, es war gnadenlos. Hatte man dann erbrochen, musste man auch das weiter essen. Wenn auch das nicht geschah, war vor der Küche eine lange Anrichte. Dort wurde man hingeschleppt, draufgelegt, Hose runter und man erntete eine Tracht Prügel. Zum Abendbrot gab es fertige Brote. Ich mochte überhaupt keinen Käse, egal in welcher Form. Und stets war das Brot mit dick Schmierkaese, den ich heute nicht nicht essen kann, da steigt sofort der Ekel Faktor auf. Es musste gegessen werden. Auch am Abend wurde genauso widerfahren. Nach dem Abendessen würden wir jeweils zu zweit unter die Höhensonne gelegt, mit dick Nivea Creme und einer Schutzbrille. Auch hier dürfte nicht gesprochen werden. Danach wieder gemeinsamer Toilettengang und dann ins Bett. Von Glück kann ich sprechen, mein Körper reagierte, ich würde krank, mit hohem Fieber. Müssen wohl mehrere Tage gewesen sein. In dieser Zeit kein Essenszwang.
Während dieser Zeit ist meine kleine Schwester verstorben. Niemand redete mit mir, ich musste wieder in dem Gitterbett schlafen, indem sonst meine Schwester geschlafen hatte. Ich war so eingeschüchtert, habe nicht danach gefragt.
Mein Essverhalten war gestört, konnte nicht gut essen, auch des öfteren erbrochen. Somit würde wieder eine Kur von der Knappschaft bewilligt. Und ohne Schreck, wieder in das gleiche Kurheim mit den schrecklichen Tanten, nur dass ich jetzt zwei Jahre älter war. Es lief wieder alles so ab , wie bei der ersten Kur. Nur für abends mit dem Belag der Brote, bekam ich oft die Gelegenheit, diesen in meiner Bollerbuxe verschwinden zu lassen. Mein Bett stand nämlich dieses Mal direkt unter dem Fenster. Und darunter befand sich das Flachdach der Liegehalle, auf dem ich den Belag fallen ließ. Eine Begebenheit während der Mittagsruhe, über meinem Bett war eine Spinne. Ich bin aufgestanden und habe die mit meinem Hausschuh platt gemacht. Es dauerte nicht lange und die dicke Tante aus der Küche kam, zig mir die Hose runter und verprügelte mich. Ich habe geschrien. Nach der Mittagsruhe gab es immer Tee und Kuchen oder Kekse. Die Kids wurden aufgefordert über mich zu lachen und ich bekam keine Plätzchen zur Strafe. Auch während dieser Zeit war mir das Glück hold und ich würde krank. Wieder mit hohem Fieber, das Zahnfleisch war geschwollen und recht schmerzhaft. Kauen war nicht möglich. Danach bekam ich zum Essen meinen Platz vor der Küche,dort hat man mich gnädig behandelt ohne zwang, statt Brote mehr Pudding usw.
Das Ende der Zeit: und wieder nicht zugenommen.
Ich blieb ein schlechter Esser, somit nahm ich auch nicht an Gewicht zu.
Das ergab wieder , dass ich nach zwei Jahren zur Kur musste. Doch dieses Mal ging es auf die Insel Norderney Haus Heckenrose in der Mühlenstraße 22. Die Überfahrt von Norddeich dorthin war natürlich aufregend. Zwei aus meiner Schulklasse waren auch dabei. Dich Jungen und Mädchen wurden getrennt. Dort angekommen würden wir nach Alter eingeteilt. Dann wurde von unserer Betreuerin die Betten an uns verteilt. Leider hatte ich Pech. Ich blieb über und stand dann da ,wie ein begossener Pudel. Musste dann zum Schlafen in eine andere Gruppe, fühlte mich dadurch nirgendwo zugehörig. Ich ließ es über mich ergehen. Ich war traurig, in meiner Gruppe wurde vor dem Schlafen noch vorgelesen und durfte nicht dabei sein. Dort wo ich schlafen mußte passierte nichts.
Auch in diesem Kurheim durfte man nachts und in der Mittagsruhe nicht auf die Toilette. Nur , wenn die Nette Wache hatte, war es möglich. Die Not macht erfinderisch. Jeder hatte sein Handtuch zu über dem Bett hängen. In der Dunkelheit habe ich mir das zusammen geknuddelt und da hinein uriniert. Es wurde aber nur einmal in der Woche die gesamte Wäsche gewechselt. Bald schon beschwerten sich die Kinder aus diesem Schlafraum. Ich würde ins Bett machen. Mein Bett wurde kontrolliert, doch da waren keine Spuren. Das Handtuch hat niemand beachtet. Eine Begebenheit hat mir dann das Leben in diesem Schlafraum erschwert. Ein Mädchen bekam ein Päckchen mit Süßigkeiten von ihren Eltern. An alle hat sie verteilt. Ich musste zuschauen, gehörte ja nicht zu dieser Gruppe. Im Speisesaal durfte während des Essens nicht geredet werden. Es wurde in dieser Zeit vorgelesen. Ich würde beim Reden erwischt und musste dann zur Strafe in den Schlafraum. Die Versuchung dort war recht gross,mal in das Päckchen mit den Süßigkeiten zu schauen und habe mir zwei KitKat herausgenommen. Die betroffene Person hat es gemerkt. Alle aus diesem Schlafraum haben es mich spüren lassen, das war keine einfache Zeit.Ein kleiner Ausgleich war dann immer die Zeiten am Strand, die habe ich genossen, da war ich unbeschwert. Noch heute ist die Nordsee meins. Trotz allem hatte ich in den sechs Wochen gut zugenommen.
Glücksburg St. Ansgar ein größeres Kurheim mit ca.180- 200 Kindern. Jede Gruppe hatte einen Tiernamen. Hier wurde viel gebetet. Vor dem Frühstück Morgengebet und zu allen anderen Mahlzeiten vor und nach dem Essen und vor dem Schlafen gehenJeden Sonntag mussten wir in die Kirche. Morgens ,mittags und abends wurden wir bewacht, auch von Personen, die keine Betreuer waren. Sie waren auch schon teilweise älter. Abends wurde von der Wache vorgelesen. In der Mittagsruhe durfte nicht geredet werden. Zur Toilette gehen würde erst immer unterbunden, aber letztendlich könnte man doch gehen. Schlimm war das duschen. Diese befand sich unten im Keller, ein großer Becken mit vielen Duschköpfen. Wir hatten alle einen Badeanzug an. Die Dusche wurde angestellt,da müssten wir uns nass machen, Dusche wieder aus, auf Kommando einseifen wie die Schneemänner, Dusche an zum entseifen. Dieser Ort war erdrückend. Heute würde ich sagen verkörpert es für mich,wie damals die Gaskammern, ich hatte selbst noch Lehrer, die davon erzählt hatten.
Abends mussten wir schon um 20.00 ins Bett, obwohl draußen die Sonne schien und es auch in den Schlafräumen trotz Gardine nicht annähernd dunkel war.
Wir haben einiges an Ausflügen gemacht. Mit dem Schiff nach Flensburg ins Naturkundemuseum, nach Sonderborg, und mit dem Bus nach Romo, da könnte der Bus bis zum Strand fahren. Einmal in der Woche ging es ins Wellenbad, durften aber nur vorne bleiben, die Betreuerin konnte nicht schwimmen. Der Sonntag war außer dem Kirchgang etwas Besonderes. An dem Tag lag immer auf dem Frühstückssteller eine Süßigkeit. Jede Gruppe hat te passend zu einem gestellten Thema etwas vorbereitet. Alle Gruppen kamen dann zusammen und zeigten was sie vorbereitet hatten. Dreimal in der Kur wurden unsere Köpfe nach Läusen untersucht. Wer Läuse hatte bekam etwas auf dem Kopf mit einer Badekappe auf dem Kopf.
Schrecklich war immer der Tee, der in einer Blechkanne abgefüllt war.
Die schönste Zeit war am Strand.
Haus Nordmark Westerland auf Sylt
Wir mussten vom Bahnhof aus den Weg zum Kurheim laufen. Dort angekommen würden wir von der Heimleitung in die Alters entsprechende Gruppe eingeteilt. Bis alle da waren dauerte bis zum Abend, da Viele eine lange Anreise hatten. Jede Gruppe hatte einen Namen und zum größten Teil einen eigenen Gruppenraum. Als wir ins Haus kamen, könnten wir Fifi ein Kapuzineräffchen im großen Käfig begrüßen. Seine Pflegerin, die die Krankenstation unter sich hatte gab ihm ein Gummibärchen. Einmal durften wir sogar erleben,wie er gebadet wurde. Für den Anreisetag und den darauffolgenden Tag hatten wir eine Vertretung als Betreuerin, weil die Gruppenleiterin unsere Koffer auspackte. Auch hier fand Morgen und Abendgebet statt, sowie zu allen Mahlzeiten vor und nach dem Essen. Sonntags würden wir aufgeteilt in katholische und evangelische Kinder aufgeteilt und zu den Gottesdiensten geschleppt. Niemand konnte sich dem entziehen.
Heute weiß ich, dass die Häuser St. Ansgar in Glücksburg und Haus Nordmark in Westerland von einer religiösen Gemeinschaft geleitet wurde. Beide Häuser gibt es nicht mehr.
Jeden zweiten Tag gab es morgens Milchsuppe und Brot mit Marmelade, die auf einem Tablett waren. Während des Frühstücks wurde die Betreuerin manchmal abgelöst, sie ging dann zum Gottesdienst. Diese Ersatzpersonen kamen aus den Bereichen: Küche, Haus, Waschküche. Mittags das Essen möchte ich Vieles nicht. Einmal gab es Spinat ,wohl ein Fehlgriff : eine von uns sagte weinerlich : die Seile mag ich aber nicht, er war noch ganz.Zum Abend wenn wir wieder kamen befanden sich die fertigen Brote im Gruppenraum. Manchmal mit ekelhafter Streichwurst. Der gesamte Gruppenraum stank danach. Schlimm war es, wenn es dann auch noch Schwarzbrot war und der Blümchen Tee. Samstagsabends gab es Cornflakes mit warmer gesüßter Milch.
Wir haben viele Ausflüge gemacht. Dafür wurde Proviant mitgenommen. Leider auch wieder belegtes Schwarzbrot, für jeden einen Apfel und einen Kanister mit Sirup. Bei der ersten Raststätte wurde er mit Wasser aufgefüllt. Das Schönste war die Fahrt in die Wanderdünen. Da konnten wir den ganzen Tag toben.Mittags kam der Bulli mit einem riesen Topf mit Eintopf, den es dann im Blechteller gab, für 200 Kinder. Bei diesem Ausflug hatte eine von uns ihre Zahnspange im Sand verloren, wurde auch nicht wiedergefunden. Wir sind sogar auch im Meer schwimmen gewesen. Dazu hatten wir alle orange farbende Badekappen auf. Die Betreuer bildeten eine Grenze und am Flutsaum stand Jemand mit einer Trillerpfeife. Ich war nur mit den Füßen drin, hatte zuviel Angst vor den Wellen.
Die Wäsche wurde zweimal die Woche gewechselt. Die Betreuerinnen hatten die Möglichkeit, Unterwäsche und Strümpfe zu waschen.
Zum Schluss sind wir alle zum Souvenirladen gegangen, im dort Andenken zu kaufen für zu Hause.
Im Gegensatz zu den Kuren in Wildeshausen waren die letzten beiden Kuren, außer der vielen Beterei okay.
Die Insel Sylt ist zu meiner Insel geworden. Es war schon komisch zu sehen, dass das Haus platt gemacht wurde.
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Konrad aus Konstanz schrieb am 11.07.2024
Ich war 1965 über die Barmer Ersatzkasse in Lenggries zur Kur. Schreckliche Zeit, denn das Personal, insbesondere die Nachtschicht haben ihre Befriedigung an uns ausgelassen. Ich wurde mehrmals am Bett festgebunden und hatte festgestellt, daß sich jemand neben mich gelegt hatte. Aus Angst und weil es auch dunkel war hatte ich mich nicht gerührt und keinen einzigen Blick auf die Person geworfen. Nur ihre Berührungen gespürt. Dies hatte aber nur abschreckende Wirkung. Es lief später alles wie in einem Film in meinen Gedanken ab und ich habe nie mit jemanden darüber gesprochen.
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Gisela schrieb am 06.07.2024
Ich war vom 3.07.73 bis zum 14.08.73 sechs Wochen im Kinderheim „Dr. Selter“, 579 Brilon - Möhneburg, Möhneburg 3 zur Kinderkur.

Ich erinnere mich, dass zuvor meine Cousine auch zur Kur gefahren war. Vielleicht mag das für meine Eltern eine Anregung gewesen sein, für mich auch eine Kur zu beantragen. - Meine Mutter erklärte mir sehr viel später, dass eine Kinderkur damals so üblich gewesen wäre. - Als Anlass für eine Kur wurde vermutlich Untergewicht oder auch Blässe für mich angegeben.
Nach der Bewilligung wurden alle meine Kleidungsstücke und sonstige Dinge, die ich mitnehmen musste, mit einem mit meinem Namen beschrifteten Bügelband versehen, was meine Mutter lange am Bügelbrett beschäftigte. Meine Mutter schien jedoch sehr stolz zu sein, dass ihre Krankenkasse, die Kur für mich genehmigt hatte.

Das liebste Kuscheltier nahm ich nicht mit, was ich als sehr schmerzhaft empfand. Ob dies so vorgeschrieben was oder ob wir uns in der Familie selbst darauf geeinigt hatten, weiß ich nicht mehr. Ich bat meine jüngere Schwester in meiner Abwesenheit mit ihm zu spielen. Auf jeden Fall fehlte mir mein Kuscheltier in den sechs Wochen sehr und es hätte mir meine Einsamkeit dort wesentlich erträglicher gemacht.

Die Anreise erfolgte über den Hbf Hannover per Zug, zu dem mich meine Eltern brachten. Dort wurden wir Kur-Kinder bei einer mir unbekannten Begleitperson abgegeben. An den Blick aus dem Zugfenster zu meinen Eltern bei der Abfahrt kann ich mich gut erinnern. Ein erstes Gefühl der Einsamkeit befiehl mich.

Es gab es viele Quarkspeisen, besonders als Nachtisch. Das kannte ich von zu Hause nicht, hat mir aber geschmeckt. Auch den Zwieback eingetunkt in Milch am Nachmittag mochte ich. An die sonstigen Mittagessen habe ich trotz meiner Aufzeichnungen keine bewussten Erinnerung mehr, bis auf die langen, weißen, blanken Tische im Speisesaal, die einen kühlen, abweisenden, strengen Eindruck vermittelten.
An die Trinkkur konnte ich mich nicht gewöhnen! Aus einem durchsichtigen ausgewaschenen Joghurtbecher mussten wir regelmäßig ein sehr stark perlendes Mineralwasser mit etwas Salz und 1 EL Apfelessig trinken. Das schmeckte mir ekelig, zu sauer, essigscharf. - Heute mag ich die Mischung allerdings gerne.
Am Samstag gab es am Abend immer eine Grillwurst mit Gurke, Tomaten, Senf und Brötchen. Das war lecker und erinnerte mich an unsere Grillaktionen zu Hause. Ob es am Samstag Mittagessen gab, weiß ich nicht mehr.

Abgeduscht wurden wir mit kaltem Wasser. Dazu wurden wir mit einer harten Bürste kräftig abgebürstet. Einmal gab es einen Wasserschaden und das Duschen fiel glücklicherweise aus!

Die Heimleiterin, Frau Selter, vermittelte einen sehr strengen, klar strukturierten, autoritären und lieblosen Eindruck. Alle Mitarbeiter hielten sich streng an ihre Richtlinien und verhielten sich uns Kindern gegenüber ebenso empathielos.
Insgesamt strahlten die Mitarbeiter eine sehr sachliche, kühle, aber auch wankelmütige Haltung aus. Ich kann mich an kein liebes, freundliches, zugewandtes, Trost spendendes Verhalten der Betreuerinnen gleichermaßen gegenüber allen Kindern erinnern. Dagegen teilten die Mitarbeiterinnen ihre Zuneigung ganz willkürlich, eher den dominanten Kindern zu und bevorzugten diese, während die stillen, zurückhaltenden Kinder unbeachtet und mit ihren Sorgen und ihrem Leid allein blieben.
Als ich im Juli ´73 ankam, bestand die Gruppe u. a. aus einigen sehr dominanten älteren niveaulosen Mädchen im vorpubertären Alter, die die jüngeren Kinder drangsalierten. Sie stellten sie bloß, lachten sie aus, machten sich öffentlich über sie lustig und demonstrierten dadurch ihre Machtposition innerhalb der Gruppe.
Ich erkannte diese Gruppenzusammensetzung ziemlich schnell, versuchte nicht in deren Aufmerksamkeit zu geraten und versuchte mich immer unsichtbar zu machen. Ständig war ich wachsam, um keinen Anlass für Quälereien zu bieten, was mir einmal leider nicht gelang.
Die Betreuerinnen griffen in diese internen Machtverhältnisse nicht ein und behandelten die Mädchen eher mit Vorsicht, um selbst keinen Konflikt mit ihnen hervorzurufen, so habe ich es empfunden.
Nach 14 Tagen schien sich regelmäßig die Gruppenzusammensetzung zu ändern. Nun war ein sehr junges Mädchen dabei, 4 oder 5 Jahre alt. Die älteren Mädchen übernahmen begeistert die Mutterrolle, nahmen ihre Betreuung den offiziellen Betreuerinnen ab und reduzierten ihre Drangsalierungen dadurch gegenüber den anderen Kindern ein wenig. Eine geringfügige Entspannung, wobei jedoch die Wachsamkeit und innere Anspannung bei mir blieb.
Nach weiteren 14 Tagen reisten auch diese älteren Mädchen ab. Das war für mich eine große Erleichterung.
Jedoch wurde ich einige Tage später krank und verbrachte den größten Teil des Endes meines Kuraufenthaltes isoliert in einem Krankenzimmer im Dachgeschoss.

Zwischen dem Kurheim und dem eingezäunten Spiel- und Draußenbereich befand sich ein wenig befahrener Wirtschaftsweg. Dort wurde in meiner zweiten Kurwoche einer der beiden Kurzhaardackel - Knüfke - angefahren. Das war schrecklich, er jaulte jämmerlich und kam von seinem „Krankenhausaufenthalt“ auch nicht wieder. Was mit ihm geschehen war, wurde uns nicht mitgeteilt.

Der Spielbereich gegenüber dem Heim bestand aus einem Sitzbereich vorne an der Straßenseite. Heute würde ich sagen, er bestand aus einer Menge Partybänken und Tischen. Das weitere Gelände hatte wohl eine Schaukel und endete auf einer Anhöhe – dem Spielberg.

Von dort oben konnte man über das Tal hinweg zu den gegenüber liegenden Hügeln schauen. Diesen Blick habe ich als sehr erholsam, für meine an starkem Heimweh leidende Seele tröstend wahrgenommen. Dieser Blick von dort oben von dem Spielberg in die weite Natur hat mir geholfen die einsame, sprachlose Zeit – und sozial angespannte, sehr stressige Zeit - in der Kur zu ertragen. So oft ich konnte, habe ich mich dort oben hingesetzt, um aus der Beobachtung der Natur Kraft zu verspüren, die Zeit zu überstehen.
Ich habe dort an die Familie gedacht, für mich gesungen, mir Mut gemacht, den Kontakt zu Gott gesucht und daraus Hoffnung geschöpft und Durchhaltevermögen entwickelt.

Wir sind als ganze Kindergruppe gelegentlich durch Wald, Feld und Hügel gewandert oder spaziert. Anfangs des Weges geordnet in Zweierreihen, später lockerer. Die Natureindrücke gefielen mir sehr und taten mir gut, das erlebte ich zu Hause nicht: Der dichte Wald, das Wassertreten im Bach, das Spazieren durch den Nebel, das Sonnenlicht über den Hügeln, …
Das strenge Reglement beim Gehen nahm ich einfach so hin.

Insgesamt war es eine sehr, sehr einsame Zeit. Freundschaften haben sich dort nicht ergeben und wurden auch nicht gefördert. Durch den häufigen Wechsel der Kinder, meine Vorsicht und das gemischte Alter war es nicht einfach Kontakte zu knüpfen. Ich war oft allein mit meinen Wahrnehmungen, meinen Gedanken und musste meist gut aufpassen, nicht in eine Opferrolle innerhalb der Gruppe zu geraten. Dazu kam das starke Heimweh.
Die Erzählungen der Briefe, die ich von der Familie erhielt, stimmten mich meist traurig. Ich fühlte mich verlassen und von dem Familiengeschehen ausgeschlossen.
Trotzdem habe ich von meinen eigenen Sorgen nichts in meinen Briefen geschrieben, um meine Familie nicht traurig und besorgt zu stimmen. Schließlich hatte sich die Familie dafür eingesetzt, dass ich zu dieser „tollen Kur“ gehen konnte.
Auch zu Hause habe ich später von meinen schmerzhaften Erfahrungen nichts berichtet. Es hat aber auch niemand ernsthaft danach gefragt.

Als ich nach 4 Wochen Aufenthalt krank wurde, habe ich die Erkrankung aus den oben genannten Gründen – das belastende soziale Gefüge der Gruppe - anfangs als starke Erleichterung empfunden, obwohl die Erkrankung mit tagelangem isolierten Aufenthalt in einem Dachzimmer verbunden war. - Keine Angst mehr vor Drangsalierungen, Bloßstellung, kein sich Verstecken mehr, keine zwanghafte Wachsamkeit gegenüber empathielosen Betreuerinnen, nur sozial entspannen.
Ich lag ständig im Bett – 7 Tage - , den Blick auf einen Baum gerichtet, in dem ein Vogel wohnte, erhielt nur 1x Besuch von einem Mädchen. Diese Monotonie war anfangs sehr beruhigend, - später langweilig.
Ich fragte mich, ob meine Eltern von meiner Erkrankung wussten, besonders da die Abreise gefühlt langsam bevor stand und ich lange keine Post mehr von ihnen erhalten hatte. – Ich vermute, dass meine Post zurückgehalten wurde, da mir kurz vor der Abreise eine größere Anzahl Briefe ausgehändigt wurden.
Ein Zeitgefühl hatte ich während der Zeit im Krankenzimmer verloren und malte mir später, nachdem ich eine Betreuerin nach dem Datum gefragt hatte, deshalb einen eigenen Kalender, auf dem ich die Tage bis zur Abreise abkreuzte.
Zu Beginn meiner Kur hatte ich von meiner Mutter einen kleinen Taschen-Kalender erhalten, in dem ich mir jeden Tag einige Notizen zu meinem Aufenthalt machte. Diese persönlichen Dinge blieben jedoch während meiner Erkrankung in meinem ursprünglichen Zimmer, - an dieses Zimmer habe ich keine Erinnerung mehr. Ich traute mich nicht, die Betreuerinnen zu bitten, mir meine Sachen in mein Krankenzimmer zu bringen, da ich Angst hatte, sie würden in meinem Kalender-Tagebuch lesen und ich dann Ärger bekommen würde. Später habe ich in meinem Kalender-Tagebuch alles nachgetragen.

Nach meiner Erkrankung musste ich anfangs zur Schonung im Haus bleiben. Dort habe ich mit einer Betreuerin die Schuhe von Kindern geputzt, die abreisten, erinnere ich mich. Das fand ich sehr ungewöhnlich, aber nicht ganz schlimm. So genau Schuhe geputzt hatte ich zu Hause noch nie. Das war neu für mich und nach dem langweiligen Aufenthalt im Krankenzimmer unter dem Dach interessant.

An einen Arztbesuch während meiner Erkrankung, kann ich mich nicht erinnern.
Was wir an Regentagen gemacht haben sowie welche und ob es Spielzeuge im Haus gab, ist einfach aus der Erinnerung weg. An „Tanzstunden“ habe ich eine dunkle Vorstellung: Immer Sonntags, bewegen im Raum, bei Musik?, an die ich mich nicht mehr erinnern kann. Für die jungen Kinder, wie mich, eher verwirrend. Für die älteren Kinder eine peinliche, befangene Situation.
An eine „Turnstunde“ mit Übungen an einer Sprossenwand, kann ich mich unangenehm erinnern. Auch an einen Besuch des Schützenfestes und einige „Reitstunden“ auf dem Pony Lorbas.
Gelegentlich wurden Kreisspiele durchgeführt: „Der Plumpsack geht rum“. Bei Gruppenspielen war ich immer schlecht. Zu viel sozialer Stress für mich und ein potentieller Angriffspunkt für ein späteres Bloßstellen durch die Betreuerinnen und durch die Kinder.
An zwei Samstagen meines Aufenthaltes – vermutlich 1x pro Monat - kam ein Arzt, um uns zu untersuchen: wiegen, messen, …

Einmal in der Woche mussten wir Briefe an unsere Angehörigen schreiben. Das wurde verordnet und war Pflicht. Meine Mutter hatte mir Briefmarken mit gegeben und nachgeschickt.
Öffentlich verteilt wurden die Briefe nach dem Mittagessen – meine ich. Das war immer traurig, wenn man keine Post erhielt.

An einigen Tagen sangen wir regelmäßig mit einer uns mit Gitarre begleitenden jungen Mitarbeiterin Lieder aus der „Mundorgel“ . Ich war musikalisch gebildet und empfand dieses für mich neue Liedergenre – ich war eher religiös geprägt - sehr erfrischend.
Ich lernte Lieder wie: Polle reist zu Pfingsten, Wer nur den lieben langen Tag ohne Arbeit , In einem Harung jung und schlank, Kein schöner Land, Hoch auf den gelben Wagen, Sabinchen war ein Frauenzimmer, Sascha liebt nicht große Worte, Heute an Bord, …
Später habe ich meinen Geschwistern diese Lieder auf familiären Urlaubsreisen vermittelt. Das hat uns sehr viel Spaß bereitet!

Einen Tag vor der Abreise nach Hause konnten wir Andenken kaufen. Mein Taschengeld bewahrte ich die sechs Wochen über in meinem von meiner Mutter mitgegebenen extra angeschafften roten Portemonnaie mit Doppeltaschen auf. Wobei ich vermutete, dass etwas Geld während meiner Erkrankung abhanden gekommen war. Meine Frage an die Betreuerinnen wurde damit abgetan, dass vermutlich Briefmarken angerechnet worden waren.
Auf langen Tischen waren regional typische Produkte aufgebaut bzw. Kuckucksuhren, ….. Ich wunderte mich, was in dieser Gegend alles typisch war, denn davon hatte ich während der 6 Wochen nichts mitbekommen.
Wir wurden von einem Fotografen gedrängt ein Foto machen zu lassen. Das wollte ich aber nicht, denn ich wollte keine Bilder als Erinnerung von dem Aufenthalt mit nach Hause nehmen. Auch war mein Geld dafür zu knapp.
Ich kaufte für meine Eltern und die ganze Familie ein Wetterhäuschen. Das hing tatsächlich lange zu Hause an einer Wand. Ich habe mich einerseits gefreut, dass es meinen Eltern so wichtig war, dass sie es aufhängten – das hatte ich nicht erwartet.
Andererseits kamen beim Anblick immer zwiespältige Erinnerungen bei mir hoch.


Mein Kuraufenthalt erinnerte mich sehr stark an meinen quälenden Krankenhausaufenthalt in der Kinderheilanstalt Hannover in der Ellernstraße zwei Jahre zuvor.
Dort musste ich anlässlich eines Armbruches 6 Wochen im Bett liegend verbringen: Ausgeliefert lieblosen Kinderkrankenschwestern, zwanghaftem Drängen das Essen aufzuessen, getrennt von den Geschwistern und nur den erlaubten 30 Minuten-Besuchen durch die Eltern zweimal die Woche.
Das Laufen und Treppensteigen musste ich nach den 6 Wochen neu erlernen ….
Diese Situationen in den damaligen Kinderkrankenhäusern wären eine ähnliche Aufarbeitung wert ….,
… wobei, vielleicht würde sie sich nur geringfügig unterscheiden ….
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Karin aus Amrum schrieb am 06.07.2024
Hallo,
ich war 1979 (?) auf Amrum 6 Wochen zur Kur wegen meiner chronischen Bronchitis.
Meine Erfahrungen decken sich mit vielen Schilderungen:
Nur zensierte Post nach Hause
Ansonsten kein Kontakt zur Familie
Anrufe der Familie gab es nur in dringenden/außergewöhnlichen Fällen
Post der Eltern war bereits geöffnet, wenn sie bei uns ankam
Zugesandte Süßigkeiten wurden an alle verteilt
Geschlafen wurde in einem großen Schlafsaal, die Ruhe wurde überwacht
Regelmäßig wurden wir gewogen und auf Läuse kontrolliert
Täglich gingen wir Mädchen mit Kopftuch lange spazieren
Ansonsten gab es nur noch Inhalationen als einzige weitere medizinische Anwendung
Die „Schwestern“ waren sehr streng, unangenehm und gefühllos, es gab viel Heimweh für das es allerdings kein Verständnis gab

Ich war damals in der sechsten Klasse und erinnere mich noch, dass meine Eltern mich bis nach Pinneberg brachten und von dort reiste ich allein weiter.

Ich habe es nicht so schlimm erwischt, wie viele andere. Wahrscheinlich weil ich mich so gut es ging anpasste und quasi unsichtbar blieb, so weit das möglich war. Wie ich mich an die Reaktionen der „Schwestern“ erinnere, war es auf jeden Fall besser nichts zu sagen und alles mit sich selbst auszumachen.

Vieles von damals habe ich wohl erfolgreich verdrängt. Eine positive Erinnerung habe ich an ein gemeinsames Fest am Ende der Kur. Hier waren auch die Jungs eingeladen und es wurde sogar etwas getanzt.
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Michaela aus Radolfzell am Bodensee schrieb am 06.07.2024
Hallo zusammen,

vor ein paar Wochen bin ich durch Zufall auf einen Artikel über Verschickungskinder gestossen und mir ist erst dort bewusst geworden, dass die Kur in die ich im Alter von 6 Jahren geschickt wurde, gar nicht nur mich betraf, sondern dass sie Teil eines Systems war. Seitdem fühle ich mich rastlos und sauge alles zu diesem Thema auf.

Ich wurde von Bremen aus verschickt, wo ich im Februar 1973 geboren wurde und wir bis zu meinem 9. Lebensjahr gewohnt haben. Ich kann mich an den Bahnsteig in Bremen erinnern, aber nicht an die Zugfahrt. Ich kann mich auch nicht an das Heim erinnern. Selbst die alten Fotos im Internet sagen mir nichts und wecken keinerlei Erinnerung. Ich kann mich auch nicht an die ErzieherInnen/BetreuerInnen erinnern. Ich sehe einen Schlafraum mit mehreren Betten vor mir, kann mich aber nicht an einen Speisesaal erinnern. Ich erinnere mich, dass ich mit einer Gruppe von Kindern und einer Frau zusammensass und es irgendwie um Post ging, kann mich aber nicht erinnern ob wir welche bekamen oder selbst geschrieben haben. In meiner Erinnerung sassen wir eng zusammen in einer Art Vorraum zum Schlafraum, in den man durch eine Scheibe hineinsehen konnte. Das Bild löst nur ein Gefühl von Traurigkeit in mir aus.

Ich kann mich an einen Gang erinnern und an einen Jungen, vor dem ich Angst hatte. Ich sehe mich in einer Toilettenkabine vor ihm verstecken und dass er mir auf dem Gang entgegenkommt und ich ganz an der ihm entgegengesetzten Wand gehe und spüre dabei die Angst vor ihm. An die anderen Kinder habe ich keine konkreten Erinnerungen. Ich kann mich an Heimweh erinnern und daran, dass ich nachts im Bett geweint habe. Ich kann mich aber an keine Mahlzeiten erinnern. Ich wurde verschickt um abzunehmen und erinnere mich, dass ich Blendi Zahncreme gegessen habe und Assugrin Tabletten, weil ich Hunger hatte. Den Geschmack habe ich heute noch im Mund... Ich sehe den Waschraum mit mehreren Waschbecken vor mir, aber wenn ich daran denke, fühle ich mich allein. Ich sehe keine anderen Kinder in dem Raum. Und ich kann mich auch überhaupt nicht erinnern, wie wir die Tage verbracht haben.

Aus den Notizen meiner Mutter weiss ich, dass ich bei meiner Rückkehr völlig verstört war. Ich hatte einen Wasserbauch von all der Suppe die ich wohl bekommen hatte, meine Haare waren stumpf und kaum durchkämmbar. Ich soll sie mit grossen Augen angeschaut haben und als ich etwas sagen wollte kam kein Ton raus. In der ersten Nacht habe ich mich ganz nah an meine Mutter gekuschelt. Ich bin ihr tagelang kaum von der Seite gewichen und habe keinen Schritt ohne sie gemacht. Es dauerte 5 Tage bis ich wieder gesprochen habe und langsam meine Sicherheit wiederfand.

Dass ich zur Kur geschickt wurde, weiss ich schon lange und ich bin seit langem überzeugt, dass diese Kur der Startschuss dafür war, dass ich mich seither immer zu dick gefühlt habe und fühle. Wenn ich Fotos aus der Zeit anschaue, kann ich nur mit dem Kopf schütteln, denn ich war völlig normal.

Ich bin heute 51 Jahre alt aber noch heute habe ich das Gefühl nicht gut zu sein wie ich bin. Ich definiere mein "gut sein" sehr über meinen Körper, obwohl ich viel mehr als das bin und wirklich allen Grund habe stolz auf mich und mein Leben zu sein.

Seit ich den Artikel gelesen habe, habe ich bereits ein wenig recherchiert. Ich war in Kontakt mit dem Bremer Staatsarchiv und mit Birgit Lübben, deren Buch "Ware Kurkind" ich gelesen habe und die mich wiederum an jemanden weiterverwiesen hat, mit dem ich mich aktuell in einem wertvollen Austausch befinde.

Ich verstehe das Ganze heute schon viel besser und habe das Gefühl auch mich selbst etwas besser zu verstehen. Aber ich fühle mich noch ganz am Anfang meiner Suche. Ich habe das Gefühl, ein wichtiges, bisher fehlendes Puzzelteil gefunden zu haben, aber im Moment ist das Puzzleteil noch irgendwie grau und diffus. Deshalb werde ich weiter nach Antworten suchen. Ich hoffe herauszufinden in welchem Heim ich konkret war und so weitere Fragen beantworten zu können.

Ich wünsche allen hier von Herzen alles Gute!
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Christina W. schrieb am 03.07.2024
Hallo miteinander,
mein Name ist Christina und ich bin ein Verschickungskind... früher wusste ich das natürlich nicht, es hieß, mein Bruder und ich fahren im Sommer in Kur, ans Meer, ach, das wird toll! Ich hatte gleich nach dieser Mitteilung ein flaues Gefühl im Magen und sah sehr freudlos auf das auf mich zukriechende Abreisedatum, während meine Mutter fleißig Namensschildchen in unsere Kleidungsstücke nähte. Teddy bekam auch eins um den Arm genäht, denn ohne Teddy konnte ich nicht ans Meer, das war klar! Ich war 7 und hatte gerade die erste Klasse absolviert; ein kleines etwas pummliges Mädchen, das nicht verstand, warum es ohne die Mama an dieses doofe Meer reisen sollte. Ohne Mama ging ich außerhalb der Schule eigentlich nirgendwo hin. Ich war empört! Und ich hatte Angst! Aber alles Flehen, Heulen und auch kein Trotzanfall half... mein Bruder und ich wurden am besagten Tag am Bahnsteig letztmalig von den Eltern umarmt und in ein überfülltes Zugabteil gequetscht. Als sich die Türen schlossen wurde mein Herz mit aller Wucht von einem schrecklichen Trennungsschmerz getroffen, der die nächsten acht Wochen keine Sekunde innehalten sollte. Mein Bruder, zwei Jahre älter, zerrte mich ungeduldig beim Umsteigen in Hannover hinter diesem "großen Jungen" her, der zum Geleit abgeordert war. Der Rest der Reise und auch die Überfahrt mit der Fähre versank im Schleier meiner Tränen, die ich angestrengt zurückzudrücken versuchte. Ich war innerlich erstarrt. Das Kurheim war riesig! Rot verklinkerte Häuser, die wie aneinandergereihte Bauklötze auf dem großen Areal standen. Weil ich mit 7 zu groß für die sogenannte "Hosenscheißergruppe" bis 5 Jahre war, kam ich ins Haus 4 zu den Mädchen zwischen 9 und 13. Mein Bruder verschwand in einem der anderen Bauklötze. Als erstes musste ich meinen Koffer am Kleidungsraum abgeben. Meine Sachen wurden zu den übrigen Kleidungsstücken in große Regalfächer gestopft. Die mitgegebenen Pflegeprodukte wurden mir abgenommen und kamen in das obere Fach eines riesigen weiß lackierten Wandschranks. Nun war ich nicht mehr nur traurig sondern wiederum empört. Man hatte mich bestohlen! Mein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn schlug Alarm und ich beschloss, diesem System nicht zu ttrauen und in Zukunft ständig auf der Hut zu sein. Nach der Kofferplünderung kam ich in "mein" Zimmer, das ich mit sechs weiteren Mädchen teilte, es hieß Nordseezimmer. Ich bezog das Bett direkt an der Tür. Am Abend des Anreisetages bekam ich sehr hohes Fieber, das auch am Folgetag nicht verschwand. Deshalb durfte ich im Bett bleiben. Ich lag den ganzen Tag allein in diesem Zimmer, nur zwei oder dreimal schaute jemand kurz zur Tür hinein. Irgendwann musste ich mich übergeben und schaffte es gerade so, dass es nicht im sondern vor dem Bett landete. Ich war verzweifelt und weinte und wusste mir nicht zu helfen. So dusselte ich ein. Als das nächste Mal ein Kopf in der stückbreit geöffneten Tür auftauchte, flog diese plötzlich weit auf... eine Schimpftirade prasselte auf mich nieder und schreckte mich aus dem Fieberschlaf auf. Die schwarz gekleidete Schwester zerrte an meinem Arm, unablässig schimpfte sie weiter, was das für eine Sauerei sei, die ich verursacht hatte. Sie zog mich aus dem Bett und ich tappte barfüßig in mein Erbrochenes. Dafür erhielt ich einen Klaps auf den Hinterkopf. Damit ich mit meinen besudelten Füßen nicht den Flur zum Waschraum schmutzig mache, holte die Schwester selbst einen Eimer und Lappen lautstark aus dem Waschraum, während ich wartend im klammen Nachthemd schlotternd vor Schüttelfrost in der Kotze stand. Sie warf den Lappen auf meine Füße und stellte den Eimer daneben. "Aufwischen!" Ich tat es ohne Widerrede.
Es gab zwei oder drei ältere Mädchen, vielleicht Abiturientinnen, die anscheinend eine Art Praktikum absolvierten und Aufsichtspflichten übernahmen. Eins dieser Mädchen werde ich nie vergessen. Sie hatte einen ganz kalten Blick und offensichtlich überhaupt keine Lust, sich mit uns Bälgern abzuplagen. Sie nannte uns stets beim Nachnamen und hatte Freude daran, uns zu demütigen und zu quälen. Eines Tages kam ich nachmittags die Treppe von den Schlafräumen herunter in den Eingangsbereich und das grausame Mädchen stand im Flur und telefonierte: "Die Christina möchten Sie sprechen?" Kurze Pause, in der sie mich am Treppenabsatz stehend fixierte. Mein Gesicht hellte sich auf, mein Herz hüpfte freudig in meiner Brust. Meine Mama war am Telefon! "Tut mir leid, die Kinder sind allesamt am Strand." Ich stand wie erstarrt. Nachdem das böse Mädchen sich kurz von meiner enttäuschten Mutter verabschiedet hatte und den Hörer auflegte, sah sie mich hämisch grinsend an. Ich konnte nichts sagen, ein fetter Kloß saß in meiner Kehle. Ich lief heulend aus dem Haus. Da ich ja die Jüngste im ganzen Haus war, sozusagen gerade knapp altersmäßig an den Hosenscheißern vorbei, wie mir ständig gesagt wurde, bekam ich oft von den anderen Mädchen kräftig auf die Mütze. Das älteste Mädchen war schon 13 einhalb und gefühlte fünf Köpfe größer. Eigentlich verstanden wir uns gut, aber eines Nachmittags war ihr Frust und Heimweh so groß, dass sie mich am Strand schnappte, ins kniehohe Meer zerrte und unter Wasser drückte. Ich hatte Todesangst und zappelte wie verrückt. Sie ließ mich frei, als ich ihr in die Hand biss und bekam dafür einen Tritt in den Magen. Ich verstand das alles nicht. Warum war hier alles so gemein und böse? Die Aufsicht, der ich die Sache heulend petzte, zuckte nur mit den Schultern und meinte, ich solle mich nicht so anstellen, das Mädchen hätte nur Spaß gemacht. Von da an beschloss ich, mit der Heulerei aufzuhören und zu den Harten zu gehören. Nein, die Härteste wollte ich sein! Ich betrachtete das als absolut notwendige Strategie, um mein Überleben zu sichern. Ich wurde aufmüpfig, sehr vorlaut und stiftete die anderen Mädchen zu Streichen an. Eines Nachts erklomm ich auf der Räuberleiter das obere Fach des weiß lackierten Wandschranks und eroberte mir meine Pflegecreme zurück. Auch die versteckten Süßigkeiten aus den Päckchen von Eltern, die nie bei den Kindern angekommen waren, kramte ich aus dem Schrank. In der Nacht stopften wir uns mit Süßkram voll und fühlten uns wie die Königinnen. Mich hat niewieder eins der Mädchen attackiert. Ich war angenommen. Dafür mussten wir uns ständig vor den drakonischen Strafen der Schwestern in acht nehmen. Für nächtliches Gelächter oder gar Verlassen des Bettes wurde der Lärmverursacher bzw. Freiläufer unter die kalte Dusche gestellt. Das war Standard und passierte fast jede Nacht. Ein krebserkranktes Mädchen, das sich in der Kur von den Strapazen der Chemotherapie erholen sollte, bekam bei Fehlverhalten zur Strafe die Perücke abgenommen. Ich war empört! Auch das allmorgendliche nackte Anstehen im Flur zum Waschraum, wo jede einzelne mit einem kalten Schlauch abgeduscht wurde, empörte mich. Warum durfte ich nicht im Bademantel warten? Wenn das böse Mädchen morgens Dienst hatte, mussten wir zusätzlich noch im Schlüpfer mehrere Runden ums Haus herum laufen. Nur die älteren Mädchen, die schon einen Brustansatz hatten, durften ihr Unterhemd anziehen. Abends bei der Gebetsrunde betete ich insgeheim, dass ich bis zum nächsten Morgen einen Brustansatz bekomme, was aber nicht erhört wurde. Meine beste Freundin hieß auch Christina und sie ließ sich gar zu gern von mir zu kleinen Auflehnungen hinreißen. Zur Strafe wurden wir mal zusammen in den Keller gesperrt, der wie eine Umkleide eingerichtet war. Dort hingen unsere Jacken und standen die Schuhe. Diese sollten wir zur Strafe putzen. Stattdessen turnten wir auf den Bänken herum und fanden, dass wir großeartige Revoluzzer abgaben. Ich war mächtig stolz auf uns. Weil ich mittlerweile dermaßen aufrührerisch und vorlaut war, ertrotzte ich mir bei einer genervten gutmütigen Aufsicht einen Besuch in der Sauna, zu der eigentlich nur die älteren Mädchen ab 12 hin durften. Wir gingen in einer Gruppe von fünf Mädchen allein zu der Saunaeinrichtung. Während des Saunabesuchs wurden wir durch einen jungen Mann angeleitet. Er machte ständig dumme Witze und wendete sich mit auffälliger Hingabe den größeren Mädchen zu. Von mir vorlautem Zwerg war er total genervt. Zur Abkühlung gab es einen großen Holzbottich, in den wir nacheinander steigen sollten. Damit wir das auch richtig machten, sprang der Mann nackt mit in den Bottich und wusch die Mädchen von Kopf bis Fuß mit dem kalten Wasser ab. Ich wurde von dieser Prozedur verschont. Wahrscheinlich lag es daran, dass meine Gebete nicht erhört worden waren. Erst viele Jahre später wurde mir bewusst, dass dieses Verhalten tatsächlich sexuelle Übergriffe waren. Damals hatte ich das so nicht gesehen. Wir witzelten auf dem Nachhauseweg und neckten einander, wer sich wohl in den Typen verliebt hatte und sangen ständig das blöde "Liebeskummer lohnt sich nicht"-Lied. Ich war sogar etwas empört über diese Nichtbeachtung, obwohl ich mir doch solche Mühe mit meinem vorlauten Mundwerk gegeben hatte. Das Vorlaute war natürlich nur meine Fassade, nachts wenn endlich Ruhe im Zimmer war, heulte ich stundenlang in meinen Teddy hinein. Ich verstand nicht, warum mich meine Eltern hierher geschickt hatten... direkt in die Hölle. Die tat sich mir auch auf, als ich fünf Tage vor Ende der sechswöchigen Kur in das Büro der Heimleitung gerufen wurde. Dort sah ich auch meinen Bruder nach langer Zeit wieder. Sonstige Treffen wurden unterbunden. Uns wurde mitgeteilt, dass wir uns glücklich schätzen könnten weil unsere Aufenthaltsverlängerung um zwei Wochen bewilligt worden war. Ich war entsetzt und anschließend restlos davon überzeugt, dass uns unsere Eltern loswerden wollen. Ich heulte wieder. Unsere Eltern hatten diese Verlängerung jedoch nicht beantragt, die Verlängerung wurde vom Kurhaus empfohlen. Weil wir die Briefe und Karten nach Hause unter Aufsicht schreiben mussten und uns Sätze vorgegeben wurden, wie toll alles sei, hatten unsere Eltern keinen blassen Schimmer davon, wie es tatsächlich war. Mein Bruder hatte es in seinem Haus auch eigentlich ganz gut getroffen. Es gab dort keine nächtlichen kalten Duschen und auch keine Schläge auf den Hinterkopf. Lediglich das erzwungene Aufessen war gleich. Noch heute rieche ich diese eklige Obstsuppe, die ich über Stunden in mich hineingewürgt habe. Dass diese Kur sehr tiefe Wunden auf meiner Kinderseele hinterlassen hat, wurde mir erstmalig bei einem Krankenhausaufenthalt mit 17 bewusst. Ich sollte abends die Station nicht verlassen, wollte aber telefonieren. Das Telefon war im Flur ein Stockwerk tiefer. Da ich noch minderjährig war, untersagte mir die Schwester das Verlassen der Station und griff mich am Arm. Da bin ich ausgeflippt und geflüchtet. Der Arzt, der später mit mir sprach, fragte mich direkt, ob ich ein Verschickungskind sei. Damals hörte ich dieses Wort das erste Mal. Mittlerweile kenne ich die Triggerpunkte meines Traumas und kann besser damit umgehen. Ich träume bis heute von dem bösen Mädchen.
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Matthias Klein aus Heilbronn schrieb am 03.07.2024
Ich bin froh, dass dieses Thema nicht mehr verschwiegen wird.
Ich habe immer angenommen, dass ich ein Einzelfall war, den die Verschickung besonders mitgenommen hatte.
Irgend ein Amtsarzt beim Heilbronner Gesundheitsamt hatte mich untersucht und als zu dünn für mein Alter befunden. Da war mein Schicksal wohl besiegelt worden.
Ich muss zwischen 4 und 6 Jahren alt gewesen sein.
Bewußt weiß ich noch, dass ich am Bahnhof laut geweint, geschrien und mich an meine Mutter geklammert habe. Sie trug mich dann in ein Zugabteil, in dem schon mehrere Kinder saßen und 2 Begleitpersonen dabei waren. Ich weiß noch, daß eine Begleitperson zu meiner Mutter sagte, daß sie jetzt besser gehen solle.

Ich muß die ganze Zugfahrt bis in Allgäu geweint haben, wurde mir nach dem Zwangsaufenthalt gesagt.
Dann erinnere ich mich noch daran, daß ich so sehr Heimweh hatte, daß ich die ersten Nächte als einzigster in einem mit hohen Gittern versehenen Bett verbringen mußte, geschlafen werde nicht viel haben. Irgendwann habe ich mich meinem Schicksal ergeben, weil ich merkte, dass mir alles nichts half. Gehänselt wurde ich über einen längeren Zeitraum von anderen Kindern. Erst als ich mich mit einem stärkeren größeren Kind angefreundet hatte, hörte das auf, weil er mich beschützt hatte.
An das Essen kann ich mich nicht mehr erinnern, weiß nur noch, daß ich "falsches Hähnchen" mochte.
Als ich nach Hause kam, wurde ich von meinen älteren Brüdern, die auch schon verschickt worden waren und angeblich keine Angst hatten,
als Schwächling hingestellt, weil ich so Heimweh und so geweint hatte.

Mein Selbstvertrauen, das mir damals genommen wurde, hat sich tatsächlich erst im Alter von 45 Jahren mit Beginn meiner beruflichen Selbstständigkeit gebessert.
Bis heute verreise ich immer noch ungern, obwohl es mir dann nach Ankunft am Urlaubsort gefällt.
Ich konnte sehr viele Jahre nicht bei anderen übernachten, auch nicht bei Verwandten, oder hatte wieder Angst, wenn meine Mutter nicht dabei war.
Große Ansammlungen von Personen sowie
Orte mit mehreren WC versuche ich immer noch zu vermeiden.

Ich bin froh, diese Plattform gefunden zu haben.
Ich wünsche euch allen, dass ihr das Ganze jetzt ein wenig besser einordnen und verarbeiten könnt. Nicht nur euch ist dieses Schicksal passiert, auch andere hatten Angst und Heimweh, wenn das auch häufig nicht zugegeben wurde...vor allem von Aussen.
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Hella Kemper aus Hamburg schrieb am 03.07.2024
Suche Verschickungskinder, die August bis November 1972 im Seehospiz Norderney waren. Gern melden unter hella.kemper@zeit.de
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Christian Baltrusch aus 88085 Langenargen schrieb am 30.06.2024
Ich kann mich noch sehr gut an das erzwungene Essen erinnern: Es gab eine Art Haferschleim, dass wurde mir in den Mund hineingestopft. Eine Schwester steckte dabei Ihre Zeigefinger der rechten und linken Hand in meine Mundwinkel und riss dabei meinen Mund auf. Die andere stopfte mir den Haferschleim hinein. Auch durfte ich nicht vom Tisch aufstehen bis ich den Teller leergemacht habe. Übrigens: Handtuchdresche gab es regelmäßig.
Eine Erinnerung ist mir auch noch heute sehr präsent: Ich hatte in die Hose gepinkelt und musste deshalb fast die ganze Nacht ohne Unterhose und nur mit einem Unterhemd bekleidet, auf der kalten Treppe sitzen. Das waren meine schlimmsten Erinnerungen die sich bis heute in mir festbetoniert haben. Ich war damals 5 Jahre alt und meine Schwester 3 Jahre.
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Martina aus Germering schrieb am 30.06.2024
Hallo,
Ich war 2mal im Polling ,wo ein Kloster dabei war.
Ich wurde über die Post von München HBF geschickt.
Das erstemal Okt-Nov. Ich habe dort meine 6 Geb. im November gefeiert. Das 2 mal circa 1977 in einem 4 Bett Zimmer. Ein Mädchen war auch aus München. Wir waren in München beim Olyp.Halle zu besuch. Ihre Eltern durften Sie dort besuchen.
Ich war zur Kur sollte zunehmen. An anderen Tischen waren Mädchen die Abnehmen mussten.Im 1 Stock waren Jungen untergebracht . Eimal die Woche durften wir zu 2 Duschen gehen. Ich hatte dort Läuse und meine Haare waren lang die Schwester(Nonne) wollte sie abschneiden ich habe aber so geweint das sie es gelassen hat. Ich kann mich noch an den langen Gang errinnern wo die Schränke mit der Wäsche war. Ich glaube es gab auch noch das Wassertreten unter Aufsicht. An mein erstes mal kann ich mich nur durch ein Foto auf einem Karussell errinnern.
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Renée Morloc aus Eisenberg schrieb am 25.06.2024
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Kerstin Wolf aus Berlin schrieb am 23.06.2024
Hallo,
Ich war 1984 in Garz und erinnere mich bewusst an wenig. Was ich noch weiß, ist, dass wir in den Kohlenkeller gesperrt wurden wenn wir ins Bett gemacht haben. Wir waren ca 15 Kinder in einem Zimmer. Jede Nacht wurde viel geweint…wir mussten eiskaltes Wasser über unsere Köpfe schütten…direkt nach dem Aufstehen…
Es gab immer Brot mit Teewurst oder Leberwurst.
Ich werde niemals vergessen, was ich gefühlt habe als mich meine Eltern nach 6 Wochen abgeholt haben.
Ich war 5 Jahre alt.
Ich hatte als Kind permanent Bronchitis oder Lungenentzündungen. Vor der Einschulung sagten die Ärzte, dass eine Kur sein muss da ich sonst zu oft fehlen würde. Tatsächlich hatte ich nie wieder Probleme mit meinen Atemwegen. Aber es waren grausame Wochen und ich habe die Erinnerung daran verdrängt.
Kerstin
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A. N. aus Köln schrieb am 23.06.2024
Ich wurde 1975 zur Kur nach Buseweiler / Alpirsbach geschickt, weil ich oft Bronchitis hatte. Wir wurden von unseren Eltern nach Köln-Deutz (tief) gebracht, von wo der Zug startete. Nach der Ankunft teilte uns die Leiterin des Hauses, Schwester Margarete, auf die Zimmer auf. Ich als 4jähriges Mädchen musste mit einem 7jährigen Jungen in einem Zimmer schlafen, der ein Sadist war. Er sperrte mich regelmäßig-insbesondere während unserer Mittagsschlafzeit- in unser Schrankfach ein. Es war ca. 50 cm breit und 1m hoch und hatte orangene Türen. Hierin musste ich ohne jegliches Zeitgefühl die Mittagszeit zusammengekauert auf den Knien warten, bis er mich wieder herausließ.
Ich war verstört deswegen und machte ins Bett. Wenn Schwester Margarete das mitbekam, fasste sie mein Kinn mit einer Hand und schüttelte es heftig hin und her, was unangenehm und schmerzhaft war. Das tat sie auch mit anderen Kindern, wenn diese in ihren Augen Böses getan hatten. Sie duschte mich im kalten Bad ab. Dabei muss sie auch die blauen Flecke gesehen haben, die ich am ganzen Körper hatte, weil mich der 7jährige Junge oft getreten hatte. Ich hatte den Abdruck eines Schuh-Absatzes im Gesicht. Ich musste jedoch die gesamten 6 Wochen mit dem Jungen im gleichen Zimmer wohnen. Wenn Kinder mitbekommen, dass ich in die Hose gemacht hatte und mich auslachten, sagte Schwester Margarete: " Ja, lacht sie ruhig aus!" Darauf hin umringten mich viele Kinder und zeigten mit dem Finger auf mich.
Als es nach 6 Wochen wieder nach Hause ging, sah ich meinen Vater auf dem Bahnsteig entlang eilen und mich suchen. Er war max. 5 m von mir entfernt. Ich sagte zu den Begleiterinnen: "Da ist mein Vater!". Sie sagten:"Das ist nicht Dein Vater." Ich war so eingeschüchtert, dass ich stumm ausharrte und wartete, dass er mich von selbst fände.
Die Kur hatte mich fürs Leben gezeichnet.
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Michael aus Bayreuth schrieb am 21.06.2024
Ich bin Michael, Jahrgang 1968
Ich leide seit meinem zweiten Lebensjahr unter schwerem allergischem Asthma (und einem dutzend anderer Allergien)
Deswegen hatte ich 3 Aufenthalte von jeweils 6 Wochen in Kinderkurheimen :
Jan/Feb 1973 Bad Dürrheim, DRK Kindersolbad, im Alter von 4 Jahren
Jan/ Feb 1974 Bad Reichenhall, im Alter von 5 Jahren
April/Mai 1978 Nieblum auf Föhr, „Haus Goltermann“, im Alter von 10 Jahren

Mein fünfter und sechster Geburtstag fielen damals in den Kuraufenthalt.

Ich habe zu den ersten beiden Aufenthalten keinerlei Erinnerung an die anderen Kinder, an die Betreuerinnen noch an irgenwelche Therapiemassnahmen (gerade letzteres wundert mich bis heute)

Ich habe auch keine Erinnerung an körperliche Gewalt, weder mir gegenüber noch gegen andere Kinder. Ich habe allerdings sehr wohl Erinnerung an das straffe Zwangsregime in diesen Heimen (das volle Programm : nachts kein Toilettengang, Essen bis alles weg war, Mittagsschlaf in „Totenstarre“, die Gewaltmärsche durch den Schwarzwald in militärischer Marschordnung etc.)

Und, müßig zu sagen, die Kuren hatten natürlich nicht den gewünschten Erfolg. Der Dreck war damals überall, aber vor allem in der Luft.

Die Zustände, die damals in den Heimen herrschten, sind die eine Sache.
Aber es gibt da noch die andere, die Haupt-Sache :

Man hat mich mit gerademal 4 Jahren meines kompletten sozialen Umfelds beraubt, hat mir jede Bezugsperson genommen, die ich bis dahin kannte um mich in eine völlig unbekannte Umgebung zu wildfremden Menschen zu stecken, die plötzlich „Verfügungsgewalt“ über mich hatten.

Bei meinem ersten Aufenthalt in Bad Dürrheim habe ich diese Situation noch akzeptiert (was hätte ich auch anderes tun können) obwohl ich nicht so recht wusste, wie mir geschieht und was das alles sollte.
Bei meinem zweiten Aufenthalt in Bad Reichenhall ein Jahr später war das anders. Da hat es mir buchstäblich den Boden unter den Füssen weggezogen.
Genausogut hätte man mich in ein tiefes, dunkles, nasses Loch (ohne Wasser und Brot) stecken können.
Und einem 5-jährigen zu sagen man würde in 6 Wochen wiederkommen um einen abzuholen, ist, als ob man sagt man würde in 60 Jahren wiederkommen. Kinder besitzen kein Zeitgefühl. Man konnte ihnen als Kind nur glauben dass sie überhaupt irgendwann einmal wiederkommen.

Ich kann ohne Übertreibung sagen dass diese Erfahrungen mein ganzes späteres Leben entscheidend geprägt haben, auch wenn mir mein Leben lang mein soziales Umfeld dies nie geglaubt hat.

Ich kann meinen Eltern keine Vorwürfe machen. Die 1970er Jahre waren für mich ein einziges Schnappen nach Luft. Wer selbst Asthmatiker ist oder ein Kind mit dieser Krankheit hat, weiß wovon ich rede. Wer ein krankes Kind hat klammert sich an jeden Strohhalm der Besserung verspricht. Nachts stundenlanges Sitzen an der Bettkante (über Monate und Jahre !), das dürfte für meine Eltern noch traumatischer gewesen sein als für mich selbst.

Man musste allerdings nicht unbedingt zu einer Kur fahren um solch einer „Pädagogik“ zu begegnen. Dazu zwei Beispiele aus meiner Kindheit, das erste Beispiel ist sozusagen der „Klassiker“ schlechthin :

Ich bin von Geburt an linkshändig. Das wurde mir allerdings in der ersten Klasse der Grundschule mit Gewalt ausgetrieben. Alles was damals nicht der Norm entsprach wurde glattgebügelt. Zuerst war ich ziemlich renitent. Mir und meinen Eltern wurden dann Sanktionen angedroht wenn ich nicht spure. Ich entsinne mich wie mich meine Klassenlehrerin zum Lehrerpult rief und mich vor versammelter Mannschaft bloßstellte (das kam mir damals allerdings nicht so vor; Kinder denken/fühlen nicht wie Erwachsene)

Sommer 1978, Wandertag zum Schulabschluss, 4. Klasse der Grundschule, sogar mit dem Konrektor (der auch der hiesige Landschulrat war; Und SPD-Mitglied, das nur nebenbei). Schönes und heisses Wetter. Nach etwa einer Stunde greifen die ersten Schüler zur Wasserflasche. Aber : Getrunken wird nicht ! Befehl von ganz oben ! Den ersten Schluck Wasser (bei etwa 30 Grad Aussentemperatur) erst bei Ankunft in der Schule, nach 4 Stunden. Wasserentzug war damals eine Erziehungsmassnahme, denn : „Was uns nicht umbringt macht uns nur härter !“.

Das alles ist jetzt etwa 50 Jahre her. Aber der kleine Junge von damals denkt noch oft daran !
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Silke aus Pohlheim schrieb am 18.06.2024
Wer war auch dort ich habe kaum noch eine Erinnerungen
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Regine aus Hamburg schrieb am 07.06.2024
Liebe Community,
auch ich bin Betroffene. Ich suche meine Freundin Conny. Wir waren in einem Zimmer und Conny war bereits 1 Woche vor mir angekommen. Conny kam aus Berlin. In unserem Zimmer waren noch 2 weitere Mädchen (Geschwister) aus dem Schwabenland. An die anderen Kinder kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich wünsche mir schon mein ganzes Leben Conny wiederzusehen. Sie war mir eine große Hilfe in dieser schweren Zeit. Am ersten Abend fiel mir mein Fieberthermometer aus dem Mund, weil ich vor Angst zitterte. Conny gab mir ihr Thermometer und steckte die Schläge ein. Das war so mutig von ihr. Wir waren 9 Jahre alt. Wenn wir weinten, wurden wir in die Großküche gesperrt. Ich weiß noch, dass wir die kleinen Kinder unter unseren Bettdecken versteckt haben, nachdem wir sie Nachts befreit hatten. Man hörte die ganze Nacht Kinder schreien und weinen. Ich dachte, ich würde dort sterben. Das Essen von Erbrochenem war bei uns auch an der Tagesordnung. Man wurde von 2 Erzieherinnen festgehalten und musste es essen. Das war die reinste Folter.
Mich hat dieser Aufenthalt auch extrem traumatisiert, bis heute.
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Helga schrieb am 05.06.2024
Suche Kontakt zu Personen die 1961 in der Kinderheilstätte Wangen im Allgäu waren.besonders einen Jungen namens Andreas. Habe wenig Erinnerung. war erst 3,5 Jahre alt. Kamm aber traumatisiert nach Hause und bin bis heute unfähig Beziehungen aufzubauen.
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Helga schrieb am 05.06.2024
Suche Kontakt zu Personen die 1961 in der Kinderheilstätte Wangen im Allgäu waren.besonders einen Jungen namens Andreas. Habe wenig Erinnerung. war erst 3,5 Jahre alt. Kamm aber traumatisiert nach Hause und bin bis heute unfähig Beziehungen aufzubauen.
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Maike aus Hannover schrieb am 02.06.2024
Ich bin ebenfalls Betroffene, mit 4 Jahren wurde ich für 4 bis 6 Wochen nach Langeoog ins Flinthörnhaus geschickt. Mein Bruder war das Jahr zuvor am selben Ort. Bei uns in der Kindergartengruppe wurden mehrere Kinder geschickt, ich war die jüngste, warum ich fuhr weiß ich nicht, ich war weder Unter- noch übergewichtig noch hatte ich Erkrankungen. Allerdings war ich, da ich seit frühester Kindheit missbraucht wurde, ein sehr ängstliches und anhängliches Kind für meine Mutter und konnte kaum damit leben wenn sie den Raum verließ. Heute weiß ich, das sie von dem Missbrauch die ganze Zeit über wusste und das sogar unterstützte. Ich war ihr einfach lästig geworden, sie war überfordert und wollte für ein Paar Wochen ihre Ruhe. Ich fuhr mit einigen Kindern aus meiner Kindergartengruppe, eine davon meine beste Freundin. Im Jahr zuvor ist sie, in der Zeit als mein Bruder auf Langeoog war, in meinem beisein vom selben Peiniger missbraucht worden, daran erinnerte ich mich aber erst, als sie mir vor 15 Jahren davon erzählte, wir waren in einem Zelt und ich weinte neben ihr. Wir beide sind dann das Jahr darauf auf Langeoog gelandet. Ich erinner mich schwach an die Zugfahrt und das Schiff. Ich hatte da schon entsetzliches Heimweh. Ich erinner mich an große Schlafräume, an den Aufenthaltsraum, an die Waschräume und daran, wie mir eine der Frauen dort immer helfen musste meine Latzhose zu zu machen weil ich das allein nicht konnte. Ich empfand die Berührungen als extrem unangenehm. Ich bekam in all den Wochen nur einmal Post von meinen Eltern. Ich erinner mich an meiner Wäsche die Handcreme meiner Mutter gerochen zu haben und ich bin vor Heimweh und Angst fast umgekommen, ich war starr vor Angst in all der Zeit. Ich erinner mich weder an einen Arzt dort, noch an Gespräche mit den Beträuerinnen. Ich erinner mich schwach an Medikamentengaben, krank war ich aber nicht. Was es gewesen sein könnte weiß ich nicht. Ich habe jeden Tag geweint und mich in allen möglichen Situationen abgespalten. Viele viele schwarze Lücken in meiner Erinnerung. Beim Gedanken an die Nächte überkommt mich einfach nur die Angst. Nach der Rückkehr konnte meine Mutter noch weniger irgendwo allein hin ohne das ich komplett panisch wurde. Ich weinte im Kindergarten vom Morgen bis zum abholen, in der Schule das selbe. Bis zum 13. Lebensjahr hatte ich mit Trennungsängsten und schweren Depressionen zu tun. Meinen Eltern wäre es vollkommen egal was mir dort passiert ist. Aber ich finde, jede einzelne Geschichte verdient es gehört zu werden. Es tut mir leid für jeden einzelnen hier was ihr erleben musstet. Ich lese jeden eurer Berichte und bin froh, dass ich nicht auch noch damit allein bin.
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Peter Herttrich aus 75417 Mühlacker schrieb am 01.06.2024
Ich heiße Peter, bin jetzt 70 Jahre alt und
ich bin ein Verschickungskind.




Zeitsprung zurück in das Jahr 2023, muss so Oktober rum gewesen sein.

Beim Aussortieren alter Unterlagen meines Vaters, der schon 2016 verstorben
ist, fällt mir eine Postkarte in die Hände.
Kein Stempel, kein Text. Man sagt ungelaufen zu solchen Karten. Dann hab ich
erst realisiert, was das war. Eine Aufnahme des Kinderheimes Goltermann in
Nieblum auf der Insel Föhr. Mir lief es in dem Moment richtig kalt den
Rücken runter. An DAS hab ich schon sehr sehr lange nicht mehr gedacht. Mit
Erfolg in die letzte Gedächtnisschublade gesteckt. Woher mein Vater diese
ungelaufene (!) Karte hatte ...?

An das Gebäude erinnere ich mich nicht mehr. Nur an den Namen.
Ich habe dort sechs sehr schlimme Wochen meines Lebens verbracht. Als
Verschickungskind.

Einschub.
Ich war in meiner Kindheit zwischen dem 5. und ca. 14. Lebensjahr ein
Drittel der Zeit krank. Hatte fortwährend Husten und chronische Bronchitis.
Auch das Entfernen der Mandeln brachte keine Besserung. Auf die Idee, mal
das Wohnumfeld zu untersuchen, kam damals niemand. Aber das nur am Rande.
So kam wohl der Hausarzt (das vermute ich jetzt) auf die Idee, mich an die
Nordsee verschicken zu lassen. Das kann nichts gekostet haben, sonst hätten
sich meine Eltern darauf nicht eingelassen. Mein Vater war damals über die
DAK krankenversichert. Das weiss ich definitiv. Demzufolge hat das wohl die
DAK bezahlt.

Nun denn. Ich habe an die Zeit und das Heim nur ganz wenig Erinnerungen.
Aber die paar Erinnerungsfetzen, ich bezeichne das jetzt mal so, haben es in
sich.
Von der Hinfahrt nach Föhr habe ich nur ein paar Erinnerungsbilder. Von der
Bahnfahrt weiss ich nichts mehr. Es muss sich um eine Nachtfahrt gehandelt
haben. Denn die wenigen Bilder im Kopf sind von dem Schiff, mit dem wir nach
Föhr fuhren. Es war hell. Und ich saß in einem Raum mit anderen Kindern und
hatte einen Blick durch die Fenster auf Leute an der Reling, die sich
ausk........ Es kam jemand rein und sagte, wem es schlecht wird, soll raus
gehen. Wir hatten richtig Wellengang. Daran erinnere ich mich genau. Mir
wurde es nicht schlecht. Ich bin gegen sowas bis heute vollkommen
unempfindlich. Das war es mit den ersten Erinnerungen. Wie ich zum Heim kam,
kann ich nicht sagen. Ab hier ist ein großes schwarzes Loch in meinen
Erinnerungen.

Details
Einzelerinnerungen habe ich. Einzelne Bilder, 1-2 sekündige Filmchen könnte
man sagen. Vom Essen weiss ich fast nichts. Bis auf diesen unsäglichen
Pampf, der aussah wie aufgeweichte Rauhfasertapete und auch so schmeckte.
Ich hab ihn runtergeschaufelt. Hatte da schon schlimmeres Essen erlebt. An
Vorkommnisse währed der Essen kann ich mich nicht erinnern. Alles weg.
Zu ein paar wenigen Erinnerungen: Einmal hatten wir Besuch von einem
Zauberer, der im Essenssaal seine Vorführung machte. Er war unsäglich
schlecht. Ich als 9-jähriger sah jeden blöden Trick. Nun ja, der durfte
wohl nichts kosten. Ein zweites Vorkommnis hat sich dafür bis heute in mein
Gedächtnis regelrecht eingebrannt. Während des Essens rannte plötzlich eine
der Aufpasserinnen herein. Ich habe sofort gewußt, es ist etwas passiert.
Etwas schlimmes. Die Aufpasserinnen standen zusammen und machten erschreckte
Gesichter und schlugen die Hände vors Gesicht. Ich schnappte dann ein paar
Worte auf. Kennedy, ermordet, erschossen .....
Daher weiss ich heute, es war der November 1963. Und Kennedy war mir als
9-jähriger durchaus ein Begriff. Ich hatte im Jahr vorher erlebt, wie meine
Eltern in der Wohnung rumgerannt sind und der Fernseher lief. Kennedy,
Kubakrise. Ich hab das miterlebt.
Eine weitere Erinnerung sind die Prügel, die ich im Bett bekommen habe, weil
ich nicht schlafen wollte oder konnte. Eine der KZ-Damen, ich nenne die
jetzt mal so, drehte mich auf den Bauch, zog mir die Hose runter und schlug mir
auf den nackten Hintern. Mit was, weiss ich nicht mehr. Das kam öfter vor.
Ich hab das aber wegsteckt, da ich Prügel gewohnt war. Das ist aber eine
andere Geschichte.
Nun eine Sache, die ich auch nie vergessen werde. Es war Nacht. Und ich
wachte auf. Und stehe in einem Raum, der mir vollkommen unbekannt war. Ende
der Erinnerung. Man hat mir später gesagt, dass ich wohl schlafgewandelt
war. Über Folgen oder Konsequenzen weiss ich nichts mehr. Aber das hat sich
bis auf den heutigen Tag ausgewirkt. So manches Mal, wenn ich am aufwachen
bin, so die ersten Sekunden, noch im Halbschlaf, frage ich mich, wo bin ich.
Die Angst, nicht zu wissen, wo ich bin, ist bis heute da.
Eine weitere Erinnerung, die sich gehalten hat, ist eine ärztliche
'Behandlung'. Ich stehe mit anderen Kindern in einer Reihe und wir werden von
einem Weißkittel gespritzt. Keine Ahnung wofür oder wogegen. Ich weiss nicht
mal, ob in den Po oder Arm. Ende der Erinnerung. An Medikamente erinnere ich
mich auch nicht.
Eine schwache Erinnerung an außerhalb des Hauses. Wir waren bei schlechtem
Wetter, es regnete, es war windig und einfach nur unangenehm, am Strand
unterwegs. Da waren Abruchkanten am Ufer. Und ich machte mir den Spass, an
einer dieser Kanten runter zu springen. War ja alles Sand. Ich erinnere mich
nur noch an das Geschrei der KZ-Damen. Da hatte ich wohl Schnappatmung
ausgelöst. Ende der Erinnerung. Aber bis zum heutigen Tage interessiert mich
das Meer nicht wirklich. Ein kurzer Aufenthalt vielleicht. Aber dann ist es
auch schon gut. Und auf Inseln fühle ich mich eingesperrt. Bis heute.

Dann wurde ich krank. Mumps. Ich lag alleine in einem Raum. Schmerzen. Dicker
Hals, Fieber. Mehr weiss ich nicht. Wie die Versorgeung war, keine
Erinnerung. In diesem Zustand trat ich die Rückreise an. Daran habe ich
absolut keine Erinnerung. Nur der Moment, an dem ich am Bahnhof von meinem
Vater abgeholt wurde, ist als Bild im Gedächtnis noch da.

Ich habe wohl mit großem Erfolg die Vorkommnisse im Kinderheim Goltermann in
einer Gedächtnis-Schublade verstaut. Und ich weiss nicht, ob es mir gut tut,
das alles wieder hervor zu kramen.
Aber eine Erkenntnis habe ich: Dank der Recherche im Internet ausgehend von
der Postkarte weiss ich heute, dass ich nicht alleine bin. Ich habe all das
jetzt erst meiner Lebenspartnerin erzählt. Niemand sonst weiss davon. Wer
hätte das einem schon geglaubt.
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Hannah Berger (damals Hannah Weller) aus Ulm schrieb am 28.05.2024
Ich kam mit 8 Jahren für sechs Wochen in das Kinder-"Erholungs"-Heim Haffkrug. Von Erholung konnte keine Rede sein, es war schlichtweg Misshandlung.
Der Fraß war ungenießbar, doch selbst wenn man sich von dem undefinierbaren Zeug übergeben musste, musste auch das Erbrochene aufgegessen werden! Erst wenn der Teller leer war, durfte man aufstehen, selbst wenn man von Mittag bis zum Abend vor dem Teller saß.
Den Strand haben wir nie zu Gesicht bekommen, stattdessen gab es ewig lange Wanderungen in den Forst. Wenn man sich während der Mittagsruhe bewege, bekam man die Hände seitlich am Bettgestell festgebunden. Das gleiche war auch nachts. Auf die Toilette gehen war unmöglich und ohnehin verboten.
Für jede kleinste Unartigkeit bekam man Ohrfeigen, einige Kinder wurden sogar mit einem Kleiderbügel geschlagen.
Besonders schlimm war "Tante" Rita. Weil ich und zwei weitere Kinder nicht schnell genug gegessen hatten, ließ uns diese Tante vor einem Ausflug in den Hansa-Park (der hieß damals noch Hansaland) nicht zur Toilette gehen. Während der einstündigen Wanderung zum Hansaland blieb uns dann nichts anderes übrig als in die Hose zu machen.
Auch im Heim musste ich während der 6 Wochen öfters einnässen, da man nur 3 mal am Tag auf die Toilette durfte!
Es war die schlimmste Zeit meiner Kindheit. Ich hätte mir gewünscht das die Monster für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden. Aber leider schützt man noch immer die Täter, von denen heute sicher noch einige leben.
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Annette aus Leipzig schrieb am 20.05.2024
Ich war 1,7 Jahre alt. Meine Mutter musste ins Krankenhaus, weil sie meine Schwester zu früh erwartete. Also war ich von Anfang Dezember bis Mitte Januar in dieser Einrichtung.
Ich war noch sehr klein und doch erinnere ich mich heute noch an Szenen, die einfach nur schrecklich waren. Oft fragte ich meine Mutter, wann das war, aber sie glaubte mir nicht und meinte, ich hab mir alles nur eingebildet.
Ich litt viele Jahre unter Panikattacken, wenn ich Vanillepudding, Florenacreme und Chlor roch.
Wie gesagt, ich war noch sehr klein.
Meine Erinnerungen:
Der große Schlafsaal, mit ca 12 Betten, auf jedem Bett lag ein Schlafanzug. Die Tante sagte, dass jetzt jeder zu seinem Bett mit seinem Schlafanzug geht. Gleich vorn war mein Schlafanzug und ich versuchte irgendwie in das Bett zu kommen. Was mir nicht gelang und so würde ich sehr laut schimpfend und genervt auf das Bett geworfen.
Das war mein erster Schreck.
Ich war ohnehin die ganze Zeit am Weinen.
Mein Teddy lag auf einem anderen Bett und ich wollte ihn unbedingt haben. Ich weiß nicht, wie viele Stunden des schluchzen und rotzen ich schon hinter mir hatte. Und jetzt nahmen sie mir meinen Teddy weg. Das einzige Spielzeug,was ich besaß. Wie eiskalt muss ein Mensch sein. Eine andere Tante brachte ihn mir dann, als ich. Schon eingeschlafen war.
Ich war ein wirklich braves Kind. Essen habe ich sicher immer gegessen, denn bei uns Zuhause gab es selten was. Ich war sehr sehr dünn. (Erzählungen meiner ältesten Schwester)

Der nächste Schock war, ich hatte eingemacht und die böse Tante hatte das gesehen und mich am Arm durch den langen Flur, in den Keller gezerrt. Dort hat sie mir die nasse Strumpfhose und Unterhose, brutal vom Leib gerissen. Sie brüllte mich an. Ich kann nicht wiedergeben was. Mir war sehr kalt da unten und sie ließ mich ewig da unten stehen.
Dann kam sie wieder und nahm die nasse Strumpfhose und drückte sie mir ins Gesicht. Dann tauchte sie die Hose in einen Eimer, in dem Wasser und vermutlich Chlorix war und klatschte mir die nasse Hose um die Ohren.
Ich weinte und zitterte am ganzen Körper.

Als nächstes erinnere ich mich an einen Weihnachtsmann der mich mit einem umgedrehten Stock, am Hals packte und zu sich zog. Ich saß mit den kleinen ganz vorn. Ich hatte panische Angst.

Und weiter erinnere ich mich daran, dass wir sehr oft durch den Schnee liefen. Mit einer Laterne in der Hand. Auch hier sehe ich mich weinend und vor Kälte zitternd. Ich weiß nicht, wo ich da hin musste und warum. Ich war nicht alleine. Es waren mehrere kleine Kinder.

Ich wurde oft geschlagen, weil ich hingefallen bin oder mir was herunter fiel.
An was ich mich noch erinnern kann ist Pudding Suppe. Die gab es immer im Wechsel mit Müsli.
I
Ich habe, wie alle hier, ein massives Trennungstrauma erfahren, so dass ich immer, nur bei dem kleinsten Anschein einer Trennung vom meiner Mutter durchgedreht bin. Darauf hin hat man mich sehr gerne auch noch in Ferienlager gesteckt, wo das ganze Drama seinen Lauf nahm.

Ich leide bis heute unter schweren Depressionen und Angstzuständen.
Auch wenn ich schon einiges verarbeiten konnte.
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Antje Achatz aus Kronach schrieb am 19.05.2024
Hallo. Mein Mädchenname ist Antje van Rems. Ich bin geboren am 25.09.1971 in Schmölln bei Altenburg. Irgendwann im Vorschulalter war ich in Annaberg Buchholz zu einer Erholungskur. Ich war ein sehr schlechter Esser und viel zu dünn und blass; schon als Säugling hatte ich Probleme mit der Ernährung. Könnt ihr rausfinden wann genau ich dort war? Bzw kennt ihr einen Weg, wie ich es herausfinden könnte? Seit Jahren ist diese Frage in meinem Kopf. Es würde evtl einiges erklären. Mein Vater ist bereits verstorben und meine Mutter kann oder will sich nicht erinnern. Es wäre schön, wenn ihr mir helfen könntet, diese Ungewissheit zu beenden. Vlg Antje Achatz
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Sibylle Schmidt aus Nordheim schrieb am 17.05.2024
Ich ( damals 10 Jahre alt) wurde, auf Empfehlung des Gesundheitsamtes, wegen meines geringeren Gewichts in das "Erholungsheim" Bergheim Rechtis in Weitnau (vermutlich 6 Wochen, bin mir nicht mehr ganz sicher) geschickt. Es war bevor ich in die 5. Klasse der weiterführenden Schule kam, daher fing ich 2 Wochen später in der Schule an, weil ich noch im Heim war.
Ich weiß noch, dass mich meine Tante damals zum Bahnhof gebracht hat und ich alleine in den Zug stieg und nicht wusste wohin ich eigentlich fuhr. Ich kann mich nicht mehr an die Fahrt sowie an die Ankunft am Bahnhof sowie an die Ankunft im Heim erinnern. Vom Heimaufenthalt selbst habe ich auch nur einige Bruchstücke im Gedächtnis, aber ich spür da ist noch einiges tief vergraben in mir.
Dass es zum Frühstück warmen Pudding gab, an das kann ich mich noch erinnern. Ich glaube, das war das einzige was ich dort zum essen mochte. Bei den anderen Essen konnte ich den Teller wohl öfters nicht leeressen, ich kann mich noch erinnern, dass ich dann immer solange sitzen bleiben musste, bis der Teller leer war. Ob ich das verdränge oder nicht mehr weiß, aber ich meine mich, zumindest an eine "Fütterung" durch das Personal erinnern zu können, weil ich eigentlich nichts mehr essen wollte.
Bei uns war damals der Mittagschlaf Pflicht. Man musste ganz ruhig sein, durfte auch nicht lesen. Die einzige Ausnahme war, wenn man Reste vom Essen oder sonst. Bioabfall mit einem Leiterwagen zu einem Bauernhof brachte, es waren dann, glaube ich 3 oder 4 Kinder (welche Kinder und warum diese ausgesucht wurden, weiß ich nicht). Dann war man vom Mittagschlaf befreit (ich habe diese Zeit als eine der wenigen, wenn nicht sogar einzigen, schönen "freien" Zeit in Erinnerung). Es war zwar eine körperliche Arbeit, aber, ich meine, wir durften alleine gehen und DAS zählte.
Dann hatte ich ja furchtbares Heimweh, aber telefonieren war nicht erlaubt. Meine Mutter erzählte mir später mal, sie habe angerufen, aber die "Schwestern" oder "Tanten" wehrten den Anruf mit irgendwelchen Gründen ab. Wenn ich fragte, ob jemand angerufen hätte, wurde verneint. Ich dachte, meine Eltern wollen nichts mehr von mir wissen. Ich schrieb nach Hause, jedoch wurde jeder Brief und jede Postkarte von den "Tanten" gelesen und bei Nichtgefallen vernichtet. Dann wurde einem diktiert, was man schreiben sollte - natürlich nur "Gutes".
Für mich war und ist die damalige "Trennung" von zuhause ein tief einschneidendes Erlebnis. Jetzt wird mir erst bewusst, dass dies wohl der Grund war, weswegen ich später in der Schule zu keiner Klassenfahrt mit wollte. Ich ging dann während dieser Zeit in eine andere Klasse an der Schule.
Ich kann mich an Vieles momentan immer noch nicht erinnern, weiß aber, da ist immer noch Einiges in mir vorhanden.
Dieser Aufenthalt hat in meiner Kindheit vieles zerstört. Ich sprach wohl nicht viel als ich wieder nach hause kam, wurde dann ein (aus meiner jetzigen Sicht) teilweise etwas schwieriges Kind, bockig und herausfordernd und gleichzeitig habe ich immer versucht (vor allem bei meiner Mutter) ein "gutes" Kind zu sein. Ich (geb.1966) habe noch zwei Schwestern (geb. 1964 und 1967), die beide nicht in ein Heim mussten und ich mich deswegen von meinen Eltern (vor allem meiner Mutter) nicht genügend geliebt fühlte. Das führte immer mal wieder zu Spannungen.
Zum Ende des Heimaufenthaltes hatte ich wohl gerade mal 1 kg zugenommen. Ich war über die ganze Schulzeit immer ein "dünnes" Mädchen und habe auch noch heute eher zu wenig Kilos auf der Waage. Mein Stoffwechsel ist wohl sehr schnell.

Ich habe erst jetzt mit meiner Mutter darüber gesprochen und sie wusste das alles gar nicht. Warum ich nichts erzählt hätte?
Ich habe damals nie mit meinen Eltern darüber gesprochen, was im Heim vorgefallen ist. Ich war so wütend und traurig zugleich und damals dachte ich wirklich, meine Eltern wollten mich nicht mehr.
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Edmund Janz schrieb am 07.05.2024
Ich bin 1964 in Ludwigshafen geboren. Da ich angeblich noch nicht Reif genug für die Schule war ,wurde ich ein Jahr zurück gestellt und in Kur geschickt. Ich war stark Untergewichtig. Über die Post Führsorge fuhr ich mit der Bahn in Begleitung der damaligen Sozialbetreuerin der Post . Wohin weis ich nicht mehr. Es war wohl ein Katholisches Heim weil dort nur Nonnen waren.
Mussten alles Essen was auf den Tisch kam...Blutwurst und Hagebuttentee..Gegenüber saß ein Junge am Tisch der Löffelte eine Suppe oder Brei hastig hinein. Dann fing er an zu Würgen und Kotze alles zurück in den Teller. Darauf hin musste ich es auch. Dann kam ich auf die Krankenstation wo ich meherere Tage lag. Dann kam ein Brief von meiner Stiefmutter und Vater, dass ich eine Schwester bekommen hatte am 26.02.1971 . Ich konnte nicht lesen , wurde mir vor gelesen und ein Bild war dabei vom Baby.
Mitrags mussten wir immer Mitrags schlafen. An der Decke waren viele Ovale Löcher. Wir waren oft im Spielzimmer aber kaum draußen im Schnee.
1669 hatten wir einen Autounfall wo wir alle , meine Familie zu siebt im Auto die Böschung runter Stürzten. Dabei stab meine Mutter. 1970 Heiratete mein Vater wieder uns 1971 wurde meine Schwester Geboren .
Vieleicht weiss jemand was von dem Heim , wo ws war.
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Matthias Ebert aus Weiterstadt schrieb am 06.05.2024
Krauchenwies Verschickung Brüder Ebert
Matthias 5.12.1959: ca. Februar 66 – März/April 66, 6 Wochen, Alter 6
Gebhard 8.5.1965 15.3.71- 24.4.1971, Alter 5
Gerold 10.6.1966 15.3.71-24.4.1971, Alter 4
Gebhard:

Der Arzt meiner Mutter hatte Ihr eine Kur verschrieben die von ca. 16.3. – 8.4. 1071 ging. Meine Eltern beschlossen mich und meinen jüngeren Bruder Gerold für 6 Wochen in das Kinderverschickungsheim Krauchenwies für Erholung und Erziehung zu geben. Das war ca. vom 15.3. – 24.4.1971.
Es war sehr viel emotionaler Stress von unserer Mutter so abrupt getrennt zu werden, von unserem Vater zum Bahnhof gefahren zu werden, um dann von 2 älteren Damen von der Caritas zur Betreuung auf die Zugfahrt nach Krauchenwies abgegeben zu werden.
In Krauchenwies angekommen wurden wir in der Eingangshalle von Schönstatter Mariennonnen empfangen. Ich habe sehr geweint und mich an meinen kleinen Plueschhasen geklammertWir wurden in Gruppen eingeteilt und Schwester Rachild übernahm unsere Gruppe. Wir mussten in zweier Reihen Ihr folgen und Sie führte uns in den Schlafraum mit ca. 10 – 12 Betten., weiß gestrichen, weiße Metallbetten und ein Hocker, neben jedem Bett wo wir unsere Kleider zusammenlegen mussten, wenn wir abends in das Bett gingen.
Am ersten Morgen waren wir in dem Spielzimmer mit einer, ich vermute, weltlichen Pflegerin, die netter war als die Nonnen. Sie schlug Kinder nie. Wir saßen am Tisch für ein Spiel und mir wurde schlecht. Ich war sehr verunsichert und wusste nicht was machen. Ich fragte, ob ich auf das Klo darf, und Sie erlaubte das. Ich saß auf einer Eckbank und musste mich über mehrere Kinder hindurchzwängen. Beim letzten Kind, ein Junge, erbrach ich mich und traf Ihn am Ärmel. Chaos brach aus. Schwester Rachild kam und packte mich am Oberarm und zehrte mich raus auf den Gang. Gleichzeitig zum Erbrechen hatte ich auch noch Durchfall in die Hose rein. Schwester Rachild baute sich vor mir auf und fragte streng, wieso ich das gemacht habe (an den Arm des Jungen zu erbrechen). Ich war völlig verunsichert und stammelte, dass mir schlecht ist/war. Diese Antwort war für Sie nicht befriedigend und Sie gab mir eine schallende Ohrfeige auf die rechte Backe, so stark, dass ich umfiel. Sie schrie mich an aufzustehen. Gleiche Frage, stammelnde Antwort, Ohrfeige links und wieder umgefallen. Aufstehen, Ohrfeige, umfallen, rechts, links, rechts, links … Ich schätze es war drei Mal auf jede Backe. Ich war völlig weg und kam wieder zu mir, auf dem Boden und musste den Boden putzen, ich vermute, ich hatte nochmal erbrochen. Dann schnappte Sie mich und es ging auf das Klo im Gang, wo auch eine Dusche war. Ich musste mich ausziehen und wurde eiskalt abgeduscht, und mich waschen, da ich ja auch in die Hose gemacht hatte. Dann musste ich nackt und nass im kalten Badezimmer stehen bleiben, bis Rachild zurück kam mit einem Handtuch und frischen Kleidern. Nachdem ich wieder angezogen war, musste ich den Boden des Badezimmers auch noch putzen. Danach musste ich bis Mitte des Nachmittags im Bett bleiben. Ich bekam nichts zu Esse, etwas Tee zum Trinken.
Als Kind war ich Bettnässer. Meine Eltern hatten wohl diese Information den Schwestern mitgeteilt und ich wurde nachts manchmal aufgeweckt, um auf das Klo zu gehen. Einmal wurde ich aufgeweckt und ich hatte schon in das Bett gemacht. Ich bin mir sicher es war Schwester Rachhild die Nachtwache hielt. Sie zehrte ich aus dem Bett und fragte wieder einmal, wieso ich in das Bett gemacht hätte. Ich war so müde und bevor ich überhaupt antworten konnte, hat Sie mir eine von Ihren gefürchteten Ohrfeigen ausgeteilt. Ich musste mich nackt ausziehen und neben dem Bett stehen bleiben. Sie zog das Bett ab und ging weg. Ich musste warten, bis Sie wieder zurückkam und das ging eine Weile. Es ist sehr schwer zu sagen, wie lange ich warten musste, da ich so müde war und immer fast im Stehen einschlief, doch aus Angst hatte ich mich nicht getraut hinzusitzen. Ich wartete vielleicht 20 – 30 Minuten. Sie kam zurück, bezog das Bett und ich konnte wieder weiterschlafen, doch erst bekam ich noch eine Strafpredigt, dass man sowas nicht macht, wieso ich das überhaupt machen würde. Ich war völlig überfordert …
Wir mussten immer Mittagsruhe halten von 13:00 bis 15:00 Uhr. Wir mussten die Augen geschlossen halten und durften nicht reden, sonst gab es einen Anschiss oder auch Ohrfeigen. Mein Bett war neben meinem Bruder Gerold und wir haben miteinander geredet während einer Mittagsruhe. Da kam Schwester Rachild rein schrie meinen Bruder, dass er neben das Bett stehen soll. Sie gab Ihm eine starke Ohrfeige und seine Brille flog über das Zimmer. Ich war so besorgt, dass ich weinte und mit meinen Füßen auf der Stelle trampelte und wollte Ihm helfen die Brille zu finden. Rachhild schrie mich an Ihm nicht zu helfen und dann sehe ich alles wie in Zeitlupe. Gerold auf Händen und Füßen sucht nach seiner Brille, er war ohne Brille sehr eingeschränkt, er fand seine Brille und logischerweise setzte Sie gleich auf. Schwester Rachild befahl Ihm wieder neben das Bett zu stehen und die Brille abzunehmen. Gleich darauf wurde er nun wieder geschlagen, auf die andere Backe.
Am Ende vom Gang, wo die Schlafsäle waren, war das Spielzimmer. Ein paar Türen davor war ein Zimmer mit einem Fenster drin, weiß gestrichen und wenn ich mich richtig erinnere nichts drin. In dem Zimmer wurden Kinder zur Strafe eingesperrt.
Im Spielzimmer war auch ein Junge, ca. 3 – Jahre älter als ich und er war voller Energie und ärgerte Kinder manchmal oder räumte nicht auf, etc. Er musste sich in die Mitte des Zimmers stellen und wurde dann geschlagen. Manchmal wurde er, als Bestrafung, in das Zimmer im Gang gesteckt. Manchmal mussten Kinder auch in die Ecke stehen.
Im Gang zum Spielzimmer war ein Einbauschrank mit den Schuhen für die Kinder. Dort mussten wir unseren Schuhen ordentlich i das Regal stellen. Eines Tages ging es raus und wir mussten unsere Schuhe holen, das Licht in dem Einbauschrank ging aus und Panik brach aus unter den Kindern. Die Schwester schrie uns an, ich vermute es war Rachhild, das nützte jedoch wenig, da nahm Sie eine Besenstange und schlug einfach auf die zusammengedrängten Kinder, die nach Schuhen suchten, ein. Auf den Rücken, Arme, Schultern und auf den Kopf. Kinder weinten, hielten sich die aufgezählten Körperteile. Einige Kinder bluteten am Kopf, so auch ich. Ich hatte so Angst, dass ich nichts sagte, um nicht noch mehr in Schwierigkeiten zu kommen. Soweit ich mich erinnern kann, sagten die anderen Kinder auch nichts.
Wir waren über Ostern in Krauchenwies. Am Ostersonntag bekam jedes Kind ein Körbchen mit Schokoladeneiern, typischen Oster Süßigkeiten. Wir durften nach jedem Essen eine Süßigkeit aus dem Körbchen herausnehmen. Als wir am Ostersonntag, nach dem Mittagessen wieder zu unserm Körbchen gingen, war fast die Hälfte von den Süßigkeiten verschwunden. Alle Kinder fragten, waren enttäuscht und die Schwestern säuselten uns einen vor, dass wir uns nicht richtig erinnern oder falsch gezählt hätten. Die Oster Süßigkeiten wurden uns von den Schwestern weggenommen, um sie selbst zu genießen. Es ging nichtmale eine Woche da war alles weg.
Wenn man nicht alles essen konnte, was einem auf den Teller gegeben wurde, musste man sitzen bleiben, bis man es gegessen hatte. Manchmal mussten Kinder den Teller mitnehmen, wenn man aus dem Speisesaal ging, bis Sie alles aufaßen, oder der Teller mit den Resten wurde Ihnen wieder gegeben z. B. zum Abendessen oder Frühstück. Ich hatte wahnsinnige Angst nicht zu viel auf dem Teller zu haben, um immer alles aufessen zu können.
Da war ein Mädchen, die ich immer nur im Speisesaal sah, zum Mittagessen und Abendessen. Ich schätze Sie war vielleicht so um die 13/14 Jahre alte. Sie kam immer etwas später zum Mittagessen und ich habe mitbekommen, dass Sie auf die Schule ging außerhalb des Heimes. Sie wurde oft angeschrien, wieso Sie zu spät sei. Sie hatte oft Magenschmerzen und musste sitzen bleiben, bis Sie alles aufaß. Ein Tag hat sich besonders in mein Gedächtnis eingeprägt. Das Mädchen wollte nicht essen, da kamen drei Schwestern, eine davon Schwester Ursula. 2 Schwestern packten das Mädchen links und rechts und hielten Ihren Kopf fest. Schwester Ursula hielt dem Mädchen die Nase zu, bis Sie nach Luft schnappte und stopfte Ihr das Essen in den Mund. Das Mädchen wehrte sich spuckte einen Teil das Essen raus daraufhin wurde Sie angeschrien und die zwei Schwestern, die Sie hielten, schnappten Sie und zerrten Sie weg und wurde von Ihnen abgeführt, vermutlich weggesperrt. Ich war völlig geschockt und bestürzt. Dieses Mädchen hatte auch einige Schläge einkassiert, an anderen Tagen, an denen Sie nicht essen wollte.

Ergänzungen Gerold:
Bei der Ankunft mussten wir uns aufstellen bevor es ins Gebäude ging. Ich hielt meinen Bruder Gebhard an der Hand. Eine Schwester schlug uns die Hände von oben auseinander. Ich hatte völlige Panik von meinem Bruder getrennt zu werden.
Als es meinem Bruder schlecht ging und er erbrechen musste durfte ich nicht zu ihm um ihm zu helfen und mir wurde befohlen auf meinem Platz zu bleiben. Ich meine irgendwann durfte ich ihm einen Eimer ans Bett bringen. Sprechen durften wir nicht miteinander.
Es gab einmal zum Mittagessen Hackbraten als Leberknödel mit einem hartgekochten Ei in der Knödelmitte. Ich konnte das nicht essen, es hat mich gewürgt. Wie Gebhard schon beschrieben hatte musste ich sitzen bleiben. Nach über einer Stunde, ich konnte einfach nicht, musste ich das Essen abräumen und bekam es am Abend erneut vorgesetzt und am kommenden Morgen nochmals. Mit dreimal hatte ich das Essen kalt dann aufgegessen.
Das mit den Ostereiern war völlig verwirrend. Die Osterkörbchen der in der waren auf einer Art Staffelregal gestanden und die Freude auf eine Süßigkeit nach dem Essen war anfangs groß. Ich glaube wir durften zweimal etwas aus dem Körbchen nehmen, es war eine völlige Enttäuschung.
Nachts durfte man nicht auf die Toilette gehen. Im Gang saß eine Schwester an einem Tisch. Wenn ich es nicht mehr aushielt, habe ich mich an die Türe geschlichen und mich am Korridorschrank cm für cm vorgeschlichen zu der Toilette um zu pinkeln. Dabei hatte ich solche Angst Geräusche zu machen. Ich glaube vom Bett zur Toilette und zurück habe ich eine halbe Stunde gebraucht.
Die Toiletten warn teils offen und man saß sich gegenüber. Ich konnte wegen Scham fast nie richtig das große Geschäft erledigen. Eines Tages ging es nicht. Nachts habe ich dann im Bett gelegen und musst dringend. Ich konnte es nicht mehr zurückhalten und es hat mich geschmerzt es zurückzuhalten. Da man nicht auf die Toilette durfte und ich auch wegen der Geräusche viel zu viel Angst hatte, ging das Geschäft in die Hose. Aus Angst habe ich das tagelang beim Bett machen unter die Decke gelegt. Als es nach Tagen angetrocknet war habe ich teilweise den Kot in der Toilette entsorgt. Einmal in der Woche wurden die Betten kontrolliert. Der verschmierte Schlafanzug wurde entdeckt, ich geohrfeigt und ich musste meinen Schrank im Flur zeigen. Es wurde alles rausgerissen und ich musste ihn wieder sauber einräumen. Danach musste ich vor dem Schrank stehen bleiben, wie lange weiß ich nicht mehr.
An das Zimmer ohne Möbel, in dem Kinder zur Strafe eingesperrt wurden, kann ich mich auch erinnern.
Ich meine ich hatte so geheult als wir endlich wieder in Lörrach waren. Die Mutter war ziemlich verstört, ich hatte mich so an sie geklammert bei der Ankunft. Was wir erzählt haben wurde uns nicht geglaubt. Trost gab es keinen. Das hat die ganze Sache noch abgerundet.

Ergänzungen Matthias:

Die Mitteilung ca. Jan 66, dass ich verschickt werden sollte hat Angst ausgelöst und das Gefühl nicht erwünscht zu sein, im Weg zu sein hervorgerufen. Der Boden unter den Füssen wurde mir weggerissen. Ich habe es überhaupt nicht verstanden. Sehr traumatisch.
Meine Proteste dagegen wurden vehement und fast wütend zurückgewiesen. Die Begründung war, dass ich die Erholung bräuchte und es mir gut tun würde. Doch warum, ich fühlte mich ja nicht unwohl oder schlecht ernährt oder was auch immer.

Das Gefühl das Ausgestoßenseins des nicht gewünscht zu sein, war äußerst mächtig.
Ich sollte einfach weg. Dieses Trauma hat mich leider bis heute auf verschiedene Weise geprägt.

Heute weiß ich, dass unsere Eltern mit der anstehenden Geburt des vierten Kindes (Gerold) wohl völlig überfordert waren, insbesondere unsere Mutter. Das vierte Kind ein Jahr nach dem dritten Kind (Gebhard). Durchaus verständlich.
Allerdings keine Entschuldigung für ihr Verhalten und das Verschicken.

Bin mir auch sicher, dass sie der Meinung waren, dass diese knallharte katholische Erziehung bei den Nonnen sehr gut für mich wäre.

An viele Details kann ich mich, im Gegensatz zu meinen Brüdern, nicht mehr erinnern.
Bin mir sicher, dass ich diese verdrängt habe und versucht habe möglichst unter dem Radar der Schwestern irgendwie durchzukommen.

Schlechtes Wetter, Schneefall, Kälte und eine lange Zugfahrt mit ein zwei weiteren Kindern. An die Begleitung kann ich mich nicht mehr erinnern.
Bei der Ankunft in Reihe stehen in der Kälte.

Sonntags nach dem Mittagessen wurde der Fernseher angeschaltet. Da kann ich mich noch an einen Western erinnern, der mich völlig verstört hat und mich vor dem Einschlafen noch tagelang geängstigt hat. Ich kannte Fernsehen bis dahin überhaupt nicht. Den Nonnen war es wohl egal was da lief. Die waren im Raum nebenan. Kindgerecht war der Film sicher nicht.
Die Nächte im Schlafsaal waren sehr traumatisch. Einem Jungen, der sich immer wieder eingenässt hatte wurde übel mitgespielt. Wie genau, auch das habe ich verdrängt.
Ich selbst hatte Angst nachts auf Toilette zu müssen.
Doch irgendwann habe ich herausgefunden mich an die Tür zu schleichen und wenn die Nonne schlief vorbei zu huschen. Der Toilettengang hat gedauert und war sehr stressig.

Hin und wieder war auch eine junge Frau möglicherweise eine Praktikantin als Nachtwache da. Die war sehr freundlich und warmherzig und hat mich in die Arme genommen. Sie hat Verständnis gehabt und hat mir das Gefühl von Wärme und Angenommensein vermittelt. Das gab es die ganzen sechs Wochen sonst nicht.
Alles war sehr streng und extrem gefühlskalt.

Wie gesagt an vieles kann ich mich nicht mehr erinnern.

Als ich nach Hause zurückkam war ich sehr froh. Aber auch hier kann ich mich an nichts mehr genau erinnern.
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Hans-Joachim Ritter aus Homburg schrieb am 04.05.2024
Ich arbeite gerade an einem Bericht über dieses Haus und seine Verganenheit auch als Hotel und was heute daraus wurde.
Ihre düsteren Erlebnisse dort tun mir in der Seele weh! Wäre es möglich mit Fotos von damals zu überlassen?
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Heinz Werner Görgens aus Rösrath schrieb am 02.05.2024
Bin 1942 geboren,am denkwürdigem 20.Juli 1944 starb meine Mutter,ich wuchs danach bei meinen Großeltern auf.Nach dem Krieg wurde ich mehrmals zur „ Erholung“ verschickt.Was ich 1950 in Unna- Königsborn,ein von der evangelischen Kirche geleitetet Kindererholungsheim erlebte, ging mir nie wieder aus dem Kopf.Besonders schlimme Ereignisse mit dem Essen,ich mochte keine Möhren,wenn ich diese essen mußte,kamen sie umgehend durch Erbrechen wieder raus,ich mußte das Erbrochene wieder essen,wieder dieselbe Reaktion und dann hörte man auf,bis es wieder Möhren gab.Wir machten Liegekuren und wenn ich dabei zur Toilette mußte wurde das abgelehnt.Man machte sich in die Hose und wurde dann zum Gespött den anderen Kindern vorgeführt,auch viele unter diesen traf es ebenfalls.Bekam man ein Päckchen von zu Hause,wurde der Inhalt von den „ Pflegerinnen eingenommen,man bekam etwas davon,der Rest wurde irgendwie verteilt.Dieses Heim war das schlimmste was ich bei insgesamt bei solchen Einrichtungen erlebt habe und das über 12 Wochen.Das Gegenstück war das Erholungsheim in Langenhorst bei Ochtrup,wurde von kath.Nonnen geleitet und in den insgesamt. 26 Wochen in 2 Zeiträumen,war fast nur absolute Zufriedenheit bei allen Kindern.Diese Nonnen war einfach Super !
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Stefan Schweitzer aus Quierschied schrieb am 01.05.2024
Mein Name ist Stefan. Ich bin Jahrgang 1962 und war Ende 1968 in Haffkrug im Haus Marion zum Kinderkurgang, wie es im offiziellen Schreiben der Barmer Ersatzkasse hieß. Ich litt damals unter einer ständigen Bronchitis, weshalb man dachte, dass diese Kur mir gut täte.
Während der Kur herrschte ein strenger Umgangston seitens der Verantwortlichen. Auch das Essen und die Essensvorschriften habe ich in keiner guten Erinnerung.
Besonders unangenehm war jedoch die Fixierung auf den Schlaf.
Wer beim Mittagsschlaf nicht schlief, musste aufstehen und vor dem Eingang des Schlafsaals im Stillstand bis zum offiziellen Ende des Mittagsschlafes verharren. Zusätzlich bekam man bei der nächsten Mahlzeit nichts zu essen. Dies störte mich jedoch nicht, da das Essen sowieso nicht schmeckte.
Noch schlimmer war es aber, wenn man abends nicht rechtzeitig einschlief. Wer beim Kontrollgang noch nicht schlief, bekam mit einem Pantoffel Schläge auf den nackten Po. Wir versuchten daher uns beim Kontrollgang schlafend zu stellen, falls wir noch wach waren. Dies wurde jedoch genau begutachtet und man musste schauspielerische Fähigkeiten besitzen, um als schlafend beurteilt zu werden. Die Angst und unsere Schreie habe ich noch sehr gut im Gedächtnis.
Natürlich brachte die Kur nicht das gewünschte Ergebnis. Meiner Mutter sagte ich anschließend, dass sie mich totschlagen kann, aber ich werde nie mehr zur Kur gehen.
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Peter aus Bremen (seit 1991), vorher Hessen schrieb am 29.04.2024
Geburtsjahr 09/1961
Geburtsort: Deutschland / Hessen / Philippstahl (bis 6 Jahre)
Kindheit: Hessen / Fulda (bis 16 Jahre)
Heimatort: Bremen (seit 1991)
Kuraufenthalte: zwei Mal auf der gleichen Nordseeinsel (Name möchte ich nicht nennen)
1971 (9 Jahre) 3 Wochen Aufenthalt
Wegen Gewichtszunahme, Unterernährung
1973 (11 Jahre) 6 Wochen
Wegen Gewichtszunahme, Unterernährung / Gleicher Ort, fast gleiches Geschehen
Achtung: Trigger Gefahr!
Die nachfolgenden Inhalte können sensible und verstörende Wörter enthalten und den Trigger bei einigen Lesern hervorrufen.
Ich werde aber nicht schweigen und kein Blatt vor dem Mund nehmen. Nach meiner zweijährigen Therapie (2015) kann ich heute darüber sprechen. Texte verfassen ohne zu triggern.
Es geht um Demütigung, Machtausübung, Scham, Verletzbarkeit, Hilflosigkeit, Missbrauch
Nach dem ich nun viele Schicksale hier gelesen habe und weiß, dass ich nicht allein bin, möchte ich meine Geschichte auch öffentlich bekannt geben und hoffe auch so Kontakt zu Leidgenossen zu finden.
Ich kann daher nur eine Verkürzte Version präsentieren, weil mehr als 20 Seiten wollte ich nicht senden.
Vorwort 01:
Ich war bereits als Kleinkind stark untergewichtig und meine Kinderärztin hatte meiner Mutter den Kuraufenthalt wärmstens empfohlen. Die Organisation lief über die Krankenkasse und das Ziel war es natürlich der kleine, schmächtige, unterernährte Bub „aufzupäppeln“.
1971 (Erster Aufenthalt):
An diesem Aufenthalt habe ich nur noch Bruchstücke, und die waren leider negativ. Man müsste ja eigentlich meinen, dass ein 9-jähriger Bub sich an solchen Dingen gut erinnern kann. Meer und Strand. Aber nein, leider nur den negativen Dingen sind dort verankert.
Erinnerungen 01:

An die Fahrt selber erinnere ich mich gar nicht mehr. Das einzige schöne war die frische Seeluft, das Meer, die Wellen, der Strand und das Geschrei der Möwen. Für mich völlig fremdartig.
Dann ein langer Weg zu einer kleinen Siedlung. Der Weg war mit roten Pflastersteinen belegt. Ein kleines Wäldchen (kein Vergleich mit den vielen Bäumen bei uns in Hessen); und dann ein langes Gebäude, roter Backstein, zweistöckig. Direkt in den Dünen, wundervoller Anblick.
Daneben aber ein Stilbruch. Ein langer eckiger Betonklotz, mit vielen Fenstern. Total schrecklich.
In diesem Gebäudeteil, Turnhalle, Küche, Essensraum (EG), Duschen, Stellraum, Heizung (UG)
Im Haupthaus, die Schlafräume der „Tanten, Erzieher“ (OG), Schlafraum der Mädchen (EG) Schlafräume der Jungen (1 Etage), sowie zwei Aufenthaltsräume.
Überall im Haupthaus kleine Fenster, im Betonklotz, große Fenster.
(Diese Erinnerungen stammen aus dem zweiten Aufenthalt; da gleiches Gebäude)
*
Die Tanten trugen Schwesternhauben. Die Erzieher (graue Kittel). Eine freundliche Tante hat mir mein Zimmer gezeigt. Ein Vierbett-Zimmer. = Lücken, keine Erinnerungen
*
Essenzwang:
Ich war ein braves Kind und habe alles aufgegessen was man mir auf dem Tisch stellte. Die Tanten passten auf, dass man alles aufgegessen hat. Ich habe das große Glück (fast) alles zu mögen. Daher keine großen Hürden. Aber lecker war nur die Suppen am Abend.
Es wagte niemand es nicht auf zu essen!
Das einige was für mich wirklich ekelig war: Blutwurst, Leber mit Apfelmuss. Bis heute würde ich Kotzen, bei den Gedanken.
Arzt:
Spargel Tarzan, Klapper Storch, Klapper Gestell und ähnliche Formen hat dieser Arzt zu mir gesagt.
Gleich am ersten Tag eine ärztliche Begutachtung meines Gesundheitszustanden.
Der Arzt hatte ein rundliches Gesicht, einen dicken Oberlippenbart, sein Hemd war oben offen, und seine Brusthaare waren zu erkennen. Darüber trug er einen weißen Kittel. Um den Hals das Stethoskop.
Seine Hände waren stark behaart, dichtes dunkles Haar, sowie auf dem Arm. Es waren große dicke Hände; Hände die mich überall berührten.
Das Untersuchungszimmer: (auch diese Erinnerungen stammen aus meinem zweiten Aufenthalt)
Links ein weißes Regal, mit Büchern und diversen Dingen. An der Wand daneben eine Untersuchungsliege, ein Maßstab für Körpergröße zu messen, eine Waage, die groß war. So etwas kannte ich vorher nicht. Dann sein Schreibtisch, dahinter das Fenster.
*
Er war nicht unfreundlich, aber beherrschte die Macht. Machtvoll und männlich sein Auftreten und seine Stimme.
„Zieh deine Sachen aus!“
Ich war zwar von meiner Kinderärztin es gewohnt, mich vor jemanden fremden auszuziehen (meine Mutter war bis zu meinem 10 Lebensjahr immer dabei); aber diese Situation überforderte mich. Da ich hier allein und Schutzlos war.
Zog meine Sache aus und legte sie auf einen Stuhl.
„Auch die Unterhose!“
Das war mir befremdlich; schamhaft hielt ich die Hände vor meinen Genitalien.
„Hände da weg – Was soll das!“
Glühendes rotes Gesicht.
Ich musste mich dann auf die Messlatte stellen. Mit dem Rücken zur Wand. Er drückte meinen zarten Körper kräftig zur Wand, damit ich mich gerade hinstellen sollte.
Er ging zum Schreibtisch zurück. Ich bewegte mich nicht. Starrte nur zum Fenster und war völlig nackt. Ich fühlte mich so unwohl. Anschließend ging es zur Waage und er machte sich Notizen. Dann nannte er mich ein „Dürres Gestell“ und weitere Worte die ich anfänglich schon beschrieben habe.
*
Warum tut man das ein Kind an?
*
Anschließend musste ich mich vor ihm präsentieren. Was dazu führte das er meinen ganzen Körper abgetastet hat und dabei meine Phimose bemerkte. Diese verengte Vorhaut wurde mir dann zum Verhängnis. Auf Grund der Textkürzung gehe ich nicht näher darauf ein.
*
Duschzwang:
Jeden Abend vor dem Schlafen gehen wurden wir nackt in den Keller gebracht und in dieser schrecklichen Dusche musste wir uns dann vor den Tanten und Erziehern waschen. Und die standen da und schauten sich das an. Die Kommentare und Demütigung waren schrecklich.
Meer baden unter Zwang:
Jeden Morgen mit einer Trillerpfeife halbnackt zum Strand gelaufen (nur Badeschlappen und Unterhose), nur die Jungs, die Mädchen brauchten keine Abhärtung. Ein Erzieher mit der Trillerpfeife vor uns und wir im Gänsemarsch hinterher.
Egal wie das Wetter war.
Der erste Pfiff war als Kommando gedacht, Unterhosen runter.
Der zweite Pfiff war für den Sprung ins Meer gedacht.
Der dritte Pfiff war für das Rauskommen gedacht.
Der vierte Pfiff für das Anziehen der Unterhose und abschließend der Pfiff zurück ins Haus.
*
Wiegenzwang:
Jeden dritten Tag, erneut nackt auf die Wiege. Erneutes mehrfaches Anfassen meines Körpers.
*
1973 (11 Jahre) 6 Wochen / zweiter Aufenthalt
Vorwort 01:
Die erste Kur hatte nach Meinung meiner Mutter und den Kinderärzten mir so gutgetan (wenn die gewusst hätten und ich nicht geschwiegen hätte); dass man mich erneut auf die gleiche Insel schickte und wieder in das gleiche Haus.
Erinnerungen 02:
Es hatte sich nur verändert, dass die Tanten keine Häubchen mir trugen und die Erzieher kein grauer Kittel. Ansonsten die gleichen fast seelenlosen Mitarbeiter. Kaum einer der Führsorge zeigte. Bis auf zwei Tanten.
*
Essenzwang 02:
Gab es Gott sei Dank nicht mehr. Es wurde zwar verstärkt darauf geachtet, dass wir brav alle aufessen, aber ich habe niemanden gesehen, der einem das Essen zwangsweise einführte oder das man solange am Tisch sitzen bleiben musste, bis alles aufgegessen war.
Diese Horrorvorstellung blieb mir beim zweiten Aufenthalt erspart.
*
Arzt:
Beim Arzt hatte sich gar nichts geändert. Nur die Tatsache (negativ) dass ich kurz vor meiner Pubertät nun körperlich gereift bin und somit sexuell erregbar war. Es folgten die gleichen Untersuchungsmethoden (nackt wiegen, messen und befingern lassen).
Auf Grund der Textkürzung kann ich nur sagen, dass ich dabei oftmals eine Erektion bekam und er immer wieder meine Phimose als Anlass nahm, um mich zu demütigen und zu befummeln.
*
Warum tut das ein Arzt?
*
Duschzwang:
Gleiches Verfahren, Gleiche Demütigung. Nur diesmal intensiver, weil ich schon 11 Jahre alt war und mich doppelt und dreifach geschämt habe.
*
Meerbaden 2:
Hier hatte sich auch nichts verändert. Nur die Trillerpfeife wurde nur verwendet um uns Jungs aus dem Wasser zu holen.
Wie beschämend und schnell wir versuchten die Unterhosen anzuziehen. Bitter kalt, verschämt, den Blicken des Erziehers ausgeliefert. Es kam zweimal zu Begebenheiten mit Kurgästen. Männer und Frauen die das sahen und sich entweder fragten, was tun die da. Oder sich amüsierten.
*
Sexueller Übergriff 01:
Ein paar stärkere und ältere Jungs haben sich die schwachen und kleinen ausgesucht. Ich war einer dieser Opfer.
Festhalten, Hose runterziehen, lachen und befummeln lassen.


Festhalten und „Eiern“, ein Spiel was diese Jungs täglich taten.
(damit ist gemeint, durch die Hose an die Hoden zu gehen und so fest wie möglich die Eier zu drücken). Wen man schrie oder um Gnade winselte, war es ein Hochgenuss für diese Jungs.
*
Sexueller Übergriff 02:
Festhalten, nackt ausziehen, befummeln lassen und mit Gummiringen die Hoden abgebunden. Oder mit den Einweckgummi Ringen als Zwille benutzt und möglichst tiefen Scham auszulösen. In dem der Schmerz an den Hoden unerträglich wurde. Bis heute habe ich Hodenprobleme.
Anmerkung:
Oftmals hat ein Erzieher oder eine Tante diese Taten gesehen und nichts unternommen. Eher sich daran „Aufgegeilt“.
*
Sexueller Übergriff 03:
Zweimal wurden wir jüngere Buben aus dem Zimmer geholt (Opferstatus, ich und ein anderer), und dann in das Zimmer der Älteren gebracht. Schlimmste Albträume. Missbrauch an Seele und Körper
*
Schöne Dinge 01:
Gemeinsame Nachmittage mit Karten spielen, Mau Mau, Quartett oder AS-Werfen.
Gemeinsame Sparziergänge am Strand und in den Dünen
Lagerfeuer am Abend mit Cola und Bratwürsten.
*
Schöne Dinge 02:
Gemeinschaft mit drei weiteren Jungen in meinem Alter. Wo wir im kleinen Wäldchen spielten und ein Gefühl der Geborgenheit bekamen. Die Namen sind mir leider nicht mehr bekannt.
*
Fazit:
Ich war in den darauffolgenden Jahren solcher massiven Machtausübung von Personen (Polizei, Ärzten, Lehrgeselle, Zivildienst) ausgeliefert das man sich praktisch als Opfer in eine Struktur der Hilflosigkeit verliert. Das ist ein anderes Kapitel meines Lebens aber auf Grund dieser vielen negativen Rückblicke musste ich im Jahr 2015 zwei Therapien machen.
Ich wünsche allen Opfern das den Mut haben sich zu wehren und sich das nicht gefallen lassen dürfen. Ich habe es damals nicht geschafft und bin daher immer noch so wütend über mich selbst. Und fühle mich dadurch auch als Täter, weil ich es zugelassen habe.
Peter
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Willi Gellings aus Viersen schrieb am 28.04.2024
Ich habe über meine Erfahrungen als 6-jähiger "Willibert" ein Lied geschrieben:
https://youtu.be/lNsx09u6CaI?si=yOSG2H7sa5WrGnAh
Es war für mich sehr wichtig den "kleinen Jungen in mir" endlich mal zu Wort kommen zu lassen.
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Christian Miesbauer aus 83317 Teisendorf schrieb am 27.04.2024
Mein Bruder (geb. 1962) und ich (geb.1961) wurden (vermutlich 1967) zur Erholung nach Altenhohenau am Inn geschickt. Die Familienverhältnisse waren "schwierig", offensichtlich konnte uns niemand erklären, was warum vor sich ging. Wir saßen im Zug mit einer uns flüchtig bekannten Frau, die uns in Freilassing an einen Schaffner weiterreichte. Mein Bruder war sich sicher, dass wir nie wieder nach Hause kommen würden.
Das Kloster und die Umgebung sind sehr schön, leider waren die Nonnen um so hässlicher.
Alles war kalt und streng. Ich konnte das fette Essen nicht vertragen und hatte schon mehrmals mit Durchfall und Erbrechen Probleme gehabt.
Dann wollte/konnte ich meine "Kasspatzen" nicht essen. Zuerst wurde ich durchgeschüttelt und an den Ohren gezogen, dann geschlagen. Dann durften die anderen Jungs nicht aufstehen, bis ich fertig gegessen haben würde. Dann wurde gedroht, dass keiner am Freitag die ersehnten Süßigkeiten bekommen würde. Ich blieb standhaft, bis Schwester Lucia meinen Knackpunkt erahnte. Eine andere Schwester schnappte sich meinen Bruder und watschte ihn rhythmisch rechts und links ins Gesicht, bis ich versuchte aufzuessen. Als ich mich, meinen Bruder und die beiden Schwestern vollkotzte, ging's erst richtig los. Unter dem Gejohle der anderen Burschen wurden wir am Aussenwasserhahn nackt abgespritzt. Danach wurden alle anderen Kinder (auch die sonst streng verborgenen Mädchen) zusammengeholt und mein Bruder und ich wurden öffentlich nackt über eine Bank gezogen und mit Teppichklopfern verprügelt. Ich weiss nicht mehr, wie lange die Restzeit war, jedenfalls wurde ich isoliert und durfte nur auf die Toilette, wenn ich fertig gegessen hatte. Vor der Heimfahrt sagte mir eine Schwester, wenn ich zu Hause etwas erzählen würde, was ihnen nicht gefällt, würde meinem Bruder etwas schreckliches zustossen.
Ich wusste im weiteren Verlauf meines Lebens, dass ich/wir dort waren und dass ich rasende Angst um meinen Bruder haben musste, alles andere blieb in meiner Seele verborgen. Erst als ich mit knapp 50 Jahren während eines Selbstfindungsseminares ein "seelisches ComingOut" erleben musste, kam alles wieder hoch. Dann gab's aber ordentlich Arbeit, kann ich Euch sagen.... PS: mein Bruder verweigert bis heute jeglichen Austausch über dieses Thema.
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Marion Fensterer aus Gummersbach schrieb am 26.04.2024
Ich wurde vom 18.2.1964- 1.4.1964 zusammen mit meiner Schwester von Gummersbach nach Bonndorf im Schwarzwald verschickt. Ich war damals 6 Jahre alt. Nichts hat mir dort Freude gemacht- selbst die Schlittenfahrten im Schnee nicht. Es war grausam kalt überall. Morgens gab es Haferschleim mit harten, trockenen Brotkanten. Ich habe es ausgekotzt, da ich keinen Haferschleim mag. Das Gekotzte musste ich dann wieder essen. Das Essen war eine Katastrophe: Ekliger Schokopudding mit Büchsenmilch, wässrige Eintöpfe mit ekligem Zeug drin, Milchsuppen mit Haut drauf. Dabei war ich doch zu dünn und sollte zunehmen. Das war der Grund der Verschickung. Ich habe immer nur geweint. Mittags mussten wir ins Bett- niemand hat geschlafen. Vor der Tür passte eine "Tante" auf, dass niemand auf Toilette ging, denn das durften wir nicht. Genauso war es nachts: Toilettengang strengstens verboten. Zum duschen musste man sich in Eiseskälte nackt ausziehen. Einen einzigen Brief meiner Eltern in den ganzen 6 Wochen habe ich zu sehen bekommen und Post von der Schulklasse. Da hab ich mich gefreut! Ich habe alle Zettel bestimmt 10mal gelesen.
Ich hoffe, es melden sich noch andere "Häftlinge"!
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Kontakt Wunsch: Kontakt: Über die Initiative
A. Puttfarken aus Schlesen schrieb am 26.04.2024
1972 wurde ich in das Kinderverschickungsheim Hanstedt geschickt, es war der schlimmste Ort an dem ich mich erinnern kann, er wurde so schlimm durch die herzlosen und brutalen Kinderpflegerinnen. Sicherlich haben nicht alle ihre Kinderverschickung in schlechter Erinnerung, doch um diese geht es hier nicht, deshalb ist es für mich völlig unverständlich und verhöhnend, wenn hier in einer Gruppe von misshandelten und missbrauchten Kindern Leute schreiben wie schön ihre Verschickung war, was stimmt mit diesen Menschen nicht? Kinder die sechs Wochen und mehr die Hölle erlebte und ihr ganzes Leben dadurch ein Kampf wurde, werden damit ins lächerliche gezogen und als Lügner dargestellt. Ich habe als 6 jähriger Qualen erlitten die für unbeteiligte unvorstellbar sind, von Schlägen bis Wochen in einem dunklen Raum alleine eingesperrt zu sein, das hat mir meine heile Kinderwelt zerstört und tiefe Narben bis heute auf meiner Seele hinterlassen…
Auch damals gab es schon andere Kinder, die sich am Leid er anderen ergötzten, wahrscheinlich um nicht selber ins Visier der brutalen Kinderpflegerinnen zu geraten.
Für uns Betroffenen ist die Aufarbeitung ein Anker, da braucht es keinen Hohn von Menschen die wahrscheinlich unter diesen Qualen nicht durchgehalten hätten.
Ich wünsche allen Betroffenen alles erdenklich Gute und allen die eine schöne Zeit dort hatten mehr Mitgefühl und Respekt!
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Stefan aus Oberjoch, Hindelang, Allgäu schrieb am 25.04.2024
Hallo,

ich kann mich nicht mehr an viel erinnern, ausser:

-meine Eltern erzählten mir von einer Kur, weil ich zu dünn gewesen sei.
-Fahrt mit Betreuern, aber ohne Eltern, mit dem Zug. Die Gruppe wurde immer grösser
-kein Kontakt zu den Eltern
-Auslachen als "Spaghettifresser"
-Essenszwang: Als Ausweg habe ich das Essen in die Hosentaschen gestopft, was dazu führte, dass meine Kleidung die Färbung des Essens annahm.
-Schwimmzwang, obwohl ich das noch nicht konnte. -Zwang zum Tablettenschlucken, obwohl ich sie nicht herunter bekam. Wenn ich sie weggeworfen hatte, bekam ich eine Neue.
-Duschzwang mit dem Kopf nach oben und
gleichzeitig geöffneten Augen
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Elke Niggeloh aus Berlin schrieb am 24.04.2024
Niggeloh, Elke geb. Wenzel aus 12349 Berlin schrieb am 14.04.2024
Verschickungsheim: Kaufbeuren Bayern
Zeitraum (Jahr): 1960 ev 61
Meine Mutter hatte mich einen Tag vorher informiert: Du machst eine tolle Reise, weil Dr. ERDMANN BERLIN NEUKÖLLN, SONNENALLEE, gesagt hat, du bist zu dünn. Am nächsten Tag ging die Fahrt mit dem Bus los. Ich habe keine Erinnerung an die Fahrt. Zu schrecklich war die Trennung. Auch die Ankunft hüllt sich in Erinnerungsnebel, jedoch als ich vor 3 tg ein Foto des Heims sah, war mein mulmiges Gefühl wieder da. Schlimmer noch, ich weinte hemmungslos. Heute bin ich 70 Jahre alt. Damals war ich ca. 6 Jahre alt. Angekommen, wurde uns ein düsteres Zimmer gegeben mit 2 Doppelstockbetten.
Ich schlief am Fenster im unteren Bett. Nach dem Abendessen und Zubettgehen durften wir das Zimmer nicht mehr verlassen. Verboten war ein nächtlicher Toilettengang. Gefühlt habe ich 6 Wochen lang geweint vor Heimweh. In den folgenden Tagen ermahnte mich die Tante immer wieder , nicht zu weinen. Sieh, die Anderen können es doch auch. Ich wurde ausgelacht.
Zum Essen gab es häufig Brote mit einem hellen süssen Aufstrich. Auch an kleine rote Tabletten erinnere ich mich. Unsere Koffer wurden uns bei Anreise abgenommen..die Süssigkeiten verteilt an alle Kinder. Das war schmerzlich, denn es noch nach zuhause.
Ich hatte nur meinen Brummi, der mich nicht allein ließ.
Nach ein paar Tagen wurde nach Hause geschrieben. Wer kann schreiben? So war die Frage und ich log, weil ich den Umschlag meiner Mama erkannte. Er enthielt die Postkarten für zuhause. Ich wollte ihn gern haben. Schnell war der Tante klar, dass ich nicht schreiben konnte. Das wurde dann allen laut mitgeteilt und man sollte mich auslachen, weil ich gelogen hatte. Wie peinlich. Ich schämte mich sehr.
Ich durfte dann aber sagen, was geschrieben werden sollte und malte meinen Namen zum Schluß drunter.
Alle 2 wochen kam Post von zuhause. Das führte zu erneuter Trauer bei mir. Ich weinte und konnte kaum aufhören. Soviel die anderen auch lachten.
Wir machten viele Wanderungen und es war sehr schön, dass 1 Junge mit mir Hand in Hand ging. Wir alle gingen immer angefasst in Zweierreihen.Ein bisschen Sicherheit. Noch heute beruhigt mich das.
Das Highlight dort war ein Besuch auf dem Rummel.
2 grössere Kinder zogen mich hinter sich her und versuchten mich zu bewegen, mit.der Walzerbahn zu fahren. Ich wollte nicht und hatte Angst. Doch alle fuhren mit ....und du traust dich nicht? Hahaha..ich stieg mit den Kindern ein und war so in Panik, das ich aus der Gondel springen wollte. Es sollte nur aufhören! Die beiden Kinder drückten mich zu Boden bs das Grauen der Fahrt ein Ende hatte. Ich zitterte vor Angst und meine Zähne klapperten vor Kälte. Draußen war es warm!
Es gab ständig warme Milch mit Pelle. Ekelhaft. Ich musste mich auch übergeben. Einmal war ich den ganzen Tag im Bett weil ich schlimmes Bauchweh hatte. Noch heute führt der Geruch von warmer Milch bei mir zu Übelkeit.
Eines nachts musste ich schnell zur Toilette. Die ewige Milch mit Haferflocken musste schnell raus.
Ich rief in den dunklen Gang...ich muss schnell zur Toilette..Nach einer Weile kam eine Tante und brachte mich weit den dunklen Gang entlang zur Toilette. Stundenlang blieb ich dort ohne das Jemand nach mir sah. Erst als ich laut weinte, brachte mich die Tante zurück ins Bett.
Noch heute fürchte ich mich im dunklen.
An mehr kann ich mich nicht erinnern.
Nur die Rückfahrt ist präsent. Mein Karorucksack mit meinem Brummt waren bei mir. Das Frühstück grummelte während der Fahrt in meinem Bauch. Wie immer gab es Milch mit Haferflocken. Ich musste dringend . Ich merkte, dass ich Durchfall bekam. Keine Abweichungen bei den Pausenzeiten.
Setz dich auf deinen Platz!. Als dann endlich angehalten wurde, auf freiem Feld war es bereits geschehen. Ich stank fürchterlich und schämte mich.
So ging es dann noch ein paar Stunden bis zur Ankunft in Berlin. Meine Mama schimpfte mich an,weil ich so stank. Man macht nicht in die Hose!!!

Eine schreckliche Kur ... meine Mutter hat es bestimmt gut gemeint aber es war ganz traurig.
Mein Vater war in der Betriebskrsnkenkasse. Die hat das alles bestimmt übernommen.
Gern wüsste ich, wer der Junge war,der mir soviel Sicherheit gab. Ich danke ihm dafür.
2 Jahre später wurde ich nach Wenningstedt/Sylt verschickt, nur 4 Wochen aber hier habe ich wunderschöne Erinnerungen.
Ich hoffe, es melden sich noch andere Insassen aus Kaufbeuren.
Aus Kaufbeuren ist zurückgeblieben, dass ich bei Druck gegen meinen Willen leicht ungehalten und hektisch werde.
Warme Milch führt zu Übelkeit und die Angst im Dunkeln ist geblieben.
Auch fürchte ich mich, etwas falsch zu sagen, aus Angst vor Häme und Spott.
Das Wort: Einzelkind habe ich vom Schimpfwort zu meinem Markenzeichen gemacht. Wenn ich nicht weiß wo ich zur Toilette gehen kann, werde ich sehr unruhig
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Reinhard Gehringer aus Hondingen schrieb am 23.04.2024
Hi Allerseits
Aufgrund asthmaänlichen Problemen wurde ich im Alter von 10 Jahren für 6 Wochen zur Erholung an die Nordsee geschickt. Natürlich gab es auch bei mir kleine Probleme mit Heimweh, aber in der Summe hielt sich das doch wirklich in Grenzen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass zu diesem Zeitpunkt so viel beschriebene derbe Erziehungsmethoden angewendet wurden. Keine Strafe fürs nicht aufessen etc. Eher sind mir die schönen Spaziergänge über die Insel in Erinnerung geblieben. Für mich als Schwarzwaldangrenzer war der Sandstrand natürlich ein bombastisches Erlebnis. Gegen Ende des Aufenthaltes konnte sogar in der Nordsee gebadet werden. Also bei mir überwiegen die positiven Erinnerungen bei weitem. Keinerlei Erinnerung an gröbere Missstände. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mir das nur einbilde. Ich finde das sollte ebenso hier vorgebracht werden.
Also es war nicht Alles schlecht und bei mir hatte das Ganze sogar noch den positiven Effekt, dass es seither kein Asthmaanfall mehr gab.
Grüssle aus Südbaden
Reinhard
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Harald schrieb am 22.04.2024
Als Kind einer vielköpfigen Familie wurde ich damals zur Erholung geschickt, weil ich immer blass und schmal war.
In Saarbrücken wurde ich von meiner Mutter an eine Gruppe abgegeben, die mit dem Bus zu dem Heim fuhr. Ich erinnere mich an eine strenge Heimführung, aber nicht an gezielte Demütigungen oder gar Züchtigungen. Ich hatte eher das Problem, dass ich als einer der Kleineren von größeren Kindern drangsaliert wurde. Strenge Erziehung kannte ich von zu Hause. Das war allerdings damals nicht unüblich, wie ich das auch von anderen Kindern in meinem Alter weiß. Das macht es nicht besser, entsprach aber leider oft noch den damaligen Vorstellungen von Pädagogik.
An lange Mittagsruhezeiten in großen Schlafsälen erinnere ich mich. Dort musste man still sein und durfte sich nicht rühren. Schlimm war es, wenn ältere Jungs Aufsicht führen durften. Die nutzten diese "Machtposition" dann gerne aus.
Insgesamt hatte ich das Gefühl des Verlorenseins in dieser Zeit. Das lag vermutlich an der großen Masse von Kindern unter denen ich auch noch einer der Kleinsten war.
Einmal in der Woche durften wir eine Karte schreiben, die wir auch selbst aussuchen konnten und die die Schulkinder für uns schreiben mussten. Ich durfte aber sagen, was sie schreiben sollten.
Die sechs Wochen waren sehr lange für mich und ich war froh, als ich wieder zu Hause war. Für mich war es vor allem eine Zeit, in der ich mich auch unter den vielen Kindern sehr einsam fühlte.
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Silke Maron schrieb am 22.04.2024
Ich war 1976 für 6 Wochen im Haus am Schmalensee in Mittenwald. Grund: ich sollte zunehmen.
Obwohl damals 9 Jahre alt, mussten wir täglich Mittagsschlaf halten und still sein. Ich habe dann immer leise vor mich hin geweint.
Die Briefe und Pakete von zu Hause wurden mir erst nach 3-4 Wochen gegeben. Davor musste ich täglich zusehen, wie die Post an die anderen Kinder verteilt wurde: die Namen der Kinder, die einen Brief oder ein Päckchen erhielten, wurden einzeln aufgerufen und ich hoffte immer bis zum Schluss, jedoch leider vergeblich, dass mein Name fallen würde.
Nach 3-4 Wochen erhielt ich dann einen ganzen Stapel Briefe und Pakete von zu Hause. Ich hatte schreckliches Heimweh und habe das alles nur deshalb einigermaßen gut überstanden, weil ich eine sehr gute innere Bindung zu meiner Mutter hatte und trotz allem wusste, dass sie mich nicht vergessen hatte.
Während der Zeit schrieb ich täglich Postkarten nach Hause. Um niemanden zu beunruhigen schrieb ich "mir geht es gut, wie geht es Euch? Bitte schreibt mir bald zurück". Mehr schrieb ich nicht, aber hinter das "bitte schreibt mir bald zurück" setzte ich Hunderte Ausrufezeichen, bis nichts mehr auf die Postkarte passte - etwa so: !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Meine Mutter erzählte mir später, dass sie mehrfach im Haus am Schmalensee angerufen hat, um mit mir zu telefonieren. Man hat sie aber nie durchgestellt, sondern abgewimmelt und gesagt, es wäre nicht gut für mich, mit ihr zu sprechen.
In der 5. Kur-Woche machten wir einen Ausflug in die Berge und ich schwamm in einem Tümpel, wodurch ich mir einen schlimmen Hautausschlag zuzgezogen habe. Deshalb wurde ich in ein anderes Haus in Quarantäne verlegt. Das war ein Einzelzimmer, das ich nicht verlassen konnte, weil es abgeschlossen wurde. 3x täglich kam eine "Schwester" vorbei, brachte Essen und schaute nach einem. Sie hatte keinerlei Mitgefühl und war eine eiskalte Person. Als ich nach ein paar Tagen furchtbar weinte, weil ich einsam war und raus wollte, setzte sie sich ganz scheinheilig auf mein Bett und sagte mir, wenn ich weiter so weinen würde, könnte ich nicht nach Hause fahren und sie würden mich weitere 6 Wochen da behalten. Da war ich still. Ich hatte furchtbare Angst, dass sie mich tatsächlich da behalten würden.
Ansonsten habe ich wenige Erinnerungen an die Kur. Nur, dass ich die Tage gezählt habe, es irgendwie durchgestanden habe und überglücklich war, als ich wieder zu Hause war.
Wenn ich lese, was andere in solchen "Heimen" durchgemacht haben, weiß ich, dass ich noch großes Glück gehabt habe - auch wenn ich die Behandlung als seelische Grausamkeit empfunden habe.
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Anja F. schrieb am 21.04.2024
Hallo ich bin Anja und ich war 1970 im Alter von 7 Jahren für 6 Wochen in Bad Sachsa. Das war von Anfang April bis Mitte Mai. Ich weiß leider nicht mehr genau, in welcher Einrichtung. Aufgrund der Bilder im Netz könnte es das Heim in der Steinaer Straße gewesen sein. Meine Erinnerungen sind bruckstückhaft weil ich die Tatsache, dass ich ein Verschickungskind war, lange verdrängt habe. Was ich noch genau weiß, ich mochte einmal das Essen nicht. Ich musste so lange sitzen bleiben, bis der Teller leer war. Ein weiters Mal habe ich mit der Zimmernachbarin während des Mittagschlafs rum gealbert und wir wurden erwischt. Wir mussten im Bett bleiben und es gab kein Abendessen. Einmal in der Woche ging es dann zum Duschen. Dazu mussten wir in Unterwäsche eine Treppe runter gehen und wurden dann abgeduscht. Ich habe Heimweh gehabt, dass hat aber niemanden interessiert. Die Heimleiterin war eine ältere Frau, leider weiß ich den Namen nicht mehr. Ich kann mich noch an eine Tante Brunhilde erinnern. Sie war so Anfang bis Mitte 30. Vielleicht ist ja jemand hier, der auch zur gleichen Zeit in Bad Sachsa war.
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Markus Rombach aus Würzburg schrieb am 21.04.2024
Ich war im Frühling 1972 zur Kindererholung im Kinderparadies Bad Rothenfelde. Körperliche Übergriffe gab es nicht.
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Markus aus Hannover schrieb am 20.04.2024
Ich kann den Ausführungen von Miriam (schrieb am 1.1.21) nur beipflichten. Genau so war es bei mir auch & besonders ist mir Schwester Rosemarie in Erinnerung geblieben (wir nannten sie immer alte Rosine, eine widerliche Alte). Ich werde die 5 Wochen Aufenthalt dort nie vergessen, es war die „längste Zeit meines Lebens“. 2018 war ich mal wieder in St. Peter-Ording und habe das verfallene Kinderheim aufgesucht und sogar auf dem Grundstück den alten Richardsen gesehen. Das war ein flashback, den ich lieber nicht gehabt hätte.
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Stefanie Casper aus Westerdeichstrich schrieb am 20.04.2024
1968 war ich zur Kinderlandverschichgung auf Sylt Westerland im Alter von 5 Jahren, weil ich zu dünn war für die Einschulung 1969. Dieses Trauma verfolgt mich bis heute. Der Kinderarzt Dr. Spielberg aus Hamburg Altona empfahl meinen Eltern diese "Kur" zur Gewichtsaufnahme. Meine Mutter bekamm für diese Zeit Beruhigungsmittel wegen Heimweh zu mir und ich auch wegen Heimweh zu meiner Familie. Was ich dort als 5 jährige erlebt habe, verfolgt mich bis heute. Nägelknabbern incl. Nagelaussenhaut(61 Jahre bin ich heute) Kakao mit Haut kann ich bis heute nicht sehen oder riechen. Verlustängste, Panikattaken, Depressionen etc. sind mein Begleiter nach der Kinderverschickung durch mein Leben. Die Betreuerinnen waren hart, empathielos und gewalttätig. Es tut weh und gut das wir jetzt endlich gehört werden und uns nicht anhören müssen: So schlimm war es wohl nicht und nun übertreibe mal nicht. Wir werden endlich ernstgenommen und dürfen erzählen. Danke LG
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Wilhelm Schild aus 52525 Heinsberg schrieb am 19.04.2024
Erlebnisse im Kloster Wessobrunn
Ich war 10 Jahre alt, als ich im o.a. Kloster im Juli/August 1965 war.
In der Eingangshalle mussten wir uns bis auf die Unterhose ausziehen. Dann wurden wir auf die Krankenstation geführt. Dort Saßen ein Arzt und Sr. Ravokata. Der Arzt untersuchte die Kinder und zum Schluss zog Sr. R. jedem die Unterhose runter und der Arzt untersuchte die Genitalien.
Als ich als letzter an der Reihe war, wurde der Arzt
rausgerufen. Sr.R. zog mir die Hose runter. Nach einiger Zeit öffnete sich die Tür und eine andere Nonne fragte, ob sie mit ihrer Mädchengruppe durch das Zimmer gehen darf. Sr. R. bejahte die Frage. Die Gruppe ging nun an mir vorbei. Sr. R. sah mich in der Zeit an und grinste.
Danach wurden wir zum Schlafraum geführt. Ich hatte das Bett rechts neben der Tür. Wir sollten nun schlafen. Der Junge links neben der Tür sprach laut mit sich selbst. Plötzlich stand Sr. R. an der Tür und rief: Warum ist hier keine Ruhe? Ein Junge rief: Der vorne an der Tür spricht immer. Vollkommen unerwartet bekam ich eine Ohrfeige, dass mir der Kopf dröhnte. Als sie darauf aufmerksam gemacht wurde, dass sie den falschen erwicht hat, sagte sie nur: Der hat es auch verdient. Dann ging sie zu dem anderen Jungen, der, wie sich rausstellte, geistig behindert war und schlug mehrmals auf ihn ein.
Später betrat Sr. Ewalda das Zimmer und stellte sich als für uns zuständige Nonne vor.
Am nächsten Tag musste jeder 4 Postkarten kaufen und sofort eine Karte schreiben. Diese wurden dann eingesammelt und zensiert. Wir durften nur positives schreiben. Nach einigen Tagen, wir lagen gerade im Bett zum 2 stündigen Mittagsschlaf, holte Sr. R. den geistig behinderten Jungen aus dem Zimmer. Kurz vor Ablauf der Ruhezeit brachte sie ihn wieder zurück. Er weinte leise. Dann betrat Sr. E den Raum und wir sollten uns anziehen. Der Junge zog sich den Schlafanzug aus. Er hatte über den ganzen hinteren Körper verteilt rote Striemen.
Da ich Nachmittags nicht schlafen konnte, war die Zeit für mich immer Horror. Sr. R. prüfte, ob man wirklich schlief. Sie konnte an den Augenlidern sehen, ob man wirklich schlief. Wenn nicht, gab es eine schallende Ohrfeige. Ich deckte mich daher immer komplett zu. Wenn sie kam, versuchte ich unter der Decke möglichst gleichmäßig zu atmen.
Leider wurde die Luft nach einiger Zeit knapp. Ich bekam Atemnot bis zum Schwindel. Wenn dann einer die Ohrfeige bekam, konnte ich die Decke etwas anheben und nach Luft schnappen.
Samstags war Badetag. Zuständig waren Sr. E und eine junge Praktikantin. Zuerst musste man sich mit der Unterhose bekleidet in die Wanne setzen und sich selbst säubern. Nach wenigen Minuten musste man sich dann hinknien und einen Waschlappen vor die Augen halten. Nun wurden von der Praktikantin, die nicht viel älter als wir war, die Haare gewaschen. Gleichzeitig zog Sr. E die Unterhose runter und wusch die Genitalien. Für die Haare gab es 2 Waschgänge. Während der ganzen Zeit wurde auch der Penis gewaschen. Meine Vorhaut konnte ich nicht über die Eichel ziehen. Ich sollte noch beschnitten werden. Sr. E hatte damit aber keine Probleme. Mit Gewalt zog sie die Vorhaut zurück und wusch die Eichel mit Seife. Ich hatte unerträgliche Schmerzen, hielt aber trotzdem still, da ich vor der Praktikantin nichts sagen wollte.
So war auch der Badetag für mich der reinste Horror.
Die letzten 10 Tage der Kur übernahm Sr. R die Gruppe. Wir befanden uns gerade im Schlafzimmer zum Mittagsschlaf, als die 2 Nonnen erschienen.Sr. E verabschiedete sich. Sie war nur einige Sekunden weg, da packte Sr. R mich am Handgelenk und rief in die Gruppe: Der hat die Windpocken und kommt auf die Krankenstation. Sr. R hatte auf der Krankenstation ein eigenes Zimmer. Ich kam nicht auf die Krankenstation, sondern sie brachte mich auf ihr Zimmer.
Ich hieß ab sofort Männlein und ab dem 4. Tag auch Nackedei.
Sie zog mich sofort aus. Auf meine Frage, wo die Windpocken sind, antwortete sie, dass nur sie die Pöckchen sehen könnte, aber noch eher könne sie die Pöckchen ertasten. Deshalb musste sie nun meinen ganzen Körper abtasten.
Danach holte sie ein kleines Töpfchen und setzte sich auf einen Stuhl. Ich musste mich vor sie stellen und das Töpfchen an beiden Henkeln festhalten. Sie nahm meine Penis in die Hand und ich musste Pipi machen. Anschließend holte sie eine Schüssel mit Wasser. Ich musste die Schüssel festhalten. Sie seifte sich dann ihre Hände ein und säuberte "mein kleines Männlein
und das Säckchen".
So ging das jetzt immer. Ab dem zweiten mal zog sie mir wohl auch noch die Vorhaut zurück. Nach 2 Tagen hatte sich die Vorhaut so entzündet, dass ich sie auch nicht mehr zurück bekam.
Bei den Mahlzeiten musste ich mich ausziehen,
den Penis auf ihr Knie legen. Sie nahm das Essen jeweils zuerst in ihren Mund und bespuckte es noch mit ihrem Speichel.
Morgens und Abends musste ich die Zähne am Waschbecken putzen und anschließend wurde ich gewaschen.
Nachdem ich die Zähne geputzt habe, musste ich den Mund öffnen. Angeblich hatte ich immer noch Zahnpasta in den Mundwinkeln. Sie spuckte auf ihren Zeige- und Mittelfinger und reinigte den Mund. Danach musste ich die Finger ablutschen. Dann musste ich mich auf den Tisch legen. Sie legte mein Kopfkissen auf meine Brust und Bauch. Mein Gesicht wurde mit einem kleinen Lappen und ihrem Speichel gereinigt. Anschließend wurden noch die Genitalien gewaschen, was immer sehr schmerzhaft war. Leider konnte ich nicht sehen, was sie macht, da das Kopfkissen die Sicht versperrte.
Da mein Bett bei jeder Bewegung Geräuche machte, musste ich mich nachts nackt neben ihr Bett stellen und den Penis auf ihr Kopfkissen legen.
In der Frühe erklang ganz leise ein Glöckchen. Anscheinend wurden die Nonnen so zum Gebet gerufen. Sie sprang dann auf und zog sich im Nebenzimmer an. Ich musste mich über den Stuhl legen und sie versohlte mir noch den Hintern bevor sie das Zimmer verließ.
Nach dem Mittagessen, also zur Schlafenszeit, musste ich mein Bett mit dem Laken beziehen.
Sie saß auf einen Stuhl und beobachtete mich dabei. Angeblich war das nicht gut genug und ich machte nur Murks. Ich musste mich deshalb über Ihr Knie legen und bekam jedes mal 25 Schläge auf die nackte Po. So ging das die ganz Zeit. Nach einer Minute Bett beziehen folgten 25 Schläge.
Am morgen des 4 Tages nahm sie mir mein Hemd ab, weil die Pöckchen so nicht heilen können.
Als sie später wieder ins Zimmer kam, sagte ich ihr, dass ich mal groß muss. Sie setzte das Töpfchen so, dass ich mit dem Rücken zur Tür saß und zog mir die Hose aus.
Als ich ihr sagte, dass ich fertig bin, reagierte sie nicht. Sie verließ sogar das Zimmer ohne abzuschließen. Dann kam sie wieder in das Zimmer und stellte sich hinten in die Ecke. Dabei stand die Tür noch halb auf.
Plötzlich klopfte es an der Tür. Sie rief: Herein.
4 Mädchen aus der Gruppe 12-14 Jahre betraten das Zimmer und stellten sich hinter mich. Die Sr.
ging ihnen entgegen. Die Mädchen sollten ein Medikament holen. Sr. R sagte, dass sie nachsehen muss, ob das Medikament vorrätig sei.
Die Mädchen sollten dort warten. Bevor sie ging, sagte sie noch:"Ach der da, das ist ein ganz freches Männlein. Da braucht ihr kein Mitleid mit haben. Tut so, als wäre der nicht da:"
Ich hörte die Mädchen flüstern und kichern.
Ich habe mich sehr geschämt und zum ersten mal hoffte ich, dass die Sr. bald kommt.
Was dann aber geschah, fällt mir auch heute noch sehr schwer zu beschreiben und ich überspringe den Teil. Auf jeden Fall wollte ich mich umbringen.
Leider fiel mir nicht ein, wie ich das machen könnte. Daher beschloss ich, alles zu vergessen.
Danach war wieder Schlafenszeit und ich musste das Bett beziehen. Sie zog mir die Hose aus.
Die war dann auch weg. Ich hieß jetzt Nackedei.
Nach einigen Runden um das Bett und jeweils 25 Schlägen nahm sie meine Hand und führte mich zu ihrem Bett. Sie stellte einen Stuhl mit dem Rückenteil zum Bett. Ich musste mich darauf knien, die Arme auf die Lehne legen und beten.
Dabei musste ich die Augen schließen und mich ganz fest gegen die Lehne drücken. An der Rückenlehne hatte der Stuhl Längsstreben. In der Mitte standen die Streben auseinander. Mein Penis kam so auf der Bettseite zwischen den Streben hervor. Nach einiger Zeit bemerkte ich starke Schmerzen am Penis. Ich kniff meine Augen fest zu. Dann bekam ich einen Krampf im rechten Augenlid und im Reflex öffnete ich die Augen. Sr. R saß auf dem Bett und hatte ihren Kopf neben mir, schaute aber nach unten und ließ sich dann umkippen. Ich sah nach unten und sah meinen Penis, der ganz dunkel und groß war.
Dann verschwand der Penis im Mund von Sr.R
Diese Schmerzen kannte ich doch. Immer wenn sie mich auf dem Tisch gewaschen hat, hatte ich doch solche Schmerzen.
Nach langer Zeit hörte sie auf und ich sollte aufstehen. Mein Penis war ganz dunkel und groß.
Dann bemerkte ich, das Blut in die Vorhaut lief.
Dennoch musste ich noch 2 mal das Bett beziehen. Dann war die Erektion weg und Sr. R verließ das Zimmer.
Am Abreisetag zog Sr. R mir die Unterhose an. Diese bedeckte alle farbigen Stellen, die ich ihr verdankte.
Der Arzt stellte fest, dass die Kur erfolgreich war.
Ich habe dann auch alles vergessen.
1997 hat meine Mutter mir ein Fotoalbum mit Bildern aus meiner Kindheit gemacht. Darunter waren auch meine 4 Postkarten aus Wessobrunn.
Plötzlich und wie Hammerschläge in meinem Kopf kamen nach und nach wieder die Erinnerungen.
Einige Zeit später besuche ich das Kloster und mache eine Besichtigung mit.
Als ich der Nonne sagte, dass ich als Kind dort war und eine Schwester mich wegen Windpocken
mit auf ihr Zimmer genommen hat, reagierte sie sofort panisch. Sie sagte: " Was da gelaufen ist, das ging ja auch nicht. Sr. R hat ja auch andere Aufgaben bekommen, damit sichergestellt ist, dass sie nie mehr mit Kindern in Berührung kommt". Als ich Ihr sagte, dass in dem Zimmer kein Fenster war, sagte Sie, das war ja nicht mehr Zeitgemäß und die Zimmer hätten noch 1965 oder spätestens 1966 Fenster bekommen.
Nun hatte ich einen Namen und ich erinnerte mich, dass wir Kinder sie Sr. Rabiata nannten.
Im April 2010 melde ich mich bei beratung-caritas
an. Dort erfuhr ich, dass sich noch jemand aus dieser Zeit gemeldet hätte. Die Deutsche Bischofskonferenz hätte deshalb einen offiziellen
Ansprechpartner (Sr. Ruth Schönenbergen) zur Verfügung gestellt.
2012 besuchte ich das Kloster. Leider wurde mir nicht ,wie versprochen, geholfen.
Sr. Ravokata hätte den Orden kurz danach verlassen. Ein Zimmer ohne Fenster hätte es nie gegeben und ich wäre der Einzige, der sich gemeldet hätte. Also würde ich mir alles wohl nur einbilden.
Es ging also nicht um Hilfe, sondern um Vertuschung.
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Steffi Seidensticker aus Haan schrieb am 19.04.2024
Als fünfjähriges Mädchen wurde ich von meinen Eltern verschickt, sicherlich in dem guten Glauben, dass ich für die Einschulung gestärkt werden sollte, weil ich unter vielen Atemwegserkrankungen in früher Kindheit gelitten habe. Dann schicken wir das Kind mal ans Meer. Mit dem Zug ging es nach Norderney, bei meiner Ankunft im Haus Warburg erinner ich mich als erstes an einige glatzköpfige Kinder, denen man wohl wegen Läusen die Haare abrasiert hatte. Meine Mama hatte mir viel Wäsche mitgegeben, die sie vorab mit der Nummer "4" bestickt hatte. Von dieser Wäsche wurde nach 6 Wochen fast alles sauber wieder mit nach Hause gegeben. Geschlafen habe ich in einem kleinen Raum mit 4 oder 6 anderen Kindern. Es gab eine kleine Ablage über dem Bett, wo man seine Tageskleidung ablegen konnte. Frische Wäsche gab es einmal in der Woche. Da die Toilettengänge sehr eingeschränkt wurden und man auch mit grösstem Drang nicht zur Toilette gelassen wurde, habe ich öfter in die Hose gemacht. Da gab es dann auch keine frische Wäsche. Ich weiss, dass ich kleinste Fusseln von den verdreckten Unterhosen und Schlafanzügen ausgefriemelt habe, damit es wieder sauber wurde. Einmal (ich habe nur einmal in Erinnerung) habe ich mich ins Essen erbrochen, das musste ich bis zum letzten Bissen aufessen, ich werde es nie vergessen. Ich bekam die Windpocken und musste auf die Krankenstation. Dort waren wir zu 4. in einem kleinen Zimmer, das wir nicht verlassen durften. Wir hatten einen Eimer in der Mitte des Zimmers stehen in welchem wir unsere Notdurft verrichten mussten. Nach langer Zeit auf der Krankenstation kam ich dann in den Waschsaal, wo mich eine Nonne mit einem kalten Wasserschlauch abgespritzt hat. Ich bekam eine Mittelohrentzündung, von deren Folgen sich meine Ohren nie wieder richtig erholt haben. Auf der Fahrt nach Hause band man mir Handtücher um den Kopf, weil so viel Eiter aus den Ohren lief. Es gibt ein Abschiedsfoto vorm Haus Warburg, dort trage ich meine damaligen Lieblingssachen. Speziell arrangiert für die Eltern. Ich glaube in der ganzen Zeit habe ich einmal das Meer gesehen. Die Erinnerungen kommen gerade in letzter Zeit vermehrt und intensiver denn je. Mit meinen Eltern konnte ich nie darüber reden, wenn überhaupt kam ein "stell dich nicht so an - so schlimm wars ja nicht. und wir wollten dir nur gut !"
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Peter aus Hannover schrieb am 19.04.2024
Ich wuchs die ersten 8 Lebensjahre bei meinen Großeltern auf. Da ich vergleichsweise klein war, haben mich meine Großeltern zweimal zur "Kur" nach Baltrum verschickt. Ich kann mich noch an die Situation im Sammelraum des HBF Hannover erinnern. Irgendwie hatte ich dort registriert, dass ich von meinen Großeltern getrennt werde und "allein" irgendwohin verschickt werde. Ich habe geheult wie ein Schlosshund, auch noch eine ganze Zeit während er Zugfahrt.
Im Heim bin ich mehrmals "weggesperrt" worden, weil ich das "Verbrechen" begangen hatte, vor dem allgemeinen Aufstehen zu Toilette zu müssen. Als ich dabei "erwischt" wurde, musste ich mein Bettzeug nehmen und wurde in irgendeinem Zimmer (Büro?) auf zwei Sesseln untergebracht. Dort musste ich dann gefühlt stundenlang ausharren, bis man mich wieder abholte. Ich hatte dabei große Angst, dass man mich vergessen hat und keiner mich dort wieder rausholt. Einmal pro Woche wurden wir bei Zähneputzen gezwungen, einen Becher Nordseewasser zu trinken. Dies wäre besonders gesund...
Das Personal bestand nach meiner Erinnerung überwiegend aus sehr garstigen Menschen.
Insgesamt war die ganze Veranstaltung mehr Tortur als Kur.
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Jasmin aus Hohberg schrieb am 18.04.2024
ich war ca. 1963/64 zur Kur in Baiersbronn im Haus Holderrain. Ich hatte damals Glück, dass mich keine der Kinderbetreuerinnen auf dem Kicker hatten. Auch bei uns gab es Fälle wo Kinder zum Essen gezwungen wurden. Bei uns war das Schlimmste, der Samstagabend, wenn wir Kinder in der Badewanne geduscht wurden. Unsere Körper wurden mit einer Wurzelbürste bearbeitet. Kinder welche die Betreuerinnen nicht gemocht haben, oder eben auf dem Kicker hatten, wurden mit den Wurzelbürsten so geschruppt, dass die Kinder geblutet haben. Da hatten alle immer Angst davor. Das Essen war mehr oder weniger akzeptabel. Wir durften zwar nach Hause schreiben, jedoch wurden unsere Briefe vor dem absenden überprüft. Somit konnte man keine Informationen an die Eltern senden. Manche Kinder wurden hart bestraft. Ich selbst hatte Glück, jedoch taten mir die anderen Kinder sehr leid, wir haben dann immer versucht wenigstens zu trösten.
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Monika aus SPO schrieb am 18.04.2024
Im Sommer 1971 war ich als 3jähriges Mädchen vermutlich im Seeschloss zur „Kur“ - begleitet von meiner Mutter zur Eingewöhnung.
Ich weiß noch, dass das Heimgebäude modern, hell und zweigeschossig war und vermute, dass es das Seeschloss gewesen sein muss. Als mir in einer Doku ein Bild von Hugo Kraas begegnete, ging es mir durch Mark und Bein: Das war der „Arzt“ von damals!!! Er war Leiter des Seeschloss.
Ich habe an diese Zeit meine allerersten und ambivalenten Erinnerungen. Bruchstückhaft zwar, aber das wenige das mir präsent ist, habe ich klar vor Augen.

Auch wenn ich es eigentlich nicht wissen kann, WEISS ich, dass ich missbraucht wurde.

Pfingsten fahre ich nach Jahrzehnten wieder dorthin, um mich auf Spurensuche zu begeben. Die ganze belastende und verdrängt geglaubte Geschichte kommt mir allmählich wieder ins Bewusstsein. Wie wäre meine Kindheit und mein Leben verlaufen, wenn mir diese belastenden Erfahrungen erspart geblieben wären?
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Marlene Hammann aus Mainz schrieb am 16.04.2024
Ich bin erschüttert über die vielen schlimmen Erlebnisse in den Heimen, aber auch über die Elternhäuser, in denen offenbar häufig, sogar ohne Grund, geprügelt wurde. Also es gab schon Siuationen, in denen ich vor unserem Vater etwas Angst hatte, z.B. abends vom Spielen zu spät nach Hause zu kommen, da wurde lautstark geschimpft, aber es gab keine körperliche Züchtigung, auch bei meinen (jüngeren) Brüdern nicht. Aber zurück zu der Verschickung. Den Grund weiß ich nicht, zu dünn könnte möglich sein. Den Zeitpunkt weiß ich deswegen so genau, weil ich weiß, was ich in der Schule versäumt habe. Ich war in den Osterferien dort und wahrscheinlich sechs Wochen, so dass ich den Anfang der Bruchrechnung versäumt habe, damals fing das neue Schuljahr nach den Osterferien an. Ich gehöre zu den ganz wenigen, die nur gute Erinnerungen an diese Zeit hat, ob ich evtl. Schlechtes verdänge, weiß ich nicht. Ich war auch nicht mehr so ganz klein, ich bin 11 gewesen und wurde schon immer in den langen Sommerferien "veschickt", nur zu den Großeltern, aber immerhin. Die kamen aus einer anderen Generation und waren schon recht streng mit mir, was z.B. das Essen betraf (aber ich musste nichts Erbrochenes essen). Bei dem Heimaufenthalt kann ich mich nur an zwei junge Erzieherinnen erinnern, von denen ich auch ein Foto habe. Ich kann mich an viele Ausflüge erinnern (Wanderungen), wo wohl auch Schlager gesungen wurden, die ich von zu Hause nicht kannte (wir hatten keinen Fernseher, nicht mal ein Radio, bei uns wurde Hausmusik gemacht. Es wurde gebastelt und gehandarbeitet, was ich gerne machte und wo ich mich so geschickt anstellte, dass ich in der Mittagspause, während die anderen schlafen mussten, ein Lesezeichen flechten durfte mit Stickgarn (ich habe es später als Makramee kennengelernt) für den Geburtstag einer Erzieherin. Ans Eassen kann ich mich nicht erinnern, nur, dass ich keine Wurst essen sollte und stattdessen hatte ich Feigen dabei und getrocknete Bananen, die wir uns aufs Brot schnippelten. Wir waren so gemäßigte Vegetarier, es gab gelegentlich Fleisch zum Mittagessen, ich erinnere mich an Frikadellen und Kalbsnierenbraten. Im Heim wird es auch nicht so häufig Fleisch gegeben haben.
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Jeannette Bartusch aus Bonn schrieb am 15.04.2024
Ich wurde von Dinslaken im Rurgebiet 1964 auf Borkum verschickt. Das Heim ist mir nicht bekannt. Um das herauszufinden möchte ich nach 2 Begebenheiten fragen. 1. Wer mußte auch seine Kleidung mit Namen beschriften? Es wurde ein Baumwollbändchen mit schwarzer Wäschetinte beschriftet und eingenäht. 2. Als Souveniere hatte ich einen metallenen bronzefarbenen Leuchtturm, eine Muschel und eine Schneekugel mitgebracht. Ich bin evangelisch und der Mann meiner Mutter war Bergmann bzw. Bahnangestellter. Danke!
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Ruth Sebastian aus 66119 Saarbrücken schrieb am 14.04.2024
Auch noch heute im Alter von 64 Jahren, muss ich noch oft
an die schrecklichen sechs Wochen im Kinderheim Schloss
am Meer denken.
Am schlimmsten war für mich , dass ich nicht bei der Abschlussfeier dabei sein durfte, und das nur weil ich am Abend davor ein Gespräch mit einem Mädchen das neben mir im Schlafsaal lag hatte.
Unsanft spürte ich die Hand der Tante im Gesicht und musste am nächsten Abend alleine die Zeit im Mehrbettzimmer verbringen.
Die mitgebrachten Fotos und davon gibt es einige sind bis heute in einem Fotoalbum.
Auch den Namen vom Kinderarzt der die Kur empfohlen hat
ist mir im Gedächtnis geblieben.
Auch die Krankenkasse ist auf einem Foto das mich kurz vor der Abreise zeigt auf meinem Rucksack verewigt.
Es wäre sehr wichtig , wenn dieses Leid , was wir als Kinder erfahren mussten endlich auch entschädigt wird.
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Jutta aus München schrieb am 11.04.2024
Ich war im März 1971 für 6 Wochen zur "Kur" in Mittelberg. Zu diesem Zeitpunkt war ich 6 Jahre alt. Bei der Ankunft nach der langen Zugreise von München hatte ich großen Durst. Ein Becher mit Wasser stand vor meinem Teller. Als ich trinken wollte, wurde mir das verboten. Ich sollte zuerst den Teller leeren. Es schmeckte fad und trocken.
Ich würgte es hinunter um endlich trinken zu dürfen.
Wir wurden regelmäßig gewogen und per Finger-Picks Blut abgenommen von einer Krankenschwester, mit einer hässlichen Hasenscharte. Diese Frau konnte nichts für dieses Manko und hatte bestimmt darunter zu leiden, aber wir Kinder hatten große Angst vor ihr.
Irgenwann an einem Tag während des Nachmittagsschlafes war ich sehr unruhig und konnte nicht schlafen. Man nahm mich mit und wurde von einem Arzt (Dr. Geiger) untersucht und dann in ein Zimmer gebracht. Es war stockdunkel und nur durch ein Oberlicht an der Tür kam ein Spalt Licht herein. Ich denke, dass ich dort ca. 1 Woche lag und meistens schlief. Wenn ich auffwachte, war ich allein und hatte Angst. Ca. 2 Mal in dieser Zeit kam eine Nonne, die ich sehr gern mochte und besuchte mich.
Meine Eltern erhielten in dieser Zeit von der Heimleitung einen Brief, in dem Ihnen mitgeteilt wurde, dass ich an Masern erkrankt war. Ein Besuch wurde Ihnen verboten. Mir ist nicht bekannt, ob weitere Kinder krank waren.
Als ich das "dunkle Zimmer" wieder verliess, endete der Kuraufenthalt bereits schon und ich durfte wieder nach Hause fahren.
In der Zeit danach, hatte ich oft Alpträume. Stand Nachts auf und suchte den Lichtschalter. Als ich diesen nicht fand und weinte, sind meine Eltern oft davon aufgewacht, konnten sich mein Verhalten nicht erklären und schimpften mich.
Nach dem ich von den "Verschickungskindern" erfahren habe, kam alles wieder in meine Gedanken zurück und mir wurde einiges klar.
Auch bis heute kann ich nicht im Dunklen schlafen.
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Christine aus Hohen Schwarfs schrieb am 02.04.2024
Ich war 1986 in Sohland um mich zu ,, erholen " es gab schöne Momente aber auch weniger Schöne. Angefangen hat damals alles schon bei der Hinfahrt im Bus, abgeholt wurden wir Kinder damals vom Hauptbahnhof in Rostock . Als es losging haben wir alle eine Stulle in die Hand gedrückt bekommen, auf meiner Schnitte war Käse drauf und damals mochte ich Käse überhaupt nicht, natürlich habe ich geweint weil die Dame dort die sie mir gab gesagt hat ich soll die essen was anderes gibt es nicht ich war meiner Sitz - Nachbarin sehr dankbar, dass sie mir ihre Schnitte gab, dort war Wurst drauf. Dir erste Nacht dann in der Kur habe ich so geweint weil ich Heimweh hatte und hatte dann ins Bett gepullert worauf die Betreuerin ins Zimmer kam ( wir schliefen damals alle zusammen in so einem großen Raum) und hat mich so zusammebgefaltet, dass andere Kinder die schon schliefen wieder wach wurden. Sie hatte mir meine neuen, trockenen Sachen auch ins Bett geschmissen, und ich hatte so ein altes Krankenhaus Bett wo man so ein Gitter nach oben zog damit ich da nicht raus falle.
Das Essen da kann ich mich noch sehr gut dran erinnern, wurde auch in einem großen Raum zusammen eingenommen und einmal gab es kartoffelklöße und die mochte ich nicht, ich habe immer schon gewürgt und musste sie trotzdem auf essen auch die, die ich wieder auf meinen Teller gespuckt hatte. Ebenso gab es Tage da kam die Post der Eltern und ich weiß noch ganz genau das ich nicht gleich Post von meinen Eltern bekommen hatte und die eine Erzieherin mich damit aufgezogen hatte.
Die Sonnenbestrahlung die unseren Teint aufbessern sollte war auch immer sehr unangenehm die Brillen die man dazu aufsetzen musste hatten die einen auch immer so doll über den Kopf gezogen das es an den Haaren gezogen hat, ebenso unschön war das gemeinsame Duschen alle Kinder mussten im Kreis gehen und den Vordermann von hinten waschen ...

Es gab natürlich auch schöne Momente, die Gegend dort war sehr schön, wir sind auch viel unterwegs gewesen eine Erzieherin war besonders lieb die wohnte glaube ich auch im selben Ort und in deren Haus im Keller hatten wir immer Sport. Das war auch dir einzige Erzieherin die toll war die mir im Herzen geblieben ist
Am letzten Abend wurden die Kinder verabschiedet mit Urkunden und Geschenken
Ich war von all den Kindern das artigste, ruhigtste und ich werde nie vergessen wie die Erzieherin geweint hat als sie mir das Geschenk übergeben hat, es gab ein Puzzle, ein Domino Spiel und ein Holzbrettchen wo der die Kur und ein paar Tannen drauf gemalt waren ...

Diese Dame von damals da hätte ich so gerne gewusst ob die wohl noch lebt. Im Mai diesen Jahres soll es für ein paar Tage nach Sohland gehen ich hoffe das klappt alles . Bin gespannt wie sich das Haus verändert hat und was mir noch bekannt vor kommt jetzt soll es ein Landschulheim sein
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Annemarie schrieb am 01.04.2024
Im Alter von etwa 9/10 Jahren kam ich im Jahre 1962 oder 1963, für 4 oder 6 Wochen nach Mittelberg/Oy zur "Erholung" / "Gewichtszunahme".

Ein paar Eindrücke:
- Unsere für die Gruppe zuständige ziemlich junge Schwester war ohne Freundlichkeit und ohne Empathie für die Kinder, die meist das erste Mal von zuhause weg waren.
- Ich konnte meinen Fleischkäse nicht essen, musste mit meinem Teller in den Schlafraum, um aufzuessen. Ich hatte unter meinem Kleid eine Turnhose mit Gesäßtasche an. Dort hat ihn die Schwester gefunden. Folge: Ich hatte Nachteile (Kontrolle) bei allen weiteren Mahlzeiten.
- Eine Evi aus München mochte keine Suppe, sie bekam jeden Tag 2 Teller, die sie aufessen musste.
- Ich hatte lange Haare mit Naturkrause. Beim Badetag wurde mein Kopf unter Wasser gedrückt. Ich geriet in Panik. Das spätere Kämmen/Reißen war brutal.
- Schlimmster Tag der Woche: der Morgen des Wiegetages. Ziel des Heimaufenthaltes war ja, die Kinder sollten zunehmen. Ich ging nicht zur Toilette, trank noch Wasser, wog aber jede Woche weniger. Folge: weitere Schikanen bei den Mahlzeiten.
- Zensur der ein- und ausgehenden Post.
- Sehr schlimm für mich, die ich sehr gerne in die Schule ging, war, ich "durfte" die Ferien um 2 oder 3 Wochen für den Heimaufenthalt verlängern.

Es ist gut, dass es eine Plattform gibt, an die man sich mit seinen Erinnerungen wenden kann. Das Ausmaß dieser Quälereien ist unerträglich.
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Uwe Frenzel schrieb am 01.04.2024
Hallo,
ich war in den 70-iger Jahren in Bad Brambach/Vogtl. im Kinder-Erholungsheim - Gewerkschaft Unterricht und Erziehung.
Leider fehlen mir die Erinnerungen – aber es beschäftigt mich bis heute.
Falls jemand darüber noch etwas weiß, würde ich mich über eine Kontaktaufnahme freuen.

Danke
Uwe Frenzel
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Simone Liebig aus Berlin schrieb am 31.03.2024
Ich war 1983 mit 12 Jahren im Kinderkurheim in Gösen bei Eisenach (DDR) In der Schule wurde festgestellt das ich zu dünn war, deshalb sollte ich zur Kur und zunehmen. Ich kann mir noch daran erinnern das es Cornflakes gab, die es zu Hause nie gab, und das ich so viel gegessen hatte das ich nicht mehr auf die Toilette gehen konnte. Dafür gab es dann Medizin, die man trinken musste. Ansonsten war alles strukturiert, mit Frühsport, Spaziergang, Mittagsschlaf.. Es gab auch Kinder die geweint haben und nach Hause wollten. Es war schon eine lange Zeit ohne Eltern. Ich habe noch ein Foto zu Hause, mit Namen auf der Rückseite u a. Dörthe Feige, Marco Bock, Rita Hoffmann, Diana Schütz. Vielleicht erinnert sich jemand daran.
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Petra aus Bad Aibling schrieb am 31.03.2024
Ich wurde im August 1975 für 6 Wochen nach Westerland/Sylt ins Haus Nordmark wegen chron. Bronchitis mit 9 Jahren verschickt.
Auf diese Kinderkur habe ich mich total gefreut, 6 Wochen am Meer - wunderschön.
Am Hauptbahnhof München wurden wir von unseren Betreuern in Empfang genommen. Da wurde mir klar, ich muss da alleine hin. Ich wollte nicht mehr, wollte wieder nach Hause, alles Weinen half nicht - ich musste.
Nach 16 Std. mit dem D-Zug im Liegewagen zu sechst in einem Abteil kamen wir in Sylt an, wurden dann auf die verschiedenen Gruppen aufgeteilt. Ich hatte starkes Heimweh, da hat es nur geheißen von einer Betreuerin: Ich bin auch weit weg von zu Hause, es wurde nicht darauf eingegangen, man konnte auch kein Verständnis erwarten.
Eine Betreuerin hieß Fräulein Blum, ich kann mich noch genau an sie erinnern - sie war klein, dünn, hatte dunkle Haare und eine Brille, auch an eine jüngere kann ich mich erinnern, die hat mir erzählt, sie komme aus Dinslaken, habe aber keinen Namen.
Ich habe - Gott sei Dank - nie mitbekommen, dass wir geschlagen, zwangsernährt oder weggesperrt wurden.
Aber wir hatten in der Nacht Toilettenverbot, ich musste unbedingt, habe mich in der Nacht hinausgeschlichen und habe vor der Tür die "Wache" gesehen. Stunden später habe ich es nochmal versucht, dann war sie weg. So wusste ich, ich muss nur lange genug warten.
Morgens mussten wir unsere Betten machen, wir waren zu viert oder sechst in einem Schlafraum mit Eisenbetten, wenn eine von uns ihr Bett nicht gemacht hatte, dann durften wir alle nicht den Schlafraum verlassen.
An das Äffchen am Eingang kann ich mich noch gut erinnern, sogar an den Käfig, er war weiß lackiert und hatte einen Maschendrahtzaun.
Im Waschraum hatten wir kleine Waschbecken, die haben mir gut gefallen, ich wollte meine Füße waschen, da hat meine "Waschnachbarin" zu mir gesagt, ich solle sofort den Fuß aus dem Waschbecken nehmen: Was meinst Du was da los ist, wenn die das sehen. Die Füße kannst Du dir da hinten waschen.
Wir haben schöne Ausflüge gemacht: ins Sylter Wellenbad, in die Dünen, nach List, nach Kampen, eine Wattwanderung. Einmal war in der Nacht starker Sturm, das Fensterbrett neben meinem Bett war ganz nass. Wir sind dann am nächsten Morgen zum Meer gegangen, nachdem wir Treppen zum Deich raufgegangen sind hat sich das Ausmaß der Nacht gezeigt: Das Meer war ganz grau und der Wellengang war sehr stark, sie haben allen Strandkörbe weggeräumt, nur einer war übrig, den hat es immer wieder an die Deichmauer gespült. Der Ausblick war für mich sehr schön und überwältigend.
Wir haben auch einen häßlichen Badeausflug gemacht: Wir mussten in der Nordsee schwimmen, damals war gerade eine starke Quallenplage, am Strand, im Wasser überall waren sie. Wir mussten trotzdem rein. Wir haben uns an den Händen gehalten, im Wasser - es war auch Wellengang- kann ich mich noch gut erinnern, wie die Kinder geschrien haben. Mich hat Gott sei Dank keine Qualle erwischt. Seitdem ist die Nordsee für mich gestorben.
An das Essen kann ich mich nicht mehr erinnern, nur noch an die "Schokoladensuppe".
Ich war in einer Gruppe von Mädchen, kann mich aber nur noch an eine erinnern, ich meine sie hieß Judith und hatte nach meiner Erinnerung leicht rotes Haar. Einmal haben wir einen Ausflug mit dem Bus gemacht: wie wir vor dem Haus Nordmark gestanden und auf die Abfahrt gewartet haben, haben meine Sitznachbarin und ich auf das Haus geschaut, da hat sie zu mir gesagt: Ich werde meine Eltern bitten, mich nie mehr hierher zu schicken. Ich habe mir auch gedacht einmal und nie wieder.
Zusammengefasst kann ich sagen: Es war nicht schön, es herrschte Kasernenton, meine Bronchitis war nach dem Aufenthalt weg, aber ich wollte da nie wieder hin.
Gerne hätte ich mir das Haus nochmal angeschaut, aber nach einer Internetsuche habe ich erfahren, dass es vor einigen Jahren abgerissen worden ist. Auf Bildern habe ich es sofort erkannt.
Vielleicht kann sich ja jemand an mich erinnern, ich war die einzige aus Bayern im August 1975 im Haus Nordmark. Ich hatte oder habe von diesem Aufenthalt keine psychischen oder physischen Nachwirkungen und habe jahrelang auch gar nicht mehr daran gedacht, erst als ich über Berichte über Verschickungskinder gelesen habe. Ich war sehr betroffen, dass viele noch Jahre unter dieser Kinderkur leiden und wünsche ihnen, dass sie mit Hilfe von Berichten und Erinnerungen alles gut verarbeiten können.
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Birgit aus Bad Oeynhausen schrieb am 31.03.2024
Ich habe das Heim als sehr dunkel empfunden. Bestrafungen, Angst, Abstellraum, Kälte ....
In den späteren Jahren wurde daraus die Villa Ferrette. 2022 ist das Haus abgebrannt
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Jessica Scherer aus Daun schrieb am 29.03.2024
Hallo und guten Abend!

Ich habe diese Woche erfahren, dass auch ICH ein Verschickungskind war.
Leider weiß ich nur, dass ich im Schwarzwald war für 6 Wochen und dass ich als Kindergartenkind dort war (es war Winter) und es lag jede Menge Schnee.
Das muss zwischen 1985 und 1986 gewesen sein.
Ich wurde wegen Pseudpokrupp "verschickt" .
Ich kann mich bloß daran erinnern, dass ich schlimmes Heimweh hatte und viel geweint habe. Ich fragte mehrmals ob ich meine Mama anrufen darf, das gab Ärger!
Es gab immer das gleiche zu Essen und ich weiß, dass ich sehr oft nackt war und ich barfuß im Schnee laufen musste und mir die Füsse unendlich weh taten. Man hat mir dort Mandeln und Polypen entfernt. Ich wurde währenddessen wach!
Das einzig positive, was ich zu berichten habe, dass wir in/mit einer Kutsche gefahren sind.
Ach und ich habe immer ein Bild im Kopf, wo ich in einem dunklen Raum meine Strumpfhose anziehen musste aber ich konnte es nicht.
Ich leide seit meiner Kindheit unter anderem an schlimmen Depressionen, Angstzuständen und Panikattacken.
Und ich gehe stark davon aus , dass diese "Erfahrungen" eine große Rolle spielen...
Meine Mutter kann sich leider nicht erinnern, wo das im Schwarzwald war. Sie konnte mir nur sagen, dass ich die Überweisung von unserem Hausarzt bekam und er ihr sagte, das müsste sein,da ich sonst ein Leben lang Asthma haben würde und sie hatte natürlich Sorge um mich; Dass Kontakt in den 6 Wochen verboten seien, da die Kinder sonst noch mehr Heimweh bekommen. Sie bekam in den 6 Wochen 2 Briefe, die ich angeblich diktiert haben soll, wo drinsteht, dass es mir gut geht...
Ich bin fassungslos. Meine Mutter hat das vor kurzer Zeit wohl im TV gesehen,dass es das überhaupt gab. Sie hat jetzt natürlich ein schlechtes Gewissen. Ich für mich muss sagen, dass ich psychisch relativ stabil war und ich jetzt seit Tagen nur weine.
Die Menschen tun mir so schrecklich leid, die das erleben mussten und vllt sogar wie ich, dass ganze Leben darunter leiden mussten, müssen.
Fühlt Euch alle feste umarmt.
Ich fühle mit Euch !
Ich würde so gerne erfahren, was man sonst noch mit mir getan hat. Vllt könnte ich dann wenigstens die ein oder andere Situation in der mich die Panik überkommt, nachvollziehen...

Nachtrag...
Meine Mutter sagte, als ich zurückkam und sie mich am Bahnhof abholte, sah ich sehr verwahrlost aus, die Brille beschmiert,als hätte man sie 6 Wochen nicht geputzt und ich habe wohl richtig gestunken!!!
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Lucia A. schrieb am 29.03.2024
Ich besitze noch ein Foto, wo ich mich morgens in der Dunkelheit auf dem Tübinger Bahnhof, neben einem mittelgroßen Koffer stehend, von meinen Eltern verabschiede. Verschickt wurde ich mit 9 Jahren über die BEK Baden-Württemberg. Der Inhalt des Koffers war genau vorgeschrieben. Die Wäsche konnte in den 6 Wochen nicht gewaschen werden. Die Unterwäsche wurde wöchentlich gewechselt, die Oberbekleidung und Nachtwäsche seltener. Einmal bin ich beim Spaziergang aus Versehen mit einem Fuß in einen modrigen Graben hineingerutscht. Ich wurde ins Heim zurückgeschickt und musste, nachdem ich den Schuh und das Hosenbein gereinigt und zum Trocknen gehängt hatte, gefühlt den Rest des Tages im Bett verbringen, bis die Sachen wieder trocken waren.
Warmes Wasser kam 1962 für die meisten von uns noch nicht aus der Leitung.Gewaschen haben wir uns an einem Rondell mit 6 oder 8 Wasserhähnen. Bevor es alle 1-2 Wochen zur ärzlichen Untersuchung ging, wurden wir mit kaltem Wasser aus einem Schlauch abgeduscht. Hernach gab es wohl auch frische Kleidung.
Die türlosen Schlafräume hatten bei uns Mädchen je vier Betten. Nach dem Esssen war Mittagsschlaf Pflicht, egal wie alt man war. In den den Schlafräumen durfte nicht geredet werden. Auf dem Gang ging eine Aufsicht hin und her. Ich erinnere mich an den Engländer, den wir besonders fürchteten. Wer bei Reden erwischt wurde, wurde bestraft. Unter diesen Bedingungen konnte zu Niemandem Vertrauen aufgebaut werden.
Wie schon vielfach hier berichtet, wurde die Briefe nach Hause vorher kontrolliert und es durfte nur Gutes berichtet werden, vielleicht auch um die Eltern nicht zu beunruhigen. Dass ich nicht die Wahrheit schreiben durfte, hat mich in meiner Erinnerung besonders aufgewühlt. Ich habe ständig darüber nachgedacht, wie es mir gelingen könnte, einen unzensierten Brief nach draußen zu bringen und wem ich diesen Brief wohl anvertrauen könnte. Zum Glück ist mir niemand eingefallen, das hätte sicher Folgen gehabt.
Ich stamme aus einer sehr katholisch geprägten Umgebung und hatte zusammen mit noch einem anderen Mädchen die Gelegenheit, in Begleitung einer Tante gelegentlich an Sonntagen um 6 Uhr den Frühgottesdienst in der Dorfkirche zu besuchen. Auf diesen Freigang aus der Anstalt habe ich mich immer gefreut, weil selbst eine Messe um 6 Uhr früh in damals noch latenischer Sprache, mir ein vertrautes Gefühl vermittelte und die Verlorenheit für kürze Zeit weg war.
Als ich wieder zu Hause war, habe ich wohl meinem Vater Vorwürfe gemacht, dass er mich zur Verschickung angemeldet hat. Im Gegensatz zu den meisten Kindern war ich nicht unterernährt oder schwächlich. Mein Vater, der selbst mit 17 Jahren schon Marinesoldat war, meinte wohl, dass die "Härten der Fremde" mir nicht schaden würden. Ob mich die Zeit nachhaltig geprägt hat, kann ich nicht sagen. Da ich aus einer großen Familie stamme und mit Gleichaltrigen viel Zeit draußen verbracht habe, waren die Verschickungszeiten schnell vergessen. Reden wollte ich darüber nicht, einfach nur hinter mir lassen.
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Christiane schrieb am 29.03.2024
1968, mit fünf Jahren ging es für mich nach Juist.
Nach den negativen Erfahrungen ( Hirschegg) wollten meine Eltern mich dort besuchen.
Das wurde mit der Begründung von aufloderndem Heimweh verweigert.
Der mir vertraute Kinderarzt aus Oberhausen besuchte allerdings während meines Aufenthalts die Einrichtung.
Ich kann mich an lange, einsame Zeiten vor einem vollen Teller erinnern, an meinen " verschwundenen " Tröster (Kuscheltier) Brummi.
Ich war die Kleinste in der Gruppe und durfte manchmal bei der Köchin auf einem Tisch sitzen und zusehen wie gekocht wurde.

Besonders in Erinnerung ist mir geblieben, wir wurden in einer Zweierreihe in ein Geschirr gespannt, wenn das Haus verlassen wurde.
Vorne ging eine Erzieherin und auch hinten.
Erklärt wurde das so :
Die Insel ist schmal und das Meer nah!

Zum Abschluss gab es ein Foto. Alle Kinder stehen in einem Ruderboot.

Der zweite Aufenhalt 2 Jahre später:

Mein Bruder ( Jahrgang 1965) und mein Cousin ( Jahrgang 1963) fuhren mit mir gemeinsam nach Juist.
Wir wurden direkt getrennt. Gesehen habe ich Bruder und Cousin nur bei den Mahlzeiten...aber wirklich nur gesehen...nie gesprochen.
Gesungen wurde auch im Speisesaal.
Ich erkrankte während des Aufenthalts an Röteln und wurde isoliert.
Ein Arzt schenkte mir eine Schneekugel kurz vor der Rückfahrt.
Besonders in Erinnerung blieb bei diesem Aufenthalt die Rückfahrt mit der Inselbahn und das Gefühl durch Wasser zu fahren.
Mir kullerten richtige Steine vom Herzen bei der Aussicht...bald bin ich daheim.
6 Wochen war ich jeweils dort.
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Christiane schrieb am 29.03.2024
Am 22.09.1966 ging es mit dem Zug nach Hirschegg.Meine Mutter weinte beim Abschied. Mir hatte man von netten Kindern dort erzählt...
Im Oktober erreichte meine Eltern dann eine Postkarte, abgebildet war ein Spielzimmer.
Mitte Oktober kam dann ein Brief einer Erzieherin, die Kleine ist sehr lieb und vollständig sauber.
Erinnern kann ich mich an die Zeit nicht mehr, nur, ich musste öfter im Haus bleiben,weil mir das passende Schuhwerk fehlte. Ich hatte und habe sehr kleine Füße und es gab keine Stiefel für mich.
Ich muss wohl dann eine Mittelohrentzündung gehabt haben.
Ende Oktober gab es wohl Schnee und es wurden Wintersachen für mich erbeten.
Meine Eltern haben dann die Sachen per Paket abgesandt und Luftballons für alle Kinder beigelegt.
Auf einer Karte wurde bemerkt, ich wäre sehr ernst und schüchtern. Auf Fotos würde ich alle Familienmitglieder erkennen.
Im nächsten Brief wurde von schorfiger Kopfhaut berichtet und aus Pflegegründen hätten die Haare sehr kurz geschnitten werden müssen.
Am 16.12.66 haben meine Eltern mich vom Bahnhof abgeholt.
Daheim angekommen habe ich nur genickt oder den Kopf geschüttelt. Gesprochen habe ich nicht.
Ich soll sehr verschüchtert gewesen sein. Der Kinderarzt diagnostizierte einen Trommelbauch und setzte sich mit der Krankenkasse in Verbindung.
Ich soll noch lange gesungen haben...und jetzt machen wir die Schuhbandel zu.

Alle Postkarten aus Hirschegg ( von meiner Mutter vorher vorbereitet und mit Porto versehen...kleben in meinem ( von meiner Mutter erstellten) Tagebuch.
Das Tagebuch habe ich dann zum 10. Geburtstag erhalten.
1968 und 1970 ging es nach Juist
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Sabine Wiegmann aus Riede-Felde schrieb am 29.03.2024
Meine Schwester war 5 oder 6 und ich etwa 4 Jahre alt, als wir gemeinsam auf Anordnung des Hausarztes Dr. Tausch in Bremen für 6 Wochen verschickt wurden. Unsere Eltern waren bei der DAK Bremen versichert.
Wir mussten, nur in Begleitung einer fremden "Tante", mit dem Zug anreisen. Im Kinderkurheim erlebten wir Zucht und Ordnung, Unterdrückung, Angst und Prügel, während der Rest unserer Familie einen wunderschönen Urlaub auf Mallorca verbrachte.
Trotz vieler Erinnerungslücken kann ich ein paar schreckliche Dinge vom Kuraufenthalt nicht vergessen:
Gleich nach der Ankunft wurde ich von meiner Schwester getrennt. Ich hatte fürchterliche Angst, war nie zuvor von Zuhause weg und schon gar nicht alleine gelassen.
Im Heim wurde uns ekliges Essen reingeprügelt. Ständig wurden wir von den strengen Tanten ermahnt. Wir mussten so lange am Tisch im Speisesaal sitzen bleiben, bis alles aufgegessen war. Notfalls stundenlang. Auch Erbrochenes musste gegessen werden, bis der Teller leer war.
Es gab warme Milch mit dicker Haut, Milchsuppen, Lebertran und speckiges Fleisch. (Ich kriege heute noch das Würgen bei dem Geschmack von Speck und durchwachsenem Fleisch. Milch kann ich nur im Kaffee oder mit Kakao trinken.)

Nie zuvor hatte mir das tägliche Kämmen meiner langen Haare so weh getan. Das Bürsten der Tanten war gnadenlos und brutal.
Stofftiere und Puppen wurden uns als Druckmittel weggenommen.

Der tägliche Mittagschlaf kam mir endlos vor. Im Schlafsaal tagsüber und bei der Nachtruhe herrschte absolute Stille und Sprechverbot. Aufstehen war streng untersagt. Wir mussten stramm liegen. Während der Ruhezeiten waren die Toiletten verschlossen. Obwohl wir nicht zur Toilette gehen durften, wurde Einnässen hart bestraft, unter anderem mit eiskalten Duschen und weiteren Demütigungen.

Widerworte gab es nicht. Ich war damals schon artig, folgsam und verträumt. Meine Schwester war aufmüpfig und hyperaktiv. Vielleicht musste sie deshalb noch mehr leiden als ich.

Statt Spielen im Garten gab es stramme Spaziergänge bei schlechtem Wetter. Ich hatte oft sehnsüchtig aus dem Fenster in den Garten geschaut und andere Kinder beim Spielen und Toben im Garten beobachtet. Für uns war es wohl verboten.
Ich kann mich nicht daran erinnern, dort überhaupt gespielt zu haben. Gab es dort auch Spielzeug?

Die ständige Zurechtweisung durch die Tanten sorgte dafür, dass ich noch ängstlicher und ruhiger wurde.
Regelmäßig wurden wir in einer Wanne mit eiskaltem Wasser immer wieder mit einem eingetauchten Lappen von oben bis unten abgerieben. Diese Prozedur dauerte ewig und war schmerzhaft und brutal. Ein Ohnmachtsgefühl, bei dem Schreien und Weinen zusätzlich bestraft wurde.
Angeblich sollte es den Körper abhärten.

Weinen war generell verboten. Heimweh und Kummer musste unterdrückt werden, da es Prügel und andere Strafen zur Folge hatte.
Freundliche Worte oder Trost durch die Tanten gab es nicht. Meine Schwester war außerhalb meiner Reichweite. Ich konnte und durfte mit Niemandem reden.

Die Texte für die Postkarten wurden diktiert oder von den Tanten geschrieben. Es durfte nichts Schlechtes über das Heim geschrieben werden.
Besuche der Eltern sowie Telefonate waren grundsätzlich untersagt.

Die meiste Zeit des 6 wöchigen Aufenthaltes in diesem "Straflager" sind noch aus meinem Gedächtnis verschwunden.

Als meine Schwester und ich nach dieser grauenhaften Erholungskur Zuhause ankamen, wurden wir von unseren Brüdern mit deren schönen Urlaubserlebnissen überschüttet. Unsere Eltern hatten die Zeit mit nur zwei Kindern genutzt und sind mit unseren Brüdern (2 und 8 J.) für 14 Tage nach Mallorca geflogen. Wunderschön, viel Sonne, Sandstrand, das Meer, gutes Essen und tolle Ausflüge...

Ich fühlte mich erniedrigt und ungeliebt. Meiner Schwester erging es bestimmt genauso. Von den Qualen, die wir erleben mussten, erzählten wir nichts. Wir haben 54 Jahre über diesen schrecklichen Kuraufenthalt in Muggendorf geschwiegen, auch untereinander.

Jetzt hat das Schweigen ein Ende!
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Karin Geesink aus Ibbenbüren schrieb am 28.03.2024
Verschickungsheim: Rothaus in Boffzen am Solling
Zeitraum: Feb./März/ 1968
Hallo Ralf.
Auch ich wurde im Alter von 6 Jahren nach Boffzen verschickt. Dort sollte ich zunehmen. Mir ist es dort ähnlich ergangen wie dir. Kannst du dich noch daran erinnern, in welchem der beiden Häuser du untergebracht warst? Da gab es ja zum einen das schlossähnliche "Jagdhaus" und zum anderen das kleinere Nebengebäude.
Ich war in dem großen Gebäude untergebracht und habe - so wie du auch - in einem großen Schlafsall mit insgesamt ca. 20 Mädchen geschlafen.
Zum Frühstück gab es gefühlt jeden Tag: Haferschleimsuppe mit 1-2 Scheiben Sauerteigbrot, bestrichen mit Butter (oder Margarine?) und dazu eine Schale mit rohem Sauerkraut.
An Aktivitäten kann ich mich gar nicht erinnern, bis auf einen Rodelnachmittag auf dem kleinen Hügel vor dem Haupthaus. Ich kann mich erinnern, dass ich das nicht wollte. Aber danach wurde ja nicht gefragt.
Nachts das absoluteToilettenverbot. Eine Nacht konnte ich es nicht mehr aushalten und habe ins Bett gemacht. Die ganze Nacht lag ich in dem nassen Bett und hoffte am nächsten Tag, dass niemand es bemerkt. Aber es wurde entdeckt und ich musste meine Wäsche in dem kalten Waschkeller mit der Hand selbst waschen. Das war so demütigend. Ich könnte noch mehr erzählen, aber vielleicht können wir ja auf anderem Wege Kontakt aufnehmen? Ich würde mich über eine Nachricht von dir freuen.
Hast du übrigens schon mit der Heimortkoordinatorin Martina Kontakt aufgenommen?
Liebe Grüße
Karin Geesink
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Kerstin Weber aus Dessau-Roßlau schrieb am 27.03.2024
Hallo, ich bin Kerstin.
Mit ca. 4 Jahren (1961) wurde ich in ein Kurheim nach Ahlbeck ( damals DDR) verschickt.
Meine Eltern brachten mich zum Zug am Bahnhof Dessau, meinem Heimatort. Dort stieg ich zu einer "Tante" in ein Zug und meine Eltern entschwanden.
Der für mich traumatisierten Aufenthalt im Kurheim Ahlbeck hat tiefe Spuren hinterlassen, obwohl mir das erst im späten Erwachsenenalter bewusst wurde.

Trauma

Dem Kind, dem kleinem Mädchen,
geht es immer schlechter
Das Fieber steigt heftig.
Die Ärzte können nicht helfen.
Den Eltern wird erläutert,
nur eine Kur an der See
verspräche noch Rettung.
Die Tasche wird eilig gepackt.
Den Lieblingsteddybären
fest umklammert,
ist Kind ist ganz verstört,
als die Mutter es weinend
zum Abschied küsst,
weil sie es so ungern wegschickt,
für lange Zeit an die Küste.
(Mama, ich bin doch so brav)

Das Kind ist angekommen in
dem Heim, mit dem großem
Schlafsaal, wo viele duzend
Gitterbettchen stehen.
Es fühlt sich einsam unter
den vielen fremden Kindern.
Die Kleine fürchtet
sich vor den Schwestern und Ärzten,
denn sie weiß,
sie tun ihr weh.
Es ist Winter.
Das Mädchen friert in ihrem Bettchen
ohne sich zu beschweren, doch nicht
ohne heimlich zu weinen.
(Ach Mama, ich bin doch ganz brav!)

Die Kinder sind kleine Ungeheuer
Dem Teddy Max hat ein Junge
das Bein ausgerissen,
Sie rufen ihr "Spitznase" nach.
Im Pool, wo sie baden muss,
weil Meerwasser gut für sie ist,
schwimmen Kackwürstchen.
Sie ekelt sich so sehr.
Das Essen schmeckt nicht
Erbsbrei ist ihm widerlich.
Es muss aufgegessen werden,
wird ihr gesagt,
sonst darf sie nicht nach Hause.
Also würgt sie es herunter.
(Ach, Mama ich bin wirklich brav!)

Die Tage vergehen wie Jahre.
Mit den Nächten kommen die Gespenster,
die in den Gardinen hängend,
ihr schreckliche Angst machen.
Das Mädchen beginnt sich Geschichten
auszudenken, die es zur Mutter tragen.
Als ihm die Hoffnung abhanden gekommen,
sie nur noch in ihrer Märchenwelt lebt,
sagt der Doktor,
die Kleine hat ihre Krankheit besiegt.
(Ach, Mama, ich bin immer brav)

Mechanisch steigt das Mädchen in den Zug,
den Teddy ohne Bein im Gepäck,
fährt sie mit leerem Blick nach Hause.
Am Bahnhof wird es abgeholt.
Ansehen will es die Mutter nicht.
Die nimmt sie schluchzend in den Arm.
Das Kind kann sich nicht rühren,
es glaubt es einfach nicht.
Der Vater wartet schon zu Hause,
er hat sich heute sehr beeilt, um seinem
kleinen Liebling zu begrüßen.
Das Kind wird warm gebadet.
Sein Lieblingsessen steht auf dem Tisch.
Es hat keinen Hunger mehr,
zuviel Erbsbrei im kleinem Magen.
Von den Eltern liebevoll ins Bettchen
Gekuschelt, macht sie die Augen zu,
träumt sich in ihre Welt, zur Mutter.
(Ach Mama, ich will immer brav sein!)

Morgens liebevoll geweckt,
bewegt sich das Kind, wie eine Marionette.
Drei Tage spricht es kein Wort.
Das erste was man von ihm hört,
„Mama schicke mich nicht wieder fort“

Der Körper war geheilt.
Die kleine Psyche war gebrochen.
Sie träumt bis heut noch von Wellen
die ihr, wen immer sie liebte, genommen.
Vor allem und jedem hatte sie Angst,
sie musste sich immer beweisen.,
Sie funktionierte, sie war ja so brav,
konnte aber weder lachen noch weinen.

Bis sie wieder ihre Geister traf,
die immer noch in den Gardinen hingen.
Ihre Märchen waren nicht mehr abrufbar,
hatten die Geister verschlungen.
Da brachen Seele und Körper entzwei.
Sie trat ein in den dunklen Nebel,
Sie konnte und wollte nicht mehr sein,
sich ihrem Schicksal ergebend.

Und meine Mutter weinte
meine ungeweinten Tränen
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Jürgen Heuser aus Legden schrieb am 27.03.2024
Ich bin 4 Jahren für eine Lange Zeit bei den Nonnen zu Besuch gewesen
- Essensenzug
- Nachts nicht auf die Toilette dürfen
- Ärger(Züchtigung) bekommen wenn man ins Bett macht
- Nur einmal die Woche Telefonieren und nicht frei sprechen dürfen (wer sich negativ äußert darf nicht mehr telefonieren)
- Haarschnitt Mangelware
- Spielzeug habe ich zum Abschluss anscheinend dem Haus geschenkt….

Bin zur Zeit mit meiner Tochter (6 Jahre) hier um auch für mich ein wenig Klarheit zu finden.
Aber der Text an der Wand sagt schon alles
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Roland Mollet aus Völklingen (Ludweiler) schrieb am 25.03.2024
Sechs Wochen im Sommer 1961. Wer der Träger der Maßnahme war, weiß ich nicht (mehr). Ich war 9 Jahre alt. Habe wenig Erinnerungen. Habe noch vier Gruppen-Fotos. Kann mich aber an großes Heimweh erinnern und lag auch deswegen tagelang "krank" im Bett. Heimfahrt war nicht möglich, da meine Eltern noch nicht motorsiert waren. Wir hatten noch kein Telefon, daher auch keinen Kontakt, nur Briefe und Karten. Wen Päckchen von den Eltern kamen, musste die Süßigkeiten mit den andern Kindern geteilt werden.
Schlimm war für mich jedenfalls, dass diese "Kur" während der Schulzeit war und ich 6 Wochen Unterricht versäumte. Das musste ich dann irgendwie nachholen, indem ich mir von Klassenkameraden die Hefte geben ließ und den Stoff weitgehend mit Hilfe meiner Eltern und älteren Geschwister nacharbeiten konnte.
Es war keine schöne Zeit. An Misshandlungen oder übles Essen usw. habe ich keine Erinnerungen.
So schrecklich wie bei den Schilderungen der anderen Kinder kann es dann eigentlich nicht gewesen sein. Wahrscheinlich habe ich alle schlechten Dinge verdrängt.
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Ulrich Nilkes schrieb am 25.03.2024
Ich wurde im Januar/Februar 1966 als damals 6-jähriger noch vor der Einschulung verschickt. Die Einweisung erfolgte mutmaßlich wegen eines mangelhaften Ernährungszustandes.
Nachdem ich -zig Berichte anderer Verschickungskinder gelesen habe, denke ich, war das Lager "Bergfeude" noch eines der weniger inhumanen.
Ich wurde dort im Wesentlichen lediglich gedemütigt und erniedrigt, genötigt (durch Essenszwang und Toilettenverbot), angelogen und nach Strich und Faden verar...; mein als Kind gefasstes Vertrauen zu einer Bezugsperson wurde gebrochen und missbraucht, meine Geschäftsunfähigkeit als Kind zum Nachteil meiner Eltern ausgenutzt.
Ich wurde aber nicht verprügelt, nicht im Bunker isoliert, musste nicht Erbrochenes essen, wurde nicht Medikamentenversuchen und weiteren schweren Straftaten ausgesetzt und durfte sogar meine Kleidung behalten.
Ein ausführlicher Bericht, der, wie ich meine, viele Details und Tatsachen einschließlich Fotos sowie eines der gefälschten Schreiben der Lagerleiterin an die Eltern enthält, wird auf dieser Homepage unter in die Rubrik 'Selbstzeugnisse' eingestellt.
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Barbara Freier geb.Ochlich aus Schondorf am Ammersee schrieb am 24.03.2024
Wegen einer angeblichen Hillus TBC war ich 1952 für 6 Monate in der Lungenheilstätte Oy Mittenwald. Da ich erst 4 Jahre alt war, sind meine Erinnerungen nur sehr bruchstückhaft. Ich suche deshalb Austausch mit Menschen, die auch dort waren. Ich habe Fotos aus dieser Zeit. Es quält mich immer mehr, dass mir 6 Jahre meines Lebens fehlen. Bitte meldet euch bei mir.
Danke!
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Dr. Ulrich Ellinghaus aus Syke schrieb am 24.03.2024
Zusammen mit meinem Zwillingsbruder wurden wir im Grundschulalter auf dringende Empfehlung von der Ärztin meiner Eltern zur „Kinderkur“ für 6 Wochen nach Wyk auf Föhr geschickt, weil wir „schlechte Esser“ waren. Für mich war es die Hölle. Trennung von den Eltern, drastische Strafen, vor dem (kalten) Essen so lange sitzenbleiben bis es aufgegessen war, Mittagsschlaf obwohl ich nicht schlafen wollte & konnte, Redeverbote in bestimmten Situationen. Als ich zurückkam war meine erste Aussage zu meinen Eltern: „So was macht Ihr mit mir nie wieder!“
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Ingo Forster schrieb am 22.03.2024
Ich kam mit 8 Jahren nach Mönchwinkel, weil ich zu klein und dünn war.
Es war das pure Graunen, anders kann ich es nicht bezeichnen.
Die ganzen Dinge wie Essenszwang, Toilettenverbot, maßlose Strafen kann ich alles nur bestätigen.
Ich möchte nur kurz von meinem einschneidendsten Erlebnis berichten, dass mir noch heute sehr nahe geht. Das mich noch heute in Tränen ausbrechen lässt.

Wir saßen alle im Gemeinschaftsraum und bastelten Drachen (die wir aber später nie steigen lassen durften). Weil eine Holzleiste fehlte schickte mich die Tante zum Hausmeister um noch eine zu holen. Ich musste dazu durch mehrere Gänge und eine Treppe runter. Schon auf der Treppe hörte ich Gebrüll und Weinen. Im unteren Gang war die Tür des Schlafraumes offen. Eine Tante schubste ein kleines Mädchen (sie war höchstens 5) gegen die Wand. Sie fiel darauf zu Boden und blieb regungslos liegen. Sie gab keinen Laut von sich. Aus ihrer Nase lief Blut. Ich dachte sie wäre tot. Als die Tante mich sah sagte sie nur: "Was glotzt du so, ab Marsch!"
Ich war total schockiert und konnte die ganze Nacht an nichts anderes denken.
Einen Tag später nahm ich allen Mut zusammen und fragte eine andere Tante was mit dem Mädchen aus dem unteren Schlafsaal ist.
Und die sagte: "Die ist unter der Erde und die Würmer fressen sie."
Ich bekam einen regelrechten Heulkrampf. Ich wurde geschlagen und in den Schlafsaal gesperrt, aber keine Schläge und Bestrafungen konnten mich beruhigen. Ich schrie und schrie. Stundenlang, bis ich völlig heiser war. Dann kam eine Tante und zerrte mich aus dem Schlafssal. Ich schlug wild um mich, versuchte mich mit allen Mitteln zu wehren, ich dachte ernsthaft die will mich jetzt umbringen, aber sie sagte dann ich soll mich beruhigen und dem Mädchen geht es gut und sie will mir das zeigen. Ich glaubte ihr nicht, aber sie zog mich dann einfach wild strampelnd runter in den anderen Schlafsaal und da war das Mädchen tatsächlich. Sie war nicht tot. Aber die Bilder verfolgen mich bis heute, die bekomm ich nie mehr aus dem Kopf. Wie das Mädchen regungslos blutend auf dem Boden lag.
Ich war natürlich heilfroh das es dem Mädchen gut ging aber ich war hinterher dennoch so fertig, dass ich richtig krank wurde. Ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Ich konnte mich tagelang nicht mehr beruhigen. Ich lag auf der Krankenstation und alles war irgendwie egal. Ich glaube ich bekam dann auch Beruhigungsmittel, denn an die Tage im Bett auf der Station erinnere ich mich kaum.

Der kleine dünne Junge der zur Kur gefahren ist, kam noch dünner zurück.

Gern würde ich wissen was aus dem kleinen Mädchen geworden ist, ich glaube sie hieß Ulrike. Vielleicht erkennt sich jemand wieder.
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Manuela A. schrieb am 22.03.2024
Hallo, ich bin durch einen TV-Bericht auf diese Seite aufmerkssam geworden.
Ich wurde mit 10 Jahren nach Immenstadt zur Kur verschickt. Die ganzen 6 Wochen waren eine Aneinanderreihung von Folter, Schlägen und Misshandlungen.
Immer wieder versuchte ich aus diesem Albtraum aufzuwachen weil ich einfach nicht wahrhaben wollte, dass es sowas gibt. Immer wieder dachte ich das können die doch nicht machen, das dürfen die doch gar nicht. Man war den Nonnen völlig ausgeliefert. Es gab keine Kontaktmöglichkeiten zu den Eltern. In den Briefen MUSSTE man schreiben das es einem gut gehen würde. Man wurde von Nonnen zum Lügen gezwungen!
In den endlosen Nächten nahm ich mir fest vor, alles meinen Eltern zu erzählen, diese Lügen aufzudecken. Doch als ich wieder zuhause war, sagte ich kein Wort, im Gegenteil, ich log weiter, sagte das es schön gewesen wäre.
Obwohl es nicht meine Schuld war, war es mir schlichtweg zu peinlich meinen Eltern zu erzählen das ich mit 10 Jahren mein eigenes Erbrochenes gegessen habe, ständig in die Hose gemacht habe, geheult habe wie ein Baby.
Das ich damals nichts gesagt habe, bereue ich zutiefst. Erst als ich 30 war hatte ich mich mit meinen Vater darüber unterhalten, meine Mutter war da leider schon tot.
Mein Vater war fassungslos. Er sagte, hätte ich damals was gesagt hätte er Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt um diese Teufelsweiber zur Rechenschaft zu ziehen.
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Sandra Herold schrieb am 21.03.2024
Ich war im Alter von 10 Jahren für sechs Wochen in Graal Müritz zur Kur. Und in erster Line verbinde ich den Kuraufenthalt mit Wind, Kälte und Regen.
- endloses Spazieren bei Regen
- Wattwanderungen im Oktober bei denen einem vor Kälte fast die Füße abgefroren sind
- Frühsport im Freien, nur mit Unterwäsche bekleidet
- Abspritzen mit eiskaltem Wasser

Es gab zwar auch eine Sauna, aber in der waren wir nur einmal. Positiv war, dass ich mir mit nur drei anderen Mädchen ein Zimmer teilte. Und zum Glück verstanden wir vier uns auf Anhieb und wurden ein eingeschworendes Team. Da wir nachts im Zimmer eingeschlossen wurden hatten wir unsere Ruhe und konnten ungestört stundelang quatschen. In der Nacht schaute nie jemand nach uns. Allerdings war auf Toilette gehen unmöglich. Wir versteckten eine alte Blechbüchse die wir in einem Mülleimer fanden hinter dem Heizkörper. Das Fenster ließ sich nicht öffnen, aber zum Glück kippen. Und so konnten wir die Büchse nach Benutzung aus dem Fenster entleeren. Man musste allerdings in zwei Teilen pinkeln, weil die Büchse nicht all zu groß war und man sie zwischenzeitlich leeren musste.
Ich kann mich noch haarklein an eine Situation erinnern, in der ich in die Büchse pinkelte und, ich weiß nicht wieso, einen Lachanfall bekam. Vermutlich weil die ganze Situation so absurd war und das Plätschern in der kleinen Mandarinenbüchse so komisch klang. Ich konnte vor Lachen gar nicht aufhören mit pinkeln und die Büchse lief über. Auch die anderen fingen dann heftig an zu lachen. Ich habe dann die Bescherung mit einem Schreibblock aufgesaugt, den ich auch durch das gekippte Fenster nach draußen warf.
Vormittags hatten wir immer zwei, manchmal drei Stunden Unterricht.
Im Großen und Ganzen war die Kur erträglich, wenn auch unsere Betreuerinnen ziemlich streng waren. Auch das Essen war OK. Was mir am meisten zu schaffen machte war, dass ich immer gefroren habe. Bei Wind und Wetter oder im Regen barfuss durch den kalten Sand zu laufen war ich einfach nicht gewöhnt.
Hinzufügen muss ich noch, dass ich wirklich enormes Glück hatte mit drei so wunderbaren Kindern in einem Zimmer zu sein. Das hat mir viel über das Heimweh hinweggeholfen. Ich will mir nicht ausmalen wie ich gelitten hätte, wenn ich nicht diesen Zusammenhalt unserer 4er-Clique gehabt hätte.
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Joachim schrieb am 21.03.2024
Meinen 7. Geburtstag hatte ich während meiner 6wöchigen Kur. Das war ein deprimierender Tag. Ein Anruf meiner Eltern war nicht erlaubt und ein Päckchen kam erst ein paar Tage später an. Ich bekam nur die Karte, alles andere wurde einbehalten.

Schon vom ersten Tag an zählte ich die Tage bis diese Kur endlich vorbei ist.
Vieles habe ich verdrängt. Manche Dinge habe ich allerdings noch gut in Erinnerung.
Lange dunkle Gänge, es roch immer nach Bohnerwachs.
Ich erinnere mich auch an die Räume im Keller. Dort fanden die Bürstenmassagen und das Wassertreten statt.
Dazu mussten wir eine ziemlich lange Treppe hinuntersteigen und uns dabei an den Händen halten. Ich weiß noch genau, das ich immer ein Mädchen an die Hand nehmen musste und ihre Hände waren immer klebrig. Das fand ich eklig und ich versuchte mich immer an einer anderen Stelle der Schlage einzureihen.
In den Kellerräumen war es immer furchtbar kalt und einmal bekam ich eine Ohrfeige weil ich vor Kälte meine Arme um meinen Körper schlang.
Nachts durften wir nicht aufs Klo und ich habe ins Bett gemacht. Als Strafe bekam ich am nächsten Tag nur ganz wenig zu trinken und weil ich so großen Durst hatte habe ich mir beim Spazieren Schnee in den Mund geschoben. Die Tante hatte es nicht gesehen aber ein anderes Kind hat mich verpetzt. Dafür bekam ich eine heftige Ohrfeige das mir die Mütze vom Kopf flog. Als wir wieder zurück im Heim waren durfte ich nicht am Mittagessen teilnehmen, ich musste mich auf einen Stuhl in den Flur setzen und durfte mich nicht rühren. Selbst während die anderen Kinder Mittagsschlaf hatten saß ich noch auf dem Stuhl.
An das Essen kann ich mich nur bruchstückhaft erinnern. Ob ich gezwungen wurde immer aufzuessen vermag ich nicht zu sagen. Ich weiß nur das immer vier Kinder an einem Tisch saßen und ich sehe die Schüsseln vom Nachtisch noch bildlich vor mir. Es waren kleine rechteckige Schalen aus Hartplaste, pastellblau. Und meistens gab es Apfelkompott.
Insgesamt habe ich die Zeit der Kur als sehr negativ in Erinnerung.
Selbst die Heimreise war eine Katastrophe. Eine Betreuer, den ich vorher noch nie gesehen hatte, begleitete mich auf der Bahnfahrt nach Hause.
Obwohl es im Zug eine Toilette gab, durfte ich die aus welchen Gründen auch immer, nicht benutzen!
Ich musste mich schließlich einkoten und meine Eltern durften dann am Bahnhof ein stinkendes Kind in Empfang nehmen.
Ich hab mich so geschämt!!
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Helga Bauer schrieb am 21.03.2024
Ich war mit 9 Jahren für 6 Wochen zur Kur.
Für mich war das eine sehr schlimme Zeit und ich leide teilweise noch heute unter den Folgen.
Es herrschte eine allgemeine Strenge und keine der Tanten hatten jemals ein freundliches Gesicht. Im Grunde genommen gab es niemals normal gesprochene Sätze. Immer alles nur im Kommandoton. "Los Betten machen!", "Los zum Frühstück!", "Schneller!"
Das Heimweh war mein ständiger Begleiter. Heimweh und Langeweile. Eine richtige Beschäftigung gab es gar nicht. Ganz oft saßen wir nur im "Spielzimmer", doch spielen war da gar nicht möglich. Es gab unvollständige Brettspiele, kaputte Spielsachen oder Malbücher für 5Jährige. Außerdem musste man selbst beim "spielen" leise sein. Unterhalten konnten wir uns nur im Flüsterton. Soweit ich mich erinnern kann waren wir nur 4 oder 5 mal draußen.
Das Essen war soweit ok, es war nicht besonders lecker, aber auch nicht eklig. Man musste aufessen, aber reingezwungen wurde es einem nicht. Allerdings bekam man die nächste Mahlzeit gestrichen wenn man nicht aufgegessen hatte.
Das beim Essen jemand kotzte kam nur selten vor.

Wir haben in der gesamten Zeit nur zweimal gebadet. Da war ein Raum im Keller in dem es ziemlich kalt war. Dort gab es eine Art Becken in das immer 4 Kinder reinpassten. Wir standen alle nackt und frierend in einer Schlange bis wir an der Reihe waren. Das Wasser war nur lauwarm und roch nach Seifenpulver. Zu allem Übel wurden wir hinterher mit einem Schlauch und eiskaltem Wasser abgespritzt.
Die Unterwäsche wurde nur einmal pro Woche gewechselt.
Besonders schlimm habe ich auch den Schlafsaal in Erinnerung. Dort war es viel zu warm und mein Bett stand genau am Fenster neben der Heizung, die auch nachts lief.
Die Betten quitschten bei jeder noch so kleinen Bewegung und dann kam eine Tante ins Zimmer gestürmt und hat uns angebrüllt oder manchmal auch aus den Betten gezerrt, dann musste man die Nacht auf einem Stuhl im Flur verbringen.

Das allerschlimmste für mich war, dass man nur 3 mal am Tag aufs Klo durfte und zwar immer nach dem Essen.
Früh war das besonders problematisch. Wenn man nicht bereits aus lauter Verzweiflung nachts ins Bett gemacht hatte, saß man früh mit zusammengekniffenen Beinen beim Frühstück und hoffte das man es bis zum erlaubten Toilettengang noch aushält. Und so war es die ganze Zeit, die ganzen Wochen. Immer wartete man mit drückender Blase daurauf, endlich aufs Klo gehen zu dürfen. Ich hatte schon große Mühe es immer von früh bis mittags auszuhalten, aber von mittags bis abends war für mich unmöglich zu schaffen. Meistens musste ich schon nach dem Mittagsschlaf (bei dem man auch nicht gehen durfte) so dringend, dass ich es nicht einen einzigen Tag bis abends nach dem Abendessen aushielt! Ich hatte jeden Tag eingepinkelt und bekam dafür Ohrfeigen oder musste stundelang in der Ecke stehen was zu weiterem Einnässen führte.
Wer ins Bett oder in die Hosen machte bekam eine rote Schleife ans Handgelenk gebunden, so das jeder im Heim sehen konnte, was für ein "Verbrecher" man war. Nach den 6 Wochen "Kur" war meine Blase so überreizt das ich zuhause ständig in die Hose machte. Schon der kleinste Blasendruck war für mich so unerträglich das es einfach lief. Nachts hatte ich für eine sehr lange Zeit gar keine Kontrolle mehr über meine Blase, was zu vielen Folgeproblemen führte. Übernachtungen bei Freundinnen oder Klassenfahrten konnte ich alles vergessen und ich wurde zur Außenseiterin. Meine Eltern kamen mit dem Ganzen überhaupt nicht klar. Ich brauchte mit 9 Jahren nachts plötzlich wieder Windeln und die größte Sorge meiner Eltern war, das es jemand mitbekommen könnte. Die Windeln, die damals noch gewaschen werden mussten, hängte meine Mutter nie in den Garten an die Wäscheleine, sondern die wurden immer in der Wohnung getrocknet, damit um GottesWillen die Nachbarn nichts von dieser "Schande" bemerken.
Die Reizblase die ich noch heute habe, ist eindeutig Folge der Kur.
Die eigentliche Ursache wurde von meinen Eltern nie ergründet. Klar, dass ich als Kind nie ein Wort von der Kur erzählt habe, aber gerade das hätte sie doch stutzig machen müssen! Vor allem weil ich vor der Kur nie derartige Probleme hatte. Als ich viele Jahre später meinen Eltern von der Kur erzählte, taten die es mit einem Satz ab: So schlimm wirds ja nicht gewesen sein. Schließlich hätte ich ja in den Briefen stets geschrieben das es mir gut ginge.
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Anja Schulz schrieb am 21.03.2024
Ich bin schockiert über die ganzen schlimmen Dinge die hier berichtet werden und die Betroffenen tun mir unendlich leid. Wie es scheint bin ich eine Ausnahme, denn ich habe das genaue Gegenteil erlebt.

Vielleicht liegt es auch daran, dass wir insgesamt nur 13 Kinder im Heim waren. Anfang der zweiten Klasse kam ich zur Kur nach Pausa im Vogtland. Natürlich hatte ich anfangs Heimweh aber das verflog rasch, denn der Umgang war wirklich liebevoll. Gleich nach der Ankunft versammelten wir uns im Speisesaal und uns wurden die Erzieher vorgestellt. Insgesamt gab es vier. Und dann wurden uns die "Regeln" verkündet. Ich kann mich noch gut daran erinnern.
Regel Nummer 1: Keiner läuft ohne Hausschuhe auf den kalten Fliesen
Regel Nummer 2: Erholen
Regel Nummer 3: Spaß haben

Wir wurden in zwei Gruppen aufgeteilt, tagsüber waren aber die Mädchengruppe und Jungsgruppe zusammen. Nur Mittwochs verbrachte die Jungsgruppe ein paar Stunden beim Hausmeister und wir Mädchen in der Küche. Die Küchenfrau war bei uns Kindern besonders beliebt. Sie war ziemlich dick, aber gemütlich und richtig gutmütig. Oft sind wir auch tagsüber zwischen den Mahlzeiten zu ihr geganen, sie hatte immer etwas, mal paar Bombons, oder einen Joghurt oder ein Kompott. Sie sagte dann immer "Ihr fresst mir noch die Haare vom Kopf". Sie lachte immer sehr viel. Wir haben sehr viel unternommen, wir waren auch ein paar mal im Freibad. Das war ein wunderschönes Bad leicht ausserhalb des Ortes. Der Weg war zwar weit und es dauerte fast eine Stunde ehe wir ankamen, aber der Betreuer erzählte uns meistens spannende Dinge. Er zeigte uns auch das Rathaus, auf dessen Dach ein rießiger gläsener Globus war der sich dreht. Einmal sang er auf dem Weg ins Freibad Weihnachtslieder, mitten im Sommer. Das fanden wir als Kinder natürlich unglaublich witzig. Zweimal in der Woche kam ein Arzt, wir wurden nacheinander gewogen und abgehört. Einmal ließ er mich selbst mit dem Stetoskop hören. Danach wollte ich unbedingt später Ärztin werden. Nach den Untersuchungen hielt er immer noch eine Art Vortrag. Dann saßen wir alle im Schneidersitz im Gruppenraum. Einmal brachte er ein Skelett mit und erklärte uns die ganzen Knochen, einmal erzählte er eine halbe Stunde lang übers Pupsen, wie das entsteht usw. Für uns Kinder war das natürlich extrem spannend und lustig. Ich kann mich nicht erinnern, dass es jemals ein böses Wort gab. Die Erzieher waren alle nett und witzig. Es wurde sehr viel Spaß gemacht und die Zeit verflog im Nu.
Tränen gab es nur einmal und zwar am letzten Tag zum Abschied, denn ich hatte meine neuen Freunde echt liebgewonnen. Die Kur war für mich ein sehr schönes Erlebnis und sie hat mein Leben verändert. Ich bin aufgeblüht. Ich war vorher ziemlich schüchtern, war Bettnässerin und nach den 6 Wochen war ich viel selbstsicherer und das allerbeste: ich war trocken. Das hab ich einer der Erzieherinnen zu verdanken. Sie sagte mir abends ich solle an einen Wecker denken, mir immer einen Wecker vorstellen während ich einschlafe. Und sie gab mir Wollsocken die ich beim schlafen anziehen sollte, sie sagte mir das seien Zaubersocken. Ich weiß nicht warum und wieso, aber es funktionierte. Schon nach paar Tagen wachte ich nachts auf wenn ich mal musste. Wir konnten jederzeit auf die Toilette gehen, auch während der Mittagsruhe. Mittalsschlaf gab es nicht wirklich, Mittagsruhe bedeutete das wir uns ruhig verhalten sollten, aber man konnte auch ein Buch anschauen oder sich leise unterhalten.
Nachruhe war immer 20 Uhr, die Erzieherin kam ins Zimmer und sagte immer: Mädels Schlafenszeit. Nur am letzten Abend waren wir bis 22 Uhr auf, da gab es ein Lagerfeuer.

Insgesamt war der Kuraufenthalt eine unvergesslich schöne Zeit, die mich positiv verändert hat. Ich lernte Kuchenbacken, Zöpfe flechten und viele andere nützliche Dinge die uns immer spielerisch "nebenbei" erklärt wurden. Übrigens gab mir die Erzieherin die Wollsocken mit nach hause und ich habe das noch mindestens zwei Jahre beibehalten, weil ich ernsthaft glaubte wenn ich die Socken weglasse würde das Bettnässen wieder zurückkehren. Irgendwann hatte ich sie auf einer Klassenfahrt zuhause vergessen, aber es geschah nichts. Seit dem hatte ich sie nachts nie mehr getragen, aber ich besitze sie noch heute. Ich habe sie als eine wertvolle Erinnerung aufgehoben.
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Dagmar Casten aus 14167 Berlin schrieb am 20.03.2024
Durch zahlreiche Beiträge/ Dokus kamen meine Erinnerungen wieder hoch.
Ich bin Jahrgang 1959 und wurde zweimal für endlos lange sechs Wochen verschickt.
Akribische Aufzeichnung meiner Mutter belegt die Zeiten
1 - 22.09. - 04.11.1964 - Wyk auf Föhr
2 -17.02. - 30.03.1966 St. Peter Ording - Haus Quisisana

Es sind dunkle Erinnerungen , die mich heute teilweise noch tangieren - ich fühlte mich als Kleinkind
völlig hilflos, verloren, unglücklich.
Quälereien durch ältere Kinder (heute würde man es als schweres Mobbing u. Körperverletzung benennen).
Dazu viele andere düsteren Begebenheiten, die auch ich bestätigen kann.
Meine Eltern hatten nie eine Ahnung, wie schrecklich diese Verschickungszeiten für mich waren und ein Leben lang belasten.
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Claudia M. schrieb am 20.03.2024
Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll, weil mich das Thema noch heute, nach so vielen Jahren enorm emotional aufwühlt.

Gleich vornweg: Ich wurde im Alter von 10 Jahren als gesundes Kind zur Kur geschickt und kam krank und schwer traumatisiert zurück. Das was uns angetan wurde, möchte ich nicht als Misshandlung bezeichnen, denn das würde nicht das Ausmaß zum Ausdruck bringen. Es war Folter! Meine damals urprünglich 6-wöchige Kur wurde aus fadenscheinigen Gründen um zwei Wochen verlängert. Heute bin ich fest davon überzeugt, dass man erst die blauen Flecken abklingen lassen wollte. Denn in den letzten zwei Wochen wurde ich zumindest nicht mehr verprügelt.
Vor der Kur war ich, wie schon erwähnt, völlig gesund, hatte Freunde und Spaß und war auch gut in der Schule. Ich verstand überhaupt nicht, wieso ich als gesundes Kind zur Kur muss. Nach der Kur litt ich unter Angststörungen, entwickelte einen Waschzwang und war jahrelang inkontinent. Ich sprach kaum noch ein Wort, schon gar nicht über die Zeit im Kurheim. Ich traf keine Freunde mehr, verkroch mich nur noch zuhause. Meine Noten in der Schule wurden so schlecht, dass ich nicht versetzt wurde.
Meine damals alleinerziehende Mutter war mit der Situation völlig überfordert. Erst nach der Wende hatte ich im Laufe der Jahre mehrere Therapien. Ich konnte den Waschzwang erfolgreich überwinden und auch die Inkontinenz verschwand allmählich als ich 17 wurde. Die Angststörungen sind bis heute geblieben. Ich ertrage bis heute keine geschlossenen Türen oder enge Räume. In meiner Wohnung sind stets alle Zimmertüren geöffnet. Ich kann in keinen Fahrstuhl gehen. Dabei fällt mir eine Situation ein, die zeigt wie groß meine Angst vor kleinen Räumen ist. Es war noch zu der Zeit in der Handys nicht verbreitet waren. Eine ältere Frau war auf der Straße gestürzt und zwei Passanten kümmerten sich um die Frau. Einer der beiden bat mich einen Arzt zu rufen, eine Telefonzelle war keine 50 Meter entfernt. Ich war nicht in der Lage in die Telefonzelle zu gehen. Ich bekam Schweißausbrüche und Atemnot. So sehr ich es auch wollte in die Zelle zu gehen, es ging nicht.
Immer wieder blitzen in solchen Situationen Flashbacks auf, das Einsperren in winzig kleine Besenkammern, kaum größer als ein Kleiderschrank.
Für jedes noch so kleine "Vergehen" wurde man verprügelt und stundenlang eingesperrt. Es reichte schon wenn man während der Mittagsruhe verbotenerweise seinen Bettnachbarn etwas zugeflüstert hat.
Auch kann ich bis heute bestimmte Speisen nicht mehr sehen, geschweige denn essen. Von Milch wird mir schlecht. Zu tief sitzt die Erinnerung an die oft saure Milch mit der ekligen Haut, die man trinken musste. Wir wurden bis zum Erbrechen gezwungen aufzuessen. Das Essen war durchweg schlecht, es gab nicht ein einziges Mal etwas was gut schmeckte.

Das tägliche gegenseitige Abschruppen der Haut mit harten Bürsten war eine Tortur. Auch das ewig lange im Kreis laufen im eiskalten Wasser war schrecklich. Viele von uns Kindern waren bereits nach einer Woche stark erkältet. Noch heute kann ich kein kaltes Wasser ertragen. Ein unbeheizter Pool ist ein NoGo. Das Schlimmste war die Hilflosigkeit. Es wurde keine Rücksicht genommen. Egal ob man krank war oder Schmerzen hatte. Ich hatte oft wahnsinnige Angst dass ich ernsthaft krank werde und die mir dann nicht helfen und mich einfach sterben lassen.

Besonders litt ich unter der Toilettensituation.
Während der Nacht und der Mittagsruhe durfte man nicht auf die Toilette und auch tagsüber musste man vorher um Erlaubnis fragen.
Und dann hing es immer von der jeweiligen Tante ab ob man gehen durfte oder nicht. Eine besonders schreckliche Tante, vor der wir alle Angst hatten, teilte die Kinder in "gute Kinder" und "schlechte Kinder" ein. Ich weiß ihren Namen nicht mehr, wir Kinder nannten sie heimlich Hexe. Ich gehörte mit ein paar anderen Kindern zu den "schlechten Kindern", weil wir es oft nachts nicht so lang einhalten konnten und ins Bett machten.
Und diese Hexe ließ uns "schlechte Kinder" dann tagsüber nicht zur Toilette. Extrem traumatisch war eine Situation von der ich noch heute ab und zu Albträume bekomme.
Obwohl ich sehr dringend groß musste, ließ mich die Hexe vor einen mehrstündigen Ausflug in ein Museum nicht zur Toilette. Als ich mir dann später meine Jacke um die Hüften band um meine volle Hose zu verbergen, wurde mir auch das verboten und ich musste die Jacke wieder anziehen.
Bis heute habe ich Panik wenn ich nicht weiß wo das nächste Klo ist.

Viele Jahre später, nach meinen Therapien, entwickelte ich einen unendlichen Hass auf die "Tanten", besonders auf die Hexe. Oft lag ich abends im Bett und stellte mir vor, wie sie vom Blitz getroffen wird. Erst nach und nach erkannte ich, dass diese Hexen nicht mal Hass verdient haben. Denn Hass ist ein Gefühl und Gefühle haben diese kranken Sadisten nicht verdient.
Ich bin fest davon überzeugt, dass man krank im Kopf sein muss, um Kinder so zu quälen.
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Anja Ehlers aus Bremen schrieb am 19.03.2024
Ich war 6 Wochen zur Kur und kann mich leider nicht an den ganzen Aufenthalt erinnern. Ein paar Vornamen von Mädchen und Jungen, die mit mir dort waren, weiß ich noch. Ich glaube ich hab auch den Namen einer Erzieherin noch. Bin mir aber nicht sicher.
Alle Mädchen haben in einem großen Saal in Metallbetten geschlafen.
Ich war dort, weil ich zu klein und zu dünn war und ich musste aufessen. Immer, egal was es gab. Das kannte ich von Zuhause nicht und es war für mich der Horror. Ich habe immer versucht, die Sachen die ich nicht mochte heimlich zu tauschen. Sonst hätte man so lange sitzen bleiben müssen, bis alles aufgegessen war.
Wir haben Wassertreten gemacht und Bürstenmassage und wir wurden kalt abgeduscht.
Die letzte Woche bin ich sehr krank geworden und wurde unterm Dach in einem kleinen Zimmer isoliert. Mir wurde Penicillin gespritzt und ich habe unter einem riesigen Federbett geschlafen.
Ich habe mit meiner Mama vor kurzem darüber gesprochen und sie gefragt, ob ich nach dem Aufenthalt darüber gesprochen habe. Sie meinte zu mir, dass ich sehr still und ruhig nach diesem Kuraufenthalt war und nichts darüber erzählen wollte, außer, dass ich immer aufessen musste.
Ich kann nicht direkt sagen, dass man mir schlimmes angetan hat, aber in mir drin ist ein komisches Gefühl, das ich nicht deuten kann...
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Britta Weber schrieb am 18.03.2024
Ich war 1977 im "Seehospiz Kaiserin Friedrich", Norderney. Die Kur begann kurz nach meinem 8. Geburtstag.
Schon auf der endlosen Anreise hatte mir das Heimweh fast das Herz zerissen.
Gegen Mittag kamen wir an. Ich weiß noch das es geregnet hatte.
Der erste Schock war gleich nach der Ankunft, man nahm uns unsere Taschen und Plüschtiere weg! Keiner bekam seine eigene Kleidung, eine Tante warf jeden etwas zu, dass sie wahllos aus verschiedenen Taschen und Koffern herauskramte. Ich bekam einen Pullover der mir viel zu groß war und eine Hose die eigentlich einem Jungen gehörte. Es war ein heilloses Geschrei und Geheule, bis eine andere Tante dazu kam und uns dermaßen anbrüllte, dass wir eingeschüchtert mucksmäuschenstill waren. Dann wurden wir in Gruppen aufgeteilt und in verschiedene Zimmer gebracht. In unserem Zimmer waren acht Betten, zwei waren leer.
Glücklicherweise gelang es mir wenigstens den viel zu großen Pullover gegen meinen eigenen einzutauschen, den die Tante einem Mädchen gegeben hatte das ebenfalls in meiner Gruppe war. Das wurde zum Glück nicht bemerkt. Mittagessen gab es an dem Tag nicht, wir sollten gleich Mittagsruhe machen. Alle aus meinem Zimmer mussten nach der langen Anreise auf die Toilette, das wurde uns aber nicht erlaubt. Erst nach den zwei Stunden Mittagsschlaf durften wir "ausnahmsweise" gehen. Die offiziellen Klozeiten waren vor dem Frühstück gegen halb 8, nach dem Mittagessen gegen 12:30 Uhr und nochmal 18:50 Uhr vor dem Schlafengehen, also insgesamt nur dreimal am Tag.

Mahlzeiten gab es viermal am Tag, das Frühstück bestand entweder aus irgend einem undefinierbaren Brei oder einer Scheibe Brot mit einer mindestens drei Zentimeter dicken Schicht Butter und zusätzlich Marmelade darauf. Ich hatte extreme Schwierigkeiten diese viele Butter zu essen, öfters als einmal habe ich mich auf den Tisch und Teller übgergeben. Mittags gab es ebenfalls einen Brei oder Milchnudeln, beides extrem eklig. Nach dem Mittagsschlaf gab es ab und zu ein Stück Kuchen, der genießbar war, oder eine viel zu große Schale mit Milch und Haferflocken. Abends gab es Brot, wieder mit extrem viel Butter und Käse oder Teewurst. Teewurst war noch das kleinere Übel, der Käse war wie Gummi und schmeckte so widerlich dass ich schon vom Anblick einen Würgereiz bekam.
Alle Mahlzeiten waren immer viel zu viel, aber man musste aufessen, egal wie satt man war. Zu Trinken gab es nur Tee, die ganzen Wochen. Immer nur lauwarmen Zitronentee, der mir schon nach paar Tagen zum Hals raushing.

Geschlagen wurde ich nie, aber von den Tanten oft an den Haaren gezogen und in den Arm gezwickt. Oft wurde ich auch unsanft am Arm gezogen und mir wurde öfters gedroht meine Zöpfe abzuschneiden. Da ich einmal gedankenversunken an meinen Nägeln kaute bekam ich einen ganzen Tag lang Handschuhe über die Hände gezogen, was es mir unmöglich machte meine Schnürsenkel zuzubinden. Dafür wurde ich bestraft und statt mit den anderen Kindern raus zu dürfen, musste ich drei Stunden in einer Ecke stehen.

Einmal musste ich nach dem Mittagsschlaf dringend groß. Da Toilettengänge aber nur dreimal pro Tag erlaubt waren, hat mich die Tante nicht aufs Klo gelassen.
Ich bekam heftige Bauchschmerzen und schaffte es auch nicht das Stück Kuchen zu essen. Ich saß bis zum Abendessen unter Aufsicht einer Tante im Speisesaal vor dem Kuchen und litt Höllenqualen. Währenddessen habe ich in die Hose eingekotet und mich furchtbar geschämt. Wenigstens musste ich den Kuchen nicht mehr essen und auch Abendessen bekam ich keins.

Ein anderes Mal warf mir ein Junge während eines Spazierganges einen Stein an den Kopf. Der traf mich über dem Auge und ich hab heftig geblutet. Doch nicht der Junge wurde bestraft, sondern ich. Ich musste mich, wieder angekommen im Heim, in die Ecke stellen. Erst am nächsten Tag schaute es sich der Doktor an und meinte, das hätte eigentlich genäht werden müssen.

Ein paar Tage vor Ende der Kur wurde ich krank. Mir war ständig kalt, ich hatte Magenkrämpfe und Durchfall. Die Tanten drohten immer damit, wer krank ist, darf nicht nach Hause. Weil ich so schlapp war, dass ich mich kaum noch auf den Beinen halten konnte, kam ich auf die Krankenstation.
Zum Glück kam ab dem zweiten Tag noch ein anderes Mädchen auf die Krankenstation und so konnten wir uns heimlich, flüsternd unterhalten. Das war strengstens verboten, aber es hat keiner mitbekommen. In der Krankenstation durfte man das Bett nicht verlassen, man bekam Windeln ran was mir unendlich peinlich war.

Ich war froh als die Horrorkur endlich zu ende war. Ich hatte bis zur letzten Minute Angst, ich dürfe nicht heimfahren.

Meinen Eltern habe ich jahrelang nichts erzählt, erst als ich schon fast erwachsen war. Sie waren schockiert und tief betroffen.
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Anne aus Schweinfurt schrieb am 18.03.2024
Ich war gerade 5 Jahre alt, als ich das erste Mal nach Scheidegg geschickt wurde. Diagnose: Übergewicht. Meine erste Erinnerung ist, wie ich heulend im Zug saß, weil meine Mama am Bahnsteig zurückblieb. Ich, ein Kindergartenkind, fuhr alleine mit dem Zug ins Allgäu.
Jungen und Mädchen waren zum schlafen getrennt, aber zu den Aktivitäten und Mahlzeiten gemischt.
Ich erinnere mich sehr genau an die Schlafräume. Es war ein Zimmer mit 3 Stockbetten darin.
Eines Nachts wurde ich wach und sah, was ich als kleines Kind als sehr beängstigend empfand, zwei glühend rote Augen aus der Dunkelheit in das Zimmer schauen. Ich bekam einen schrecklichen Panikanfall, schrie, weinte, zitterte - ich konnte mich gar nicht beruhigen. Es stellte sich zwar heraus, dass diese "roten Augen" die Lichter eines Batterie-Ladegerätes waren, was in der Steckdose neben der Tür steckte, jedoch findet kein Kind in diesem Alter das rational. Es kam eine der Schwestern und schrie mich an, ich solle mich beruhigen - dies machte mich natürlich noch ängstlicher.
Letzten Endes nahm mich die Schwester mit, ich musste mich in einen kalten Abstellraum setzen, alleine, bis ich mich beruhigt hatte.

Ich erinnere mich daran, dass die Kleiderschränke, eher Einbauschränke, auf dem Flur waren. Es gab keine Einzelduschen oder Toiletten - alles am Ende des Flures für Gruppen ausgelegt. Das war mir sehr peinlich, denn mir wurde ja ohnehin schon dauernd eingetrichtert, dass mein Körper "falsch" ist.

Ich erinnere mich sehr gut an die Mahlzeiten: Die Abnehm-Kinder (wir waren zu dritt beim ersten Aufenthalt) und die Zunehm-Kinder teilten sich einen Tisch. Wir Abnehmer mussten ungesüßten Hagebuttentee trinken, es gab jeden Morgen eine Scheibe Knäckebrot mit einer Scheibe Magerkäse und ein Stück Obst.
Gleichzeitig standen auf dem Tisch Körbe mit frischen Brötchen, Marmelade, Nutella, Kakao, Wurst. Es war die reinste Folter.
Drei Tage in der Woche gab es den sogenannten "Reistag". Zu allen Mahlzeiten gab es an diesen Tagen ausschließlich Reis. Puren gekochten weißen Reis. Keine Gewürze, keine Proteine, nichts. Einmal gab es die Möglichkeit, ungewürzten Tomatensaft auf den Reis zu geben.

Da schießt mir direkt die nächste Erinnerung in den Kopf : Wiegen. Es wurde sich im Speiseraum gewogen - vor allen anderen Kindern. Die Gewichte wurden laut vorgelesen. Wir Abnehm-Kinder mussten unsere Kleidung ausziehen, damit wir ein besseres Ergebnis hatten. Eine enorme Demütigung.

Es wurden viele Spaziergänge gemacht. Immer in der Gruppe und immer im Grünen, hieran habe ich schöne Erinnerungen (einmal hat mich eine Kuh geleckt, das fand ich lustig). Allerdings wurde auch erwartet, dass wir uns bewegen, wann immer es ging.
Im Keller gab es einen Sportraum. Dort gab es ein Rudergerät - dieses sollte mein bester Freund werden. Wann immer wir gerade nichts zu tun hatten, sollten wir uns sportlich betätigen, also wurde ich mehrere Stunden am Tag in den Sportraum geschickt, ohne Aufsichtsperson versteht sich. Die älteren Kinder hatten Unterricht - ich aber noch nicht, daher war viel freie Zeit.
Meine Mutter schickte nahezu täglich eine Postkarte. Es war immer eine mit Mecki, dem Igel. Besuchen durften meine Eltern mich damals nicht, jedoch bei meinem zweiten Aufenthalt.
Bei meinem zweiten Aufenthalt in der gleichen Klinik, waren mehr Kinder in meinem Alter, daher konnte ich mich auch mit anderen Kindern ein wenig anfreunden. Dies machte es tatsächlich etwas erträglicher - aber wahrlich nicht schön!
In den 4-6 Jahren, die zwischen meinen Aufenthalten lagen, hatte sich nichts verändert.
Ich erinnere mich, als mein Vater mich besuchen kam. Er beantragte einen Tagesausflug mit mir machen zu dürfen und wir fuhren nach Konstanz. Ich durfte dort ein Stück Pizza und eine Kugel Eis haben. Mein Vater wollte nie, dass ich auf diese Kuren geschickt wurde, ihm tat es furchtbar leid, dass ich diese Qual durchmachen musste, aber er konnte sich nicht dagegen wehren.
Leider hatte ich nie die Gelegenheit, mit meinem Vater hierüber zu sprechen.
Mit meiner Mutter redete ich jedoch darüber - ich machte ihr Vorwürfe. Sie sagte, sie wollte nur mein Bestes.
Tja, mein Bestes ist heute ein extrem gestörtes Verhältnis zu Essen und Adipositas in einem Ausmaß, dem ohne Operation nicht mehr Herr zu werden ist.

Ich habe mir die aktuellen Fotos der Klinik angesehen und es erinnert nur noch sehr wenig daran, wie es früher war. In meinem Kopf leben die Ausschnitte aber wie ein Film-Trailer immer weiter.....
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Andrea Wedler aus Bielefeld schrieb am 18.03.2024
Ich war als 6-jährige zusammen mit meinem 5-jährigen Bruder auf Juist. Wir wurden sofort getrennt und haben uns erst nach 6 Wochen bei der Heimreise wiedersehen können.
Diese 6 Wochen waren die Hölle, die Kinder waren den Erwachsenen total ausgeliefert. Was ich bisher hier gelesen habe, kann ich nur bestätigen.
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Jeannette Graf aus Egelsee schrieb am 17.03.2024
Ich war im Alter von 5 Jahren für 6 Wochen in Mönchwinkel weil ich zu dünn war. (jetzt weiß ich, dass es normal für mich war, habe erst mit 48 mit Beginn der Wechseljahre zugenommen).
Zu den Mahlzeiten musste alles aufgegessen werden. Es gab sehr oft HAFERFLOCKENSUPPE oder so. Ich kann bis heute an Müsli nicht ran, wenn ich es rieche ekelt es mich. Am schlimmsten war ein Eintopf - ich musste unter Ekel ihn aufessen, doch ich übergab mich direkt auf den Teller. Irgendwann gab es wieder diesen Eintopf, ich musste unter Tränen ihn essen, der Teller war wieder voller wie davor.
Es gab eine Tante die nett war, ich durfte bei ihr nachts auf Toilette wenn ich mal musste. Als sie wohl frei hatte ging das Dilemma los: wir mussten alle gleichzeitig vor dem Schlafengehen auf die Toilette gehen. Ich musste aber nicht, man zwang mich sitzen zu bleiben bis ich wohl mich entleert hatte. War aber nicht so. Ich musste nun mal nicht. Ich durfte in den Schlafraum ins "Bett", aber wehe ich wöllte auf die Toilette! Das war dann wohl mehrmals so. Irgendwann nachts musste ich, ich versuchte es krampfhaft aufzuhalten, durfte natürlich nicht aufstehen. Irgendwann ging es nicht mehr und der Schlafanzug war voll! Ich musste liegenbleiben! Später durfte ich aufstehen und musste ins Bad, dort wusch man mich mit einem Schlauch ab. Ich musste das "Bad" putzen - mit 5!
Dann kam Fasching, alle durften sich ein Kostüm heraussuchen, mir sagte man direkt: du aber nicht - du bekommst einen Umhang mit Kackwürsten dran! Zum Schluss aber hatte ich wohl ein Kostüm, die andere Tante war auch wieder da...
Es gab auch noch andere Schikanen. Aber das war für mich am schlimmsten!!! Ich habe mich geschämt! mit 5 Jahren -
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Astrid Schneider aus 42109 Wuppertal schrieb am 17.03.2024
Ich wurde als Vierjährige, damals von Hagen/ Westfalen nach Freudenstadt geschickt. Name des Heimes ist mir nicht bekannt.
Ich habe nur Bruchstücke in meiner Erinnerung aber ich habe intensive Gefühls- und Körpererinnerungen.
Ich hatte keinerlei medizinische Gründe in „Kur“ zu gehen. Ich war weder untergewichtig noch „kränkelnd „, was immer das heißen mag.
Der elterliche Grund bei mir war, „ich müsse selbstständiger werden, da mein kleiner Bruder nun auf der Welt war.“
Ich erinnere mich an die Abreise auf dem Hagener Hauptbahnhof. Ich habe entsetzlich geschrien und mich mit all meinen Kräften gewehrt, mich in den Zug zu setzen aber es half nichts. Mein Weinen und Schreien reichten nicht, die Mutter zu erreichen. Sie unterstützte nur meinen Abtransport.
Ich erinnere mich, als der Zug los fuhr, verschwandt die Astrid die ich vorher war. Ich habe es richtig gespürt. Sie ging in mir weg und jemand anders kam.
Von dem 6wöchigen Aufenthalt weiß ich nur noch Fragmente.
Am ersten Abend durfte ich mit der Mutter telefonieren. Ich habe geweint und gebettelt, dass sie mich holen soll. Nein, war die Antwortet, ich werde dort selbstständiger werden…
Ich musste in Strumpfhose schlafen, da mein Koffer noch nicht angekommen war.
Die Jahreszeit war Winter. Ich erinnere mich an Schnee.
Ich musste immer 2 Teller essen. Einmal gab es Linsensuppe und danach Spinat mit Kartoffeln und Ei. Ich wollte aber nicht die Linsensuppe essen sondern nur den Spinat. Ich musste aber zuerst die Linsensuppe aufessen. Ich weiß nicht wie lange ich ganz allein an dem Tisch vor der Suppe saß, ich durfte nicht aufstehen. Der Stuhl war ganz eng an den Tisch geschoben so das ich mich nicht bewegen konnte.
Es gab Spüldienst. Ich half beim Abtrocknen. Danach gab es ein Baise Teilchen (süßer Eischnee gebacken). Dieses Teilchen wurde zu einem lebenslangen Trigger. Immer wenn ich das in einer Bäckerei sehe, bin ich im Kurheim. Ein Teil in mir ekelt sich davor.
Ich glaube es war im Keller, da waren die Duschen. Ich hatte schlimme Angst davor. Ich musste solange unter die Dusche bis ich aufhörte zu weinen. Ich hatte als Kind einfach Angst vor Wasser von oben.
Ich wurde dort krank. Ich weiß nicht mit was. Da musste ich zu einer Nonne ins Zimmer und dort bleiben.
An die Heimreise erinnere ich mich nicht. Ich erinnere aber, dass ich am nächsten Morgen direkt mein Bett gefaltet habe, so wie es im Heim gemacht wurde. Die Mutter war sehr stolz auf mich, dass ich das jetzt konnte. Das ist die bildliche Erinnerung von wieder zu Hause sein. Emotional waren wir aber nicht mehr zusammen. Nie wieder!
Denn die Astrid, die in den Zug gezwungen wurde, ist nicht zurückgekommen.
Das hat die Mutter nie begriffen. Bis heute.
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Holger Sobek aus Krefeld schrieb am 14.03.2024
1966, damals 6 Jahre alt
Holger Sobek, damals Duisburg-Hochfeld.
Wir wurden mit einen Kleinbus, roter Ford Transit, vom Bahnhof abgeholt und in einen Keller, dort stand ein Fernseher, gebracht. Die Tafel Schokolade, die ich von meiner Mutter erhalten hatte, wurde mir abgenommen. Ich erinnere mich noch an den ständigen Durst, da es ab Nachmittag nichts mehr zu trinken gab, der Durst war so groß, das ich die Waschlappen der Bettnachbarn aus Verzweiflung aussaugte, die waren an der Bettkante zum trocknen gelegt. Morgens gab es immer eine rote Pille aus einer silbernen, grossen Dose und wer ins Bett gemacht hatte, musste in den Keller, bekam eine Spritze in den Rücken, wer den Doktor ansah, das war verboten, bekam eine deftige Ohrfeige ins Gesicht.
Brutalietät war an der Tagesordnung.
Gut kann ich mich auch an einen Mitleidenden erinnern, der wurde wegen agressives Verhalten in die Kleiderkammer, wo die Koffer untergebracht waren, neben dem Schlafraum unter dem Dach, eingesperrt. Sein Name-Willy Fiegen-.
Die eigendliche Betreuerin, Schwester Edith, war wohl die menschliche Seite von Haus Bernward, unternahm auch mit den Opfern dieser Einrichtung Ausflüge. Die ekeligen Schmalzbrote wird wohl keiner vergessen haben, auch erbrochenes musste man unter Zwang essen.. Dort habe ich auch Windpocken bekommen, und musste mit Weiteren den ganzen Tag im verdunkelten Schlafraum verbringen, ohne betreut zu werden. Meine Eltern wollten mich besuchen, wurden aber am Tor unvermittelter Dinge abgewiesen, schätze aus vertuschungstaktischen Gründen.
Jetzt fragt man sich, warum kann man sich als 6jähriger noch so gut daran erinnern?
Zu Hause habe ich immer gedacht, Es, das zu Hause wäre ausgetauscht worden.
Noch Heute vermute ich, das meine Rückenoperationen eine Folge der Spritzen ist. Meine Lendenwirbelsäule musste 1993 versteift werden, beweisen kann man das ja niemals.
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Angela Franke aus 40789 Monheim schrieb am 14.03.2024
Ich war 1980 in Bad Kreuznach nach einer Lungenentzündung dort zur Kinderkur ich erinnere mich noch recht gut wie ich stundenlang allein im Essenssal vor meinem vollen Teller sass den ich leermacgen sollte aber nicht konnte.Als ich mal ein Päckchen von zuhause bekam wurde dieses einfach geöffnet und die Süssigkeiten wurden einfach genommen und ich sah sie dann am nächsten Tag bei anderen Kindern am Essenstisch ich weiss noch das es ein heisser Sommer war und wir einen geführten Spaziergang machten wir waren alle in langärmligen Oberteilen mit Unterhämden drunter bekleidet und immer wurden wir so am Freibad vorbeigeführt wo wir neidvoll due anderen Kinder dort im kühlen Wasser lachend sahen und hörten, wir durften Nachts nicht auf die Toilette ich erinnere mich auch sehr unangenehm an die Salzbäder auf die Briefe an meine Eltern wurden kontrolliert als ich eine negative Sache schreiben wollte sagte eine Schwester das ich das nicht schreiben solle meine Eltern sollten such doch keine Sorgen machen
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Karin Starke schrieb am 13.03.2024
Mit 9 Jahren wurde ich zur 6-wöchigen Kur nach Schöneck, (Bezirk Karl-Marx-Stadt) geschickt, weil ich angeblich zu klein und schmächtig war.
Obwohl ich auf keinen Fall so lang von zu Haus weg wollte, redete ich mir ein, dass es schön werden wird, zumindest wurde mir das im Vorfeld immer weißgemacht, was ich für ein Glück hätte auf Kur fahren zu dürfen. Doch schon die insgesamt 9-stündige Anreise war eine Qual. Noch halb in der Nacht wurde ich von meinen Eltern zur Bushaltestelle gebracht. Der Bus fuhr mehrere Orte an und es dauerte fast zwei Stunden ehe alle Kinder abgeholt waren und wir uns dann auf den Weg nach Schöneck machten. Eine "Tante" stellte sich kurz vor, ich glaube Kühnert oder Kuhnert hieß sie. Wir durften im Bus nicht sprechen, Getränke und Süßigkeiten sammelte sie ein.
Wir sollten die Augen schließen und schlafen, was bei dem Geschaukel unmöglich war. Weil ich eine der ersten war, die eingestiegen war und schon knapp wir Stunden im Bus saß, musste ich nötig auf die Toilette. Als es immer dringender wurde stand ich auf, ging zur "Tante" und sagte es ihr. Sie schrie mich an, was mir einfällt einfach aufzustehen und obendrein hätte ich gegen das Sprechverbot verstoßen. Ich wurde vorher noch nie so angebrüllt und war derart eingeschüchtert das ich weinte. Ich musste mich wieder hinsetzen und die Tante verkündete das in einer Stunde eine Pause sei. Diese Stunde war die Hölle. Mein Harndrang war so schlimm dass ich nicht aufhören konnte zu weinen. Mir tat alles weh und ich war heilfroh als der Bus endlich an einer Raststätte hielt. Doch meine Erleichterung währte nur kurz. Alle Kinder durften aussteigen, außer ich. "Du nicht!", sagte sie zu mir. Die hat mich ernsthaft nicht auf die Toilette gelassen und ich musste in die Hose machen, weil ich es keine Minute länger aushielt.
Ich kam also schon total verstört im "Kurheim" an und diese "Tante" hatte mich vom ersten Tag an auf dem Kicker. Unsere Taschen und Koffer wurden uns weggenommen und für die gesamte Zeit weggeschlossen. Auch Kuscheltiere und Puppen mussten wir abgeben.
Das Essen war eine Qual. Weil ich zu dünn und schmächtig war, bekam ich jeden Tag abwechselnd Milchreis und Grießbrei. Von dem Lebertran den ich jeden Tag früh und abends bekam, musste ich mich regelmäßig übergeben und musste es danach selbst aufwischen. Oft saß ich noch ein oder zwei Stunden am Tisch, bis ich den Milchreis hintergewürgt hatte, während alle anderen Kinder draußen waren.
Noch heute bekomm ich Würgereiz wenn ich nur an Milchreis denke. Erzählen war im Speiseraum strengstens verboten. Man durfte nicht mit dem Besteck klappern.
Mittwoch war Badetag, jeweils zwei Kinder gingen nacheinander für 5 Minuten in eine Wanne mit einer lauwarmen graubraunen Brühe.
Das Schlimmste war, das wir nur drei mal am Tag, jeweils nach den Mahlzeiten, auf die Toilette durften. Außerhalb dieser Zeiten waren die Toiletten abgeschlossen, auch nachts. Für mich war das doppelt schlimm, da ich eine schlechte Esserin war. Weil ich regelmäßig sitzen bleiben musste, war die "Toilettenzeit" meistens schon vorbei ehe ich alles aufgegessen hatte und aufstehen durfte. Dann waren die Toiletten bereits wieder abgeschlossen. Es kam auch einmal vor, dass eine Toilettenzeit für die gesamte Gruppe gestrichen wurde, weil zwei Kinder während des Mittagsessens laut gelacht hatten. Wie es nach dem Mittagsschlaf im Zimmer gestunken hat, kann sich jeder vorstellen.
Das ständige Einnässen und Einkoten hatte mich für viele Jahre traumatisiert. Dabei waren die Strafen und Ohrfeigen noch das geringere Übel gewesen, die Scham und das Bloßstellen waren schlimmer, obwohl ich nicht die einzige war. Viele Kinder haben in die Hose oder ins Bett gemacht.
Nach der "Kur" war ich ein Nervenbündel und habe mindestens ein halbes Jahr lang ins Bett gemacht.
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Kornelia jansen aus Heinsberg schrieb am 12.03.2024
Meine Name war damals Kornelia Weber, bin am 4.1.1963 in Heinsberg geboren. Ich glaube, ich war 6 oder 7, als ich zur Erholung nach Braunlage verschickt wurde!
Es war damals eine lange Zeit, meine Eltern haben aber ab und zu mich dort angerufen. Dadurch wurde das Heimweh natürlich größer, und ich hab dann geweint. Wurde dann aber liebevoll getröstet, dann ging es wieder. In großem und ganzem war es dort eine schöne Zeit. Tagsüber wurde immer viel unternommen. Im angrenzenden Wald war es immer abenteuerlich zu spielen. Kann mich natürlich nicht mehr an alles erinnern, dafür ist es zu lange her. Aber ich habe absolut nichts schlechtes zu berichten!!
Für diejenigen die schlechtes erfahren haben, tut es mir wirklich aufrichtig leid!!
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Werner Glasmacher aus 52224 Stolberg schrieb am 12.03.2024
Hallo,
meinen ersten Eintrag möchte ich noch ergänzen.
Nachdem ich am 20.12.1961 wieder nach Hause durfte bin ich wenige Wochen später an Gelbsucht erkrankt- aus der Gelbsucht folgte eine Hepatitis A mit hohem Leberwert, starken Gelenkschmerzen die bis heute andauern.
Ich bin überzeugt
ich hatte während der Erholung starkes Heimweh, habe viel geweint- das durfte nicht sein, musste abgestellt werden weil es die ganze Gruppe beeinträchtigt hätte- Heimweh abstellen ging nur mit Medikamenten- also muss ich Medikamente erhalten haben-- ich konnte schlecht schlafen, auch dies wurde oft mit Medikamenten abgestellt.
Ins Solebad mussten wir nackt, das hätte in der Pubertät Probleme geben können- also erhielten wir, davon gehe ich aus,. triebhemmende Mittel.
Ob diese Mittel nun zur Gelbsucht geführt haben kann ich nur vermuten.
Der Träger war damals und heute die kfj München Erzbistum München-Freising. Lt.kfj gebe es keine Akten mehr woraus eine Medikamentengabe ersichtlich werden könnte.
Ich habe der kfj nun mitgeteilt dass ich der Auffassung bin dass Medikamente damals meine Gesundheit auf Dauer geschädigt haben.
Ich hoffe auf die Hilfe der kjf bzw.des Erzbistums München-Freising.
Werner Glasmacher
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Peter Troska aus Königswinter schrieb am 11.03.2024
Auch heute fällt es mir schwer, über das für mich Tauma Furtwangen zu schreiben. Ich wurde damals für 6 Wochen in diese Hölle verschickt, obwohl ich mich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt habe. Was ich damals erlebt hatte, ist immer noch präsent und ein Albtraum.
Kinder haben sich vor Heimweh die Haare ausgerissen. Die wöchentliche Untersuchung, zu dem man sich ohne Geschlechtertrennung nackt in einem dunklen, kalten Flur aufstellen musste war das schlimmste, was ich bis dahin erlebt habe. In Haus würden die Jüngeren von den Älteren Kindern drangsaliert. Es gab Schlägereien und ich würde beinahe mit einem Kissen erstickt.
Aber endlich wird das alles aufgearbeitet. Ich denke, dass niemand von den Verantwortlichen mehr am Leben ist. Sollen Sie in der Hölle schmoren!
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Gaby Carstensen aus Berlin schrieb am 11.03.2024
Ich habe, für mich ein extremes Erlebnis in dem Kindererholungsheim, indem ich 6 Wochen war, am Chiemsee erlebt:

Wir Kinder, an der Zahl 4-5 um die 10 Jahre alt, mussten uns als Strafe, weil wir in der Nacht unruhig waren, bei offenen Fenster auf das Bett legen und 15 Min. oder länger ohne uns zu bewegen still liegen bleiben.
Das war wirklich Folter, denn es kamen Fliegen durchs offenen Fenster von der Alm und kitzelte uns auf der Haut. Natürlich konnten wir nicht ruhig liegen bleiben.
Für jede Bewegung bekamen wir 5 Min. länger liegen bleiben. Ich bin jetzt 62 Jahre alt und trage dies nicht gute Erfahrung schon ewig mit mir rum.
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Mona aus Münchner Umland schrieb am 09.03.2024
Hallo an Alle in diesem neuen Jahr-
Nachdem ich nun doch ein paar Kontakte bekommen habe. Will ich ganz gezielt nochmalig an meine Zeit anknüpfen in der ich in Rechtis-Weitnau gewesen bin. Die Kontakte die sich nun in dem vergangen Jahr mit mir in Verbindung gesetzt haben, sind alle Jünger gewesen.
Deshalb nochmalig mein Aufruf, wer war noch in dem Zeitrahmen von 1959 - 1961 für diese "Erholzeit" in Rechtis.
Allen anderen alles Gute weiterhin bei der Aufarbeitung.
meine email: DetzelMona-@t-online.de
Viele Grüße Mona
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Angelika Gottschling aus 63225 Langen schrieb am 06.03.2024
Ich bin Jahrgang 1948. 1954 in Leipzig in die Schule gekommen. 1955 sind meine Eltern aus der damaligen DDR geflohen. Mein Vater hat eine Stelle bei Buderus in Wetzlar bekommen. Die Kinder der Werksangehörigen durften in den Ferien 6 Wochen in einem Heim in Hirzenhain verbringen. Auch hier war der Druck alles aufzuessen groß. Kinder die auf ihren Teller erbrachen mussten sitzen bleiben, bis aufgegessen war. Anschließend zwei Stunden
Mittagsruhe. Wir durften nicht aufstehen um auf die Toilette zu gehen. Im Treppenhaus saß eine Betreuerin
und passte auf. Wir sind auf dem Bauch zur Toilette gerobbt und hofften nicht erwischt zu werden Meine
Bettnachbarin saß auf der Bettkante und wippte auf der Bettkante um den Drang zu unterdrücken. Für mich war das Verbot auf die Toilette zu gehen traumatisch. Ich hatte später immer Angst, ich darf nicht gehen wenn ich muss. Ich habe ein Gruppenfoto von diesem Aufenthalt und stelle es gerne zur Verfügung.
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Dr. Gudrun Güth aus Waltrop schrieb am 05.03.2024
Seit einem Jahr setze ich mich verstärkt mit meinen vergangenen negativen Erfahrungen der Kinderverschickungen auseinander. Ich war 2x im Druiden Heim in Cuxhaven-Duhnen. Trotz eines ärztlichen Attests einer Hühnerei Allergie musste ich Hühnerei essen. Es wurde mir trotz meiner Abwehr mit Gewalt in den Mund gestopft. Ich erbrach und musste mein Erbrochenes aufessen. Die Atmosphäre dort war kalt und herzlos. Ich litt extrem unter Heimweh. Weinen durfte man bei Strafe nicht. Jeden Abend bekamen wir schon im Bett liegend ein flüssiges Medikament. An die Nächte kann ich mich nicht erinnern. Da ist so eine große Erinnerungslücke. Beim 2. Mal war mein Bruder mit. Wir durften die ganzen sechs Wochen keinerlei Kontakt zueinander haben.
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Gerlinde Jansen aus 41564 Kaarst schrieb am 04.03.2024
Ich bin am 28.Juni 1947 geboren. Sehr dünn. Wie die meisten Kinder in diesen Jahren. Ich war nur kurz in der 1. Klasse, schlief oftmals im Unterricht ein. Ich hatte TB. Im Krankenhaus lag ich isoliert, meine Mutti und meine Schwester schauten mich durch ein kleines Fenster an. Ich musste immer weinen. danach kam ich in die Lungenheilstätte Aprath. Meine Mutti gab mich am Bahnhof, Oberhausen, an eine Frau ab. Ich war so traumatisiert, dass ich kaum Erinnerungen habe. Irgendwie war da ein langer Tisch, ich schätze der Esstisch. Die Butter darauf, falls es Butter war, war fingerdick auf der dicken Stulle, die ich essen musste. Daran kann ich mich gut erinnern, es war ekelhaft, es war widerlich. Ich musste es essen. Ich sollte ja wieder gesund werden. Medikamente habe ich ganz bestimmt einnehmen müssen. Ansonsten kann ich mich nicht an sehr viel erinnern, vielleicht waren es ja die Sedierungspillen? Meine Mutti hätte mir auch nicht erzählt, was mit mir durch Medikamenten geschehen war, die ich nehmen musste. wenn sie es überhaupt wusste.
Sehnsucht hatte ich und habe ich, dieses Gefühl habe ich heute noch nicht ablegen können und ich bin bereits 76 Jahre. Ich wurde dann ein Jahr später eingeschult, der 2. Versuch. Hat einigermaßen geklappt.
Ca. 1 Jahr nach Aprath, wurde ich dann in den Schwarzwald am Titisee verschickt. Sehnsucht hatte ich immer. Sehnsucht nach Liebe und Zuwendung. Dort waren viele Kinder und ich habe keine negativen Erinnerungen. Ich war sogar in einem Theaterstück, zum Abschluss der Kur, ein kleiner Seppel.
Ein Kind war in den ersten Jahren nach dem Krieg, nicht so ein wertvolles Gut, wie ein Kind es heute ist. Unsere Eltern hatte viele Existenzängste.
Viele Grüße Gerlinde
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Inge schrieb am 03.03.2024
Als ich 1,5 Jahre alt war, kam ich aufgrund einer Tuberkuloseerkrankung auf Anordnung des Gesundheitsamtes in die Klinik nach Aprath, wo ich 10 Monate war. Meine Eltern durften mich 3 Monate nicht besuchen und dann einmal im Monat an einem Sonntagnachmittag für 3 Stunden. In der Zeit hatten sie dann auch ein Gespräch mit dem Arzt. Wir Kinder lagen in großen Schlafsäalen, etwa 25 Kinder und zur Genesung mussten wir Liegekuren morgens und abends mehrere Stunden machen. Als Medikamente habe ich Streptomycin und Neoteben bekommen, wie es in der Postkarte stand, die Schwester Irmgard an meine Eltern geschrieben hat. Nachdem meine Eltern mich auf eigene Verantwortung nach Hause geholt haben, kannte ich sie nicht mehr als meine Eltern und musste im Sportwagen geschoben werden, weil ich körperlich sehr schwach war. Aber sie haben mich mit viel Liebe aufgepeppelt.
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Stephan Böcker aus Rüsselsheim schrieb am 29.02.2024
Durch Zufall habe ich nun von Schicksalen erfahren, wie sie auch mir wiederfanden sind. Ich war 8 oder 9 Jahre alt und zur Kur wegen starker Bronchitis.
Besonders in Erinnerung ist mir geblieben, das ich den Schokoladenpudding aufessen musste, bis zu 3 Std. durfte ich im Schwesternzimmer unter Aufsicht aufessen.
Während die anderen Kinder nach 6 Wochen heim durften musste ich dort weitere 6 verbringen.
Beim Besuch von Mami und Papi durfte ich nicht weinen, sonst würden sie nie wiederkommen um mich abzuholen. Geweint habe ich anschließend im Bett.
Ich habe Gott sei Dank keine weitere Erinnerungen an diese Zeit.
Das einzige positive, meine Bronchitis was geheilt und ist nie wieder aufgetreten.
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Ralf Burow aus Osterholz-Scharmbeck schrieb am 29.02.2024
[Hallo, ich bin 1959 in Bremen-Nord geboren und wurde ca. 1965 vor der Einschulung wegen Untergewicht nach Boffzen ins Weserbergland zur Kur verschickt. In Gesprächen mit meiner Frau habe ich des öfteren von meinen Erinnerungen an diese, fü mich sehr schlimme Zeit, erzählt.
Auslöser war immer das Thema, warum fühle ich mich so unwohl bei fremden Menschen und warum kann ich mich keinen Gruppen oder Vereinen anschließen. Musste ich es dann doch einmal, fühlte ich mich immer sehr unwohl, sogar mitunter ängstlich.Ich habe diese Gefühle aber gut überspielen können.
Meine Erinnerungen an damals:
Ich liege in einem großen Schlafraum. Wir sollten schlafen, wir machten aber Witze und llachten. Ich fühlte mich gut. Wie aus dem dunklen Nichts heraus bekam ich eine schallende Ohrfeige. Ich fühle diese noch heute wenn ich davon erzähle.
Meine Mutter erzählte mir, dass sie für mich ein großes Osterei mit etwas Süßem und 20,- DM für Ostern mitgibt. Ich bekam aber nur das Süße!
Ich sitze alleine an einem Eßtisch. Vor mir ein Teller Milchsuppe mit " grünen Punkten ", ich ekelte mich davor.
Eine Gruppe Kinder sprachen Drohungen gegen mich aus, sie wollten mich verprügeln. Ich hatte immer Angst!
Ein älterer Junge stand mir bei, er nannte mich Sportsfreund. Ich fühlte mich beschützt.
Damals habe ich niemandem von dem Erlebten erzählt. Schamgefühl!
In den 2000er Jahren bin ich mit meiner Frau dann nach Boffzen gefahren. Ich wollte sehen ob es dieses Haus noch gab. Ich erkannte in diesem Ort nichts mehr, zu vieles hatte sich verändert. Wir wollten nun heimfahren, da sah ich eine Turmspitze mit einer Wetterfahne. Das war es, das Gebäude. Wir fuhren dann dort hin. Mit einem ängstlichen Gefühl fuhr ich nun auf das Gelände. Nun wurde es als ein Altenpflegeheim geführt.
Ja, fast wie in meiner Erinnerung. Aussteigen, nein! Ich hatte ein ganz schlechtes Gefühl!
Danke, das es diese Initiative gibt.
Liebe Grüße
Ralf Burow
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Gisela Schwarz schrieb am 29.02.2024
Ich war mit meinen beiden Schwestern dort. Da ich panische Angst vor Spritzen hatte, haben meine Eltern darauf bestanden, dass wir zwar 3 Wochen quasi als "kranke" Kinder dorthin fahren, aber auf keinen Fall dort geimpft werden dürfen. Das Gesundheitsamt in Schramberg (Nordschwarzwald) hat das versprochen und die Reise genehmigt. Allerdings war allen Eltern verboten worden, uns Kinder in Österreich zu besuchen. Das hat meine Mutter skeptisch gemacht. Auf dem Weg nach Jugoslawien ist sie mit meinem Vater daher jzu uns in die Berge gefahren. Leider sind sie 15 Minuten zu spät eingetroffen. Da war ich gerade schreiend und in absoluter Panik meinerseits zwangsgeimpft worden. Immerhin konnten meine Eltern mich noch trösten.
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Inge Keller aus Unterhaching bei München schrieb am 28.02.2024
Ich Inge Keller wurde, damals wohnhaft in Stuttgart-Untertürkheim, mit 8 Jahren wegen Unterernährung an den Starnberger See verschickt. Im Moment versuche ich rauszubekommen wo das Kinderheim genau war und wie es hieß. Es war ein Alptraum mit dem Essen. Zum Frühstück gab es eine sogenannte Kakaosuppe mit den Resten des vorigen Tages. Ich musste so lange sitzen bis alles aufgegessen war. Wir mussten in den noch sehr kalten See rein, obwohl ich nicht schwimmen konnte. Alles war extrem streng. Widerspruch wurde nicht akzeptiert. Nachdem ich dann an einer Gastritis erkrankte hat mit der Heimarzt dann nach Hause entlassen.
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Heike Bauer aus 56218. Mülheim-Kärlich schrieb am 28.02.2024
Hallo ich bin die Heike.
Ich war wohl 6 oder 7als ich zum Ponyhof nach Schönau
verschickt wurde. Damals wurde ich bereits von meinem Cousin sexuell mißbraucht, was bis heute niemand meiner Familie weiß. Durch die seelischen Schäden habe ich nicht gegessen und war auch sonst auffällig.
Aus diesem Grund wurde ich verschickt. 6Wochen zum Ponyhof nach Schönau.
Bereits seelisch zerstört musste ich dann noch meine Familie für so eine lange Zeit verlassen. Eine wunderschöne Zeit wurde mir versprochen. Jeden Tag reiten und viel Zeit mit den Ponys verbringen.
Es war eine grauenhafte Zeit. Kind sein war in diesen Heimen wohl verboten. Ich kann mich nicht mehr an viel erinnern aber was ich nicht vergessen werde ist, das verzweifelte Kinder in Lego Eimer pinkelten weil man nachts nicht zur Toilette durfte. Ich selbst habe auch einmal vor lauter Heimweh ins Bett gemacht. Ich habe versucht die Bettwäsche abzuziehen und im Bad zu reinigen weil ich so eine große Angst vor der Strafe hatte.
Ich musste dann den ganzen nächsten Tag im dunklen Zimmer im Bett verbringen. Kontakt zu den Eltern war verboten.
Ich habe erst jetzt durch einen Artikel in einer Frauenzeitschrift von den Verschickungsheimen erfahren. Mir war nicht bewusst das es so vielen Kindern auch so ergangen ist. So nach und nach kommen die Erinnerungen zurück.
Ich hatte lange Albträume war immer sehr auffällig und irgendwie hab ich in Erinnerung das ich mal Contergan bekommen habe.
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Elke Näffgen aus Lichtenau91586 schrieb am 28.02.2024
Ich war als 5 Jährige auch ein Verschickungskind im Schwarzwald in Sankt Blasien. Ich habe keine Ahnung wie die Einrichtung hieß. Heute weiss ich noch genau was mir dort alles Schlimmes geschehen ist.
Werde gerne meine Geschichte erzählen.
Ich bin gebürtig aus Essen, wurde von der Zeche verschickt. Mein Vater hatte damals offene TB und meine Mutter hatte sehr wenig Geld.
Meine Nachbarskinder wurden auch mit mir in den Zug gesetzt. Wir wurden sofort getrennt. Somit war ich ganz alleine.
Einmal wurde mir abends ein nasser Waschlappen in mein Bett gelegt. Ich erschrak und habe wohl ein Laut von mir gegeben. Sofort würde ich mit anderen Kindern , mit dem Gesicht zur Wand mit Bettdecke über mich, stundenlang in dem achteckigen Flur stehen.
Wenn ich keinen Hunger hatte, wurde ich in den Keller transportiert mit Gewalt und einer korpulenten Frau mit Pferdeschwanz auf den Schoss gesetzt. Sie hat mich festgehalten und das Essen in den Mund geschoben und den Mund zugehalten bis ich geschluckt habe. Das mehrmals.
Seitdem esse ich keine Tomatensuppe und gewürfelte Möhren mehr.
Beim spazieren gehen , kamen wir täglich an eine Brücke. Dort wurde uns gesagt....wer gelogen hat fällt gleich in die Tiefe. Wir hatten grosse Angst.
Meine Mutter hatte mir einen kleinen Tiger von Steif gekauft zum trösten. Auch Der wurde mir weggenommen....Ich habe Ihn nie mehr wieder bekommen.
Eine Nachbarin konnte schreiben. Sie hat für mich eine Karte an meine Eltern geschrieben. Die Karte wurde vor meinen Augen vernichtet und ich musste ständig in der Ecke im Flur stehen.
Ich weiss bis heute noch wie die Frau aussah...der Flur und das ekelige Essen.
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Pascal schrieb am 28.02.2024
Ich wurde in den 90ern wegen Untergewicht in eine Unterkunft geschickt. Das hat mein Leben nachhaltig verändert. Wir wurde gezwungen immer aufzuessen. Wenn nicht, würden wir so lange sitzen müssen, bis es leer ist. Bei Dingen die uns nicht schmeckten, wurde gesagt, wir würden es so lange wieder vorgesetzt bekommen, bis es leer ist. Ich hatte mich fast jeden Abend übergeben. Das war das schlimmste, was mir jemals passiert ist. Ich habe Essstörungen entwickelt und habe mein Leben lang Probleme damit bei anderen zu Essen.
Zudem habe ich danach eine immer stärker werdende Panikstörung entwickelt.
Leider lebt niemand mehr, der mir sagen kann, wo das war. Für mich als damals 5-6 Jähriges Kind war es ein purer Albtraum.
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Rolf Koschinat aus Frankfurt schrieb am 28.02.2024
Ich war im Alter von ca. 7 oder 8 Jahren mit meinem jüngeren Bruder ca. 1962/1963 ganze 6 Wochen lang "zur Erholung" in einem Kinderheim auf Borkum (großer, weißer Kasten). Es wurde von katholischen Nonnen (u. a. Schwester Benno oder Berno) geführt, ein kleiner Anteil ziviler Frauen war auch dort tätig. Egal welcher Konfession wir angehörten, mussten wir Sonntags ausnahmslos an katholischen Gottesdiensten teilnehmen und auch deren Gebete laut mit aufsagen ("Gebenedeit sei..."). In einem riesigen Schlafsaal, in dem alle 20 - 30 Kinder schliefen, ließ uns die Aufsicht, eine der Nonnen, erstmal im Pyjama stundenlang neben dem Bett stramm stehen. Einer nach dem anderen wurde dann oder wann namentlich aufgerufen und durfte sich ins Bett legen.
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Petra aus Friedberg schrieb am 27.02.2024
Ich hatte und habe so lange ich denken kann mit den Nieren Probleme. Aus diesem Grund wurde ich im Alter von 5 Jahren nach Donaueschingen verschickt. Diese ‚Kur‘ sollte meine Gesundheit stärken und durch die Solebäder sollten sich die Probleme mit meinen Nieren verbessern. Eine Frau begleitete mich im Zug und sprach die ganze Fahrt über kein Wort mit mir. Ich hatte unfassbar große Angst. In Donaueschingen angekommen war ich völlig von diesem schrecklichen Gebäude und der Kälte des Personals eingeschüchtert. Ich kann mich noch an einen Jungen erinnern. Er saß immer in der Wanne neben mir und hat durch das warme Wasser nicht an sich halten können. Er wurde angeschrien und aus der Wanne gezerrt. Im großen Schlafsaal lag ich direkt neben der Tür und wurde jedes Mal gerügt, wenn ich durch den Kontrollgang des Personals aufgewacht bin. Seit dieser Zeit schlafe ich ganz am Rand im Bett. Einmal kam ein Zauberer. Das ist das einzig Positive, an das ich mich erinnern kann. Alles andere war einfach nur Horror für Kinder. Es beschäftigt mich bis heute und wühlt mich noch immer auf. Diese Prägung hätte ich gerne ausgelassen und meinen Nieren hat es auch nicht geholfen. Im Gegenteil, mir geht durch diese Erfahrung bis heute sehr vieles an die Nieren.
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Lambart hubert aus 90469 nürnberg schrieb am 27.02.2024
Grausame zeit ...
Habe heute noch psychisch mit den erinnerungen zj kämpfen wenn ich an diese zeit denke..von physischen und psychischen terroraktionen wollte sich ein mitbewohner(auch aus nürnberg)sogar das leben nehmen,ich konnte ihn als freund dann aber davon abbringen..
Wenn ich heute jemand verantwortlichen ìn die finger bekommen würde könnte ich wahrscheinlich meinen hass gegen solche charakteren nicht mehr unter kontrolle bringen..
Schade dass niemand mehr greifbar ist...
Wollte diese einrichtung 2019 mal besuchen,habe aber von einem anwohner erfahren dass das gebäude abgerissen wurde....
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Corinna aus Nordhessen schrieb am 27.02.2024
Ich wurde als ca. 6-jähriges Kind für 6 Wochen nach Bad Soden-Allendorf verschickt und sollte dort zunehmen. Ich erinnere mich positiv an die Saline, an der wir täglich spazieren gehen mussten. Noch heute finde ich Gradierwerke faszinierend und sie erinnern mich immer an diese Zeit. Negative Erinnerungen bringen die täglichen Haferbrei - Sitzungen (...bis der Teller leer war) hervor. Außerdem wurden wir mit Kleiderbügeln geschlagen, wenn wir nicht "gespurt" haben. Das galt vor allem für die abendliche Bettruhe. Ich war ein sehr stilles, angepasstes Kind und hatte damit wenig Probleme. Während dieser Zeit bekamen wir einen Zahnbecher geschenkt, auf dem die Heimanschrift aufgedruckt war. Ich habe ihn geliebt und gehütet wie einen Schatz. Ich erinnere mich genau an mein Entsetzen, als meine Mutter diesen Becher in einem Wutanfall zertreten hat. Insgesamt glaube ich, dass mir diese Zeit mein Selbstvertrauen geraubt hat, ich habe mich nie etwas getraut, ich hatte ein sehr schlechtes Verhältnis zu meiner Mutter und ich wurde in der Schule sehr gemobbt. Ich freue mich, dass ich heute drei wunderbare Kinder habe, die selbstbewusst und frei aufwachsen konnten, dass ich diese Zeit überwunden habe und in meiner Familie einen guten Halt gefunden habe.
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Manfred Teubner aus Rehburg-Loccum schrieb am 27.02.2024
1956/57 lebte ich mit meinen Eltern, Großmutter, Bruder im Notaufnahme der Flüchtlinge aus der SBZ im Lager Loccum. Aufgrund vieler Erkrankungen, u.a. auch Ruhr, war ich stark unterernährt. Ich war etwa 4-5 Jahre alt und wurde vom Lagerarzt zum "Aufpäppeln" in ein katholisches Kinderheim, vermutlich Hildesheim, verbracht. Dort begann für mich ein unglaubliches Matyrium mit schrecklichen Erlebnissen. Wegen meiner Unterernährung bekam ich fettes, gewürfeltes Schweinefleisch ohne Magerfleischanteil vorgesetzt. Ich konnte das nicht essen. Darufhin gab es Prügel von den Nonnen. Als ich es trotzdem nicht gegessen hatte wurde ich Zwangsernährt. Eine Nonne nahm mich auf ihren Schoß und hielt mir die Arme fest. Eine zweite Nonne drückte mir auf die Wangen um meinen Mund zu öffnen. Die dritte Nonne fütterte mich bis ich mich erbrach. Nun sei es vorbei, dachte ich. Im Gegenteil, nun wurde mir mein Erbrochenes wieder in den Mund gestopft. Ich schrie wie am Spieß, worauf der Druck auf meinen ausgemergelten Körper immer stärker wurde. Irgendwann bin ich dann vermutlich kollabiert und fand mich dann im Schlafsaal an das Bett gefesselt wieder. Die Zwangsernährung wiederholte sich täglich. Ich weiß leider nicht mehr, was noch alles mit mir geschah. Es waren viele ältere Kinder im Heim, die mich wegen meiner Essstörung drangsalierten. Ich war zu schwach, um mich wehren zu können.
Die zweite schlimme Zeit erlebte ich bei meiner Rückkehr im Lager. Meine tief gläubige, katholische Familie glaubte meinen Schilderungen nicht und ich musste Hohn und Spott von ihnen ertragen. Besonders von meinen älteren Brüdern über Jahrzehnte. Auch daheim konnte ich bis in das Erwachsenenalter keinen Bissen Fleisch herunterbringen. Erst im Alter von etwa 18 Jahren gab es zaghafte Versuche Fleisch zu konsumieren. Ab etwa dem 10. Lebensjahr hatte ich mich an Wurst herangetraut. Von nun an hieß ich in der Familie "Würstchen Fred" was mir sehr weh tat. Noch schlimmer war für mich, dass mir niemand in der Familie geglaubt hat. ich leide auch heute noch darunter und es kommen die Erinerungen wieder hoch. Als die ersten Fälle von Kindesmissbrauch in den Medien erschienen war es leider zu spät. Meine Eltern und meine geliebte Großmutter leben seit Ende der 1970ger Jahre nicht mehr. Wenn ich heute die Fotos meiner Kindheit betrachte, kann ich kaum glauben, dass ich das einmal war. Spindeldürr, nur Haut und Knochen. Ich weiß leider nichts von Anmerkungen über meinen körperlichen Zustand von Kinder-, bzw., Schulärzten.
Als immer mehr Mißbrauchsfälle in der katholischen Kirche bekannt wurden, trat ich aus der Kirche aus. Leider existiert keine Hölle, wie uns die katholische Kirche aus ihren Märchenbücher vorgelesen hat, sonst würde ich heute den damaligen Verantwortliche einen dauerhaften Aufenthalt dort gönnen.
Es wäre schön, wenn ich von anderen Mißbrauchsopfern, die vielleicht auch in der Zeit in Loccum lebten und vielleicht auch in diesem Heim untergebracht waren, mir berichten könnten.
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Gabriela Luck aus Berlin schrieb am 27.02.2024
Hallo,
Ich habe auch jetzt erst von der Möglichkeit erfahren, mal los zu werden, was mir alles angetan wurde.
Ich war mit 6 Jahren wegen Untergewicht über das Bezirksamt Spandau von Berlin verschickt worden.
Ich versuche hier mal aufzuzählen, was alles war:
Man durfte den Eltern nichts erzählen/ es wurde behauptet , dann müsste man bleiben.
Ich wurde mit Gewalt gezwungen ein großes Brot abends zu essen, sie pressten mir es rein und ich erbrach.
Nach 19.00 Uhr musste ich auf die Toulette und wurde dafür in einen dunklen Raum eingesperrt und sah dem Mond durch das Fenster.
Ich musste Zuckerrüben Sirup essen und Rosinen.
Es war Ekel. Deshalb kann ich es bis heute nicht essen.
Ich trinke keinen Kaffee und hasse Bitterstoffe, da ich dort gezwungen wurde Karo Kaffee zu trinken.
Ich hatte viele lange Jahre als Kind Alpträume.
Mittlerer Weile habe ich sie nicht mehr.
Die Älteren puschten abends in Taschentücher und schmissen sie aus Angst unters Bett
Postkarten etc wurden uns nicht gezeigt, wenn die Eltern welche schickten
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Inge Königshoven aus 40764 Langenfeld schrieb am 27.02.2024
Zeugnis ablegen ….
Durch die verstärkte TV-Präsens in den letzten Tagen zum Thema „Kinderverschickung“ sind auch bei mir wieder die alten Erinnerungen geweckt worden. Daher habe ich mich entschlossen auch meine Geschichte zu erzählen. Außer mit meinem Mann habe ich noch nie über meine schlimmen Erlebnisse gesprochen.

Mein Name ist Inge Königshoven geb. Gawrisch und bin Jahrgang 1946. In den 1950er Jahren habe ich wegen Unterernährung dreimal an diesen Kinderverschickungen teilgenommen.

Zuerst war ich im Kinderheim in Waldbröhl, danach in Schloss Herdringen im Sauerland, sowie in Bad Rippoldsau im Schwarzwald (durch notwendige Verlängerung insgesamt 12 Wochen).

Die von unterschiedlichen Personen geschilderten schlimme Dinge in der Rubrik „Zeugnis ablegen…“ habe auch ich erlebt und habe damals sehr darunter gelitten. Ich kann alles bestätigen, was in den vielen Veröffentlichungen geschrieben wurde.

In den drei unterschiedlichen Heimen habe ich immer wieder das gleiche erlebt. Es waren durchweg Bestrafungen, Gewaltanwendungen und Zwang.

Hier einige Beispiele:

Essen, es musste alles aufgegessen werden, solange mussten wir am Tisch sitzen bleiben. Hat sich ein Kind erbrochen mussten sie das Erbrochene essen und alle Kinder mussten zuschauen.
Schlafenzeit, die Mittagsruhe und die Nachtruhe mussten streng eingehalten werden, alle Kinder mussten ruhig in Ihren Betten liegen. Toilettengang war verboten und wurde bestraft. Wenn wir dringend mussten, haben wir heimlich ins Waschbecken gemacht.
Lebertran, jedem Kind wurde zwangsweise der eklige und ölige Fisch Lebertran eingeflößt.
Morgendliches Waschen, wir mussten uns täglich und nackt vor die Waschrinne stellen und dann wurden wir mit dem Schlauch und eiskalten Wasser von unten abgespritzt (ich hatte von dem kalten Wasser teilweise blaue Lippen).
Post nach Hause, wurde zensiert und vorgesagt, nur schöne Worte. Es wurde mit Strafe gedroht, wenn man etwas anderes schreiben wollte.
Heimweh, ich hatte fürchterliches Heimweh. Am schlimmsten war es bei meinem letzten Heimaufenthalt. Alle Kinder fuhren nach 6 Wochen heim, nur ich nicht. Da ich während der 6 Wochen nur 30 Gramm zugenommen hatte, kontaktierte der Arzt meine Eltern für eine Zustimmung die Kur zu wiederholen. Keiner hat mit mir darüber gesprochen. Für mich brach eine Welt zusammen und habe gedacht meine Eltern wollten mich nicht mehr. Meine Augen waren vom vielen Weinen entzündet und voller Krusten.

Heute fehlen einem die Worte, wenn man darüber nachdenkt. Statt einer Erholung war nur das Gefühl des Zwanges und der Verlassenheit präsent. Man hat kleine Kinderseelen systematisch zerbrochen und das auch unter religiöser Leitung. Ich habe mir als junge Frau geschworen das ich mein Kind NIE an einer Kinderverschickung teilnehmen lasse!

Danke das Sie das Thema aufgegriffen und öffentlich gemacht haben und es auch weiter tun. Es ist wichtig lesen zu können was mit uns Kindern der Nachkriegszeit passiert ist und nicht vergessen wird!

Liebe Grüße
Inge Königshoven
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Lippe aus Bergkamen schrieb am 27.02.2024
Ich war im Sommer, in Altastenberg im Kinderkurheim Haus Sonnenschein. Nachdem wir zwei aufregende Tage verbracht hatten, stand eine unerwartete Wendung bevor. Wir wurde gezwungen, Karten nach Hause zu schreiben, eine Aktivität, die uns eine Mischung aus Aufregung und Unsicherheit bescherte.
Nachdem wir unsere Karten geschrieben hatten, wurden sie streng kontrolliert und korrigiert. Die Schwestern überprüften jede Zeile sorgfältig, und wir spürten die Anspannung in der Luft. Es stellte sich heraus, dass nicht die Schreibweise wichtig war, sondern der Inhalt.
Das nächste Ereignis war unerwartet und belastend, wir wurden gezwungen, alles aufzuessen, was auf unseren Tellern lag.
Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich mit Abscheu auf meine Milchsuppe starrte. Ich mochte sie überhaupt nicht, aber es gab keine Gnade. Die Regeln waren klar: Niemand durfte den Raum verlassen, bis sein Teller leer war. Der Druck war enorm, und ich saß da, kämpfend gegen die widerliche Milchsuppe.
Die Situation nahm jedoch eine grausame Wendung, als der Junge neben mir plötzlich krank wurde. Er konnte die Milchsuppe nicht mehr halten, und sie landete auf seinem Teller und dem Boden. Die Schwestern waren unerbittlich, er wurde gezwungen, nicht nur sein eigenes Erbrochenes zu essen, sondern auch den Rest seiner Mahlzeit.
Mein Widerstand gegen die Milchsuppe wurde ignoriert, und ich musste sitzen bleiben, bis auch mein Teller leer war. Diese Erfahrung prägte sich tief in meine Erinnerungen ein und ließ mich nachdenklich zurück.
Die Tortur setzte sich fort, als wir zu einem Spaziergang aufgebrochen sind. Auf dem Weg entwickelte ich eine schmerzhafte Blase an meinem Fuß. Anstatt Mitgefühl zu zeigen, wurde ich isoliert. Man setzte mich alleine auf eine Bank und ließ mich dort für ungefähr zwei Stunden allein zurück. In diesem Moment fühlte ich mich verlassen und hilflos, nur sechs Jahre alt und mit einer schmerzenden Blase.
Dies ist nur ein teil, von dem was uns dort widerfahren ist.
Diese Erlebnisse haben mich geprägt und mir eine Perspektive aufgezeigt, die weit über die normalen Ferienerfahrungen hinausging. Sie haben mich gelehrt, wie wichtig Empathie und Mitgefühl sind und wie belastend autoritäre Regeln sein können, besonders für Kinder.
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Andres Manig aus Regensburg schrieb am 26.02.2024
"Kinderheilstätte", einen schöne Umschreibung. Ich denke, Kinderkonzentrationslager trifft die Zustände deutlich besser. 6 verlorene Wochen, die noch heute Brechreiz auslösen.
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Edwin aus Saarlouis schrieb am 26.02.2024
Ich war 5 Jahre alt ,als ich bei den Barmherzigen Brüder in der Mastkur war.Der Nicolaus und der Knecht Ruprecht waren im Haus.Alle Kinder wollten unbedingt zu der Veranstaltung ,ich auch ,aber ich durfte nicht ,weil ich meinen Teller nicht leer machen wollte .Also hat man noch zwei größere Kinder dazu verdonnert mich zu überwachen ,bis ich den Teller leer machte.ich ekelte mich und wollte nicht Essen .Die Kinder wollten zum Nicolaus und wurden böse.Sie schlugen mich auf den Kopf ,dann aß ich und musste mich erbrechen danach schlugen sie mich wieder und wieder und zwangen mich den Teller leer zu machen mit dem Erbrochenem.
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Maren Dorschner aus Babenhausen schrieb am 26.02.2024
Ich war im März / April 1980 für 4 Wochen mit meiner Schwester in dieses Heim verschickt. Ich war 8 Jahre alt, meine Schwester 9.
Geschwister wurden grundsätzlich getrennt untergebracht. Das Personal war sehr streng, ich kann mich an niemanden erinnern, bei dem ich mich wohl gefühlt habe.
Das Essen wurde einem aufgefüllt und musste aufgegessen werden. Wer das nicht schaffte, bekam das Mittagessen kalt zum Abend wieder serviert. Etwas anderes durfte nicht genommen werden, wenn es nicht gegessen wurde, gab es dieses zum Frühstück....
Mittags war 2 Stunden Mittagsschlaf, es durfte nicht geredet werden in dieser Zeit. Wer beim Reden erwischt wurde, musste nachts im Duschraum schlafen.
Die Briefe meiner Mutter wurden nur 1x pro Woche ausgehändigt und waren geöffnet. Zu Ostern schickte meine Mutter ein Päckchen mit Süßigkeiten. Auch dieses wurde geöffnet und der Inhalt an alle Kinder verteilt. Telefonieren durften wir nicht mit unseren Eltern. Wenn wir an die Eltern schreiben wollten, mussten wir die Briefe offen bei der Heimleitung abgeben.
Auf unser großes Heimweh ging niemand ein.
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Iris schrieb am 26.02.2024
Ich war 1978 in Brilon und 1980 in Wyk auf Föhr (Schloss am Meer) - als 5- bzw. 7-Jährige. Beide Male über die Barmer / BEK, jeweils 6 Wochen zur Erholung (von was auch immer, ein bisschen Urlaub auf Kassenkosten). Ich erinnere mich an Schnee und Lenkschlittenfahrten in Brilon und schöne Tage am Meer in Wyk. Schade, dass es den Berichten nach bei vielen Kindern negativ verlief.
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Bernd aus Butenhamburger schrieb am 26.02.2024
Ich habe überwiegend sehr positive Erinnerungen ans Kinderheim. Von den beiden Erzieherinnen fühlte ich mich immer ernst genommen. Mit dem Essen hatte ich keine Probleme. Das Freizeit- und Bäderprogramm fand ich gut bis lustig. Einzig der Umgang mit schwierigen Kameraden war für mich nicht akzeptabel – Erbrochenes aufzuessen fand ich furchtbar und habe das den Erzieherinnen auch gesagt und nach dem Grund gefragt. Sie haben das zugelassen (was damals durchaus nicht selbstverständlich war!) und gefragt, ob ich mich nicht etwas um den Kameraden kümmern könnte – für mich durchaus überfordernd (ich war 9!) Aber insgesamt: Anscheinend Glück gehabt! Ich war gut vorbereitet, hatte Lust zu reisen und kein Heimweh.
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Britta aus Weyhe schrieb am 26.02.2024
Ich war ca. 1972 oder 73 in Kreuzthal im Allgäu. Mehr weiß ich leider nicht. Nur das 3 Zwillingspärchen zusammen mit mir dort waren. Erinnern kann ich mich nur daran das wir Zitronentee trinken mussten und ich wieder zum Bettnässer wurde! Alles andere habe ich, glaube ich verdrängt. Es gab damals aber einen schweren Unfall mit einem Jungen Namens Matthias ca. 14 J. alt. (Meine dass das der Name war) was danach passiert ist.....keine Erinnerung mehr 🥺
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Friedrich Ziegenmeyer aus Bad Rothenfelde schrieb am 26.02.2024
Moin moin liebe Leute ich kann mich nur noch daran erinnern das ich eine Graupensuppe nicht mochte, die erbrochen habe und dann den Teller leer essen musste. Beim essen wurden mir unter Prügel Essmaniren beigebracht, gerade sitzen usw.
Friedrich ziegenmeyer
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Lilian Weimbs aus Bonn schrieb am 25.02.2024
Ich bin Anfang 1953 mit gerade einmal 4 Jahren zur Erholung in das Erholungsheim Kaldenkirchen gekommen, und zwar für 3 Monate. Ich erinnere mich, dass ich mich mit Händen und Füssen gewehrt habe, als meine Tante mich dort abgeliefert hat. Bis heute kan ich noch keine Milchspeisen (Porridge usw.) essen, weil es das dort täglich gab und man bis zum Mittagessen am Tisch sitzen musste, wenn ma es nicht aufgegessen hatte. Ich bin heute 75 Jahre alt und immer noch kommen mir die Tränen, wenn ich an diese Zeit zurückdenke. So etwas darf man keinem Kind antun.
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Nicole aus Krefeld schrieb am 25.02.2024
Ich wurde damals wegen Untergewicht und Atemweges Problemen Verschickt. Habe erst vor kurzem Erfahren das es so viele Kinder (heute Erwachsene ) gibt die diese Seelischen Grausamkeiten auch erleben mussten.
Ich erinnere mich daran das wir in der Gruppe ein Mädchen hatten das eine geistige Behinderung hatte und ganz alleine an einem Tisch sitzen musste 😠 und wenn sie auffällig war dann wurde sie vor unseren Augen geschlagen und misshandelt.
Das Essen war ekelhaft so das man es kaum runter bekommen hat. Habe oft bis abends vor meinem Teller gesessen. Jeden Tag mussten wir Meerwasser trinken das in riesigen Lenor Flaschen gelagert wurde.
Toilettengänge waren die reinste demütig, denn wir mussten rufen was es für ein Geschäft es war. Die Schwester kam dann und wischte sehr grob den po ab.
Jeden Abend mussten wir stramm vor unseren Betten stehen, wir wurden zu gedeckt und bestraft wenn wir uns zu oft bewegt haben.
Mein starkes Heimweh wurde ignoriert.
Uns wurde damit gedroht wenn wir zuhause was erzählen würden dann würden alle persönlich kommen und das aufklären.
Es war die schlimmste Erfahrung die ich in Menschen gemacht habe und tief in mir sitzt es noch sehr sehr fest.
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Marion Drill aus Münstermaifeld schrieb am 25.02.2024
Ich bin durch Zufall auf die Verschickungsheime gestoßen und kann mich erinnern das ich in den 70igern mit meinem Bruder im Josefsheim in Ruhpolding zur Erholung war. Meine Erinnerungen sind nur schwach. Das lief glaub ich über Caritas und auch kann ich mich erinnern das Briefe die nach Hause geschrieben wurden kontrolliert wurden. Ich schrieb meiner Mama damals das ich nach Hause möchte es mir nicht gefällt . Das musste ich ändern in hier ist es sehr schön mir geht es gut. Unfassbar so im Nachhinein.
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Udo Fiß aus Leverkusen schrieb am 25.02.2024
Ich war in den beiden Kinderheimen gewesen...aufgrund meiner Nierenerkrankung mit Steinen!
Es war einfach nur die Hölle...Angst...Schrecken..Pein..Schläge..Hänselei..Ecke stellen..Zwang zum.Essen..Bis zum übergeben..Mit einem Feuerwehrschlauch abgestritten nach dem Solebad..dass man an die Wand flog...usw.usw...wer hat ähnliche Erfahrungen dort gemacht..
Mfg Udo aus Leverkusen
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Sandra Buchloh aus Mülheim schrieb am 24.02.2024
Auch ich wurde in den Sommerferien 1979 für sechs Wochen in das Kinderkurheim Waldmühle in Braunlage geschickt. Ich wurde einfach in einen Zug gesetzt und fuhr mit anderen Kindern, aber es fühlte sich sehr einsam an, an einen fern entlegenen Ort in den Harz. Die Reise schien ewig zu dauern und ich kannte niemanden, mit dem ich während der Fahrt hätte spielen oder reden können. Im Grunde wusste ich noch nicht einmal was mich erwartete, auch wenn mir meine Mutter erzählte, dass ich Urlaub mache und Spaß haben werde. Ich hatte keine Ahnung, was diese Aussage für Erfahrungen beinhaltete. Ich war einfach nur weg von meinem Elternhaus, das mir Sicherheit gab.
.Irgendwann hatte der Zug, mit mir im Gepäck den Zielbahnhof erreicht. Mit dem Bus ging es weiter zum Heim. Dort wo das Haus stand sah es ganz wunderbar aus! Das Kurhaus schien aus zwei Haupthäusern zu bestehen, wo im linken Haus die Mädchen untergebracht waren und im rechten die Jungen.
Ich kann mich noch daran erinnern, wie die älteren Mädchen vom Flurfenster aus den Jungen im gegenüberliegenden Haus, die ebenfalls an ihren Flurfenstern standen, zuwinkten oder Grimassen schnitten. Eine grosse Wiese hinter den Häusern lud zum spielen und rennen ein, umgeben von riesigen Tannen, wo man sicherlich gut hätte verstecken spielen können, doch dazu kam es in den 6 Wochen nur ein mal! Man durfte einfach nicht raus gehen. Ich hatte darum gebettelt an schönen und auch unschönen Sommertagen einfach nur über die Wiese zu rennen, doch es war nicht erlaubt! Ich fühlte mich wie eine Gefangene, darauf wartend endlich frei gelassen zu werden. Es war so traurig und es zerriss mir mein Herz diese wundervolle Natur nur mit den Augen vom Flurfenster betrachten zu dürfen. Manchmal durften andere Kinder, anderer Gruppen nach draußen gehen - und das zu sehen, verschlimmerte mein Herzgefühl um ein Vielfaches. Ich wäre am liebsten zu meiner Mutter gerannt und hätte ihr all diese Ungerechtigkeit berichtet, doch sie war für 6 Wochen einfach nicht für mich da. Anrufen war nicht erlaubt, Schreiben schon, doch wie, wenn man es noch gar nicht konnte?! Also durfte ich meinen Unmut einer Betreuerin erzählen, damit sie es auf eine Postkarte oder einen Brief schrieb. Da ihr der Inhalt aber nicht gefiel, blieb es nur bei „Liebe Grüße aus Braunlage.“
Da nun bekannt war, dass ich von dem ganzen Laden nichts hielt und ich alles nur doof fand, wurde ich dementsprechend auch mit viel Ignoranz behandelt. Wenn ich Heimweh hatte sollte ich mich nicht so anstellen, wenn ich Bauchweh hatte, sollte ich mich auf den Bauch legen (was ein Schwachsinn), man hatte einfach keine adäquate Hilfe oder Unterstützung in den Situation bekommen, mit denen man sich konfrontiert sah. Es war auch schwierig mit den anderen Kindern Kontakte zu knüpfen, denn sobald man Spaß hatte, spielte, lachte, wurde man von den Betreuern wieder auseinander getrieben, weil man zu laut war, dass scheinbar kranke Kinder unter diesen Umständen nicht genesen konnten. Man durfte in den Essensraum gehen und sich dort mit basteln und malen leise in der Gruppe beschäftigen, doch das war für mich viel zu langweilig!
Soweit ich mich daran erinnern kann, gab es an einem Tag ein „Straßenfest“ mit Wettkämpfen im Sackhüpfen, Eierlaufen, Dosenlaufen und Apfelfischen aus einer Wasserschüssel mit dem Mund. Der Tag war wirklich schön, mal nicht langweilig wie alle anderen.
An einem anderen Tag machten wir eine Bustour. Ich weiß nicht mehr wohin, doch am Ende konnte man sich einen überdimensionalen langen, dicken Bleistift als Souvenir kaufen. Wenn man es mochte auch diese hässlichen Porzelanfiguren, die je nach Wetterlage blau oder rosa glitzerten.
Der Busfahrer schien mir in dieser unendlich langen Zeit der netteste Mensch zu sein, denn während wir fuhren erklärte er uns die Welt, die wir da draußen sahen. Er bemühte sich um unsere Aufmerksamkeit und ich nahm es dankend an. Endlich jemand, der sich für uns zu interessieren schien.
In den Nächten wenn die Gedanken besonders laut wurden, wenn man nicht reden durfte und das Gefühl von Heimweh sich wie eine Decke um das Herz legte, machten die Betreuer netter Weise „Das kleine Nachtgespenst“ an und ließen die Geschichte über den Flur laufen. So schlief man leichter ein, mit der Hoffnung am nächsten Tag endlich wieder in den Zug gesetzt zu werden, Richtung Heimat, Richtung Freiheit!
Handgreiflich ist mir gegenüber niemand geworden, doch die emotionale Kälte, das Gefühl von Einsamkeit, ohne Freunde und Familie zu sein, das Gefühl gefangen zu sein, keine Entscheidungen treffen zu dürfen hat gereicht, dass ich seit dem für 2 weitere Jahre nach stressigen Situationen immer schön eingenässt hatte. Dieser Urlaub schien mir richtig gut getan zu haben 😕

Verrückt, wie present die Emotionen sind, wenn man sich mit diesem Teil der Vergangenheit bewusst beschäftigt und dachte, das ist vergangen und vergessen.
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Antje aus Tübingen schrieb am 22.02.2024
Betrifft: Ratzenried /Argenbrühl

Ich war 1969 von September bis Oktober 6 Wochen in diesem " Erholungsheim". Ich weiß es nur deswegen so genau, weil ich damals im Heim Geburtstag hatte und 6 Jahre alt geworden bin. Ich bin die mittlere von 5 Kindern und mein damals 1 Jahr älterer Bruder war auch dabei.
Wir wurden schon gleich beim Ankommen im Heim voneinander getrennt und sahen uns nur zufällig wenn wir beim Aufstellen in Zweierreihen zum Spazierengehen direkt im Haus oder vor dem Haus aneinander vorbeiliefen.
Sonst sah ich meinen Bruder erst wieder richtig zu Hause.
Ich komme aus dem Baden-Württemberg und uns wurde sofort untersagt "Schwäbisch" zu reden.
Als ich dann nach Hause kam, redete ich auf jeden Fall Hochdeutsch, was sich aber schnell wieder legte.
Wir mussten auch immer alles essen was auf den Tisch kam. Meistens gab es zum Nachtisch irgendwas mit Apfel. Wenn es Äpfel gab, stand ein Bottich auf dem Tisch, wie wir meinten für die Apfelbutzen. Das war dann wohl der Trick der Ordensschwestern für die erste Quälerei.
Alle warfen ihren Apfelrest in den Eimer. Als alle fertig waren, wurde mitgeteilt dass der Apfel bis auf den Stiel gegessen werden müsste. Also mit Haus und allem. Sodann wurden willkürlich alle Apfelreste ausgeteilt, egal wem sie gehörten und man musste den Apfelrest essen. Ich fand das wirklich widerlich.
Wenn es Apfelmus nach dem Essen gab wurde mir oft schlecht. Ich habe einmal am Tisch erbrechen müssen. Erstens musste ich alles selbst aufputzen und dann das restliche Apfelmus mit Erbrochenem Inhalt leer essen. Ich weiß nicht genau, wie lange ich gebraucht habe. Aber auf jeden Fall war es eine schreckliche Quälerei für mich.
Man fühlte sich ganz klein und allein auf der Welt wie noch nie.
Irgendwie konnte man in dieser Zeit keine Freundschaften schließen. Ich glaube das war auch nicht gewollt.
Wegen irgendwelchen Vergehen z.B. ungefragtes reden oder so musste ich stundenlang in einer Ecke stehen. Der Raum war sehr groß und alle hielten sich da auf.
Ich weiß von einem kleineren Mädchen, dem wurde immer der Keller angedroht. Ich weiß aber nicht, ob sie da auch hinein musste.
Zumindest war es eine Abschreckung für uns.
Zu meinem Geburtstag bekam ich einen Kuchen von meiner Mutter geschickt und einen Filzclown mit Glöckchen zum Basteln. Der Kuchen wurde an alle verteilt und ich bekam nur 1 Stück.
Der Filzclown wurde mir von einer der netteren Ordensschwestern zusammengestellt. Das war eigentlich was zum aufhängen, denke ich. Es war ein dünner Faden zwischen den Filzteilen. Natürlich habe ich damit gespielt. Da ist mir der Faden zwischen den Gliedern gerissen. Als alle einen Film anschauen durften, sollte ich ohne Nadel nur mit den Fingern im halbdunkeln den Clown reparieren. Ich glaube ich war noch nie so verzweifelt.
Irgendwann hatte eine von den Schwestern ein Einsehen. Sie nahmen mir den Clown weg und schickten mich ins Bett. Ich war völlig fertig.
Jeden Abend mussten wir um ein Fusswanne herumsitzen die im Bad im Boden eingelassen war.
Das Wasser war immens heiß, aber wir wurden gezwungen unsere Füße hinein zu strecken bis die Schwestern sagten, es sei genug.
Unsere Waschutensilien rochen nach einiger Zeit ganz süßlich. Wenn ich den Geruch heute wahrnehme bin ich gleich wieder in Ratzenried.
In der Nacht saß eine von den Schwestern vor der Toilette und hielt Wache. Denn obwohl viele noch Bettnässer waren, durfte man nicht zur Toilette. Dafür gab es mächtig Ärger falls das Bett nass war.
Einmal habe ich mich vor meinem Bett erbrechen müssen, Hausschuhe und Boden musste von mir selbst unter Beschimpfungen gereinigt werden und ich war mit der Situation mehr als überfordert.

Wir mussten viele Briefe und Postkarten schreiben.Alles wurde zensiert und wenn es nicht gut geschrieben war, musste man nochmal anfangen.

Bei den Jungs bekamen wir mit, dass einmal ein Spielzeugauto fehlte. Alle Buben bekamen Schläge, bis der Schuldige gefunden wurde.

Einmal durften die Eltern zu Besuch kommen. Natürlich wurden wir vorher gebrieft. Im Garten wurden ganz viele Spielsachen wie Hüpfbälle, Bälle, Federball und vieles andere ausgeteilt. Wir durften fröhlich sein. Obwohl unseren Eltern wohl klar sein musste, dass wir total verändert waren.
Als die Eltern fort waren, wurde sofort alles an Spielsachen wieder weggeräumt.

Auf jeden Fall war es eine schreckliche Zeit. Noch heute, wenn ich vom Düngen der Felder Landwirtschaftlichen Geruch wahrnehme, bekomme ich sofort Kopfschmerzen und bin in eine andere Zeit versetzt. Wir mussten dort viel Spazierengehen.

Als mein Bruder und ich heim kamen und jeder so seine Geschichten erzählte wurde uns nicht geglaubt. Nicht einmal später als wir bei unseren Geschichten blieben
Das war auch so ein Ding, dass einem nicht geglaubt wird.
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Bettina aus Göttingen schrieb am 19.02.2024
Ich wurde 1978 als Zehnjährige in das Kinderheim Frisia nach St. Peter Ording geschickt. Als Privatinitiative meiner Eltern, da ich häufiger krank war und vor dem Gymnasium "fit gemacht" werden sollte. Der 6-wöchige Aufenthalt war der Anfang von tiefen Depressionen und chronischer schwerer Krankheit, die sich bis heute - 2024 - durch mein gesamtes Leben ziehen. Dabei habe ich alles glasklar vor Augen. Ich wollte dort nicht hin, habe mich noch am Tag vor der Abreise zuhause gewehrt, es half nichts. Das Elternhaus war streng, unter Anleitung meiner Großmutter mußte ich die Namensschilder nachmittags nach der Schule in meine Kleidung nähen. Der Aufnahmetag im Haus Frisia nach 4 Stunden Autofahrt begann extrem traumatisch. Mir wurde gesagt, ich solle mit einer Kindergruppe mitgehen, zum Spaziergang. Meine Eltern würden auf mich warten. Als wir zurückkamen, sah ich unser Auto links auf dem kleinen Parkplatz vor dem Haus stehen und war beruhigt. Alles gut, sie sind da! Im Speisesaal während des Abendessens sah ich meine Eltern aus dem Haus zum Auto gehen und einsteigen. Ohne sich mit einem Wort oder einer Umarmung von mir zu verabschieden! Ich sprang vom Tisch auf, rannte zum Fenster, hämmerte dagegen, schrie und weinte, rief so laut ich konnte "Mami, Mami" - und wurde von einer der "Tanten" weggezogen und festgehalten. Ich mußte zusehen wie der silberfarbene Audi meiner Eltern vom Grundstück fuhr, auf der Hutablage noch mein Comic-Heft, dass ich mir als Besonderheit hatte aussuchen dürfen, ein Ponybuch, und eine Tüte Erdnußflips. Besondere Extras, um mir das Kinderheim schön zu machen. Alles nahmen meine Eltern wieder mit und ließen mich einfach zurück, ohne sich umzudrehen. Ich wurde in ein volles Dreierzimmer in ein Zustellbett gepackt, dem "Sportplatz". Wurde ab der ersten Minute gehänselt. Die Mädchen nahmen mir sofort meine wenigen Kleinigkeiten weg, die ich als Erinnerung an Zuhause eingepackt hatte. Ein kleiner Notizblock mit einem silbrigen Deckel. Mein Taschengeld, auf das ich ganz stolz war, weil meine Mutter mir versprochen hatte, ich könnte in St. Peter Ording allein einkaufen gehen. Ich habe meine Sachen, mein Geld nie wieder gesehen. Beschwerde zwecklos. Nachts weinte ich viel. Ein Mal kam eine der Nachtwachen am frühen Morgen und nahm mich zu sich mit ins Bett, weil ich so viel geweint und gehustet hatte - dort habe ich mich kurz geborgen gefühlt. Nach wenigen Tagen wurde ich in ein anderes Zimmer verlegt und weigerte mich morgens aufzustehen. Decke über den Kopf, das Schimpfen ließ ich an mir abprallen. Konnte nicht, ich wollte nicht, es war mir alles egal. Ich hatte das Gefühl ich gebe auf. Aus heutiger Sicht weiß ich, dass ich schwer depressiv war. Alles war sehr streng geregelt: zum Mittagschlaf mußten wir uns komplett ausziehen und die Schlafanzüge an. Nach dem Wecken hatten wir 2 Minuten Zeit, um angezogen in Reih und Glied im Waschraum zu stehen. Die Klotüren im Waschraum konnte man nicht abschließen, es gab immer wieder Kinder die versucht haben sie zu öffnen, wenn ich dort saß. Verstopfung vorprogrammiert, ich versuchte also außerhalb der Waschraumzeiten aufs Klo zu gehen, mußte mich dafür immer melden und um Erlaubnis fragen. Die Körperpflege bestand nur aus Katzenwäsche (Gesicht, Hände, Zähneputzen, mehr nicht!), was mir mit 10 Jahren unangenehm war, da ich anfing leichten Körpergeruch zu entwickeln. Was mir bewußt war. Die Haut in den Achselhöhlen und am Po fing irgendwann an zu jucken. Die Kopfhaut ebenso. Jeden Sonntag gab es frische Kleidung, die Unterwäsche wurde zusätzlich am Mittwoch gewechselt. Alle 2-3 Wochen durften wir zu Dritt kurz unter die Dusche. Alle gleichzeitig unter eine Brause. Abduschen, Haare waschen, fertig. Mir war das fettige Haar sehr unangehm. Zuhause wurde es auch nur ein Mal in der Woche gewaschen, aber dann war es auch nötig. Und hier nur alle 2-3. Wir hatten mehrere Bettnässer, von ganz klein (4 Jahre) bis groß (12 Jahre). Die wurden vor der ganzen Gruppe von den Tanten verhöhnt, beschimpft - und die großen Bettnässer mußten vor unser Augen unter diesen Beschimpfungen die nasse Bettwäsche in der einzigen Badewanne im Waschraum auswaschen. Grausam. Als Kollektivstrafe für das Bettnässen gab es ab dem frühen Nachmittag 14.30 Uhr für alle Kinder nichts mehr zu trinken. Der Tee zum Abendbrot wurde gestrichen. Uns wurde erzählt, dass das Leitungswasser vergiftet wäre, wir dürften das auf keinen Fall trinken!! Es wurde streng kontrolliert, ob wir nicht doch beim Zähneputzen einen Schluck nahmen. Ich hatte so furchtbaren Durst, dass ich es doch irgendwann mal heimlich getrunken habe, nach einem extra erbettelten Klogang (ich mußte nicht, ich wollte einfach nur trinken). Und nichts passierte. Keine fürchterlichen Bauchschmerzen, wie von den Tanten prophezeit... - Einmal wöchentlich mußten wir einen Brief nach Hause schreiben. Habe ich die Wahrheit erzählt, wurde ich zur Tante gerufen und beschimpft, dass ich Lügen erzählen würde. Ich mußte meinen Brief neu verfassen und dabei "schön schreiben", also alles positiv erzählen. Später fand ich einmal so einen Brief bei meinen Eltern, in dem ich versucht hatte trotzdem meine Situation zu schildern. Einige Passagen waren herausgeschnitten. Darunter stand von den Tanten geschrieben, dass ich eine blühende Phantasie hätte und mir das alles nur ausdenken würde. - Ich versuchte schließlich wegzulaufen. Wir waren in einem Waldstück, spielten irgendein Versteckspiel. Ich hatte einem Jungen, der mich gehänselt hatte, mit aller Wut die ich in mir hatte zwischen die Beine getreten und war entsprechend von der Erzieherin vor allen ausgeschimpft worden. Ich bin einfach so weit ich konnte immer weiter und weiter in den Wald hineingelaufen. Und hatte nur einen Gedanken: zum Bahnhof, irgendwie. In einen Zug, irgendwie. Nach Hause. Ich hörte alle nach mir rufen - und bin einfach weitergelaufen. Bis ich im immer tieferen Dickicht Angst bekam und mich in einem trockenen Bachbett niedergekauert habe. So wurde ich gefunden. Ab da an bekam ich einen Saft, der mich für wenige Stunden ruhigstellte. Sobald ich ihn geschluckt hatte, schien alles wieder gut, ich fühlte mich total ruhig und hatte kein Heimweh mehr. Nach einer gewissen Zeit brach alles Heimweh wieder über mich hinein. Ich nehme an es war Valium, oder ähnliches. Ich versuchte ein 2. Mal wegzulaufen, nachdem ich es schon nachts ganz leise versucht hatte (in allen Zimmern war eine Art Babyfon) und merkte, dass die Haustür abgeschlossen und der Schlüssel abgezogen war. Also bin ich tagsüber, während wir auf der Wiese hinter dem Haus spielten, einfach und ruhig um das Haus herumgegangen und auf die Straße Richtung Ort, ohne mich umzudrehen. Ich wollte nur zum Bahnhof und hatte gehofft dass mich niemand bemerkt, wenn ich ganz ruhig gehe. Doch Kinder hatten mein Fortgehen gemerkt und mich verpetzt. Ich wurde zurückgeholt, bekam den Beruhigungs-Saft und wurde gefragt, ob ich wisse warum ich in Frisia sei. Ja, weil ich häufig krank gewesen sei. Nein, lautete die Antwort. Weil ich zu sehr an meiner Mutter hängen würde. Sie hätte mich nicht mehr zuhause haben wollen, darum wäre ich nach Frisia gebracht worden! In mir zerbrach das allerletzte bischen - und ich habe keinen weiteren Versuch mehr unternommen wegzulaufen. Wenn meine Eltern mich nicht mehr haben wollen, schicken sie mich doch sofort wieder zurück ... dachte ich. Ich wurde später ins Storchennest verlegt, gemeinsam mit zwei gleichaltrigen Mädchen. Die anderen Betten blieben leer. Das war nach 3 Wochen. Ab da an habe ich mich etwas eingelebt, da ich zum ersten Mal Freundinnen dort hatte. Bekam ich ein Päckchen von Zuhause, eine sehr große Besonderheit für mich, als 4. Kind in einer sparsamen Familie, habe ich es nicht erhalten. Sondern es wurde vor meinen Augen aufgeteilt, an alle Kinder. Selbst ein Riegel Mars mußte geteilt werden. Als ich mich beschwerte, dass es doch mein eigenes Päckchen von meiner Mami sei, wurde ich streng zurechtgewiesen. Ich müsse lernen zu teilen! (was ich wie gesagt zuhause mit 3 Geschwistern sowieso immer getan hatte) Aß ich bei den Mahlzeiten nicht auf, weil ich z. B. keinen Fisch essen konnte (sofortiges Würgen) oder einfach das Gericht nicht mochte (Obstsuppe, jeden Morgen! abgewechselt von Vanille-oder Schokoladensuppe mit Haut, eklig) mußte ich solange alleine im Speisesaal sitzen bleiben, bis ich aufgegessen hatte. Und wenn es Stunden dauerte. Ein Mal habe ich bis zur nächsten Mahlzeit sitzen müssen. Fischfrikadellen führten dazu, dass ich mich übergeben habe. Was neue Strenge nach sich zog.... Ich könnte immer weiter schreiben. Meine seelische Erkrankung begann im Haus Frisia, dort wurde mir meine Seele gebrochen. In unmittelbar zeitlicher Folge wurde ich schwerst darmkrank, Colitis ulcerosa, therapieresistent. Eine Autoimmunerkrankung, die stark psychosomatischen Einflüssen unterliegt. Typisches Thema dabei ist Verlust, Trennungserfahrung, Trauer. Stimmt. Erst viele Jahre später habe ich erfahren, dass meine Cousins ebenfalls einige Jahre davor auch im Kinderheim Frisia waren - und es genauso schrecklich, genauso traumatisch fanden. Aber als Zwillinge waren sie zumindest nicht alleine. Mit dem Aufenthalt im Kinderheim Frisia endete meine Kindheit - und mein Leben als chronisch Kranke begann. Meine Eltern wollten nie wissen, was sie mir damit angetan haben. Sie haben mir meine Erzählungen nie geglaubt.
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Birgit aus Menden schrieb am 17.02.2024
Ich bin im April 1972 kurz vor meinem 6. Geburtstag mit meiner kleinen Schwester zur Kur ins Fichtelgebirge gekommen. Gerne würde ich wissen, wie das Heim im Fichtelgebirge wohl hieß. Ich kann mich an manches erinnern und an vieles leider nicht mehr. Es war für mich die schrecklichen Wochen meines Lebens. Ich leide nach 50 Jahren noch immer an Angstzuständen, teilweise stottere ich und bin lieber alleine. Zur Zeit gehen mir viele Gedanken durch den Kopf, das ich mich zum Teil an einige schreckliche Erlebnisse mich erinnern kann und warum ich anderes ausblende und ich mich einfach nicht erinnere. Ich wurde damals zur Kur geschickt, weil ich zu dünn war. Grausam was den Kindern dort angetan wurde😢
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Alexander Bieseke aus Bad Driburg schrieb am 17.02.2024
Ich wurde 1974/75? als 6/7 jähriger in ein Kurheim mit dem Namen Haus Warburg verschickt. Meiner Erinnerung nach über mehrere Wochen. Ich erinnere mich, an eine damalige Zeitungsmeldung, wonach die ehemalige Heimleiterin ermordet worden war. Ich erinnere mich leider sehr negativ anbdie Aufenthalte. Ich wurde Sonntags von fremden Männern (Amtsträger Neuapostolische Kirche) in eine Kirche abgeholt, da meine Eltern darauf bestanden hatten.
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Brunhild Stephan aus Usedom schrieb am 14.02.2024
Ich wurde 1959,1960 nach Wieck auf Rügen verschickt, zusammen mit meinem kleinen Bruder. Ich muß 5 Jahre gewesen sein und mein Bruder 4 Jahre, es war keine gute Zeit für uns. Wir wurden auseinander gerissen und ich durfte meinen Bruder nicht sehen. Ich habe viel geweint und wurde dort auch gedemütigt. An den großen Schlafsal kann ich mich erinnern und an die weißen Eisenbetten. Bei Tisch durften wir nicht auf die Toilette gehen und wenn Kinder in die Hosen machten wurden sie bestraft. Wir mussten Mittags aufessen, es durfte nichts auf dem Teller bleiben, es war grausam. Auch an die kalten Duschen in Steinwaschbottigen kann ich mich erinnern . Ist hier jemand mit dem ich mich austauschen könnte?
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Ulrike Leuten aus Kempen schrieb am 13.02.2024
Ich bin von 1961 und war somit mit 5,6 Jahren in diesem grausamen Heim. Ins detail möchte ich nicht gehen, aber ich erinner mich so deutlich an ein blondes Zwillingspaar, 2 Jungens, die beim Essen mir gegenüber saßen. Es gab wieder diesen widerlichen Kakao. Einer von den Zwillingen hatte den Mut, ihr leergetrunkenes Kakaoglas mit meinem vollen Glas zu tauschen, so dass ich es nicht trinken mußte.
Bis heute fühle ich die Erleichterung über diese Heldentat. Vll liest einer von euch ja diesen Beitrag, wenn ja, dann nochmal danke 😊
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Mandy Eidtner aus Blankenfelde-Mahlow schrieb am 11.02.2024
Hallo zusammen,

ich habe durch Zufall eine Dokumentation auf Youtube zum Thema "Verschickungskinder" gesehen und würde mich gern mit anderen Betroffenen austauschen.
Ich bin Jahrgang 1985 und wurde als 5-jährige zu einer Bronchitskur ins Volkssolbad 4732 Bad Frankenhausen Kindersanatorium "Helmut Just" geschickt (Kurbeginn: 29.03.1990, Kurende:08.05.1990).
Auch wenn ich aus dieser Zeit nur noch wenige Erinnerungen habe

- ohne Eltern zur Kur geschickt
- meine Eltern wussten zunächst nicht, wo ich war, bis Post aus dem Sanatorium kam
- keine Besuchserlaubnis; Telefon hatten wir damals nicht
- überwiegender Aufenthalt auf Krankenstation
wünsche ich mir für alle Betroffenen eine Aufarbeitung und Anerkennung seitens der Regierung, so wie es durch den Fonds Heimerziehung von 2012 bis 2018 für ehemalige Heimkinder in der BRD und DDR geschah.
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Marga aus Hessen - Büdingen schrieb am 11.02.2024
@ Sabine Elender, ich war ebenfalls im Sommer 1965 in einem dieser sog. Kindererholungsheime in St. Peter-Ording und bitte um Kontaktaufnahme. Danke.
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Rolf Kiemes aus Köln schrieb am 10.02.2024
Ich beziehe mich auf folgenden Eintrag:
[Ulrich Breitbach schrieb am 02.02.2022
Verschickungsheim: Bad Kreuznach, Knabenheilstätte „St. Marienwörth“
Zeitraum (Jahr): 1961 oder 1962
Ich suche Kontakt zu Personen, die wie ich Anfang der 60er Jahre ins Heim "Knabenheilstätte St. Marienwörth“ verschickt worden sind.

Ich denke ich war im Mai-Juni 1961 in diesem Heim, bin aber nicht sicher.
Das Heim wurde von Mönchen (ich denke Franziskaner) betreut. Ich war insgesamt sehr unglücklich in dieser Zeit, obwohl wir auch schöne Ausflüge gemacht haben und die Betreuung nicht so schlimm war.
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Volker aus Baden Würrtemberg schrieb am 10.02.2024
Ich war 1972 in Bad Salzuflen im Heim Roseneck (Name des Heims habe hab ich hier heute
erfahren).

Ich wurde hingeschickt weil ich anscheinend so "zappelig" war. Der Hausarzt hatte das empfohlen.
Ich war erst 5 1/4 Jahre alt und komplett überfordert.

Ich kann mich an folgendes erinnern:

Ich fuhr mit einer "TANTE" von Stuttgart HBF nach
Bad Salzuflen. Am Bahnhof hat mir meine Mama damals noch einen Teddy Bären gekauft. (Den gibt es noch😉)

An was ich mich erinnere:

* Moorbäder mit Wecker an der Badewanne.
* Abends wurde im Schlafsaal "Das kleine Gespenst" vorgelesen. Die junge Frau war nett.
*Wir waren in einem Zoo mit dem Bus und ein grosses Tier hat zum Fenster hereingespukt. (Giraffe ?) ...
Keine Ahnung ob es in Bad Salzuflen einen Zoo gibt bei dem man mit dem Bus durchfahren kann.

Ich war dann irgendwie krank.. Vermute Erkältung.
Wollte immer nach Hause....
Mehr weiss ich leider nicht (mehr)....

Die 6 Wochen waren wohl einschneidend.
Bis zum 16ten Lebensjahr konnte ich nicht alleine sein.
Wollte nicht auf Schullandheime fahren und wenn doch ging es mir sehr schlecht und ich wollte wieder nach Hause...
Hatte Angst alleine zuhause zu sein....
wollte nirgends alleine wegfahren....

Fazit und Gedanken:

Was für eine psychologische Ausbildung hatten die damals, Kinder mit 5 Jahren 6 Wochen von zuhause wegzuschicken ? 😤
Geld wurde sicher auch mit den ganzen Kindern verdient......
Die Eltern hatten es sicher gut gemeint und wussten es wohl nicht besser.

Meine eigenen Kinder mussten nirgends hin. Auch wenn es im Kindergarten eine Nacht war und es ging nicht, dann wurden die Kinder wieder abgeholt. Da gab es keine Diskussion...
Heute sind meine beiden Kinder junge selbstständige Erwachsene, die gerne verreisen und selbstständig leben und entscheiden können.
Niemand muss als Kindergartenkind wochenlang irgendwohin. Niemand........
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Dagmar schrieb am 10.02.2024
Hallo
Ich war ende 1979 in Bad Soden Allendorf. Erzieherinnen waren Nonnen. Zucht und Ordnung, Bestrafung ganz normal dort. Ich war dort wegen Inkontinenz, was nach der Kur noch schlimmer wurde.
Ich habe daran keine einzige gute Erinnerung. Ich war 9 Jahre alt.
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Eckart Meese aus 31632 Husum schrieb am 09.02.2024
Zeitzeugenbericht zum Eisenbahn-Kindererholungsheim 1960 in Bad Pyrmont Parkstraße:


Im Jahre 1960 wurde ich (Eckart) als viereinhalbjähriger Junge zusammen mit meinem 21 Monate älteren Bruder per Bahn ins Kindererholungsheim der Eisenbahn nach Bad Pyrmont verschickt.
Dort wurden wir einige Wochen lang gedrillt und gequält.
Es war größtenteils grauenhaft und angstbesetzt.
Unser Speisesaal befand sich in einem historischen Wintergartenanbau einer großen Stadtvilla aus der Gründerzeit. Die Kinder saßen zum Essen an einem langen Tisch, der von einer "Aufseherin" mit Stock zur Züchtigung ständig umrundet wurde, die darauf achtete, dass jeder seinen Teller leerte.
Wer das übermäßige / Ekel erregende Fett nicht essen wollte und sich auf den Teller erbrochen hatte, der wurde mit Stockhieben auf den Nacken gezwungen, das Erbrochene aufzuessen. Verweigerte man trotzdem, musste man am folgenden Tag insgesamt im Bett bleiben.
So erging es nicht nur mir.

Die Strafen, die Lieblosigkeit, die Angst und das Heimweh haben uns gebrochen.
Der Schlafsaal war ein mit Betten vollgestellter Raum, in dem man sich kaum bewegen konnte (teilweise Bett an Bett).
Das Verlassen des Bettes während der Nacht war bei Strafe untersagt. Wurde man mit offenen Augen im Bett liegend erwischt, gab es eine Ermahnung - "Augen zu - jetzt wird geschlafen".
Während der "Erholungszeit" kam einmal ein ambulanter Zahnarzt vorbei, der mir einen lockeren Milchzahn ohne Betäubung gezogen hatte. Ich verlor fast das Bewusstsein.

Im Jahre 2018 habe ich im Rahmen eines Kururlaubs auch Bad Pyrmont in der Parkstraße aufgesucht, um mich nach 58 Jahren an das noch immer nicht vergessene Grauen zu erinnern. Mein Bruder, der damals nur wenige Monate kurz vor seiner Einschulung stand, hat das Erlebte wohl besser verarbeiten, bzw. wegstecken - um nicht zu sagen - verdrängen können.
Bis heute erlebe ich bei fettigen Speisen einen Ekel.
Das Kinder-Erholungsheim der Eisenbahn steht dort nicht mehr.
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Franz aus Saarland schrieb am 08.02.2024
Ich war im September 1979 zusammen mit meiner kleinen Schwester aus dem Saarland im KKH Marienhof in Wyk auf Föhr. Ich habe noch eine original handgeschriebene Einladung der Mädchengruppe 4 für uns Jungs zu einer Discoveranstaltung 19.10.79.Unterschrieben haben damals " Regina Adam, Angelika Kohnke, Anja Rausch, Maren Kalkowski, Meike Franzen, Bettina Nissen, Nicole Portz, Simone Zim. ?,Sabine Stegermann, Susanne Sch. Gabi Höll, Ute Pormann, Petra Berger, Susanne Bolling. Vielleicht erkennen sich einige wieder und haben Lust mir zu schreiben um sich auszutauschen über die damaligen Verhältnisse. Ich bin entsetzt über die vielen Misshandlugen, von denen hier berichtet wird. Bei uns ging es einigermaßen moderat zu. Allerdings hat man als Kind auch nicht alles mitbekommen. Unsere Betreuerinnen waren soweit okay, manchmal sehr streng und manchmal auch genervt von uns. Allerdings waren wir Jungs auch richtige Rabauken und haben uns natürlich im kindlichen Sinne ausgetobt. An Misshandlungen oder Schläge kann ich mich nicht erinnern. Ich habe noch ein Original Gruppenfoto mit unserer Betreuerin Rosi. Ich selbst bin teilweise im Kinderheim und in einer Pflegefamilie aufgewachsen. Misshandlungen aller Art waren damals an der Tagesordnung. Von daher wundert es mich nicht, was hier viele schreiben. Vielleicht haben wir damals einfach nur Glück gehabt, vielleicht habe ich als Kind aber auch nicht alles mitbekommen. Von daher wäre es schön, wenn sich Ehemalige zum Austausch melden würden > September 1979. Die Kinderdisco wurde damals brutal von den Betreuerinnen abgebrochen, weil wir Kidds alle schüchtern waren und keine richtige Stimmung aufkam. Der Betreuerin Rosi habe ich damals erzählt, das ich im Heim war und in einer Pflegefamilie lebte. Ich erinnere mich, das sie tagelang nachbohrte um mehr zu erfahren. Ich erinnere mich, das sie danach anders war zu mir > seltsam, abweisend und strenger. Insgesamt muss ich aber sagen, hatten wir wohl viel Glück gehabt, nachdem was ich hier so gelesen habe.
Ich grüße alle ganz herzlich, Lg. Franz
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Nicole aus Wittenberg schrieb am 08.02.2024
Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich es überaus wichtig und großartig finde, dass durch diese Aufklärungsarbeit, dieses „ans Licht bringen“, den geschundenen, misshandelten Kindern von damals eine Stimme verliehen wird. Das sie so die Möglichkeit bekommen, endlich gehört zu werden... und somit evtl. anfangen können, all diese schrecklichen Geschehnisse zumindest ein Stück weit zu verarbeiten. Es bewegt mich zutiefst, wenn ich diese furchtbaren Berichte hier lese und dabei an die hilflosen Kinder denke, die sie einst waren. Ich wünsche jedem einzelnen von ihnen alles erdenklich Gute...
Nun zu mir. Ich weiß nicht inwieweit meine eigenen „Kuraufenthalte“ / bzw. Verschickungen hier relevant sind, da sie in der damaligen DDR stattgefunden haben und wohl vieles etwas anders ablief. Ich kann dennoch sagen, dass auch an mir nicht alles spurlos vorübergegangen ist. Allein die Verschickung an sich... die Trennung von der Familie, von allem was einem vertraut ist... ohne einordnen zu können, wohin man gebracht wurde, wie weit weg von zuhause und ob bzw. wie man wieder zurückkommt. 6 Wochen sind lang und als Kind kommt man da auf die merkwürdigsten Gedanken. Dazu fremde Menschen, die prinzipiell jede nur erdenkliche Macht über einen haben. Weiterhin medizinische Anwendungen, die nie kindgerecht kommuniziert wurden... stattdessen wurde alles einfach mit einem gemacht. Egal ob es für das Kind beängstigend war oder nicht. Das interessierte niemanden. Diese Praxis war damals generell üblich. Auch bei Krankenhausaufenthalten habe ich dadurch schlimme Erfahrungen gemacht, z.B. als mir unter Anwendung von Gewalt der Magen ausgepumpt wurde. Ich war 8 Jahre alt und hatte die ganze Zeit das Gefühl zu ersticken. Die ganze Prozedur ohne Beisein eines Elternteils. Doch das ist eine andere Geschichte... Fakt ist, man fühlte sich in diesen sogenannten „Kuren“ irgendwie ausgeliefert, hilflos... man passt sich so weit es geht an, lässt alles über sich ergehen, fügt sich und schluckt die Ängste zusammen mit dem enormen Heimweh herunter.
Als ich das erste Mal verschickt wurde, war ich 4 oder 5 Jahre alt. Es war Ende der 70er Jahre und es ging nach Bad Frankenhausen in das Heim „Helmut Just“. Ich kann mich an fast nichts mehr davon erinnern.. Außer an einen großen Schlafsaal mit diesen typischen weißen Metallbetten (Lazarett-Betten, wie ich sie nenne) und daran, dass es gefühlt jeden Morgen Brote mit Erdbeermarmelade zu essen gab (die ich aber durchaus recht lecker fand). Auch weiß ich noch, dass mir oft Karten von meiner Oma vorgelesen wurden. Sie fand es schrecklich für mich, als Kind solange von zuhause weg sein zu müssen und wollte mir auf diese Weise Halt und Unterstützung zukommen lassen. Ich bin ihr dafür bis heute sehr dankbar... Zur Anreise erzählte mir meine Mutter (auf Nachfrage), dass sie mich zum Hauptbahnhof in Halle/Saale bringen mussten. Dort war so eine Art Sammelplatz, wo (laut ihrer Aussage) schon viele andere weinende Kinder warteten. Von dort ging es dann, ohne Eltern, mit dem Bus weiter. Ich habe keinerlei Erinnerung mehr daran. Meine Therapeutin meint, dass ich mich normalerweise daran erinnern müsste, da dies in diesem Alter prinzipiell möglich ist und die Verschickung ein intensives Erlebnis, abseits des Alltags war. Meine Kindergartenerlebnisse aus der selben Zeit sind merkwürdigerweise nach wie vor erinnerungstechnisch präsent. Sie denkt, dass damals eine Art Selbstschutz meiner Psyche einiges praktisch „ausgeblendet“ hat.
Auch von meiner zweiten „Kur“ (1983, in Graal Müritz, wahrscheinlich Heim „Richard Aßmann“) fehlen mir große Teile meiner Erinnerung, obwohl ich da bereits 9 Jahre alt war. Ich sehe das Zimmer vor mir, wo ich mit vier anderen Mädchen untergebracht worden bin. An einigen Tagen gab es in einem Nebengebäude etwas Schulunterricht, in kleinen Gruppen. Zu dem gab es Strandläufe und Wasserwaten am Meer, wo wir im Anschluss daran noch ein wenig Zeit bekamen, um Muscheln zu sammeln. Ein- oder zweimal wurde ein Waldspaziergang gemacht. Früh morgens Atemübungen (im Zimmer) vor dem offenen Fenster, mit freiem Oberkörper (es ging wohl hierbei auch um Abhärtung, denn es war mitunter recht frisch). Des Weiteren wurden in einem großen Gemeinschaftswaschraum kalte Güsse zelebriert. Auch an Bürstenmassagen kann ich mich erinnern. Unsere Betten mussten wir jeden Morgen selbst machen, auf eine uns vorgeschriebene Weise. Decke und Kissen hatten so zu liegen, wie es uns vorher gezeigt worden war, und das Bettlaken durfte keine Falten mehr zeigen. Zu Zeiten ohne Spannbettlaken keine einfache Aufgabe für ein Kind, eine schwere Matratze anzuheben und die Ecken des Lakens entsprechend der Vorgaben so zu falten, dass es am Ende komplett glatt aufliegt. Alles wurde anschließend vom Personal kontrolliert. Gab es Beanstandungen (welche durchaus in schroffem Ton geäußert wurden), musste man es noch einmal machen. Ich weiß noch, dass ich sogar später zuhause darauf achtete, dass mein Bettlaken faltenfrei war.
Vage kann ich mich an ein Mädchen erinnern, das einmal auf dem Flur stand, was wohl als Strafe gedacht war. Wofür, weiß ich nicht mehr.
Meine schlimmste Erinnerung aus dieser Zeit sind jedoch die Saunagänge. Ich konnte bis zu diesem Zeitpunkt mit dem Begriff „Sauna“ gar nichts anfangen. Ich kannte so etwas schlichtweg nicht. Man brachte uns in einen kleinen sehr dunklen Raum (In meiner Erinnerung sind die Wände fast schwarz, z.T. wie verkohlt. Dies kann sich aber auch mit Albträumen vermischen, welche ich danach selbst nach Jahren immer wieder hatte). Die Hitze darin, schien mir unmenschlich und es roch merkwürdig. Dann wurde abgeschlossen. Ich hatte das Gefühl, in eine Art Backofen gesteckt worden zu sein und wusste ich kann nicht raus. Es war eine sehr beängstigende Situation. Ab und an schaute eine Schwester durch das kleine Sichtfenster oben in der Tür. Ich hoffte jedes Mal, dass sie uns rauslässt. Doch dann ging sie wieder. Irgendwann hörte ich das erlösende Geräusch des Schlüssels im Schloss. Danach wurden wir in einen anderen Raum gebracht. Dort mussten wir uns auf Pritschen legen und wurden mit angelegten Armen straff in Wolldecken gewickelt, damit die Hitze in unserem Körper nachwirken konnte. Es war beklemmend. Man kam von selbst nicht wieder aus dieser Decke heraus, man schwitzte und die Wolldecke kratzte auf der Haut. Doch fürs Erste war ich froh, aus der Sauna herausgekommen zu sein. Natürlich wiederholte sich das Ganze noch so einige Male in den sechs Wochen. Für mich hieß es jedes Mal: „nur irgendwie duchstehen“. Ich habe in meinem Leben nie wieder eine Sauna aufgesucht. 17 Jahre später hat mein Körper einmal mit einer starken Panikattacke auf einen Geruch reagiert (mir war plötzlich heiß und kalt geworden, ich fing an zu zittern, hatte Kreislaufprobleme und wollte nur noch dort weg) > später erfuhr ich, dass der Geruch, welchen ich kurz zuvor wahrgenommen hatte, aus einer Sauna kam, die sich unmittelbar in der Nähe befand. Es hat mich sehr überrascht, dass die besagte frühere Erfahrung aus der „Kur“ selbst nach so langer Zeit noch immer nachwirkte. Nicht auszurechnen, wie es denen ergehen muss, die während ihrer Verschickungen massivste Gewalt erlebt haben und diese als Erinnerung mit sich tragen. In einer der beiden „Kuren“ gab es einen Raum, in dem wir Soledampf einatmen/inhalieren mussten. Da ich aber Inhalationen in anderer Form aus der Praxis meines behandelnden Kinderarztes kannte, war dies für mich nicht schlimm. Ich konnte es als harmlos einordnen und somit war das okay. An weitere Dinge wie z.B. weitere Freizeitbeschäftigungen, Behandlungen, jegliche Mahlzeiten, weitere Räumlichkeiten, genaueres zum Personal etc., sowie An-und Abreise kann ich mich nicht erinnern. Auch frage ich mich immer wieder, wo unsere Sachen eigentlich verstaut waren. Das ist mir bei allen drei Verschickungen ein Rätsel.
2 Jahre später (1985-86), ich war 11 und wurde während der „Kur“ 12 Jahre alt, ging es in die dritte Verschickung. Es geschah jedes Mal auf Veranlassung durch meinen Kinderarzt , wegen angeblich chronischer Bronchitis. Dieses Mal schickte man mich sogar ins Ausland, in die damalige CSSR, nach Strbské Pleso (Hohe Tatra), ins Sanatorium „Helios“. Ich wollte keineswegs so weit von zu Hause weg und schon gar nicht wieder zu so einer „Kur“. Was würde mich dort nun wieder erwarten? Ich hatte Angst und doch keine Wahl. Am Flughafen Berlin-Schönefeld wurden wir „eingesammelt“. Mir liefen die Tränen und mein Vater sagte nur vorwurfsvoll: „Reiß dich mal zusammen! Wie alt bist du denn?!“ Es wurde meine erste Flugerfahrung und abgesehen vom späteren Rückflug auch meine letzte. Die alte Interflugmaschine war nicht gerade Vertrauen erweckend. Diesmal sind einige Erinnerungen an die Reise vorhanden. Es ging nach der Landung mit dem Bus weiter... eine sehr lange Fahrt. Ich wusste, dass ich nun definitiv so weit weg von zuhause war, wie noch nie zuvor. Ich befand mich in einem fremden Land, wusste nicht was mir dort bevorstand... allein das war schon beängstigend, selbst in diesem Alter noch.
Das Sanatorium war riesig. Es gab Mehrbettzimmer, wo wir ca. zu viert untergebracht waren. Die Altersstruktur ging etwas weiter auseinander, als ich es bisher kannte. Ich war eine der jüngsten in unserer Gruppe. Es war Hochwinter dort im Gebirge. Unsere Sachen, unser Schuhwerk (typisch für durchschnittliche Stadtkinder in der damaligen DDR) waren den stark winterlichen Verhältnissen nicht gewachsen. Alles wurde immer wieder innerhalb kurzer Zeit durchnässt und es war ziemlich kalt. Das Essen war soweit in Ordnung, wenn auch mitunter etwas fremd anmutend. In der Freizeit wurde viel draußen unternommen, meist Spaziergänge und Wanderungen, 1 oder 2mal ging es zum Rodeln am Hang hinter dem Sanatorium. In der Stadt durften wir manchmal von unserem Taschengeld einige Süßigkeiten kaufen, das war ein Highlight. Es gab auch 1 oder 2mal einen Kinonachmittag (das Kino befand sich in einer der unteren Etagen im Sanatorium, soweit ich weiß). Leider waren die Filme eher etwas für kleinere Kinder und ausschließlich in der Landessprache, aber Zeichentrickfilme versteht man ja dennoch irgendwie. Auch durften wir öfter nachmittags in einer Art Gemeinschaftsraum Karten spielen, Zeichnen etc. und dabei mit einem Plattenspieler Musik hören.
Früh wurde regelmäßig die Körper-Temperatur gemessen (unter dem Arm oder im Mund) und es wurde hin und wieder mit Salzwasser gegurgelt. Geduscht wurde gemeinsam, nach Gechlecht aber nicht nach Alter getrennt … manchmal etwas eigenartig vom Gefühl her. Das Personal war sehr nett. Bis auf eine Schwester, die sehr rigoros war. Sie sah es nicht gern, wenn wir zur Schlafenszeit zur Toilette gingen, also taten wir es irgendwie heimlich, wenn sie Aufsicht hatte. Alle anderen Schwestern waren freundlich und fürsorglich. Ich kann mich sogar noch an ihre Namen erinnern, sowie auch an einige der anderen Kinder bzw. Jugendlichen. Insgesamt habe ich an diese Verschickung die meisten Erinnerungen und durchaus einige gute. Dennoch war ich auch dort von beständigem Heimweh geplagt, zumal ich den Jahreswechsel und meinen Geburtstag dort verbrachte. Wie es sich mit den Weihnachtstagen verhielt weiß ich nicht mehr. Sechs Wochen sind jedenfalls lang, dazu die große Entfernung von der Heimat, in einem fremden Land. Man ist darauf angewiesen, dass Menschen, die man nicht kennt, einen wieder nach Hause bringen. Da man selbst nicht in der Lage dazu ist. Das ist und bleibt beängstigend.
Ich weiß noch wie erleichtert ich war, als das Flugzeug bei meiner Rückreise endlich wieder in Berlin-Schönefeld landete.
1987 sollte ich noch einmal ins Ausland verschickt werden (wahlweise nach Zypern oder Jugoslawien). Dagegen habe ich mich jedoch erfolgreich gewehrt. Meine Eltern haben mir das jahrelang immer wieder vorgehalten, wie „dumm“ ich doch war, so etwas tolles abzulehnen.
Noch lange nach meiner Verweigerung habe ich befürchtet, man würde mich irgendwann (praktisch über meinen Kopf hinweg) doch noch wieder wegschicken. Das passierte aber, Gott sei Dank, nicht. Gesprochen habe ich über all meine Ängste und Belastungen nie. Man hatte sich anzupassen und zu funktionieren, wie es von einem erwartet wurde.
Bis zur heutigen Zeit, bin ich ein Mensch, der zutiefst verunsichert ist und für den Reisen purer Stress sind. Weswegen sie soweit als irgendwie möglich vermieden werden. Ich brauche meine gewohnte Umgebung, meine alltägliche Routine und vertraute Menschen und Abläufe, um mich wohlzufühlen. Es muss quasi alles irgendwie kontrollierbar für mich sein. Ich muss die Gegebenheiten um mich herum einordnen können. Alles darüber hinaus bedeutet für mich Stress in höchstem Maße.
Vor einigen Jahren sollte ich zu einer medizinischen Rehamaßnahme, angedacht von einer größeren Behörde. Es kam mir vor, als hätte ich keine Wahl... ich fing an zu zittern, brachte kaum noch ein Wort heraus, hatte Panik. Die Sachbearbeiterin war sehr erschrocken über meine Reaktion und so nahm man letztendlich davon Abstand, was für mich eine große Erleichterung war.
Bei mir ist einiges in meiner Kindheit und Jugend, aber auch später, nicht so gelaufen wie es besser hätte sein sollen. Derzeit bin ich erwerbsunfähig verrentet. Nach diversen Diagnosen (wie Angststörung, Agoraphobie, Bindungsstörung u.s.w.) ergab sich im Laufe jahrelanger Therapie, dass ich unter einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung leide. Die Verschickungen haben ihren Teil dazu beigetragen, selbst wenn ich nicht so massive Gewalterfahrungen machen musste, wie so viele andere hier.
In meiner Familie wird dieses Thema eher abgetan, nach dem Motto: „Das war halt damals so.“ Ich sollte es doch endlich ruhen lassen.
Für mich sind es einige der Erfahrungen meines Lebens, die mir schon früh das Empfinden von Sicherheit genommen haben. Was blieb war ein permanentes Gefühl von Unsicherheit, Ausgeliefertsein, Machtlosigkeit und latenter Bedrohung... bis heute.
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Ursula Geißelmeier aus Fürth schrieb am 08.02.2024
Liebe ehemalige Verschickungskinder,
auch ich wurde mit 3 1/4 oder 3 1/2 Jahren 1962 vom Gesundheitsamt nach Tutzing geschickt, um die Nachwirkungen einer Lungenentzündung auszukurieren. Eines Tages wurde ich von der jüngeren Schwester meiner Mutter, die damals schwanger war, zum Bahnhof gebracht. Dort waren viele Kinder und einige Betreuer. Wir wurden in einen Zug gesetzt. Als Reisebegleiter hatte mir meine Mutter einen Teddybären gekauft. Ich war völlig ahnungslos, was vor sich ging und begann sehr schnell nach meiner Mutter zu fragen. Als Antwort bekam ich zu hören, dass sie beim nächsten Bahnhof auf mich warten würde. Als der Zug stoppte, hielt ich natürlich Ausschau nach meiner Mutter, aber sie war nirgends zu sehen und der Zug setzte sich rasch wieder in Bewegung. So ging es immer weiter, meine Frage nach meiner Mutter und die gleiche Antwort. Schließlich hieß es, dass wir zu einem großen Haus fahren würden, wo meine Mutter mich erwartete. Natürlich Pustekuchen. Ich kann mich noch an das Haus erinnern, aber viel weiß ich nicht mehr. So gab es wohl zum Frühstück Marmeladenbrote und mittags Grießbrei. An das Abendessen kann ich mich nicht erinnern. Es wurde aber Wert darauf gelegt, dass aufgegessen wurde. Die Kinder wurden alle regelmäßig gewogen, wobei ich im Arztzimmer immer Angst verspürte. An Grausamkeiten kann ich mich nicht erinnern. Gut im Gedächtnis sind mir noch der große Schlafraum, das Bad und der Sandkasten im Garten geblieben. Der Speiseraum wurde auch als Spielzimmer genutzt und es gibt auch Fotos mit mir darin. Aus den geplanten 4 Wochen wurden 6, da ich an Masern erkrankte. Man verlegte mich in das Krankenzimmer, ein kleiner Raum, in dem noch 2 oder 3 weitere Kinder waren. Dort ging es uns ganz gut. Es gab im Heim auch eine Betreuerin, wohl im Alter meiner Mutter, die mich öfter hinter der Tür versteckte, wenn die anderen Kinder raus gingen. Sie nahm mich dann auf Besorgungen in die Stadt mit. Ich glaube, dass sie Mitleid mit mir hatte, weil ich damals die Jüngste war. Sie schrieb auch Briefe an meine Mutter. Am Ende der Kur bekam ich zum Abschied ein kleines Geschenk. Zuhause musste ich nach 3 Tagen in die Klinik wegen des Verdachts auf Blinddarmentzündung. Die starken Bauchschmerzen kamen aber wohl durch die Umstellung auf das Essen meiner Mutter. Durch den Aufenthalt und das ganze Drumherum habe ich jedoch ein Trauma behalten. Jahrelang litt ich unter starken Trennungsängsten, so hatte ich riesige Angst, dass meine Eltern sterben würden und ich sie nie mehr wiedersehen könnte. Ein Versuch, mich in den Kindergarten zu bringen, scheiterte kläglich. Am Beginn der 1. Klasse musste ich zur Schule gebracht werden, wobei ich mich auf dem Schulweg an mehreren Hausecken übergab. Später waren Klassenfahrten für mich auch nicht einfach. Ich litt einfach immer unter der Angst, dass ich meine Eltern nie mehr wiedersehen würde, wenn ich fortging. Mein Auszug von zu Hause wegen der Aufnahme meines Studiums in einer weiter entfernten Stadt belastete mich anfangs auch sehr. Meiner Mutter habe ich nie verzeihen können, dass sie mich so ahnungslos weggeben hat. Ich habe als Erwachsene mehrfach versucht mit ihr darüber zu reden, aber sie blockte immer mit den Worten ab, dass das sein musste, weil ich mich damals ja erholen musste. Das letzte Mal versuchte ich es 2009, aber sie wiederholte ihre Begründung. Danach bekam sie einen schweren Schlaganfall und wurde zum Pflegefall. Ich habe mir immer gewünscht, dass sie wenigstens ein einziges Mal zu mir sagen würde, dass es ihr leid tut und sie das niemals wieder machen würde. Dann hätte ich mit der Geschichte vielleicht abschließen können. Das Schlimmste für mich war das erlittene Heimweh und ich habe bei meinen 3 Kindern alles vermieden, dass sie dieses Gefühl kennen lernen.
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Göldner Claudia aus 92715 Püchersreuth schrieb am 08.02.2024
Ich bin erst heute von meiner Ergotherapeutin auf die Verschickungskinder aufmerksam gemacht worden. Bis dahin konnte ich mich an kaum etwas aus dieser Zeit erinnern, außer an ein paar fürchterliche, prägende Erlebnisse und dass es auf Sylt war. Was ich noch wie heute weiß, ist wie schlimm es für mich war. Viele Erlebnisse habe ich wahrscheinlich verdrängt. Auch ich kann mich an eine Situation erinnern, in der ich nicht auf die Toilette konnte, in meiner Verzweiflung bin ich damals in eine der Duschen gegangen, um mich zu Erleichtern. Nicole, als ich deinen Bericht gelesen habe, kam dies alles auf einmal in mir hoch. Leider sind meine Eltern schon verstorben und ich kann sie nicht mehr fragen, wann und wo es genau war. Endlich erklären sich mir auch viele Probleme, die ich seit dieser Zeit habe und seit ein paar Jahren versuche aufzuarbeiten.
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Barbara Knechtel schrieb am 08.02.2024
[Gabi hat einen Eintrag über dieses Heim geschrieben,dem ich voll zustimmen kann
Ich würde gerne Kontakt mit Ihr aufnehmen oder auch anderen Kindern
die BEK war auch unsere Krankenkasse,ich wurde krank und bekam Medikamente,Tabletten.die so groß waren,dass ich sie nicht schlucken konnte
Deshalb habe ich heimlich Brot mitgenommen in mein Bett,die Tabletten darin eingewickelt und das Päckchen unter meiner Bettmatratze versteckt
Ich hatte fuerchterliche Angst erwischt zu
werden und die Hoffnung,dass meine Eltern mich abholen,wenn sie erfahren,dass ich krank bin
Sie haben es nie erfahren,Gottseidank waren meine Selbstheilungskraefte so gut,dass ich auch so gesund wurde und auch ich wie
wurde (wie Gabi) nach diesem Aufenthalt
als aufmüpfig empfunden,welch ein Missbrauch an uns Kindern in seelischer und körperlicher Hinsicht,die uns unser Leben sicher erschwert haben
Mich würde interessieren,ob Dr.Ewald an Medikamentenversuchen beteiligt war
Es gibt noch sehr viel mehr zu berichten,aber für jetzt hoffe ich,auf einen Kontakt zu Gabi
Barbara
Ich habe übrigens vor ca 4 Jahren Wuestensachsen besucht, zu meiner persönlichen Recherche,habe zufällig mit einem Mann gesprochen,dessen Frau damals in der Heimkueche gearbeitet hat,er sagte mir,dass seine Frau gekündigt hat,weil sie die Zustände dort nicht mehr Mitertragen und-ansehen konnte.Auch bei Anfrage in der Gemeinde keine Hilfe,genauso wenig wie bei der BEK.



Mich würde n
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Thomas aus Garbsen schrieb am 08.02.2024
Auch ich war damals von Essen aus nach Oberstdorf zur Kur. Kann mich an zurückgehaltene Briefe, erzwungene Korrekturen in diesen Briefen, Kaltwasserduschen, Gartenarbeiten u.a.m. erinnern. Lange ist es her, positive Erinnerungen gab es aber auch. Wanderungen und Sommer in den Bergen sind unvergessen.
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Gerd Eyssele aus Stuttgart schrieb am 08.02.2024
Ich war etwa 7 Jahre alt, als ich wegen Untergewicht nach Storzeln verschickt wurde. (20 Jahre später Operation wegen Hyperthyreose) Eigentlich habe ich keine schlechten Erinnerungen daran. Ich erinnere mich an eine sehr nette Betreuerin, die mit uns gesungen hat, mit mir Klavier spielte und mir half, meinen Eltern zu schreiben. Mein Bett war in einem großen Schlafsaal hinten, rechts an der Wand. Auch erinnere ich mich an einen Ausflug auf den Hohentwiel, an Ausflüge in den nahe gelegenen Wald und an ein Abspritzen mit dem Wasserschlauch, wo wir allerdings freiwillig in den Wasserstrahl treten konnten; ich habe mich 2x hinein gewagt. Auch erinnere ich mich an die Hinfahrt mit dem Zug, die ich als aufregende Erwartung empfand. Bestrafungen und Medikamente sind mir nicht in Erinnerung.
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Stefan schrieb am 08.02.2024
Hallo,
obwohl ich heute viel geweint habe, nach der Wut, vielen Dank an diese Seite und alle Berichte. Ich werde recherchieren und hoffentlich das Jahr und das Heim raus finden. Dann werde ich auch Zeugnis ablegen.
Mir hat nie jemand geglaubt, es ist so gut und wichtig darüber zu reden!
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Ulrike Hampel aus 71394 Kernen schrieb am 07.02.2024
Im November/Dezember 1957 wurde ich als 6-Jährige, sechs Wochen lang, vom Gesundheitsamt Kassel in das Kinderheim in Karlshafen zur "Kur" geschickt. Es wurden die schlimmsten 6 Wochen in meinem Leben und ich hasse diese Stadt, die ich bis heute nie wieder betreten habe.

Wir Kinder wurden in Kassel alleine in den Zug gesetzt und nach Karlshafen gebracht. Im Zug habe ich mich mit einem gleichaltrigen Jungen befreundet und wir haben uns geschworen, die ganze Heimzeit zusammen zu bleiben.
Der erste Schock kam, als wir am Heim ankamen: Schon vor der Tür, wurden Jungen und Mädchen getrennt! Ich habe ihn nie wieder gesehen.

Jeden Mittag, wir bekamen das Essen in einer tiefen Schale, die wie ein Hundenapf aussah, habe ich mich in diese Schale übergeben, weil wir nicht aufstehen durften. Ich war eh ein "Spuckkind" und es war daher nicht verwunderlich.
Ich musste das Übergebene 3x aufessen, ehe ich mir einen neuen Schlag holen durfte. Den habe ich auch 3x übergeben, bis ich schließlich das Erbrochene wegbringen durfte. Sechs Wochen lang, jeden Mittag das gleich Prozedere...
Mir wird heute noch übel, wenn ich an die Konsistenz der "bearbeiteten Mahlzeit" denke.
Alle Kinder, die gespuckt hatten, durften bei den Spaziergängen keinen Schnee anfassen und auch beim Kaspertheater nicht zuschauen.

Jeden Mittag mussten wir Mittagsschlaf machen. Ich war schon immer ein sehr temperamentvolles Kind, das sehr sehr wenig Schlaf brauchte. Ich weiß bis heute nicht, wie ich es dort geschafft habe soviel zu schlafen.
Aber einmal konnte ich mittags nicht einschlafen und als die Schwester zur Kontrolle kam, habe ich schnell die Augen geschlossen, aber sie hat trotzdem bemerkt, dass ich noch wach war. Sie hat mir die Bettdecke über den Kopf gezogen, und mich solange geschüttelt, bis ich nichts mehr mitbekommen habe.

Wir mussten auch unsere Waschbecken putzen und wehe, es war nicht gut genug. Mich hat die Schwester regelmäßig angeschrien. Dabei wusste ich gar nicht was ich besser machen sollte.

Es war eine schreckliche Zeit dort, ich bin drei Jahre lang nicht mehr alleine verreist, womit ich vorher kein Problem hatte.

Als meine Mutter mich nach sechs Wochen in Kassel vom Zug abgeholt hat, bekam sie einen Schreck: sie hatte gedacht, sie holt den lebenden Tod ab. Aber trotzdem hat sie beim Gesundheitsamt keine Beschwerde eingelegt. Ich hätte denen die Hölle heiß gemacht, wenn es mein Kind gewesen wäre!!!
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Jasmin Rosenberger aus Lingenfeld schrieb am 07.02.2024
Ich wurde 1974 geboren, leider erkrankte ich mit nur 3 Monaten an
Keuchhusten. Was Anfang der 70er bedeutete, dass die Mutter ihr Kind im Krankenhaus auf der
Station abgeben musste und von da an es nur noch über eine Trennscheibe sehen
konnte.
Keine Berührung, keine Nähe nichts, wir Babys hatten nur Kontakt zu den Schwestern, was hieß, sie fütterten einen, wechselten die
Windeln, das war es. Wenn man schrie, dann schrie man eben, da kam niemand und mit der Zeit wurden die Babys immer er stiller
und stiller. Heute weiß man wie schädlich so eine Isolation sein kann für ein Baby.
Ich musste ganze 3 Monate dort bleiben, was ich erst vor ein paar Jahren
herausfand war die Tatsache, das ich durch diese Behandlung schon
frühkindliche Störungen erlitten haben, Diagnose "Hospitalismus".
Menschen mit dieser Störung fällt es schwer vertrauen aufzubauen zur Mutter, Vater, Familie, man kann schon als Baby, Kleinkind unter
Depressionen leiden. Mir wurde das Urvertrauen genommen, das da wer
ist wo einen beschützt, liebt, sich um einen kümmert.

Meine Mutter sagte mal etwas zu mir, was ich seither nicht mehr
vergessen kann.
"Als ich dich aus dem Krankenhaus damals aus dem Krankenhaus holte und dich im Arm hielt, sagte ich zu deinem Onkel, das ist nicht mein Kind, sie ist so ganz
anders!!!
Und so war es auch, ich schrie einfach nicht mehr wenn ich Hunger oder
die Windel voll hatte. Ich schlief nur, schlief immer und überall...
Meine Mutter musste mich immer immer aufwecken damit ich überhaupt aß und da
war noch etwas, sobald sie mich ins Bett legte, fing ich an meinem Kopf hin und her zu drehen, monoton bis ich einschlief.
Kein guter Start ins Leben oder?

Seit ich denken kann habe ich von kleinst auf schon immer das Gefühl
gehabt, dass ich nicht in diese Familie passe, gehöre, nicht mal auf diese Welt.
Das ist etwas, was ich heute noch in mir trage.
Mein Leben stand einfach unter keinem guten Stern.

Mit nur 2,5 Jahren also 1976/77 schickte meine Mutter ( die zu dieser Zeit alleinerziehend war) mein Bruder 2,5 Jahre älter als ich) und mich in
ein sog. Kindererholungsheim!

Eine Freundin von ihr, die auch 2 Kinder hatte schwärmte ihr vor wie toll das doch wäre für Kinder und das es über die Arbeiterwohlfahrt AWO
finanziert werden würde.

So kam es, dass sie eines morgens zu uns sagte, dass wir mit dem Zug in
Urlaub fahren würden.
Sie begleitete uns in den Schwarzwald nach Schonungen. Sie ging mit uns
in das große graue mehrstöckige Haus.
Ich erinnere mich noch gut daran, dass dort viele Kinder mit ihren Müttern waren.
Seit ich in dem Krankenhaus war, als Baby, war ich eine Mama-Klette, niemand durfte mich hochheben, da
verfiel ich sofort in Panik, fing an mich völlig zu versteifen bis hin,
dass ich aufhörte zu atmen. Von daher wich ich meiner Mutter nicht von
der Seite. Alle Mütter und Kinder waren im großen Speisesaal, dort gab
es für alle warme Schokolade und ein Nutellabrot.

Dann sagte meine Mutter zu meinem Bruder er solle kurz auf mich aufpassen, sie käme gleich wieder...
Sie verließ den Saal und kam nicht mehr zurück.
Für mich brach eine Welt zusammen, warum ließ sie mich/uns schon wieder
alleine???
Zu allem Übel wurden Geschwister sofort getrennt. Mein Bruder musste mit
den anderen Jungs in den 2 Stock und mich brachte eine sog. Tante in den1 Stock.
Ich war so unter Schock, dass ich nicht mehr sprach an diesem Abend, Nacht und auch sonst nur selten was von mir gab.

Ich war mit ein paar ebenfalls sehr kleinen Mädchen die jüngsten dort,
doch für uns galten alle Regeln und Bestrafungen genauso wie für die
älteren Kinder dort.
Mein Bruder sah ich nur noch bei den Mahlzeiten im großen Speisesaal,
doch unterhalten, mit einander spielen, uns in den Arm nehmen war absolut verboten.

Die Tanten und Onkels so wie die Heimmutter und Vater waren ganz furchtbar streng, sie schrien ständig herum.

* Prügel , Schläge mit allem was sie in die Hände bekamen waren an der Tagesordnung, egal wie alt du warst.

* wer nicht tat was man ihm sagte, nicht schnell genug war bekam Schläge, mit dem wurde herum gebrüllt, musste Strafarbeiten erledigen.
Den sog. Erzieher/innen machte es regelrecht Spaß uns Kinder mit Worten zu erniedrigen, beschimpfen, dieses ständige angebrüllt werden war
einfach nur furchtbar.

* wer nicht essen wollte oder nicht aß was auf dem Teller war, auf den wartete eine besonders harte Strafe.
Dazu muss man sagen, dass das Essen dort furchtbar war, oft roch es schlecht, Brot gab es auch schon mal angeschimmelt
Teils roch es übelst, war zu hart, zu trocken, versalzen und ich glaube
auch oft überhaupt nicht mehr essbar denn viele von uns erbrochen sich
oft oder hatten ständig Durchfall und Magenkrämpfe.

So erging es mir eines Nachmittags, das es Hähnchen gab, es roch seltsam
und es war mit Paprikapulver über und über bestreut, dass mir schier alles hoch kam.
Doch die Tante war gnadenlos, sie schrie mich die ganze Zeit an ich solle essen, drohte mir mit Prügel, versuchte mir das Essen mit Gewalt in den Mund zu schieben, packte mich grob an, bis ich mich irgendwann
über dem Teller übergeben musste.
Sie riss mich an den Haaren hoch und prügelte auf mich ein.
Mein Bruder schrie los und rannte zu mir herüber aber da waren die
Onkels schneller, hielten ihn fest, während sie mich aus dem Saal
schleiften in die Küche.

In die Küche wollte niemand kommen, jeder wusste was nun passieren würde.
Ich hörte mein Bruder schreien, wie er rief, sie sollen mich raus
lassen, dass sie das nicht tun dürften und er schlug und trat gegen die Tür, bis es auf einmal ganz ruhig wurde.
Ich saß auf der Eckbank, bekam mein Teller mit dem erbrochenem und dem
Hähnchen vor mich gestellt und den Befehl "iss"!!!
Ich war 2,5 Jahre alt, war völlig verstört, hatte Todesangst, ich bekam nichts runter.
Dann rief sie die Schäferhunde rein, einer nahm rechts, der andere links
von mir Platz und dann hieß es wieder " iss" oder die Hunde beißen dich.
Ich kann mich noch an die ersten Bisse erinnern, es waren schlimme
Schmerzen, ich stand so unter Schock, dass ich nicht mal mehr weinen konnte.
Irgendwann wachte ich auf, ich lag im Krankenzimmer meine Finger, Arme waren eingewickelt in Verbände und ich musste einige Tage dort bleiben.

* Ich kann jetzt nur für mich sprechen, ich wurde in dieser Zeit;
geschlagen, bestraft, auf mich wurde mit Gegenstände eingeschlagen von
Ästen, Ruten über Kochlöffel, Lineal, der Hand, mal auch die Faust...
* mir wurden Medikamente, Säfte gegeben wovon einem oft furchtbar übel
wurde, man Fieber bekam, bis hin zur völliger Müdigkeit.
Das man einschlief war gewollt, sobald man aufwachte war man in Kellerräume oder auf dem Dachboden, oft irgendwo angebunden und die
Onkels und Tanten so wie die Nonnen und Brüder, die ab und an da waren,
missbrauchten uns, mit Vorliebe besonders gerne uns ganz kleine Mädchen.
Ob Jungs das ebenfalls erleben mussten, weiß ich nicht, ich war ja immer nur mit
Mädchen zusammen.
Von Berührungen über Folter, Schläge, eindringen in einen, einzeln oder zu mehreren, sie waren brutal und je mehr man schrie oder weinte desto
mehr Freude zeigten sie, sie lachten.
Es war die Hölle auch wenn ich erst viel später verstand was mir da tatsächlich angetan wurde.

* Mein Bruder und ich mussten 8 Wochen dort bleiben, was mein Bruder
alles erlebt hat weiß ich nicht, er sprach eigentlich nie mehr über das Heim und heute haben wir keinen Kontakt mehr miteinander.
Ich weiß noch, dass ich am Anfang meiner Mutter versucht hatte zu
erklären, wie schrecklich es dort war, doch sie glaubte mir einfach nicht.
Niemand glaubte mir in der Familie.
Mein Bruder schwieg und ich machte es ihm nach.

Erst im Alter von 9-10 Jahren kamen die ersten Träume hoch, manchmal auch nur
Wortfetzen, einzelne Bilder...
Mein Pech war als ich 4 Jahre alt war brachte meine Mutter einen Mann mit in
die Familie, der mein Stiefvater wurde.

Er war wie zwei Personen in einer. Er war großzügig zu uns, war aber
andererseits ein furchtbarer Workerholiker, der total cholerisch,
unberechenbar war von seinen Wutausbrüchen her.
Eigentlich war es ein...vom Regen in die Traufe zu kommen für mich.
Die Schläge, Erniedrigungen, Bestrafungen, jeden Tag Streit, Wut, Zorn,
endlos Diskussionen nahmen ab da, nie mehr ein Ende in meiner Familie .
Da wo es im Heim aufgehört hatte ging es zu Hause gerade so weiter.

Was kommt dabei heraus?

Ein Kind, Mädchen, Teenager wo verschlossen, oft schwer depressiv war,
ein Kind das Schwierigkeiten im lesen und schreiben hatte, ich wurde von
meinem Stiefvater immer als dumm bezeichnet, nutzlos, ich wurde ein Kind
das mit 9 Jahren von einer Brücke gesprungen ist weil der Tod besser
war, wie die ewigen Beschimpfungen, Erniedrigungen tagtäglich ertragen
zu müssen und mit all diesen Alpträumen vom Heim und deren Bewohnern .
Ich hatte mit Autoritäten von je her meine Schwierigkeiten, auch heute teils noch.
Meine Familie verstand einfach nicht, dass ich psychologische Hilfe benötigt hätte.

Ich war in ihren Augen immer nur die Aufmüpfige, die wo sich nicht
anpassen wollte, ein Störenfried, zu nicht's nutze, die sich komisch
verhaltet und mein Bruder, der wurde immer bevorzugt, alles was er
machte war mega toll und erfolgreich, ich war der Dauer-Loser, das ewige
schwarze Schaf der Familie.

In der Teenagerzeit fing ich an mich zu ritzen, schluckte Tabletten, ich
war sehr oft schwerst depressiv, wollte nicht mehr leben, ich kam mir so unnütz und alleine auf der Welt vor.

Mit 18 Jahren ging ich freiwillig in eine psychosomatische Klinik, diese baute mich in soweit auf, dass ich nach Hause kam und verkündete, dass
ich von Zuhause ausziehen werde, was ich dann auch machte!
Zwar wurde ich nun nicht mehr jeden Tag beschimpft, geschlagen etc. doch
die tiefen Narben blieben, sie sind heute noch da!
Ich hatte mit vielen Dämonen zu kämpfen und es kamen immer neue dazu.
Mit 19 Jahren tat sich dann eine andere Hölle auf namens "Krebs".

Als ich von "Verschickungsheime/Kinder hörte, schrieb ich das Jugendamt
an und fragte nach meiner Akte. Doch ich erhielt nur ein "die wurde
schon vernichtet" von der zuständigen Dame.
Auch die AWO will von Verschickungsheime nichts wissen!
Egal wo man sich hinwendet winken alle ab aber so viele ehemalige Kinder
können nicht lügen.

Ich wünsche mir etwas dazu beitragen zu können damit die
Verantwortlichen ENDLICH zur Rechenschaft gezogen werden! Das die
Menschen, Instituten von damals und heute zugeben was sie uns allen damals angetan haben!

Ich wünsche mir eine richtige Aufarbeitung, ich wünsche mir, dass die Länder,
Behörden, Ärzteschaft, Pharmaindustrie, Behörden dazu stehen was sie
Jahrzehnte lang gedeckt und mit- verschuldet haben.

Ich wünsche mir eine finanzielle Wiedergutmachung, denn so viele von uns
ehemaligen Kindern kämpfen heute noch mit schweren seelischen,
körperlichen, psychischen Erkrankungen herum. Sind heute so wie ich
schon frühverrentet, leben in Altersarmut etc..

Wir sollten zumindestens in soweit finanziell entschädigt werden, dass
wir den Rest unseres Lebens wenigstens einigermaßen sorgenfrei leben
können.

Von dem was ich dort an Medikamenten schlucken musste, Infusionen,
Spritzen, Bestrahlung bekam, wer weiß da schon, ob nicht mein Krebs,
meine Allergien, Unverträglichkeiten, schwerste Erkrankungen nicht von
den damaligen Medikamenten kommen?
Und es ist für mich heute mit 49 Jahren eine große finanzielle Belastung nur
mit einer Minirente klar kommen zu müssen.

Medikamente die nicht verschrieben werden, gesonderte Untersuchungen,
spezielle Cremes, Pflegemittel wo nicht bezahlt werden, ich würde mich
gerne vegan ernähren aber wovon soll man das denn alles bezahlen?

Mit Haftstrafen ist keinem geholfen, sind wir ehrlich Millionen Kinder
die ein Schicksal teilen, teilweise ihr Leben lang schwerst
traumatisiert wurden und es bis heute sind wovon sich wahrscheinlich
unzählige Kinder, Jugendliche, Erwachsene sich das Leben genommen haben weil
deren Dämonen einfach zu stark waren.

Was will man da "Gut" machen mit Haftstrafen?

Wo fängt man heute denn da an?

Wenn man genau weiß, dass ein ganzes Land mit Ihren ehemaligen
Politikern, Ärzten, Schwestern der Pharmaindustrie, die Kirchen,
Krankenkassen, Behörden, Erziehern, die oft ehemalige Narzis waren, alle
unter einer Decke steckten und sehr wohl von dem ganzen Leid wussten wo
Millionen Kindern seit 1944/45 angetan wurden ist und das über
unglaubliche 50 Jahre lang.

Ein Fass ohne Boden.
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Roswitha Weber schrieb am 07.02.2024
Hallo, mein Name ist Roswitha. Ich habe heute eine Doku über die Kinderverschickung gesehen und bin erschrocken. Ich kann diese schlimmen Erfahrungen zum Glück nicht teilen.
Im Januar/ Februar 1977 bin ich, im Alter von 9 Jahren, in Wiesbaden im Kinderkurheim Taunusfreude gewesen.
Ich hatte das Glück, dass wir nicht viele Kinder waren. Auch wurde es dort so gehalten, dass es ein Kurgang mit Mädchen und abwechselnd mit Jungen, also keine gemischten Kurgänge gab.
Wir hatten eine sehr junge Gruppenleitung, Christine Göllner, die mir immer noch positiv in Erinnerung ist.
Uns wurden am Abend, im Bett, Geschichten vorgelesen. Wir haben gesungen, gebastelt, gemalt und Fasching gefeiert.
Das was mir als negativ in Erinnerung geblieben ist, ist das wir zum Mittagessen Medikamente nehmen mussten, und dazu nichts trinken durften.
Zu der Zeit wurde es auch in den Elternhäusern praktiziert, beim Essen nichts zu trinken:"Dann ist der Bauch schon voll" 🙁
Mich haben diese schönen Erinnerungen an die 6 Wochen mein Leben lang begleitet.
Im Nachhinein empfinde ich es so, dass ich dort Strucktur und Freude erfahren habe. Ich hatte im Anschluss viele Jahre Brieffreundinen aus der Kur.
Ach heute habe ich immer noch Kontakt zu einer Kurfreundin.
Die Zeit hat mein Leben positiv geprägt.
Anscheinend hatte ich Glück!
Es ist mir wichtig, dass auch diese positiven Berichte in die Öffentlichkeit gelangen. Als Dank an die damaligen Mitarbeiter!
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Andreas Boenig aus 41462 Neuss schrieb am 04.02.2024
Auch ich melde mich als Betroffener.
Ich war mit meiner Schwester in den 70er Jahren, so ca. 1974 und 1975, zweimal je in den Sommerferien zur Kinderverschickung in dem Heim in Bad Kreuznach, dem Viktoriastift .

Ich kann mich nur anschließen: hier gab es Gewalt, Zwangsernährung, Erniedrigung und Bedrohung.

Unsere Familie wohnte seinerzeit in Dormagen, mein Vater war bei den Bayer-Werken in Dormagen angestellt.

Ich war wohl laut Hausarzt auch zu dünn, sollte aufgepäppelt werden. Warum meine Schwester dorthin sollte, weiß ich nicht. Sie hat das auch nicht als so schlimm empfunden. Wir wurden bei Ankunft eh sofort getrennt, da unterschiedliche Geschlechter.

Es war für mich das reinste Martyrium, schlimmer als im Gefängnis. Es grenzte an Folter.

Das ekelhafte Essen musste nach Erbrechen gegessen werden. Auch wenn das Stunden dauerte. Die anderen Kinder machten „Freizeitprogramm“, ich musste weiter sitzen, bis ich aufgegessen hatte.

Auch ich habe nur lückenhafte Erinnerungen. Wahrscheinlich vieles wegen Traumatisierung verdrängt.

Körperliche Gewalt war Tagesordnung. Ein Junge mochte keinen Käse, wollte ein angebotenes Käsebrot nicht essen. Er wurde von zwei „Tanten“ rausgeführt. Als sie wieder mit ihm in den Raum kamen, hatte er ein rot verheultes Gesicht und würgte sich in Aufsicht der Tanten das Käsebrot rein.

Auch ich erbrach mich Abends im Bett ob des ekelhaften Essens.

Auch bei uns gab es eine eine gute Tante, die auch selten zugegen war. Die anderen waren sadistische Monster. Allen voran die rothaarige Tante Marlies, welche mich zu ihrem „Liebling“ erkoren hatte.

Nun zur Demütigung: ein Junge hatte glatte lange blonde Haare und war von schlanker Statur und trug eine Brille. Er hieß Kai-Uwe. Wir sollten Hänsel und Gretel aufführen. Obwohl es genug blonde langhaarige Mädchen - inkl. Inklusive meiner Schwester - gab, Musste Kai-Uwe die Gretel im Kleidchen spielen. Gegen seinen Willen.

Dann gab es noch diese entwürdigende Solebäder und wenn man mittags zur allgemeinen Mittagsruhe auf den Pritschen nicht schlafen konnte und sich ganz leise unterhielt, wurden wir an den Ohren gezogen und mit den Köpfen zusammen geknallt mit dem Verweis auf absolute Stille.

Androhung vor Heimfahrt von bösen Briefen an die Eltern wegen vermeintlichen Fehlverhalten schürten die Angst.

Und prompt kam ein Brief kurz vor Weihnachten. Ich hatte Todesangst, als der Brief ankam. Er entpuppte sich letztendlich als heuchlerische Weihnachtskarte.

Da meine Kindheit eh schon alles andere als schön war, trugen diese „Kuren“ einen großen Teil dazu bei, dass ich mich als wertloser Mensch sah, es beeinträchtigt mich noch heute.

Den Eltern haben sich aus bekannten Gründen die wenigsten anvertraut, ich auch nicht.

Zum Glück können solche Grausamkeiten heute nicht mehr ungestraft zelebriert werden.

Also wer in dem Zeitraum auch dort war, kann sich gerne zwecks Aufarbeitung / Austausch bei mir melden: 01735185384

Viele Grüße
Andreas
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Sylvia Gorski aus Wittingen schrieb am 02.02.2024
Hallo,
ich war wegen meines Asthmas in dieser Kurklinik.
Gott sei Dank wurde ich gut behandelt und habe nur schreckliche Erinnerungen an die Trennung meiner Mutter. Auch das Heimweh war sehr schlimm. Ich war bestimmt drei Wochen auf der Krankenstation. Ich hatte eine Nierenbeckenentzündung. Auf dem Foto was von mir im Krankenbett gemacht wurde , sah ich sehr schlecht aus. Ansonsten kann ich mich an leckeres Müsli zum Frühstück erinnern. Ich war auch immer froh, wenn wir uns dick beschmierte Marmeladenbrote machen konnten. Die aß ich am liebsten.
Im Schlafraum standen 3 Doppelstockbetten und ein Doppelbett. Die Räume waren sehr hoch. Als das Licht ausgeschaltet wurde, war es stockfinster. Ich hatte immer große Angst vor der Dunkelheit und das ich die Toilette nicht finde. Es gab auch nette Erzieher die das Licht im Flur anließen.
Ich erinnere mich auch noch an Rotlichtsitzungen und kalte Stirngüsse. Das sollte bestimmt den festsitzenden Schleim lösen.
Es wurde auch mal ein Ausflug ich meine nach Eisenach gemacht.
Wir sind oft in das Gradierwerk gegangen. Dort trugen wir weiße Überhänge und sangen Lieder.
Was auch überhaupt nicht schön war, das man nur eine bestimmte Anzahl an Wäsche mitnehmen durfte. Das hieß drei Tage den gleichen Schlüpfer.
Ich habe noch meine Kurfibel. Deshalb weiß ich, das ich in Gruppe 4 war mit Grit Fabisch, Peggy Troitsch, Britta Zarling, Doreen Werner, Anja Köwing, Sandra Fulsche, Jeanette Marx, Diana Strauß, Reina Wagner, Jana Volbach, Alexandra Wilke, Sylke Schirmer, Sandra Tausch, Yvonne Friedrichs, Simone Wittig, Katja Heinrich, Anja Liebscher
Vielleicht meldet sich ja mal ein Mädel was mit mir in der Gruppe war.
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Sylvia Gorski aus Wittingen schrieb am 02.02.2024
Hallo,
ich war wegen Neurodermitis zur Kur.
Ich habe Gott sei Dank keine Erinnerungen daran, das wir schlecht behandelt wurden. Am schlimmsten war die Trennung von meiner Mutter. Wir sind mit dem Bus von Potsdam gefahren. Das war schrecklich das meine Mutter mich nicht wieder mit nach Hause genommen hat. Auch das Heimweh war furchtbar.
Ich habe noch meine Kurfibel. Deshalb weiß ich das ich in Gruppe 4 war.
Der Chefarzt hieß Dr. Rosenhahn. Die Schwestern hießen Elke, Petra, Gudi,Madeleine, Renate, Christine, Ute, Inge,Jutta und Gisela.
Die Erzieherinnen hießen Frau Schrade, Frau Kraul,Frau Felber, Frau Hengstler und Frl. Glatzer.
Wir waren 16 Mädchen in einer Gruppe.
Die Kinder hießen Katrin Birkholz, Nicole Busse, Andrea Gerlach, Brit und Silke Gochmann, Doreen Görg,Jacqueline Guleiof, Manuela Kind,Daniela Konrad, Sylvia Krüger, Katja Lohmann, Heike Matzkat, Simone Mohr, Doreen Palm, Ellen Ruß, Sylvia Schild
Ich war in den Sommerferien da und wir sind viel am Strand gewesen. Ich erinnere mich auch noch, das wir jeden morgen in den Keller gingen zum eincremen. Wir waren alle nackt. Die Schwestern haben aus großen Gläsern mit Holzspatel Salben auf unserem Körper verteilt. Verschmiert hat es dann jeder bei sich selbst. Auch an Molkebäder kann ich mich erinnern. Ich musste auch ein paar Tage auf die Krankenstation. Dort war ich ganz allein.
Wir waren zu viert in einem Zimmer.
Ich war 2010 noch einmal auf Usedom. Ich habe das Gebäude erst nicht gefunden. Es ist auf der Postkarte von hinten abgebildet. Ich erinnere mich auch noch an einen Spielplatz im Wald vor dem Strand. Wir haben im Wald immer heimlich Blaubeeren genascht.
Bin gespannt ob sich irgendwann mal Jemand aus meiner Gruppe meldet.
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Günther aus Brrlin schrieb am 01.02.2024
Hallo, ich suche weitere Betroffene aus dem Kurheim Freudenholm im Kreis Plön. Bisher gibt es nur 1 Zeugnis von Brigitta, deren Erfahrungen ich z.T. Auch machen musste. Leider kann ich eigene Erlebnisse und Erzählungen dortiger Kinder damals oft nicht gut auseinanderhalten. Jedoch habe ich und haben andere Kinder dort einiges mitgemacht: Zwang, bestimmte Dinge gegen eigenen Willen (auf)zuessen, Heimweh zu verdrängen, ängstliche Kinder, die im Bett einmachten, wurden fürchterlich ausgeschimpft usw. Die Versuche, mich zu mästen, haben bewirkt, dass ich immer noch recht mager bin (Reaktanz).
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Katrin Kikillus-Schroedter aus Löbnitz schrieb am 01.02.2024
Ich war ca. 1975 im Kinderkurheim Haindorf bei Schmalkalden. Ich habe hier einen Beitrag gelesen, von einer Claudia, welche erwähnt hat, dass Sie noch das Kundi Heft hat. Sofort kam die Erinnerung wieder hoch, welche doch sehr tief in mir verborgen war. Die Erfahrungen in diesem Kinderkurheim waren traumatisch. Ich habe Jahrelang die Karten aufgehoben, welche meine Eltern mir ins Kurheim geschickt haben. Darauf waren Puppen abgebildet. Irgendwann habe ich diese weggeworfen. Vielleicht um zu vergessen, vielleicht um nicht mehr daran erinnert zu werden. Genauso machte ich es mit dem Kuscheltier, welches ich dort hatte. Es war Pittiplatsch.
Ich würde mich gerne mit ehemaligen,,Kurkindern" austauschen. Leider finde ich nicht wirklich Fotos von diesem Heim.
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Renate aus damals Osteel schrieb am 31.01.2024
Erst einmal Hallo an alle die mal in einer sogenannten Erholungskur waren . Ich bin geboren 1964 und ich kann leider nur Bruchstücke erzählen . Meine Mutter starb 1974 was für mich sehr schlimm war .Im selben Jahr schickte mein Vater mich zur Kur . Später hieß es weil ich viel zu dünn war und den verlust meiner Mutter so besser verkraften könnte . Ich fühlte mich so unglaublich schuldig. Ich dachte ich wäre schuld das meine Mutter nicht mehr da sei und ich deswegen weg geschickt wurde. Ich weiß den Ort nicht mehr aber vieles habe ich wohl nicht vergessen . Es war ein fürchterliches Haus, ich erinnere mich daran das ich zum Bahnhof gebracht wurde und eine Frau in einem komischen langen Kleid brachte mich weit weg . An die Bahnfahrt erinnere ich mich nicht weiter . Als ich in diesem Haus war , waren dort ganz viele Kinder. Viele weinten und ich hatte so unglaublich viel angst. Ich weiß nicht mehr warum, aber ich weiß das wir in zwei Reihen gestanden haben . Wir hatten nichts an und es war kalt . Irgend etwas passierte in dem Raum mit dem Arzt und die komische Frau. Ich weiß nur noch das der Arzt überall angefasst hatte und mir sehr weh getan hat . Ein Mädchen hatte sehr lange Haare und versuchte ihre Brust damit abzudecken , ich glaube sie war schon etwas älter, aber irgend jemand zog an ihren Haaren und sie weinte . Es gab dort einen riesen Saal wo wir irgend wie aufgeteilt wurden . das essen war scheußlich , man musste alles aufessen am schlimmsten fand ich Schmalzbrot war das glaube ich . das gab es am Nachmittag für die, die zu dünn waren . Ich weiß das ich einmal versucht habe den Schmalz unterm Tisch abzustreifen . Es war so schlimm weil ich das ab machen musste und auf essen musste. Wenn man es erbrochen hatte musste man auch das essen . Ich erinnere mich an einem großen Raum dort waren zwei Sonnen . Man musste sich ausziehen und man bekam so komische schwarze Brillen und man musste im Kreis laufen . Ich wurde dort zum Bettnässer und man hat mich vor allen anderen Kindern ausgelacht , ich wollte immer zur Toilette aber das durfte man nicht . Wenn man es trotzdem tat, und ich tat es , musste man die ganze Nacht auf eine kalte große Treppe sitzen . Ich weiß noch das die Jungens oben waren und die Treppe glaube ich etwas rund verlief . Einmal in der Woche saßen wir alle im Flur und vor uns waren ganz große Schränke , ich glaube unsere Namen waren da drauf und wir bekamen dann neue anziehsachen . Ich kann mich nur an einmal erinnern das wir raus gegangen sind und ganz komische Lieder mussten wir singen . Mein Vater war ein wandersmann und irgend etwas mit Stock und Hut . Als ich die 6 Wochen rum hatte weiß ich nur noch das ich am Bahnhhof meinen Vater sah und weinend auf ihn zugerannt bin . Ich wollte ihm erzählen was passiert ist , aber geglaubt hat er mir nicht . Mein Leben ist komisch verlaufen . Ich bin heute fast 60 Jahre bin geschieden lebe noch immer alleine , habe schwierigkeiten Kontakte zu knüpfen , nin schon seit ein paar Jahren auf Rente und in einer immer wieder folgende Therapie die mir auch nicht sagt was mit mir los ist . Ich habe (wie soll ich das schreiben ) angst vor umarmungen, Ehen sind zerbrochen weil ich das sexuelle einfach nicht ertragen kann, weiß nicht was mit mir los ist, warum ich irgendwie anders bin . Komisch war... als ich diese Seite gefunden hatte und anfing zu lesen bin ich in Tränen ausgebrochen . Wo war das all die Jahre ? warum hab ich das vergessen ? das schlimme ist . Ich muss 2 mal in Kur gewesen sein aber das würde heißen das ich vor dem tot meiner Mutter schon mal in Kur gewesen sein muss . Irgendwie denke ich an Lüneburg Lünerburgeheide ? ich glaube wir waren an dem Tag wo wir endlich mal raus waren auf einem Kalt oder Kalkberg . ich frage mich ..ist das denn normal das ich keine erinnerungen an einmal habe und an dem zweiten mal nur noch Bruchstücke . Es gab da eine Susanne und ihr Bruder hieß Frank oder Franz . Ein Mädchen war sehr dick und sie weinte sehr viel weil sie hunger hatte , war das Susanne ? woher kommen auf einmal diese Bilder . Ich kann nur sagen . Es war schrecklich , ich blieb Bettnässer bis zum 16 . Geburtstag , ich habe heute noch angststörungen , fürchte mich im dunkeln , glaube immer zu versagen und habe sehr große angst Menschen zu verlieren was natürlich auch geschah . Heute lebe ich alleine denn vertrauen ? habe ich zu keinem . Vielleicht versteht mich hier irgend jemand wenn ich sage : anfassen tut mir weh . Vielleicht erinnert sich jemand an Hand von dem was ich geschrieben habe . Ich kann versuchen ein paar Stichwörter zu nennen . Kalt oder Kalkberg , schwarze Brillen wie taucherbrillen , in zweier Reihe aufstellen immer , am schlimmsten bei dem komischen Arzt. Die große Treppe , oben die Jungen und eine tiefer die Mädchen . Es gab ein Spielzimmer , ganz hinten links waren Puppen , wenn man nicht lieb war musste man vorne stehen bleiben . Elefanten mit Rosa schleifchen suchen mit Bleistifte wurde auf dem Kopf gekratzt , der blöde Wasserschlauch mit dem eisigem Wasser nach dem Baden in den Holzdingern . Ich hoffe alle die auch dort waren , das euer Leben besser verlaufen ist und ihr keine so großen ängste zurück behalten habt .
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Sabine Wendtland aus Heidelberg schrieb am 30.01.2024
Verschickung wg. chronischer Bronchitis

Bad Dürrheim, Luisenheim
*knapp 6 Jahre alt
*Frühjahr 77
*habe 3 Fotos: Im Kurpark, mit Sommertagsstecken, Gruppenfoto im Park
Erzieherinnen darauf zu sehen
*In meiner Erinnerung meine ich, dass die Erzieherinnen "Lieblingskinder" hatten
*Diakonissen überwachten Mittagsschlaf
*Mittagsschlaf in Gruppenräumen mit Metall-Gitterbetten
*Habe mir mit Bettnachbarin durch die Gitter hindurch die Hände und Arme zugestreckt, haben uns Arme zerkratzt
*Teller/Essen musste leer gegessen werden
*Machte mir mal "beim Essen" in die Hose/
wurde aus dem Raum geführt, andere Kinder lachten
*Ich musste einmal Schwarzwurzelgemüse essen.
Ich habe es "holzig" in Erinnerung. Noch heute bekomme ich Würgereiz beim Gedanken daran.
*Meine Mutter erzählte, meine Eltern wollten mich besuchen, fuhren hin, durften mich aber nicht sehen.
*Bei uns zu Hause wurde Dialekt gesprochen. Als ich abgeholt wurde, muss ich in wohl in astreinem Hochdeutsch gesagt haben:" Wenn ich in die Ferne schaue, denke ich da ist meine Heimat."

Meine Gedanken heute dazu:
*Wie konnte man Kinder so früh, so lange alleine "wegschicken"?
*Schüchterne Kinder haben die unguten Gefühle, genau wie das unbekömmliche Essen runtergeschluckt!?
*Viele Diakonissen waren schon während der Nazizeit tätig. Die Tante meiner Mutter war Diakonisse. Diese berichtete in der Familie von ehemaligen "braunen" Diakonissen. Wer hat die eigentlich entnazifiziert?
*Ich hoffe aus meiner Verschickungszeit nichts verdrängt zu haben...!
*Ich habe diese wenigen Erinnerungen nicht als schön oder unbefangen abgespeichert.


Sankt Peter Ording/Heim kann ich leider nicht mehr erinnern
*8 oder 9 Jahre alt
*79 oder 80
*meine Mutter brachte mich mit dem Zug von Süddeutschland/Heidelberg hin
*sie sagt, sie musste mich an der Tür "abgeben"
Erinnerung:
*Straße vor Heim, auf der wir als Gruppe standen, bevor wir mit BetreuerInnen zu Aktivitäten aufbrachen
*Heim (Haus aus Backstein?)
*Strandspaziergänge
*Souvenirkaufen für zu Hause in einem Laden (Fischaschenbecher, Robbenschlüsselanhänger)
*Wir schauten mal in einem Gruppenraum zusammen Winnetou im Fernsehen.
*Meine Oma und eine Tante holten mich mit dem Zug wieder ab.

Meine Gedanken/Erinnerungen an S.P. Ording:
*Ich habe das Wetter dort grau abgespeichert.
*Meine Gefühlslosigkeit beim Bringen und Abholen (funktionieren als Kind)

In den 80er musste ich noch 2× oder 3× nach Davos. Das war zu meiner beginnenden Tenniezeit. Einige Erlebnisse dort sind mir lebhaft und positiv in Erinnerung geblieben. Trotzdem musste man dort wohl auch die Mahlzeiten essen. Ich weiß, dass ich Leberkäse in das Waschbecken in unserem 2er Zimmer erbrochen habe.

Allgemeine Erinnerungen zu den Aufenthalten: Packlisten, beschriftete Kleidung, weg von Zuhause: aus Alltag mit Freunden gerissen, zurück wieder Anschluss (im Schulstoff) bekommen, Klassenfoto auf dem ich fehle,
Sehnsucht nach Post, Angst vor Verlängerung

Fazit:
Ich hoffe aus der Verschickungszeit nichts "verdrängt" zu haben, da meine Erinnerungen nicht sehr reichhaltig sind.
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Doris Janssen aus Schweiz schrieb am 29.01.2024
Guten Tag an alle Betroffenen

Ich schreibe Euch über eine Erfahrung von Mike Bossard, welcher mir seine Geschichte nach dem Tod seines Adoptivvaters erzählt hat. Es hat mich sehr erschüttert. Nach mehr als 50 Jahren hat er die Ereignisse nie vergessen und über seine Religion schließlich Frieden "schließen können. Da er es nicht gewagt hat, seinem Adoptivvater zu erzählen, was er in den vielen Monaten im Kinderheim erlebt hatte, gehe ich aber davon aus, dass auch die Religion nicht über alles hinweg helfen kann. Er hat es nie dem Bistum Chur mitgeteilt, obwohl dort eine Anlaufstelle für sexueller Missbrauch geschaffen wurde. Was ich wiederum auch verstehen kann...
Ich stehe nun alleine mit dieser Erzählung, weil meine Mutter, die letzte Partnerin dieses Adoptivvaters, behauptet, jeder könne so eine Geschichte erzählen. Und Schläge hätten diese Kinder sicher nicht umsonst bekommen. Ich war ehrlich gesagt schockiert über diese ( immernoch) Haltung. Er selbst und sein Bruder wurden offenbar über Monate sexuell fast täglich missbraucht im Toilettenhäusschen außerhalb des Gebäudes, irgendwo im Park. Er und sein Bruder wurden auch psychisch misshandelt und nach langem Kampf ( mit Hilfe eines Anwalts) dann endlich wieder dem Adoptivvater übergeben. Diese beiden Söhne waren noch im Kindesalter und Kleinkindalter. Dem Adoptivvater wurden die Söhne aus der Stadt Zürich während einer bösen Scheidungsschlacht von der KESB entrissen und in ein Kinderheim auf Lenzerheide geschickt. Bei der Abholung der Adoptivsöhne am Schluss dieses Aufenthaltes wurden die beiden Kinder fast nackt übergeben. Schläge und andere Demütigungen waren an der Tagesordnung. Könnte rgendjemand von Euch diese Schilderungen bestätigen? Hat jemand von Euch das in Lenzerheide auch so erlebt? Es müssen Ordensleute gewesen sein, die das Kinderheim geführt haben. Leider wurden die Söhne dann von der 2. Ehefrau weiter geschlagen und das im Gesetz verankerte Wort " Züchtigung" dauerhaft umgesetzt. Es war ein langer Leidensweg. Ich danke Euch jetzt schon für Eure Antworten dazu. Lieben Dank.
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Merz Petra aus Saint-Malo (Frankreich) schrieb am 28.01.2024
Ich wurde zweimal für 6 Wochen an die Nordsee verschickt.

Das erste Mal, 1973, mit sieben Jahren nach Langeoog ins Dünenheim. Es war eine lange Zeit für mich, aber ich habe trotzdem viele gute Erinnerungen an diesen Aufenthalt.

Es gab aber doch ein traumatisches Erlebnis. Ich habe aus Versehen beim Essen mein Glas umgeworfen. Leider ist es auf den Boden gefallen und zerbrochen. Eine der Serviererinnen hat daraus ein wahres Drama gemacht. Sie hat mich heftig angeschrien, alles geheißen und gesagt, die Heimleiterin würde jetzt meine Mutter anrufen, ihr sagen wie ungezogen ich sei und sie hat mir damit gedroht, daß meine Mutter das Glas bezahlen muß. Ich wußte aber damals, daß das Geld in meiner Familie nach der Scheidung meiner Eltern knapp war und deshalb hat mich diese Bedrohung wie der Blitz getroffen. Ich konnte mich nicht mehr bewegen und nichts mehr essen. Ich hatte plötzlich schreckliche Angst, was da für Kosten, wegen mir, auf meine Mutter zukommen, Angst auch vor ihrer Schelte und daß Sie wegen mir Geld verliert. Meine Gruppenleiterin wurde gerufen, weil ich nichts mehr essen konnte. Sie hat versucht, mich mit Worten zum Lachen zu bringen, aber das hat nichts genützt. Schließlich ist Sie vor mir auf die Knie gegangen und hat mich auf lustige Weise gebeten, ich soll doch wieder lachen und essen. Mir kommen heute noch beim Gedanken an diese Szene die Tränen und ich bin dieser Frau sehr dankbar, denn dank ihr war der Aufenthalt für mich dort gerettet.





Das zweite Mal, 1975, mit neun Jahren, gings nach Sylt, entweder ins Haus Nordmark oder ins Kurt-Pohle Heim, ich weiß es nicht sicher. Ich weiß noch, dass das Kinderkurheim nicht so nah am Strand lag, wie es für das Kurt-Pohle Heim den Anschein hat, obwohl ich den Speisesaal (auf der davon existierenden Postkarte) dieses Heims zu erkennen glaube. Ich glaube aber auch mich an den Eingang des Hauses Nordmark zu erinnern. Wir kamen rein und dann war da so eine Art Gang mit unseren Jacken und Schuhen. Aber ich kann mich nicht an den Affen erinnern, den viele Verschickungskinder erwähnen.

Mein Aufenthalt dort hat schon, bevor ich dort ankam, schlecht begonnen. Auf dem Bahnsteig vor der Insel Sylt wurden wir von einer Betreuerin oder Erzieherin? abgeholt. Ich habe Sie angesprochen und wollte ihr einen Gruß von meinen Brüdern ausrichten, die im Vorjahr dort waren. Daß ich es gewagt habe sie anzusprechen, hat ihr aber gar nicht gefallen. Sie sagte mir ich sei frech, schlecht erzogen, und daß sie mir deswegen das Leben in den nächsten Wochen schwer machen würde, und so kams dann auch. Ich weiß noch wie geschockt ich war, denn ich habe nicht verstanden, was ich falsch gemacht habe. Mir war als Kind plötzlich klar, daß ich dieser aggressiven Frau hilflos ausgesetzt war und hatte große Angst, dabei war ich noch nicht einmal dort angekommen. Diese Hilflosigkeit und Angst, sowie auch das Gefühl der Ungerechtigkeit, Verlorenheit und des Ausgeliefertseins, verfolgen mich noch heute. Sie sagte uns später, sie möge keine Mädchen, sondern nur Jungs.

Ich erinnere mich daran, daß wir ständig von den Erzieherinnen angeschrien und zur Eile aufgerufen wurden. Alles ging nur mit Androhen von Strafen. Vor dem Essen mußten wir uns immer zum Tischgebet die Hände reichen. Der Junge, der neben mir saß, hat mir dabei ständig die Hand zerquetscht. Ich konnte aber nichts sagen, denn ich wurde von den katholischen Schwestern, die das Essen austeilten, sofort angeschrien und als Lügnerin bezeichnet. Ich erinnere mich auch an das schlechte Essen, an den Geruch der Kartoffeln, und vor allem an das Sauerkraut, das ich auch heute noch nicht essen kann und auch daran, daß ich immer riesigen Hunger hatte. Ich habe damals meine Mutter, bei einem der wenigen erlaubten Anrufe, angefleht mir ein Esspaket zu schicken. Ich konnte ihr am Telefon nicht erklären daß ich Hunger hatte, denn die Betreuerinnen waren hinter mir und haben zugehört. Ich erinnere mich noch daran, wie meine Mutter mich mehrmals danach gefragt hat, ob ich genug zum Essen bekomme. Ich habe sehnsüchtig auf das Paket gewartet. Es kam dann auch, aber ich durfte nur eine Keksschachtel (Eine Prinzenrolle) behalten, den Rest mußte ich abgeben.

Ich kann mich auch an die Gummibärchen erinnern, die vor dem Schlafengehen ausgeteilt wurden, ich weiß aber nicht mehr, ob ich selbst auch welche bekommen habe.

Ich erinnere mich auch noch besonders an meine Bettnachbarin, die immer hart fürs Bettnässen bestraft wurde und wie sehr ich mit ihr gelitten habe. Ich habe dort auch wieder ins Bett gemacht. Ich weiß noch, wie sehr mich das schockiert hat, denn ich verstand lange nicht wie sowas möglich war.

Als ich nach Haus kam, war ich total traurig und mußte ständig weinen. Ich konnte aber meiner Mutter nicht erklären was vorgefallen war. Ich konnte nur immer wieder sagen, daß die von meinen Brüdern geschätzte Erzieherin so schrecklich zu mir war. Meine Brüder haben mir dann gesagt, daß das sicher meine eigene Schuld sei, denn zu ihnen waren Sie ja nett.

Wenn man mir nicht glaubt, dann habe ich heute noch dieses Gefühl der Ohnmacht und ich werde wieder genauso traurig in meiner Seele wie damals. Sobald ich mich heute noch von jemandem schlecht behandelt fühle, kommt sofort dieses Gefühl der radikalen Hilflosigkeit wieder und auch die Angst und Verzweiflung, die damit verbunden sind. Ich habe heute ständig das Gefühl, daß egal was ich tue, es nie dafür ausreicht, daß der Andere mir glaubt, mich schätzt oder sogar liebt.

Ich habe ein Gruppenfoto von dieser schrecklichen Zeit.
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Claudia aus Leipzig schrieb am 28.01.2024
Hallo liebe Haindorf Kurkinder,
ich bis Jg. 71 aus Leipzig, und war mit 5 1/2 Jahren, 6 Wochen, (ab März 1977) in Haindorf zur Kur zum zunehmen. Auch für mich war es eine traumatische Zeit.
Ich möchte mich gerne mit anderen austauschen, ich habe auch noch Fotos vom Fasching, das Kundi-Heft und andere Dokumente. Habt ihr auch noch Fotos oder anderes?
Liebe Grüße von Claudia
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Esther Kupka aus Waldbröl schrieb am 27.01.2024
Ich bin wirklich ein glückspilz! Schon immer gewesen und auch hier zeigt es sich wieder: Ich habe immer geglaubt, mir ist es in Bad Wildungen sehr schlecht gegangen - aber wenn ich die berichte hier lese, habe ich es wirklich gut getroffen.
1958 war ich für 6 wochen zur kur (nierenbeckenentzündung). Ja, auch wir wurden gemästet, auch bei uns haben sich immer wieder kinder erbrochen, aber die meisten haben es bis zur toilette geschafft, die ständig verstopft war und deren boden häufig mit urin, kot und erbrochenem bedeckt war. Nur einmal hat sich ein mädchen auf ihren teller erbrochen, musste aber nur den teil aufessen, der frei von erbrochenem war.
Ein junge hat zu viel frühstückssuppe gegessen und sich erbrochen, das musste er dann aufessen. Von dieser schrecklichen milchsuppe mussten wir immer mindestens 2 teller essen, einmal war die milch sauer, da wurde uns 1 teller erlassen!
An strafen kann ich mich nicht erinnern, allerdings wurden manchmal kinder ins büro zitiert, ob da was passiert ist, weiß ich nicht.
Briefe wurden gelesen, „damit wir die eltern nicht unnötig beunruhigen“.
Was ich nachträglich am schlimmsten finde, war, dass mir als 12jähriger aufgefallen war, dass es drei klassen von kindern gab. Am besten ging es den kurkindern (wir waren 6, für die wurde wahrscheinlich besser bezahlt); dann kamen die DRK-Kinder, die für jeweils 3 wochen mit dem bus ankamen; am schlimmsten ging es den kindern (an 2 kann ich mich erinnern, ich glaube, es waren 3 bis 5), die anscheinend dauerhaft da lebten: Die mussten beim putzen helfen, der umgangston war sehr viel unfreundlicher als bei den kurkindern und sie wurden auch geschlagen. (Und für die erzieherinnen gab es fleisch zum mittagessen.)
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Nadine aus Würzburg schrieb am 26.01.2024
Ich war im Mai 1980 im Viktoriastfit, Bad Kreuznach für 6 Wochen, und zwar in der Schwalbengruppe (oder im "Schwalbenhaus")

Warum ich dort war:
Damals war ich 10 Jahre alt und als "zu dick" eingestuft. Davon gab es 1980 glaube ich nur wenige in der Gruppe. Die meisten anderen Kinder waren wegen Untergewicht dort.

Ganz kurz etwas zu meinem Hintergrund:
Meine Eltern hatten extreme Probleme in ihren Leben und ein Grund warum ich dorthin geschickt wurde war, weil im Jahr vorher mein Vater eine mehr-monatige Alkohol-Entzugs-Reha machen musste und meine Mutter meinte dass ich "wahrscheinlich das mit der Sucht von ihm erben werde" Sie meinte bei mir fing das mit dem Zu-viel-essen an und würde über kurz oder lang auch beim Alkoholismus enden. Ich sehe die Dinge heute anders, aber damals war das schon gruselig, also dieser Gedanke dass man “jetzt schon sehen kann wie es auch bei mir alles schief laufen wird.”

Erinnerungen an das Viktoriastift in Bad Kreuznach:
Zu den schlimmen Erinnerungen zählt das schreckliche Heimweh - vor allem nachts im Schlafsaal - das morgendliche Fiebermessen (Auf dem Bauch liegend, halb nackt, Thermometer in den Po gesteckt bekommen, echt jeden Morgen!) diese Sole-Bäder in den Holzbottichen im Keller, ganz dunkel an eine Untersuchung (Warum? Was musste untersucht warden? Ich weiss es nicht mehr) und auch das 6-wöchige Gefühl des komplett ausgeliefert sein.

Ich habe dort angefangen, an einer Stelle am Arm so heftig zu kratzen dass es blutete. Immer und immer wieder kratzte ich die Wunde auf. Das habe ich natürlich versucht zu verheimlichen, wollte dass es keine der Betreuerinnen sieht, hielt die andere Hand über die blutende Wunde. Das dauerte mehrere Tage lang bis es dann nicht mehr so offensichtlich war. Ich erinnere mich daran, dass der Schmerz irgendetwas beruhigendes in sich hatte. Ich hatte die Kontrolle über etwas was ich ganz akut spüren konnte. Heute verstehen ich selbstverletzendes Verhalten, habe es recherchiert, weiss dass es anderen ähnlich ging und geht:
Der innere Schmerz kann so gross warden dass er sich ein Ventil sucht. Ich musste diese Gefühle der Einsamkeit und des Sich-selbst-nicht-mögen-weil-man-zu-dick-ist unterdrücken, denn sie waren überwältigend. Aber die Gefühle und Schmerzen suchten sich ihren ganz eigenen Weg, einen heimlichen, von dem niemand etwas sehen konnte. Diesen Modus kenne ich bis heute. Ich halte sehr viel tief in mir versteckt. Von aussen sieht man NICHTS! Ich will oder kann keinen reinlassen. Ich will alles selber bewältigen. Eine tiefe Einsamkeit und ein Sich-selbst-nicht-mögen-weil-man-zu-dick-ist begleiten mich bis heute.

Ich versuche mich auch, um es objektiv zu halten, an andere neutrale oder sogar positive Momente zu erinnern: Ausflüge fand ich immer super. Also, da war einmal ein Spaziergang durchs Freiluftinhalatorium “Salinental” , eine Wanderung im Hunsrück, ein Spaziergang runter in die Stadtmitte, und ein einziges mal waren wir in dem grossen Spielraum. Also insgesamt nur 4 Erinnerungen an Momente ausserhalb des Gebäudes. Ganz fragmentiert auch die Erinnerungen an einige Freundschaften und vertraulichen Gespräche mit einigen anderen Mädchen. Da ging es darum warum sie hier sind, wie man wohl ausbrechen und wegrennen könnte (also an welchem Zeitpunkt: nachts wäre am besten oder? Aber es ist ja alles abgeschlossen, lassen wir’s wohl besser)

Jetzt, wo ich die Erinnerungen so lese, frage ich mich was ich an all den anderen Tagen gemacht habe? Keine Ahnung. Haben wir denn nie was gebastelt oder gemalt? Was haben wir in den 6 Wochen gemacht? Keine einzige weitere Erinnerung blieb.

Ich konnte Bad Kreuznach als Erwachsene nochmal besuchen. Auf eigene Faust war ich dort, wollte auch schaun wie das Viktoristift heute so aussieht und ob noch andere Erinnerungen wach werden. Ich glaube das war ein erste therapeutischer Schritt, dorthin zu fahren. Ich glaube das hat mir ein Stück weit geholfen.
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Wolfgang Terjung aus Gelsenkirchen schrieb am 25.01.2024
Ich habe nicht mehr viele Erinnerungen an meinen Aufenthalt in diesem Heim, aber es sind keine positiven.
Angefangen von aufessen müssen egal was es gibt, über Schläge, wenn die Mitagsruhe nicht eingehalten wurde, oder einen Zwangs"Spaziergang" über eine gaaaanz lange Straße als Strafe für Fehlverhalten bis hin zur Zensur von ausgehender Post, die ich im Alter von 5 Jahren natürlich nur diktieren konnte und Aufteilen des gesamten Inhaltes eines erhaltenes Pakets. Ich kann mich noch an mein stilles unterdrücktes Weinen im Schlafsaal erinnern wenn irgendetwas mit einer Nonne? vorgefallen war
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Michael Neumayer aus Bad Reichenhall schrieb am 25.01.2024
Zu dem Beitrag sex. Missbrauch in den 60ern bis 80ern in der damaligen Asthma -Heilanstalt in der Kurfürstenstraße 26 in Bad Reichenhall wird am Sonntag den 28.01.24 in der Sendung Radiowelt im Bayrischen Rundfunk ein Radiofeature zum aktuellen Stand stattfinden. Ein viertes Opfer wird dazu berichten wollen. Ehemalige Beschäftigte dieser Klinik widersprechen den Vorwürfen und behaupten der Klinikleiter Dr. Franz Braun sei nett gewesen. Ebenso hätte es keinen männlichen Bediensteten/ Pfleger oder ähnlich gegeben, sowie Missbrauch und Gewalt auch nicht.
Die ehemaligen Beschäftigten werden auch zu Wort kommen können.
Die Aussage: Es habe männliche Bedienstete gegeben, haben mittlerweile 6 Personen - ehemalige Verschickungskinder - geäußert und damit die Aussagen der Opfer bekräftigt.
Wir hoffen auf weiter Zeitzeugen zum Austauschen.
Viele Grüße Michael
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Michael aus Oestrich-winkel schrieb am 25.01.2024
Ich wurde entweder 1969 oder 1970 über die Barmer Ersatzkasse in dieses "Kurheim geschickt. Ich habe leider nicht eine einzige schöne Erinnerung an diese
grausamen 6 Wochen. Ich war ein kleines Kind und konnte weder lesen noch schreiben. An die Zugfahrt dorthin habe ich keinerlei Erinnerung. Wohl aber trotz meines kleinen Alters an das Heim und die Gegebenheiten dort. Es war wie in einer Kaserne. Die Schwestern waren hart und herzlos. Besonders eine, Edith, war eine schlimme Person. Ich gehörte ja zu den Kleinsten dort. Ich erinnere mich, daß wir wenn wir im Bett waren, nicht mehr auf die Toilette durften. Folglich habe ich ins Bett gemacht, was ich zuhause nie tat. Ich wurde laut vor allen Kindern ausgeschimpft. Komischerweise erinnere ich mich nicht, daß ich jemals geweint hätte.......Jeden Morgen und Abend gab es Milchsuppe und die musste gegessen werden. Diesen Geschmack schmecke ich noch heute. Ich trinke bis heute keine Milch und esse keinen Käse.
Ich musste essen bis der Teller leer, auch wenn ich es nicht wollte. Daß ich gebrochen habe, erinnere ich mich jedoch nicht. Meine Eltern haben mir zu Nikolaus kein Paket geschickt. Sie sagten immer, daß man es im Heim nicht wollte. Andere Kinder bekamen ein Paket. Als der Nikolaus kam, sassen wir im Stuhlkreis und als ich an der Reihe war, hielt im meine Händchen auf. Ich bekam ein paar Walnüsse und einen kleinen Nikolaus. Später zwangen mich die Schwestern den Nikolaus in der Milchsuppe aufzulösen. Grausam, vergesse ich nie.
Wir waren mal im Schnee spazieren, da haben mich die älteren Kinder eingeseift. Meine Mütze war nass, genau wie mein Schal und die Handschuhe. Ob ich geweint habe, weiß ich wieder nicht. Wohl aber, daß Edith mich ausgelacht hat.

Wir mussten singen, unter anderem "Es ist für uns eine Zeit angekommen" Höre ich dieses Lied heute, kommt sofort wieder alles bei mir hoch.

Daß ich dort Freunde oder Kontakt mit anderen Kindern hatte, weiß ich komischerweise nicht.
Wohl aber, daß der Griesbrei in hellbaluen Plastikschüsseln auf den Tisch kam. Ich musste ihn essen, fand ihn ekelhaft und essse heute noch keinen Grießbrei........
Manchmal gab es etwas ganz Hartes mit Apfelkompott, auch das musste gegessen werden.Ebenso wie das Brot mit dem Schmierkäse.
Ich meine, daß es eine Schwester gab, welche sich um mich bisschen gekümmert hat. Aber leider weiß ich da keinen Namen. Schade.......

Da ich weder Lesen noch Schreiben konnte, hatte ich keinerlei Zeitgefühl und wusste nicht wie lange ich noch bleiben musste und wo überhaupt meine Eltern sind. Ich frage mich heute, wie man das einem Kind antun kann. Meine damalige Kinderärztin aus unserem Nachbarort hat mich wegen ständigen Erkältungen dorthin geschickt.
DER JUNGE MUSS ABGEHÄRTET WERDEN, sagte sie gerne. Jeder kann sich selbst Gedanken machen, welche Ideologie hinter diesem Satz stecken mag.

Vor Jahren gab mir meine Mutter Postkarten von dort, welche irgendeine Schwester geschrieben hat, immer der gleiche Wortlaut: Wie gut es mir geht und wie schön alles ist.......
Ich habe das alles vernichtet, war vielleicht ein Fehler.

Ich gehe davon aus, daß meine Eltern es gut gemeint haben, aber das war es nicht. Es war die Hölle und bestimmt mein Leben zum Teil bis heute.
Ängste VOR ALLEM NEUEN - VOR FEHLERN -
VOR LEHRER (Früher) UND ICH BIN AM LIEBSTEN DAHEIM UND FAHRE NICHT GERN WEG

Vor vielen Jahren war ich nochmals im Kinderheim Marianne. Ich mache den heutigen Betreibern keinen Vorwurf, sie können nichts dafür. Es ist heute ein Mutter/Vater-Kurheim.

Mich jedoch werden diese grausamen 6 Woche bis zum Lebensende begleiten und zum Teil prägen.
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Hennrich Norbert schrieb am 25.01.2024
IZweimal erlebte ich herrliche Tage im Kinderheim Hus Sünnschien inn Nieblum auf Föhr. Geboren 1946, ein Strich in der Landschaft kam ich 1954 erstmals im NovemberDezember nach Nieblum. Ich träume heute noch vom täglichen Haferflockenbrei mit frischem im Heim gebackenen Vollkornbrot. Sonntags nachmittags gab’s frisch gebackene Rosinenbrötchen. Nach kurzer Zeit habe ich zugenommen. Es war herrlich im Schnee barfuß und Oberkörperfrei durch den Garten rennen zu müssen und dann eine Schneeballschlacht zu machen. Und dann wurde gewogen. Ich kann im Nachhinein dieses als eine gesunde körperkräftigende Sache ansehen. Das einzige Negative war mein damaliger Regenumhang aus einem Wehrmachtszelt von meiner Mutter, einer Kriegerwitwe geschneidert. Da fühlte ich mich schon von anderen ausgegrenzt. Die Verschickung im Winter 1954 hat mir gesundheitlich sehr gut getan und so wurde ich vom Hausarzt nochmals im Winter 1958 wiederum ins Hus Sünnschien nach Nieblum auf Föhr verschickt. Ich kann mich nicht an irgendwelche schlechten Erfahrungen erinnern. Die Betreuerinnen waren sehr nett und besorgt. Gerne denke ich an eine Tante Ragenhild zurück. Angst hatte ich bei einem Sturm im Dezember 1958 als die Fenstervorhänge waagrecht ins Zimmer wehten, doch das Reetdach hielt. Schön war auch das Burgenbauen am Strand, oder das Zusehen der Aquarienfische. Diese Tage haben mein späteres Leben gestärkt.
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Job-Busche, Ursula aus 92637 Weiden schrieb am 25.01.2024
Es gibt sehr viele Berichte über schreckliche Zustände in Erholungsheimen. Deshalb möchte ich berichten, dass ich ganz andere Erfahrungen gemacht habe. Weil ich dünn und schüchtern war und wenig gegessen habe, wurde ich 1961 zur Erholung geschickt. Damals war ich 10 Jahre alt. Ich war in Schloss Sandizell bei Schrobenhausen in Oberbayern. Der Träger des Heimes war damals das Rote Kreuz. Es war eine wunderbare Zeit für mich. Die ersten Tage hatte ich Heimweh, aber die Betreuerinnen haben sich nett um mich gekümmert und das Heimweh war bald weg. Es war spannend in einem echten Schloss zu wohnen. Wir haben viel im Schlosspark gespielt, haben Ausflüge unternommen z.B. zu einer nahen Porzellanfabrik. An einem Tag sind wir sogar ins Schwimmbad gegangen. Im Schlossgraben gab es einen Schwan, den wir Jakob nannten. Wir haben Lieder gelernt und uns wurde vorgelesen. Über das Essen kann ich auch nichts Negatives sagen. Das Einzige, woran ich mich erinnere, was ich nicht mochte, waren Kartoffeln mit Quark. Mir hat sogar der Grießbrei geschmeckt. Die Betreuerinnen waren junge Frauen und alle sehr nett. Die Heimleiterin war etwas älter, aber ein warmherziger, mütterlicher Typ. Am Ende des Aufenthaltes haben wir ein Theaterstück aufgeführt. Es hieß: „Die zertanzten Schuhe“. Eine der Betreuerinnen hat mir ihr Nachthemd geliehen, weil ich eine Prinzessin spielte und kein langes Gewand hatte. Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt. Ich habe Freundinnen gefunden, mit denen ich noch einige Zeit Briefe schrieb und ich hatte auch nach meinem Aufenthalt noch Kontakt zu einer Betreuerin. Wir haben gegenseitig Fotos ausgetauscht, die ich heute noch besitze. Es ist zwar schon lange her, aber ich habe mich immer gerne an die Zeit in Sandizell erinnert und tue es auch heute noch.
Deshalb finde ich, bei all den negativen Berichten, sollte man auch erwähnen, dass es durchaus auch Heime gab, in denen die Kinder Spaß hatten und wirklich gut betreut wurden.
P.S. Ich habe die Briefe, die mir damals nach Sandizell geschickt wurden, von der Familie und meinen Klassenkameradinnen, noch einmal gelesen. Ich hatte alle aufgehoben. Aus den Briefen geht auch hervor, dass es uns in Sandizell gut gefallen hat.
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Karin aus Hessen schrieb am 24.01.2024
Dieses Heim war für mich als sieben jährige der Horror. Ich war untergewichtig und sollte während dieser Kur zunehmen, das Gegenteil war der Fall. Es ging damit los, dass es morgens entweder heiße Milch (der Geruch der angebrannten zog durchs ganze Haus) oder Haferschleim mit dicken Brocken gab und natürlich durfte man nicht vom Tisch aufstehen wenn nicht alles aufgegessen war. Der einzige Lichtblick in Bezug auf Essen war das süße Teilchen nach dem Besuch des Hallenbades. Wir mussten außerhalb es Heims immer Hand in Hand gehen, das mir zugteilte Mädchen hatte beide Hände voller Warzen, ich hatte mich so geekelt, es gab keine entkommen. Das waren Viruswarzen und natürlich bekam ich sie auch. Auch musste ich während der Mittagsruhe einmal im Nachthemd im Treppenhaus in der Ecke stehen. Jegliche Post unterlag der Zensur und an mich gehende Päckchen wurden unter allen Kindern verteilt. Geschlagen wurde ich nicht, aber Liebe oder Zuneigung durfte man nicht erwarten, es war ein strengens Regiment. Das Ganze ist jetzt 67 Jahre her, aber die Erinnerung an diese sechs Wochen sind immer noch frisch. Ich habe seitdem nie wieder Milch pur getrunken noch war ich jemals wieder an der Nordsee.
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Ingrid Freise aus Tostedt schrieb am 24.01.2024
Ich bin 1948 geboren und wurde mit etwa 5 Jahren nach St. Peter Ording verschickt. Meine Erinnerungen sind verblasst, aber eine Scene ist mir noch heute deutlich vor Augen: Ich stand vor einem Doppelstockbett, um mich herum einige Kinder und über mich gebeugt eine Betreuerin, die mich beschuldigte, Schokolade geklaut zu haben. Ich weinte verzweifelt, denn ich hatte keine Schokolade genommen, aber mir wurde nicht geglaubt. Diese Erfahrung der Ungerechtigkeit hilflos ausgeliefert zu sein, hat mich mein Leben lang begleitet und dafür gesorgt, dass mich Misstrauen oder Ungerechtigkeit mir gegenüber, immer sehr verletzt hat und ich andere davor schützen wollte... Meine damalige Erfahrung war zwar nicht mit der Schwere und den traumatisierten Erfahrungen anderer vergleichbar, trotzdem hat sie mein Leben, wenn auch in diesem Fall positiv, geprägt. Ich habe tiefes Mitgefühl für alle Geschädigten! Mit herzlichem Gruß - Ingrid
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Benjamin aus Kön schrieb am 24.01.2024
Mit vier Jahren mußte ich vier Wochen im Kinderkurheim Irmgard Remé und Herzland Riese” in Wyk auf Föhr verbringen. Ich war ein dünner und blasser Junge mit Asthma. Statt meinen Eltern zu empfehlen, mit dem Rauchen im Haus aufzuhören, empfahl der Kinderarzt die "Kur" in Wyk. Meine Mutter war ein glückliches "BDM-Mädel" gewesen und ich meine, dass sowohl der Kinderarzt als auch Leute, die ich mit meiner Mutter in Wyk besuchte, irgendwie eine Nazivergangenheit hatten - vielleicht kann jemand diesen Zusammenhang nachvollziehen?
Ich kann mich an die Reihe der Kinder erinnern, bei der die Jungen einen Diener, die Mädchen einen Knicks vor den Tanten Irmgard und Herzland machen mussten. Statt Säften gab es Zuckerwasser zu trinken. Ich habe ins Bett gemacht, musste im Badezimmer die Laken auswaschen, wurde ausgeschimpft und auf den Po gehauen. Das Heimweh dauerte ewig und ließ mich resignieren, weil ich mit vier einfach nicht wusste, wann diese Zeit zu Ende gehen würde. Ich habe bis heute ein problematisches Verhältnis zum Alleinsein und mit Selbstfürsorge.
Anfang zwanzig habe ich Psychotherapie gemacht und dann versucht, mit meinen Eltern den seltsamen Umstand zu besprechen, dass ein vierjähriges Kind vier Wochen allein in ein Kinderheim geschickt wird, sie konnten es sich auch nicht mehr so richtig erklären, nur das es das beste und teuerste Heim in Wyk gewesen sei.
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Ursula aus Hamilton - Neuseeland schrieb am 23.01.2024
Ich wurde 1958 in Deutschland geboren und lebe seit über 30 Jahren in Neuseeland. Vor ein paar Tagen bin ich durch Zufall auf einen Bericht und Video über Verschickungsheime im Internet gestolpert. Ich war lediglich erstaunt von so vielen Geschichten zu hören, weil mir ein ähnliches Schicksal widerfahren ist.
Ich musste als Kind dreimal zur Kinderkur fahren, weil ich zu dünn war.
Bei der ersten Kur in Marl-Hüls in NRW war ich ca. 5 Jahre alt und habe leider nur wenige Erinnerungen an die 6 Wochen. Aber ich muss sehr gelitten haben, weil ich viel Heimweh hatte. Dadurch das wir nachts nicht auf die Toilette durften, habe ich sehr oft ins Bett gepinkelt und am nächsten morgen gab es Schimpferei und mir wurde der Hintern versohlt. Ich musste des öfteren in der Ecke stehen, aber warum weiss ich leider nicht mehr. Für die Kur wurden all meine Kleidungsstücke mit einem Namensschild versehen. Einmal wurde ein Kleid mit dem eines anderen Mädchens vertauscht. Es war dasselbe Kleid, nur war mein Kleid noch neu und sah hübscher aus. Trotz der Namenschilder habe ich mein Kleid nie wieder zurückbekommen, was mich sehr traurig gemacht hat. Ich war eher ein schüchternes Kind und habe es nie wieder erwähnt.
Viele Jahre später habe ich gelegentlich gewünscht dass diese Kurleiterinnen in Marl-Hüls für ihre Untaten bestraft werden müssten.

Mein zweiter Kuraufenthalt war im Kurort Laaspe und ich war 10 Jahe alt. Wir mussten immer unsere Teller leer essen, womit ich kein Probleme hatte. Aber es gab jüngere Kinder die den ganzen Vormittag im Speisesaal verbringen mussten, bis der Teller leer war. Wir mussten Mittags schlafen und wer nicht schlafen konnte, durfte auch nur ruhen. Es wurde viel gespielt und ausgiebig gewandert. Wir mochten unsere Leiterinnen sehr und hatten viel Spass in unserer Gruppe. Das war für mich eine schöne Kur mit schönen Erinnerungen.

Mein dritter Kuraufenthalt war im Schwarzwald und ich war 11 Jahr alt. Eine Freundin fuhr mit und auch hier kann ich mich nur an einen schönen Kuraufenthalt erinnern. Die Leiterinnen waren wesentlich jünger und morderner. Es wurde viel Gitarre gespielt und gesungen.

Liebe Grüsse.
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Annett M. schrieb am 23.01.2024
Erschütternde Berichte, die hier zu lesen sind. Ich kann mich noch dunkel an meinen Kur-Aufenthalt erinnern. Wegen mehrerer schwerer Darmoperationen wurde ich, damals 7, für 6 Wochen nach Schmalkalden geschickt. Essen bis zum Platzen, dafür nur einen halben Becher pro Mahlzeit trinken. Schlafen in einem Großraum mit vielen anderen Kindern. Zeitung als Toilettenpapier, Toiletten ohne Abtrennung. Aber: ich habe genauso gute Erinnerungen. Das Müsli war göttlich 😀 Die Betreuerinnen (bis auf wenige Ausnahmen) liebevoll und gerecht. Traumhafte Waldspaziergänge mit Singen und Lachen. Mir wurde keine körperliche Gewalt angetan. Am Ende der Kur wurden wir alle sogar gefragt, wie es uns gefallen hat. Ich fühle mich nicht als Opfer, wünsche aber all denen, die so unsagbar schlechte Erfahrungen gemacht haben, viel Erfolg beim Verarbeiten ihrer Traumata.
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Manfred Lang aus Bühl/Baden schrieb am 23.01.2024
Hallo
Ich war 9 Monate in Schloss Friedenweiler
Habe sogar meine Erstkommunion dort mit noch einem anderen Jungen gefeiert
Aber irgendwie fehlen mir ganze Erinnerungen
Es waren einige aus der Mannheimer Gegend dabei
Ich habe nie genau erfahren warum ich dort war
Nach dem Tod meiner Mutter fiel mir ein Abschlussbericht in die Hände
Dort stehen solche Dinge wie Lungenkrank und dass ich eine Chemotherapie bekommen hätte
Mutter hst immer erzählt ich hätte einen Schatten auf der Lunge gehabt
Bin auch jahrelang danach regelmäßig beim Gesundheitsamt gecheckt worden
Allerdings kann ich mich an dunkle Kellerräume in Friedenweiler erinnern dort musste ich Sonden die angeblich bis in den Magen führen sollten schlucken
Was hat das mit der Lunge zu tun
Kennt das jemand auch
Kontakt erwünscht
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Petra Webersik schrieb am 23.01.2024
Ein Horrortrip und eine rauhe Menge Eisbein

Damals war ich 6 Jahre alt. Meine Schwester 5. Einige Monate zuvor war unser Vater bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt und meine Mutter sollte sich bei einer Kur von den Strapazen der letzten Monate erholen. Dies waren die traurigen Voraussetzungen für eine Kinderkur, verbunden mit einer langen Anreise nach Muggendorf in die Fränkischen Schweiz.

Von den Vorbereitungen bekamen wir als Kinder nicht viel mit. Auch wurden wir nur wenig auf diese Reise vorbereitet. Uns wurde aber eine schöne Zeit versprochen.
Woran ich mich erinnern kann, war, dass es eine Liste mit Vorgaben gab, welche Kleidungsstücke wir mitzunehmen hatten. Unsere Mutter schrieb in unsere Kleidung unseren Namen oder nähte kleine Namensetiketten ein. Nur „bei Bedarf“ wurde in dem Kinderkurheim für uns Kinder gewaschen. Das wurde auch auf der Liste so vermerkt.
Laut Liste sollten sich für sechs Wochen Kuraufenthalt 6 bis 8 Schlüpfer und
6 Unterhemden pro Kind in dem Koffer befinden. Wenn etwas dreckig war, musste es weiter getragen werden, bis wieder der Kleidungswechsel anstand.
Das war einmal in der Woche!

Am Tag der Abfahrt nach Muggendorf, bekamen wir ein Band mit einem Anhänger um den Hals, auf dem unser Name und Anschrift stand. Wie bei einem Gepäckstück, dass man aufgibt.
Unsere Mutter verabschiedete sich morgens in Hannover am Bahnhof von meiner Schwester und mir, übergab uns ein kleines Glücksschwein aus Marzipan und richtete die Worten an mich „Pass gut auf Deine kleine Schwester auf“.
Den Adressanhänger durften wir auf der gesamten langen Fahrt von Niedersachsen in die
Fränkische Schweiz nicht abnehmen. Es war dunkel als wir in Muggendorf um 18:23 Uhr ankamen.

Wir hatten damals den Tod von unserem Vater noch nicht richtig verarbeitet.
Traten eine lange Reise ohne unsere Mutter an und als Geschwisterkinder wurden wir sofort nach der Ankunft in Muggendorf getrennt. Es war so grausam.
Es fühlte sich so schlimm an. Es muss doch alles in unserer Akte gestanden haben. Warum hat man uns das nur angetan? Wir waren Kinder, hilflos, wehrlos und hatten doch nichts verbrochen…….

Ich saß nach der Ankunft in Muggendorf und der Trennung von meiner Schwester ganz allein in einem leeren Speisesaal und bekam einen Teller mit ein paar geschmierten Brotscheiben hingestellt. Es gab roten Tee. Ich glaube es war Hagebutte. Meine Schwester – so hieß es - saß in einem anderen Raum. Ich bekam keinen Bissen hinunter. Musste aber eine halbe Ewigkeit sitzen bleiben und durfte nicht aufstehen.
An diesem ersten Abend kam ich mir so allein und verloren vor. So weit weg von Zuhause, saß ich in einem großen kalten Raum, mit vielen nackten Tischen und leeren Wänden.
Nachdem ich mehrmals nach meiner Schwester fragte, sagte mir eine Frau, dass meine Schwester alles aufgegessen hat und schon im Bett lag.

Auch nach einigen Tagen aß ich schlecht, man ließ mich ewig allein im Speisesaal zurück, bis ich die Speisen auf meinem gefüllten Teller aufgegessen hatte. Ich weinte viel. Immer wieder fragte ich nach meiner Schwester. Ich vermisste sie so sehr. Meine Schwester und ich „wohnten“ in diesem Muggendorf unter einem Dach, doch wir sahen uns nicht.
Wie konnte es nur möglich sein, dass wir uns nicht über den Weg liefen?
Lebte meine Schwester noch? Ich sollte doch gut auf sie aufpassen….
Ich kann mich noch genau erinnern, wie groß mein Kummer damals war und erinnere mich, wie ich nach etlichen Tagen unter Tränen einer Frau (ich habe sie inzwischen als Heimleiterin identifiziert) auf ihre Fragen im schroffen Ton „warum weinst Du denn so viel und isst nichts?“ von dem Tod meines Vaters, von dem Heimweh nach meiner Mutter und Schwester erzählte und denke, dass sie dafür sorgte, dass ich ein paar Tage darauf in die Gruppe zu meiner Schwester „verlegt“ wurde.
Die Kinder in dieser Gruppe waren alle viel jünger und kleiner als ich. Das war egal.
Das was zählte, war, dass ich ab sofort wieder mit meiner Schwester zusammen sein konnte und so ließ tatsächlich auch ein wenig das Heimweh nach.

Alle meine Erinnerungen an diese Kur sind entweder sehr dunkel oder mit dunklen Schatten durchzogen. Ich frage mich heute, lag es wirklich nur an der Jahreszeit?

Es gab sehr oft Redeverbot in diesem Muggendorf. So durften wir auch nicht während der Mahlzeiten reden. Es musste muckmäuschenstill sein. Reden oder auch flüstern war nicht erlaubt. Wehe, man hielt sich nicht daran. Eine Betreuerin war sehr grausam. Ich fürchtete mich sehr vor ihr. Sie war gewalttätig. Beachtete man dieses Redeverbot nicht, kam sie blitzschnell um den Tisch herum und schlug uns von hinten mit einem Löffel auf den Kopf.
Ich weiß noch, dass ich damals sehr erleichtert war, als sie sich beim Sitzen am Basteltisch ein Rückenleiden zuzog, sich nicht mehr bewegen und uns für ein paar Tage nicht betreuen konnte.

In Muggendorf bekamen wir das Essen zugeteilt und mussten alles aufessen.
Die Portionen bzw. das Essen oder auch die Beilagen durften wir nicht frei wählen.
Das Essen war weder kindgerecht, noch liebevoll angerichtet. Es roch merkwürdig und schmeckte scheußlich. Oft schaffte ich diese großen Portionen nicht aufzuessen und musste lange alleine vor meinem gefüllten Teller im leeren Speisesaal (oder fast leeren Speisesaal – manchmal saßen wir auch zu zweit oder dritt) sitzen bleiben.
Teilweise sogar bis zur nächsten Mahlzeit.
Es gab auch oft heiße Milch, auf der sich „Flott“ absetzte. Ich brachte sie nicht hinunter….es war so scheußlich und immer wieder wurde ich gezwungen, die Tasse auszutrinken.

Hatte ich aufgegessen, wurde Mittagsschlaf abgehalten. Auch hier bestand das absolute Redeverbot. So wie wir uns hinlegten, mussten wir über die gesamte Zeit der Mittagsruhe liegen bleiben. Keiner durfte sich bewegen. Das war für mich kaum auszuhalten.
Das Gefühl das ich damals empfand, war, als würden tausende Armeisen über meinen gesamten Körper laufen und ich kam nicht weg. Rührte man sich, wurde man bestraft und musste die zwei Stunden Mittagsruhe mit dem Gesicht zur Wand im Flur stehen.

Um 19 Uhr galt für alle Kinder Bettruhe. Wir durften nach 19 Uhr nicht mehr aufstehen. Auch nicht, wenn wir noch einmal dringend zur Toilette mussten. Als Kinder waren wir, meine Schwester und ich, sehr früh „sauber“ und benötigten keine Windel oder machten auch nachts nicht ins Bett. Darauf war unsere Mutter sehr stolz gewesen.
Aber in Muggendorf war alles anders. Wenn ich nicht mehr aufhalten konnte, machte ich zwangsläufig ins Bett. Ich schämte mich sehr, zumal andere Kinder das auch mitbekamen und auch einige spotteten.
Wer ins Bett machte, wurde mit Flüssigkeitsentzug bestraft.

Auch ab 19 Uhr galt ein absolutes Redeverbot. Manchmal flüsterten meine Schwester und ich im Bett. Wenn wir erwischt wurden, wurde ich von der Aufsicht aus dem Bett gezerrt und musste mit nackten Füßen im kalten Flur stehen. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie kalt meine Füße waren und wie oft ich dort fror. Es war Winter und die Schlafsäle waren nicht sonderlich warm oder beheizt.

Kinder verspüren im Dunkeln oft Angst. Das war in Muggendorf nicht anders. Warum man uns dann noch mit einer Taschenlampe ins Gesicht leuchten musste, um lange zu überprüfen, ob wir wirklich schlafen, ist mir heute unbegreiflich. Ich weiß noch, dass das jedes mal wahnsinnige Angst in mir auslöste. Zumal man auch im schlaflosen Zustand bestraft wurde. Immer und überall wurden wir Kinder kontrolliert und standen unter Beobachtung. Es gab keine Privatsphäre.

Meine Mutter nahm mich als sehr sensibles Kind wahr. Auch nahm ich mir vieles sehr
„zu Herzen“. So wurden mir die ganzen sechs Wochen in Muggendorf immer wieder angedroht, dass wenn ich nicht lieb bin, wir auch nicht nach Hause fahren dürfen.
Da man ja mit mir so viel geschimpft, mich gezerrt und geschlagen hatte, war ich damals fest davon überzeugt gewesen, dass wir unsere Mutter nie wieder sehen würden.
Ich weiß noch, dass ich sehr überrascht war, als mein Koffer plötzlich auf meinem Bett lag und es hieß, alles muss eingepackt werden, es geht nach Hause. Ich konnte mein Glück überhaupt nicht fassen.

Lange konnte ich nicht über diese Kuraufenthalte reden, da ich als Kind immer dachte, dass ich die angeordneten Aufgaben falsch umgesetzt hätte und deshalb bestraft wurde.
Hatte an mir gezweifelt und mich fürchterlich dafür geschämt. Die Betreuerinnen hatten uns auch eingeschüchtert und ich wollte meiner Mutter keinen zusätzlichen Kummer bereiten. Und so kam es, dass ich noch vier weitere Male zur Kur entsendet wurde.

Meine Aufenthalte waren:

3. 11. - 14. 12.1972
BRK-Heim „Muggendorf“, Wiesenttal /Fränkische Schweiz

23.09. - 29.10.1976
DAK-Kinderkurheim „Schuppenhörnle“, Feldberg / Schwarzwald

13.09. - 26.10.1978
Kinderkurheim „Rumpelstilzchen“, Insel Borkum / Ostfriesland

02.05. - 07.06.1979
Kinderheim Haus Goltermann, Insel Föhr / Nordfriesland

13.03. - 10.04.1981
DAK-Jugendkurheim „Bergerhof“, Dietramszell / Oberbayern


Ich wurde also fünfmal über die DAK verschickt. Zugenommen – das war das Ziel dieser
Kuren - hatte ich selten, meistens sogar abgenommen. Dafür nahm ich nicht nur einen Koffer mit meiner eingestaubten Kleidung mit zurück nach Peine, ich nahm einen Koffer mit Erinnerungen und Erfahrungen mit, die mich mein ganze Leben begleiten sollten.
Oft hinderten mich diese Erinnerungen und Erfahrungen daran, ein unbesorgtes Leben zu führen, hielten mich nachts wach, ließen mich in Unruhe zurück. Auch konnte ich nie jemanden vertrauen, hatte Bindungsängste und vieles, vieles mehr……

Als ich in die Schule kam, bekam ich schlechte Noten, weil ich nichts sagte. Ich war so stark von der Kur in Muggendorf traumatisiert, dass ich mich nicht mehr traute, etwas außerhalb meiner vertrauten Umgebung zu sagen. Ich war still, lebte zurückgezogen in meiner eigenen (Traum)Welt und verhielt mich angepasst. Dieses System hat mich gelehrt zu einer stillen Beobachterin zu werden…..

Im Kinderkurheim Schuppenhörnle wurde ich während des Kuraufenthalts krank.
Ich bekam hohes Fieber und man brachte mich in ein Isolierzimmer. Keiner durfte mich besuchen. Auch meine Schwester nicht. Ich lag allein in diesem Zimmer. Alles war weiß. Das Bett, die Bettwäsche, die Wände, die Decke. Morgens, mittags und abends sah jemand nach mir, brachte mir Essen, es wurde Fieber gemessen, ich bekam Wadenwickel und Medikamente. Es gab nichts zu lesen und auch nichts zu spielen. Fernsehen sowieso nicht. Wenn ich nicht schlief, starrte ich an die Decke. Eine komplette Woche. Es war zum verrückt werden…..

Wie oft wurde ich nur in diesen Kurheimen von Kopf bis Fuß mit kaltem Wasser abgespritzt? Angeblich soll die Therapie gut für den Kreislauf sein. Bei mir verursachte das kalte Wasser am ganzen Körper Schmerzen. Das ist heute noch so.

Die Kuren in den zwei großen Heimen waren unmenschlich und grausam.
Die Aufenthalte in den kleineren Heimen waren - aus meiner Sicht heute – ok bis sehr gut.
Mit der Jugendkur hadere ich noch sehr. Warum mussten wir Mädels und jungen Frauen, alle zwischen 14 und 17 Jahre, so oft in die Sauna? In einem Alter, wo sich der Körper stark verändert und ein größeres Schamgefühl entsteht. Und warum wurde der Saunaaufguss immer von einem Mann vollzogen? Es gab doch genügend Frauen.
Abschließend haben wir Mädels ein Gedicht verfasst. Die Betreuer kamen dabei nicht gut weg. Wertschätzend war das nicht. Spiegelte sich da etwas?

Im Mai 2023 war ich ziemlich überrascht, als ich auf die Internetseite des
Vereins “Initiative Verschickungskinder e.V.” (zu finden unter Verschickungsheime.de) aufmerksam wurde. Ich las dort die Erfahrungsberichte von anderen ehemaligen Verschickungskindern, die sich mit meinen Erinnerungen deckten.
Ich erkannte endlich, so verkehrt war mein kindliches Verhalten gar nicht, sondern eher dieses Verschickungssystem, mit dem Milliarden Geld verdient wurde.

Ich kann die Zeit nicht zurückdrehen und ungeschehen machen, aber ich kann dazu beitragen, dass das, was wir in diesen Kinderkurheimen erlebten, sich nie wiederholt.
Und dazu will ich meinen Beitrag leisten.


Petra Webersik
früher: aus Peine / Niedersachsen
heute: Insel Rügen / Mecklenburg-Vorpommern
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Birgit schrieb am 23.01.2024
Verschickungsheim Feldberg im Schwarzwald (1966)
St. Peter Ording Kindererholungsheim "Goldener Schlüssel"(1971)

Während meiner Kindheit wurde ich zweimal in "Kindererholungsheime" verschickt. Das erste Mal fand mit sechs Jahren statt, in den Schwarzwald zum Feldberg, das zweite Mal mit elf Jahren nach St. Peter Ording.

Die Ärzte hatten diese Maßnahmen vorgeschlagen wegen meines Asthmas, das während meiner Kindheit teilweise sehr ausgeprägt war.

Ich erinnere mich an die Zeit am Feldberg bruchstückhaft, weiß jedoch noch genau, wie stark mein Heimweh war, wie einsam und unglücklich ich mich gefühlt habe. Sehr lebendig habe ich die Essenseinnahme in Erinnerung, bei der die Kinder gezwungen wurden, aufzuessen. Ich meine mich an eine Situation zu erinnern, bei der ein Kind sich erbrach und es trotzdem alles essen musste.
Auch habe ich sehr lange Spaziergänge in Erinnerung. Es war Winter und der Schnee lag sehr hoch. Mit meinen sechs Jahren versank ich knietief im Schnee und musste mich folglich den gesamten Weg über durch den hohen Schnee kämpfen, war sehr erschöpft. Ich habe in Erinnerung, dass ich die ganze Zeit über hoffte, dass dieser Weg irgendwann endlich ein Ende nehmen würde.
Die Betreuerinnen schrieben Karten für uns, die an die Eltern versendet wurden und auf denen stand, dass es uns sehr gut ging, wir uns hier erholen würden. Auf der Karte befand sich ein Schwarz-Weiß-Photo des Kurhauses. Wenn die Eltern zurück geschrieben hatten, lasen die Betreuerinnen uns den Text vor. Ich erinnere mich, dass ich dann sehr starkes Heimweh bekam, aber versuchte, es zu verbergen.

Regelmäßig wurden wir gewogen und untersucht.
Das Schlafen im Schlafraum habe ich als unruhig in Erinnerung, da mehrere Kinder in einem Raum schliefen. Es wurde Bettruhe verordnet, aber ich konnte nachts das Atmen hören und ich meine, nachts manchmal Schluchzen gehört zu haben, könnte das heute aber nicht mehr mit Sicherheit sagen.
Ich habe diese ganze Zeit als emotional bedrückend in Erinnerung, geprägt von Strenge und keiner Zuwendung.

Mit elf Jahren wurde ich nach St. Peter Ording verschickt. Diese Zeit habe ich als weniger belastend in Erinnerung, vermutlich auch, da ich bereits älter war.
Um schulisch nicht zu viel zu versäumen, wurden mir regelmäßig Schulaufgaben geschickt, die ich nacharbeiten musste.

Auch aus dieser Zeit erinnere ich mich an lange Spaziergänge, einmal auf einem Deich bei sehr starkem Wind, gegen den ich ziemlich ankämpfen musste.
Als willkommene Abwechslung habe ich den Besuch im Wellenbad erlebt, da ich so etwas zuvor noch nie kennengelernt hatte.
Es fanden regelmäßige ärztliche Untersuchungen statt und wir mussten zu bestimmten Zeiten inhalieren. Dabei saß man vor einem Inhalationsgerät und musste das Inhalat einatmen. Die Nase wurde dabei verschlossen, so dass man keine Wahl hatte, als nur durch den Mund zu atmen. Ich erinnere mich, dass ich diese medizinische Maßnahme als sehr unangenehm empfand und jedesmal froh war, wenn das Inhalieren beendet war.

Rückblickend kann ich sagen, dass mir der erste Aufenthalt im Alter von sechs Jahren am Feldberg keine wirklich messbaren gesundheitlichen Vorteile gebracht hat - meine Mutter musste mich anschließend dennoch öfter morgens von der Schule abmelden, da ich die ganze Nacht über gehustet hatte. In Bezug auf die emotionalen Erlebnisse jedoch, hinterließ diese Zeit einen Gesamteindruck von Düsterkeit.

Der zweite Aufenthalt in St. Peter Ording war positiver, aber dennoch emotional geprägt von Heimweh und einem Gefühl von innerer Einsamkeit.
Gesundheitlich war diese Zeit für mich von Vorteil - mein Asthma war danach nicht mehr so ausgeprägt.

Ich habe ärztlicherseits über zehn Jahre Cortison Tabletten bekommen, bei zweimal täglicher Einnahme. Diese Einnahmen gingen nach dem zweiten Kuraufenthalt weiter, was deutlich macht, dass der gewünschte Erfolg noch nicht erreicht wurde. Die Cortisoneinnahme wurde dann drei Jahre später, mit vierzehn Jahren, endlich beendet.

Abschließend betrachtet, war insbesondere der Kuraufenthalt mit sechs Jahren eine Zeit, die ich als emotional belastend, düster, von Einsamkeit und Strenge geprägt, in Erinnerung habe. Es ist in mir abgespeichert wie eine Lebensphase, die in einen tiefen Schatten getaucht erscheint.

Der zweite Aufenthalt war ebenfalls nicht erfreulich, aber nicht so düster und belastend wie der erste. Ich war bereits elf Jahre alt und konnte entsprechend mehr verstehen, warum ich da war und wofür gewisse Maßnahmen notwendig erschienen. Auch diese Zeit habe ich als streng organisiert und mit vielen Vorschriften in Erinnerung.

An dieser Stelle möchte ich bedanken bei den Initiatorinnen und Initiatoren dieses Projektes. Es war für mich sehr aufschlussreich, auch die anderen Berichte lesen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Birgit
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Kerstin aus Göttingen schrieb am 22.01.2024
Erstaunlich, was die Psyche in so vielen Jahrzehnten eingräbt und was beim Lesen dieser entsetzlichen Dinge wieder zum Vorschein kommt.
All das habe ich auch erlebt, vom Zwangsessen bis ich mich übergeben musste, liebevollen Päckchen von der Patentante, welche geöffnet und unvollständig ankamen, Zwangsmittagsschlaf,mein tränenüberströmtes Gesicht beim Diktat der Post .Wovon ich noch nichts gelesen habe war, gab es noch andere Kinder, die wie ich beim Zahnarzt in der Einrichtung fest gehalten wurden (von vier Personen) damit er mit seinem alten Tretbohrer vermeintliche Karies damit entfernte.?
Unbegreiflich wie kleine Menschenkinder behandelt wurden, für mich auch unbegreiflich wie Eltern ihre Kinder somit zur Seite schoben.Kann sich jemand an mich erinnern, hat jemand Fotos aus dieser Zeit..?
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Simone schrieb am 22.01.2024
Ich bin 56 Jahre alt. Im Sommer 1977 wurde ich mit neun Jahren von meinen Eltern für 4 Wochen zur Kur nach Österreich in die Pension Ernani geschickt. Der Aufenthalt dort war eigentlich für Kinder vorgesehen, die krank waren oder aus sozial schlechten Verhältnissen kamen. Auf mich traf weder das eine noch das andere zu, aber mein Vater arbeitete beim Deutschen Roten Kreuz und konnte so erreichen, dass ich an dieser kostengünstigen Maßnahme teilnehmen konnte. Meinen Eltern ging es zu dieser Zeit schlecht, sie waren beide voll berufstätig, hatten wenige Jahre zuvor eigenhändig ein Haus gebaut und meine Mutter hatte gerade zwei Fehlgeburten hinter sich. Sie waren wohl einfach froh, dass ich während der langen Sommerferien irgendwo gut untergebracht war. Ich hatte nicht die geringste Lust darauf, ganz alleine auf Reisen zu gehen, begriff aber irgendwie, dass das meinen Eltern wichtig war. Und so setzten sie mich in den Zug, in dem auch ein paar fremde andere Kinder mit gleichem Ziel saßen. Ich erinnere mich daran, dass mir die vier Wochen endlos vorkamen und ich ständig Heimweh hatte. Die Kinder der Gruppe waren zwischen 9 und 13 Jahren alt, ich war die jüngste und konnte mit den anderen Kindern nicht viel anfangen. Viele spielten regelmäßig seltsame Rollenspiele, in denen es um Unterwerfung, Verprügeln und sexuellen Missbrauch ging. Heute denke ich, dass sicher viele der anderen Kinder aus sehr problematischen Verhältnissen kamen. Ich frage mich oft, ob den Betreuern in dem Heim nicht auffiel, welche fragwürdigen Spiele die Kinder spielten und warum sie darauf nicht reagierten. Ich selbst versuchte, möglichst unsichtbar zu bleiben, hielt mich aus allem raus und wartete, bis der Aufenthalt endlich vorbei war. Meine Eltern erzählten noch Jahre später, dass sich mein Wortschatz nach der Rückkehr aus Pension Ernani katastrophal verändert hatte und ich Schimpfwörter verwendete, die bei uns zu Hause vollkommen inakzeptabel waren. Hätten meine Eltern geahnt, in welcher Gesellschaft ich mich während der Kurmaßnahme befand, so hätten sie mich sicher nicht dorthin geschickt. Ich erinnere mich noch gut daran, dass die Kinder einmal in der Woche Taschengeld ausgeteilt bekamen. Dieses Geld war von den Eltern dafür zur Verfügung gestellt worden. Ich wollte gleich in der ersten Woche für meine Eltern als Mitbringsel einen Tonkrug mit Likör kaufen, der ungefähr genauso viel kostete, wie mein gesamtes Taschengeld für die 4 Wochen Aufenthalt. Als ich den Betrag von der Betreuerin ausgezahlt haben wollte, lehnte sie mit der Begründung ab, ich erhielte jede Woche nur eine begrenzte Summe. Und so ließ ich mir wöchentlich diese Summe auszahlen und sparte vier Wochen lang, bis ich kurz vor der Abreise den Likör kaufen konnte... Den Aufsichtspersonen, die uns damals betreuten, kann ich eigentlich keinen Vorwurf machen - ich habe nicht beobachtet, dass es Strafen oder Misshandlungen in dem Haus gab. Allerdings herrschte ein strenges Regiment und die Tage waren fest getaktet. Vor allem der verordnete Mittagsschlaf, im Bett liegen zu müssen ohne schlafen zu können war lästig.
Zum Glück musste ich später nicht noch einmal zur Kur verreisen!
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P. G. aus Saale-Holzland-Kreis schrieb am 22.01.2024
1984 war ich von vor Silvester bis Mitte Februar im Heim in Graal-Müritz. Den Platz hatte mein Vater aufgrund vieler Bronchitiden ohne Einverständnis meiner Mutter organisiert. Familienkontakt gab es in der Zeit nicht und ich kann mich kaum erinnern.
Allerdings weiß ich, daß ich zum Silvester Angst hatte, aus dem Gitterbett kletterte und auf den Flur lief. Daraufhin wurde ich (m.E. mit einer Spritze) ruhig gestellt. Danach entwickelte ich für über 20 Jahre eine Spritzen-Phobie mit Hyperventilation und Ohnmacht. Den Inhalationsbereich erinnere ich als lange dunkle Betonröhre, in der wir saßen und Dämpfe einatmeten.
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Nikola Dietrich aus Blankenburg schrieb am 22.01.2024
Hallo an alle, die in Sinnershausen im selben Zeitraum waren, wie ich. (ich war im Februar 1978 und im Februar 1979 dort). Ich würde mich gerne mit Euch austauschen. Meldet Euch bitte.
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Christian aus Lüdenscheid schrieb am 22.01.2024
1970 - ich wurde bald fünf und meine Eltern bereiteten den Umzug in das neue Haus vor, wurde ich für 6 Wochen nach Föhr verschickt.Wyk@Verschickungsheime. Meine beiden älteren Geschwister waren auch zuvor verschickt worden (Bad Sassendorf), aber nach 1 Woche wieder nach Hause gekommen, weil das Heimweh und die Windpocken dazwischen kamen.

Angeblich, nach Aussage meiner Mutter, wollte ich unbedingt auch so eine tolle Kinderkur erleben... mit 4-5 Jahren ...

EIn Zug mit Begleitern ("Schau mal das sind Onkel und Tante Soundso, die sind nett") brachte mich aus dem Sauerland nach Föhr. Die Fahrt war endlos lang und ich erinnere mich noch an meine Angst vor der Fährüberfahrt, denn ich hatte auch das Meer noch nie gesehen. Alles war fremd und schon f dem Hinweg hatte ich fürchterliches Heimweh.
in Schlafsaal mit ca. 20 hellblauen Betten, einem Tisch für die Mittagsaufsicht und kalte Duschen sind mir in Erinnerung. Das Rosinenbrötchen nach dem Mittagsschlaf, was bei jeder Kleinigkeit von frechem Betragen gestrichen wurde ebenso. Ich hatte so großes Heimweh, dass ich abends im Bett weinte und auch zweimal ins Bett machte - was mir sonst nie passierte. Dafür wurde man heftig ausgeschimpft und unter die kalte Dusche im kalten Duschraum gestellt.
Ich hatte einen "Freund" in meiner Gruppe, dessen großer Bruder auch dort war. Mit diesem tauschte ich mein Heimweh aus und wir weinten häufig zusammen ... und wurden dafür wieder ausgeschimpft oder von den wenigen Aktionen ausgeschlossen (Strandspaziergänge, Schwimmbad).
Briefe/Karten wurden für mich geschrieben- natürlich war immer alles toll!
Die Mittagspausen war mir ein Grauen. Man musste in seinem Bett still liegen und die Augen geschlossen halten, wenn nicht, so musste man sich in die Ecke stellen. Kinder die weinten ebenso und man wurde geschimpft, wie undankbar man sei und dass die Eltern darüber informiert würden. Geschimpft wurde ohnehin sehr viel und bei jeden geringsten Anlass. Ich erinnere mich auch daran, dass ich immer Hunger hatte. Bis heute sind Heimweh, ein z.T. übersteigertes Harmoniebedürfnis, oder die Angst es nicht Rechtzu machen (auch ohne Anlass) geblieben.
Warum ich ein solches Heimweh hatte, kann ich mir kaum erklären, da meine Eltern mir dafür eigentlich keinen Anlass gaben. Sicher meinten sie es irgendwie gut, aber für ein Kind mit 4-5 Jahren ist dies nur schwer nachzuvollziehen.
Die spätere Aufarbeitung mit meinen Eltern scheiterte übrigens kläglich, sie konnten mein Leiden nicht nachvollziehen. Auch mir selbst konnte ich jahrelang diese traumatischen Erlebnisse eestehen. Von daher bin ich froh, dass es ein solches Forum gibt und ich nicht allein mit meinem Erleben bin!
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Friedel schrieb am 22.01.2024
Hallo, ich bin durch eine Doku vom y-kollektiv auf Eure Seite gestoßen und schreibe nun im Namen meiner Großmutter, die Mitte der 50er Jahre in das Kinderkurheim Pomßen kam, wo sie mehrere Wochen (ich meine es waren vier) untergebracht war. Ich sprach meine Oma am Wochenende direkt auf die Kinderverschickung an und sofort konnte sie mir den Ort nennen, wo sie untergebracht war. "Pomßen - wo auch immer das ist. Wir wurden von zuhause abgeholt. Ich habe noch brav gewunken," hat sie mir erzählt. Wir haben uns Bilder vom damaligen Kurheim angeschaut und sofort hat sie den Ort wiedererkannt. "Das war so ein Schloss und die Frauen dort waren streng." Meine Oma kam dorthin, weil sie nicht (viel oder genug) gegessen hat. Sie war damals ein schlankes, sportliches Kind. "Ich sollte in der Zeit dort zunehmen, habe aber noch mehr Gewicht verloren und kam dünner zurück nachhause, als ich von daheim losgefahren bin." Sie hat mir ebenso erzählt, dass sie mit vielen anderen Kindern in einem großen Schlafsaal untergebracht war und immer ganz eng in eine Decke eng eingewickelt wurde, damit sie sich nicht bewegen konnte. Dies ließ bei ihr ein Beklemmungsgefühl zurück, was bis heute anhält. "Weinen durften wir nicht. Wenn wir geweint haben, dann haben wir Ärger bekommen." Auf Nachfrage, ob ihr auch körperliche Gewalt angetan wurde, sagte sie: "Nein. Höchstens geschüttelt haben sie mich, als ich nicht wollte, wie sie." (Was ja schon übergriffig ist und meiner Meinung nach an körperliche Gewalt grenzt) Meine Oma kommt aus einem wohlbehüteten Elternhaus. Meinen Urgroßeltern, so sagte sie mir, hat sie niemals etwas davon erzählt, aber mein Urgroßvater, also ihr Papa, habe es ihr wohl angemerkt. Ich kannte meine Urgroßeltern. Auch die haben selten von der Vergangenheit gesprochen. Ich finde es erschreckend, solche Dinge über die Vergangenheit meiner Oma zu erfahren, die mir ohne Nachfrage niemals davon erzählt hätte. "An sowas denkt man nicht mehr. Das war so schlimm und hat die Kindheit verändert. Erst die Ferienausflüge an die Ostsee haben mir als Kind wieder ein gutes Gefühl gegeben," sagt meine Oma, die im Vorschulalter nach Pomßen kam. Ich danke denjenigen, die diese Webseite aufgebaut haben, damit andere/ ihre Angehörigen das Leid teilen können. Dieses Leid gehört ausgesprochen, verarbeitet und eingeordnet, damit Generationen Ruhe finden und sich gehört und verstanden fühlen.
Meine Oma musste zweimal insgesamt, in kürzerem Abstand "zur Kur". Einmal nach Sachsen, einmal in Thüringen.
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Judith Schmitt aus Köln schrieb am 22.01.2024
Hallo zusammen,

ich wurde 1972 "verschickt" für sechs Wochen nach Hindelang, ich war damals sechs Jahre alt. Was habe ich für Erinnerungen daran?
Dass ich zunächst rebellierte, denn alle Kinder sollten Lätzchen anziehen, das war ich von zu Hause nicht gewöhnt. Ich wurde dann aufs Zimmer geschickt und mir wurde dort erklärt, dass ich nur mitessen dürfe, wenn ich mich an diese Regel halte. Na ja, es gibt Schlimmeres. Zum Beispiel das Heimweh abends im Schlafsaal, über das wir untereinander flüsterten und die Tränen, die wir deswegen vergossen.
Ich kann mich ansonsten an die schöne, offene Architektur des Hauses erinnern, wollte dort im letzten Jahr vorbeifahren, aber das Gebäude wurde zwischenzeitlich leider abgerissen. Ich kann mich an Kinder erinnern, die dort durchaus länger waren als ich, ich meine sogar über Jahre, wie sie mir erzählten. Ich würde diese gerne Kinder wiedertreffen oder über sie erfahren, sie waren mir ein großer Trost dort.
Ich erinnere mich an die Spaziergänge und die gute Luft, an eine Prüfung, bei der ich mich geschmeichelt gefühlt habe, dass ich mit zu den Probanten gehören durfte, offenbar, weil ich dann mittlerweile gelernt hatte, mich anzupassen.
Ich kann mich an die vielen Briefe erinnern, die meine Eltern und meine Oma mir schrieben und an das Paket, dass ich dort zugeschickt bekam, als ich am 30. Mai Geburtstag hatte. Telefoniert werden durfte nicht, ein Besuchsverbot gab es auch.
Meine Mutter erzählt mir heute noch unter Tränen, dass ich bei der Abholung nur auf meine kleine Schwester (damals 2) zu lief und die Eltern ignorierte. Sie bereut sehr, mich damals in die Kur gegeben zu haben.
Wie konnte eine solche "Therapie" nur durchgeführt werden? Ganz schlimm!
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Elvira schrieb am 21.01.2024
1970 war ich 6 Jahre alt. Warum ich zur Kur musste, weiß ich nicht. Ich erinnere mich, dass meine Eltern oder nur meine Mutter, das weiß ich nicht mehr, mich in, ich glaube Bremerhaven, es könnte auch Wilhelmshaven gewesen sein, absetzten. Ich hatte ein Schild mit meinem Namen an mir. Meine Mutter drückte mich nochmal, dann wurde ich auf ein, für mich damals, riesiges Schiff gebracht. Wir wurden nach Borkum gebracht, den Namen des "Kurhauses" weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur noch, dass ich fürchterliches Heimweh hatte. Die Nächte musste ich oft auf dem Flur in so einem komischen Stuhl verbringen, weil ich wegen dem Heimweh so viel geweint hatte. Mir wurde gesagt, dass ich da auf dem Stuhl schlafen müsse, damit ich die anderen Kinder nicht wecke. An meinem Geburtstag bekam ich ein Paket mit vielen Süßigkeiten und einem Stofftier. Die Süßigkeiten wurden mir abgenommen, wie sie verteilt wurden, weiß ich nicht mehr. Ich kann mich erinnern, dass da zwei Mädchen waren, die sagten, dass sie nichts davon bekommen dürften, weil sie zu dick seien. Ich erinnere mich, dass wir manchmal am Strand spazieren gegangen sind. Das ist das einzig Schöne, an das ich mich erinnere. Es gab Bettensääle, Reihen von Waschbecken, die an Tröge mit vielen Wasserhähnen erinnerten. Im Speisesaal kann ich mich nur daran erinnern, dass die "Aufseherinnen" an einem Extratisch unter uns Kindern saßen, Kuchen und leckeres Essen hatten, während wir etwas anderes nicht schmeckendes bekamen.
Ich war nach der Kur viele Jahre nicht mehr in der Lage, irgendwo zu übernachten. Selbst dann nicht, als meine Cousine mich fragte, ob ich bei ihnen schlafen wollte. Ich hatte freudig eine Tasche gepackt und bin bis an die Tür mitgegangen. Dann drehte ich mich um und sagte, dass ich heimweh habe. Ich war noch garnicht aus dem Haus.
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Marga aus Hessen - Büdingen schrieb am 17.01.2024
@ Petra, ich war ebenfalls im Jahr 1965 in St. Peter Ording als dreijähriges Kind und habe ganz ähnliche Erfahrungen gemacht. Ich würde mich sehr gerne austauschen!
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Ramona aus Dresden schrieb am 16.01.2024
Liebe Verschickungsheim - Leser, mein Name ist Ramona, ich wohne in Dresden bin 60 Jahre alt und war in den 1969 oder 70er Jahren an der Ostsee zur Kinderkur. Im Alter von 6 oder 7 Jahren wurde ich auf Grund einer chronischen Bronchial - Erkrankung an die Ostsee mit der Bahn, natürlich alleine in einer organisierten Kinder-Gruppe geschickt. Die Dauer des Aufenthaltes war 6 Wochen. Ich kann mich sehr gut erinnern, habe die Zeit immer verdrängt und eigentlich darüber nicht gesprochen. Ich war ein sehr zartes Kind, schlechter Esser und hatte ständig Heimweh. Ich lebte mit meiner Mutter in Grünberg bei Pasewalk alleine. Ich vermisste sie sehr, so sehr das es Schmerzen verursachte. Ich hatte zum festhalten eine kleine Handpuppe von zu Hause mitgebracht. Als man merkte, dass ich mich nachts daran festhielt, um besser einzuschlafen, nahm mir eine Schwester die Puppe weg und legte sie auf einen hohen Schrank. Ich war darüber entsetzt, ich konnte sie sehen aber kam nicht an sie heran. Am Morgen mussten wir splitternackt, was ich aus Scham nie freiwillig gemacht hätte, Frühsport absolvieren. Wir waren ein riesiges gemischtes, also Jungs und Mädchen-Zimmer/Saal. Eine Übung beinhaltete das Trommeln auf die Brust solange bis die Luft aus der Lunge war. Ich hatte Probleme bei der Übung und erhielt regelmäßig Schläge ins Gesicht, so sehr, dass mein Gesicht rot anlief. In der Nacht herrschte ein sehr strenges Toilettenverbot. Auch bei dem Versuch auf die Toilette zu gehen, wurde man direkt zurück geschickt. Ich habe heute den Verdacht, wir sollten nicht merken, dass die Nachtwache schläft! Es war eine Folter für mich. Einige der Kinder nässten ein und wurden dann vorgeführt. Das Essen war eine Qual, es gab ständig Sagosuppe mit Milch, mir ist heute noch schlecht davon. Ich wurde ständig gefüttert, Knorpelfleisch wurde mir in den Mund gesteckt. Ich sammelte das Essen im Mund, lies es dann in meinen Schürzentaschen verschwinden. Das Highlight war, wenn jemand aus der Küche fragte, "wer möchte Quark?" und kam mit einer großen Schüssel davon. Man musste sich melden und wenn man Glück hatte, bekam man die wirklich leckere Nachspeise. Die Behandlung an der Ostsee beinhaltete Strandspaziergänge, Inhalationen in einem großen Raum sowie Solebäder in Holzwannen. Die Behandlung war relativ erfolgreich, meine Luftprobleme waren sehr viel besser. Ich erinnere mich an eine große breite Feuerleiter, diese war direkt vor meinem Bett durch das Fenster sichtbar. Ich überlegte, wie ich aus der Kuranstalt über diese Leiter fliehen könnte. Wir hatten ab und zu Schule, dabei mussten wir Briefe an unsere Eltern schreiben. Der Text wurde an die Tafel geschrieben. Er musste 1 zu 1 abgeschrieben werden, die Briefe durften nicht zugeklebt werden. Damit meine Mutter merkt, dass der Text nicht von mir ist (Text wie: mir gefällt es hier so gut usw), schrieb ich nicht "Liebe Mutti" sondern "Liebe Eltern". Ich hätte am liebsten geschrieben: Hol mich hier raus! Ich denke so ein Heim- Leben war immer von denjenigen geprägt, die das Heim führten, also die Menschen dahinter - mit ihren Neigungen, Charakter und sexuellen Vorlieben wie SM usw. Leider können Menschen mit negativen Neigungen sich gezielt Berufe aussuchen, in denen sie Macht über andere Kreaturen ausüben können. Das ist heute nicht anders! Kontrolle ist daher wichtig, Nachfrage durch Institutionen usw.!! Ich muss auch sagen, diese geschilderte Situation zog sich wie ein roter Faden durch meine Kindheit. Mit 12 mein erstes Ferienlager von Bad Frankenhausen aus, ähnliche Situationen wo Erwachsene ihre Macht ausnutzen, meist Menschen mit geringer Persönlichkeitsentwicklung und eher ohne Erfolg im Leben. Ich sollte ein Jahr später nochmals zur Kur fahren. Natürlich konnte ich mich erfolgreich dagegen wehren und trat nie wieder eine Kur in meiner Kindheit und Jugend an. Ramona aus Dresden
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Bernd Rosenkranz aus Magdeburg schrieb am 15.01.2024
Hallo, ich wurde 1956 oder 1957 von meiner Mutter oder meinen Eltern für 6 Wochen zur „Erholung“ geschickt, wahrscheinlich weil ich sehr dünn war, bin Jahrgang 1950, war also 6 oder 7 Jahre alt. Ich habe keinerlei Erinnerung daran, was da passiert ist, ich weiss nur, dass ich danach jahrelang keine Wurst und kein Fleisch mehr essen konnte. Vielleicht gibt es andere Betroffene die darüber etwas berichten können.
Bernd aus Magdeburg
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Heike Böhm aus Bendorf/Rhein schrieb am 14.01.2024
Hallo zusammen, bin Heike, 60 Jahre alt und komme aus Bendorf am Rhein. Ich war in zwei verschiedenen Kinderkurheime. Im Oktober 1969 im Kloster Wessobrunn und entweder davor oder danach (bin dann mit 7 Jahren 1970 eingeschult worden, Jahrgang 1963) in Kinderkurheim „St. Antonius“ in Bad Münster am Stein.
Ich kann mich an ein paar Dinge erinnern, kann aber nicht sagen ob das in Bad Münster am Stein oder Kloster Wessobrunn war. - Ich hatte mein Essen ausgebrochen und musste das Erbrochene essen bzw. den Teller leer essen. - Ich kann mich an eine Kabine erinnern in die man gehen musste und da bekam man dieses eklige Sole-Wasser zum Trinken. Ich habe den Geruch der Sole noch in der Nase, alles stank danach. - Ich kann mich erinnern, dass ich so eine komische, dunkle Brille anziehen musste und dann wohl
in diese Höhensonne. - Wir wurden nach Läusen untersucht, kann mich erinnern, dass die Tanten usw. im Kopf herumgesucht haben ob wir Läuse haben. Es kommen ab und zu noch andere Momente hoch die ich
nicht richtig zuordnen kann.
Habe von Bad Münster am Stein eine alte Postkarte und zwei Briefe aus Wessobrunn an meine Familie aus der „Kur“, sogar ein selbst gemaltes Bild von mir lag bei einem Brief. Der Brief war vorgedruckt und nur die Namen mit der Hand dazu geschrieben. Das zweite war eine selbst ausgemalte Postkarte. Die Schwester hieß Schwester Frumentia und das Fräulein Gaby.
Gibt es Leute die in der gleichen Zeit in einem der Kinderheime war, gibt es ähnlicher Erinnerungen oder sogar Fotos? Würde mich sehr freuen, wenn sich jemand melden würde, gerne auch per PN oder mail: h.boehm@yahoo.de
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Julian aus Lörrach schrieb am 14.01.2024
Kam im Jahr 1977 für 6 Wochen nach Sankt Peter Ording in ein Verschickungsheim. Ich vermute, es war das Seeschlösschen. Denke, auf einem Bild, den Speisesaal auf Bildern im Internet zu erkennen. Mein Zimmer oder Gruppe, hiess die "Strandläufer", daran kann ich mich absolut sicher erinnern.
1976 verstarb mein Opa, was mich in eine tiefe Krise brachte, Schule klappte es auch nicht, bei der Einschulung, darum kam das wohl, die Verschickung.
IMeine Vermutung, Ich wurde mit Medikamenten, gegeben auf Lõffel mit Zuckerwürfel, wohl täglich ruhiggestellt, weil Mittagsschlaf, wäre für mich, eigentlich nicht möglich gewesen. Aus meiner Kindheit, kann ich eigentlich mich weit zurück erinnern, aber komischerweise, diese Zeit, ist wie eine "Black Box",sehr schwer, mich an Konkretes zu erinnern, nur kleine Bruchstücke. An tägliche Gewichtskontrolle, hatte immer unter 25 kg, kann ich mich auch erinnern. Persönlich, kann ich mich nicht an Schläge erinnern, aber kann mich erinnern, bei Anderen, die Probleme mit dem Mittagsschlaf hatten, gab es Schläge. Das es bei mir nicht dazu kam, wobei Mittagsschlaf eigentlich für mich unmöglich war, denke ich, das wurde mit Medikamenten erzwungen, anders kann ich mir das heutzutage nicht vorstellen, wie Die mich dazu bringen hätten können. Andere wurden diszipliniert, die nicht schlafen konnten.
Damit ich aber kein falsches Verschickungsheim beschuldigen mõchte, vermute aber wegen dem Speisesaal, es war das Seeschlõsschen.
Das Schlafzimmer hatte 3-4 Doppeletagenbetten, also mit 6-8 Kindern belegt.
Würde mich freuen, jemand hätte aus dieser Zeit Bilder aus dem Seeschlõsschen, die Zimmer um 1977, das ich mich besser erinnern kann.
Ich bin seit Jahren in Behandlung, bei meinem Psychiater und bei meiner Psychotherapeutin.
Sie meinte, wegen meinen "Verdrängungskünsten", hält Sie sehr für wahrscheinlich, da war mehr, darum die Verdrängung.
Für jegliche Informationen, aus 1977, wäre ich sehr dankbar, auch wenn jemand ein anderes Verschickungsheim erkennen würde. Thema, Name der Gruppe/Zimmer, war "Strandläufer".
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Werner Glasmacher aus Stolberg schrieb am 09.01.2024
Hallo,
ich war laut mir vorliegendem Ärztlichen Schlussbericht des Chefarztes Dr.Franz Braun vom 10.11.1961 bis 20.12.1961 in der Asthma-Kinderheilstätte Bad Reichenhall, Kurfürstenstr.26.
Ich kann mich an das schlechte Essen, an die Solebäder, an die Druckkammer erinnern.
Ich suche Betroffene die zu diesem Zeitpunkt auch in der Heilstätte waren- insbesondere frage ich Euch, kann sich jemand an Verabreichung von Medikamenten erinnern?
Lt.Arztbericht wurden keine Medikamente gegeben.
Vielen Dank.
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Alexandra Sophie Kadner aus Troy, NY 12180, USA schrieb am 08.01.2024
Mein Name ist Alexandra, ich bin heute 58 Jahre alt und lebe seit 24 Jahren in den USA. Deswegen hätte ich die Diskussion um Verschickungskinder in Deutschland auch beinahe verpasst, bis ich zufällig auf einen Bericht von BR24 stieß:
(https://www.pnp.de/print/lokales/landkreis-berchtesgadener-land/piding/sexueller-missbrauch-in-asthma-kinderheilstaette-14865582)
Wie dem auch sei, ich wurde als Kind zweimal verschickt. Meine Diagnose damals war chronische Bronchitis. Ich sollte vielleicht erwähnen, dass ich eine Transfrau bin, und meine Erlebnisse bei der Verschickung waren also die eines kleinen Jungen. Das erste Mal war im Sommer 1971. Ich war damals 6 Jahre alt. Ich bin mir heute nicht ganz sicher, wohin ich verschickt wurde. Zum einen erinnere ich mich, dass ich in der Fränkischen Schweiz gewesen sein soll, andererseits aber war der Name des Ortes Bonndorf. Es gibt ein Bonndorf im Schwarzwald, aber keines in der Fränkischen Schweiz. Ich weiss heute, dass Bonndorf im Schwarzwald ein Verschickungsheim hatte, und dass es auf alten Bildern so ähnlich aussieht wie das Gebäude, an das ich mich erinnere. Außerdem kann ich mich gut an den fragwürdigen Schokoladenpudding erinnern, den andere vor mir beschrieben haben. Also bin ich wahrscheinlich in Bonndorf im Schwarzwald gewesen.
Meine Erinnerungen an diesen ersten Aufenthalt sind eher spärlich. Ich kann mich an die Abreise und die Zugfahrt erinnern, an das Haus selbst, den Schlafsaal, den Speisesaal, den Spielplatz, aber nicht allzu viel mehr. Ich weiß aber noch genau, dass ich da nicht hin wollte und dass ich, als ich da war, alles nur richtig Scheisse fand.
Ich kann mich an die Tanten nicht deutlich erinnern, jedenfalls nicht als Einzelpersonen. Kollektiv waren sie alle so um die 50 oder vielleicht auch älter, streng, kalt und unfreundlich. Andererseits kann ich mich aber auch erinnern daß ich mit anderen Kindern gespielt habe und auf den Spielplatz herum geklettert bin.
Insgesamt war die erste Verschickung viel zu lang und sie war richtig Scheisse. Wenn’s bei einer Verschickung geblieben wäre, dann wäre es ja gerade nochmal gut gegangen. Es war halt richtig Scheisse aber eben auch nicht schlimmer als richtig Scheisse.
Aber bei einer Verschickung ist es ja nicht geblieben. Im Sommer 1972, im Alter von 7 Jahren, war ich in Bad Reichenhall, und das war um einiges schlimmer als Bonndorf. Anhand des Berichtes von BR24 und den alten Fotos in diesem Bericht kann ich rekonstruieren, dass ich in der Asthma-Kinderheilstätte an der Kurfürstenstraße war. Ich erkenne das Haus und das Nebengebäude wieder, und ich kann sogar das Fenster identifizieren, an dem mein Bett damals stand. Ein Vergleich mit Google Maps zeigt, dass das Haus da gestanden hat, wo ich es erinnere. Meine Erinnerungen an Ereignisse während des Aufenthalts sind gemischt. Ich erinnere mich an ein paar Dinge, die mir Spass gemacht haben. Ich erinnere mich beispielsweise an einen Ausflug nach Salzburg. Wir besuchten das Schloss und die Wasserspiele und ich war fasziniert. Den Predigtstuhl möchte ich auch, besonders die Bergdohlen hatten es mir angetan. Ich erinnere mich, dass wir mehrmals auf dem Predigtstuhl waren, vielleicht wöchentlich. Einmal waren wir mit einer jungen Pflegerin oben. Wir waren eine kleine Gruppe von Kindern, vielleicht vier oder fünf. Als wir von der Seilbahn vom Predigtstuhl zurückkamen, nahm sie uns in ihre Wohnung mit. Es gab Saft und wir haben irgendwas gespielt, und erst dann ging’s wieder ins Heim. Wie das alles ins Bild passt, kann ich heute nicht sagen, aber mir ist es als einer der angenehmen Momente in Erinnerung.
Aber die angenehmen Momente in Bad Reichenhall waren selten. Der Rest meiner Erinnerungen ist bruchstückhaft. Ich erinnere mich an den ersten Tag. Wir kamen morgens an und verbrachten den ganzen tag in den Tagesräumen. Ich weiss dass ich den ganzen Tag geweint habe und alles nur verschwommen gesehen habe wegen der Tränen. Ich weiss auch dass ich deshalb ein paar mal geschimpft worden bin aber einfach nicht zu beruhigen war. Am naechsten Tag Hatte ich keine Tränen mehr, aber die Verzweiflung war immer noch da und sie blieb während der ganzen sechs Wochen. Mir kam das wie eine Ewigkeit vor, aber mit sieben Jahren verstand ich, dass sechs Wochen 42 Tage waren und zählte rückwärts. Jeden
Abend lag ich mit meinem Stofftier, einem schwarzen Kater von dem ich mich auch heute noch nicht trenne, im Bett und erzählte ihm wie lange wir schon da waren wie lange es noch war bis wir wieder nach Hause dürfen, was am Tag passiert war und wie ich es anstelle um da bloß heil wieder rauszukommen. Das alles erzählte ich ihm im leisesten Flüsterton, mit dem Gesicht zum Fenster, damit ja niemand sieht, dass ich die Augen noch offen habe und damit niemand hört, dass ich mit meinem Kater flüstere und was ich sage.
Das mit dem heil da rausgekommen war nicht so einfach, auch wenn mir da sicher wichtige Erinnerungen fehlen. Ich erinnere mich an folgendes: Die ganz normale und ständig wiederholte Drohung der Pflegerinnen war, dass ich nochmal 6 Wochen bleiben müsste, wenn ich mich nicht anständig benehme. Ein einziger Anruf würde genügen und dann wäre alles klar. Davor hatte ich unglaubliche Angst. Sechs Wochen weg von zuhause hatte ich ja schonmal überstanden, aber 12? Unmöglich. Diese Angst saß mir ständig im Nacken.
Dann waren da die Schlägereien. Ich habe nie vorher in nie nachher solche Kämpfe zwischen Kindern erlebt. Da wurde geschlagen, getreten, gebissen und Haare wurden gleich büschelweise ausgerissen, auch meine. Ich weiß das ich einmal mit dem Kopf zuerst in einen Heizkörper geworfen wurde und eine Platzwunde hatte, die versorgt werden musste. Natürlich bin ich da erstmal angebrüllt worden, bevor sich jemand um die Wunde gekümmert hat. Bei einem dieser Kämpfe hat einer der anderen Jungs meinem Kater den Schwanz abgerissen. Meine Welt brach zusammen, denn mein Kater war ja alles, was ich hatte, um mich einigermaßen bei mir selbst zu halten. Als ich ihn den Pflegerinnen zeigte, gab's natürlich erstmal wieder eine Tirade, aber eine von den jüngeren Pflegerinnen hat mir den Kater dann abgenommen, mich dann Frühstück geschickt und ihm den Schwanz wieder angenäht. Nach dem Frühstück hatte ich meinen Kater wieder. Glück gehabt!
Ich erinnere mich, dass es nachts immer wieder Geschrei gab. Ich wurde mitten in der Nacht davon geweckt, aber ich glaube nicht, dass ich damals wusste, worum es ging und heute weiß ich es erst recht nicht. Was ich aber sehr wohl weiss is dass ich mir in einer dieser Nächte die Hosen und das Bett vollgeschissen habe. Mein Schlafanzug war bis zu den Knien hinunter voll, und alles musste im Bad ausgewaschen werden. Ich erinnere mich, dass die Nachtwache mich bei voller Lautstärke angebrüllt hat, scheinbar ohne Luft zu holen. Wieso und warum das passiert ist, kann ich heute nicht mehr sagen. Vielleicht hatte ich einfach Durchfall, oder vielleicht war irgendwas vorgefallen dass mich dermaßen verängstigt hat? Ich weiß es nicht mehr. Das jedenfalls war mein Beitrag zu dem nächtlichen Geplärre.
Andere Impressionen: “Wer ins Solebad pinkelt, läuft schwarz an und bleibt schwarz. Das geht wochenlang nicht ab.” Das Solebad war also jedesmal eine Zitterpartie. Dann gabs da diese Höhenluft Kammer mit Unterdruck und UV Strahlung. Das Ding war winzig, man musste sich bis auf die Unterhose ausziehen und eine rote Taucherbrille tragen. Außer stillsitzen war alles verboten und es war endlos langweilig. Geduscht wurde alle paar Tage, immer mit vier oder fünf Kindern in einer offenen Duschkabine. Ich finde das heute eher befremdlich, aber damals war das eine der weniger bedrohlichen Situationen.
Die Briefe, die wir nach nach Hause schreiben mussten, haben mich damals geärgert und tun das heute noch. Wir wurden in einen Raum mit einer Tafel gesetzt. Auf der Tafel stand der Text unseres Briefes. Den hatten wir abzuschreiben und sonst garnichts. Der Inhalt wurde kontrolliert. Ich habe gerade schreiben gelernt und war mir sicher, dass ich meinen eigenen Brief schreiben konnte. Und meine Eltern würden doch sofort merken, dass das nicht meine Worte sind! Es half aber alles nichts. Es mußte wortwörtlich der Brief of der Tafel geschrieben werden und mir das passte oder nicht war egal. Ausser natürlich, wenn ich vielleicht noch sechs Wochen länger bleiben wollte.
Diese wenigen Erinnerungen stimmen aber nicht mit meiner emotionalen Reaktion überein, weder damals noch heute. Ich hatte damals den Eindruck, dass ich wirklich in Gefahr war, nicht wieder nach Hause zu kommen oder dass mir sonst irgendwas furchtbares passieren könnte. Mein Eindruck war, dass die Leute in diesem Heim mit uns machen könnten, was sie wollten. Ich was ständig in Angst und ständig auf der Hut. Jedenfalls hab’ ich mir geschworen daß ich wenn ich die Kur überstanden habe nie wieder in diese Scheißstadt zurückkommen würde. Gehalten hab’ ich das nicht, aber davon später.
Nach einer von meinem Kater und mir genau bemessenen Ewigkeit kam schließlich der Abreisetag. Wenn ich vorher die Tage gezählt hatte, dann zählte ich jetzt die Stunden bis zur Abreise. Ich kann mich erinnern, wie wir uns zwei und zwei auf dem Bahnhofsvorplatz aufstellen mussten und warten, bis unser Name aufgerufen wurde. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, aber auch das ging irgendwann vorbei. Der Zug fuhr über nacht. Am nächsten Morgen wachte ich auf, als der Zug gerade ankam. Geschafft!
Meine Mutter erzählte gerne, dass meine ersten Worte zuhause “Endlich kann ich in Ruhe scheißen!" waren. Ich soll mich dann auf die Toilette verzogen haben und eine lange Zeit nicht wieder rausgekommen sein. Kann gut sein, aber das sind nicht meine Erinnerungen. Trotzdem ist diese Anekdote ist vielleicht charakteristisch für andere wichtige Dinge, an die mir die Erinnerung entweder ganz fehlt oder nur so undeutlich ist, dass ich mir nicht sicher bin.
Mir fehlen beispielsweise Erinnerungen an die Dinge, die immer wieder als die traumatischen Ereignisse bei diesen Kinderkuren beschrieben werden: Essen, Toilettengang, und Prügel.
Ich kann mich erinnern, wo der Speisesaal war, aber ich habe nicht die geringste Erinnerung an irgendwelche Mahlzeiten, abgesehen von riesigen Tellern voll Marmelade, die zum Frühstück auf den Tischen standen. Toiletten? Aus den Berichten von anderen weiss ich dass die Toiletten in Bad Reichenhall keine Türen hatten and das man nur unter genauer Beobachtung zur Toilette durfte. Erinnern kann ich das nicht, aber es würde meinen Kommentar zu hause erklären. In Bad Reichenhall scheint es ja nicht möglich gewesen zu sein, in Ruhe zu scheissen. Prügelstrafe? Keine Ahnung. Ich hab’ als Kind reichlich Prügel bezogen. Möglich, dass das auch in Bad Reichenhall passiert ist, aber Erinnerungen daran habe ich nicht.
Ich weiss durch den oben erwähnten Report von BR24 auch, dass in Bad Reichenhall sexueller Missbrauch stattgefunden hat. Ich war 1972 da und die Berichte von BR24 beziehen sich auf Ereignisse zwischen 1967 und 1974. Es ist also wahrscheinlich, dass Kindesmißbrauch auch während meines Aufenthaltes stattgefunden hat. Nun scheinen die Täter alle Männer gewesen zu sein, aber ich kann mich an keinen einzigen Mann erinnern. Ich weiss das Abspalten von Erinnerungen ein Schutzmechanismus ist. Und das bringt mich jetzt zu den Folgen meines Aufenthaltes in Bad Reichenhall.
Vorher fühlte ich mich geborgen in meiner Familie und mein Zuhause war mein liebster Ort überhaupt. Aber ich habe mich seither eben nicht mehr sicher gefühlt. Ich hatte Schwierigkeiten mich zu konzentrieren, oder meine Schulsachen (oder sonst irgendwas) in Ordnung zu halten. Ich fühlte mich einfach kaputt, aber ich wußte und weiß bis heute nicht warum. In meiner Erinnerung gibt es kein Trauma, oder wenigstens kein klar definiertes traumatisches Ereignis. Trotzdem habe ich Bad Reichenhall als Hölle in Erinnerung.
Spätere Folgen: Mit 20 Jahren trat ich meinen Zivildienst in einer psychiatrischen Klinik an. Ich habe damals Medikamente ausgegeben, halt alles, was in einer psychiatrischen Klinik so verschrieben wurde: Haldol, Truxal, Neurocil, Melleril, Dipiperon, Rohypnol, Glianimon, um nur einige zu nennen. Viele dieser Medikamente wurden in Tropfenform verschrieben, damit es leichter zu kontrollieren war, ob die Patienten sie auch nehmen. Ich habe also jede Menge dieser Tropfen ausgegeben. Und dabei machte ich eine Entdeckung: Haldol und Dipiperontrophen haben charakteristische Gerüche, die mir sofort bekannt waren. Meine allererste Reaktion war: “Ich hab’ das als Kind genommen!". Das machte aber keinen Sinn, denn ich hatte ja nie eine psychiatrische Diagnose, die diese Medikamente gerechtfertigt hätte. Wann und wo, also hätte ich diese Medikamente nehmen können? Das einzige Szenario, das Sinn ergab, war, dass mir diese Medikamente während meiner Verschickung verabreicht wurden. Aber das schien mir damals unmöglich, denn wie gesagt eine medizinische Begründung gab’s ja nicht. Dass einem ein Heimarzt einfach so Psychopharmaka verschreibt, schien mir weit hergeholt. Schließlich stehen die ja unter behördlicher Aufsicht und haben ihre Approbation zu verlieren, oder?
Ich konnte diesen Widerspruch nie wirklich auflösen, aber ich habe während meines Studiums in der Psychiatrie als Krankenpflegehelfer weitergearbeitet. In meinen zehn Jahren in der Krankenpflege habe ich an allen Tropfen gerochen, die ich in die Finger bekam, um möglicherweise eine andere Erklärung für meine Erinnerungen zu finden. Fazit: Haldol Tropfen riechen wie nichts anderes und nichts anderes riecht wie Haldol. Dasselbe für Dipiperon. Ich bin den Verdacht nie losgeworden dass ich während meiner Verschickung Psychopharmaka bekam. Aber dieser Widerspruch zwischen meiner Überzeugung einerseits dass mir niemand Psychopharmaka verabreicht hat und dass ich meine Erinnerungen an meine Verschickung nach Bad Reichenhall einfach maßlos übertreibe, und meinen halb verschütteten und sehr bedrohlichen Erinnerungen andererseits war schwer zu ertragen.
Im Frühjahr 1987, ich war damals 22 Jahre alt, machte ich von einem Kurzurlaub in München aus deshalb einen Abstecher nach Bad Reichenhall. Ich wollte das Kinderheim finden und mir das genau ansehen. Ich hoffte daß ich zu der Überzeugung gelangen würde dass das einfach nur ein Haus ist, und das da weiter nichts bedrohliches ist. Das hat aber nicht funktioniert, ganz einfach weil ich's nicht gefunden habe. Ich dachte, ich weiß noch ungefähr, wo das war, wie der Weg zum Bahnhof und zur Seilbahnstation geht, und Bad Reichenhall ist ja nicht groß….. Aber das blöde Kinderheim war wie vom Erdboden verschluckt. Heute wiess ich, dass das Kinderheim im Jahr vorher geschlossen wurde. Das Gebäude war zu der Zeit als ich da war möglicherweise schon abgerissen.
Ich habe seitdem es das Internet gibt, alle paar Jahre nach “Kinderkurheim Bad Reichenhall” gesucht, aber nie irgendwas gefunden. Genauer gesagt, bis Dezember 2023. Da fand ich dann die Reportage von BR24 und nach noch ein paar Internetrecherchen ist mir klar, dass meine Erinnerungen wahrscheinlich weder vollständig noch korrekt sind. Aber sie sind zumindest plausibel.
Der Eindruck den ich als Kind hatte scheint richtig zu sein: Die hätten mich damals in dem Heim behalten können solange sie wollen und Gottweiswas mit mir anstellen können. Und die Medikamente waren vermutlich auch kein Hirngespinst. Zumindest bin ich mir heute darüber klar, dass die Gefahr in Bad Reichenhall real war. Deshalb kann ich mir heute aber auch glaubhaft versichern, dass ich da nicht mehr bin, und dass die meisten dieser Dreckschweine schon lange tot sind. Die Frage ist vielmehr, was ich jetzt mache. Wahrscheinlich Traumatherapie, denn die ist wohl ein paar Jahrzehnte überfällig.
Und bevor ich’s vergesse: Das Prädikat “Richtig Scheiße” ist das größte Kompliment das ich fuer Verschickungsheime habe.
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Kerstin Winter aus Herold schrieb am 07.01.2024
Ich, fast 10 jahre alt, war zusammen mit meiner Schwester 7Jahre alt wegen Bronchitis in der Adventszeit 1975 im Ponyhof Schönau zur Kinderkur. Die Berichte, die ich gelesen habe berühren mich und gleichzeitig glaube ich, dass ich auch Glück hatte. In Kulmbach (mit Schild um den Hals) wurden wir in einen Kurswagen Richtung Berchtesgaden gesetzt, ohne das wir wussten wo wir hinfahren. Ich hoffe meine Eltern wusste den Ort. Da wir das mit dem KurswagenZugfahren schon gewohnt waren, war das der einfache Teil. In Berchtesgaden angekommen wurde uns eröffnet, dass wir in zwei verschiedene Einrichtungen sollen. Ich zu den Großen, meine Schwester zu den Kleinen in den Ponyhof. Wir sind in Tränen ausgebrochen und wurden irgendwann auch gefragt warum und zum Glück "Meinen Mutter hatte unsere Sachen in EINEN Koffer gepackt. Das hieß wir durften gemeinsam auf den Ponyhof. Die erste Nacht haben wir aneinandergeklammert in einem Bett geschlafen. Die Erzieherin/Betreuerin hat uns erklärt, dass das nicht erlaubt sei, aber wir ausnahmsweise dürfen. Wir hatten Betten nebeneinander und das war auch die einzige Nacht, die wir in einem Bett verbracht haben, soweit ich mich erinner. Wir haben, wie andere PonyhofKinder in der Adventszeit auch, den Ausflug auf den Königssee mit Echotrompeter gemacht, die Krampusse waren da und ich habe jahrelang davon geträumt auf der Strasse verfolgt zu werden bei Spaziergängen, weil uns gruselige Sachen über die Krampusse erzählt wurden. Trotzdem habe ich dem Nikolaus bei dem Besuch ein Gedicht vorgesagt und wurde für meinen Mut gelobt. Der Junge, der vorher gesagt hat er schmeisst die Krampusse aus dem Haus lag unter der Bank nd durfte da auch sein! Ich erinner mich, das ich ein Vorzeigekind war, die Älteste im Haus immer nett und freundlich und ich habe entweder nichts wirklich Schlechtes erlebt oder es verdrängt. Ich erinner mich auch, dass wir beim Mittagsschlaf Angst hatten, wenn der Freund der Erzieherin in Uniform während der Schlafwache im Flur sass, mehr Angst, als wenn er nicht da war oder die dickere Erzieherin (ich glaube Leni, aber sicher bin ich nicht) Wache hatte. Die war auf jeden Fall entspannter. Das beste war eine Prakitkantin, die ein Zimmer im Haus hatte und uns zu einem Angebot für die Schule gebeten hat. Diese Praktikantin/Auszubildende war für uns ein Engel. Die mochte uns wirklich. Ich habe einen auch etwas älteren Jungen mit schwarzen Haaren sehr gemocht und wir haben viel zusammen gespielt. An das Ponyfoto erinner ich mich und das wir sonst nichts mit den Ponys zu tun hatten, zu meinem Leidwesen. Ich bin schon immer sehr Tier-afin. Sie haben mir damals erklärt, dass die Hufe der Ponys krank sind wegen dem Füttern. Heute weiss ich, dass die Ponys Reheschübe hatten. Die Ponys haben in einem an eine Kapelle erinernden Stall gelebt. Ich hoffe es ging ihnen nicht so schlecht, wie ich vermute. Ich erinner aber auch, dass es einen kleinen Jungen gab der ohne Unterbrechung weinte und in einer Einzelkammer schlafen musste. Ich glaube gedacht nicht als Strafe, aber keiner konnte schlafen mit ihm im Zimmer. Nach spätestens sieben Tagen wurde dieser Junge von seinen Eltern abgeholt. Die Eltern durften das Haus aber nicht betreten, daran erinner ich mich genau. Der Junge hatte einen großen hellen Teddy, den er immer im Arm hielt. Die große Diele, der große Raum mit Kamin und die Stiege nach oben haben mir gefallen, das weiss ich auch noch. Wie das mit dem Essen war erinner ich gar nicht. Ich weiss aber, dass sich die Köchin gefreut hat, dass wir ihre rote Beete geliebt haben. Seitdem mag ich rote Beete, vorher habe ich sie nicht gegessen.
Wir haben auch einen Theaterbesuch gemacht. Ich erinnere einen hohen Schrank mit lauter viereckigen Fächern mit unseren Klamotten. Da mussten wir unsere schicken Sachen abholen und anziehen, bevor wir ins Theater gefahren sind.
Es sind also nicht wirklich beglückende Erinnerungen, aber mein Gefühl erinnert auch keine traumatischen Erlebnisse, bis auf die Ankunft und die Krampusse. Ich meine zu erinnern, ich war anschließend ganz fröhlich. Nach der Kur war ich in der Schule genausogut wie vorher, obwohl es das Übergangsjahr war und wir im Januar Prüfungen geschrieben haben, für die Aufnahme im Gymnasium. Vielleicht habe ich mit dem Ponyhof auch Glück gehabt, wer weis wo ich ohne gemeinsamen Koffer mit meiner Schwester gelandet wäre. Vielleicht habe ich aber auch Sachen verdrängt. Allerdings kam ich an meinem 7.Geburtstag mit Scharlach auf die Isolierstation im Krankenhaus und durfte meine Eltern 10 Tage lang nur durch eine Glasscheiben sehen. Ein Arzt hat dann sehr richtig festgestellt, dass ich im Krankenhaus nicht gesund werde und hat mich, trotz immer noch Fieber, wieder heimgelassen. Das war mein Trauma. Vielleicht erkennt sich der Junge mit dem Teddy oder der Junge mit den schwarzen Haaren, den ich sehr mochte?
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Thomas aus Plochingen schrieb am 07.01.2024
Hallo, ich bin 1965 geboren und kam 1970 in das "Erholungsheim" in Ratzenried, einem Schloss-ähnlichen Gebäude, geführt von Nonnen. Meine Erfahrungen in diesem Heim, haben mich bis heute prägt und dies, obwohl ich "nur" für 4 Wochen dort hin musste. Außer, dass ich an Heuschnupfen litt, wusste ich nicht, wovon ich mich eigentlich erholen sollte. Ab dem ersten Tag war mir klar: Hier geht es um Bestrafung und Züchtigung. Allerdings war mir auch nicht klar, wegen was ich bestraft werde.
Einiges hat sich in mir besonders eingebrannt, das ich hier erzählen möchte. Da war die Situation, dass ich Pipi machen musste. Unter Beobachtung wurde mir vorgeschrieben, nicht die Kloschüssel sondern das Pissoir zu benutzen, welches für mich jedoch zu hoch hing. Dennoch wurde mir befohlen, dort Wasser zu lassen. Als ich erklärte, dass ich da nicht wirklich hochkomme, wurde mir, mit runtergelassenen Hosen, vor dem Pissoir stehend, mit einem Rohrstock der Hintern versohlt. Besonders im Ohr habe ich noch das hämische Lachen, weil es die Dame belustigte, wie ich verzweifelt versuchte auf Zehenspitzen Wasser zu lassen. Auch in Erinnerung blieb mir, dass wir selbst in der Nacht nicht in Ruhe gelassen wurden. In einem sehr großen Schlafsaal, Bett an Bett in Zweierreihen, durch große Tücher, ähnlich einem Lazarett, getrennt von den den nächsten Zweier-Bettreihen, waren wir doch viele Kinder in einem Raum. Selbstverständlich hatten immer mehrere Kinder Heimweh und begannen nachts zu weinen. Die Nonnen die Nachtdienst hatten, wurden sofort wütend, in ihrer Nachtruhe gestört zu werden. Bereits auf dem Gang draußen fluchend, kam immer eine in den Saal, schnappte sich das nächstbeste Kind, manchmal der Reihe nach mehrere, und versohlte ihnen den Hintern mit der Hand oder dem Rohrstock. Wir kamen irgendwie alle dran. Mit der Zeit getraute sich kein Kind mehr, wegen Heimweh zu weinen. Das veranlasste die Nonnen, ab und an durch den Saal zu gehen und uns Angst zu machen. Rührte sich ein Kind falsch, gab es wieder den Rohrstock. Die Nächte waren furchtbar und unterschieden sich daher nicht von den Tagen. Einmal standen wir vor dem Gebäude um eine kleine Wanderung zu machen. Plötzlich öffnete sich ein Fenster aus einem oberen Stockwerk und eine Nonne schüttete eine großen Eimer voller kaltem Wasser über mich. Ich war klatsch nass. Die Nonnen lachten. Ich wollte mich umziehen gehen. Es wurde mir verboten. Ich musste an der Wanderung bei kalten Temperaturen zwei Stunden mitwandern. Ich habe mich damals getraut zu fragen, weshalb sie das denn gemacht hat. Die Antwort war, weil ich dumm sei. Besonders war auch die Schreibstunde, wenn ich mich recht erinnere, jeden Dienstag. Da ich noch nicht zur Schule ging, musste ich die Texte für die Postkarten diktieren. Ich traute mich nicht, zu sagen, was ich tatsächlich meinen Eltern mitteilen möchte. Es wurde mir jedoch immer glaubhaft versichert, ich könne diktieren, was ich möchte, keiner sei böse und sie würden auch genau das schreiben. So bat ich immer, zu schreiben, dass es mir hier nicht gefällt, dass ich täglich geschlagen werde und dass mich meine Eltern doch bitte abholen sollen. Wie ich später von meinen Eltern erfahren habe, stand auf den Postkarten, wie gut es mir gefällt und dass mir das Essen so gut schmeckt etc. In Erinnerung habe ich auch noch, den "Pool". Auf einer großen Wiese mit Hecken drumherum, war ein Becken. Ich schätze, in meiner Erinnerung 4 m auf 3 m maximal. Das Wasser war sehr dreckig, eisigkalt und voller Laub. Wir mussten alle rein, auch wenn wir gar keinen Platz hatten. Es war viel zu kalt dafür und selbstredend wollte keiner in diesem schmutzige Wasser stehen. Es war sehr schlimm für uns. Ich weiß noch, dass ich einen Jungen, ca. in meinem Alter mit seiner Schwester, als Freunde oder eher "Verbündete" hatte, mit denen ich mich immer dort unterhalten habe, ob wir uns getrauen, unbemerkt in der Menge der Kinder, nach dem Baden abzuhauen. Wir taten es natürlich nicht, weil wir nicht wussten wohin. Vieles dieser Zeit, ist verschleiert, an vieles kann ich mich nicht mehr erinnern. Als ich nach den 4 Wochen am Bahnhof meiner Heimatstadt von meinen Eltern abgeholt wurde, sagte ich zu ihnen noch auf dem Bahnsteig, dass ich da nicht mehr hinmöchte weil ich so oft geschlagen wurde. Meine Eltern waren der Meinung, dass ich das nur erfinde, weil ich Heimweh hatte und deshalb nicht mehr nach Ratzenried möchte. Ich habe es bis heute nicht geschafft, meiner Mutter (mein Vater lebt nicht mehr) glaubhaft zu vermitteln, was dort eigentlich mit mir gemacht wurde. Für sie ist es Übertreibung und vor allem ja schon rund 54 Jahre her. ich weiß nicht, was mich mehr beschäftigt. Das was geschehen ist oder, dass einem die eigenen Eltern nie geglaubt haben. Heute als Erwachsener ist mir natürlich längst bewusst, wie groß die Misshandlungen und das Verbrechen an uns Kindern war. Es waren sadistische Züge, die an uns ausgelebt wurden. Ich denke, dass dies folgende Auswirkungen auf mich hatte und hat: Wenn ich mich selbst reflektiere, habe ich ein gesteigertes Schutzbedürfnis für Kinder, insbesondere natürlich für meine eigenen (drei Söhne) Gleichzeitig wurde ich in meinem Verhalten sicher dahin gehend geprägt, dass es mich besonders wütend macht,. ausgelacht zu werden. Ich habe das Lachen der Nonnen heute noch in den Ohren. Ungerechtigkeit macht mich sehr wütend. Ich denke äußerst objektiv, verurteile aber Ungerechtigkeit so streng, dass andere meine heftige Diskussionsweise nicht nachvollziehen können. Es ist oftmals so, als kehre ich in das Heim zurück und sehe heute, was dort betrieben wurde, als geschehe es gerade noch einmal. Schade ist, dass diese Nonnen nie zur Rechenschaft gezogen wurden. Natürlich bin ich aus der Kirche ausgetreten und habe damit auch nichts am Hut. Nicht auszudenken, was mit Kindern geschehen ist, die meine Erlebnisse nicht "nur" 4 Wochen, sondern viel länger mitmachen mussten.
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Martin schrieb am 07.01.2024
Schlechte Erinnerungen an dieses Heim begleiten mich schon seit Jahren: Strafestehen in Unterwäsche im kalten Treppenhaus. Schläge mit der flachen Hand eines männlichen Erziehers. Nackt abbürsten der Haut, eine Wanderung auf die Lausche und wir waren mal in der Ortschaft einkaufen. Hatte mir von meinem Geld einen Feuerroten Plastik Barkas (Spielzeugauto) gekauft, der mir von den Erziehern bei der Heimfahrt gestohlen wurde!
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Anja aus Boizenburg, damals Hamburg schrieb am 06.01.2024
Hallo,
mein Name ich Anja und ich bin jetzt 53 Jahre alt.
Ich war im Juni 1975 für 6 Wochen in Bad Sachsa und im Juni 1977 in Königsfeld.
Ich erinnere mich nur schemenhaft an diese Zeit und weiss nicht genau, was mir widerfahren ist.
Gibt es jemanden, der auch zu dieser Zeit dort war? Jemanden, der Foto von dieser Zeit hat ( ich habe jeweils 2 Fotos, auch mit anderen Kindern drauf)?
Ich wünsche mir Kontakt zu anderen von damals.
LG Anja
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Nora aus FDS schrieb am 06.01.2024
Meine Geschwister und ich waren nach unserer Erinnerung 1992 in Pelzerhaken in meinen ersten Sommerferien mehrere Wochen auf Kinderkur. Ich selbst kann mich an Spiele und viel Beschäftigung erinnern.
In Kassel haben unsere Eltern uns (ich 7, meine Schwester 6 und mein Bruder 4 Jahre) den Betreuern übergeben, mit denen wir in Kleingruppen mit dem Zug gereist sind (mein 4-jähriger Bruder hatte eine fremde Einzelzugbegleitung, die ihn im Zielort übergeben hat).
Erinnern kann ich mich daran, dass wir als Geschwister in getrennten Gruppen untergebracht waren, mein Bruder bei den Jungen.
Weil ich die einzige war, die schon schreiben konnte (1. Klasse), habe ich die Verwandtschaft angeschrieben und um Telefonkarten gebeten, um gemeinsam anrufen zu können.
Meine Geschwister habe ich tagsüber nicht immer, aber zum Essen gesehen. Beim Essen taten uns überhaupt die Kinder leid, die zum Abnehmen dort waren, während wir zunehmen sollten. Meine Schwester und ich wurden sehr oft zu unserem Bruder gerufen, weil er immer geweint und schreckliches Heimweh hatte, das war aber weg, sobald er uns gesehen hatte.
Meine Schwester empfand die Zeit als schlimm, ich habe auch einige schöne Erinnerungen, mein Bruder gar keine. Ob ein Urvertrauen zu unseren Eltern beeinträchtigt wurde, kann ich nicht sagen, vielleicht. Wir kamen nach dem Aufenthalt alle mit Läusen nach Hause zurück und das führte dann nach den Sommerferien auch zu Mobbing in der Grundschule.
Im Nachhinein vermute ich, dass wir dort waren, damit unsere Eltern den Hausumbau abschließen konnten.
In eine Kur ging es danach für uns nicht mehr - zum Glück.
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Petra schrieb am 05.01.2024
Ich habe zufällig in einer Mediathek die Sendungen gesehen und hatte die eine oder andere Erinnerung plötzlich. Ich weiß, dass ich mit 3 Jahren das erste Mal verschickt wurde. Mein Bruder war 1 Jahr älter als ich und war auch dabei. Meine Mutter tat das, damit sie Zeit für sich hatte. Sie hat mit 17 meinen Vater geheiratet (und mit knapp 18 meinen Bruder bekommen), der ebenfalls ein emotionaler Tiefflieger war und hat glaube ich auch ihre Scheidung zeitig vorbereitet. Wie gesagt, wurde ich mit meinem Bruder dann, ich denke 1965, nach Sankt Peter Ording verschickt. Ich hing an ihm wie eine Klette und ihm war es eher lästig. Als wir angekommen sind, wurden wir sofort getrennt. Ich habe die ganze Zeit nur geweint. Das war die einsamste Zeit in meinem Leben. Es gibt ein Foto, da hat man mich kurzzeitig zu meinem Bruder aufs Bett gesetzt weil ich so fürchterlich geweint habe die ganze Zeit. Die Freude sieht man in meinem Gesicht ganz deutlich, mein Bruder guckt nicht ganz so fröhlich. Ich glaube er hatte es auch sehr schwer, er musste immer den starken spielen, er war ja der “große” Bruder dabei war er ja selbst erst 4 Jahre alt.
Wir wurden öfter verschickt, irgendwie einmal im Jahr mindestens, damit meine Mutter “Urlaub” hatte. Ich glaube, sie musste nichts zahlen für diese Verschickungen.
Ich kann mich erinnern, dass wir Mittags immer schlafen mussten in diesen Heimen. Es gab eine Aufsicht (auch abends) die aufgepasst hat, dass keiner das Bett verlässt und das alle ruhig sind.
Ich durfte auch nicht zur Toilette und ich kann mich erinnern, dass ich einmal das Laken zur Seite geschoben habe, mich ganz an den Rand des Bettes gelegt habe und dann gepullert habe. Ich wollte nicht im Nassen liegen.
Immer alles aufessen, daran kann ich mich auch erinnern.
Mich würde interessieren ob man vielleicht jemanden finden kann, der auch 1965 (1966?)in Sankt Peter Ording war. Sehr gerne würde ich Kontakt aufnehmen. Ich bekomme sonst nirgendwo Informationen, meine Mutter weigert sich über Dinge zu sprechen die mich belasten und an denen sie evt. ihren Anteil beigetragen hat und mein Bruder ist mit 46 Jahren an Krebs verstorben. Das macht mich noch immer sehr traurig, wenn ich daran denke.
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Milo Meisenbach aus Lindlar schrieb am 05.01.2024
Ich würde 1969 nach Winterberg geschickt, im Alter von 5 Jahren. Ich erinnere mich nur an blanken Horror. Ich hatte in der Zeit Masern, es ging mir sehr schlecht, und ich wurde tagsüber ganz allein gelassen in dem großen Schlafsaal, der höllisch kalt war. Ich erinnere mich heute noch an ganz furchtbare Fieberträume. Die Nonnen, die mich "betreut" haben, waren alles andere als liebenswert. Mich hat niemand getröstet oder mal gehalten. Das war eine ganz gruselige Zeit. Die restliche Zeit war auch nicht viel besser. Ich erinnere mich eigentlich am meisten daran, daß wir immer gefroren haben. Nur schlechte Erinnerungen. Ich will nicht behaupten, daß es keine positiven Erlebnisse gab, nur habe ich daran überhaupt gar keine Erinnerung.
Milo aus Overath
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Marc schrieb am 04.01.2024
Hallo,auch ich war 1985 im März/April zur "Kur" imnHaus am Schmalensee.Allerdings war es dort(ich war schon 12)einigermaßen okay,im Gegensatz zu meinen früheren Aufenthalte Ende der 70er und Anfang der 80er,denn in dieser Zeit hab ich keine guten Erinnerungen daran,ich sags ganz offen und ehrlich:der Leiter Dr Häußler war ein Sadist und wir hatten alle Angst vor ihm,mehr möcht und kann ich jetzt nicht dazu sagen.
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Sylvia schrieb am 04.01.2024
In den Jahren 1987 bis 1989 war ich für jeweils 3 Wochen im Mai/Juni im Kinderkurheim Rübezahlbaude in Waltersdorf. Mit mir eine bunte Gruppe weiterer Kinder mit Diabetes. Die Krankheit setzt beim Patienten einige Disziplin voraus, so dass auch der Aufenthalt in Bezug auf das Leben nach der Uhr, die Bewegung an der frischen Luft und die erlaubten Kohlenhydrate strenger geregelt war. Aber aus meiner Sicht kam das Kindsein nie zu kurz und ich kann mich überwiegend nur an gute Erzieher (es gibt ja immer den einen "Lehrer", der nicht so gut mit Kindern umgehen kann) und einen sehr empathischen Arzt erinnern. Der Morgensport war sicher kein Spaßtermin, aber die Ausflüge nach Zittau oder in die Schwimmhalle in Hirschfelde, die Wanderungen auf die Berge des Zittauer Gebirge, die Lagerfeuer zur Johannisnacht und die Rhabarber Bowle "Lausche Zische" haben sich bei mir als schöne Erinnerungen eingebrannt. Briefe und Karten an meine Eltern hab ich selbstständig geschrieben. Beim Abschlussfest haben wir Kinder uns ein Unterhaltungsprogramm ausgedacht und vorgeführt. Von Zwang in irgendeiner Weise, Strafen, schlechter Behandlung und Heimweh kann ich gottseidank nicht berichten und hab das auch bei anderen nicht wahrgenommen. Dadurch, dass wir rund um die Uhr zusammen waren und in einem Schlafsaal untergebracht waren, wäre das mit Sicherheit aufgefallen. Ich meine mich aber zu erinnern, dass für unsere Belegschaft teilweise spezielle Betreuer vor Ort waren. Die Erzieherin Frau Petra Goldberg, die aus der Gegend stammte, hat sich jedenfalls gut um uns gekümmert.
Ich schließe nicht aus, dass in dem Heim auch andere Erfahrungen gemacht wurden. Aber ich für meine Person bin immer gerne dort gewesen und meine Wahrnehmung wurde durch keine negativen Erlebnisse überschattet.
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Jürgen schrieb am 04.01.2024
Verschickungsheim: Haus „Waldfriede“ Bonndorf (Schwarzwald) des Caritasverbandes Bonn
Zeitraum-Jahr: Januar bis Februar 1970
Ich war zusammen mit meinem Zwillingsbruder für 6 Wochen in Bonndorf (Schwarzwald) im Haus „Waldfriede“ des Caritasverbandes Bonn. Wir war en gerade erst 4 Jahre alt geworden.
Leider kann ich mich nur an sehr wenige konkrete Bilder und Ereignisse erinnern.
zB
- Angst
- es war immer kalt
- Fenster wurden nachts nicht zugemacht
- Geräusche von irgendwelchen Tieren nachts am Fenster
Vielleicht gibt es ja noch andere, die in der Zeit (Januar/Februar 1970) auch dort waren und sich an die kleinen Zwillinge erinnern können.
Mich würde interessieren was damals dort abgelaufen ist.
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Annette aus Rochlitz schrieb am 04.01.2024
Mein Name ist Annette, mittlerweile 60 Jahre alt, ich war in Rottleberode Dr. Arndts Kurheim für Kinder Anfang der 70-er Jahre zur Kur. Ich muss damals ca. 8 Jahre alt gewesen sein und kann mich kaum an irgendwas erinnern. Nur an den Schlafsaal. Mir geht es da seltsamerweise wie Kerstin, die auch keine Erinnerungen hat. Ich wei� nicht, ob wir gut oder schelcht behandelt worden sind, nur, dass ich gro�es Heimweh hatte und auch später nie mehr in ein Ferienlager wollte...
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Jörg Kausler aus Bodenheim schrieb am 03.01.2024
Im Jahre 1972 wurde ich von Dortmund aus, für 6 Wochen ins Kindererholungsheim nach Mittelberg / Oy mit der Bahn, einem Sammeltransport nach Kempten geschickt. Gerade mal 10 Jahre geworden, meinte man meines Asthmas Herr zu werden, indem man mich ins Allgäu schickt. Sehr wohl weiß ich noch, wie ich zu den Essenszeiten auch beten und bekreuzigen musste, obwohl die katholischen Nonnen wussten, dass ich evangelisch erzogen wurde und war. Widerspruch fúhrte dazu, das die Nonnen direkt an meiner Seite standen und auf meine Bekreuzigung bestanden. Oft durfte ich im Speisesaal in der Ecke stehen und hatte reichlich Zeit mir Gedanken über meine Verweigerung zu machen. Schnell gab ich auf und führte aus was man mir auferlegte. Der Teller musste leer sein, auch wenn’s mal nicht schmeckte.
Es herrschte ein strenger Ton. Gespräche beim Essen, im Schlafsaal, waren nicht geduldet und wurden unterbunden. Ich kann mich dunkel daran erinnern, dass wir unter Aufsicht einmal, vielleicht auch zwei Mal Postkarten an die Eltern schreiben durften. Nur Gutes!
Im Verlauf von 6 Wochen, durfte ich 1 Mal mit meiner Mutter telefonieren. Kann aber auch sein, dass meine Mutter Druck machte, ein Lebenszeichen von mir zu hören. Ein äußerst kurzes Telefonat fand unter Aufsicht einer der Nonnen im Flur des Langhauses statt und dauerte wohl nur wenige Augenblicke.
Früh, ich meine um 6 Uhr, mussten wir alltäglich aus den Betten. Kalt war es in den Schlafsälen, in den Waschräumen, trotz des Frühlings. Es war schon ein wenig so, wie später in der Grundausbildung bei der Bundeswehr.
Erinnern kann ich mich daran, dass meine negativen Erlebnisse die mich plagten, zuhause kein Gehör fanden. Mir glaubte niemand. Nicht mal meine eigenen Eltern. Darauf baute man auch wohl, wenn der Rohrstock gezückt wunde, in der Ecke stehen angesagt war.

I
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Oswald Kappel aus Rüsselsheim schrieb am 03.01.2024
Ich war 1967 für 6 Wochen in dem Heim weil ich etwas dünn war. Ich war 7 Jahre alt. Ich kann mich an das schlechte Essen erinnern und wenn man darin rumstocherte wurde man sofort ins Bett geschickt, egal ob Mittag oder Abendessen. Wenn man bei dem täglich angeordneten Mittagsschlaf sprach und erwischt wurde (die "Kindertanten" standen oft neben den geöffneten Türen und lauschten) musste man aufstehen und barfuß sich in die Ecke auf den kalten Steinboden im Flur mit dem damals schweren Federbett auf dem Kopf 1 Stunde stellen. Bei der angeordneten Schreibstunde durfte nur positiv geschrieben werden. Die Tanten patrouillierten permanent und schaute den Kindern über die Schulter. Schrieb man was falsches, wurde der Brief zerrissen. Wenn Kinder nach Hause durften behielten sie teilweise Sachen wie Schwimmhilfen oder Spielsachen und stapelten es in einem Raum.
Als ich meinen Schwimmreif erkannte und danach fragte, wurde ich weggezogen und gesagt es wäre nicht meiner.
Es ist jetzt 56 Jahre her, aber das bleibt bis heute im Gedächtnis
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Dirk Schröter aus Ruppichteroth schrieb am 02.01.2024
Hallo, alle miteinander.
Ich heiße Dirk und bin seit etwa 1972 regelmäßig jedes Jahr um die Osterzeit für 6 Wochen auf Borkum in verschiedenen Heimen gewesen.
Ganz am Anfang im Möwennest.
Dann irgendwann so mit etwa 7 oder 8 Jahren einmal im Adolfinenheim und danach noch einige Male im Dünenhaus.
Ich weiß nicht, ob ihr mich nun in der Luft zerreißen werdet, aber ich habe keinerlei (allzu) negative Erfahrungen gemacht. - Nirgendwo!
Beim ersten Mal im Möwennest hatte ich furchtbares Heimweh, das weiß ich noch.
Da war aber eine tolle "Tante" (Betreuerin), die sich Abends mit mir (alle anderen schliefen schon) ins Treppenhaus gesetzt hat und Briefe an meine Eltern schrieb. (Ich konnte ja noch nicht schreiben.)
Gut - da gab es einen garstigen Jungen auf meinem Zimmer, der mich (und die anderen auch) mit seinem Ledergürtel geschlagen hat.
(Wahrscheinlich kannte er das von zuhause.)
Irgendwann war er dann weg.
Danach war alles gut.
Im Adolfinenheim kann ich mich daran erinnern, dass manche zum zunehmen, andere zum abnehmen dort waren.
Die zum zunehmen dort waren, waren echt zu beneiden!
Ich war allerdings zum abnehmen da... 😩
Im Nachhinein muss ich zugeben, dass mir das wirklich für mein weiteres Leben etwas gebracht hat!
Die Pfunde purzelten und ich habe mich super gefühlt!
Ja, nach jedem Abendessen wurde gewogen und alle sind vorher noch schnell aufs Klo geflitzt, damit die Waage bloß nichts falsches anzeigte!
Es waren trotzdem schöne 6 Wochen!
Wir hatten Essen und Trinken genug und es fehlte uns an nichts!
Und, dass die dünnen Kinder Limonade bekamen und wir nur Tee, fanden wir zwar doof, aber nie ungerecht!
Und: Ja, die Osterpäckchen wurden immer unter allen Kindern verteilt.
Allerdings habe ich als Kind schon gemerkt, dass manche Kinder KEIN Päckchen bekamen!
Und da fand ich es nur gerecht, dass die Süßigkeiten verteilt wurden!
Am wohlsten jedoch fühlte ich mich im Dünenhaus!
Ich glaube, Frau Mühe hätte mich am liebsten adoptiert! 😂
Aber diese Funktion hatte ja schon Trixie, ihre Tochter! 😄
Sie war ein Herz von einer Frau und ich mochte sie sehr!
Natürlich konnte sie auch anders - aber da musste es schon bunt und komisch zugehen!
Da waren außerdem sehr tolle Betreuerinnen.
Glaube eine hieß Ute oder Uta und eine Danuta.
Wir haben unglaublich viele schöne Stunden am Strand oder im Wald verbracht.
Haben Sandburgen und Asthütten gebaut und sind sogar ins Kino gegangen!
Einmal in der Woche natürlich auch immer ins Wellenbad!
Es machte übrigens auch keinen Unterschied, ob es draußen regnete, hagelte oder schneite!
Wir waren fast immer draußen!
Kann mich wirklich noch an verschneite Dünen zu Ostern erinnern!
Und wenn ihr fragt, ob mir irgendetwas dort geschadet hätte, müsste ich ehrlich antworten: ich glaube nicht...!

Liebe Grüße. 😉
Administrator-Antwort von: Redaktion
Lieber Dirk
Keiner wird dich in der Luft zerreißen, wofür denn? Wir freuen uns über jeden und jede, die es besser getroffen hat. Auch interessieren uns die Kriterien für positive Erlebnisse in den Verschickungsheimen sehr, daraus können wir viel sehen und lernen. Häufig genannt werden: Sommer, Kontakt mit jungen Betreuerinnen, positive Beziehungsqualität zu einer Ersatzbindungsperson, freies Draußenspiel ohne strenges Reglement, ab 1970, eigenes Alter über 8, uvm. Insofern danke, dass du uns über deine positiven Erfahrungen etwas geschrieben hast! Anja Röhl
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manne aus Hannover schrieb am 31.12.2023
Hallo in die Runde ...

ich bin zufällig über eine Dokumentation der ARD über Verschickungskinder gestolpert und hatte sofort ein Deja Vu zu meiner Kindheit. Ich bin das erste Mal auch für 8 Wochen (also ca. 1965, im Alter von ca. 4 Jahren) nach Baltrum verschickt worden.
https://www.baltrumdirekt.de/Baltrum/Naturhotel-Baltrum/264:235/zimmer.html

Hört sich alles schön an, war aber für mich die HÖLLE. Es gab immer widerlich freche, kalte Betreuerinnen mit einen rauen, schreienden Ton. Völlig unschuldig, bekam ich Schläge, meist auf den Rücken mit einem Teppichklopfer, oder Kleiderbügel, alles wie zu Hause.
Auch jede Menge Backpfeifen gab es zwischendurch.
Das Essen (ich konnte kein fettiges Fleisch, Fisch oder Spinat runterschlucken) wurde in mich regelrecht reingeprügelt. Wenn ich dann erbrochen habe, musste ich den Teller trotzdem mit dem Erbrochenen aufessen, sonst wurde ich in die Ecke gestellt, isoliert oder weggesperrt.
Es gab Spritzen und Medikamente gratis. Wofür die waren, weiß ich leider bis heute nicht.
Ein (oder mehrere) psychisch gestörter Junge ca. 12 J. alt, hatte mich jeden Tag im gefühlten 12-Bett-Zimmer gequält, geschlagen, gedemütigt und u.a. meinen Teddy (meine einzige Bezugsperson von Zuhause) zerrissen. Als ich mich zur Wehr gesetzt habe, wurde ich auch von den Nonnen (oder was auch immer das für Monster waren) wieder mit einem Teppichklopfer bearbeitet.
Es war die Hölle, hatte trotzdem Heimweh, auch wenn ich zu Hause auch oft geprügelt wurde. Sie sagten mir, dass ich niemals mehr nach Hause komme, wenn ich weiterhin so störrisch bin.
Nach 8 Wochen zuhause angekommen, schien meine Mutter das Prügelkonzept mit dem Teppichklopfer direkt wieder übernommen zu haben.
Außerdem hatte ich leider in diesen unendlich langen 8 Wochen das Stottern für mich entdeckt. Es war mir so dermaßen peinlich und brachte mir zu Hause nur weitere Prügel ein. Ich würde mich toll damit finden, habe meine Eltern zu anderen Eltern gesagt.
Nur mit ganz viel Peinlichkeit ob des Stotterns, habe ich es meistens unterdrücken können. Auch heute stottere ich manchmal, was ich aber mit meiner eigenen Technik zu umgehen weiß. Wer mich kennt, weiß aber was das für eine Last für mich ist.
Ich hatte (so wie ich mich jetzt wieder erinnern kann) nach der Kinderverschickung JEDE Woche 1x bis 3x starke Kopfschmerzen, die mich zum Weinen (vielleicht auch zum Schreien) brachten. Die Antwort dazu war ein einsperren in unser Gemeinschaftszimmer, oder oft der Teppichbesen oder Kleiderbügel, um mich ruhig zu stellen. Unzählige Kleiderbügel sind auf meinem Rücken zerschellt.
Woher meine Kopfschmerzen die immer so um die 24 Std. anhielten, kamen (ich hatte diese von ca. 4 Jahren bis 40 Jahren, min. 1-3x pro Woche) ist bis heute ungeklärt. Diese Kopfschmerzen waren immer so heftig, dass ich nur ruhig liegen konnte, teilweise so schlimm, dass ich mich übergeben musste und mehrfach im jugendlichen Alter an Suizid dachte. Seit ich mit 40 Jahren eine Chemotherapie bekam, gingen die Kopfschmerzen komischerweise weg.
Meine Wirbelsäule und meine Knie sehen mit ca. 45 Jahren nachweislich aus, wie bei einem 90 jährigen. Meine Wirbelsäule musste schon bei 7 Wirbel (mit 62 Jahren) versteift werden und meine beiden Knie stehen kurz vor einer Vollprothese. Hier frage ich mich einmal mehr, was wir in diesen Heimen für Medikamente bekommen haben. Ich habe was von Versuchen mit Contergan gehört, um die Kinder ruhig zu stellen, kann es aber (noch) nicht belegen. Mit Contergan wurde damals aber definitiv geforscht und auch an Kindern ausprobiert. Contergan greift stark die Knochen an, was meine schlechte Wirbelsäule & Knie erklären würden.
Außerdem kann ich mich an häufigen eitrigen Ausfluss aus der Hahnröhre erinnern, der mein Glied ständig an der Unterhose festkleben lies. Da es mir peinlich war, hatte ich da nie drüber gesprochen. Ebenso wie über die ganzen anderen Demütigungen.

Ich will keinem etwas unterstellen, aber es ist schon komisch und ich werde recherchieren, was für einen Medikamentencocktail samt dem Fraß, ich damals bekommen habe. Ich habe nun schon von mehreren Fällen mit teilweise noch schlimmeren Verläufen auch mit Kopfschmerzen gehört.

Viele Grüße aus dem Raum Hannover,

manne
man.dorn@web.de
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Beate schrieb am 28.12.2023
Hallo an alle! Heute habe ich durch Zufall im TV ein Interview mit Frau Anja Röhl gesehen, wobei es um die Verschickungskinder und ihr Leid geht. Nun, ich bin auch eins von ihnen.
ganz besonders berührt hat mich der Bericht von Tamara, die als bisher einzige im gleichen Erholungsheim war wie ich, und zwar im "HAUS BATTENFELD" in Bad Rothenfelde.
Ich war 6 Jahre jung, und der Arzt vom Gesundheitsamt befand mich für die Schule als zu dünn. Ich lebte damals mit meinen Eltern in Essen.
Es ging dann imHerbst/ Winter 1964/65 in den Teutoburger Wald, nach Bad Rothenfelde ins "Haus Battenfeld" - ganz alleine, für 6 lange Wochen.
Was soll ich sagen, meine (noch sehr lebhaften) Erinnerungen decken sich in vielem mit denen meiner Schicksalsgenossinnen und Genossen. Mein Zimmer hatte, wie bei Tamara, den Namen "Schneewittchen". Das war aber auch das einzig Märchenhafte an dieser Zeit. Die "Tanten" waren teils Nonnen (jedenfalls in Tracht), teils zivil gekleidet. Als ich mich mal auf einem der langen Gänge verlief, kam eine dieser "Nonnen", fragte mich, was ich da zu suchen hätte, und bekam, noch bevor ich etwas sagen konnte, eine Ohrfeige. Das war die einzige Ohrfeige, die ich in meinem Leben je bekam. das Essen war fürchterlich, aber Gott sei Dank behielt ich es drin. Schlimm waren die festgesetzten Toilettenzeiten. Genau dann "musste" man nicht, aber später dafür um so mehr, wobei es dann unweigerlich in die Hose bzw. ins Bett ging. Ich erinnere mich lebhaft an einen Jungen, der im Waschraum nackt vorgeführt wurde, mit Kot beschmiert, und wir mussten ihn auf Geheiß der "Tanten" auslachen, währenddessen er mit den Wasserschlauch abgespritzt wurde. Als ich eine Angina bekam, weil ich für die Jahreszeit zu dünn gekleidet war (wir bekamen die Kleidung vorgeschrieben), kam ich auf die Krankenstation. Dort war ich im Zimmer mit 4 anderen, zum Teil älteren Mädchen, für die es ein Spaß war, mich schüchternes Ding zu demütigen. ich war wie ein Sklave für die. Eine hieß Pia, ich weiß es noch genau. Die machten sich einen Spaß daraus, mich abends auf die Fensterbank zum Garten hinaus zu stellen, wo sich Jungs aus dem Ort versammelt hatten. Dort stand ich dann mit hochgehobenem Nachthemd und den Schlüpfer an den Knöcheln. Und ich schämte mich entsetzlich. Die Jungs unten johlten. Als ich mich einmal umdrehte, sah ich, wie eine der Mädchen auf mein Kopfkissen urinierte. Ich durfte nichts verraten. Natürlich war ich selber die "Sau". Jeder kann sicherlich nachvollziehen, was solche Dinge bei einem kleinen Mädchen anrichten. Und dann war da noch mein Zeichentalent....weil ich für mein Alter bemerkenswert gut zeichnen konnte, kam die Heimleitung, damals die Frauen Battenfeld, Mutter und Tochter, auf die Idee, ich könnte doch die Illustrationen für ein Kinderbuch erstellen. Es ging dabei um die Geschichte eines Steinzeitjungen und seinem zahmen Stier. Als folgsames Kind machte ich tatsächlich, was man mir auftrug. Die Battenfelds wollten das Buch wohl drucken lassen, aber ich weiß nicht, ob es wirklich dazu gekommen ist. Die hatten doch tatsächlich die Dreistigkeit besessen, Jahre später noch Kontakt zu meinen Eltern aufzunehmen und sie zu bitten, die Zeichnungen von zu Hause aus noch einmal (mit Filzstiften) anzufertigen, da ich mit damals 9, 10 Jahren besser zeichnen konnte als mit 6 Jahren.
Als Belohnung konnte ich die Filzstifte behalten und man schickte mir ein kleines Päckchen mit ein paar Emaillearbeiten, Schale, Anhänger usw. Na toll.
Von den beschämenden Vorgängen im Heim erzählte ich meinen Eltern natürlich kein Wort. Nach den 6 Wochen kam ich übrigens dünner zurück als ich hingekommen bin - obendrein mit einer verschleppten Angina und einer Salmonelleninfektion.
Als ich nach der Heimreise in Essen am Bahnhof endlich von meinen Eltern in Empfang genommen wurde, kam doch tatsächlich diese Pia, das Mädchen, dass mich am meisten gequält hatte, zu mir und bot mir ein Bonbon an. Und ich nahm es, dankend. Wie konnte ich nur so demütig werden. Diese Angst und Demut und der Wunsch, bloß nicht unangenehm aufzufallen, ist bis heute geblieben. Daran hat auch eine Therapie nichts ändern können.
Vielleich liest Tamara dies, da sie ja auch im Haus Battenfeld war ... eventuell auch in diesem Zeitraum?
Das Haus gibt es auch hier im Internet als Postkarte zu kaufen, aber ich trau mich nicht wegen Copyright, da etwas zu posten. man findet es bei Google.
Ob dieses Kinderbuch jemals gedruckt wurde? Ich werde es wohl nie erfahren. Danke, das ich mir das alles mal von der Seele schreiben konnte - und danke fürs Lesen.
Eines möchte ich noch nachtragen: In meinem Fall ging es um sexuelle Gewalt - nicht von Erwachsenen an Kindern, sondern von Kindern an Kinder - aber ich meine, dieses ist nicht weniger schlimm und verurteilenswert.
Beate
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Karsten Timm aus Herdecke schrieb am 27.12.2023
Ich bin Anfang/Mitte der 70er Jahre mehrfach im Seehospitz Norderney gewesen und meine Erinnerungen sind nur negativ an diese Zeit ….alles was ich hier in den Foren gelesen habe lässt mich erinnern und meine negativen Gedanken an diese Zeit hochkommen….ich bin sehr dran interessiert das diese schlimme Zeit die zigtausende von Kindern geprägt hat aufgeklärt wird …..
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Michaela aus Bayern schrieb am 20.12.2023
Meine Erinnerungen an die verschiedenen Heime und meine Erlebnisse sind sehr bruchstückhaft, weder die Namen noch die genauen Ortschaften konnte ich in den letzten Jahren herausfinden. Ich selbst erinnere mich nur an zwei Aufenthalte, einmal mit 4 Jahren, einmal mit 9 Jahren. Meine Mutter hat mir aber glaubhaft versichert, dass ich ein drittes mal irgendwann dazwischen verschickt wurde (Leider hat auch sie keinerlei Unterlagen, einziger Zeuge ist eine Schwarzwaldpuppe mit roten Bommeln auf dem Kopf, die ich bei einer Zwangs-Mitbringsel-Veranstaltung gekauft habe und die noch heute ihre Vitrine ziert. Wie bereits angedeutet, kann ich die einzelnen Erlebnisse auch nur bedingt den Heimen zuordnen, vieles ist in meinen Erinnerungen vermischt. Mit vier Jahren war ich in einem Heim, dass von Schwestern geführt wurde (kann aber auch das zweite gewesen sein), einzig der Oberarzt war ein Mann. Heute kommt mir alles sehr altertümlich vor, der große Schlafsaal mit den Metallbetten, die Angst, Nachts mal zu müssen, die Einsamkeit, Kälte, aber auch das "Gruppenduschen" mit einer Sprenkelanlage von oben, die Höhensonne und die komischen Säftchen und Pillen, die wir zu unserer Gesundheit schlucken mussten. Kontakt zu den Eltern gab es nicht. Einmal ging meine neue rote Brille kaputt, weil sie vom Nachtkästchen fiel, ich wurde heftig geschimpft und durfte einen Tag lang nur zusehen. Einmal wollte ich meinen Kaba nicht mit der "Pelle darauf" trinken, weil ich mich so geekelt habe, ich musste den ganzen Tag vor meiner Tasse sitzen bleiben, bis ich ihn endlich heruntergewürgt hatte. Leider blieb er nicht drin, weshalb mich eine Schwester im Essensaufzug mit nach unten in den Keller nahm, auch der Oberarzt fuhr mit, hier endet die Erinnerung, aber mir wird heut noch schlecht wenn ich das Typische "Kantinenessen" rieche.
An das dritte Heim habe ich die angenehmsten Erinnerungen. Ich war dort zu meinem 9. Geburtstag und durfte "ausnahmsweise" sogar mit meinen Eltern telefonieren, weil ich die Wochen vorher so folgsam und tapfer war. Ein kleiner Junge hatte in dieser Zeit Mumps und wurde mindestens eine Woche von den anderen isoliert. Nachdem ich die Erzieherinnen davon überzeugt hatte, dass ich Mumps bereits hatte und mich somit nicht mehr anstecken könne, durfte ich ihn jeden Tag besuchen und eine Weile mit ihm spielen. Schemenhaft habe ich auch dort vieles mitbekommen, unter dem die anderen Kinder litten. Ich selbst wusste bereits, wie mann sich "vorbildlich benehmen" musste, wenn man keinen Ärger bekommen wollte. Leider begleitet mich diese Eigenschaft nun mein ganzes Leben. Immer noch habe ich eine Solche Angst davor, Fehler zu machen und zu versagen, dass ich bereits vorher für alle Katastrophenszenarien einen Fluchtplan haben muss und niemals den Überblick/ die Kontrolle verlieren darf. Am schlimmsten war für mich jedoch, dass mir niemand meine Erlebnisse glaubte und ich oft als "Märchenerzähler" betitelt wurde, der "immer maßlos übertreibt", bis ich mir selbst nicht mehr sicher war (und heute noch bin), welche Erlebnisse echt und welche erfunden waren. Auf solch einer Grundlage ist es mir bis heute unmöglich, innige und dauerhafte Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen. Gottseidank ist meine Tochter vor einiger Zeit durch Zufall auf das Thema mit den Verschickungskindern gestossen und hat sich daran erinnert, was ich ihr über meine "Post-Verschickungen" erzählt habe. So konnte ich mich vor mir selbst (teilweise) rehabilitieren, und fange gerade an die Bruchstücke, die nun immer wieder in meinem Gedächtnis auftauchen zusammenzusetzen und zu sortieren. Ich bin im Herzen und in Gedanken bei all denen, die es schlimmer erwischt hat als mich und danke für all den Mut und die Kraft diese Geschehnisse ans Licht zu bringen und aufzuarbeiten.
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Anja aus Freudenstadt schrieb am 20.12.2023
Ich war sicher in Freudenstadt, in welchem Heim weiß ich nicht, abends wurde "Der Mond ist aufgegangen" gesungen

Ich war 4 oder 5, das heißt, es muss 1972 oder 1973 gewesen sein.

Ich erinner mich an die Schlafsäle. Ich lag an der Wand und am Kopfende rechts kam irgendwie ein Heizungsrohr aus der Wand.

Ich hatte ganz furchtbares Heimweh, habe gebetet, dass ich aufwache und alles nur ein Traum ist. Ich habe dann immer mit geschlossenen Augen nach der Wand getastet und wenn ich das "Rohr" gefühlt habe, wusste ich, es ist noch nicht vorbei.

Ich erinner mich an riesige, weißgekachelte Waschsäle und daran, dass ich nackt mit den anderen Kindern in einer riesigen Dusche stand und wir alle mit einem Gartenschlauch eiskalt abgespritzt wurden, Das Geschrei der Verzweiflung höre ich heute noch, ich weiß, dass wir alle immer versucht haben, dem Wasserstrahl auszuweichen und dann erst richtig draufgehalten wurde.

Ich erinnere mich an Holztische in einem Raum, der aussah wie in einer gutbürgerlichen Gastronomie. Es gab eine Eckbank mit roten Sitzkissen, ich weiß, dass ich da mal mit einer "Betreuerin" saß und einen Brief nach Hause diktiert habe. Ich habe geweint und gesagt, sie soll schreiben, dass ich nach Hause will. Später habe ich erfahren, dass in dem Brief stand, wie gut es mir geht und wie sehr es mir gefällt.

Ich habe nachts geweint, habe nicht getraut mich zu bewegen und versucht ganz still zu sein. Trotzdem wurde ich jede Nacht barfuß und nur mit Unterhose in den eiskalten Flur in eine Ecke gestellt, damit ich lerne mich zu benehmen und die anderen Kinder mit meiner Weinerei nicht aufwecke.

Es gab auf dem Flur irgendwie so ein "Glashäuschen" in dem jemand saß.

Es gab Wanderungen im Schnee, wir sind durch einen Wald gegangen, es ging ziemlich steil runter und haben gesungen. Was wir gesungen haben weiß ich nicht mehr.

Ich erinner mich, dass ich mit anderen Mädchen in Unterhose in einer Reihe stand. Wir hatten alle sehr lange Haare, diese wurden uns raspelkurz abgeschnitten, warum weiß ich nicht mehr.

Die andern Mädchen und ich haben geschrieen und wir wurden festegehalten. Ich weiß, dass ich dann immer mit meiner Hand über meinen Kopf gestrichen habe und es sich ganz hart und komisch angefühlt hat.

Es gab komisches Essen, was genau, weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich an irgendeinen weißen Brei und an sowas wie Stollen. Es musste alles aufgegessen werden, auch wenn einem schon schlecht war.

Ich schleppe das seit Jahren mit mir herumg, habe zig Therapien gemacht wegen Panikattacken und Herzangst. Ich bin heute noch bemüht, nur nicht aufzufallen und es jedem Recht zu machen, auch über meine eigene Grenze hinaus.

Ich hoffe, dass die Erinnerung, die jetzt in meiner neuen Therapie langsam hochkommt, mir hilft, das Trauma aktiv zu bewältigen
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Vanessa aus Marburg schrieb am 18.12.2023
Ich bin hier im Forum noch eine junge Frau (*1979) Es wird u.a. mit meiner Geschichte hier deutlich, wie lange diese Verschickungen in ihrer Brutalität noch vollzogen worden. Ich selbst habe meine letzte Erfahrungen dort 1991 gemacht. Zu dieser Zeit hatte der Ort nichts an seinem Grauen eingebüsst.
Wegen schwerem Asthmas wurde ich mit drei Jahren zum ersten Mal für drei Monate nach Norderney geschickt. Dort schrie und weinte ich wegen Heimweh praktisch drei Monate durch. Ich verstand überhaupt nicht, was los war, dachte meine Eltern hätten mich abgegeben. Dort wurde ich nicht aufgefangen, sondern beschimpft und bestraft. Bis ich 12 Jahre alt war, kam ich ca 6 Mal dorthin, dann immer für 6 Wochen.
Wir wurden herzlos und streng behandelt. Die Kinder in meinem Heim waren tatsächlich sehr krank, die meisten Asthamtiker*innen, Neurodermitis oder beides, niemand nahm sich emotional unser an, obwohl wir diverse Leiden und Probleme hatten. Zum Beipiel wurden Kinder mit Neurodermitis nachts an Bet festegebunden, damit sie sich nicht kratzen konnten. Auf ihr Weinen und Rufen reagierte niemand.
Es gab einen strengen Drill, sehr frühes Aufstehn, dann Gymnastk, dann Sauna, dann Fürhstück, dann Abhärten und so weiter.
Wir wurden zur Abhärtung im Winter in die eisige Nordsee geschickt, wenn Schnee lag, mussten wir uns im Badeanzug im Schnee aufhalten und abreiben. Es war eine Tortur. Einmal bekam ich eine schwere Lungenentzündung davon. Die Symptome wurden zunächst trotz meiner Klage abgetan. Dann bekam ich schweres Fieber, ich wurde ins Bett gesteckt, aber immer, wenn das Fieber sank, musste ich wieder aufstehen und am Alltag teilnehmen, so kam es immer wieder und ich blieb wochenlang krank. Irgendwann kam ich endlich an den Tropf. Ich wurde auch während der Krankheit, halb im Delirium zum Essen gezwungen.
Kontakt zu meinen Eltern gab es kaum bis gar nicht, als ich wieder nach Hause kam, habe ich mit meinem Vater nicht mehr gesprochen.
Die schwere pädagosche Folter, die ich erfuhr, durch lieblosen, verachtenden, fast schon militärischen Umgang habe ich auch Anfang der 90er Jahre dort noch erlebt. Zudem erlebet ich vieles, was hier von anderen geschildert wird: Demütigung, Strafen, Essenszwang, emotionale Verwahrlosung, Verneinung und Abwertung meines Wesens, Trennung von Eltern, von andren Kindern. Zudem körperliche Folter durch die Abhärtungen, Falschbehandlung von ernstzunehmenden Erkrankungen. Lange dachte ich, ich wäre quasi alleine mit der Ehrfahrung, bis Anja Röhl bei uns in Marburg eine Lesung gab und mir bewusst machte, was neben dem Alleinsein mein größter Schmerz ist: Das Gefühl. das meine Eltern mich nicht davor beschützt haben. Meine Mutter leidet selbst darunter. Ärtzte drohten ihr, daß ich sterben würde, wenn sie mich nicht zur Kur gäbe. Jetzt darf die Aufarbeitung dank diese Initative hier endlich beginnen. Danke
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Manuela aus Wuppertal schrieb am 15.12.2023
Hallo zusammen!
Ich war im Alter von 4 bzw. 5 Jahren (ich hatte während des Aufenthalts Geburtstag) in Berchtesgaden, „Haus Schönau“, über die Barmer EK aufgrund von Bronchialasthma. Nach dem Aufenthalt ging es mir gesundheitlich schlechter als zuvor. Ich erinnere mich noch gut an den großen Saal zum Essen und die „Spieleecke“ für Kinder, die erkrankt waren. Wir mussten am Tisch sitzen, bis alles aufgegessen war und es gab ganz oft Milchbrei oder ganz süße Suppen. Ich mag davon gar nichts mehr heute essen. Wenn das Wetter schlecht war, gingen wir wandern und der Regen peitschte uns ins Gesicht, sodass wir Husten und Fieber bekamen. Nachts herrschte strenge Nachtruhe und wer sich nicht daran hielt, musste mit nackten Füßen im Schlafanzug auf einem Stuhl im Flur sitzen. Auch mittags wurde geschlafen. Ich hatte unendliches Heimweh und, da im Heim Mumps grassierte, verlängerte sich der Aufenthalt auf 3 1/2 Monate. Für Untersuchungen mussten wir uns nackt ausziehen und das Fieberthermometer wurde uns in den Po gesteckt. Ich erinnere mich außerdem noch an einen ledernen grünen Rücksack, den wir für die „Reise“ erhalten hatten, und an Lieder, die wir auf dem Hin- und Rückweg in der Bahn sangen. In allen Kleidungsstücken und Handtüchern stand mein Name. Vor Ort wurden meine Dinge auch schonmal an andere abgegeben.
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Elke aus Köln schrieb am 05.12.2023
Ich erinnere mich nur an ein paar wenige Dinge: Mit 5 wurde ich für 5-6 Wochen nach Borkum geschickt, da ich nicht gut gegessen habe und öfter Infekte hatte. An schlechten Erinnerungen ist bei mir hängen geblieben, dass man im Schlafsaal, wenn einem vom Nachbarn die Decke runtergezogen wurde und man beim wieder hochheben erwischt wurde von den Nonnen beschimpft wurde. Man droht mir auch, mich ins Nebengebäude zu den Jungen zu schicken. Beim Essen musste man sitzen bleiben, bis alles aufgegessen war, Päckcheninhalte wurde an alle im Zimmer verteilt, Postkarten wurden geschönt, da ich noch nicht schreiben konnte…Was ich als schlimm empfunden habe waren die Wechselduschen, denn wenn man bei kaltem Wasser an den Rand sprang, haben die Nonnen einen wieder unter das kalte Wasser geschoben. Mir sind nur diese Dinge hängen geblieben, alle vielleicht schönen Dinge leider nicht.
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Elisabeth schrieb am 05.12.2023
Ich war im Alter von 7 Jahren aufgrund ständiger Infekte auf einer "Kur" in Pelzerhaken in "Gruppe 4". In Mannheim wurde ich am Bahnhof mit einer netten alten Dame als Begleitung per Zug auf die lange Reise geschickt. Es war schrecklich weit. Ich erinnere mich, dass die Gruppenleitung gleich unser Briefpapier in ihrem Büro eingeschlossen hat und dann ging sie in Urlaub. Dass ich nicht nachhause schreiben konnte (mit meiner Erstklässlerschrift), war für mich eine Katastrophe. Meine Mutter schrieb mir Briefe und fragte, warum ich nicht antworte. Mein Hauptproblem war schreckliches Heimweh. Die Spaziergänge am Strand, das Inhalieren, die Turnhalle, das Tanzen in einem runden Gebäude habe ich als ganz schön bzw. interessant in Erinnerung. Wir haben bei einer Art Atemtherapie mit Bewegung mit einer netten Therapeutin Lieder gesungen, die ich heute noch kann. Aber wenn wir in der Gruppe waren, dann gab es keine Spielsachen und es war sehr langweilig. Ein Lichtblick war eine Praktikantin aus Schweden (Annalena?). Sie hat mit uns schwedische Kinderlieder gesungen und ich liebte sie sehr. Ihre Eltern waren mit dem Wohnwagen auf dem Campingplatz und die haben wir mal mit Ihr besucht. Die waren so freudlich und winkten uns aus dem Wohnwagen, das war das Highlight in den so langen 6 Wochen. Ich habe das mit der Wäsche auch nicht hingekriegt. Ich glaube, ich hatte 6 Wochen die gleichen Socken an. In meinem Schlafzimmer waren auch Kinder mit körperlichen Behinderungen. Ein Mädchen konnte nicht sprechen und wir Sprechenden haben uns laut über sie unterhalten. Kein Erwachsener hat uns mal erklärt, was das Mädchen hat und was wir mit ihr spielen könnten, dass wir respektvoll mit ihr sein sollen. Das tut mir heute noch leid. Dann wurde ich krank. Ich habe versucht, es geheim zu halten aus Angst, nicht heim zu dürfen. Als ich die Halsschmerzen nicht mehr ausgehalten habe, habe ich mich geoutet. Mir wurde gesagt, ich solle zur Krankenstation laufen und vor der Tür nach "Schwester Heidi" rufen. Das habe ich auch ganz leise getan und gehofft, dass keiner kommt. Durch meine Krankengeschichte hatte ich große Angst vor Ärzten und allem Medizinischen. Unverrichteter Dinge bin ich zurück gekommen. Ich bekam keine Hilfe oder Medikamente. Ich habe durchgehalten und war auch auf der Rückfahrt hoch fiebrig und schlapp. Wir mussten damals in Kassel Hbf umsteigen und ich konnte kaum laufen. Zuhause habe ich dann mit meinen Eltern gefremdelt. Ich war so am Ende, dass ich 2 Wochen krank im Bett lag. Meine Mutter hat sich danach bei der Krankenkasse über das Heim beschwert. Meinen letzten Albtraum von der Kur hatte ich mit 16. Meiner Meinung nach, kann ein Kind nicht gesund werden, wenn es mit 7 alleine irgendwo hin geschickt wird. Das ist so eine Überforderung und traumatisierend! Und dabei hatte ich es noch vergleichsweise gut. Ich habe glücklicherweise keine Gewalt erlebt und gute Menschen getroffen. Als ich selbst Kinder hatte und ich gesehen habe, wie bedürftig und verletztlich die sind, wurde ich wieder an die "Kur" erinnert und ich war entsetzt, was man uns Kindern da zugemutet hat. Ich hätte alternativ mit meiner Mutter in eine Kur fahren können. Wir hätte eine gute Zeit gehabt und ich hätte gesundheitlich profitiert.
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Barbara aus Raum Bremen schrieb am 04.12.2023
Schön, dass ich mich mit meiner Wahrnehmung meiner sogenannten Erholungszeit nicht alleine fühle und mir als Zehnjähriger nichts eingebildet habe hier einige Stichworte meiner Leidenszeit Erbrochenes musste gegessen werden
-- eine Unterdrückungstechnik war, dass ist es viel zu wenig zu trinken gab während der ganzen sechs Wochen.
Beim Zähneputzen versuchte man dann so viel Wasser zu trinken wie möglich aber man wurde oft von dem beobachtenden Schwestern gestoppt.

Es fanden eigentlich gar keine Ausflüge statt
Auf diesen ganz seltenen Ausflügen aßen wir heimlich Sauerampfer gegen den Durst.

Abends und nachts mussten wir auf der rechten Seite schlafen sonst würde man entsprechend hin geschubst und beim zweiten Mal dann ohne Deckel in einem Abstellraum geschoben.

Ich habe natürlich die andere öfter eingenässt und musste morgens beschämt vor den anderen das Laken wechseln.

Das Osterpaket meiner Mutter mit Süßigkeiten wurde zwischen den Schwestern aufgeteilt ich bekam nur ihre Postkarte.

Übrigens werde ich den Namen der beiden Schwestern wohl nie vergessen ..
Schwester Elvira und Schwester Jutta
Wieder zu Hause glaubt mir keiner..

--
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sandra aus Söhrewald schrieb am 03.12.2023
Im Alter von 5 Jahren wegen Asthmas dort für 6 Wochen gewesen. Erinnere mich bis heute an den Essiggeruch; die Schlange anstehen mit dem Löffel in der Hand bis hin zum großen Honigtopf. Nackt im Garten herumspringen, mit eiskaltem Wasser aus dem Schlauch abgespritzt werden. Einen Waldweg entlangrennen bis ich den Geschmack von Blut in meinem Mund verspürte. Kein Wunder, dass es nicht lang dauerte bis auch ich unterm Dach in einem Einzelzimmer verschwunden war. Ich meine mich allerdings daran zu erinnern, dass man mich mit fruchtigen Kaubonbons von Suchard offenbar versuchte, aufzumuntern. Vielleicht drückte auch das schlechte Gewissen? Wer über Nacht ins Bett gemacht hatte, dessen Betttuch wurde morgens beim Frühstück hochgehalten und namentlich genannt (ich selbst war auch einmal dabei, jedoch war das vorher niemals der Fall gewesen). Ich erinnere mich an das Brief schreiben nach Hause, da ich ja nur malen konnte.. die Sätze wurden quasi vordiktiert. Einen Brief sowie die Packliste und Endabrechnung habe ich noch. Auch erinnere ich mich an eine merkwürdige "Verkaufveranstaltung", bei der man Souvenirs für zuhause kaufen konnte. Ein braunes Tonhühnchen, das ich damals für meine Mutter kaufte, nenne ich noch heute mein Eigentum. Ist 4 cm groß und hat meine Mutter damals schon stolze 2,60 DM gekostet...nun lebt sie seit 18 Jahren nicht mehr und ich hab es als "Mahnmal" aufgehoben.
Hier kommt mir so viel Gelesenes erschreckend bekannt vor. Inwieweit dieser Aufenthalt und ein weiterer ein Jahr später (glücklicherweise in einem anderen Kurheim) zu meinen Bindungsstörungen beigetragen hat, weiß der....ich weiß nur, dass ich mit diesen 6 Wochen meines Lebens nur Trauer, Angst und Schrecken verbinde, ein einziger Lichtblick waren die Karl-May- Festspiele, zu denen wir gefahren sind. Ich bin kränker nach Hause, als ich hingekommen bin.
Mein Mitgefühl mit allen Betroffenen.
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Helke aus Hamburg schrieb am 29.11.2023
Guten Tag,
im Herbst 1979, im Alter von 10 Jahren, war ich für vier Wochen im Kinderheim Berghalde in Fischen im Allgäu und kann nur Gutes berichten. Ich war untergewichtig und hatte Probleme mit den Atemwegen.
Die Heimleiterin und die Betreuerinnen waren sehr kinderlieb und nett zu uns Kindern und wir gingen jeden Tag raus in die Umgebung, machten Geländespiele, spielten am Bach usw.
Das Essen war in Ordnung und wenn jemand Heimweh hatte, wurde sich um ihn gekümmert. Jeden Abend wurde eine Geschichte vorgelesen und wir durften aus unserem "Schleckerkasten", das waren Süßigkeiten, die unsere Eltern uns geschickt hatten, etwas naschen. Tagsüber wurden die Süßigkeiten verwahrt.
Als unerwartet 30 cm Schnee gefallen waren, schwebten wir Kinder aus Hamburg im siebten Himmel und es wurden dreißig Schlitten aus einem Schuppen herbeigezaubert und wir hatten riesigen Spaß. Außerdem wurde für den Abend eine gigantische Schneeballschlacht gegen einige Kinder aus dem Ort organisiert.
Es tut mir sehr leid für alle, die als Verschickungskinder schlimme Erfahrungen gemacht haben! Gleichzeitig ist es mir wichtig zu sagen, dass im Kinderheim Berghalde, damals aber sehr gut und liebevoll mit uns umgegangen wurde und meine Probleme mit den Atemwegen waren anschließend auch weg.
Liebe Grüße Helke
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Britta aus Löhne schrieb am 26.11.2023
Ich bin im Jahr 1969 im Alter von 4 Jahren über die Post für 6 Wochen nach Ratzenried verschickt worden. Ich war ein schmächtiger Kind und sollte dort zur Erholung hin.
Ich habe nur wenige Erinnerungen daran, aber das, woran ich mich erinnere, sorgt bei mir heute für große Probleme.
Ich würde in meinem Heimatort von meinen Eltern zu einer mir völlig fremden Frau gesetzt, die uns nach Ratzenried begleitet hat.
Ich weiß noch, dass wir in einem "riesigen" Schlafsaal geschlafen haben. Ich war alleine verschickt worden, kannte niemanden dort. Im Schlafsaal durfte man keinen Laut von sich geben, sonst kamen die Schwestern, nahmen einen mit. Teilweise musste man alleine in einem Raum bleiben. Ob es Schläge gab, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich glaube aber, ja. Wenn man Heimweh hatte und geweint hat, hat man versucht ins Kissen zu weinen, damit es ja niemand hört.
Beim Essen musste immer alles aufgegessen werden, egal ob man es möchte oder vertrug. Wenn man sich erbrach, musste auch das gegessen werden. Ich weiß, dass ich einmal meinem Tischnachbarn mein Käsebrot gegeben habe. Wir würden erwischt, es gab Schläge und ich kam alleine in ein Zimmer. Keine Ahnung, wie lange. In meiner Erinnerung war es eine Ewigkeit.
Auch mussten wir "Briefe" nach Hause schreiben oder malen. Es dürfte nichts schlechtes über das Heim oder die Schwestern drin stehen oder dass man Heimweh hatte. Dann gab es Sanktionen und der Brief würde zerrissen.
Ich weiß noch, dass ich mich einmal auf dem Spielplatz mit einem Jungen geschlagen habe. Dafür wurde ich dann auch wieder "weggesperrt".
Der Aufenthalt dort hat bei mir ein tiefes Trauma hinterlassen.

Trotzdem hatte ich dann 2 Jahre später wieder das Vergnügen verschickt zu werden. Diesmal an die Nordsee nach Cuxhaven.
Die Erinnerung daran ist zum Glück nicht ganz so negativ belegt.
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Hubertus Pütz aus Bovenden schrieb am 26.11.2023
Heim Nußdorf Inn, mit Unterernährung angereist, weiterer Gewichtsverlust in Folge, Blasenschwäche entwickelt bei Heimweh und fehlenden Kontakt..
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Hans aus Lunden schrieb am 26.11.2023
Hallo Community,
ich war 4 x in verschiedenen Heimen.
Auf Föhr wurden wir im Roten Kreuz Heim anständig behandelt. Muss auch mal gesagt werden.
In Neustadt and Ostsee habe ich mich an Weltkrieg 2 Munition ziemlich verletzt weil die "Tante" uns an einem Strandabschnitt spazieren lies, der bekanntermaßen von alter Munition verseucht war.
In Muggendorf war es eigentlich auch ok bis auf den Essenszwang. Ach so: Bettnässen wurde mit Flüssigkeitsentzug bestraft.
Der Aufenthalt in Schorndorf war schlimm.
Es war ein von Nonnen geführtes Heim, eine absolute Tyrannei . Seitdem, ich muss es so hart sagen: hasse ich Nonnen.
Als einzelnes Kind wurde ich im Gewölbekeller eingeschlossen, weil ich nicht schnell genug meine Schuhe zubinden konnte. Dort wurde ich stundenlang bei absoluter Dunkelheit weggesperrt.
Das nennt man heute Folter.
Da ist es ja schon harmlos, dass unser Pfarrer mich regelmäßig verprügelte. ...
War wohl damals so der Umgang mit Besatzungskindern.
Habs überstanden, alles ganz tief vergraben,
meine Sandkastenliebe geheiratet und bis heute ein ganz tolles Leben
Liebe Grüsse Hans
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Gudrun aus Langenhagen schrieb am 26.11.2023
Ich wurde mit 10 Jahren in ein Erholungsheim der Caritas nach Bad Orb im Spessart geschickt, für 6 Wochen. Den Angaben nach war ich anämisch und leicht untergewichtig. Die Kinder waren, nach Geschlecht getrennt, in Zweibettzimmern untergebracht. Die Leitung des Heims hatten Nonnen. Es herrschte insgesamt ein autoritärer, strenger Drill. Regelmäßige Untersuchungen und sogenannte Leibeserziehung waren Pflicht. Ich hatte im Jahr zuvor einen komplizierten Schienbeinbruch und war immer noch etwas gehandicapt in der Bewegung, dennoch wurde ich zu den Sportübungen gezwungen, etwaige Verletzungen wurden in Kauf genommen. Es gab Schlaf- und Esszwang, auch Kinder in meinem Alter wurden zum Mittagsschlaf gezwungen. Während der Schlafenszeiten durften die Toiletten nicht aufgesucht werden, unter den Betten stand jeweils ein Nachttopf. Ging etwas daneben, gab es Schläge und Strafen. Wir durften Briefe nach Hause schreiben, die allerdings, wie wir später erfuhren, nie dort ankamen. Meine Eltern wähnten mich in guter Obhut und glaubten mir auch später nicht wirklich, was dort geschehen war. Es gab durchaus auch nette Aktivitäten, die allerdings das Negative nicht wettmachten. Das, was ich dort erlebt habe, war auch mit verantwortlich für spätere Probleme, die mein Leben beeinflusst haben. Das ist mir aber erst sehr viel später klar geworden. Nach meiner Rückkehr hatte ich immer wieder Panikattacken, meistens in der Nacht, die ich als Kind nicht einordnen konnte und auch verheimlicht habe. Angstzustände traten über Jahrzehnte immer wieder mal auf, ich konnte aber gut damit umgehen und habe im späteren Leben durch eine Therapie viel aufarbeiten können. Ich schreibe diesen Bericht in der Hoffnung, dass zu diesem Thema noch viel mehr aufgearbeitet und erforscht wird und Kinder so etwas nie wieder erleben müssen.
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Möchte ich nicht mitteilen schrieb am 25.11.2023
Ich war 1976 in dem Seehospiz auf Norderney. Zufällig bin ich durch einen Bericht auf NTV auf Ihren Verein aufmerksam geworden. Ich hätte diesen Artikel nicht lesen dürfen. Er hat alte Wunden geöffnet. Sie waren nie verheilt und haben mein Leben im Unterbewusstsein gesteuert. Ich kann meine Tränen nicht zurückhalten. Es war so schlimm was den Kindern damals angetan wurde. So schlimm.
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Torsten aus Geestland schrieb am 25.11.2023
Ich wurde aufgrund meines Gesundheitszustandes im Alter von 7 Jahren für 6 Wochen nach Bad Sachsa in das Haus 'Bergfrieden' verschickt. Die Dinge, die eine andere Betroffene geschildert hat, kann ich nur bestätigen weil ich sie selbst genau so erlebt habe. Das Essen musste aufgegessen werden. Kam es aufgrund dessen zum Erbrechen, musste das Erbrochene wieder gegessen werden. Einem Jungen kam das Erbrochene aus der Nase und auch er musste alles nochmal essen.
Postkarten wurden erst in Kladde auf einem Zettel geschrieben und nach Korrektur durch die Aufseher (ich weiß nicht wie man die Leute sonst nennen kann) kontrolliert, korrigiert und dann mussten wir die Postkarten mit dem genehmigten Text ausfüllen.
Vor dem Schlafengehen mussten immer alle aufs Klo gehen und als ich das mal nicht konnte, dafür aber eine Stunde später musste, hat mich eine der Aufseherinnen dabei erwischt. In meiner Angst bin ich vor ihr weggelaufen und habe mich in meinem 8-Betten-Zimmer im Schrank versteckt. Dort hatte sie mich schnell aufgespürt und mit einem Kleiderbügel verdroschen. Zur Strafe musste ich danach draußen vor der Zimmertür hocken. Erst nach mehreren Stunden durfte ich völlig durchgefroren wieder ins Bett.
Ich erinnere mich auch mal an einen Ausflug in den Wald aber die meisten Erinnerungen habe ich immer noch an die Brutalität der Erwachsenen. Es war schrecklich.
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Annett Schoppnies aus Vechelde schrieb am 24.11.2023
Kam kurz vor meinem 9. Geburtstag 1980 für mehrere Wochen ins Kindererholungsheim Bad Brambach. Ich war insofern traumatisiert, weil meine Mutter mich wegen ihrer eigenen Überforderung dahin geschickt hatte. Ohne Gründe oder vorherige Ansagen. Ich fühlte mich in diesen Wochen dort sehr einsam und verlassen. Es kam nur einmal ein Paket zu meinem Geburtstag. Mehr nicht. Negativ in Erinnerung war das Essen. Ich wurde mit Bestrafung und Zwang genötigt, Dinge zu essen, die ich nicht mochte. Zum Beispiel Fettstücke in der Suppe, wovon mir immer schlecht wurde. Ich musste stundenlang allein am Tisch sitzen, bis ich dieses Fett gegessen hatte Willen berechen. Das war schlimm. Alles war sehr streng und disziplinär. Nur ein Betreuer war wirklich toll. Er ging mit uns stundenlang auf Bergkristallsuche bei den Steinminen in der Umgebung. Das hatte was von Freiheit und Leichtigkeit. Zur Erinnerung an diesen Menschen habe ich heute noch diese Bergkristalle.
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Iris Stübiger aus 86972 Altenstadt schrieb am 20.11.2023
Mein Name ist Iris ich war im Alter von 8 Jahren im Mai/Juni für 6 Wochen im Kindererhohlungsheim Haus Marion in Haffkrug Scharbeuz. Ich kann mich erinnern das ich in München mit anderen Kindern in den Zug gesetzt wurde. Vom ersten Moment an hatte ich unheimliches Heimweh ich wollte nicht aber der Zug fuhr los. Ein paar ältere Mädchen haben mich getröstet. Im Heim angekommen erinnere ich mich an den Speisesaal, wir wurden gleich in kleine Mädchen, große Mädchen, kleine Buben, große Buben sortiert und so mussten wir auch sitzen. Da ich zum zunehmen dort war habe ich viel Zeit im Speisesaal verbracht, weil man gezwungen wurde alles auf zu essen. Ich kann mich nicht daran erinnern was es gab, aber ich mochte es scheinbar nicht. Wir waren zu viert im Zimmer Esther, Claudia, Marita und ich. Mit Esther war ich befreundet. Am Gang gegenüber war der ein großer Waschsaal dort mussten wir jeden Morgen nur in Unterhosen uns anstellen und waschen. Nachmittags mussten wir einen Mittagschlaf machen. Nachts war es nicht erlaubt auf Toilette zu gehen, ich erinnere mich daran das wir es gewagt hatten zur Toilette zu gehen und wurden prompt von der Nachtwache erwischt, zur Strafe sagte sie müsst ihr die ganze Nacht dort bleiben. Wir waren sehr viel draußen, spazieren, am Spielplatz und ab und zu auch am Strand. Alle Erinnerungen im Haus waren nicht schön, aber mir fehlt einiges an Erinnerung es waren 6 lange Wochen und mein Heimweh war unerträglich als ich wieder zu Hause war wollte ich die erste Zeit nie wieder weg.
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Viktoria schrieb am 20.11.2023
Ich habe nach dem Abitur als Betreuerin im Haus am Schmalensee mit 2 weiteren jungen Frauen einige Wochen gearbeitet. Dort wurden Kinder mit Adipositas und Haut und Atemwegserkrankungen behandelt. Ich habe keine Gewalt erlebt, aber die Zustände als wenig liebevoll und das Essen als sehr minderwertig empfunden. Das feste Personal war wenig fachkundig. Ein "Koch" war immer betrunken und lies Zigarettenasche und -Stummel in das Essen fallen.
Die übergewichtigen Kinder erhielten kaum und wenig gesundes Essen und wurden als einziger ärztlicher Eingriff täglich gewogen. Dazu wurden täglich auch in praller Mittagshitze sehr lange Wanderungen, die ich teils recht unsicher alleine mit großer altersgemischter Gruppe begleiten musste, unternommen. ICh hatte wirklich Angst, dass mir ein Kind wegklappt, da viele diese Strecken kaum schafften, litten und weinten. Auch hatten die meisten Kinder keine geeigneten Schuhe für die Berge und machten öfter einen verwahrlosten und bedürftigen, gelegentlich zurückgebliebenen Eindruck.
Zu trinken gab es prinzipiell wenig und immer nur sehr dünnen lauwarmen Tee.
Die hautkranken Kinder sollten nach dem Schwimmen gecremt werden, aber es war dafür nur sehr zähe preiswerte Allzweckcreme vorhanden. Keine medizinische Pflege.
Verstörend wirkten auf mich sehr junge (15, 16 Jahre) in der Ausbildung befindliche Erzieherinnen, die kaum älter als die Patienten waren und sich allabendlich mit wechselnden pubertären Jungs und auch dem alkoholiserten Koch aus der Kur herumknutschen und befummelten. Wir hatten auch damit zu tun Berge von sehr verdreckter Wäsche (Fäkalien) zu waschen, da es keine Hauswirtschaftkräfte gab.
Der Ton und die Behandlung der Kinder, war nur gegenüber einzelnen Lieblingen nett und respektvoll, ansonsten eher genervt und gleichgültig. Seitens der Leitung Herrn H. wurde uns vermittelt, dass es sich um größtenteils "assoziale" Kinder handele, für die sich unsere pädagogischen und psychologischen Bemühungen nicht rentieren würden.
Insgesamt fand ich die Umgebung schön, das Haus war aber nicht zur Erholung und Gesundung geeignet und es herrschte eine gruselige und geringschätzende, übergriffige Atmosphäre.
Ich habe vor den dortigen Menschen oft Abscheu empfunden.
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Petra aus Volkhardinghausen schrieb am 20.11.2023
Hallo ich habe diese Kindererholung die es eigentlich sein sollte ,ich wurde zum Zug gebracht und dort von einer Frau bis zum Heim gebracht .Da war mir dann bewusst das ich von zu Hause weg bin für lange Zeit.Dann kam die Untersuchung vom Arzt zu Blass und Unterernährung.
Dann wurden wir alle in einem Zimmer zum schlafen gelegt und gezwungen und wehe dem nicht . Musste man die ganze Nacht vor der Zimmertür im dunklen stehen und weinen durfte man garnicht .
Am morgengab es warme Milch mit Eigelb ich musste das Trinken und mir wird beim Schreiben schon schlecht ,ich habe das nicht getrunken was zur Folge hatte das alle darauf aufmerksam gemacht wurden was passiert wenn ich das nicht trinke ich wurde festgehalten und man Flöte mir das Trinken ein dann erbrach ich es was zur folge hatte das ich das auflecken musste .Und das jeden Morgen. Beim Mittagsschlaf hab ich einmal in ein Muckey Mäuse Heft reingeguckt unter der Decke wurde erwischt hatte zur Folge Hegt wurde vor den Augen aller zerrisen und ich musste in den Schrank im Flur für 2 Stunden .Karten nach Hause schreiben durften wir der Text stand an der Tafel .
Mir geht es gut .Liebe grüsse eure Tochter Petra und diese ansichtskarten wurden kontrolliert wehe dem da stand was anderes .
Also alles in allem gab es viele schlimme Sachen und ich durfte auch noch 4 Wochen länger bleiben weil ich die Röteln bekam .
Es war grauenvoll und ich wollte nurnoch nachhause. Ich muss heute noch weinen wenn ich daran denke .Als ich dann im Zug nachhause gebracht wurde ,wusste ich nicht wie ich meine Eltern ansprechen sollte und meine Schwester war mir fremd .So etwas darf nie mehr passieren ich habe Panikattaken Angst in engen Räumen Allergien Herzschmerzen ect.davon getragen nach der Erholungskur war ich ein anderes Kind .
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Anja aus Marburg schrieb am 20.11.2023
Ich war elf Jahre alt und wurde zusammen mit meiner jüngeren Schwester verschickt. Ich erinnere mich an starre Strukturen, Essen- und Schlaf-Zwang, Gottesdienstbesuche und Kopfnüsse. Da ich in der auferlegten 2stündigen Mittagsruhe im Bett auf dem Nachttisch Heimweh-Briefe nach Hause schrieb, musste ich zur Strafe zwei Stunden stehend im Flur mit dem Gesicht zur Wand verbringen, die Aufsichtsperson saß währenddessen strickend, sitzend im Flur. Im Anschluss wurde ich gefragt, ob ich nun wieder lieb sein werde. Ein Mädchen hat sich während der ganzen Zeit vor Kummer die Haut von den Füßen gezogen, erst am Tag vor der Abreise wurden ihre Eltern gerufen, um sie abzuholen.
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Karla Brand aus Breuna schrieb am 20.11.2023
Damals, ich kann nicht mehr sagen, wie alt ich genau war, wurde ich ,damals,,Karla Kell" und mein Bruder ,,Karl-Heinz Kell " nach Sylt verschickt.
Ich selber hatte nichts zu ertragen aber andere Kinder, einen Namen weiß ich noch,,Monika Piontek" und eine Betreuerin ,, Frau Hochhut" sie war in meiner Gegenwart immer nett.
An die bösen kann ich mich nicht erinnern.
Sie haben die Kinder gezwungen zu essen und erbrochenes wieder zu essen ,ein Mädchen wurde den ganzen Tag eingesperrt und durfte nicht zur Toilette.
Ich war einfach erzogen alles zu essen und zu tun was gesagt wurde, daher bin ich wohl an allen Sanktionen vorbei gekommen und mein Bruder hat nie etwas gesagt. Eventuell ist noch wer am leben und erinnert sich ,ich wohnte in Kassel und die Fahrt ging vom Hauptbahnhof aus.
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Ursula aus Nürnberg schrieb am 19.11.2023
Nach einer Routine Untersuchung in der Schule, wurden meine Eltern vom Gesundheitsamt/Jugendamt? einbestellt und ich musste kurzfristig sechs Wochen zum Abnehmen weg.
Sechs Wochen Drill, wie bei der Armee und Hungern waren angesagt.
Laufen durch den kalten Wald vor dem Frühstück.
Bis auf Postkarten kein Kontakt mit den Eltern. Ich weiß nicht mehr viel, ich war 6-8 Jahre alt.
Es wurde auch gebastelt, getanzt und auch mal etwas Gesundes gemeinsam zum Essen gemacht.
Diese angeblich schönen (?) Pflicht Veranstaltungen haben aber über das kalte Klima, dass man einfach irgendwo hin weggebracht wurde, nicht hinweg getröstet.
In dem alten Nazigebäude war eine gruselig kalte Stimmung. Ich kann mich an keine Interaktion zwischen den Kindern erinnern. Wir hatten alle ein unterschiedliches Alter und wurden auch jahrgangsübergreifend in einer Klasse unterrichtet.

Schlafen in engen 4 Bett Zimmern - 2 Doppelbetten, das Bett war mein Zufluchtsort - bis das nächste Kommando kam.
Stimmung: Jeder kämpft für sich allein.

Erst jetzt, als ich mir Fotos von der Pfeifferhütte angesehen habe und von den Verschickungs-Kindern lese, wird mir klar, woher das gestörte Verhältnis zu meinem Körper und zu meinen Eltern kam.
Warum haben sie mir das angetan?

Ich weiß, sie waren jung, die Sachen, die ich dorthin mitbringen musste lt. Liste waren teuer für uns. Gut erzogen, war ich auch dankbar, dass ich dorthin durfte. Weil ich war ja zu dick?!

Wirklich?

Meine Eltern hatten kein Auto, als mich nach 6 endlos langen Wochen eine Tante abgeholt hat, habe ich ganz gleichgültig gezeigt, dass ich mir die Haare strähnenweise rausziehen konnte.
Auf Nachfrage haben wir ein paar Vitaminkapseln mitbekommen.

Überhaupt hab ich erstmal keine Emotionen mehr gezeigt.
Wie kann man das einem kleinen Mädchen antun- auch die Rückkehr in die Klasse… eine Grausamkeit - JEDER wusste ich war zu dick und verkehrt.

Aus der Gemeinschaft gerissen … zur PFEIFFERHÜTTE geschickt…

Ab da ging es nur noch um Abnehmen/ Essen/ Abnehmen…

Ich bin ja jetzt noch sehr jung. Die Welt hat sich verändert. Ich habe mich meiner Themen angenommen und bin im Hier und Jetzt glücklich.

Gesundheitsangelegenheiten und Intoleranzen haben dort ihren Anfang genommen, das ist mir jetzt klar!

Leute passt auf eure Kinder auf und lasst euch von niemandem reinreden! Vielleicht erinnern sich Kinder später nicht an Details- weil ihnen absurde Dinge als Normalität verkauft werden.
Die Gefühle und Stimmungen bleiben für immer im Gedächtnis.

Meine Eltern haben es gut gemeint und viel dafür gegeben mir so etwas Wichtiges ( was sich für mich als Höllentour erwiesen hat) zu ermöglichen.

Ich hab den Weg zu meinem Körper, guter Ernährung und Bewegung noch gefunden.

Die Pfeifferhütte ist jetzt ein Kulturtreff 😁

Solche Kinderverschickungen darf es niemals mehr geben!

Danke für diese Plattform
und ALLES LIEBE
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Kein Name aus Merseburg schrieb am 19.11.2023
Ich war mit 9 Jahren zur Kur. Es war vom ersten bis zum letzten Tag die Hölle. Es fing schon beim Essen an. Es musste aufgegessen werden. Wer nicht essen wollte musste solange sitzen bleiben bis er aufgegessen hat. Jeden Morgen nach dem Wecken war Fieber messen angesagt. Dabei mussten wir uns nackig aufs Bett legen und das Thermometer wurde mitunter schmerzhaft in den Po gesteckt. Dabei ist es immer wieder vorgekommen das man auch zwischen den Beinen berührt wurde. Danach war Bürstenmassage. Dazu musste man nackig in den Aufenthaltsraum laufen. Einmal in der Woche war Untersuchung. Und da begann der Albtraum. Wir mussten dazu in einem kleinen Raum uns alle bis auf den Schlüpfer ausziehen und dann in Zweierreihe in das Arzt Zimmer. Es war ein grosser Raum mit grelllem Licht. Dort wurden wir gemessen und gewogen. Danach mussten wir wieder in den Vorraum und noch unseren Schlüpfer ausziehen und dann in Zweierreihe in das Arzt Zimmer gehen. Dort mussten wir uns nacheinander nackig auf so eine Metallliege legen. Es war kalt und eklig. Dort wurden wir abgehört und abgetastet. Dann hieß es wieder in Zweierreihe aufstellen. Eine Reihe Mädchen und eine Reihe Jungen. Und dann wurden wir unten Untersucht. Die Jungs wurden von der Ärztin untersucht und die Mädels von dem Arzt. Ich fand es so demütigend und widerlich. Weil alle anderen zugucken mussten wie man "Untersucht " wurde. Die Jungs wurden an ihren Geschlechtsteilen angefasst. Und sie mussten sich bücken und der Finger wurde in den Po gesteckt und bei den Mädels war es genauso. Sie mussten sich auch bücken und da wurde auch der Finger in den Po gesteckt und zwischen den Beinen auch. Wenn man sich geweigert hat wurde man gezwungen und festgehalten. Wir hatten auch schon reifere Kinder dabei wo sich der Körper schon entwickelte. Da haben sich die Ärzte und Betreuer lustig gemacht. Weil bei den Untersuchungen dann schon Gefühle da waren. Wer nicht das gemacht hat was die wollten musste zur Strafe in den Keller zum eiskalt abduschen. Auch nackig. Das war die schlimmste Zeit meines Lebens und ich habe heute noch die Bilder vor mir. Und bin nicht fähig eine Beziehung einzugehen.
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Michael Neumayer aus Bad Reichenhall schrieb am 18.11.2023
Kontrovers: Misshandelt und missbraucht: Ehemalige Verschickungskinder klagen an! Am 15.11.23 im BR oder auf YouTube ein Film (19 Minuten) über die Asthma-Heilanstalt Bad Reichenhall.
Wir suchen weitere Zeitzeugen, die den Pfleger oder weitere Personen beschreiben können. Vielleicht willst du auch deine Erlebnisse beitragen.
Melde dich! Auch anonym über die Initiative möglich!
Viele Grüße Michael Neumayer
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Gabriele aus Berlin schrieb am 17.11.2023
Ich war 4 Jahre alt als ich Kinder TBC bekam und nach Wyk auf Föhr verschickt wurde.Ich erinnere mich heute noch nach all den Jahren an die furchtbare Zeit.Pakete die mir meine Eltern schickten erhielt ich nie.Briefe die ich an meine Eltern schickte wurde mir vorgesagt was ich zu malen hatte,schreiben konnte ich ja noch nicht.Beim Mittagsschlaf den ich gar nicht mehr gewohnt war wurden alle Kinder im Schlafsaal ans Bett fest gebunden.Wenn man sich aufrichtete und nicht still lag wurde man geschlagen.Essen wurde einen notfalle mit Gewalt in den Mund gestopft auch wenn man sich erbrach !!!.Ich erinnere mich noch das auf dem Weg zur Toilette ein Zimmer mit einen behinderten Mädchen lag das nur Laute von sich geben konnte und auf alle vieren rum kroch auch diese wurde oft geschlagen.Ich blieb ein ganzes Jahr dort,meinen Eltern wurde gesagt das sie mich nicht besuchen dürfen,als Kind habe ich überhaupt nicht verstanden warum meine Eltern mich so plötzlich abgegeben haben.Bis heute kann ich mich nicht überwinden an die Nordsee zu fahren weil sofort der Name Wyk in meine Kopf rum spuckt.
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Sabine aus Marburg schrieb am 17.11.2023
Sabine (54) aus Marburg, ich wurde mit 5 Jahren (1974) zur Kur für 6 Wochen als
„verwöhntes“ einzel- Kind nach Norderney geschickt.

Meine spastische Bronchitis sollte geheilt werden.

Ich bin wohl auch ein " Verschickungskind" und habe aus dem Fernsehen davon
gehört und war erstaunt, dass viele anderen Kinder auch negative Erlebnisse durch
ein angebliches Gesund werden erlebt haben!
Ich kann mich ein Glück kaum noch daran erinnern.
Es war für mich, wenn ich versuche mich darin zu erinnern > keine schöne Zeit!
Ich weiß nur noch, dass ich das Essen komplett auf essen musste, egal ob es
geschmeckt hat oder nicht, oder wie ich durch die Luft durch die bekannten Allergien. Ich habe nach meinem „Albtraum“ Butter, Käse und Milch essen bzw. trinken müssen erst mit ca. 40ig überwunden. Ich ekelte mich Jahre lang diese Dinge zu mir zu nehmen. Mittlerweile trinke ich Mandelmilch und essen pflanzliche Margarine sowie ein wenig Käse auf der Pizza.
Ich kam nach 6 Wochen völlig dick nach Haus, meine Hose ging nicht mehr zu und konnte nur noch durch den Gürtel gehalten werden. Meine Eltern hatten sich zwar gewundert, aber für meine Eltern war nur wichtig, dass meine spastische Bronchitis
besser war! Ich kann mich auch noch an total große Schlafsäle und Speise Säle erinnern wo ein Drill wie in der „Armee“ herrschte was mich als Kind durchaus eingeschüchtert hatte! Auch wie andere Kinder die in die Hose gemacht hatten > behandelt wurden.
Ich wollte nie wieder dahin zurück, aber ich sollte eigentlich noch einmal zur Kur…
ein Glück hatten meine Eltern ein Einsehen und fuhren mit mir zweimal im Jahr ans
Meer > nämlich in den warmen Süden…. dies hat mir auch sehr geholfen.
Was auch noch ganz schlimm für mich war > mir wurde mein Schnuller und mein Schnuffeltuch abgenommen, was zur Folge hatte, ich konnte kaum einschlafen….

Naja… ich habe es überlebt.. und erinnere mich ein Glück kaum noch an andere Dinge
die dort passiert sind und Postkarten oder Briefe habe ich zu dieser Zeit noch nicht
geschrieben, ich bin erst später nach der Rückkehr in die Schule gekommen….
Grüße
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bittekeinname aus Niendorf/Timmendorfer Strand St. Johann schrieb am 16.11.2023
Ich bin damals über die BEK verschickt worden. Wie viele andere fehlen mir "richtige" Erinnerungen an diese Zeit. Es sind Streiflichter, einzelne Szenen, die hängen geblieben sind.
Ich bin damals wohl aus zwei Gründen dorthin geschickt worden: ein Todesfall in der Familie, den ich mitangesehen hatte, und meine Mutter erwartete ein weiteres Kind. Damals war es üblich, dass die Mutter vor der Geburt entlastet wurde und ihre anderen Kinder für ein, zwei Monate z. B. zu Verwandten geschickt wurden. Für mich war es die Kinderkur.
Ich kann mich an die erste Nacht erinnern, man hatte mich mit Vierjährigen zusammen in ein Zimmer gesteckt, wohl, weil ich so klein war - dabei war ich bereits 5.5 Jahre alt, was ich auch empört erklärt habe. Ich hatte selbst unglaubliches Heimweh in dieser Nacht, aber ich gab mir alle Mühe, den kleineren Mädchen Trost zuzusprechen. Am nächsten Tag wurde ich dann in ein Zimmer mit Gleichaltrigen verlegt.
Ich erinnere mich an den grossen Schrank, in den man seine Schuhe stellen musste.
An den Katzentisch im Speisesaal, an den man verwiesen wurde, wenn man etwas angestellt hatte (was immer es war...) - und vor dem alle große Angst hatten, weil dort "die alte Nonne" sass.
Ich erinnere mich, wie ich vor einem Stück Bienenstichkuchen im völlig leeren Speisesaal sitze. Ich mag keinen Bienenstich, bis heute nicht.
Das Schlangestehen im Flur, bis man in das Gemeinschaftsbadezimmer eintreten durfte. Zahnbürste und Waschlappen in der Hand, und nur mit Unterhose und Hausschlappen bekleidet.
Die Mittagsruhe, bei der ich im Bett zumindest lesen durfte, und die daher zur zweiten Kur gehören muss, denn bei der ersten konnte ich nicht einmal schreiben.
Entsprechend das Kartenschreiben, das ja nur ging, wenn jemand für mich aufschrieb - und dunkel erinnere ich mich an Diskussionen darüber, wieso ich es dort nicht schön fand, wo ich war.
Ich erinnere mich daran, dass ich keine Post bekam. Und dass ich versuchte, das vereinbarte Zeichen auf meine Briefe und Karten zu malen, das bedeutete, dass man mich abholen solle. Nicht, dass meine Eltern gekommen wären...
Ich erinnere mich daran, dass ich es geschafft hatte, Süssigkeiten für mich zu behalten: diese mussten eigentlich mit allen anderen Kindern geteilt werden.
Ich weiss, dass ich bei der zweiten Kur mit einer Schulfreundin zusammen fuhr; aber wir wurden getrennt und ich habe sie während der gesamten Kur nicht wieder gesehen.
Ich erinnere mich, wie ich einmal nachts aufwachte - ich hatte einen Alptraum gehabt und glaubte, in meinem Bett, auf meiner Decke, sässe eine fette Spinne. Ich hatte solche Angst vor dieser Spinne, aber genauso viel Angst hatte ich davor, aus dem Zimmer in den erleuchteten Flur zu gehen und zu den Nachtschwestern, denn wir durften nachts nicht aufstehen. Ich glaube, irgendwie bin ich dann doch zu ihnen gegangen und bekam zur Antwort, man würde sich gleich kümmern, ich solle schon mal zurück ins Zimmer gehen. Ich weiss nicht mehr, wie lange ich gewartet habe, aber mir wurde kalt, und schließlich traute ich mich doch, mich auf die äußerste Ecke meines Bettes zu setzen, und wieder wartete ich, bis ich schließlich kapitulierte und versuchte, so klein wie möglich auf dem Bett zu liegen, mit dem winzigsten Zipfel der spinnenverseuchten Decke zugedeckt. Auch diese Erinnerung ist aus der zweiten Kur.
Ich erinnere mich, dass ich im Speisesaal stand und von der Küchenkraft (Roswitha?) im Fenster der Essensausgabe vor allen Kindern angeschrieen wurde, was ich für ein widerliches Kind sei - ich weiss nicht mehr, wofür.
Ich weiss, dass meine erste Kur endete, weil mein Geschwisterchen geboren worden war und mein Vater mich umgehend abholte.
Meine zweite Kur endete, weil ich auf einem Spielplatz von einem Klettergerüst aus ca. 2m Höhe auf den Rücken gestürzt war. Nachdem man mich zurück zum Heim laufen liess, obwohl ich über schlimme Schmerzen klagte, lag ich dort im Bett und weigerte mich, wieder aufzustehen. Irgendwie muss ich dann ins Krankenhaus gebracht worden sein, wo mich auch diesmal mein Vater abholte und so die Kur beendete. Aber es muss ein paar Tage gedauert haben - ich war dort allein, und es war mir versprochen worden, dass die ganze Gruppe mich besuchen würde, aber niemand kam.
Ich bin mir auch sicher, dass meine Eltern mich in einer dieser Kuren besuchten, obwohl die Leitung eigentlich strikt gegen solche Besuche war - weil sie bei den Kindern das Heimweh schüren würde. Nun, ich kann mich erinnern, wie sehr ich gebettelt habe, dass man mich doch mitnehmen solle, aber ich musste bleiben. Ich kann nicht beschreiben, was ich nach der Abfahrt meiner Eltern gefühlt habe, aber es war sicherlich nicht Heimweh.
Es wird sicherlich niemanden überraschen, dass ich unter einer PTBS leide, seit zehn Jahren immer wieder in psychosomatischen Kliniken bin und das Gefühl habe, dass andere Menschen vor allem GEFÄHRLICH sind. Gefährlich und fremd, und dass ich niemandem vertrauen kann. Ich will das nicht allein auf diese Kuren schieben - meine Mutter hat mich jahrelang geschlagen, gedemütigt und unterdrückt. Geholfen hat es sicherlich nicht.
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M. Weber schrieb am 15.11.2023
Ich war 5 als man meinen Eltern eröffnete ich bin zu klein und dürr und müsse zur Kur ohne wenn und aber. Meine Mutter versuchte es abzuwenden.

Ich habe nur fleckenhafte Erinnerungen. Riesen Schlafsäle. Wir mussten uns alle im Gang stehend morgens mit Bürsten schrubben. Nackt. Das essen wurde uns Reingezwungen. Wassertreten durften wir dürren. Sonst nichts. Keine Bewegung.
Ich machte einmal ein und wurde ins Bad geschickt, musste unter der dusche stehen und mich und das Nachthemd säubern.

Ich habe gar nicht verstanden was ich angestellt hatte um dort zu sein. 6 Wochen als 5 jähriges Kind.

Ich kämpfe bis heute mit Verlustängsten, habe immer Alpträume meine Familie lässt mich zurück Depressionen und Angstattacken und extremes Bedürfniss es allen recht zu machen aus angst man verlässt mich. Der schlimmste Moment war als eine Karte meiner Familie aus dem Urlaub kam. Sie hätten viel Spass und hoffen ich auch.
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Anja Eitzenberger aus Flöha schrieb am 12.11.2023
Kurheim Strausberg/Brandenburg
10.5.1982 - 17.6.1982

Ich war im Alter von knapp 7 Jahren dort und habe ausschließlich negative Erinnerungen an diese für mich damals knapp 6 langen Wochen.
Da ich laut Kinderarzt zu dünn und schwach war, im Kindergarten sogar Heimweh hatte und von dort regelmäßig abgeholt werden musste, wurde meinen Eltern diese "Erholungskur" für mich empfohlen. Gelebt habe ich damals wie heute in der Chemnitzer Gegend.

Ich erinnere mich daran, wie ich viele Nächte auf einer Bodentreppe hinter verschlossener Tür im Nachthemd verbringen musste. Weil ich im Bett lag und fürchterlich Heimweh hatte und geweint habe. Am Arm wurde ich gepackt und zu dieser Treppe gezerrt.
Ich hatte durchweg Angst, dass ich nie wieder nachhause komme.

An irgendeine Mahlzeit kann ich mich absolut nicht erinnern.

Dann erinnere ich mich daran, dass wir unbekleidet auf so einem Flur stehen mussten und unseren ganzen Körper mit einer Bürste abbürsten mussten. Danach ging es zum sogenannten Wassertreten ins eiskalte Wasser.

Als ich mal ganz tapfer war und nicht im Bett geweint habe, hat ein Mädchen, was mit im Zimmer war, in die Hände geklatscht und "aua, aua" gerufen. Die "Tante" kam rein, das Mädchen sagte, ich hätte es geschlagen und schon saß ich wieder auf der Bodentreppe hinter verschlossener Tür.

Draußen im Garten schlug mir ein Mädchen mit dem Ellenbogen einen Zahn aus. Natürlich hab ich geweint und wurde auch da gleich weggesperrt.

Das einzige Schöne, an was ich mich erinnern kann, war ein Teich in der Nähe, wo wir manchmal hingelaufen sind, und die Frösche ihr Konzert gaben.

Meine Mutti sagt, dass ich danach ziemlich "moppelig" war, bitterlich geweint habe und verstört war.

Gibt es denn hier jemanden, der auch in Strausberg war?

Ich habe mittlerweile Kontakt zur Stadtverwaltung Strausberg aufgenommen und eine sehr nette Antwort erhalten, es wird versucht, Kontakt zu einer Historikerin der Stadt herzustellen. Im Stadtarchiv gibt es leider keine Infos zu dem ehemaligen Kurheim.
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Michael schrieb am 12.11.2023
Wegen Bronchitis wurde ich mit 7 und 10 Jahren im Juli jeweils für 6 Wochen nach St. Peter-Ording verschickt.

Mich beschäftigt am meisten, dass ich bis auf den Geruch von Milchsuppe und Inhalationsdampf keine konkreten Erinnerungen an die Aufenthalte habe. Mein Leben aber immer wieder Widrigkeiten aufweist, die ich mir nicht erklären kann.

2 Ansichtskarten sowie einen Brief, die ich an meine Eltern und Großeltern geschrieben habe, habe ich noch, die lesen sich so, als ob es mir gut gegangen ist.

Von meiner Mutter weiß ich, dass ich mit 7 Jahren ausschließlich schwarzwälder Dialekt sprechend an die Nordsee gefahren bin und total hochdeutsch sprechend zurückgekommen bin. Dazu bin ich wohl sehr schmutzig zurückgekommen, meine Mutter spricht davon, dass sie sich an eine schwarze Badewanne, nach einem ersten Bad zuhause, erinnert.
Auch erinnert sie sich, dass ich bei der Abfahrt am Karlsruher Bahnhof im Zug sitzend, meine Eltern nicht mehr angeschaut habe.

Seit gut 30 Jahren beschäftige ich mich bewusst mit dem Thema Verschickung, etwas in mir will wissen, was ich in den 2 x 6 Wochen erlebt habe.
Berichte über Verschickungen von anderen lösen oft Frösteln in mir aus. Ich fühle mich auf eine eigenartige Weise verbunden.

Ich war vor gut 15 Jahren am Karlsruher Bahnhof, habe mich als Erwachsener in einen Zug nach Norden gesetzt, war 2 Mal in St. Peter-Ording und habe mir das Heim Goldener Schlüssel von außen angeschaut und bin am Strand gelaufen.

Manchmal kommen in letzter Zeit einzelne Bilder hoch, wie zum Beispiel ein asphaltierter Damm.
Aber konkrete Erinnerungen gibt es bis jetzt keine. Nur Vermutungen, was die Hintergründe für das Erleben eines Teiles meines Lebens, sein könnten.

Gerne würde ich mich mit Menschen austauschen, die 1968 und 1971 in St. Peter-Ording im Goldenen Schlüssel waren. In meinen Brief von 1971 schreibe ich von einem Roland aus Heidelberg, den ich schon 1968 dort getroffen habe.
Des Weiteren schreibe ich, dass es mir hier sehr gefällt, dass das Essen nicht schlecht sei, dass wir 20 Jungen im Zimmer, Unterkunft Zwergenland, sind, ich schon viele Freunde habe, die Tanten heißen Tante Brigitte und Fräulein Bresau und dass es ein Uhr ist und wir jetzt 2 Stunden ausruhen.

Verbindende Grüße
Michael
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zeuge schrieb am 08.11.2023
das Kindersanatorium in 2337 Binz/Rügen hatte den Name "Frohe Jugend" statt "Frohe Zukunft".
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Heike Diederich aus Ebergötzen schrieb am 08.11.2023
Ich bin 67 Jahre alt.
Weil ich als Kind eine „schlechte Esserin“ war, wurde ich auf die Initiative meiner Mutter mit 9 Jahren im Winter 1965 für 6 Wochen „zur Erholung“ nach Freudenstadt geschickt. Mit dem Zug, mit einer Gruppe Kindern und einer weiblichen Aufsichtsperson. Ich habe nur einige wenige Erinnerungen daran, aber trotzdem hat dieser Aufenthalt einen Teil meines Lebens bestimmt, und das bis heute. Es war ein kalter Winter mit viel Schnee und ich habe oft gefroren. Am deutlichsten erinnere ich mich an das heftige Heimweh in der ganzen Zeit. Alles war streng reglementiert und die Schwestern/Tanten waren sehr autoritär. Es gab z. B. Linsen mit Nudeln zu essen, was ich sehr ekelig fand, jeden Tag Milch mit Haut, Erdbeerquark und Arme Ritter, bestehend aus uraltem widerlich schmeckenden Gersterbrot und obendrauf Vanillepudding. Ich esse bis heute weder Erdbeerquark noch Erdbeerjoghurt noch Erdbeermarmelade Ich erinnere mich an ein Mädchen, das sich nach dem Essen ins Waschbecken erbrochen hatte. Sie musste das dann allein sauber machen. Wir durften auch Briefe nach Hause schreiben, diese wurden aber zensiert und wenn etwas negatives über das Heim und die Zustände darin stand, nicht abgeschickt bzw. es musste geändert werden. Kurz vor Ende der Kur hieß es, das nur diejenigen nach Hause dürften, die zugenommen hatten. Die anderen sollten 2 Wochen länger bleiben. Ich erinnere mich an die furchtbare Angst, die ich davor hatte. Letzten Endes traf das dann nicht zu, aber ich bin nach der Zeit krank und abgemagert nach Hause gekommen. Ich reise bis heute nicht gern, weil ich mich manchmal innerlich noch wie ein Kleinkind fühle, mutterseelenallein und verlassen.
Auch Ängste und depressive Verstimmungen begleiten mich immer mal wieder seit vielen Jahren.
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Kathi aus Dormagen schrieb am 07.11.2023
Ich war im Sommer 1964 für sechs lange Wochen (die ganzen Schulferien über) im Haus Hamburg in Bad Sassendorf.
Jetzt habe ich ein kleines Fotomäppchen von der großen Mädchengruppe gefunden, leider ohne die dazugehörigen Fotos.
Auf der letzten Seite haben drei Betreuerinnen unterschrieben: Marianne Eberl aus München, Arnhild Sievers aus Laboe und Gertrud Kemke (ohne Ortsangabe). Wenn ich mich recht erinnere, war Frau Kemke für meine Gruppe zuständig.
Ich erinnere mich weder positiv noch negativ an diese Frauen. Es ging streng geregelt zu, aber gequält oder missbraucht haben sie uns nicht. Massiv gestört hat mich allerdings, dass man keine Privatsphäre hatte: immer unter Kontrolle, Tag und Nacht.
Genau weiß ich noch, dass wir diese Frauen mit Frau …… angesprochen und gesiezt haben.
Vielleicht erinnert sich jemand an die Namen.
Alles Gute
Kathi
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Axel Lichtenstein aus Gelsenkirchen schrieb am 06.11.2023
Da ich als Kind ein sehr schlechter Esser war, haben mich meine Eltern zur „ Kur“ während der Sommerferien in den Schwarzwald geschickt. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wie lange ich dort war. Vielleicht 4 Wochen, aber die kamen mir endlos vor. Ich erinnere mich, dass ich wohl auf Grund meines Alters in einer Gruppe von jüngeren Kindern war. Die Mehrheit der dortigen Kinder hielten sich in anderen Räumen auf. Ich wurde dort nicht körperlich misshandelt. Allerdings gab es Zwang auf eine elegantere Art. Zum Frühstück gab es Schwarzbrot mit roter Marmelade und roten Tee aus großen Alukannen. Mittags gab es Grießbrei, auf Wunsch mit einem Löffel voll roter Marmelade.
Und das, gab es jeden Tag, und es musste aufgegessen werden. Der Mittagsschlaf fand auf Sonnenliegen am Waldrand statt. Ich habe in meinem Leben noch nie einen Mittagsschlaf gemacht. Bis heute noch nicht. Also musste ich mich schlafend stellen, die Pinguine ( Ordensschwestern) haben sehr aufgepasst. Es waren die Sommerferien zwischen meinem ersten und zweiten Schuljahr, ich wollte meinen Eltern eine Postkarte schreiben, die Ordensschwestern waren mir dabei sehr behilflich und haben mir den Text vorgegeben. Ich kann mich noch daran erinnern, dass mich meine Mutter vom Bahnhof abgeholt hat und ich an dem Abend zwei Teller mit Linseneintopf gegessen habe. Das hätte ich vorher niemals gemacht. Bis heute verabscheue ich roten Tee, Grießprodukte in jeder Form und bei dem Gedanken an Schwarzbrot mit Marmelade wird mir schlecht. Später als älterer Schüler bereitete mir der Geruch von Jugendherbergstoiletten und auch Waschräumen Angstzustände, die ich mir bis heute nicht erklären kann.
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Rapunzel aus Kronau schrieb am 05.11.2023
Hallo meine Name ist Petra
ich bin nun fast 64 Jahre alt und zur Zeit bei der Aufarbeitung meiner Vergangenheit( Trauma)
ich wurde im Sommer da war ich 4 1/2 für 6 oder 8 Wochen wegen Untergewicht mit meiner größeren
Schwester am Bahnhof abgeliefert dort wurde uns gesagt das wir zur Kindererholung fahren. Alleine! Das war damals ein richtiger Schock. Dort angekommen wurde ich sofort von meiner Schwester getrennt, in einem Schlafsaal untergebracht, die Koffer wurden aussortiert und die Kleidung wurde zum Teil weggeschloßen, warum habe ich damals nicht verstanden. Im Speisesaal gab es schrecklich ecklige Sachen zu essen, ich war sehr empfindlich und konnte unter Zwang nicht essen ich ekelte mich vor vielen Sachen und erbrach mich in den Teller. Ich musste solange sitzen und das Essen mit dem Erbrochenen essen, machmal bin ich vor Erschöpfung am Tisch eingeschlafen, ich wurde wach gerüttelt und wurde gezwungen den Teller leer zu essen, wenn das Essen wieder hoch kam bekam man den Mund und die Nase zugehalten bis man alles wieder schluckte, nur um wieder Luft zu bekommen. Im anderen Speisesaal saßen die Nonnen und speisten leckere Sachen wir konnte es bei uns im Speisesaal riechen freuten uns machmal - endlich was leckeres- aber nein nicht für uns Kinder
An machen Tagen war es so schlimm das wir gegearte Kartoffelschalen essen mussten. Einmal wurde ich sehr krank und wurde in ein Zimmer unter das Dach gebracht hier wurden mir alle Kleider und die Unterwäsche weggenommen, nur der Schlafanzug blieb mir, den trug ich Tag und Nacht ich war alleine, wurde eingeschloßen auch meinen liebsten Teddy nahmen sie mir weg. 3 mal am Tag für einige Minuten kam einer der Nonnen und brachte mir Essen und Tee, kein liebes Wort nur geschnautze wenn der Teller nicht leer war.Nach gefühlten Wochen durfte ich dann wieder in den Schlafsaal, aber alles war anderst für mich ich konnte mit den Kinder nicht mehr reden es war als hätte ich meine Sprache verloren, ich war verängstigt und mutlos. Ich dachte ich sehe meine Eltern und die Oma nicht mehr.Irgend wann hatte einer der Nonnen erbarmen und gab mir den Teddy zurück, das war der schönste Tag. Im Speisesaal zurück wurde ich nun öffendlich vor den Kinder gehänselt und ich bekam noch schlimmer Sachen zu essen, da die Nonnen dachten ich bin ausgehungert und ich müsste nun unbedingt zunehmen, das war ja der eigenliche Sinn dieser Kur
Leider wurde ich immer schwächer und dünner so das die Nonnen sich immer grausamere Strafen ausdachten haare ziehen, kalt abduschen, Haare schneiden, keine frische Unterwäsche ausgeben, stundenlang in der Ecke stehen, und Beten, nachts wurde ich aufgeweckt, einfach nur piesaken, Die Nonnen haben nicht alle Kinder gequält, sie suchten sich nur die schwachen Kinder aus, da ich sehr großes Heimweh hatte und immer weinte war ich offenbar das perfekte Opfer für die sardistischen Spiele. Ich habe heute noch das Gefühl das man mir Beruhgungsmedikamente oder ähnliches gegeben hat, da ich in meinen Träume noch einiges im Nebel sehe, es aber nicht zuordnen kann. In der Hoffnung alles ein bischen besser zuverarbeiten schreibe ich in das Forum.
Ich danke euch falls sich zu meinem erlebten jemand meldet.
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Gabriele Bornschein aus Schkopau Ot Ermlitz schrieb am 05.11.2023
Du meine Güte, als ich diese "Erinnerungen" gelesen hatte, war ich entsetzt und fühlte mich zurückversetzt. Kann diese Erfahrungen keineswegs teilen. Ich bin Jahrgang 1950, kam im Jan./Febr. 1965 ins Kindersanatorium "Charlottenhall", wegen starker Atemwegserkrankung. Sicher ging es vielen Kindern so, die aus dem ehemaligen Chemiebezirk Halle stammten und wissen was ich meine. Die Behandlungen waren überaus hilfreich, die Erzieherinnen und medizinischen Kräfte waren freundlich und kompetent. Am Essen und kulturellen Ablenkungen finde ich auch keine negativen Erinnerungen. Im Gegenteil, es war Winter und bei der Faschingsfeier war ich die Prinzessin, das machte viel Spaß. Schade nur, dass mein Prinz einen ganzen Kopf kleiner war als ich. Jeden Morgen wurden im Treppenhaus abwechselnd Kinder eingeteilt, die ein Lied sangen, um alle Kinder zu wecken und auf den Tag einzustimmen. Den Text und Melodie kenne ich immer noch und sang es meiner Enkelin heute noch vor. Sicher war es für die Kleinsten schwerer, hatten Heimweh und wurden von uns Größeren in Art Patenschaft mit betreut. Möglicherweise sieht es inzwischen räumlich ganz anders aus. Zu meiner Zeit gab es 4 Schlafsäle, je 2 auf einer Etage, die mit gemeinsamem Bad verbunden waren. Aufregend war es, als die Erzieher außerhalb des Hauses zu einer Feier waren und durch uns Größere auf unserer Etage Einbrecher gestellt wurden und die Polizei kam. An Strichlisten für gutes oder schlechtes Benehmen kann ich mich absolut nicht erinnern, auch nicht über derartige Bestrafungen, wie sie hier geschildert worden sind. Eines allerdings kann ich auch bis heute nicht, mir irgendwas in die Nase stecken lassen, denn diese Spülungen mit Solewasser waren tatsächlich ekelig, aber wohl als medizinische Maßnahme erforderlich. Mein Ziel ist es, das Heim irgendwann nochmal aufzusuchen. Ich hoffe, es klappt auch, denn dort hatte ich mich sehr wohl gefühlt und wollte das hier als meine Erinnerung beitragen.
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Stefanie aus Berlin schrieb am 31.10.2023
Ich war als 6-jährige für 8 Wochen im Herbst 1965 im Heim “Kinderkurheim Irmgard Remé und Herzland Riese” in Wyk auf Föhr.

Wir durften nur drei mal am Tag zu bestimmten Zeiten zur Toilette gehen. Da ich aber während des erzwungenen Mittagsschlafes mal musste schlich ich mich raus, um auf Klo zu gehen. Als ich sah, dass eine der Tanten vor den Toiletten Wache stand, lief ich schnell zurück, sprang ins Bett und stellte mich schlafend. Da die Tür hinter mir ins Schloss fiel, stand die Tante sofort im Zimmer und fragte, wer denn eben aufgestanden war. Darauf waren plötzlich alle Kinder hellwach und zeigten auf mich. Ich wurde aus dem Bett geholt, wurde auf den nackten Po geschlagen und in das Bett der Tante gesteckt, dass ich dann voll pinkelte, da ich nicht mehr anhalten konnte. Daraufhin gab es wieder Schläge. Ein anderes Mal, während einer Wanderung, musste ich auch so dringend, dass ich mich auf den Wanderweg gelegt hatte und verzweifelt auf meiner Blase rumgedrückt habe um nicht in die Hose zu pinkeln. Das war sehr schmerzhaft. Letztlich hab ich dann doch in die Hose pinkeln müssen und bekam wieder Schläge.

Ein höchstens 3-jähriger Junge wurde vor uns allen im Waschraum ganz heftig geschlagen, nachdem er in die Hose gekackt hatte.

Nachdem ich viele der Berichte hier, anderer "Kinder" gelesen habe kam die Erinnerung hoch, dass wir ständig ruhig sein mussten, nicht reden durften, egal wo und wann.

Ich kann mich auch nicht daran erinnern, je gelacht zu haben. Ganz im Gegenteil weiss ich noch, dass ich ganz viel geweint habe und damit ständig geärgert wurde, von wegen "Heulsuse". Auch kann ich mich nicht daran erinnern mit anderen Kindern Kontakt gehabt, oder gespielt zu haben.

Morgens gab es immer ganz ekligen Haferschleim, den ich zuerst nicht essen wollte. Da ich aber jedes Mal, wenn ich weinte und aufhörte zu essen nicht nur diesen Teller aufessen musste, sondern dann noch einen weiteren (ob es sich dabei um Erbrochenes handelte, kann und möchte ich nicht erinnern), egal wie lange ich dafür brauchte, hab ich dann lieber gleich den einen Teller mir reingezwungen.

Auch erinnere ich mich daran, dass wir einmal die Woche zum Nägelschneiden in langen Reihen in Unterwäsche vor unserem Schlafsaal stehen mussten. Es war schrecklich kalt und nicht selten wurde einem sehr schmerzhaft ins Nagelbett geschnitten, da die Nägel immer extrem kurz geschnitten wurden.

Irgendwie kam ich in den Besitz einer Postkarte (ich glaube, ich habe sie im Vorbeigehen auf einem Ständer geklaut) um meinen Eltern zu schreiben, dass sie mich bitte sofort abholen müssen. Da ich aber noch nicht schreiben konnte, ich ging noch nicht zur Schule, hab ich sie an "Mami und Papi" adressiert und den Text jeweils mit dem Anfangsbuchstaben abgekürzt. Also etwa: h. i. e. s. h. m. b. a. i. w. n .h. Dann hab ich sie in einen Briefkasten geschmissen.

Zum Ende hin war ich so verzweifelt, dass ich ernsthaft lange und immer wieder über einem Plan grübelte, wie ich abhauen konnte. Ich wollte Feuer legen und das ganze Heim abfackeln. Ich dachte, so würde es nicht auffallen, wenn ich verschwinden würde um mich auf einem Boot oder Schiff zu verstecken. Hauptsache weg, egal wohin.

Ich war auch eine ganze Weile sehr krank, hatte hohes Fieber, lag in meinem Bett, bekam einmal am Tag irgend einen Saft und war ansonsten völlig allein.

Von meinen Eltern weiss ich, dass sie mich wiederholt versuchten zu sprechen, was aber mit irgendwelchen Ausreden, von wegen "ich sei nicht da, grade auf einem Ausflug etc. verhindert wurde. Auch schrieben mir meine Eltern jeden Tag eine Karte, von denen ich höchstens ein Bruchteil vorgelesen und ausgehändigt bekam.

Ursprünglich sollte ich "nur" 6 Wochen bleiben, aber die Heimleiterinnen überredeten meine Eltern noch 2 Wochen zu verlängern, weil mir der Aufenthalt so gut täte.

Als mich dann meine Eltern abholten waren sie geschockt, wie dick ich geworden war. Ich stürzte mich in ihre Arme und konnte gar nicht mehr aufhören zu weinen.

Nach ca. 2 Wochen bekamen meine Eltern von dem Heim einen Brief, dass ich jederzeit wieder gern willkommen sei. Mein Vater machte daraufhin einen "Scherz", dass sie mich ja nächstes Jahr wieder dorthin schicken könnten, woraufhin ich schreiend ins Badezimmer stürzte, mich einschloss und erst nach sehr langer Zeit mich überreden ließ die Tür wieder aufzuschließen und rauszukommen. Ich glaube, dass war der Moment, wo meine Eltern erst verstanden, wie schrecklich der Aufenthalt für mich war. Erzählt habe ich, glaube ich, so gut wie nichts.

Inwieweit dieses frühkindliche Trauma Ursache für meine bis heute andauernde Depression, mein Minderwertigkeitsgefühl und meine Angststörungen verantwortlich ist, kann ich nicht sagen. Da sich aber diese Symptome bei ganz vielen von uns äußern, gehe ich mal davon aus, dass es enorme Einflüsse auf mein weiteres Leben hatte.
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Sabine Homann aus Lippstadt schrieb am 30.10.2023
Ich habe dort furchtbare Misshandlung und Gewalt erfahren! Wurde über TK dorthin verschickt! Erbrochenes musste gegessen werden, man hat mehrere Stunden beim Essen gesessen bis der Teller leer war! Schlafen mit Gesicht zur Wand sonst gab es Schläge! Elternbriefe, ich konnte nicht mit 5 Jahren nicht schreiben, waren Fake News! Päckchen, auch zum Geburtstag wurden an alle Kinder verteilt! Ich habe einige Jahre später eine Kollegin getroffen, die dieses Martyrium ebenfalls erlebt hat, leider hat uns ja nie jemand geglaubt!
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Jana Uhlmann aus Obersulm schrieb am 30.10.2023
Ja, was ist zu schreiben, es ist ein wenig wie etwas öffnen, was lieber verschlossen bleiben sollte. Da ich aber nun eh an der professionellen Aufarbeitung der Ursprünge von meiner Angststörung bin, ist es an der Zeit. Ich kann mich bewusst nicht an sehr viel erinnern, schlechtes wird halt eher 'überschrieben'. An einiges aber umso mehr. Täglicher Essenszwang. Nicht nur der Zwang etwas zu essen, sondern aufzuessen, kein Rest durfte auf dem Teller bleiben. Und die Menge des Essens durfte natürlich nicht selbst bestimmt werden. Bei mir ist dir Erinnerung ein Brot mit Blutwurst. Ich habe mich geweigert, das zu essen. Ich weiß nicht, wie lange ich alleine mit den Aufsehern (Erzieher kann man es nicht nennen) im Speisesaal sitzen musste. Es gab verbale Drohungen, dass die Eltern dafür bestraft werden, bis dass ich länger dort bleiben muss. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob mir das Brot in den Mund geschoben wurde, nur dass ich mich danach mehrmals übergeben musste. Bestrafungen wie, keine Filme am Wochende(war das einzige Highlight), keine Briefe von den Eltern usw..Ich habe bisher noch nie mit jemanden darüber geredet.
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Uwe aus Düsseldorf schrieb am 29.10.2023
Meine Eltern verschickten mich 1957 im Alter von 12 Jahren nach Murnau am Staffelsee um den anstehenden Umzug innerhalb von Düsseldorf in eine neue Wohnung ungestört organisieren zu können. Ich kann mich - wie Gabriele aus Lüdenscheid - an großes Heimweh erinnern. Im Gegensatz zu einer Verschickung 4 Jahre zuvor mit meinem 4 Jahre älteren Bruder nach Bad Kreuznach habe ich den Aufenthalt in Murnau, abgesehen vom Heimweh, nicht in schlimmer Erinnerung. Ich weiß noch, dass ich im dem katholisch geprägten Heim bei einem Gottesdienst morgens auf nüchternen Magen umgekippt bin. Eine junge Betreuerin kümmerte sich um mich. Sie hatte sich bemüht, uns den Aufenthalt abwechslungsreich zu gestalten. Im Nachhinein glaube ich, dass ich dort mich zum ersten mal verliebt habe.
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Sylvia aus Karlsruhe schrieb am 29.10.2023
Ich wurde kurz vor meiner Einschlung vom Kinderarzt für 6 Wochen nach Bad Dürrheim geschickt (Kindersolebad oder Luisenklinik) wegen meiner anhaltenden bronchialen Infekte (1979). Es existiert noch ein Gruppenfoto aus dieser Zeit, auf der mehrere Kinder zu sehen sind. Es zeigt den Eingang der Luisenklinik. Ich weiß noch, dass meine Eltern (meine Mutter ging zur gleichen Zeit in Kur, aber woanders hin) mich laut Aussage einer der Schwestern (alles Nonnen) mich ohne Verabschiedung verlassen sollten. Das sei besser so. Ich durfte aus einem Fenster ganz oben im Gebäude schauen und habe mir gewünscht, dass sie sich umdrehen würden, was natürlich nicht geschah. Zwei Erinnerungen prägen mich bis heute (vielleicht erinnert sich ebenfalls jemand daran):
Ich wurde im Anschluss in eine Art "Aufenthaltsraum" geführt. Eine steile Treppe führte in diesen Raum. Die Fenster dort gingen bis zum Boden und wenn man raus sah, gab es eine Wiese und einen großen Baum. An einem Abend saß ich dort auf dem Boden, ein schweres Gewitter zog auf und ein Blitz traf diesen Baum.
Eine weitere Erinnerung ist, dass ein Mädchen seine langen braunen Haare abrasiert bekam, weil sie angeblich Läuse hatte. Wir saßen alle beim Essen. Das Mädchen wurde als letztes reingeschickt und musste den Raum alleine komplett durchqueren, so dass jeder sie so sehen konnte. Ich fand das sehr demütigend.
Wir gingen zweimal pro Woche in einen weiß gekachelten Raum zur Inhalation. Fast jeden Tag im Wald spazieren. Ich freundete mich mit einem der anderen Mädchen dort an. Sie hieß Claudia.
Ich erinnere mich noch, dass wir oft in Richtung Waschraum gingen, um Quatsch zu machen. Die Schwestern zogen uns an den Ohren und drohten, dass wir die Seife essen müssten, wenn das so weiter ginge. Ich war in der Zeit krank und musste einige Tage im Bett verbringen. Warum weiß ich allerdings nicht mehr. Ich hatte viel Heimweh, was allerdings keinen interessierte. Dass ich lange Zeit danach noch massive Trennungsängste hatte führe ich heute auf diesen Aufenthalt zurück. Das sind alles nur Bruchstücke, aber vielleicht war jemand zur gleichen Zeit dort.
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petra sunner aus St. John's schrieb am 28.10.2023
ich wuchs auf in einem 2000 einwohner ort an der Mosel, geboren 1956. zweimal bin ich in einem kinderheim gewesen: in freudenstadt und borkum. leider weiss ich sonst keine weiteren Details. Ich erinnere mich negativ nur an das Heimweh. Von Borkum erinnere ich etwas was ich als fies empfand, und da ich es erinnere vermute ich es traf mich im 'innersten'...warum jedoch weiss ich nicht: meine Mutter schickte mir ein paket mit meinen liebsten suessikeiten, dabei war auch eine (wie mir ershien, oder im nachhinein so erscheint) grosse tuete lakritz. Diese(aber vielleicht alles im paket, ich weiss es nicht mehr), wurde mir weggenommen, und es hiess: wird geteilt. (was ja auch irgendwie richtig waere). An Gutem erinnere ich das fuer mich damals neue leckere fruehstueck: haferflocken mit milch und banana. Und auch an ein klein wenig Schabernack den wir betrieben, wie zb. nachts in ein anderes schlafzimmer schleichen, ....Ich hatte also auch spass.
Wenn es leute gibt die auch auf borkum waren, dann koennten die mir vielleicht sagen....habe ich etwas absolut verdraengt was dort geschah? oder habt ihr auch eher positive erinnerungen? Fuer freudenstadt erinnere ich ausser dem heimweh gar nichts.
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Nicole aus Bielefeld/ Zinnowitz schrieb am 27.10.2023
Ich bin mir nicht im Klaren,ob es damals ein Verschickungsheim war, ich weiß aber,dass ich laut meiner Mutter mit meiner Schwester dort zur "Abhärtung" war- und wegen Bettnässen. Laut einem später entdeckten Bericht waren wir wohl auch aus psychologischen Gründen dort, meine Mutter war alleinerziehend, unser Vater war Alkoholiker,es herrschte trotz der Trennung viel Gewalt. Zusammen mit uns beiden war auch ein Mädchen aus meiner Kindergartengruppe dabei, wir waren 5 Jahre alt, meine Schwester 3; insgesamt waren wir für 6 Wochen dort.
Ich kann mich daran erinnern,daß wir am Bielefelder Bahnhof sehr früh losgefahren sind,die Erzieher erzählten uns von den Schlafwagen,die es wohl auch im Zug gab. Es war für mich ein kleines Abenteuer, letztendlich wusste ich auch nicht wirklich,warum ich dort war.
Im Kurheim selbst kamen meine Schwester, meine Freundin und ich auf ein gemeinsames Zimmer, die Betten waren große, weiße Metalldinger auf Rollen.
Vieles damals habe ich nicht als Gewalt empfunden, aber als Quälerei.
Ich wurde Nachts geweckt und ausgeschimpft, weil mein Bett nass war,konnte nicht erklären,warum es nass war,hab es ja nicht mal bemerkt.Die Erzieherin moserte, weil sie mein Bett ständig neu machen musste.Ich selber hatte immer ein schlechtes Gewissen und gehofft,daß die anderen Kinder das nicht mitbekommen..Wenn wir morgens in Gruppen zum Frühstück gingen und das nasse Bettzeug vor den Zimmern lag, meinte die Erzieherin, das das nur Babys machen und wir ja alle groß genug wären,um auf die Toilette zu gehen.Jedes mal betete ich,daß keines von den anderen Kindern wusste,daß ich dort schlief.
Wir jüngeren Kinder bekamen auch oft zu hören,dass die Älteren ihr Bett alleine machen können, sowas gehört sich einfach...
Als ich krank wurde mit hohem Fieber kam ich auf ein Einzelzimmer.Ich weiß davon nicht mehr sehr viel,es müssen aber mehrere Tage gewesen sein, denn irgendwann standen meine Schwester mit meiner Kindergartenfreundin und einem anderen Mädel in dem Raum und sagten,sie wollten gucken,ob ich noch lebe. Eine Erzieherin kam und hat die 3 ausgeschimpft, weil sie mich verbotenerweise gesucht hatten.
Die langen Spaziergänge im tiefen Schnee waren herrlich, sowas kannte ich ja nicht,aber irgendwann bekam ich schlimme Knieschmerzen.Doch ich musste immer weiter laufen,jedes Mal aufs Neue. Heute weiß ich: schon damals bin ich zu schnell gewachsen und mein Knorpel saß nicht richtig an der Kniescheibe, die Probleme hab ich selbst noch im Erwachsenenalter.
Ich war immer ein Kind,was viel lachte, ich weiß, das ich damals aus dem Essensraum verwiesen wurde,weil ein anderes Kind beim Essen eingeschlafen ist und ich das sehr lustig fand.
Den Spaß ließ ich mir nie nehmen,doch wirklich Panik bekam ich einmal sehr deutlich: ich bin von dem Bett mit dem hohen Gitter an den Enden rückwärts in mein Bett gerollt.Das wiederholte ich ganz oft, weil es einfach Spaß machte.Das sag eine Erzieherin und schimpfte mich laut aus,ich könnte mir den Hals brechen.Das habe ich nicht verstanden,es hatte doch Spaß gemacht.Die Erzieherin schimpfte noch mehr,was ich einfach nicht einsehen konnte.Daraufhin drohte sie mir,ich werde Keller schlafen wenn ich nicht aufhöre. Das überhöhte ich und sie machte die Rollen vom Bett los und schob mich in den Flur. Daraufhin bekam ich Angst und rief nein,ich bin ja schon still umd sie rollte mich wieder rein.
Einmal mussten wir zum Baden,alle hintereinander, und wir wurden in der Schlange stehend angeschaut.Das Mädchen vor mir wurde lauthals angeschrien, weil sie an den Fingernägeln knabberte,sie wurde fertig gemacht,das das nur schlimme Kinder machen und war sauer,das ihr das Kind keinen Grund dafür nennen konnte. Ich hatte Angst,weil ich das auch tat und verbarg meine Finger vor ihr,als ich an der Reihe war... die Erzieherin machte die Hände von mir auf,sah meine abgekauten Nägel und schaute mich entsetzt an.Aber Die Schimpfe blieb aus,was mich sehr froh machte.
Mehrmals wurde ich Nachts geweckt,damit bei mir rektal Fieber gemessen wurde. Ich empfand das immer als schmerzhaft.Einmal tat das sehr dolle weh,ich spürte Splitter und die Erzieherin war sehr erschrocken und fragte sich laut,wieso das Thermometer zerbrochen ist. Da bekam ich auch mal liebe Worte zu hören,das das mal passieren kann und mir nichts passiert ist,ich soll einfach schlafen und am nächsten Tag sind die Schmerzen weg.
Vor ein paar Jahren habe ich nach Unterlagen aus der Zeit in der Klinik angefragt,weil ich gerne wissen wollte,warum ich wirklich dort war... denn das Bettnässen hörte zwar auf,trotzdem bin ich immer noch oft krank geworden und ich kam sogar mit noch weniger Gewicht aus der Klinik raus,als ich eingewiesen wurde.Leider existieren aus der Zeit wohl keine mehr.
Heute ist die Kinderkurklinik für Kinder mit Essstörungen und wohl auch sehr erfolgreich,aber wofür war sie damals,Ende der 80er gedacht?
Wenn ich die Berichte lese,kann ich mich glücklich schätzen, nicht Schlimmeres erlebt zu haben, aber die Angst vor Kellern ist mir bis heute geblieben, auch die abwertenden Blicke und Kommentare der Erzieherinnen.
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Martin Thoms geb.Säwert aus Erfurt schrieb am 25.10.2023
Ich bin Jahrgang 60. Meine Heimatstadt war Zeitz und die Kopfsteinpflasterritzen waren mit Kohlestaub gefüllt. Ich hatte oft Atemwegserkrankungen und war aus diesem Grund zur Kur. Mit der Kureinrichtung bin ich mir nicht sicher. Das Erinnern fällt mir schwer. Trockenbürsten und Wasserschlauch (kalt?) ist noch in einem Winkel meines Körpers abgespeichert...
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Vera Nitschke aus Wennigsen schrieb am 25.10.2023
Ich bin Jahrgang 1960 und kam auf Anraten des Kinderarztes, weil ich zu dünn war, zur Verschickung nach Wyk auf Föhr. Es waren traumatische 6 Wochen mit unendlichem Heimweh. Am schlimmsten war das Essen, der Essenzwang und das Wiegen jeden Montag. Dann mussten vorgeschriebene Briefe abgeschrieben werden, in denen natürlich stand, dass es uns gut geht und alles wunderbar ist. Privates Schreiben war verboten. Das Gelände war weitläufig mit viel Baumbestand und die Kinder waren gruppenweise in kleinen flachen Gebäuden untergebracht. Zum Essen ging es in das "Schwedenhaus", schön in Zweierreihen. Das Schlimmste war, dass ich immer sehr langsam gegessen habe und wenig, in dieser Situation natürlich besonders. Die Aufseherin ließ dann den ganzen Saal Spottlieder auf mich singen, so etwas wie "Bummelletzer". Ich fühlte mich sehr gedemütigt. Natürlich habe ich während der ganzen Zeit kein Gramm zugenommen, sondern kam in einem kranken, noch dünneren und desolaten Zustand zuhause wieder an. Meiner Schwester blieb das dann zum Glück nach diesen Erfahrungen erspart.
Meine Frage: Wer kann mir helfen, den Namen des Heims herauszufinden? Leider habe ich keine weiteren Anhaltspunkte als diese Erinnerungen. Ich wäre sehr dankbar, wenn ich wüsste, wie das Heim hieß, um nach Föhr fahren zu können und Spuren zu suchen.
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Susanne aus Duisburg schrieb am 24.10.2023
Hallo zusammen,
auch ich bin wohl ein
" Verschickungskind",auch wenn ich es nie so ausgedrückt habe.Ich war mit meiner Zwillingsschwester ca. 1965,da 4-jährig, zur Kindererholung.Wer der Träger war,weiß ich nicht.Ich fühlte mich garnicht krank oder sowas,allerdings war die Scheidung der Eltern vorausgegangen.Ich freute mich auf dieses Abenteuer,war ganz aufgeregt und die Vorstellung ans Meer zu fahren gefiel mir.Zu den Vorbereitungen gehörte neben Koffer packen auch das einnähen von Namensschildchen in JEDEM Kleidungsstück.Das fand ich schon spannend...unser Lieblingsstofftier kam mit ins Gepäck.Auch gut!
Der Tag der Abreise kam...und ab da war gar nichts mehr so schön wie ich es mir vorgestellt hatte.
Mit der Zugfahrt im Dunkeln fing das 6-wöchige Drama unserer Kindererholung schon an.Die so aufgeregten Kinder wurden auf die Abteile verteilt und angehalten uns hinzulegen und den Mund zu halten.Na DAS sage man mal aufgeregten Kindern,die ans Meer fahren... Natürlich wurde in den Abteilen gekichert,gelacht und gequikst...eine Betreuerin kam und drohte das 1. Mal,wir sollten schlafen und ruhig sein!Ich habe mich sehr bemüht und wollte der Anweisung auch folgen,nur schlafen konnte ich nicht...Es war immer noch laut in unserem Abteil,die Betreuerin kam erneut,rupfte mich aus der Schlafstätte,zog mich am Arm hinaus,quetschte mich in den engen Gang und meinte,ich müsse jetzt eben den Rest der Fahrt stehend im Flur verbringen...ich durfte mich nicht auf diese ausklappbaren Sitze setzen...ich fühlte mich ungerecht behandelt,sie hat ja einfach mich aus dem Bett gezogen und garnicht geguckt,wer eigentlich noch geredet hat...Nuja,so stand ich halt im dunklen,kalten Zugabteil und die Fahrt war noch seeeehr lang.
Angekommen in Sylt- und nun waren fast alle wirklich müde- ging es in Zweierreihen durch die dunkle Nacht marschierend ins Kinderheim,wo wir von einem heißen Getränk empfangen wurden.Es roch wie Brühe in Plastikbechern...ich fand,es stank...Wir sollten es Austrinken und danach wurden wir auf die Zimmer verteilt.
Insgesamt ging es wochenlang in einem SEHR lieblosen,strengen,bis übergriffigem Verhalten durch die Nonnen so weiter...
Wir waren 4 Jahre alt,gehörten zu den " Kleinen" und mussten beim Essen noch Lätzchen tragen( ich fühlte mich schon viel zu groß für Letzchen).Wir mussten aufessen,da gab es kein Pardon,und wir mussten solange am Tisch sitzen bleiben,bis wir aufgegessen hatten.Reden am Tisch war nicht erlaubt.An einem anderen Tisch war ein noch kleineres Mädchen...sie hat so sehr geweint,daß sie nicht essen konnte,da wurde sie auf den Schoss genommen und gefüttert,aber die arme Kleine schluchzte und weinte immer mehr,und erbrach sich in den Teller...die Nonne rührte das Erbrochene unter und schob es der Kleinen weiter rein,die Kleine erbrach sich immer wieder und immer wieder wurde es untergerührt...ich war sehr schockiert,das mitanzusehen.
Ich selbst musste mal lange am Tisch sitzen bleiben,weil ich den Nachtisch nicht essen wollte. Und ein anderes Mal wurde ich in eine,am Speisesaal angrenzende Kammer gesperrt,weil ich am Tisch geredet habe.
Die Kleinen mussten Mittagschlaf halten,also hieß es auch für mich bei schönstem Sonnenschein still und bewegungslos unter dicken Federbetten zu liegen.Man durfte nichtmal die Augen offen haben...eine Nonne kontrollierte das...so schlich sie sich an,beugte sich über mich,sah meine geöffneten Augen und gab mir ohne Vorwarnung einen Schlag ins Gesicht" Augen zu"! war alles,was sie drohte...
Jeden Morgen mussten wir auf dem langen Balkon Gymnastikübungen machen,den Hampelmann,den Gänsemarsch auf dem laaangen Balkon.
Morgens zum Waschraum: wir standen bis auf Unterhose bekleidet in Reihe und Glied an der Wand und marschierten geordnet in den Waschraum,wo wir geordnet an den Waschbecken Zähne putzen und Gesicht wuschen...( wir hatten extra leckere Erdbeerzahncreme mitbekommen,die haben wir lieber gegessen,als sich die Zähne damit zu putzen).
Es kam Nikolaus,es kam unser 5.Geburtstag,es kam Weihnachten und es kam Sylvester...diese blöde Kinderkur wollte einfach kein Ende nehmen.
Zu unserem Geburtstag bekamen wir ein Paket geschickt,was haben wir uns gefreut...das Stofftier daraus durften wir behalten,die leckeren Süßigkeiten nicht- UNSER Paket wurde hoch oben auf den Schrank gestellt und jeden Tag daraus die Süßigkeiten an alle Kinder verteilt.
Ich fand's gemein!Es war UNSERES!
Zwischenzeitlich sollten wir unseren Eltern dann mal einen Brief schreiben...da wir noch nicht schreiben konnten,wurden wir von den Nonnen gefragt,was wir denn schreiben wollen..." hier ist es nicht schön,wir wollen nach Hause...!" Die Nonne meinte: " NEIN NEIN,SOOOWAS SCHREIBEN WIR NICHT!! Wir schreiben lieber: uns gefällt es gut,alle sind freundlich und lieb...und genau DAS kam dann bei den Eltern an.
Die Adventzeit kam und im Beschäftigungsraum hing ein Adventkalender mit vielen kleinen Säckchen von der Decke...jeden Tag durfte ein Kind,welches sich besonders gut benahm ein Säckchen abschneiden.....die,die sich angeblich nicht so gut benahmen,wie Nonnen sich das vorstellen gingen leider leer aus...ich leider auch,und ich hatte mich doch soooo bemüht.
Ich weiss nicht,warum ich ständig in dunkle Kammern gesperrt wurde,im Flur im Dunkeln an der Wand stand oder auch die ein oder andere Ohrfeige kassierte oder den Klaps auf den Po....keine Ahnung...
Es gab 1 Besuchstag für Eltern,alles Gebastelte kam auf lange Tische,die Stimmung war brennend aufgeregt,die Kinder standen fast Kopf vor Freude.Alle Zimmer,jede Nonne,jedes Kind wurde auf Hochglanz poliert und alle und alles zeigte sich plötzlich von seiner allerbesten Seite.Die Nonnen konnten LÄCHELN,wirklich! Das hatten wir bis dahin nicht gesehen.
Leider kam für uns keiner....da war ich echt unglücklich.
Ich kann mich an 1 einzigen Strandbesuch erinnern,endlich das Meer sehen und Muscheln sammeln,dafür hatten wir sogar ein Eimerchen bekommen.Ansonsten lief der Strandbesuch ab,wie alles andere: in Reihe und Glied,nicht trödeln,weitergehen,Beeilung,dranbleiben,gehorchen,und die schönen Muscheln am Strand zurücklassen...
Wir waren noch zu klein um aufzubegehren,waren ja noch nicht mal in der Lage uns richtig und ordentlich anzuziehen.Auf einem Foto dieser Kur stehen wir in fleckigem Pulli ,mit Latzhose,dessen Träger runterhängt vor Nikolaus...
Als Erwachsene sagte ich immer,wir sind aus der Kur kränker zurückgekommen,als hingeschickt.
Ich habe diese Kur nie als so schädigend oder gar traumatisch gehalten,aber öfter über diese " elendige,schreckliche Kinderkur" geredet.
Insgesamt war ich der Meinung,Nuja,die Zeit war halt so...unbarmherzig,hart,lieblos bis brutal...schwarze Pädagogik der Nachkriegszeit....
Ich fand die Zeit dort im Kindererholungsheim schrecklich,das ist alles,was davon übrig blieb...
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Jörg Fischer aus Langenfeld schrieb am 24.10.2023
Ich war in Schönau auf dem Ponyhof und war noch 5 Jahre alt.
Ich kann mich nur an Bruchstücke erinnern.
Der Aufenthalt war in der Adventszeit. Wir hatten einen Besuch der Krampusse, was für uns kleine Kinder sehr gruselig war. Das Lied "Es ist für uns eine Zeit angekommen" macht mich immer traurig, ohne dass ich weiß warum.
Der Duft von Zigarettenrauch und Instantkaffee erinnert mich direkt an die Zeit. Den großen Gemeinschaftsraum mit dem Kachelofen.
An den Schlafraum kann ich mich nur schwach erinnern. Ich musste aber auch mindestens eine Nacht auf dem Flur stehen.
Ich erinnere mich an den Königssee und an Wanderungen durch den Schnee.
Ich bin auch mal krank gewesen und konnte deshalb nicht nach draußen. Ich haben dann drinnen gespielt. Mit grünen Plastiksoldaten.
An einen Nachmittag mit Zauberer kann ich mich noch erinnern.
Auf der Zugfahrt zurück nach Ahlen/Westfalen ist, glaube ich, mein Marienkäfer Portemonnaie verlorengegangen. Es war weg.
Ich hatte mal die Adresse des jetzigen Besitzers herausgefunden und versucht, etwas über die weitere Geschichte zu erfahren. Er war sehr unfreundlich wegen des Anrufs. Vielleicht war ich nicht der erste Anrufer.
Ich habe auch ein paar persönliche Probleme und weiß nicht, ob das etwas mit dem Aufenthalt zu tun hat.
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Heike aus Köln schrieb am 24.10.2023
Ich bin 1977 mit 6 Jahren nach Adenau zur sogenannten Kur geschickt worden.
ICH dem Kindergarten und bevor ich eingeschult werden sollte, sollte ich zur Kur. Ich weiß noch das ich gar nicht von zuhause weg wollte. Ich bin die jüngste von 4 Geschwister, aber die einzige die zur Kur sollte. Ich verstehe eigentlich bis heute nicht warum ich dorthin musste. Für mich war es die Hölle. Heimweh ohne Ende .
Ich kann mich erinnern das in meine Kleidung Namensschilder gebügelt wurde. Und das wir mit vielen Kindern in einem Bus nach Adenau gefahren worden sind. Ich meine mich zu erinnern bei Ankunft wurden uns die Stofftiere und Süßigkeiten abgenommen die wir von zuhause mitgebracht hatten. Bei den Süßigkeiten hiess es das wir es mit allen teilen müssen. Kann mich aber nicht erinnern das wir jemals was süßes bekamen.
Im Speiseraum musste ich an den Diät Tisch. Obwohl ich eigentlich nicht Dick war. Wir am Diät Tisch bekamen wenig zu Essen. Ich weiß das ich immer Hunger hatte . Wir mussten zusehen wie die anderen viel zu essen bekamen. Nachts durften wir nicht auf Toilette, da ich aber nachts musste wollte ich heimlich schnell aufs Klo, bin erwischt worden und bekam mächtig Ärger und durfte nicht auf Klo. Somit machte ich dann ins Bett. Musste mein Bett in der Nacht noch abziehen und im Keller in die Wäschekammer bringen. Durfte mich nicht mehr hinlegen um zu Schlafen. Morgens beim Frühstück musste ich mich vor die Gruppe stellen und sagen " Ich bin ein Bettnässer"
Zur Bestrafung durfte ich an dem Tag nicht mit den anderen draußen im Garten spielen. Musste unter Beobachtung im Zimmer bleiben. Durfte auch nicht sprechen. Ich weiss noch das wir Postkarten für die Eltern schreiben sollten. Diese wurden aber kontrolliert, es durften nur positive Dinge drin stehen, negative Postkarten wurden zerrissen.
ICH hatte wahnsinniges Heimweh und für mich war es die Hölle. Als ich endlich wieder zuhause war, hab ich erstmal alles gegessen was ich in die Hände bekam. Ich erinnere mich auch, als meine Mutter mich am Bus abgeholt hat, das sie zu mir sagte... mein gott was hast du abgenommen.
Aber von der Kur selber durfte ich nie drüber reden. Ich habe jahre danach noch Albträume gehabt. Als ich die Dokus im TV sah, war es für mich wie ein Befreiungsschlag. Endlich glaubt mir jemand.
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Mario schrieb am 23.10.2023
Ich weiß nicht ob diese Erfahrung unter "Verschickungsheim" gehört, ob es das ist, was damit konkret gemeint ist und teilweise ist mein Beitrag recht hart und kann hinsichtlich Gewalt gegen Kinder und Missbrauch antriggern (lieber gut überlegen was man lesen und ertragen kann und was nicht)

...
Immer wenn ich was über Verschickungsheime mitbekomme, muss ich an Ruhpolding denken.

(Vorsicht Triggergefahr, ich bin da recht offen)

Ich habe am Ende des Textes eine Überschrift gefunden:

"Wozu braucht man eine Kullertränenfabrik?"

Ich war vielleicht vier oder fünf Jahre alt und wurde gemeinsam mit meinem Bruder nach Ruhpolding geschickt. Das muss so 1979 rum gewesen sein.
Wenn ich heute nur Ruhpolding höre, dann löst das in mir enorm viel aus. Es war die Hölle und ich kann mich nur noch an Bruchstücke erinnern.
Ich habe keine Ahnung, wie lange es dauerte. Ich weiß aber noch ganz genau, wie wir ankamen, mit vielen anderen Kindern in einem Bus, der vor diesem Haus hielt, es war neblig, kalt und alles sehr fremd und bedrückend. Wir schienen irgendwie alle keine Ahnung zu haben, warum, weshalb und wie lange wir dort sein sollten. Wir mussten dann ein paar Betonstufen runter, in einen Speisesaal.
Es wurde ausschließlich mit Befehlston mit uns gesprochen und wir mussten (ja mussten) Kakao trinken.
Dieser hatte Haut oben drauf, vor der ich mich sehr ekelte und die ich erbrechen musste, ich musste würgen und erbrechen vor Ekel und diese Frauen dort (ich glaube Schwestern oder Nonnen) zwangen mich dieses Erbrochene wieder aufzuessen es gab Schläge auf den Hinterkopf (auch heute habe ich noch große Probleme mit Erbrochenem, aber wer auch nicht). Das war am ersten Tag, am zweiten Tag dasselbe, aber mein älterer Bruder (ca 1 Jahr älter) fand Haut auf dem Kakao nicht so schlimm und er hatte die ganz schnell für mich runter gemacht. Er bekam ja mit, wie ich litt und gequält wurde, wie ich schrie und weinte und wie lange wir am Tisch sitzen mussten, gefühlt bis spät in die Nacht bis ich das Erbrochene eben irgendwie runterwürgen konnte. Bis meine Augen leer geweint waren.
Ich weiß sonst noch, dass wir träumen MUSSTEN, um am nächsten Tag Träume zu erzählen, ich wurde als Lügner hingestellt und ziemlich fertig gemacht, dass ich da nicht lügen dürfe und dass alle träumen und ich sagen muss, was ich geträumt hätte. Als ich aber sagte, ich hätte nichts geträumt wurde ich hart und streng bestraft (ich kann mich allerdings nur noch an das Gefühl erinnern, ich glaube ich musste mich auf so einen gelben Würfel stellen und alle zeigten auf mich und sollten Lügner sagen oder böse rufen oder sowas). Man wurde dort generell oft vor anderen bloß gestellt, auch wenn man vor Angst ins Bett machte wurde vor allen ausgelacht und bloß gestellt.
Ich hatte solche Angst und war so eingeschüchtert, dass ich beim nächsten Mal erzählte, dass ich von Superman geträumt hätte, was ich mir ausdachte um nicht wieder bestraft zu werden. Den malte ich dann auch, womit ich mich sehr unwohl fühlte, weil man in unserer Familie eigentlich ehrlich war.
Ich habe bruchstückhafte Erinnerungen wie ich in eine Art Arztzimmer musste, mit orangebraunen Wänden und so einer dunkelblauen oder schwarzen Arztliege. Dort zog ein Mann mich aus und fasste mich überall an, auch an den Genitalien, auch am und im Po, wie oft das passierte, weiß ich nicht mehr. Sonst waren nur Frauen dort, nur böse Frauen mit Strafen und Befehlen, ich glaube dieser Pseudoarzt war der einzige Mann dort. Inwiefern diese "Untersuchung" medizinisch bzw. irgendwie diagnostisch notwendig war, kann ich schwer einschätzen, vielleicht hatten solche Methoden damals einen Sinn, heute würde man bei Vorschulkindern wahrscheinlich keine Prostata untersuchen...
Dies triggerte mich allerdings alles auch sehr an, da ich seit meinem dritten Lebensjahr (oder früher, jedenfalls seit ich denken und mich erinnern kann), von meinem Opa sexuell missbraucht wurde. Von daher dachte ich sowieso es sei völlig normal, wenn alte, stinkende Menschen einen ausziehen und überall anfassen oder verlangen, dass man sie anfasst, oder dass man gestreichelt wird oder streicheln soll oder dass man irgendwas in den Hintern gesteckt bekommt.
Als Kind dachte ich zumindest alle alten Menschen machen dies mit ihren Enkeln und da sei nichts außergewöhnlich dran. Erst mit 8 sowas lernte ich über das Fernsehen, dass sowas nicht normal ist und verboten dann wollte ich nicht mehr, wurde erpresst und unter Druck gesetzt und so mit 9 oder 10 sagte ich "nein" und war fest davon überzeugt er würde mich für meine Verweigerung umbringen, stattdessen zerstörte mein Opa ganz gezielt mit Lügen meine Glaubwürdigkeit in meiner Familie, die ich dadurch sozusagen für eine Lange Zeit verlor, (hoffe das ist nicht zu hart, ich kann da mittlerweile gut und frei drüber reden, dies klappte bis zu meinem 22. Lebensjahr nicht, da mir bis dahin schlicht die Worte für das Erlebte fehlten).

Seit diesem Zeitpunkt dieser "Untersuchung" in Ruhpolding habe ich eigentlich garkeine Erinnerungen mehr an dieses Haus und an das was da genau passierte, ich befürchte schlimmeres oder noch mehr Ähnliches, irgendwie Dinge vor denen mich mein Gehirn versucht zu schützen eben.
In meiner Erinnerung ist Ruhpolding für mich der Inbegriff von Hölle, von Unterdrückung, von harten Strafen und ja ich würde es Folter nennen, auf jeden Fall enorme unfassbare Gewalt.
Ich habe an die Zeit dort keine eine schöne Erinnerung, außer dass mein Bruder mich davor rettete die Kakaohaut erneut zu erbrechen und dieses Erbrochene dann wieder aufessen zu müssen.

Es war der liebloseste Ort, an dem ich je war, den ich mir überhaupt vorstellen kann.

Die Bedrückung und Angststarre der Kinder dort waberte wie der Nebel über Ruhpolding und wenn ich das schon höre "RUHPOLDING", dann ist der Nebel über Ruhpolding das passende Bild für dieses Kalte, Nasse, Feuchte, Eklige genau das wie alles dort war. Ein Ort an dem möglichst keine Menschen sein sollten, aber an welchen erstrecht keine schutzlosen einsamen Kinder geschickt werden sollten. Doch diese brachte man mit Bussen alleine und voller Angst dorthin und keines der Kinder wusste warum oder wie lange oder ob sie je wieder aus dieser Hölle heraus kommen würden.
Es gab keinen Kontakt zu den Eltern, man war plötzlich in einer anderen Welt, eklig, kalt, herzlos, brutal und dann dieser Nebel mit einem unangenehm kalten Nieselregen der immer da war und vor dem es keinen Schutz gab.
Genauso war die Kälte in den Herzen der bösen Frauen dort und wie vor dieser Kälte erstarrt waren die Blicke der Kinder, große starre Kinderaugen ohne Freude, ohne Lächeln in ständiger Angst, vor der nächsten Gefahr vor der nächsten Aktion, vor der nächsten unangenessenen Strafe, vor der Hilflosigkeit und der Machtausübung dieser bösen Menschen dort.
Aber die Kinderaugen waren nicht schnell, nicht wie auf der Flucht, nicht wie in Panik, nicht wie erschreckte Kanninchen. Nein! Es war der Schock in ihren Augen, die großen Kinderaugen voller Angst, voller Fassungslosigkeit, voll Schock, gepaart mit Hilflosigkeit. Sie konnten nicht mehr springen, rennen, spielen oder fliehen. Sie wirkten wie man sich die Tiere in Seligmans Experimenten zur erlernten Hilflosigkeit vorstellt, aber die Kinder durften sich nicht zusammenkauern, sie durften nicht richtig trauern, obwohl sie alles verloren hatten, was sie kannten.

Wir mussten jetzt Befehlen gehorchen, Tränen kullerten aus Kinderaugen, die nicht verstanden was passierte.
Es schienen alle, wie ich aus der Familie gerissen worden zu sein, weit weg von Schutz, Wärme, Geborgenheit und Verständnis in eine Welt von Befehlen und Anweisungen, von Regeln, die wir weder kennen, noch verstehen konnten, von solch kalter Herzlosigkeit, die Kinder nicht fassen oder verstehen können, die niemals ein Kind erleben sollte.

Es schockierte zusätzlich das, was anderen an Leid angetan wurde.
Man sah schockierte Kinderaugen mit leisen ängstlichen Kullertränen.

Gefühlt war keines der Kinder bereits im Schulalter, wir waren noch richtig richtig klein. Wir waren bedürftig und abhängig, brauchten Schutz, wir brauchten doch mal eine Umarmung, mit Mama Kuscheln, auf Papas dickem Bauch einschlafen, Nähe, mal etwas Aufmerksamkeit, wir brauchten doch Liebe.

Aber es war Ruhpolding, hier gab es keine Liebe, von niemandem, für niemanden, Ruhpolding eben.

Kullertränen interessierten niemanden, es gab sie täglich, bei allen. Aber Ruhpolding liegt auf einem kalten Berg, vielleicht um nicht in Kullertränen zu versinken, diese kullerten runter, aus den geschockten Kinderaugen, die Wange runter tropften sie auf den Boden. Ich glaube es war ein grauer Linoleumboden passend zum grauen kalten Himmel über dem nieselnebligen Ruhpolding (wie ich diesen Namen hasse, diesen Hass kann man geschrieben garnicht ausdrücken). Die Kullertränen von allen tropften zu allen Zeiten. Nein, nicht von allen gleichzeitig, manchmal waren Kinder einfach leergekullert, dann kamen auch keine Tränen mehr. Dann wurden wir so kurzatmig, man rang nach Luft, suchte Kraft und Energie, weil es noch so viel zu weinen gab und die Verzweiflung nicht zu ertragen war. Es gab immer ein Kind, dass noch Reserven hatte, vielleicht hatten welche auch eine bessere Atemtechnik, oder, oder, oder. Es weinte ständig eins von uns Kindern, denn es war uns allen zu viel, zu schlimm. Einige wurden geohrfeigt, einige bekamen vor allen den Hintern versohlt und einige am Ohr hoch in die Luft gezogen. Immer wieder wurden einzelne Kinder vor allen bloß gestellt, zum Gespött gemacht, ausgelacht, gedemütigt. Es gab keine Lieblinge, alle erlebten das, alle wurden von den bösen Frauen dort ausnahmlos gehasst. Solche Menschen sollten nicht mit Menschen arbeiten und schon gar nicht ihre Gewalt an Kindern ausleben. Was war nur los mit diesen Frauen, wieviel Hass und Gewalt kann nur in diesen Frauen gesteckt haben?

Erst als ich viel älter war, lernte ich wie der Kreislauf des Wassers funktioniert. Vielleicht war der nasse, unangenegme Nebel über Ruhpolding aus verdunsteten kalten Kullertränen gemacht, oder die Kullertränen kullerten ins Tal zum Kreislauf der Kullertränen, die dann wieder neuen Nebel schufen, was für ein schlimmer Ort - RUHPOLDING.
Aber alle Kinder hatten die Kullertränen, die immer leiser wurden, denn alles schluchzen, weinen und nach Atem ringen machte es höchstens schlimmer, doch helfen konnte nichts.
Es war eine herzlose und gottlose Kullertränenfabrik nur wusste ich als Kind nicht wozu, die anderen wussten es auch nicht, es wusste damals niemand.
Heute? Ja heute!
Heute weiß ich es auch nicht... Wer zur Hölle braucht eine kalte Kinderkullertränenfabrik die Ruhpolding heißt?
In Ruhpolding war egal, ob geweint, geschrien, geschluchzt oder getobt wurde man war unter vielen geschockten Kindern alleine, denn kaum ein Kind hatte Ressourcen für die anderen. Außer mein großer Bruder, der mich an einigen Tagen vor der Haut auf dem Kakao und der Gewalt der bösen Frauen dort retten konnte.

Ich hatte damals eine Puppe dabei, und mit dieser habe ich wohl um mich geschlagen um mich zu wehren gegen die Gewalt dieser Frauen, aber auch gegen andere Kinder, die mich ärgerten (auch weil ich ein Junge mit Puppe war), sie wurden ja auch dazu angestachelt, durch das ständige bloß Stellen durch die bösen Frauen dort. (irgendwie fällt mir auch keine andere Bezeichnung als "böse Frauen" ein, denn Nonnen, Schwestern, Betreuerinnen sind zu positive und damit falsche Bezeichnungen, für mich als Kind kamen sie direkt aus der Hölle).

Vor kurzem sah ich irgendwo im Fernsehen wieder etwas über "Verschickungsheime" und musste wieder genau daran denken, an RUHPOLDING. Aber ich habe keine Ahnung, ob diese Hölle tatsächlich solch ein "Verschickungsheim" war.
Ich glaube es wurde im Nachhinein immer Kur genannt. Kur, Verschickungsheim, Kullertränenfabrik, für mich war immer das Wort "Ruhpolding" das was das alles beschrieb.
Natürlich weiß ich heute als erwachsener Mann, dass Ruhpolding ein Ortsname ist, aber wenn ich an Ruhpolding denke, dann fühle ich das Leid, das Leid, dass eine Kullertränenfabrik produzierte, wo ich wahrscheinlich niemals verstehen werde, wer dieses Leid denn für was gebrauchen konnte. Ich verstehe bis heute nicht warum und wieso. Als Kind scheint es normal, dies oder das nicht zu verstehen und im Vorschulalter versteht man, je nach Entwicklung, nichtmal die Uhr oder den Kalender, vor allem hatten wir auch beides nicht. Es war zu Zeiten, als Captain Future in seinem Raumschiff, in der Komet, ein schnurgebundenes Telefon benutzte, Handys konnte man sich damals nichtmal vorstellen.
Wie soll man verstehen weg zu sein, wie soll man wissen oder hoffen können, ob man da wieder rauskommt (konnte je jemand aus einer Kullertränenfabrik fliehen?). Man fühlte viel und wusste garnichts, und wünschte sich so sehr was zu wissen. Aber bitte, bitte nichts mehr zu fühlen.
Aber selbst die großen Leute haben Probleme ihre Gefühle zu kontrollieren, ihre Ängste in den Griff zu bekommen und es ist normal, dass Menschen da manchmal Hilfe brauchen.
In Ruhpolding gab es keine Hilfe, für niemanden, es war RUHPOLDING, das Tor zur Hölle.
Es schien eine sehr professionelle Kullertränenfabrik zu sein, aus der es kein entkommen, kein entfühlen gab. Man musste fühlen, die Kälte und den ständig nassen Nebel. In meiner Erinnerung war dort immer eklig kalter Nebel, nichtmal Gott konnte mit Licht, Wärme und Sonne durchdringen, um den Kindern, die gefangen waren, alleine in der Kullertränenfabrik, nichtmal Gott konnte uns wärmen.
Und wir wurden sehr christlich aufgezogen, ich wollte später lange Zeit Pfarrer werden und während andere bei Vorbildern und Idolen Karl Heinz Rummenigge nannten, dachte ich an Jesus. Mein Vater war bei Kirche unterwegs aktiv und wir waren auf einigen Campingplätzen es wurden mit den Kindern Spiele gespielt und Lieder gesungen und getanzt, das war für mich als Kind was, wo Gott war, alles Schöne eben.

Aber wenn das Gott war, dann war Ruhpolding der gottloseste Ort, den man sich nichtmal vorstellen konnte, ich hätte mir so einen kalten Ort insbesondere zu der Zeit nicht vorstellen können und ich glaube als Kind war Ruhpolding für mich dasselbe wie Gottlos, das Tor zur Hölle eben.

Auf www.ruhpolding.de steht:
"Ruhpolding ist ein idyllischer Ort in den Bergen, wo man Sommerfrische, Almen, Bergtouren, Radfahren und Veranstaltungen genießen kann"

Irgendwie scheint es eine sehr unterschiedliche Sichtweise zu geben und ich weiß, dass meine negative Sicht, durch dieses Haus und diese Erfahrungen dort herrühren. Aber mein Gehirn kann einfach nicht annehmen, dass es an so einem Ort Sommer geben kann, Frische ja, wenn Frische gleich Kälte und ekligen nassen Nebel meint, ok... Leider geht es mir auch mit dem Wort genießen so, wer kann denn eine Kullertränenfabrik genießen? Was müssen das für Leute sein? Ich weiß, dass dies meine Vorurteile und meine gottlosen Erfahrungen an diesem Ort sind. Und es wäre sicher sinnvoll, mal dort hin zu fahren vielleicht ein paar Tage, vielleicht gibt es dort ja wirklich auch was anderes als diesen ekligen Nebel um die Kullertränenfabrik herum...
Vielleicht wurde diese Fabrik auch längst abgerissen, ich traute mich noch nicht wirklich zu schauen. Die strafenden Unmenschen die dort arbeiteten sind wahrscheinlich schon tot oder kurz davor. Vielleicht tragen auch garnicht alle von dort so viel Schuld, wir waren klein, sehr klein und es gab gefühlt keine Liebe in Ruhpolding....

Heute fragte ich meine Mutter per WhatsApp Nachricht, angeregt durch diese Verschickungsheim Reportage im Fernsehen, ob sie sich an Ruhpolding erinnern könne und noch weiß wie das hieß oder über welche Organisation das lief und sie antwortete einfach nur "nein", was ich sehr ungewöhnlich finde (allerdings ist sie auch gerade mit einer Freundin im Urlaub).
Wenn ich ein Vorschulkind mehrere Wochen alleine, bzw. mit Bruder irgendwo hin schicke, dann mache ich das doch mit einem Grund oder mit Ziel. Vielleicht frage ich meinen Bruder auch nochmal wie seine Erinnerungen Ruhpolding betreffend sind.

Ich selbst bin mir absolut unsicher, ob sowas ein sogenanntes Verschickungsheim war.
Da ich wirklich nur Bruchstücke erinnere und diese wie bei einem Trauma in visuellen Flashbacks zurück kamen.
Also ich habe auch noch das Bild im Kopf wie wir bei diesem Nebel eine graue Treppe runter in dieses Haus gingen, es hatte glaube ich so 50er Jahre Türgriffe mit gold und schwarz. Auf dem Tisch standen diese Metallkannen, die man aus Jugendherbergen kennt, mit dem Kakao mit der Ekelhaut drauf. Zu anderen Zeiten gab es diesen Jugendherbergsfrüchtetee, den ich bis heute nicht mehr trinken kann (Hagebutte).
Und wir waren mehrere in einem Zimmer mindestens vier oder sechs in Stockbetten, zusammen mit anderen Kindern und alle waren bedrückt, eingeschüchtert, ängstlich, gefangen, eine kalte und grausame Atmosphäre geprägt von der Gewalt der Erwachsenen an diesem Ort (ich wollte erst Betreuende schreiben, aber das wäre irgendwie falsch, die waren einfach nur so böse, wie ich es nie vorher erlebte richtig, richtig böse).

Das sind so grob die einzigen Bilder die ich noch erinnere. Das schlimmste ist wirklich das Gefühl, dass ich erinnere diese Befehle, die Strafen, das Betatschen, das bloß stellen, Vorführen und auslachen, Ekel, Angst, richtig viel Angst man war in einem ständigen Hyperarousal. Also diese Grundstimmung, dass man nicht weiß was wohl als nächstes passiert, man aber enorme Angst davor hat. Und dann die Emotionen der anderen Kinder (ich bin sehr sensibel für Emotionen). Diese geballte Angst und dass alle nicht verstanden, was da passierte und Hilflosigkeit, ich konnte weder mir, noch anderen helfen, alle mussten alles über sich ergehen lassen. Hilflosigkeit, viel Hilflosigkeit. Gefangen in einer unbegreiflichen Kullertränenfabrik in einem "idyllischen Ort in den Bergen, wo man Sommerfrische, Almen, Bergtouren, Radfahren und Veranstaltungen genießen kann".

Aber ich spüre auch Dankbarkeit, dass mein Bruder mich an einigen Tagen retten konnte und er die Haut von meinem Kakao nahm. Und dass es vorbei ging, es war nicht für immer, irgendwann war es vorbei. Ich würde mich so gerne daran erinnern wie es vorbei war, wie wir nach Hause durften, aber da habe ich keinerlei Erinnerungen mehr dran.

Ohje jetzt wo ich das alles schreibe, ich glaube sie hatten mich auch irgendwann von meinem Bruder getrennt, das kann ich aber nicht zu 100% sagen. Sie taten viel um uns zu foltern, zu quälen und psychisch klein zu halten...

Aber gehört sowas denn mit zur Definition der Verschickungsheime, oder war das einfach nur eine Kinderkur mit schlechtem Personal, als wir viel zu jung für sowas waren?

Auch wenn die Erinnerung daran immer einfach nur Schock und Ekel auslöste und an die Angst erinnerte und an diesen schlimmstmöglichen Ort, spielte Ruhpolding für mich nie so eine entscheidende Rolle, der Ort ist schlicht als Kullertränenfabrik und gefühlte Hölle gespeichert und ich bin mir sicher dort irgendwann mal hin zu fahren, denn ich weiß dass meine Erfahrungen nicht im kausalen Zusammenhang mit dem Ort an sich stehen und ich möchte mich gerne meinen Ängsten und Vorurteilen stellen. Vielleicht gibt es dort auch was schönes, vielleicht ein Wellnesshotel in das ich mich mal eine Woche einbuche, oder vielleicht fahre ich erstmal mit meinem Camper dorthin (um im Notfall flüchten zu können, denn als Kinder konnten wir nicht flüchten, jetzt bin ich groß und stark und solch ein Ort sollte mir eigentlich keine schlechten Gefühle mehr machen - vielleicht sollte ich diese Erfahrungen mal den Tourismusverantwortlichen dort schicken vielleicht werde ich ja als Entschädigung eingeladen 😬 nein ich weiß ja, der Ort Ruhpolding selbst kann wohl garnichts für die Hölle, die es in diesem dort gab)

Erst durch eine Reportage im Fernsehen vor einigen Jahren über Verschickungsheime wurde ich regelrecht angetriggert und ich glaube auch gehört oder gelesen zu haben, dass in einer dieser Anstalten, ein anderes Kind auch das eigene Erbrochene wieder aufessen musste. Ich meine es gäbe zahlreiche ähnliche und auch schlimmere Geschichten.
Es gibt einige Parallelen, aber ich verstehe nicht genau, ab wann so eine Einrichtung als Verschickungsheim gilt, oder eben als eine Kur, in welcher SadistInnen arbeiteten oder ob diese Gewalt zu der Zeit vielleicht auch normal war. Immerhin durften Kinder noch bis November 2000 von ihren Eltern geschlagen werden, wir sind da ja recht langsam, was Kinderschutz angeht.
Ich habe mich nie näher mit Ruhpolding befasst und finde es schade, dass meine Mutter nichts dazu sagen kann oder möchte. Die müssen doch irgendwie erfahren haben, dass Kinder dahin können oder jemand muss das empfohlen haben... Ich bin überzeugt, meine Eltern dachten es sei was Gutes für uns und ich glaube nicht, dass sie wussten, oder sich hätten denken können, wie wir dort behandelt wurden.

Ohje jetzt war ich hier voll im Romanmodus, vielleicht kann ich das mit in meinem Buch verwenden, wenn ich an dem über meine Geschichte irgendwann mal weiter schreiben sollte....

Vielleicht schreibe ich hier nochmal, wenn ich mich meinen Vorurteilen stellte und den Ort Ruhpolding besuchte, ich würde mich jedenfalls freuen, die Hölle Ruhpolding von einer anderen Seite kennenzulernen (und jetzt schaue ich tatsächlich mal ob es dort vielleicht ein Hotel mit Sauna oder eine Therme oder sowas gibt, denn die negativen Erfahrungen dort dürfen doch nicht ein ganzes Dorf in meiner Erinnerung in solch ein schlechtes Licht rücken, so viel Macht möchte ich dem Böse nicht geben...)
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Daniel1979 schrieb am 16.10.2023
Hallo !

Als es mir am 11.10.2023 wie Schuppen von den Augen fiel !!!! Ich war ein Verschickungskind...nie drüber gesprochen...es waren ja 6 Wochen "Ferien" 😉

Das kam so BÄM einfach mitten in die Fresse und erklärt einiges, hilft mir jedoch auf meinem Weg der Selbsterkenntnis. Habe noch bissl Material von dort, das habe ich nie beachtet...aber stets aufgehoben. 2 Briefe und ein Heft was wir dort gemacht haben (mit Gruppen-Bildern und Berichten, (Vor-)Namen der Jungs (teilweise auch volle Namen) und auch Namen von den "Schwestern").

Schlechte Erinnerungen ? Weiß ich nicht, als ich den einen Brief gelesen habe, kam es mir, dass es streng war (Nachts keinen Mucks, sonst biste weggekommen) Ich muss da noch mehr reingehen und Erinnerungen sammeln. Ich war aber damals (10 Jahre alt), teilweise noch bettnässer, je nachdem was ich grad hatte und je nach Erlebnis. Das war dort mit Sicherheit nicht gerne gesehen.

Ich will jetzt hier auch nicht zu viel schreiben, bin noch am sortieren im Kopf 😉

Vielleicht findet sich ja zufällig jemand der sich wiedererkennt auf dem Bild.

Einen Namen habe ich, sogar mit Adresse damals in Wiesbaden.
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Gabriele aus Lüdenscheid schrieb am 14.10.2023
Ich bin Jahrgang 1959 und würde zusammen mit meinem Bruder Jahrgang 1958 von Lüdenscheid nach Murnau 632 km entfernt, verschickt. Ich kann mich an unsägliches Heimweh erinnern, an die Fahrt mit Eisenbahn 1965 Holzklasse, an Schwestern mit Hauben, an viele Bastelarbeiten. Die Betreuerinnen haben uns geholfen Briefe an die Eltern zu schreiben . Es war vor der Einschulung und für uns eine schlimme Zeit, weil wir um kamen vor Heimweh. Wir waren bis dahin nie von unseren Eltern getrennt gewesen. Das Heimweh war das schlimmste und das 6 Wochen lang. Mein Bruder wurde dort krank,und durfte mich wegen der Ansteckung nicht sehen. Windpocken meine ich, als wir nach 6 Wochen wieder heim kamen, hatte ich am nächsten Windpocken . Demütigungen, Schläge haben wir nicht erlebt. Ich habe meine kleinen Kinder niemals solange alleine in die Fremde geschickt. Meine Mutter sagte später, sie habe das später sehr bereut.
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Gabriele aus Lüdenscheid schrieb am 13.10.2023
0 Ergebnisse für: Ich bin Jahrgang 1959 und wurde zusammen mit meinem Bruder Jahrgang 1958 von Lüdenscheid nach Murnau verschickt. Ich kann mich an den Beginn der Fahrt mit der Eisenbahn erinnern, (Holzklasse) an unsägliches Heimweh, an die großen Schlafsäle, an Schwestern mit Hauben, an viele Bastelarbeiten. Die Betreuerinnen haben uns die Briefe unserer Eltern vorgelesen, uns geholfen " Briefe" an die Eltern zu schreiben . Es war vor der Einschulung und für uns eine schlimme Zeit, weil wir um kamen vor Heimweh. Wir waren bis dahin nie von unseren Eltern getrennt gewesen. Das Heimweh war das schlimmste und das 6 Wochen lang. Mein Bruder wurde dort krank,und durfte mich wegen der Ansteckung nicht sehen. Masern, meine ich, als wir nach 6 Wochen wieder heim kamen, hatte ich am nächsten Tag Masern. Demütigungen, Schläge haben wir nicht erlebt. Ich habe meine kleinen Kinder niemals alleine ohne uns fortgeschickt. Meine Mutter sagte später, sie habe das später sehr bereut.
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Simone schrieb am 05.10.2023
Ich bin Jahrgang 1966 und wurde kurz vor meiner geplanten Einschulung 1972 von einem Amtsarzt untersucht und für nicht lernfähig befunden, da ich zu dünn war. Darauf hin kam ich mit 5 Jahren nach Schmalkalden zur Kur. Eltern hatten damals in der DDR Eltern kein Recht sich gegen diese Maßnahme auszusprechen. Das weiß ich von meiner Mutter. An die Anreise habe ich keinerlei Erinnerungen mehr. Meine Mutter sagte mir nur, dass sie mich zum Bahnhof nach Leipzig gebracht haben und dort wurde ich von einer Betreuerin in Empfang genommen.
Ich war ein stilles und schüchternes Mädchen, das während der 6wöchigen Kur nur geweint hat, vor lauter Heimweh. Das Heimweh war so stark, dass mein Hunger und Appetit darunter gelitten haben. Ja, man musste aufessen. Wenn man nicht aufgegessen hat, musste man am Tisch sitzen bleiben bis der Teller leer war. Da ich fast ununterbrochen geweint habe sind die Erzieherinnen mit mir verzweifelt. Als ich einmal wieder nicht aufgegessen habe, hat mir eine Erzieherin (schwarze Haare ein Dutt - sehe ich heute noch vor mir) eine Ohrfeige gegeben. Ich fiel um und machte mir dabei in die Hose vor Angst. Dies hatte zur Folge, dass ich nach dem Abendbrot nicht mit den anderen Kindern den Sandmann im Fernsehen anschauen durfte. Nein, so eingenässt wie ich war musste ich mich hinter den Fernseher mit dem Gesicht zur Wand stellen, und so stehen bleiben bis die Sendung vorbei war. So klein ich damals war, aber das konnte ich nie vergessen. Ich sehe immer noch förmlich den großen Speisesaal vor mir. Auch den Schlafsaal wo mein Bett an einem Fenster stand. An den Park vor dem Heim kann ich mich auch gut erinnern. Es gab große Bäume und dahinter waren große Berge. Damals saß ich oft auf einer Bank und habe die Berge angestarrt. Ich dachte damals, wenn ich diese bezwingen könnte, dann wäre ich wieder zu Hause. Die Zeit dort kam mir wie ein halbes Leben vor. Meine Eltern schrieben mir Briefe auf denen sie bunte Bilder geklebt hatten, denn ich konnte ja noch nicht lesen und schreiben. Die Briefe wurden mir vorgelesen. Jedoch nicht alle, wie ich später erfuhr, da ich jedes Mal beim Vorlesen bitterlich geweint habe.
An den Tag der Abreise kann ich mich ebenfalls kaum noch erinnern. Nur als der Zug in Leipzig einfuhr, ich ausstieg und an meinen Eltern vorbei gelaufen bin. Meine Mutter sagte später, dass sie ganz erschrocken war, wie ich aussah. Noch dünner bin ich wiedergekommen. Ich habe wochenlang nicht mit meinen Eltern gesprochen. Saß eingeschüchtert und teilnahmslos da und man konnte mich nicht mehr alleine lassen. Als endlich die verspätete Einschulschulung stattfand, war das für mich eine Tortour. Alle Kinder waren glücklich nur ich weinte zum Schulanfang. Es gibt ein Foto von mir mit der Zuckertüte, auf welchem ich wahrlich total traurig aussah.
Im Schulalter war ich noch zweimal in einem Ferienlager, wo ich ebenfalls nur geweint habe. Nichts habe ich dort genossen. Es war einfach nur schrecklich für mich. Ich denke schon, dass mich dieser Kuraufenthalt dermaßen geprägt hat. Trennungen, Abschiede usw. - mit vielen zwischenmenschlichen Dingen kann ich einfach nicht umgehen. Auch meine Beziehungen scheiterten letztendlich an meiner Bindungsunfähigkeit und meine Verlustängsten. Lieber keine Beziehung eingehen, als eine Trennung durchmachen.
Ich finde es gut, dass man sich hier austauschen und sein Erlebtes mitteilen kann. So kleine Kinder ohne Eltern zur Kur zu schicken ist schon fast unzumutbar. Damals habe ich nicht begreifen können, was es bedeutet 6 Wochen von zu Hause fort zu müssen. Auch die Tatsache dass mein permanenter Gewichtsverlust zur Kur doch jemandem hätte auffallen müssen, verwirrt mich sehr. Dann muss man ein Kind doch nach Hause schicken. Die Ohrfeige und das Einnässen habe ich erst im Erwachsenenalter meinen Eltern erzählt. Sie waren entsetzt und erstaunt, dass ich das alles nie vergessen habe.
Diese Erinnerungen verblassen nie!
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Irmgard Koschate aus Bonn schrieb am 03.10.2023
Bevor meine Mutter 1994 starb, bemerkte sie mal, dass es ihr größter Fehler gewesen wäre, mich zu dieser Kur geschickt zu haben!
Nun habe ich gerade zu „meiner“ Kurklinik noch keine Bemerkungen hier im Forum gelesen. Das Haus besteht bis heute, aber natürlich unter weitaus besseren Bedingungen!
Die Daten meines Aufenthalts, 16. Mai bis 24. Juni 1958, hatten sich mir schon früh eingeprägt. Ich war Ostern zuvor in die 2.Klasse gekommen und wurde im August danach 8 Jahre alt. Die Vorbereitungen bedeuteten für mich schon eine große Vorfreude: das IK wurde in alle Wäschestücke eingenäht, Pixibücher als leichte Unterhaltung besorgt, zwei (!) Koffer und eine Tasche gepackt. Um 10.00 Uhr sollte die Fahrt mit dem Kindersonderzug in Beuel starten, wurde dann aber auf 8.10 Uhr per D-Zug vorverlegt. Alles aufregend! Die Entsendestelle war das Gesundheitsamt der Stadt Bonn.
Fast 6 Wochen sollte oben am Feldberg die Höhenluft meiner Lunge guttun. Nach meiner Erinnerung waren wir aber kaum draußen an der frischen Luft.
In meinen drei noch erhaltenen Briefen von damals an meine Eltern schrieb ich: „Wir haben jeden Samstag und Montag Turnen. Mir geht es noch immer gut.Das Essen schmeckt mir auch noch sehr gut.Es ist nicht sehr gutes Wetter. Ich komme ja bald wieder nach Hause. Wir spielen sehr viel. Ich habe schon sehr viele Spiele und Lieder gelernt.“ In einem anderen Brief schrieb ich: „Ich hatte auch mal Fieber, aber jetzt ist es schon wieder gut.“ Daraufhin bemerkte die Heimärztin Dr. Richartz auf der Rückseite meines Briefes, dass ich eine fieberhafte Halsentzündung gehabt hätte, ich jetzt aber nur noch ein paar Tage im Bett liegen müsste.... Meine Eltern wurden also nicht informiert, dass ich wohl fast zwei Wochen in der Krankenabteilung verbringen musste!
Und was meine anderen Bemerkungen betrifft: ich hatte ständig Durst und bekam kaum etwas zu trinken. Ich erinnere mich nur an (wenig!) Wasser mit Himbeersirup.
Ich war nie Bettnässer, aber dort wurde ich es, - wahrscheinlich wurde es auch uns verboten, nachts auf Toilette zu gehen. Ich musste noch in der Nacht meine nasse Bettwäsche und meinen Schlafanzug im Waschbecken waschen, irgendwo aufhängen und mein Bett selbst neu beziehen. Von der Schimpferei ganz zu schweigen! Und das alle paar Tage!
Ich mochte sehr oft das Essen nicht, aß nicht auf oder mir wurde schlecht bis zum Übergeben. Dann musste ich unter Beschimpfungen an den „Katzentisch“ in einer Abstellkammer. Das ist OFT passiert, aber im Brief an die Eltern sollte man davon nichts schreiben....
Im Gegensatz zu den Erlebnissen und Schicksalen anderer Verschickungskinder hört sich das nicht aufregend an, — aber für mich war es die Hölle! Rausgerissen aus einem intakten Familienleben, verbannt in ein großes Haus im Wald, - so allein gelassen habe ich mich nie wieder gefühlt. Ich konnte lange nicht darüber sprechen, meine Mutter hat erst nach und nach alles von mir erfahren, wie sie mir später berichtete.
Auf der Website vom Caritas Haus ist heute unter „Geschichte des Hauses“ zu lesen, dass man damals zu einem hohen Prozentsatz Selbstversorger war. Das betraf auch Kirschen, die explizit dort erwähnt wurden: 50 Zentner wurden im Jahr dort verarbeitet. Warum sollte das Personal sich damit abgeben? Wir haben doch die Kurkinder! So saßen wir im großen Kreis auf dem Hof und entsteinten die Kirschen! Wozu führte das? Durchfall! Wir hatten ja ständig Durst, und selten gab es so leckeres wie Kirschen zu essen.....
Gelernt haben wir eventuell doch etwas - ich schrieb eine Woche vor dem Ende des Aufenthalts: „Es blühen hier sehr viel Kuckuckslichtnelken und Butterblumen und auch Lupinen. In einer Woche fahren wir nach Hause. Ich freue mich, wenn ich bei euch bin.“ Diese Pflanzennamen musste ich ja dort gelernt haben.
Meine Gruppenleiterin war „Tante Brigitte“, sie steht mir nicht mehr vor Augen, - anders als ein gleichaltriges nettes Mädchen. Wir wollten uns später schreiben, ich habe Name und Adresse immer noch im Kopf: Sigrid Müller, Hagen in Westfalen, Goldbergstrasse 1. Wir haben uns nie geschrieben....
Meiner Gesundheit zuträglich war diese Kur nicht. Sie brachte nichts, und ich war ständig traurig, auch wenn die Briefe eine andere Sprache sprechen. Ich fühlte mich total isoliert, hatte nur in jener gleichaltrigen Sigrid eine Ansprechpartnerin.
Vielleicht meldet sich jemand, der auch zu jener Zeit dort oben am Feldberg war. In einem Brief erwähne ich noch einen Hans-Peter...
Ich wurde nie mehr von meinen Eltern zur „Erholung“ fortgeschickt!
1989 war ich nochmal mit meinem Mann und meinen kleinen Töchtern dort oben am Caritas Haus und hatte sofort wieder das Gefühl von früher, obwohl jetzt alles heller und freundlicher ist.
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Marion Deutscher aus Gehrden schrieb am 02.10.2023
Ich bin durch Zufall auf diese Seite gestoßen. Ich war im Herbst 1968 als noch 5-jähriges Kind in einem Heim in Niendorf. Viel Erinnerung daran habe ich nicht mehr. Allerdings kann ich mich noch gut daran erinnern, dass ich gerade am Sonntag immer unter Heimweh gelitten habe. Das wurde von den Betreuerinnen als lapidar weggewischt. Einige der Betreuerinnen waren Nonnen. Desweiteren wurden wir gezwungen, Lebertran zu schlucken. Es war egal, wie eklig der geschmeckt hat. Ich mochte noch nie warme Milch mit Honig, zuhause habe ich immer Kakao zum Frühstück getrunken. Im Heim musste ich die warme Milch trinken mit dem Ergebnis, dass sie jedes Mal wieder durch Erbrechen raus kam. Richtigen Kontakt zu meinen Eltern hatte ich während des sechswöchigen Aufenthaltes so gut wie gar nicht.
Das sind meine Erinnerungen an die Verschickung.
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Annedore Haerder aus 6330 Cham schrieb am 23.09.2023
Hallo
Meine Mutter, geb. 1940, ist mit 6 Jahren nach Norderney verschickt worden.
Sie ist eine untherapierte Frau mit Mehrfachtraumatisierungen. Sie war ohne eine Impulskontrolle, lebte ihre Emotionen an ihren 7 Kindern und Ehemann aus.
An ihren Aufenthalt kann sie sich kaum erinnern ( Schuhe gab es neu und ihr Hautekzem heilte endlich, die 1. Klasse musste sie wiederholen).
Ich suchte immer nach einer Erklärung, wieso sie so war wie sie ist und durch einen Zufall bin ich auf diese Berichte hier auf dieser Seite gestoßen.
So langsam begreife ich, was meine Mutter so unberechenbar gemacht haben könnte denn ihre anderen 4 Geschwister sind gar nie so gewesen wie sie. Auch hatte meine Mutter eine irre Wut auf ihre Mutter, ihre Geschwister hatten diese gar nicht.
Jedenfalls organisierte meine Mutter für mich 1972 im Alter von 10 Jahren eine Kinderverschickung.
Meine Lehrerin versuchte alles, meine Mutter vom Gegenteil zu überzeugen, da die Versetzung in die 5. Klasse Anstand und 6 Wochen fehlen vom Unterricht Schwierigkeiten mit der Versetzung bedeuten würde.
Leider war es dann auch so gekommen, mein Wunsch auf die Realschule zu kommen war anschließend zunichte gemacht, nach der Rückkehr kam ich im Unterricht nicht mehr mit und in meinem Verschickungsheim Bad Soden Allendorf gab es keinen Unterricht leider.
Ich vermisste meine Schulklasse, meine Freundinnen und natürlich meine 9 köpfige Familie sehr.
Es war alles sehr kühl dort, weil ich schon mit negativen Gefühlen hinfuhr, gegen meinem Willen.
Ich sah, das andere Kinder auch auf dem Schoß von Betreuerinnen saßen. Ich konnte nicht auf mich aufmerksam machen und blieb darum auch einsam im Gefühl.
Ich fühlte mich sehr fremd bestimmt, zumal ich daheim viel Freiheiten hatte.
Die Bettruhezeit mittags war extrem befremdlich mit 10 Jahren für mich.
Das Wiegen fand ich grausig, mich bis auf die Unterwäsche ausziehen und wie eine Nummer behandelt zu werden von den Weisskitteln, es schüchterte mich ein und nie konnte ich genügen. Ich war lang und sehr dünn. Das gehört zu unserem Familientypus, das waren wir alle und da ich auch kaum zunahm, bekam ich ein Gefühl der Ablehnung zu mir in diesem Kuraufenthalt für die nächsten Jahrzehnte!
Vorher hab ich mir doch nie nur einen Gedanke gemacht wie ich aussehe!
Ich habe dann selber mit 19 Jahren angefangen Essdiäten über 6 Wochen zum zunehmen durchzuführen! Ich war ja deutlich nicht richtig, da zu dünn… das war jetzt eingeimpft bei mir.
Bei uns daheim gab es in meiner Kinderzeit diese “Schokoladensuppe” auch zu essen.
Am Familientisch fand ich es super lecker! Jetzt weiß ich auch, woher meine Mutter das Rezept her hatte 😜
Die Esssituation im Speisesaal empfand ich als Stress und somit auch als unangenehm. Warum genau, kann ich nicht mehr beschreiben.
Neben dem Wiegen empfand ich diese Szene, wie schon oft beschrieben, das Karte/Brief schreiben auch ganz schrecklich, denn ich wollte nur nach Hause, sobald und so schnell als möglich! Doch auch ich musste alle anlügen daheim, wie toll ich es habe und wie wohl ich mich fühlte im Kinderheim.
Das lesen meiner Briefe empfand ich als schweren Bruch und ich betrachtete die Betreuerinnen als meine Feinde. Folglich konnte ich mich auch nicht irgendjemandem zuwenden um meine Einsamkeit etwas zu mildern, wenn ich meinte, mein Heimweh nicht aushalten zu können.
Ich empfand auch diese heißen Solebäder in großen Bottichen als beängstigend, ich hab den Sinn nicht verstanden und traute mich auch nicht zu fragen.
Ich folgte einfach.
Die Spaziergänge im Park, Singspiele, tanzen in der Gruppe und bestimmt gab es noch andere Aktivitäten, machte ich begeistert mit.
Ganz schwierig war es für mich, als ich Zahnweh bekam. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich beim Zahnarzt. Mir wurde ein Backenzahn gezogen. Auch damit war ich anschließend allein, niemand setze sich zu mir, schaute mich an und nahm sich Zeit, meinen Kummer anzuhören.
Meine Heimkehr empfand ich als sehr belastend.
Alles und alle waren mir fremd, die 6 Wochen haben mich aus allem “rausgebracht” und erst jetzt, wo ich diese Webseite “Verschickungskinder” gefunden und viel gelesen hab, fange ich an zu begreifen, das viele meine negativen Gefühle die ich heute noch kenne von dieser Verschickung her kommen.
Für mich ist klar, das ich das mittels Therapie mir anschauen möchte!
Vielen Dank für diese Plattform!
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Eberhard Riech aus Langelsheim schrieb am 20.09.2023
Ich (Jahrgang 1946) bin über einen Zeitungsartikel auf diese Webseite aufmerksam geworden und kann die (meist) negative Sichtweise der Kinderkuraufenthalte als selbst Betroffener nicht nachvollziehen. Aufgewachsen als Flüchtlingskind in einer südhessischen Undustriestadt war die Verschickung, 1959 nach Westerland/Sylt sowie 1960 nach Hochried b. Murnau ein wahrer "Segen". Meine Mutter war alleinerziehend, voll berufstätig (mit Nachtdienst) und hatte drei Personen zu versorgen. Wir lebten zu viert in einer kleinen 2-Zimmer-Wohnung. Irgendwie wurde das Gesundheitsamt der Stadt Offenbach auf mich aufmerksam (ich war wohl ein "Hänfling") und veranlasste diese Verschickungen (in meiner Erinnerung je 6 Wochen). Es war für mich ein Segen, es gab einen geregelten Tag, wohlschmeckendes und reichliches Essen und dazu sogar einige Ausflüge mit Betreuungspersonen, an die ich mich heute noch gerne erinnere (lange Strandwanderung; Baden im Meer und Staffelsee, Bergwanderung bei Kloster Ettal - und wir durften dort beim Ausflug sogar Bier trinken!). Ich kam erholt wieder nach Hause. Natürlich gab es keine Besuche von Eltern - aber das erwartete auch kein Kind. Und so wie ich genossen auch alle Kinder, mit denen ich dort zusammenlebte, die Heimsituation, obwohl wir in 8 bis 12-Betten-Zimmern untergebracht waren. Vor und nach dem Aufenthalt erfolgten Untersuchungen im Gesundheitsamt Offenbach/M. Es mag negative Erlebnisse von Kindern gegeben haben, aber das können aus meiner Sicht nur Einzelfälle gewesen sein. Für mic waren die Aufenthalte jedenfalls segensreich und hatten anhaltende positive Wirkungen, körperlich und psychisch.
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Thomas aus Halle schrieb am 11.09.2023
Ich bin 63er Jahrgang und weiß ehrlich nicht so recht wie ich mit den vielen, meist negativen Meinungen hier umgehen soll. Um es vorweg zu sagen ich habe meinen Aufenthalt 1974 nicht als negative Kinderverschickung in Erinnerung auch wenn die meisten Erinnerungen nur noch schemenhaft vorhanden sind. Warum ich nach Wiek geschickt wurde weiß ich nicht da ich gesund war und wohl aber etwas dünn. Meine Eltern sind mittlerweile verstorben und können mir da nicht weiterhelfen. Die kalten Duschen, die vermeintlichen Esszwänge, Büstenmassagen das hat sich nicht als besonders negativ eingeprägt. Einmal den Magen verdorben und eine recht unsensible Reaktion der Erzieherin... mit viel mehr Negativem kann ich da nicht dienen. Ich habe es als normale Auszeit vom Schul- und Lebensalltag in Erinnerung so auch meine kleine Freundin Martina Winkler aus Leipzig, die Spaziergänge mit ihr, die Abschlussveranstaltung... alles nicht wirklich bedrückend. Auch der große Schlafsaal, war doch im Ferienlager nicht so viel anders.
Es ist schlimm dass viele dieser Kinder bis heute traumatisiert sind und das nicht nur oder insbesondere in den DDR Kinderkurheimen. Für mich ist mein Kuraufenthalt wie auch mein Leben in der DDR ein bunter Mosaikstein meines Lebens . Vielleicht ist das auch ein Resultat meiner doch schönen Kindheit welche ich nicht missen möchte.
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Frank Manthey aus Bremen schrieb am 11.09.2023
Hallo,
Ich fange gerade an erinnerungen aufzufrischen. Durch das wiederfinden eines klassenkameradens, mit dem ich in bad sooden allendorf war, kam einiges vergessenes wieder hoch. Schläge, unterdrückung, kontrolle, einschüchterung sind wohl die säulen, auf denen meine erinnerungen stehen.
Leider habe ich keine genauen erinnerungen mehr an die unterkunft, glaube aber zu wissen, dass es kein großer klotz sondern eher ein größeres haus gewesen ist.
Und dann war da noch ein moorbad, dass wir im rahmen eines ausflugs besucht hatten. Ich sollte in die wanne mit moormatsch steigen, hatte aber angst vor der pampe und das es mich runterziehen könnte. Da hat mich die olle tante gepackt und regelrecht reingedrückt. Ich sollte die schnauze halten und ja nicht auf den gedanken kommen aus der wanne zu steigen.
Dann war da noch ein raum voller nebel. Sollte gut für die atemwege sein. Die bude war sooo voller nebel, dass ich meine eigene hand nicht mehr vor augen sah, geschweige eine tür, durch die man hätte rauskommen können. Schemenhaft drang licht durch die oberlichter und da niemand auf meine verängstigten hilferufe reagierte hab ich mich dann an den wänden entlang zum ausgang getastet.
Ein kind hatte sich bei essen beckleckert. Da kam die tante, zerrte das kind in die mitte des speisesaals und sagte "guckt euch diese sau an ..."
Oft bekam man grundlos backpfeifen. Entweder WEIL man was gesagt hat oder WEIL man nichts gesagt hat.
Briefkontrolle gab es bei uns auch.
Mein kamerad hatte sich beim toben/kämpfen/spielen ein loch im kopf durch den aufprall auf einen rippenheizkörper zugezogen. Widerwillen wurde das loch von einer der tanten medizinisch versorgt. Als er seine eltern anrufen wollte damit sie ihn abholen kommen wurde er bedroht und mit bösen blicken eingeschüchtert.

Als wir wieder am bahnhof abgeholt wurden soll ich zu meiner mama gesagt haben "lieber jeden tag einen arschvoll aber bitte nie wieder da hin".
Meine mutter erzählte mir, dass wir (angeblich) "nur" 3 wochen dort verbracht haben. Vom gefühl war es eine ewigkeit voller angst, verzweiflung, tränen und hilflosigkeit. Den genauen zeitpunkt versuche ich gerade zu rekonstruieren. Es sollte jedenfalls eine art urlaub für mich sein, da ich durch meinen erkrankten bruder und weil meine eltern durch das bauen unseres hauses viel zurückstecken musste und in allem zu kurz kam.
Soweit mein stand der dinge. Aber ich bin im kontakt mit meinem kameraden von früher. Und er kann sich irgendwie noch besser an alles erinnern als ich. Der erfahrungsaustausch läuft etwas holperig. Aber gut ding will weile haben.

Liebe Grüsse,
Frank
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Iris Jensen aus 25917 Leck schrieb am 06.09.2023
Liebe Frau Röhl!
Ich war in den 50er Jahren zur "Erholung" im Marienhof in Wyk auf Föhr. Ich bin 1949 geboren, weiß nicht, wie alt ich da war. Ich kann mich gut an unser Zimmer mit 8 oder mehr Stockbetten und an die Bäume hinter den hochgelegenen Fenstern erinnern. Bei unglücklichen Vorkommnissen wie Erbrechen, Bettnässen oder Daumenlutschen wurde ich streng "ins Gebet genommen", richtig bloßgestellt. Ich war dann sehr still, wie auch heute noch, wenn an mir Kritik geübt wird. Das wird mir erst jetzt klar, wenn ich mich nicht positionieren kann.
In dem großen Flur im ersten Stock haben wir Spiele gespielt oder Ansichtskarten geschrieben. Ich habe nie wieder meine Ansichtskarten zu Gesicht bekommen.
Eine längere Zeit war ich krank und wurde in einem kleinen Haus isoliert. Da habe ich Spritzen bekommen, die sehr schmerzhaft waren. Ich erinnere mich, dass ich mich immer umdrehen musste und laut geweint habe. Danach wurde ich "Das Träumerle" genannt. "Guck mal, da kommt das Träumerle." Dann habe ich diese Rolle in einem kleinen Theaterstück, das wir auf einer Wiese im Wald/Park einübten, gespielt.
Ich kann mich kaum an Strandspaziergänge erinnern, nur an einen Keller, wo wir unsere Schuhe putzen mussten. Wahrscheinlich hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Angst, dass etwas im Wasser passiert. Wir waren öfter draußen im Park vor dem großen Haus, auch in Liegestühlen, um uns zu erholen. An Namen oder Gesichter kann ich mich überhaupt nicht erinnern. Vielleicht kann mir jemand beim Erinnern helfen.
Viele Grüße Iris
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Mona aus München schrieb am 02.09.2023
Einen wunderschönen Septembersamstag allen hier,
ich komme nicht umhin hier immer wieder die neuen Berichte-Erfahrungen zu lesen. Und auch die weiterzurückliegenden ist so gravierend an Tatsachen, kaum zu Ertragen.
Was mich jedoch auch beschäftigt als ehemaliges Verschickungskind ist der Sachverhalt, dass es wie ich lese-durchgehend- diese Perversion von erbrochenem zu Essen- ja fast alle Betrifft. Ich hatte wirklich gedacht nur ich hätte das machen müssen damals.
Auch ich muss mir immer mal wieder professionelle Hilfe holen, gerade die Corona Zeit hatte hier einiges an die Oberfläche wieder gebracht, an das ich schon nicht mehr gedacht hatte - klar verdrängt.
Doch ebenso möchte ich allen hier sagen, lasst uns nie, mehr von irgendjemanden beeinflussen, manipulieren oder sonstiges aufdoktrieren. Wir leben unser leben wie es für uns gut und richtig und wichtig ist und was uns gut tut.
Allen hier, alles Gute weiterhin viel Kraft, denn mit diesen Erlebnissen zu Leben erfordert viel Kraft.
Grüße Mona
Vielleicht war noch jemand in diesem Heim
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Uli L. schrieb am 28.08.2023
Dies sind meine Erinnerungen an 6 Wochen in Niendorf, Antonius-Heim, Sommer 1973.

Vorausgegangen war ein Winter mit einer Reihe an fiebrigen Atemwegsinfekten nebst einem pädiatrisch für ungünstig befundenen Mangel an Übergewicht. Wir Kinder bewegten uns viel, verbrannten alles Gegessene im Handumdrehen und fühlten uns wohl dabei. Allein, die Medizin befürwortete eine Kinderkur. So hieß das beschönigend hier in der Gegend.

Die Anfahrt über hunderte Bahnkilometer wurde begleitet von ehrenamtlichen Damen, ich glaube von der Caritas. Sie waren freundlich und heiter. Ich war 9 Jahre alt und gespannt, das Meer zu sehen.

Die Heimleitung unterstand einer Nonne, und ich erinnerte mich an meine fröhliche Kindergartenzeit unter Leitung ebenfalls einer Nonne. Tatsächlich wurde einiges zur Unterhaltung von uns Kindern unternommen, eine Fahrt ins Legoland, eine Bootsfahrt in Travemünde, ein Sommerfest mit Süßigkeiten, Knackwurst und Umzug, für den Lieder eingeübt wurden. Sonntags gab es die "Sendung mit der Maus" oder eine Messe. Niemand wurde geschlagen oder sexuell misshandelt. Damit sind die positiven Seiten aufgezählt, und wir nähern uns dem Kern des Problems.

Angekommen im Heim, begrüßten uns Schwester Irmlind und ihre säkularen Helferinnen mit dem Auftrag, eine Postkarte an die Eltern zu schreiben. Dazu brauchte ich drei Anläufe. Der erste wurde sogleich zerrissen wegen meiner krakeligen Handschrift. Weil ich dabei sehr rüde angefahren wurde, beinhaltete mein zweiter Versuch eine Bemerkung, die erkennen ließ, dass ich bei nicht sehr netten Menschen gelandet war, verfasst mit der schönsten mir möglichen Handschrift. Nun war der Inhalt nicht genehm. "Sollen sich Deine Eltern etwa schreckliche Sorgen machen?", lautete die psychologisch erpresserische Zensurbegründung, und man ließ keinen Zweifel daran, dass wir Betroffenen an dem Schreibplatz ewig schmoren würden, wenn wir nicht gehorchten.

Der dritte Versuch ging durch, und ich dachte, diese Menschen sind unehrlich. Falle besser nicht auf, mit denen ist wahrscheinlich nicht zu spaßen. Kinder sind weder erfahren noch vorausschauend, aber beobachten sehr genau und erfassen intuitiv. Meine Briefe in den folgenden Wochen waren krakelig und voller Schreibfehler, beinhalteten aber stets einen Satz, dass es dort "schön" sei oder es mir gefiele. Ich Bub vergaß auch nicht, die vom Heim gelegentlich organisierten Bespaßungsaktionen wortreich zu loben. Damit gaben sie sich zufrieden.

Abendbrot, Zähneputzen, ab in die Falle. 24 Jungen verteilten sich auf mehrere Schlafräume.

Am nächsten Tag erfuhren wir den eigentlichen Zweck der Maßnahme. Mast! Es ging zum Wiegen. Die Gewichtszunahme bis zum letzten Wiegetag war die einzig gültige Währung an diesem Ort. Wir bekamen nassforsch Essen aufgefüllt, vor allem mittags, so als wüssten Kinder nicht, wann sie satt sind. Um meinen Appetit zu "sparen", verzichtete ich auf den Nachtisch, was toleriert wurde.

Das reichte aber nicht. Mehrmals wurde mir beim Essen so übel, dass ich flüchten und mich übergeben musste. Die Konsequenz war, die nächsten 24 Stunden bei Tee und Zwieback im Bett verbringen zu müssen. Natürlich spielte es offiziell keine Rolle, dass sie mein Essvermögen überfordert hatten, nein, sie verdächtigten mich eines Magen-Darm-Infekts, mit dem ich andere hätte anstecken können. Quarantäne also. Wie verlogen. Wie boshaft. Als Geschundenem wurde einem auch noch die "Schuld" zugeschoben, und die Strafe war Isolation.

Der Speiseplan wiederholte sich ab und zu, und so auch das Schicksal eines Leidensgenossen, der keinen Rotkohl essen konnte. Er musste vor seinem Rotkohlteller im Speisesaal sitzen bis zum Abendbrot.

Im Juli hatte ich Geburtstag, und es kam ein Paket. Den beigelegten Brief händigten sie mir wohl aus, behielten aber den Inhalt an Süßigkeiten ein. Begründung: Es sei zu schwierig, ihn in der Gruppe zu verteilen. Meine Eltern hatten mich für diesen Fall vorgewarnt. Sie waren in einem Schreiben gebeten worden, keine Pakete zu schicken. Vielleicht dachten sie, weil es mein 10. Geburtstag war, würde es vielleicht eine Ausnahme geben.

Zwischenzeitlich fand eine ärztliche Untersuchung für alle statt und danach Inhalationen in einem eigens dafür ausgestatteten Raum. Über mehrere Wochen hatte ich eine kleine, eiternde Wunde am Unterschenkel. Die hat niemand entdeckt, und weil sie nicht schmerzte, habe ich sie mit keinem Wort erwähnt. Da war eine diffuse Angst, dass dann irgendetwas Unangenehmes passieren würde.

Bei warmem Wetter wurde gelegentlich ein Bad in der sehr nahen Ostsee angeordnet. Das hatte wenig Schönes. Alle kurz hinein ins Wasser und dann wieder raus. Auf dem Gelände gab es einen Sandkasten, wo wir oft spielten, z. B. angetriebene Quallen mit Sand panieren.

Die Wochen verrannen zähflüssig, und in der Gruppe herrschte eine freudlose, bleierne Stimmung. Jeder war in sich gekehrt, mit sich selbst beschäftigt. Der für Jungen so typische Trieb, sich zu bewegen und mit anderen zu messen, kam zu Erliegen. Beim Kicken auf dem kleinen Aschenplatz waren mir das Torezählen egal. Hatte etwas Symbolträchtiges. Warum sollte es an diesem unglückseligen Platz einen Sieger geben? In den trüben Gesichtern auf dem Abschlussphoto ist es festgehalten, niemand lächelte.

Am letzten Wiegetag notierte das Personal selbstzufrieden: "900 Gramm zugenommen". Mission accomplished. Das ganze elende Theater für 900 Gramm, aber nun war es überstanden, und es ging endlich heim.

Daheim am Bahnhof holten mich meine Eltern und Geschwister ab. Sie sorgten sich ein wenig, ich hätte nach der vermeintlich schönen, langen Zeit womöglich Fernweh. Sie fielen aus allen Wolken, als ich ihnen erklären musste, dass ich ihnen in den Briefen ein Trugbild hatte vorgaukeln müssen. Geschehen ist nichts. Ich lebte mich rasch wieder ein. Jahre später hatte ich eine massive, psychosomatische Essstörung, die mit Niendorf zu tun gehabt haben kann, aber wer weiß das schon? Auch das wuchs sich aus.

Fazit

Unter dem Banner der Kindesgesundheit wurden wir vom Heimatort, von Freunden, Geschwistern und Eltern wochenlang und in jedweder Hinsicht isoliert. Ich erduldete die Unterschlagung meines Eigentums, Körperverletzung, Freiheitsberaubung und psychische Deformation. Stets hatten die Methoden ein scheinbares Argument. Für alles gab es einen Vorwand. Wer erbricht, ist krank und ergo zu isolieren. Natürlich nur tagsüber. Nachts schliefen ja alle zusammen im selben Zimmer. Den Schwindel bemerken sogar wir Kinder. Bekommt jemand ein Paket, blutet den anderen das Herz, also ist das schlecht. Berichtet ein Kind wahrheitsgemäß, wird der Brief zensiert, schließlich soll sich niemand Sorgen machen. Sehr vielsagend ist das oben erwähnte Anschreiben an die Eltern. Darin stand, sie sollten um Himmels Willen ihre Kinder dort nicht besuchen, sonst drohe schlimmes Heimweh, und ihr Kind wäre unglücklich. Emotionale Manipulation. Auf den ersten Blick sieht das jeder ein. Tatsächlich diente es hauptsächlich der Sicherstellung einer allumfassenden Kontrolle. Ich Bub verstand das sofort. Dieses System war raffiniert und perfide, und seine Agierenden handelten planvoll. Vorsatz ist zu unterstellen und das Unrecht vollzog sich an Schutzbefohlenen.

In der Rückschau wird (mir) klar, wie es zu den von anderen geschilderten, weit schlimmeren Misshandlungen kommen konnte. In einem solchen Regime außerhalb jeder äußeren Kontrolle haben Täter, die wie in meinem Fall nicht nur kaltherzig, gleichgültig und bequem sind, sondern sadistisch oder sexuell pervers veranlagt, leichtes Spiel. Ein Selbstbedienungsladen geradezu.

Wenn ich sagen sollte, was ich den Täterinnen bis heute am meisten übel nehme, dann vielleicht dies: Dass ihr mich genötigt habt, mich zu verstellen, zu heucheln und meine Eltern in den Briefen zu belügen.
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Sabrina aus Wetter schrieb am 28.08.2023
Aktuelles nach fahrt zu. SAMABERG
Ich konnte Fotos vom Gebäude machen leider durfte ich nicht rein.
Ich suche gleichgesinnte die in diesen kinder heim waren
In bayer am Samsberg in Friesing
Unmittelbar gibt es dort noch ein Gebäude mit einem Schwimmbad da war wohl auch ein kur Heim.
Bitte schaut auch bei faceboog vorbei dort hsbe ich Bilder von mehreren ki der bekommen vieleicht erkennt sich jemand wieder
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Andreas Göttlich aus Hamburg schrieb am 27.08.2023
Mein Name ist Andreas, Jahrgang 1961. Ich bin dreimal verschickt worden.
Bevor ich im Alter von vier Jahren das erste Mal verschickt wurde, haben mich meine Eltern, als ich zwei und ein halbes Jahr alt war, in ein Heim gegeben, weil meine Mutter eine Kur machen wollte.
Ich habe daran überhaupt keine Erinnerung. Meine Mutter erzählte, dass ich, als sie mich wieder abholte, nicht mehr laufen wollte oder konnte.
Mit den Erinnerungen ist das bei mir so eine Sache, da ist nämlich nicht viel, an das ich mich erinnern kann.
Also, das erste Mal wurde ich an den Timmendorfer Strand verschickt. Ich erinnere lediglich, von einem Mann aus dem Heim in die Ostsee geschubst, gestoßen oder geworfen worden zu sein. Wasser war nicht so mein Element und an meine Tränen und an meine Verzweiflung und Angst erinnere mich gut.
Und das war es auch schon, alles andere liegt im Dunkeln.
Das zweite Mal ging es mit sieben Jahren, ich war in der ersten Klasse, nach St. Peter-Ording in das "Haus Blinkfuer".
Mein Zeugnis aus der ersten Klasse weist 61 Fehltage wegen zweier Verschickungen aus.
Da mein gesundheitlicher Zustand nicht zufriedenstellend war, habe ich eine Verlängerung bekommen, also war ich drei Monate von zuhause fort. Ich hatte ganz schreckliches Heimweh. Wegen des Heimwehs ging es mir nicht gut und statt mich wieder zurück zu schicken, musste ich noch sechs Wochen länger das Heimweh erdulden.
Meinen Leistungen in der Schule waren die fehlenden drei Monate keinesfalls dienlich.
Meine Mutter hat sich dann, aus Sorge um mich, in dem Ort ein Zimmer genommen und mich aus der Ferne beobachtet, Kontakt durfte es keinen geben.
Allerdings habe ich nach dem Mittagessen immer ein Stück von der Schokolade haben dürfen, von meiner Mutter vorbeigebracht, um das Heimweh etwas zu lindern.
Aber auch hier nur ganz wenig Erinnerung. Ich sollte etwas essen, was mir nicht schmeckte, es gelang mir, es in die Kloschüssel zu spucken. Vielleicht erinnere ich hier auch die Schokoladensuppe, die war einfach nur widerlich.
Die dritte Verschickung, ich glaube es ging nach Westerland auf Sylt, für sechs Wochen, hatte ich mit zehn Jahren.
Mal wieder wegen der Bronchien, wie es hieß.
Diese Verschickung ist ein einziger weißer Fleck, ich bin mir selbst mit Westerland nicht sicher.
Nach den Wochen bat ich meine Mutter mich nie wieder wegzugeben, wahrscheinlich hatte ich wieder sechs Wochen lang Heimweh. Ich hatte das Gefühl, meine Eltern haben mich abgeschoben, weil sie mich nicht lieb hatten.

Die ersten depressiven Episoden, mit Mitte zwanzig, ich wohnte seit einigen Monaten mit meiner Freundin zusammen, nahm ich zum Anlass für eine erste Therapie, ich vermutete einen Zusammenhang zwischen der depressiven Erkrankung meiner Mutter und meiner eigenen.
Etliche Therapien und vierzig Jahre später sehe ich auch einen ganz starken Zusammenhang mit dem viermaligen ungewollten Getrenntsein von meinen Eltern, Geschwistern und der gewohnten Umgebung.

Ich habe mit vierzehn Jahren angefangen, Medikamente und Drogen zu missbrauchen.
Trennungen sind, seitdem ich das erste mal fortgeschickt wurde, sehr schmerzhaft und hatten oftmals sehr negative Folgeerscheinungen für mich.
Der Auszug meiner älteren geliebten Geschwister aus unserem Elternhaus, die Auswanderung meiner Schwester mit ihrer Familie, das anfängliche wöchentliche Abschied nehmen von meiner Frau.
Ich habe in meinen Beziehungen Nähe nicht zulassen können, wurde depressiv und, weil ich mich eingeengt fühlte, aggressiv. Als ich mit meiner Frau zusammenzog, konnte ich die Nähe nicht ertragen und hab komplett zugemacht, die schönen Gefühle für sie waren nicht mehr da.
Meine Frau und meine Töchter mussten mich so jahrzehntelang ertragen. Darüber bin ich maßlos traurig aber auch voller Dankbarkeit und Liebe für meine Frau und für meine Töchter, die trotz allem zu mir gehalten haben.
Ich habe mich immer stärker separiert, habe Feste und Einladungen ausgeschlagen, mein Freundeskreis dezimierte sich auf Null.
Mein Selbstwertgefühl ist gering und meine Selbstwahrnehmung gestört.
Mittlerweile erlebe ich soziale Kontakte durchaus wieder als angenehm und bereichernd. Ein klein wenig stolz bin ich darauf sämtlichen Drogen entsagt zu haben. Die vielen Therapien und die Einnahme von Psychopharmaka haben es ermöglicht. Sie, die Kontakte wie die Therapien, sind aber auch sehr anstrengend und ermüdend. Ich muss mich dann wieder zurückziehen, um mich erholen zu können.
Mittlerweile beziehe ich eine Erwerbsminderungsrente, die Kräfte schwanden vor ein paar Jahren erheblich.
Termine wahrzunehmen kostet Kraft und lösen oft ein panisches Gefühl in mir aus.

Die vielen Berichte, die ich bisher von Verschickungskindern las, machen mich sehr traurig.
Ich denke, ich hatte "einfach nur" schreckliches Heimweh, und hoffe, nicht zu denen zu gehören, die während ihrer Aufenthalte in den Heimen so unfassbares Leid erleben mussten.

Ich wünsche mir eine Aufarbeitung zum Wohle von uns Verschickungskindern und bin Anja Röhl und allen Berichtenden dankbar für ihren Mut, sich dem Geschehenen zu stellen.
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Prohn aus Winsen (Luhe) schrieb am 25.08.2023
Meine Schwester ( Jahrgang 64) hatte seit ihrer Geburt eine Bronchitis und war daher immer furchtbar krank. Die Aussicht auf Hilfe durch eine Kur an der Nordsee war wohl sehr verlockend für meine Mutter,die wegen der vielen Husten- und Erstickungsanfälle meiner Schwester grosse Schlafprobleme bekommen hatte. Der Antrag wurde aktiv über die LVA gestellt,nicht vom Kinderarzt, sondern von meinen Eltern. Ich war eigentlich immer gesund, aber da ich knapp 2 Jahre älter war, sollte ich quasi zur Begleitung und zum " Schutze" meiner 3 1/2 jährigen kleinen Schwester, gleich mit verschickt werden. Mit 5 1/2 Jahren!! Diese Rechnung ging aber leider nicht auf.
Kaum betraten wir am Altonaer Bahnhof den Zug Rg. Sylt, da wurden wir auch schon getrennt. Eine "Tante" kam von rechts und nahm meine Schwester mit und eine andere Tante zog mich nach links. Im Abteil saßen schon wenigstens 4 andere kleine Mädchen und die genannte Tante. Meine Mutter hatte uns auf Ausflügen häufig Sunkist Tüten mitgegeben. So auch dieses Mal. Es war Kirschgeschmack. Das weiss ich so genau, weil ich in den Strohhalm reinpustete und der Kirschsaft wie eine Fontäne heraus schoss, mein Kleid versaute und das meiner Nachbarn gleich mit. Die Tante sprang auf und wedelte wild mit einem Taschentuch herum um zu retten was nicht zu retten war. Mein Kommentar war " das ist nur passiert, weil das Kirsche war" ( Tatsache hatte ich das schon vorher gemacht und es war auch damals Kirschsaft gewesen...) die Tante wurde sauer und sagte :" ich gebe dir gleich Kirschsaft" ...das war alles nicht schlimm, denn der Spruch hätte auch von meiner Mutter sein können...in Westerland angekommen, bezogen wir ein eher kleines Gebäude. Es sah aus wie eine alte Stadtvilla in L-Form. Ich bin ziemlich sicher dass ich das Haus noch wieder erkannt habe, als ich auf den Spuren der Vergangenheit Sylt besuchte.. Heute denke ich, dass ich ausgelagert worden bin, denn ausser unserer Gruppe von höchstens 10 kleinen Mädchen gab es nur noch eine kleine Gruppe von grossen Mädchen im Haus, die wenigstens 10-12 Jahre alt waren. Die haben uns kleinen Mädchen so manches Mal vor Schaden bewahrt während des 6 wöchigen Aufenthaltes im Haus. Meine Schwester war also erstmal weit weg. Meine Eltern erfuhren nicht offiziell, dass wir getrennt wurden. Mama hatte nach wie vor nur eine Postadresse für uns beide. Sie hatte die 6 Wochen dazu genutzt Geld hinzu zu verdienen. Das war bei uns immer knapp und meine Eltern dachten uns ja in guten Händen. Es dauerte dann auch gar nicht lange, bis deutlich wurde wie schnell die Kinderrechte auf der Kur verletzt wurden. Ich muss im Nachhinein sagen, dass ich viel Glück im Unglück hatte. Ich aß immer mein Essen auf und ich mochte auch alles was es dort gab. Auch Puddingsuppe am Morgen, aber das war bei vielen Kindern in unserer Gruppe anders. Kleine Mädchen, die sich morgens schon in ihre Teller erbrachen und mit auf dem Rücken festgehaltenen Händen gewaltsam mit dem erbrochenem gefüttert wurden, sah ich häufiger. An meine Gefühle dabei kann ich mich nicht erinnern, aber die Tatsache, dass ich es nie vergessen habe spricht für sich. Das Abendessen bestand aus fertig geschmierten Schwarzbrotscheiben mit Gurke und Butter. Wenn alle im Speiseraum aufgegessen hatten, wurde Fred Feuerstein im Fernsehen eingeschaltet, aber eben nur wenn.... Vor dem Schlafen wurde gemeinsam gesungen. Ich sang sehr gerne und genoss die Zeit vor dem Schlafen gehen. Einmal duzte ich aus Versehen die "Tante" während der Singstunde. Ich musste sofort den Raum verlassen und mich ins Bett legen. Das empfand ich als sehr schmerzlich. Die "Tante" erschien noch an meinem Bett und forderte mich auf, mich bei ihr zu entschuldigen. Das war erniedrigend, aber ich tat das sofort. Vor dem Schlafen wurden alle unsere Puppen und Stofftiere oben auf einen Schrank gelegt. Die grossen Mädchen holten sie manchmal wieder für uns runter. Die waren sowieso in meinen Augen unglaublich mutig. Im Schlafraum gab es sehr viele Kinderbücher. Ich habe das sehr genossen, weil wir zuhause nur wenige Kinderbücher besassen. Ich erinnere mich an " das hässliche Entlein" und " wir Kinder aus Bullerbü". Unten im Speisesaal gab es eine Puppenecke. Jeden Tag nach dem Mittag mussten wir 2 Stunden Mittagsschlaf machen. Nicht im Bett, sondern unten im Saal auf kleinen Pritschen. Ich hatte schon seit meinem 2.Lebensjahr den Mittagsschlaf abgelehnt. Hier wurden wir gezwungen die Augen zu schließen. Das ist mir 6 Wochen lang fast nie gelungen. Hatte ich die Augen nicht geschlossen musste ich 2 Stunden " nachschlafen" während die anderen Kinder ins Wellenbad gingen. Was für eine Zeitverschwendung. Schlimmer war es des nachts. Schliefen wir nicht oder geisterten im Flur rum weil wir aufs Klo mussten, wanderten wir barfuß in den Schuhraum. Dort standen wir gefühlt stundenlang rum bis wir irgendwann befreit wurden. Einmal hatte ich während ich mit dem Gesicht zur weissen Wand stand, Nasenbluten bekommen. Das Blut spritzte gegen die Wand und die "Nacht-Tante" geriet in Panik ( wegen der Wand, ncht wegen mir...)
Einmal bin ich barfuss in Glasscherben getreten. Da wurde ich von einer Tante Huckepack getragen und zum Arzt gebracht, sodass die anderen Kinder mich beneideten. Es war eine externe Arztpraxis. Nicht der Arzt der manchmal ins Kurheim kam. Wir waren auch alle gemeinsam am Strand und bekamen Schaufeln. Auch waren wir ein bisschen im Wasser. Regelmäßig gab es ärztliche Untersuchungen beim Arzt. Dafür mussten wir uns im Schlüpfer auf dem Flur in eine Reihe stellen und warten. Erst wurden wir gewogen. Sollte man abnehmen und hatte man dies geschafft, gab es einen Bombon. Ebenso wars mit dem Zunehmen. Der Bonbon war die Belohnung. An Impfungen und dergl. kann ich mich nicht erinnern. Die Karten schrieben die Tanten. " Es geht mir gut, ich habe viele Freunde usw....
Nachdem wir ca 1-2 Wochen auf Sylt waren, ist unsere Oma hinter uns her gefahren. Ihr fiel dann auf ,dass meine kleine Schwester in ihrer Truppe 1 Woche lang nicht mehr draussen auftauchte. Also fragte sie bei den Tanten nach. Diese sagten Linda hätte Hausarrest. Sie hatte es mit ihren 3 1/2 Jahren gewagt ihr Eibrot abends beim Abendbrot unter die Bank zu werfen. Also wurde sie, die Bronchienkranke von Frischer Luft und Bewegung ausgeschlossen. Da nützte es auch nichts dass unsere Großmutter ständig beim Kurhaus meiner Schwester an die Tür klingelte. Man öffnete ihr einfach nicht. Ich hatte mehr Glück. Oma durfte mich tatsächlich einmal kurz besuchen. Wir waren gemeinsam in einem kleinen Raum mit einem Sessel auf dem ich kurze Zeit auf Ihrem Schoss sitzen durfte. Meine Oma berichtete nach Ablauf ihres Aufenthaltes alles brühwarm meinen Eltern. Auch, dass wir immer nur die Badesandalen und den Plastikrock trugen und all die hübschen Anziehsachen waren nie aus dem Schrank herausgekommen. Meine Eltern wunderten sich zwar, hofften aber, dass es so schlimm schon nicht sein würde. Als die sechs Wochen um waren, hatten wir erstmal aufgehört zu sprechen. Der Schock über das erlebte und die lange Trennung waren im warsten Sinne nicht in Worte zu fassen. Lange Zeit brauchte meine Mutter uns nur anzudrohen, dass wir wieder verschickt werden würden, um brav zu sein. Dennoch war es unseren Eltern schnell klar, dass die Aktion ein Fehler war. Mama hatte nicht mit Worten gespart den Nachbarn zu berichten, was auf Sylt alles vorgefallen war. Trotzdem verschickten unsere Nachbarn ihre Kinder Jahr für Jahr zur Kur. Und alle Nachbarskinder kamen trotz Vorwarnung "stumm" zurück. Unsere Kinderverschickung war lange Zeit Thema in der Familie und durch die Initiative Verschickungskinder, wurde sie nochmal wieder " aus der Versenkung geholt". Ich habe keine Langzeitschäden zurück behalten. Bei meiner kleinen Schwester war ich mir da weniger sicher. Mein Mitgefühl gilt allen " Verschickungskindern", denen damals grosse Gewalt und Unrecht zugefügt wurde. Wenn all die schrecklichen Dinge meinen eigenen Kindern passiert wären, ich hätte als Mutter Vergeltung gefordert. Unsere Eltern waren hilflos, obrigkeitshörig und ängstlich. Geprägt durch eine Kindheit im Krieg, nicht in der Lage die Situation richtig einzuschätzen. Ich habe ihnen die Kinderkur längst verziehen.
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Sabine S aus Bremen schrieb am 23.08.2023
Hallo , ich möchte meinen Eintrag noch vervollständigen.
Erfahrungen mit Schlägen habe ich persönlich nicht, aber das ist meinem Bruder auf Sylt passiert, nachdem er eingenäht hatte.
In dem Kloster in Rottenbuch sind wir evangelischen Kinder nicht so gerne gesehen gewesen.
In Oberjoch schwamm immer eine braune Tablette in der Suppe, ich hoffe mal es war Lebertran oder so .
Ich habe heute das größte Problem mit dem Schweigen unserer Eltern. Bis heute redet meine Mutter( Kriegskind ) nicht mit mir darüber. Das ärgert mich sehr.
Ich habe aber auch gute Geschichten aus den Kuren zu erzählen.
Schön dass wir uns alle auf den Weg machen.
Danke
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Veronika schrieb am 23.08.2023
mein Bruder und ich wurden zusammen verschickt, er war höchstens 4 Jahre alt !! ich 5 oder 6 , ich sollte vor Schuleintritt bessere Gesundheit bekommen, mein Bruder hat in der ersten Nacht ins Bett gemacht, daraufhin wurde er von mir getrennt zur Strafe !!! , mittags mussten wir Mittagsschlaf halten , auf dem Balkon , Kerzengerade im Bett liegen, man durfte sich Nicht auf die Seite drehen ! ich lutschte damals am Daumen , dass durfte man aber nicht, man MUSSTE schlafen ... ich mochte auch keine gekochten Tomaten , man MUSSTE sie aber essen,,, das einzig Gute waren Brötchen mit Honig Samstag abends.. wir haben später Postkarten im Nachlass unserer Mutter gefunden, die die Erzieherinnen an unsere Eltern geschrieben hatten, auf denen stand, dass es uns gut geht... meine Mutter hat nie verstanden , wieso es so schrecklich war, sie war als Kind oder Jugendliche schließlich selber dort ..
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Sabine S aus Bremen schrieb am 23.08.2023
Mit 4 Jahren wurde ich das erste Mal ins Allgäu für 6 Wo chen verschickt.
Danach fast alle 2 Jahre. 2 Mal davon war das Kurheim von katholischen Schwestern geleitet.
Ich denke heute die 2 ersten Verschickungen haben das Urvertrauen in die Eltern, besonders die Mutter stark beeinträchtigt.
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Mischa schrieb am 23.08.2023
Timmendorfer Strand: Deutsches Kindererholungsheim, Privatheim Frau Etta Düvel, Krankenschwester, Kastanienallee 3-5. Jeweils 6 Wochen 1957 und 1958.

Allerheiligen/Oppenau, Schwarzwald: Kinderkurheim, Caritas. 6 Wochen ca. 1962.

Glücksburg: Kindergenesungsheim St. Ansgar, von Ursulinen geleitet, Sandwigstraße 8.
6 Wochen November/Dezember 1964.

Mein Geburtsjahr ist 1954. Ich bin viermal verschickt worden, erstmals als Dreijähriger 1957 und erneut 1958 als Vierjähriger, beide Male nach Timmendorfer Strand, sehr wahrscheinlich in das Privatheim von Frau Düvel. Ca. 1962 (das genaue Jahr ist unbekannt) verschickte man mich zusammen mit meiner ein Jahr jüngeren Schwester nach Allerheiligen im Schwarzwald. 1964 wurde ich mit einem Jungen aus einem Nachbarort nach St. Ansgar in Glücksburg verschickt.

Timmendorfer Strand 1957 und 1958.
Als ich 2009 erstmals vom Schicksal der Verschickungskinder hörte, habe ich umgehend begonnen, meine 4 Verschickungen zu rekonstruieren. Bis auf wenige Ausnahmen habe ich an alle 4 Aufenthalte keine Erinnerungen mehr.

Von einer freundlichen und zuvorkommenden Mitarbeiterin des Fremdenverkehrsamtes Timmendorfer Strand habe ich 2009 auf meine Anfrage hin Informationen und Materialien zugeschickt bekommen, u.a. Kopien von Fotos einer Werbebroschüre für das private Erholungsheim. Im Schriftverkehr mit der Mitarbeiterin habe ich dann durch den Hinweis von ihr, dass Kinder u.a. über die Knappschaft in das Heim verschickt wurden, die Einrichtung von Frau Düvel als „mein“ Kindererholungsheim identifiziert. Mein Vater war mit seiner Familie bei der Knappschaft versichert.

Laut einem undatierten Zeitungsartikel aus Timmendorfer Strand, den ich als Kopie von der Mitarbeiterin erhalten hatte, wurde das Haus (vor 2009) abgerissen, nachdem Frau Düvel, die das Heim mit kriegsbedingter Unterbrechung (1945 – 1948 als Lazarett für Kriegsblinde genutzt) seit 1939 geleitet hatte, mit 70 Jahren in den Ruhestand gegangen war. Zitat aus dem Zeitungsartikel: „Jungen und Mädchen im Alter zwischen vier und zwölf Jahren […] strömten selbst aus fernen Ländern, beispielsweise aus Japan, nach Timmendorfer Strand, um im Kinderheim Urlaub zu machen.“ Weiterhin ist zu lesen, dass „kleine Gäste aus fast allen europäischen Ländern beherbergt“ wurden. Von Frau Düvel geschätzte Zahl der Verschickungskinder seit der Gründung 1912: 20.000.

Bei den zwei Verschickungen nach Timmendorfer Strand erinnere ich mich nur an eine Begebenheit: Während eines Gruppenaufenthaltes am Meer wurde ich am Strand von der Erzieherin allein zurück ins Wasser geschickt, weil ich bei der Rückkehr der Gruppe aus dem Wasser mit der nassen Badehose in den Sand gefallen war. Ich sollte noch einmal ins (vermutlich sehr flache) Meerwasser eintauchen, um die Badehose zu „säubern“. Ich mag mich aus der Erwachsenenperspektive gar nicht in die damalige Situation emotional hineinversetzen, aber man kann sich denken, wie unendlich allein, verlassen und ausgeschlossen ich mich gefühlt haben muss. Als dreijähriges (und im folgenden Jahr als vierjähriges) Kleinkind in der Fremde, ohne Eltern und Geschwister und weitere vertraute Bezugspersonen, war ich sowieso schon, wie auch meine Mitbetroffenen, im übertragenen wie im Wortsinn „mutterseelenallein“. Ich muss mich, wie es in einem Verschickungszeugnis formuliert wurde, in den 6 Wochen „verraten und verkauft“ gefühlt haben, ohne dies damals als Kleinkind verbalisieren zu können.
Und dann noch allein ins Meer geschickt zu werden, in die von Menschen nicht zu kontrollierende Urgewalt des Wassers, war das für die kleine Kinderseele überhaupt noch aushaltbar? Jedenfalls müssen meine Isolation in diesem Moment, mein Gefühl der Fremdheit, der Verlorenheit und des Verrats unermesslich gewesen sein.

Die von Thuiner Franziskanerinnen geleiteten Kindererholungsheime St. Johann und Antonhaus im Ortsteil Niendorf (Stichwort „Gedenkstein“) sind mir wohl erspart geblieben. Aber auch bezüglich des Deutschen Kindererholungsheimes sind hier auf dieser Website von Betroffenen schlimme Erfahrungen dokumentiert worden.

An Weihnachten 1979 schenkten meine Eltern meinen Schwestern und mir je ein persönliches Fotoalbum mit Fotografien aus der Kindheit und Jugend. Mein Album enthält 3 Fotos aus Timmendorfer Strand 1957/1958. Zwei davon zeigen mich inmitten einer fröhlichen Schar von unverkennbar älteren Mädchen – auf einem Klettergerüst bzw. auf einer Bank. Für das Zustandekommen dieses Motivs - ich als einziger Junge mit 10 bzw. 4 älteren Mädchen - habe ich keine Erklärung. Auf dem dritten Foto bin ich mit anderen Jungen und Mädchen sowie 3 Erzieherinnen auf dem Außendeck eines kleinen Schiffes abgebildet, das in der Ostsee unterwegs ist. Die Jungs sitzen für sich auf der einen Seite des Decks, die Mädchen, getrennt durch einen Gang, auf der anderen Seite. Von mir ist nur der Kopf im Vordergrund zu sehen, vor den Mädchenbänken und neben einer Betreuerin.
Inzwischen bin ich geneigt, diese fotografischen Dokumentationen meiner beiden Kuren in Timmendorfer Strand positiv für mich zu interpretieren. Vielleicht haben die älteren Mädchen mich kleinen Knirps zumindest in den beschriebenen Situationen ein wenig unter ihre Fittiche genommen, mich in gewisser Weise beschützt.

Allerheiligen/Oppenau ca. 1962.
Meine Anfrage 2009 beim Verkehrsamt Oppenau ermöglichte mir den Kontakt zur letzten Gesamtverantwortlichen des Heimes, die in der Leitung des Hauses vom Diözesan-Caritas-Verband Mainz unterstützt wurde. Die zu diesem Zeitpunkt hochbetagte Dame hat mir einen freundlichen Brief geschrieben und mir einige Fotografien u.a. vom Haus sowie Informationen zum Kindererholungsheim zugeschickt.

In der Zeit von 1947 bis 1972 wurden mehr als 25.000 Kinder aus den Diözesen Mainz und Trier sowie aus staatlichen und kommunalen Verbänden aus dem Rheinland und aus Nordrhein-Westfalen nach Allerheiligen verschickt. Anfangs standen 160, später 120 Betten für jährlich 8 sechswöchige Kuren zur Verfügung. Eine Gruppe musste immer von zwei Personen betreut werden, mindestens von einer ausgebildeten Erzieherin und ggf. einer Praktikantin. Die Mittagsruhe wurde von den Kindern in der Liegehalle verbracht. Die Funktion des Heimarztes wurde von einem Mediziner in Oppenau übernommen. Er untersuchte die Kinder am Anfang einer Kur, in der Mitte und am Ende.

Weiterführung des Heimes als Landschulheim 1978, seit 1990 wird die Einrichtung von der katholischen Laienmissionsorganisation ICPE (International Catholic Program for Evangelisation) genutzt.

Die Klosterruine Allerheiligen (ehemaliges Prämonstratenser-Kloster) und die Umgebung werden noch heute touristisch genutzt. Ein ehemaliges Hotelareal mit zwei Gebäuden wurde 1947 von der Caritas Mainz für das geplante Kindergenesungsheim gekauft. Die Allerheiligenkapelle, 1960 neu erbaut, spielte auch bei den Kinderkuren eine wichtige Rolle.

Von meinem sechswöchigen Aufenthalt in Allerheiligen habe ich nur eine Erinnerung: Ich wurde dorthin mit meiner ein Jahr jüngeren Schwester verschickt. Nach der Ankunft standen wir zwei Hand in Hand vor einer oder mehreren Betreuerinnen. Ich habe es so in Erinnerung, dass unsere Hände durch einen harten Schlag getrennt wurden und ich so meine Schwester, meinen einzigen Halt in der Fremde, verlor. Alles andere aus den 6 Wochen ist wie bei allen meinen 4 Heimaufenthalten komplett gelöscht.
Meine Mutter habe ich vor sehr vielen Jahren, als mir der Name des Ortes der Verschickung in den Schwarzwald nicht mehr eingefallen war, danach gefragt. Die Antwort kam prompt: „Allerheiligen“. Als ich sie fragte, wie es dort gewesen sei, sagte sie nur: „Nicht gut.“

Glücksburg 1964.
Sechswöchiger Aufenthalt mit einem Jungen aus einem Nachbardorf im November/Dezember im von Ursulinen (katholischer Frauenorden) geleiteten Kinderkurheim St. Ansgar, das 1950 vom Ursulinenkonvent aus dem ehemaligen Liebenthal, Niederschlesien, übernommen, renoviert und neu eingerichtet wurde. Das Gebäude wurde 1999 abgerissen.

Auf meine 2009 getätigte Anfrage bei der Stadtverwaltung Glücksburg hin, schickte mir das Bürgerbüro u.a. Kopien einer Broschüre über St. Ansgar von 1968 mit Fotos vom Gebäude und den Räumlichkeiten sowie Informationen über das Heim. Es wurden 120 Kinder, je zur Hälfte Jungen und Mädchen im Alter von 5 bis 14 Jahren, aufgenommen, Mädchen auch älter als 14 Jahre. Für die 120 Kinder, die nach Altersstufen in Gruppen eingeteilt wurden, standen lediglich 8 Badezellen und 1 Brausebad zur Verfügung. In der Broschüre ist auch zu lesen, dass als Teil des Kurverfahrens „je nach Bedürfnis Medikamente und zusätzliche Stärkungsmittel“ eingesetzt wurden. Mitzubringen hatten die Kinder u.a. „das Diözesan-Gesangbuch“. Neben der Oberin waren eine Jugendleiterin, Kindergärtnerinnen und Krankenschwestern für die Betreuung der Kinder zuständig.
Weiterhin liegen mir Kopien von Fotos mit dem Gebäude St. Ansgar von 1954, 1958, 1990 und 1998 vor. Eine von einem Verschickungskind 1962 beschriebene Ansichtskarte vom Speisesaal von St. Ansgar beschaffte ich mir über einen Ansichtskartenversand. Der verschickte Junge hatte für seine Eltern seinen Platz im Speisesaal markiert. Offenbar gab es also zumindest in dieser Zeit fest zugewiesene Plätze bei den Mahlzeiten.

Der freundliche Mitarbeiter vom Bürgerbüro schickte mir auch Kopien einer weiteren Broschüre mit Fotos und knappen Informationen sowie Kopien von 6 weiteren Fotos von Küche, Wäscherei, Schlafsaal und Aufenthaltsräumen zu. Die Broschüre und die 6 Fotos stammen aus der NS-Zeit: auf einem Foto in der Broschüre steht die Hakenkreuzflagge im Mittelpunkt („Blick vom Spielplatz am Hause“). Auf einem der 6 Fotos ist in einem Aufenthaltsraum u.a. ein Bücherregal zu sehen, 2 Bücher liegen auf einem Tisch. Den Titel des einen Buches konnte ich mit Hilfe einer Lupe und einer Recherche in der Deutschen Nationalbibliografie identifizieren: Adolf Hitler spricht. Ein Lexikon des Nationalsozialismus. Leipzig: Kittler, 1934. Dem Inhaltsverzeichnis des Eintrages in der Bibliografie ist zu entnehmen, dass es sich nicht um ein klassisches Lexikon von A – Z handelt, sondern um eine Sammlung von Hitler-Zitaten zu verschiedenen Themen.

St. Ansgar hat also eine NS-Vergangenheit. Auch im Deutschen Kindererholungsheim in Timmendorfer Strand lief der Betrieb in den unseligen Jahren der Nazi-Diktatur weiter. Inwieweit die Verschickungsheime der „Gleichschaltung“ unterlagen, ist z.B. in der Studie „Kur oder Verschickung?“ von Hans-Walter Schmuhl am Beispiel der Kinderheime der Deutschen Angestellten Krankenkasse DAK nachzulesen. Auf das Buch und weitere Publikationen zum Thema wird auch auf dieser Website hingewiesen. Darüber, dass die langen Schatten der menschverachtenden Nazi-Ideologie bis in die Kinderkurheime der 1950er und 1960er Jahre reichten, z.T. mit dem gleichen Personal, wird z.B. auch auf verschickungsheime.de auf der Seite „Mögliche Einflüsse der NS-Zeit auf Verschickungsheime“ informiert.

Auch heute steht in der Glücksburger Sandwigstraße 8 wieder ein „Haus St. Ansgar“: lt. Website des Instituts St. Bonifatius lebt dort eine „kleine geistliche Zelle“ der katholischen Pfarrei Flensburg mit 4 Mitgliedern.

Lt. den beiden Broschüren aus der Nazi-Zeit und von 1968 war das Kindererholungsheim St. Ansgar im Besitz des „Gemeinnützigen Vereins für Kinderhilfe e.V. Sendenhorst“. Über diesen Verein konnte ich nur einen Eintrag im Historischen Archiv des Erzbistums Köln (Bestandsangaben über die Deutsche Digitale Bibliothek aufrufbar) ermitteln: der Bestand des Diözesan-Caritasverbandes Köln enthält u.a. eine Niederschrift der Konferenz der katholischen Anstalten der Kindergesundheitsfürsorge aus der Zeit zwischen 1937 und 1984. Es handelte sich also um einen Verein, der sich aus dem katholischen Weltbild heraus der Kinderhilfe verschrieben hatte.

Ich habe nicht einmal eine Erinnerung daran, dass der mir bekannte Junge aus einem Nachbardorf mit mir in Glücksburg gewesen ist. Es gibt eine Erinnerung, die ich keiner der 4 Kuren eindeutig zuordnen kann: Ich befinde mich tagsüber allein in einem großen Schlafsaal im Bett. Wie schon bei der Badehose-Episode in Timmendorfer Strand ist auch diese Erinnerung an ein erzwungenes Ausgeschlossensein ein Bild der Verbannung, des in der Welt Verlorenen, des schuldig Gewordenen. Was noch einmal eine Steigerung war innerhalb des von der Außenwelt sowie so schon abgeschotteten geschlossenen Systems der Heime mit ausschließlich Kindern und Personal. Aus Zeugnissen von Mitbetroffenen weiß ich, dass zu den Strafmaßnahmen auch gehörte, dass man von seiner gerade mit Aktivitäten befassten Gruppe ausgeschlossen wurde und sich u.U. für Stunden in sein Bett im ansonsten leeren Schlafsaal legen musste.

Im Nachlass meiner Mutter habe ich nach ihrem Tod 21 Karten und Briefe meiner Mutter, von der restlichen Familie und weiteren Verwandten sowie von Schulfreunden gefunden, die mir 1964 nach Glücksburg geschickt wurden. Weiterhin 8 Briefe, die ich als Zehnjähriger nachhause geschrieben hatte. Ich bin meiner Mutter sehr dankbar, dass ihr die Glücksburger Briefe so wichtig waren, dass sie sie zu ihren persönlichen Unterlagen genommen hat und werde sie wie einen wertvollen Schatz hüten.

Sehr vage erinnere ich mich an eine Schifffahrt, mit der ich ein Gefühl positiver Aufregung verbinde. Die Briefe offenbaren, dass wir zwei Ausflüge nach Dänemark – ins Ausland! – gemacht haben. Einmal mit einem kleinen Dampfschiff, das in der Broschüre abgebildet ist, einmal mit dem Bus. Der eine Ausflug führte uns nach Sonderborg, der andere zu Schloss Gravenstein, der Sommerresidenz der dänischen Königsfamilie. In einem Brief an die Eltern erzähle ich ausführlich von einem Museum in Sonderborg, das wir besucht haben und von einem „Schattenspiel der großen Mädchen“ sowie einem Marionettentheater über die Bremer Stadtmusikanten, das wohl von einigen Jungen gestaltet wurde.

In fast allen Briefen schreibe ich, dass es mir gut geht. Und ich erzähle von meinen ausschließlich positiven Erlebnissen: es sei „sehr schön“ in St. Ansgar und das Essen sei „sehr gut“. Das Heim sei „sehr schön eingerichtet“. Ein Beleg dafür, dass die Kinder angehalten waren, nur Gutes nachhause zu berichten? Oder entsprach das, was ich geschrieben hatte, tatsächlich meiner damaligen Wahrnehmung?
In einem meiner Briefe (alle mit blauer Tinte geschrieben) ist in schwarzer Tinte ein grammatikalischer Fehler korrigiert. Meine Mutter schreibt mir in einem Brief, dass die Oma eine Karte von mir erhalten hätte, die gar nicht von mir selbst geschrieben worden wäre, und dass sie sich deshalb Sorgen machte, dass ich krank sei. Was ich in meinem Antwortbrief verneine und mitteile, dass ich nichts von einer solchen „falschen“ Karte weiß. Belege dafür, dass alle ausgehenden Briefe der Kinder gelesen und ggf. Negatives eliminiert wurde oder gar Briefe einbehalten und vom Personal neu geschrieben wurden? Aus Zeugnissen von Betroffenen ist bekannt, dass kein Brief das Heim verlassen durfte, der nicht kontrolliert und ggf. zensiert wurde.

Aus den Briefen weiß ich auch, dass eine „Frl. Petra“ die Betreuerin meiner Gruppe war. Von meinen Eltern wurde ich in den Briefen ermahnt, „Frl. Petra immer Freude zu machen“ und dass ich mich „an die Ordnung halten“ soll, dann hätte ich selbst „viel Freude“. In einem anderen Brief erzähle ich, dass ich für Vater Manschettenknöpfe bastele. Dies verbindet sich mit der vagen Erinnerung an Emaille-Arbeiten in unserer Gruppe.
Ein Satz aus einem Brief meiner Mutter, der mir gut gefällt: „Du kleiner Kerl bekommst allerhand zu sehen“. Noch ein bemerkenswerter Satz eines Freundes, der den von den Verantwortlichen beabsichtigten Zweck der Kinderverschickungen in entlarvender Weise auf den Punkt bringt: „Werde ja reichlich dick.“

Über eine weitere positive Erinnerung kann ich bei meinen 4 sogenannten Kindererholungen berichten, allerdings auch nur eine sehr vage: Es werden Briefe und/oder ein Päckchen (in einem der aufgefundenen Briefe ist von einem Nikolauspäckchen die Rede) von zuhause verteilt, bei mir verbunden mit einem wohligen und herzerwärmenden Gefühl.

Das, was ich in den 24 Wochen bei 4 Kuren in 3 Heimen im Alter von 3 bis 10 Jahren erlebt habe, ist nahezu vollständig in meinem Bewusstsein gelöscht. Die wenigen Ausnahmen habe ich in meinem Bericht aufgeschrieben. Nach einem psychischen Zusammenbruch als 22jähriger begann ich meine erste Psychotherapie. Noch heute konsultiere ich in großen Abständen einen Psychotherapeuten.

Dankbar bin ich meinen Leidensgenossen und -genossinnen, die auf dieser Website Zeugnis abgelegt haben. Ich fühle mich mit ihnen in dem, was uns bei den Verschickungen widerfahren ist, verbunden. Das hilft.
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K.S. schrieb am 22.08.2023
1973 war ich als 10-Jährige in der Vorweihnachtszeit für sechs Wochen in Bad Sulza zur Kur, da ich Asthma habe. Diese Kur hat mir gesundheitlich sehr geholfen! Ich kann mich an einen großen Schlafsaal erinnern. Wir hatten ein wenig Schule und sind sehr viel draußen gewandert. Sechs Wochen von Hause fort, war schon hart. Die Briefe, die wir nach Hause geschrieben haben, durften wir nicht zukleben. Am Nikolaustag hatte jeder was im Stiefel. Leider war ich an diesem Tag morgens irgendwie zu einem Badetermin und meiner war dann leer ☹. Beim Essen kann ich mich erinnern, dass wir Käse und Wurst untereinander getauscht haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass man gezwungen wurde aufzuessen.
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Fr.Ba. aus Kronshagen schrieb am 22.08.2023
Ich war 1972 in St. Peter-Ording im "Haus am Meer" verschickt, da ich zu dünn war und nicht essen mochte. Die Leitung des Heimes war ein Ehepaar, was ein paar Jahre später, weil sie sich strafbar gemacht haben, auch in der Presse war! Ich war mit einem älteren Jungen in einem Zimmer, der immer wieder versuchte unter meine Bettdecke zu gelangen. Mir wurde aber von der Leitung nicht geholfen. Erst als 2 Praktikantinnen dort anfingen und ich denen meine Not schilderte, haben sie versucht zu helfen. Ich musste aber bis zum Ende mit dem Jungen in dem Zimmer bleiben. Beim Essen musste ich alles aufessen und wenn nicht, dann saß ich dort am Tisch den ganzen Tag vor meinem Essen - auch, wenn die anderen kamen und andere Mahlzeiten zu sich nahmen. Ich habe mein Essen essen müssen - bis zum Würgen und zum Erbrechen. Ich hatte Heimweh und Ängste. Richtige Angst, weil mir die Dauerkinder, die dort mit uns Kurkindern untergebracht waren, mir erzählten, dass ich auch bleiben müsste und nur damit ich ruhig bin, gesagt wird, ich sei Kurkind. In Wirklichkeit sei ich auf Dauer dort. Ich wollte nur noch weg und schrieb dieses auch nach Hause. Daraufhin wurde ich zur Heimleitung zitiert, die meine Briefe, bevor sie abgeschickt wurden, gelesen hatte. Mir wurde mitgeteilt, dass ich nicht mehr mit meinen Eltern in Kontakt treten durfte. Ich bin daraufhin weggelaufen - Richtung Tönning - da lebten meine Großeltern. Sie haben mich eingefangen und noch mehr unter Druck gesetzt. Ich wusste die ganze Zeit nicht, ob ich dort Dauerkind sein werde und hatte nur noch Panik. Ich wurde nach 6 Wochen vvon meinen Eltern abgeholt und war sehr erleichtert. Es war ein sehr schlimmer Aufenthalt dort und mir taten die Dauerkinder, die bleiben mussten echt leid. Ein ganz schlimmes Heimleiterpaar mit klar sadistischen Zügen! Verbrecher an Kindern, die sowieso schon geschwächt waren!
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M.W. schrieb am 22.08.2023
Im April / Mai 1961 war ich – gerade 6jährig - in Königsfeld / Schwarzwald, gemeinsam mit meinem knapp zwei Jahre älteren Bruder. Konkrete Erinnerungen an das „Haus Waldfrieden“, ein Nebengebäude des Kindersanatoriums „Luisenruhe“ der Schwester-Frieda-Klimsch-Stiftung, habe ich so gut wie gar nicht. Abgesehen von einer vagen nächtlichen Situation in einem Schlafsaal voller Gitterbetten, ist meinem Bewusstsein nichts mehr zugänglich, weder in Bezug auf die An- und Abreise, die Räumlichkeiten und den Tagesablauf, noch auf andere Kinder oder das betreuende bzw. medizinische Personal. Meinen Bruder (damals getrennt untergebracht im Nebengebäude für Jungen, dem „Haus Vogelsang“) kann ich nicht mehr befragen – er ist vor mehr als 10 Jahren verstorben.

Es gab eine zweite, ebenfalls sechswöchige Verschickung im Jahr 1964 – gemeinsam mit meiner jüngeren Schwester – nach Wyk auf Föhr (Name des Heims nicht mehr bekannt). Auch aus dieser Zeit erinnere ich fast nichts mehr - außer dem täglichen Zwang, nach der Mittagsruhe eine große Tasse abgekochte warme Milch mit ekliger rahmiger Haut zu trinken und eine fingerdicke Scheibe fettiger Leberwurst zu essen.

Als „Kriegsenkel“ habe ich vor Jahren schon meine lebenslänglich wiederkehrenden depressiven Phasen und Angststörungen psychotherapeutisch bearbeitet, leider erfolglos. Mir scheint, ich muss angesichts der abgespaltenen Erfahrungen als „Verschickungskind“ einen neuen Versuch der Problembewältigung starten...
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Müller-Enbers aus Schwelm schrieb am 19.08.2023
Ich habe bereits einen Erlebnisbericht geschrieben, finde mich und das Heim aber nicht in den Verzeichnissen.
Viele Grüße
Sabine Müller-Ebbers
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Ute aus Eisenach schrieb am 18.08.2023
Ich bin Ute und jetzt 62 Jahre alt und wurde mit 5 Jahren zu einer Kur an die Ostsee geschickt. Ich war ein schlechter Esser und sollte dort wohl gepäppelt werden. Bildhafte Erinnerungen habe ich nur no ch sehr wenige aber das sehr ungute und mulmige Gefühl beim Rückblick fühle ich noch sehr gut. Ich sollte mich an der Ostsee in Bansin, in einem Kurheim der SV- Sozialversicherung der DDR, erholen. Ich erinnere mich an 10 Betten in einem Zimmer, weitere drei Zimmer auf diesem Treppenabsatz und annähernd militärische Abläufe und eben diesen Befehlston. Zu den Mahlzeiten musste ich, so auch einige wenige andere Kinder, solange im Speisesaal bleiben, bis wir unsere Teller leer hatten. Ich erinnere mich heute noch an die stetig in mir aufsteigende Übelkeit. Regelmässig nach den Mahlzeiten gingen alle Kinder in langen Schlangen zur Toilette. Ausserhalb dieser Zeiten war es nicht möglich. An der Toilettentür stand eine der Betreuerinnen, in meiner Erinnerung dick, alt, grau gekleidet und mit bösem Gesicht und verteilte an jedes Kind eine kleine Menge Toilettenpapier. Meistens war es nicht ausreichend. Sehr oft habe ich aber diese offiziellen Toilettenzeiten nicht mitmachen können, weil mein Teller noch nicht leer war. Als ich dann im Speisesaal soweit war, ging ich allein zur Toilette...die auch nur dort war. Die Papierrolle hing an einem Band ganz oben im Türrahmen und war für ein 5jähriges Kind unerreichbar. Manchmal habe ich mir, in Verstärkung einzelner anderer Kinder, einen Stuhl aus dem Speisesaal geholt, um an das wichtige Utensil zu gelangen. Oft haben wir es uns aber nicht getraut und viele Stunden alles angehalten. In solch einer Situation habe ich dann auch mal eingnässt. Als es bemerkt wurde, musste ich meine Unterhose ausziehen und sie, untenrum nackt, auswaschen. Dieses Waschbecken war auf dem Treppenabsatz von dem alle Zimmer ausgingen. Alle anderen Kinder konnten mich also so sehen und ich habe mich ganz furchtbar geschämt. Nach dem Auswaschen wurde der Schlüpfer auf einen dort befindlichen Heizkörper- riesiger alter Gussheizkörper mit abgeblätterter Farbe- aufgehängt und ich musste daneben stehen bleiben, bis meine Unterwäsche getrocknet war. Ebenso nackt untenrum. Ich weiß nicht wie lange ich da stand,aber alle anderen Kinder schliefen schon fest und es war draußen stockdunkel. Ich war am nächsten Morgen sehr müde. Wenn ich mich recht entsinne, war es eine vierwöchige Kur. Nach ca. 2 Wochen erkrankten die ersten Kinder dort an Masern und Keuchhusten und wurden in das nächste Krankenhaus nach Ahlbeck transportiert. Hier gingen gefühlt täglich Transporte ab und ich war dann nach ca. 3 Wochen auch dabei. Ich erinnere mich noch ganz genau an das Gefühl, als ich dann in diesem Krankenhausbett lag. Hier waren die Schwestern alle sehr nett, sie lächelten mich an und ich durfte nur essen was ich schaffte. Insgesamt war ich mehr als sieben Wochen von zu Hause weg und ich dachte mir manchmal, dass ich wohl nie wieder dort hin zurück komme. Aber im Krankenhaus war es viel viel besser als in dieser Kurklinik und so fand ich mich fast mit einem möglichen dauerhaften Aufenthalt auf dieser Station ab. Manchmal veblassten die Bilder von zu Hause vor meinen Augen und ich musste mich sehr anstrengen, die Gesichter meiner Eltern und meines kleinen Bruders vor mir zu sehen. Aber alle hier waren nett, keiner hat mich schikaniert oder verletzt, also sollte es wohl so sein. Irgendwann nach einer gefühlten Ewigkeit,es müssen ca. 7 1/2 Wochen gewesen sein, kam abends eine Schwester an mein Bett und war ganz aufgeregt. Sie sagte ich solle mich ganz schnell anziehen, ich würde abgeholt und sie packt rasch meine Sachen. Ich folgte ihrer Aufforderung, aber alles war so unwirklich. Ich hatte nur Angst wieder zur Kur zu müssen...Draussen im Flur standen zwei Männer und als ich näher kam erkannte ich, allerdings sehr langsam, meinen Vater. Er hatte eine Dienstreise nach Greifswald und hat mit dem Chauffeur einen Umweg nach Ahlbeck ausgemacht, um mich nach Hause zu holen. Wir sind dann viele Stunden durch die Nacht gefahren und ich war wach die ganze Zeit, um wirklich zu sehen, wie es nach Hause ging....Ich habe das erste Mal nach mehr als 35 Jahren darüber gesprochen....Meine Eltern waren entsetzt, hatten sie doch mein Bestes gewollt...Vor nicht allzu langer Zeit war ich auf Usedom im Urlaub und habe in Bansin dieses Gebäude gesucht und auch gefunden. Es war damals eine schöne alte Villa und ist heute in Privatbesitz und toll saniert. Irgendwie hatte ich wohl gehofft, eine dieser ehemaligen Betreuerinnen dort zu treffen um ihr ins Gesicht zu spucken.....
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Iris aus Esslingen schrieb am 18.08.2023
Die Ausgangsituation war die, daß unsere Mutter total mit der Erziehung von 3 Kindern überfordert, das jüngste 1 ½ Jahre alt, und am Ende ihrer Kräfte war. Zudem litt sie unter Migräneattacken. Sie musste eine Müttererholungskur machen und die beiden ältesten, meine Schwester damals 5 Jahre und mich, damals 3 Jahre, in der Zeit außer Haus unterbringen. Meine Schwester und ich haben voller Vorfreude den Flur auf und ab getanzt.Unser Vater hat uns an einem sonnigen Tag ins Heim gebracht.
Wir Kinder wurden sofort in ein düsteres dunkles Spielzimmer mit anderen Kindern geführt. Nach dem Abendessen, was noch kein Problem war, brachte eine Tante uns in ein Schlafzimmer im 1.Stock unterm Dach mit 8 Gitterbetten und 6 anderen Mädchen, die uns alle seltsam anschauten, aber nicht mit uns gesprochen haben wie auch die ganze restliche Kur nicht. Wir bekamen die Betten in der rechten Viererreihe mittendrin. Wir waren keine Gitterbetten von zuhause mehr gewohnt. Es kam mir alles so seltsam vor, aber ich hatte meine Hoffnung auf den nächsten Tag gesetzt, an dem sich alles aufklären würde, und war allen widrigen Umständen zum Trotz eingeschlafen.
Danach ging der tagtägliche Horror los. Die Zimmertür wurde aufgerissen und wer noch nicht wach war, wurde wachgerüttelt. Ich muss dabei zumindest an mehreren Tagen angebrüllt worden sein, weil ich ins Bett gemacht hatte. In meiner Erinnerung fühle ich, daß ich am liebsten gar nicht mehr aufgewacht wäre, weil ich Angst vor den nicht abschätzbaren Ereignissen des Tages hatte. Ich sehe mich voller Angst in dem Bett liegen und hoffen, dass nichts für mich Schlimmes passiert. Dann wurden wir alle von einer Tante in ein Badezimmer mit endlos vielen Waschbecken gescheucht und mussten uns in Unterwäsche nach Anweisung der Tante waschen.
Das Frühstück war mit seinen Marmeladenbroten und Tee noch für mich essbar. Den Kakao mit der widerlichen Milchhaut hatte ich auch noch getrunken, wenn ich aber auch nach der Kur nie mehr danach Kakao zu Hause getrunken habe. Was aber gar nicht ging, war die ekelhafte Haferschleimpampe, die ich irgendwie heruntergewürgt habe. Zumindest die meisten Tage. Gegen Ende der Kur, als nur noch wenige Kinder im Esszimmer waren, konnten wir sehen, wie einer der älteren Jungs der Heimkatze, die durch die offene Tür hereinstolzierte, seinen gefüllten Teller hingestellt hat, als die Tante gerade nicht im Raum war. Das haben wir ab dann auch gemacht. Ich weiß nicht mehr, ob wir dabei erwischt und bestraft wurden.
Wir mussten essen, was wir vor uns hingestellt bekamen. Es wurde nicht gefragt, was wir wovon wieviel mochten oder nicht, und erst recht nicht, vor was es uns ekelte. Schlimm war der Geruch, wohl eher der Gestank, aus der Küche. Ich erinnere mich an eine Szene, in der Erbsensuppe in tiefen Tellern auf den Tischen vor uns steht. Ich höre an meinem Kleinkindertisch (jawohl, sie haben uns sogar beim Essen ohne Not getrennt), wie jemand an einem anderen Tisch kotzt. Ich sehe dann, wie meine Schwester würgt und die ausgekotzte Suppe in den Teller fällt, der über zu laufen droht. Die eine aufsichtführende Erzieherin hält meine Schwester fest und die andere rennt in die Küche, um einen weiteren tiefen Teller zu holen, den sie dann vor meine nach wie vor würgende Schwester stellt, damit ja kein bisschen von der Kotze daneben geht. Ich habe gedacht, daß meine Schwester nun in den Arm genommen und getröstet wird, so wird das unsere Mutter immer in solchen Fällen gemacht hätte. Stattdessen zwingen die beiden „Tanten“ meine Schwester, das Erbrochene aufzuessen! Ich an meinem Tisch will aufstehen und zu meiner Schwester, weil ich instinktiv fühle, daß das falsch ist, was da mit ihr gemacht wird. Ich will ihr irgendwie helfen, aber ich werde an meinem Platz von einer dritten Tante festgehalten. Die anderen Kinder dürfen gehen. Ich habe bis heute, mehr als 55 Jahre danach, Probleme mit Erbsen als Nahrungsmittel, insbesondere Erbsensuppe.
Ich war bis knapp vor 2 Wochen der Meinung, daß mir sowas in dieser Zeit nicht passiert wäre. Aber als ich die Berichte von anderen Betroffenen gelesen habe, insbesondere den von Maria, daß ein kleines Mädchen unter Androhung von Spritzen zum vollständigen Aufessen des Erbrochenen gezwungen wurde und ich weiß, daß wir panische Angst vor Spritzen hatten, sehe ich das anderes. Vielleicht waren es in meinem Fall Ravioli, die ich bis heute wie auch meine Schwester nicht essen kann.
Mindestens 1 Spritze haben wir beide unter Angst gesetzt bekommen. Ich sehe mich und meine Schwester noch mit nacktem Popo in dem unheimlichen Arztzimmer, das mit seltsamen Apparaten vollgestopft war, auf einer Liege; wofür oder wogegen eigentlich? Ich finde in meinem alten Impfbuch/Impfkarte keine passende Eintragung. Das Wiegen an sich war weniger schlimm, wenn wir auch vorher lange vor dem Zimmer warten mussten und uns dann die Kleider von den „Tanten“ vom Leibe gerissen wurden. Meine Schwester hätte zu dieser Zeit eigentlich noch Antibiotika wegen einer Nierenentzündung schlucken müssen. Die Heimleiterin hatte sie ihr nicht gegeben. Es gab keine Rücksprache dazu mit meinen Eltern.
Was haben wir ganzen Tag über gemacht? Ich erinnere mich an das dunkle, düstere Spielzimmer, in dem es Spielzeug gab, wie ich es zum Teil vom heimischen Kindergarten kannte und teils auch nicht. Meine Schwester meint, dass darin schwere Holztische so wie im Alpenraum üblich gestanden hätten. Wir mussten auch malen, wir konnten ja noch nicht schreiben. Dass das die Bilder für die Eltern zu Hause zur Dokumentation der ach so tollen Kur waren, reime ich mir zusammen. Ich hatte jedenfalls damals schon Malen gehasst, weil die Bilder nie so wurden, wie ich es wollte. Ich hatte gute Miene zum bösen Spiel gemacht, den Stift in die Hand genommen und gekrakelt. Vielleicht war ich dabei über den Rand des Blattes hinausgekommen und hatte den Tisch bemalt, vielleicht hatte ich die Malblätter aus Frust zerknüllt oder zerrissen. Den „Tanten“ hatte das nicht gepasst und ich erinnere mich, unter dem Stuhl der Heimleiterin für längere Zeit gesessen zu haben. Später erinnere ich mich, immer das gleiche gemalt zu haben: Sonne am Himmel, grüne Wiese, vermutlich so, wie die Tanten es mir gesagt hatten. Meine Schwester hatte protestiert, daß ich dasselbe wie sie zu malen versuchte.
Und dann gab es den Kreis, in dem irgendetwas mit allen Kindern gemacht wurde. Ich war zu klein, als daß es mich hätte ansprechen können. Ich meine, auf die Toilette gemusst zu haben und dafür um Erlaubnis gebeten zu haben. Die Heimleiterin persönlich hatte es verboten und als ich es trotzdem versucht hatte zu gehen, wurde ich von ihr auf ihren Schoss gesetzt und festgehalten. Der Erinnerungsfetzen hört da auf. Wahrscheinlich war das passiert, was passieren musste. Die Strafe war mit Sicherheit so drastisch und schlimm ausgefallen, daß ich mich nicht daran erinnere.
Wie in jedem Kinderheim, gab es den Mittagsschlaf, den jedes Kind machen musste, egal wie alt und ob es den Schlaf gebraucht hat oder nicht. An Schlechtwettertagen so wie meistens wurde er im Schlafzimmer gemacht, an schönen auf dem langen Holzbalkon auf Gartenliegen. Mein Pech war, daß es eine Liege zu wenig die Kinder gab und mich als Kleinste und Jüngste hat es getroffen. Während alle anderen, auch meine Schwester, mit den „Großen“ aus meiner Sicht die Sonne genießen durften, musste ich allein im Schlafzimmer in meinem Gitterbett bleiben. Meine Proteste blieben ungehört. Die Sonne schien heiß durch die Fenster und ich hatte in meiner 60ziger Jahre Wollstrumpfhose geschwitzt. Das war aber nicht das Problem. Das Schlimmste war, dass sie fürchterlich gekratzt hatte. Um den Juckreiz zu bekämpfen, hatte ich mit der Zopfspange meiner Flechtzöpfe auf dem Oberschenkel gerieben. Mit dem Ergebnis, daß die Strumpfhose anschließend ein riesiges Loch hatte und somit kaputt war. Ich wurde sofort ohne Anhörung meiner Sicht und ohne neue Strumpfhose in den ungeheizten Keller im Allgäuer Winter gebracht und eingesperrt. Das Schlimmste war nicht die dunkle und unbekannte Umgebung, sondern die Ungerechtigkeit.
Sonntags und/oder samstags muss es wohl eine Art religiöses katholisches Zeremoniell, abgehalten von einer Nonne, gegeben haben. Alle Kinder waren in einem Raum mit Kruzifix in der Ecke versammelt. Ich hatte mich trotz evangelischer Erziehung sicher und entspannt gefühlt, denn wir kannten vom heimischen katholischen Kindergarten das Bekreuzigungsritual. Ich hatte die Welt nicht mehr verstanden, als meine Schwester und ich zusammen mit einem älteren Jungen (wieso der, ältere Kinder wurden doch nie bestraft?) von der älteren Nonne zusammengestaucht wurden.
Es gab auch eine Art seltsamen Gymnastikraum mit noch seltsameren Turngeräten. Ich sehe mich und meine Schwester im Turnhemd umherlaufen. Es war gut, weil wir uns endlich mal so bewegen durften, so wie wir wollten und es keine Strafen zumindest für mich gab.
Ein einziges Mal erinnere ich mich, daß wir mit unseren von zuhause mitgebrachten Puppen spielen durften. Ich habe mich gewundert und gefreut, daß das Heim die gleichen Puppen wie wir hatte: Meine Schwester und ich sitzen im Schneidersitz im Schlafraum zusammen im Bett meiner Schwester. Eine Einladung von ihr, der ich nur zu gerne gefolgt bin. Eine gelöste, vertraute Atmosphäre fast wie zu Hause. Wir beiden entspannen, wir r e d e n endlich mal wieder miteinander und l a c h e n . Ich ziehe meiner Puppe gerade die Kleider aus, da wird die Zimmertür aufgerissen und die Tante stürmt herein. Sie sieht uns zusammen im Bett und zerrt mich heraus. Die Puppen werden eingesammelt, in einen Koffer gestopft, den ich noch nicht kenne, und auf einen Spind oder Schrank in für uns unerreichbare Höhen gestellt. Ich weiß nicht, welche Strafe wir dafür bekommen haben, aber ich sehe uns, wie wir von 2 „Tanten“ eine steile Außensteintreppe hinuntergeschoben und -gezerrt werden. Dann stehe ich in der einzigen gemeinsamen Strafszene mit meiner Schwester zusammen an einer eiskalten gekachelten Wand. Meine liebe, gehohrsame, angepasste, motorisch geschickte Schwester wird wegen mir bestraft.
Einmal stand ein Marmorkuchen im Esszimmer, so wie ihn meine Mutter oder Großmutter zuhause gebacken haben: Irgendjemand muss mir gesagt haben, daß ich an dem Tag den 4. Geburtstag habe. Ich bin entsetzt, denn ich nehme das als weiteres Anzeichen dafür, daß ich für immer im Heim bleiben muss; es hat sich alles so falsch und unwirklich angefühlt. Das halbe Stück Marmorkuchen, das auf meinem Teller war, hat seltsam geschmeckt, dafür gab es ja genügend Gründe, aber besser als das andere Zeugs, was es sonst gab. Als ich ein zweites Stück will, wird mir gesagt, es sei nichts mehr da. Meine Schwester sagt, daß ich eine Rolle Schokoladenkekse an die Kinder verteilt habe und sie Angst hatte, daß sie keinen Keks mehr bekommt.
Die einzige schöne Erinnerung, die ich habe, war das Spielen im Schnee auf einem Holzblockhaus vor dem Haus: Es liegt Schnee, die Sonne scheint und ich sehe die Berge. Ich sehe einen Weg, aber keine weiteren Häuser. Ich, meine Schwester und ein anderes kleines Kind, - hurra, ich bin endlich nicht mehr die kleinste in der Gruppe-, sind in den ersten Stock über eine Leiter hochgeklettert und haben aus Schnee eine Mauer gebaut. Eine junge Tante hilft uns, den Schnee nach oben in einem Eimer zu bringen und hält sogar die großen Jungs von uns fern. Leider ist die Freude vorbei, als unsere Kleider nass sind und wir zurück ins Haus müssen. Das einzige Mal, daß ich wirklich draußen an der frischen Luft war und Freigang hatte.
Es muss für mich ein spezielles abendliches Ritual mit einer Tante gegeben haben. Anders, als das Liebevolle zuhause mit einem Gutenachtlied: Ich sehe eine schimpfende Tante neben meinem Bett.
Wir durften nicht zur Toilette, wann wir wollten. Besonders nicht nachts. Ich kannte die Regeln nicht: Ich sehe mich nachts mit meiner Schwester über einen schwach beleuchteten Flur an einer dunklen, steilen Treppe vorbei zur Toilette tappen. Meine Schwester macht mehrmals „Psst“ zu mir. Auf der Toilette unterm Schrägdach angenommen, machen wir kein Licht. Ich möchte die Spülung drücken, aber meine Schwester hindert mich daran. Ich weiß nicht, ob wir ertappt worden sind und was die Strafe war.
Besonders abends gab es nicht genug zu trinken: Ich sehe mich beim abendlichen Zähneputzen Wasser aus dem Wasserhahn trinken. Meine Schwestern hatte mich darauf aufmerksam gemacht, daß ich meinen schrecklichen Durst auch aus dem Wasserhahn stillen kann.
An einem Tag werden meine Schwester und ich ins Büro der schrecklichen, furchteinflößenden Heimleiterin gerufen. Wir mussten sie „Mama“ Darm nennen. Gut, daß wir unsere eigene Mutter „Mutti“ genannt haben. Ich erwarte eine weitere Bestrafung, denn so war das immer in der Vergangenheit, wenn man ins Büro gerufen wurde. Aber das Unmögliche ist eingetreten: Unsere Eltern stehen im Büro. Meine Strafe ist also vorbei. Ich soll laut späteren Aussagen meinen Eltern nach gesagt haben „Ich muss ja so lachen, weil ich so fröhlich bin“, und gleichzeitig so geheult und hysterisch gelacht haben, dass es sogar dieser hart gesottenen Frau peinlich war. Dann hat sie ein Armbandkettchen mit einem Eichhörnchen-Anhänger dran aus einer Schublade geholt und mir als angebliches Geburtstagsgeschenk um das Handgelenk gelegt. Das kann ich zulassen, weil unsere Eltern in der Nähe sind und mich notfalls beschützen werden. Unsere Eltern wollen noch, daß wir der „Mama“ Darm, der schrecklichen Frau, die Hand geben. Was ich auch, wenn auch nur den Eltern zuliebe mache (ich will ja keine neue Strafe), weil ich spüre, dass jetzt alles wieder gut wird. Dann renne ich die Eingangstreppe in die Freiheit.
Wir sind zu viert durch das idyllisch verschneite Illertal mit dem Zug gefahren. In Ulm sind wir in einen damaligen D-Zug umgestiegen, der überfüllt ist, sodass wir im Gang Sitzplätze aufklappen müssen. Ich habe mir dabei schmerzhaft den kleinen Finger eingeklemmt. Aber es ist mir so was von egal gewesen!
Meinen vierten Geburtstag haben wir zuhause nachgefeiert. Ich sehe auf dem Foto nicht sehr glücklich und ernst aus. Auch dieses Geburtstagfest hat sich irgendwie trotz vertrauter sicherer Umgebung falsch angefühlt, und es lag nicht an den Geschenken oder am Geburtstagskuchen.
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Annette Kühne aus Braunschweig schrieb am 17.08.2023
Es ist mein zweiter Eintrag hier. Ich habe keine Erinnerung an diese Zeit, nur ein Bild von dem Speisesaal und meine Alpträume danach..
1. Alptraum. Ich suche verzweifelt eine Toilette, finde die endlich und das Bett ist nass.
2. Traum. Ich bin in einen Raum allein und Nebel steigt auf, ich bekomme keine Luft und ersticke.
3.Traum. Ich werde verfolgt und die Tür ist kleiner als der Türrahmen.
4. Traum. Es wird Fleisch aus meinen Beinen geschnitten, ich bin ohnmächtig vor Schmerz.
Ein Lehrer in der 12. Klasse sagte „Male es auf“ und es war damit vorbei.
Kennt ihr diese Träume?
Liebe Grüße, Annette
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Sandau Manfred aus 31693 Hespe schrieb am 17.08.2023
Das Haus Heyden war ein relativ kleines Heim oberhalb des Alpenfreibades. Ich bin etwa 1963 durch das Jugendamt in Braunschweig in das Heim gekommen. Es gab einen misshndelnden Stiefvater, der mich ziemlich zugerichtet hatte. So beschloss der Vormund, dass ich nach Scheidegg kam. Ich besuchte zunäachst die Volksschule in Scheidegg. Später die Realschule in Lindenberg im Allgäu. Zu Weihnachten durften wir in das Erholungsheim Bergfried, das sich ebenfalls im Ortsteil Forst befand. etwas unterhalb des Freibades. Dann gab es noch die Sonnenhalde, wo etwa 60 Kinder untergebracht waren. Die Kinder gingen teilweise auch in die Volksschule. Im Winter wenn es Schnee gab sind wir auf der Wiese des Bauern Miltz Ski und Schlitten gefahren. Beim Bauer Bantel und in der Käserei, die ein Herr Aichele betrieb, wurde Butter Milch und Käse eingekauft. Später gab es dann einen Milchwagen, der die Kannen leerpumpte und die Milch in einen größeren Verarbeitungsbetrieb brachte. In dem kleinen Heim habe ich nicht so viele schlechte Erfahrungen gemacht. Frau Heiden und ihr Stiefsohn führten das Haus ordentlich, es gab regelmäßig und gutes Essen. Als ich älter wurde musste ich Aufgaben im Haus übernehmen, so den Kühlschrank in Ordnung halten, mich auf die Treppe setzen, wenn die kleineren eineMittagsruhe hielten. Später. kamen kleinere Einkäufe beim Bäcker und beim Metzger dazu. Der Schulweg über den Kreuzberg war im Sommer sehr schön. Im Winter fuhr Herr Boll mit dem Schneepflug oder der Schneefräse durch die Straßen. Ich war bei den Lehrerinnen Frau Minn Frau Förster und zuletzt bei Herrn Ostler in der Klasse, der gerne sportliche französische Autos fuhr. Eine Lehrerin Frau Knipperts heiratete den Inhabe eines Schreibwarengeschäftes. In der Faschingszeit gab es einen kleinen Umzug durch den Ort und an einem Tag, St. Martin, zogen wir durch den Ort, sangen unser Lied und bekamen Süßigkeiten in die Tasche gesteckt. Später kam ich in eine sog. Erziehungsanstalt, mit dem Namen Blauer Stein in Wolfenbüttel. Dort wurden meist schwierige Kinder von sog. Erzehern und Sozialarbeitern betreut. Die Methoden, die dort angewendet wurden würde ich heute als sehr fragwürdig ansehen. Mittlerweile ist auf dem Gelände des ehemaligen Blauen Steins die Lebenshilfe eingezogen. Es wurden mehrere Gebäude angebaut und es werden in den Werkstätten Teile für VW angefertigt und zusammengebaut, dafür erhält der Träger pro Stück Geld vom Auftraggeber. Es waren Zeiten, in denen man noch hier und da eine Ohrfeige kassierte, oder inder Schule eine Strafe absitzen musste. Ein Lehrer stolperte über eine Schultasche. Da musste der Verursacher 100 mal schreiben: Ich darf auf meinen Lehrer keinen Mordversuch unternehmen. Vollkommener Schwachsinn. Später habe ich gehört, dass. einer der Jugendlichen einem Erzieher eine Ohrfeige gegeben habe. Ich nehme an er wird dafür seine Gründe gehabt haben.
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Heinz schrieb am 17.08.2023
Sehr geehrte Damen und Herren,

Mitte der fünfziger Jahre wurde ich mit meiner Schwester über das Bundesbahn-Sozialwerk in ein Kinderheim bei Tutzing am Starnberger See verschickt. Ich war 5 oder 6 Jahre alt, meine ältere Schwester bereits in der Grundschule. Was ich im Kinderheim als Albtraum erleiden musste, beschäftigt mich noch heute.

Direkt nach der Ankunft wurde ich von meiner Schwester getrennt und sah sie nur noch aus der Ferne, wenn wir zum Essen anstanden. Kontaktaufnahme war streng verboten. Post nach Hause funktionierte nicht, weil ich noch nicht schreiben konnte. Allgemein wurde die Post sowieso zensiert. Ich fühlte mich so verlassen und alleine.

Der Teller des Mittagessens musste leer sein, ansonsten gab es Nachsitzen im Speisesaal. Ich mochte keine Nudeln. Deshalb habe ich manchmal bis 16 Uhr im Saal gesessen und versucht, die Nudeln einzeln herunterzuwürgen. Was für eine Barbarei.
Kein Mitleid.

Das Schlimmste aber war, dass ich kurz nach Beginn der Verschickung eine Blinddarmreizung bekam, die sich im Laufe der sechs Wochen zu einer Entzündung entwickelte. Die Symptome wurde von den Pflegeschwestern einfach ignoriert oder weggewischt. Ich musste mich oft nachts aus dem Schlaf heraus übergeben und wurde deshalb heftig morgens ausgeschimpft, weil das Bettzeug beschmutzt war. Ich musste als Kind dann die Bettwäsche selber wechseln. Weil ich Angst vor der Schimpferei hatte, habe ich das Erbrochene manchmal runtergeschluckt. Manchmal gelang es mir, das Erbrochene auf dem Bettlaken mit einem Waschlappen notdürftig zu entfernen und den Flecken zu verbergen. Das gelang aber selten, denn bei der Kontrolle des gemachten Betts fiel ich dann doch auf. Und wieder ging das Geschimpfe los. Einmal habe ich mich bei einem Ausflug in den Starnberger See erbrochen. Es war grauenhaft.

Ich entwickelte aus meiner Angst heraus Schuldgefühle, weil ich den Schwestern Arbeit machte. Ich sah mich als Schuldigen. Ich wusste damals nicht, dass ich sehr krank war und versuchte auch, die heftigen Bauchschmerzen zu verbergen. Das den Schwestern zu erzählen, hätte ja wieder Geschimpfe bedeutet. Auch ein Arzt hat damals alles bagatellisiert.

Heute weiß ich nicht, wie ich das damals ausgehalten habe. Nachdem ich wieder zu Hause in Essen war, kam ich drei Tage später ins Krankenhaus und wurde operiert. Das Risiko eines Durchbruchs bestand akut . Die OP hat mir wohl das Leben gerettet.
Meine Eltern waren schockiert und haben mich nie wieder in eine Kinderkur verschickt.

Diese Erlebnisse belasten mich bis heute. Wie konnte es passieren, dass so mit mir umgegangen wurde? Das war Vergewaltigung einer Kinderseele. Manchmal habe ich heute noch flashbacks.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin trotz dieser Tortur im weiteren Leben ein gestandener Ingenieur sowie Ehemann und Vater geworden. Ich sitze nicht in der Ecke und bedauere mich selbst.

Der Auslöser für meine E-Mail ist ein Artikel im heutigen (01.07.2023) Kölner Stadtanzeiger mit dem Titel ‚Ein tiefes Gefühl der Verlassenheit‘. Genauso war es und noch schlimmer. Noch viel schlimmer.
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Simone aus Vista, CA USA schrieb am 14.08.2023
Ich war im Sommer 1978 in Dahmshöhe. Ich war damals schon fast 13, habe daher sehr klare Erinnerungen. Auch habe ich damals Tagebuch geführt, weiß also, dass meine Erinnerungen real sind.

Ich erinnere mich sehr deutlich an den Tag unserer Ankunft. Wir mussten alle unter Aufsicht eine Karte an unsere Eltern schreiben, der Text war auf einer Tafel vorgeschrieben. Natürlich nur positives. Dann wurde alles von uns eingesammelt, was man nur einsammeln konnte. Taschengeld wurde weggeschlossen, das bekam ich dann am Ende der Kur wieder, mit einer Quittung auf der stand, dass Geld für Spende für deutsch-sowietische Freundschaft oder so was entnommen worden war. Auf meinen Protest hin, sagte die Erzieherin "Du bist also gegen deutsch-sowjetische Freundschaft?" Naja, was sagt man dann noch, als Kind. Meine Armbanduhr wurde auch weggeschlossen. Auch alle Süssigkeiten wurden eingesammelt ("Sonst kommen Mäuse ins Haus"). Wir kriegten dann Sonntags ein kleines Stückchen, irgendwas, es war alles gemischt. Sicherlich haben die Erzieher sich die besten Sachen genommen. Dasselbe mit Zahnpasta. ("Die kleinen Kinder essen sonst die Zahnpasta") Ich hatte eine sehr gute, von der Tschechei. Stattdessen wurde mir jeden Abend diese grässliche süssliche DDR-Kinderzahnpasta Putzi auf die Zahnbürste geschmiert. Als ich mal Zahnpasta-Dienst hatte, habe ich meine eigene in der grossen Schüssel gesucht, weiß nicht mehr, ob ich sie gefunden habe.

Ich war mit noch einem fast 13-jährigen Mädchen allein im Turmzimmer. Laut Heimleiter hatten wir das schönste Zimmer. Und waren ihm dafür nicht dankbar genug. Er nannte uns seine "Zimtzicken". Überhaupt kann ich mich an recht viele beleidigende Bemerkungen erinnern. Ich weiss noch, dass alle unsere Sachen weggeschlossen wurden. Ich glaube wir durften nur einmal in der Woche richtig duschen. Genau weiss ich, dass wir nur einmal in der Woche neue Sachen anziehen durften. Das fanden wir als pubertierende Mädchen so ekelig! Meine Zimmernachbarin hatte schon ihre Tage. Ich weiss noch, dass wir es dann geschafft hatten, mit einem Stift heimlich den Schrank in unserem Zimmer aufzubrechen, um an saubere Unterwäsche heranzukommen. Wir hatten ja genug mit! (Es mussten genügend Sachen für vier Wochen mitgebracht werden. Ich erinnere mich noch an die endlose Stickerei, alles mit meinem Zeichen zu versehen. Ob die Heimleute irgendwann mal Wäsche gewaschen hätten, ist mir nicht bewusst.)

An irgendwelche sexuellen Übergriffe von Seiten des Heimleiters erinnere ich mich nicht. Ich war aber auch damals eher sehr mager, deshalb war ich ja hingeschickt worden. Ich habe mich in dem Heim so geärgert, dass ich dann nochmal zwei Kilo abgenommen hatte. Wenn es solche Übergriffe gegeben hat, dann hat sich der Mann möglicherweise auch lieber Opfer gesucht, die jünger waren, und sich nicht so gut erinnern würden.

Das Essen war manchmal schlecht, manchmal ok. Ich musste auch zu Hause immer aufessen, von daher war ich solchen Kummer gewohnt. Aber so schlimm wie im Heim war es zu Hause nicht. Ich mag auf Schnitten meine Butter nur ganz dünn. Ich erinnere mich, dass mich einmal eine Erzieherin zwang, den ganzen Rest meiner Butter auf einen kleinen Rest Schnitte zu schmieren, und das zu essen. Da kommt es mir heute nocht fast hoch bei dem Gedanken. Ich erinnere mich auch an das Pilzesammeln. Es gab massenhaft Pilze, aber sie endeten nie in unserem Essen. Wer weiss was die Leute damit gemacht haben.

Jeder Tag begann mit kalten Gesichts- und Nackengüssen, und einer Bürstenmassage. Dabei mussten wir alle zusammen nackt in einem Raum stehen, und ein Kind musste die Bewegungen vormachen. Mich hat das nicht gestört, unsere Familie hat immer FKK gemacht. Aber wenn ich jetzt so darüber nachdenke, kommt es mir doch sehr seltsam vor.

Es gab auch ein paar schöne Erinnerungen. Wir durften baden gehen, haben viele Lieder gelernt. Einmal waren wir im nahegelegenen Ort und haben dort Eis gegessen. Die vielen Wanderungen fand ich eher öde und viel zu lang. Eine Exkursion war zum KZ Museum. Irgendwann durften wir basteln, das hat mir dann sehr über die letzten zwei Wochen geholfen.

Das Schlimmste fand ich die Zensur der Briefe. Wir mussten immer unsere Briefe offen einer Erzieherin geben. Eine war jung, und fand die Sache offenbar peinlich. Der hab ich dann einen Brief gegeben, sie las ihn, und dann hab ich ihn zugeklebt. In dem Brief erwähnte ich Heimweh, und dass unsere Schokolade eingesammelt worden war. Am nächsten Tag kam der Heimleiter mit dem wieder geöffneten Brief in unser Zimmer und hat einen riesigen Krach gemacht. Ich habe den ganzen Abend geheult, und musste einen neuen Brief schreiben. Ich habe dann in einer geheimen Zeichensprache, die nur ich und meine Schwester kannten, den Satz "Alles Scheiße hier" an den Rand gekrakelt. Mehr hab ich mir nicht getraut, ich hatte Angst, der Mensch würde sonst merken, dass die Zeichen ein Alphabet waren. Hoffte dann lange, dass mich meine Eltern abholen kommen würden, aber sie kamen nie. (Sie sagten mir später, dass sie sich Sorgen gemacht hatten, aber einfach nicht wussten, wie schlimm es war. Ich hatte einfach nicht genug Information durchschleusen können.) Ich habe dann lange darüber fantasiert, mich irgendwie zum nahen Ort durchzuschlagen, um einen unzensierten Brief in die Post zu geben, aber das war hoffnungslos.

In meiner Erinnerung hiess der Heimleiter Fred Goldberg, aber viele andere hier sagen Goldmann. Ich erinnere mich, dass er immer wieder erzählte, dass er im KZ gewesen war. Er brachte uns verschiedene Protestlieder bei, die sie damals im KZ gesungen hatten, unter anderem ein Piratenlied, in der eine Zeile hiess "Und dann steigt am schwankenden Mast empor unsere Fahne, so rot wie das Blut". Das war so deren heimlicher Protest gewesen. Er betonte uns gegenüber immer wieder, dass er nach dieser Gefangenschaft sehr scharfe Ohren hätte, und ALLES von uns hören könnte, und alles in Erfahrung bringen würde.
Ich dachte als Erwachsene oft über diese Kur nach, und dachte damals, der Mann hatte sich an uns deutschen Kindern rächen wollen. Ich dachte auch immer, es sollten Ermittlungen stattfinden, und die Leute dort zur Rechenschaft gezogen werden. Ich hatte keine Ahnung, dass diese Kurheime so weit verbreitet und fast alle so schlimm waren.
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Silke aus 46569 Hünxe schrieb am 13.08.2023
Ich war 1970 mit 6 Jahren für 6 Wochen über die Krankenkasse in Brilon.
Erinnerungen sind nur bruchstückhaft vorhanden:
Heimleiterin herrisch und mit Dutt(?), Bettnässen sollte mit 'umerziehen' geheilt werden, der Heimleiterin in ein Vorschlaghammer auf den Fuss gefallen..... Also wirklich nur schemenhafte Erinnerungen, die aber immer mit Gefühlen der Hilflosigkeit, Angst und enormer Einsamkeit verbunden sind. Vielleicht findet sich hier ja noch jemand, der in diesem Jahr auch dort war. Bei mir haben diese 6 Wochen bis heute starke Spuren hinterlassen. Ich denke, dass mir u.a. deswegen auch Erinnerungen fehlen.
Vielleicht gelingt es mir ja durch eure Erfahrungen, die Lücken etwas zu schließen.
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Birgit Lehne aus Celle schrieb am 11.08.2023
Ich bekam im Alter von 11 Monaten Keuchhusten und wurde vom Kinderarzt noch auf die Schnelle gegen Keuchhusten geimpft. Da ich schon Neurodermitis hatte soll das der Auslöser für mein Asthma gewesen sein. Dauerhafte Atemnot und Hustenanfälle bei der kleinsten Anstrengung waren die Folge. Meine Mutter ist in ihrer Verzweiflung ständig mit mir beim Kinderarzt gewesen. Der empfahl ein weiteres Kind zu bekommen damit sie sich nicht immer so auf dieses eine kranke Kind konzentriert. Als meine Schwester dann geboren wurde war ich 3 1/2 Jahre alt. Mein Asthma war unverändert und dann auch noch ein Neugeborenes in der kleinen Wohnung. Meine Mutter war endgültig am Ende ihrer Kräfte. Der Kinderarzt empfahl für mich einen Aufenthalt an der See und meine Eltern glaubten es würde mir dort geholfen.
Ich wurde am 27. 8. 1965 zum ersten Mal nach Norderney in das Seehospiz verschickt. Ich hatte das Glück nicht mit einem Sammeltransport anreisen zu müssen. Meine Eltern brachten mich. Sie hatten sich auf der Insel eingemietet um mich in der ersten Woche besuchen zu können, das wurde ihnen verboten. Sie haben noch versucht am nächsten Morgen meine Gruppe beim Spaziergang zu finden, ich war aber nirgendwo zu sehen. Das deckt sich mit dem Arztbericht ich habe in der ersten Nacht Fieber bekommen und musste neben der Trennung auch noch mit einer Pneumonie klar kommen. Man hatte meinen Eltern auch verboten zu schreiben damit ich kein Heimweh bekomme. Daran haben sie sich gehalten. Jeden Mittag wurde die Post verteilt, ich bekam nichts daran erinnere ich mich. Nur an meinem Geburtstag bekam ich Post ein Paket mit Süßigkeiten die an alle verteilt wurden. Als mich meine Eltern am 1. Dezember wieder abholten habe ich nicht gesprochen bis wir auf der Fähre waren und diese abgelegt hatte. Meine ersten Worte waren dann "Ich habe geglaubt Ihr holt mich nie mehr wieder".

Diese Kur wurde vom Kinderarzt empfohlen und 1967 und 1970 wiederholt, jeweils 14 Wochen.

Einige Erlebnisse aus meinen 3 Aufenthalten im Seehospiz möchte ich hier schildern.

Essen und Gewicht zunehmen war sehr wichtig. Es wurde von den Nonnen aufgetan und das musste aufgegessen werden. Mann musste so lange am Tisch sitzen bis der Teller leer war. Ich erinnere mich mit Nachdruck gefüttert worden zu sein, mit einer Hand gefüttert, mit der anderen Hand wurde der Mund zu gehalten. Ein Mädchen neben mir am Tisch erbrach sich über den Teller. Sie musste weiter essen und auch das Erbrochene aufessen.

Einmal gelang es mir ein Stück Brot mit grober fettiger Leberwurst in die Rocktasche zu stecken. Als wir hinterher zur Toilette durften habe ich versucht dieses Stück zu "versenken" . Das klappte leider nicht. Es wurde später von den Nonnen entdeckt, ließ sich aber nicht mehr einem Kind zuordnen. Die Nonnen schimpften mit der ganzen Gruppe und zum Schluss sagten sie "der liebe Gott wird den Täter bestrafen " ... ich habe jahrelang Angst gehabt in eine Kirche zu gehen.

Zur Toilette gehen war nur zu bestimmten Zeiten erlaubt. Wenn ich in der Nacht musste, so musste ich lange allein im dunklen Flur stehen bis die Nonne dann irgendwann die Erlaubnis gab. Andererseits bekam man aber auch großen Ärger wenn man ins Bett machte.

Tagsüber gab es feste Zeiten für den Toilettengang, außerhalb dieser Zeiten war es nicht erlaubt. Da hab ich mich in die Puppenecke gesetzt und habe auf die Kissen gemacht. Da Mädchen immer Röcke tragen mussten hat das keiner bemerkt. Ich erinnere mich das mehr als einmal gemacht zu haben und dann bin ich mit der nassen Unterhose rumgelaufen bis sie wieder getrocknet war.

Mittags gab es Liegekuren draußen in einem langen Gang. Alle lagen nebeneinander auf Liegen und mussten in eine Richtung auf der Seite liegen damit wir nicht reden. Damit sich keiner dreht wurde eine Decke um den Körper gewickelt und stramm fest gesteckt - ich ertrage heute noch keine engen Kleidungsstücke.
Eine Nonne hat die Kinder beaufsichtigt, reden durften wir nicht.

Beim 2. und 3. Aufenthalt habe ich dann Post von meinen Eltern und Großeltern bekommen. Die erste Karte von meiner Mutter hat ganz rund gekaute Ecken.
Die Post wurde Mittags natürlich nur verteilt wenn alle Kinder aufgegessen hatten und ruhig waren. Sonst wurde sie bis zum nächsten Tag wieder mitgenommen.

Mittags wurden auch Pakete mit in den Speiseraum gebracht die man z. B. bekam wenn man Geburtstag hatte. Ich hatte 2x dort Geburtstag. Beim ersten Mal wurde ich dort 4. das Paket wurde vor allen geöffnet. Die Süßigkeiten wurden allen gezeigt und dann wurde ich gefragt ob sie verteilt werden sollen oder in meinen Koffer gelegt. Das zu entscheiden war wirklich schwer mit gerade einmal 4 Jahren.

Bei meinem 3. Aufenthalt war ich 8 Jahre alt. Als ich gebracht wurde musste ich im Speiseraum auf meine Gruppe warten. Da saß ein Kind das auf seine Eltern wartete. Mit diesem Kind habe ich gespielt. Dann stellte sich nach einer Woche heraus das dieses Kind eine Hepatitis hatte. Also wurden alle Kontaktkinder isoliert. Ein kleines Haus mit ca 10 Kindern, kein Garten, keine Spaziergänge an der See. Das habe ich meinen Eltern geschrieben. Mein Vater hat dann im Seehospiz angerufen und gesagt das es wichtig wäre wenn ich an die Seeluft komme und wenn ich in den Isohaus bin würde er mich abholen kommen. Da wurde ihm gesagt "Ihre Tochter hat gelogen" . Als ich dann nach 14 Wochen abgeholt wurde sagte man meinen Eltern die Wahrheit. Das war für meine Eltern der Grund mich nicht wieder dort hin zu schicken. Aus dem Isolations Haus wurden nach und nach alle Kinder entlassen sodass wir die letzte Woche nur noch zu zweit da waren.

An Medikamentengaben kann ich mich kaum erinnern, weiß natürlich auch nicht was ich bekommen habe. Eines lässt mich im Nachhinein aber stutzig werden. In meiner Ausbildung zur Kinderkrankenschwester habe ich den typischen Geruch von Atosil Tropfen als einen vertrauten Geruch wahrgenommen. Laut meinen Eltern habe ich aber nie Beruhigungsmittel bekommen.

An vieles aus den ersten Beiden Aufenthalten kann ich mich nur ganz wage erinnern. Ich habe zum Beispiel gelesen dass Kinder auf Dachböden gesperrt wurden. Das kann ich nicht beschwören, aber ich sehe immer mal wieder einen großen leeren Dachboden vor meinem inneren Auge und ich habe heute noch Angst über einen knackenden Holzboden zu gehen.
Nicht stören dürfen habe ich gelernt. Das sitzt tief. Jemanden nur mal so anrufen kann ich nicht.
Angst im Dunkeln, bekomme ich nicht weg, manchmal kann ich nur mit dem Gesicht zur Tür schlafen, liege ich mit dem Rücken zur Tür habe ich oft das Gefühl eine Hand auf die Schulter gelegt zu bekommen und das ist keine freundliche Hand.
Zur Toilette gehe ich in fremder Umgebung nicht selbst bei Besuchen in der Familie, oder aber wenn wir Besuch haben, dann kann ich auch nicht zur Toilette gehen.
Das sind alles Dinge die geblieben sind.

Eine Nonne habe ich als Kollegin wieder getroffen in der Hautklinik in Hannover. Ich habe ihr das Foto aus dem Seehospiz gezeigt und sie hat sich wieder erkannt. Um über die Geschehnisse zu sprechen war ich damals noch zu verschüchtert und wahrscheinlich auch zu jung.
Mein Asthma war mit den Aufenthalten im Seehospiz nicht besiegt und die Ärzte empfahlen weiterhin Verschickungen. So kam es, das ich 1972 mit 11 Jahren und 1973 mit fast 13 Jahren nach Ühlingen kam in das Kindersanatorium Dr. Scheede.

Meine Eltern fuhren gern Auto und so brachten sie mich hin. Die Fahrt von Celle bis Ühlingen dauerte lange, im Käfer mit 2 rauchenden Eltern (Kind wir wussten doch nicht das das nicht gut für Dein Asthma ist) .

Dort angekommen kamen wir in ein Arztzimmer zur Untersuchung und zum Gespräch. Dort musste und konnte ich mich dann auch von meinen Eltern verabschieden. Anschließend steckte man mich sofort in die Badewanne. Damals war ich empört darüber, heute denke ich ich muss unendlich nach Rauch gerochen haben.

Ich kam in ein 6 Bett Zimmer und wurde freundlich aufgenommen. Ich hatte sogar einen Schrank für meine Sachen, das war auf Norderney deutlich anders. Beim 2. Aufenthalt waren 2 Betten mehr in dem Zimmer weil Ferien waren und mehr Kinder zur Kur fuhren.

Das Essen wurde an den Tisch auf Platten und in Schüsseln gebracht. Man durfte sich die Menge nehmen die man wollte. Man konnte jederzeit nachnehmen. Was man sich genommen hatte das musste man aufessen. Ich hatte mehr als genug das Zwangsfüttern auf Norderney erlebt und fühlte mich wie im Paradies.

Auch sonst war es ganz anders als das was ich schon kannte. Wir durften jederzeit zur Toilette gehen, auch in der Nacht.

Mittags mussten wir in die Zimmer, wenn wir nicht schlafen wollten, dann durften wir uns leise beschäftigen, lesen oder Spiele spielen, nur die Anderen nicht stören. So hat mir z.B. ein Mädchen das Kontergam bedingt keine Arme hatte auf einem Reiseschachspiel das Schachspielen beigebracht.

Das Heim hatte eine Sporthalle im Keller in der wir in Kleingruppen Übungen machen mussten.

Ich hatte jeden 2. Tag Unterricht mit noch einem Mädchen in Englisch und Mathe. Da war ein Lehrer der ins Haus kam.

Es gab aber auch einen grossen Spielplatz hinter dem Haus auf dem wir gern gespielt haben.

An Ausflüge kann ich mich nur wenig erinnern.

Einmal in der Woche wurde nach Hause geschrieben. Die Briefe wurden von den Betreuerinnen gelesen, "damit keine Schreibfehler drin sind". Heute ist mir klar was das sollte, damals konnte ich das glauben.

Abends hatten wir einen großen Waschraum in dem wir uns alle gleichzeitig (nach Geschlechtern getrennt) bettfertig gemacht haben. Als ich im 2. Jahr kurz vor meinem 13. Geburtstag dort war wurde ich gefragt ob ich am Abend nach den Anderen lieber allein duschen möchte. Das fand ich sehr gut.

Im 2. Aufenthalt bekam ich Röteln. Das war eine tolle Krankheit. Ich fühlte mich nicht sonderlich schlecht, blieb im Bett und alle Mädchen durften mich besuchen. Wenn sie sich anstecken brauchten sie wenigstens nicht mehr geimpft zu werden war das Motto.

Vor Kurzem habe ich mit meiner Mutter noch einmal über meine Verschickungen gesprochen. Da erzählte sie mir das die Leiterin Frau Dr. Scheede von ihrem Liebhaber umgebracht worden ist. Das wäre sogar in Niedersachsen durch die Presse gegangen, das soll gewesen sein als ich das 2. Mal dort war. Da hat man uns Kinder wohl sehr gut abgeschirmt, denn das habe ich bis vor Kurzem nicht gewusst.

Alles in Allem blicke ich positiv auf die beiden Aufenthalte zurück. Sicher war nicht alles toll aber um Längen besser als das was ich in meiner Kleinkindzeit auf Norderney erlebt hatte.
2013 schickte mich mein Personalarzt zur "Kur" nach Borkum. Meine Verschickungen waren noch nicht so wirklich Thema aber mein Verhalten spricht im Nachhinein doch eine deutliche Sprache. Wir sollten möglichst mit dem Zug anreisen, ich nahm das Auto und nahm es auch mit auf die Insel, der Preis war mir egal. Am ersten Morgen sollten wir in Unterwäsche und Bademantel zum Wiegen kommen, ich kam voll angezogen und hab mich so auf die Waage gestellt. Eine Blutentnahme habe ich verweigert. Ebenso die Gewichtskontrolle am Ende des Aufenthaltes. Ich bekam Anwendungen in einer großen Badewanne mit warmen Wasser. Ich sollte nackt nur mit Bademantel bekleidet zur Anwendung kommen, mich anschließen schnell abtrocknen und so wieder zurück ins Zimmer. Ich kam voll bekleidet, zog zur Anwendung einen Badeanzug an und zog mich anschließen wieder vollständig an. Das machte die Therapeuten ärgerlich weil es Zeit kostete aber ich konnte nicht anders. Ich habe viel Heimweh gehabt, habe keine Kontakte zugelassen und jede freie Minute in meinem Zimmer gesessen. Die meiste Zeit hab ich geweint. Ein paar mal bin ich mit dem Auto zum Fähranleger gefahren. Am Abreise Tag war ich die erste an der Schranke zur Fähre. Ich habe dafür sogar das Frühstück sausen lassen und auf der Fähre gefrühstückt. Zu Hause hab ich dann vor Freude nur noch geheult.
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Iris W. aus München schrieb am 11.08.2023
Ich war 10 als ich in eine 6wöchige Kinderkur nach Borkum geschickt wurde, weil ich sehr häufig Bronchitis hatte und man offenbar befürchtete, ich könne Asthma bekommen.

Wir waren in 3 und 4 Bettzimmern untergebracht. Die Schränke für unsere persönlichen Dinge waren auf dem Gang und uns war verboten worden ohne Aufsichtsperson an unser Gepäck dranzugehen. Auch das mitgebrachte Taschengeld wurde uns abgenommen und wir mussten, wenn wir z.B. bei Spaziergängen etwas kaufen wollten um den entsprechenden Betrag bitten.

Duschen durften wir nur einmal pro Woche, auch die Kleidung und Unterwäsche durfte nur an diesen Tagen gewechselt werden, auch wenn wir, wie in meinem Fall, ausreichend Wäsche und Kleidung für 6 Wochen mitbekommen hatten.
Die Telefonate mit den Eltern fanden unter Aufsicht statt und wir wurden angehalten, nur positives zu erzählen und Heimweh zu verheimlichen. Auch Brife wurden geöffnet und kontrolliert, sowohl die Briefe der Eltern als auch unsere Briefe an die Eltern.
Obwohl ich als Kind keine Milch mochte und auch heute noch nicht mag, wurde ich einmal gezwungen kuhwarme Milch zu trinken, mit dem Hinweis, dass das gesund wäre.
Auch eine ca. 2-stündige Mittagsruhe mussten alle Kinder einhalten. Wir mussten uns ausziehen und uns ins Bett legen, auch wenn wir nicht müde waren und nicht schlafen konnten. Jegliche Unterhaltung war in dieser Zeit verboten.
Es waren auch sehr viel jüngere Kinder in diesem Kurheim untergebracht, die oft Heimweh hatten und sich von den Erziherinnen anhören mussten, dass sie von zu viel Weinen krank werden würden und dann nicht mit den anderen Kindern am Ende der Kur nachhause fahren können, was deren Heimweh und Traurigkeit nur noch verschlimmert hatte.
Wieder zuhause, habe ich mit meiner Mutter über die Kur und das Verhalten der Erzieherinnen gesprochen und meine Mutter war zwar sehr verärgert über die Zustände. Beschweren wollte sie sich aber nicht, da das ganz nun vorbei war und eine weitere Kur für mich nicht geplant war.
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RitaSch aus 63526 Erlensee schrieb am 09.08.2023
Im Alter von 5 Jahren wurde ich wegen Untergewicht für 6 Wochen nach Donaueschingen geschickt zur Kur. Es muss Winter 1962 gewesen sein. Vor der Schule sollte ich unbedingt zunehmen. Ich wurde alleine in einen Zug gesetzt, dort wartete eine "Tante" in einem Abteil, die nach und nach bei verschiedenen Stationen Kinder einsammelte. Im Heim angekommen standen Unmengen von Kindern aller Altersgruppen in einer großen Halle um aufgerufen und in Gruppen eingeteilt zu werden. Ich gehört mit zu den Kleinsten. Danach ging es in den Schlafsaal. Dort waren Doppelstockbetten aus Eisen aufgestellt und Metallspinde für unser Gepäck. Es war ein großer Saal, wieviele Betten es waren kann ich nicht mehr sagen. Um es abzukürzen, das Essen war furchtbar, Erbrochenes musste aufgegessen werden, Spielsachen gab es so gut wie keine, es gab lange Ruhezeiten auch Mittags. Da es Winter war und Schnee lag, waren wir kaum draußen. Ich habe viel geweint, und dachte meine Eltern haben mich weggegeben. Geschlagen wurde ich nicht, aber psychisch war es eine Folter. Ich hatte keine Ahnung wie lange ich dort bleiben sollte, ob für immer oder übergangsweise. Ich habe dort mit niemandem gesprochen, die ganzen 6 Wochen nicht, außer zu meiner Gruppentante, dass ich nach Hause möchte. Die hat nur immer abgewiegelt. Sie hat für mich wöchentlich eine Postkarte nach Hause geschrieben, worin stand, dass es mir gut ginge und ich alles toll fände, wie ich im Nachhinein von meinen Eltern erfahren habe. Einmal haben wir einen Ausflug nach draußen gemacht mit der Gruppe von geschätzt 40 Kindern und 3 Schlitten. Es war wohl gerade Fastnacht und wir sind in so eine verkleidete Hexengruppe geraten. Da waren auch Leute mit fürchterlichen Masken, die mich sehr erschreckt haben. Eine Hexe hat mich mit ihrem Besen gejagt, sodass ich weggerannt bin und mich irgendwo im Schnee unter einem Busch versteckt habe, ich hatte Panik. Die Leute vom Heim haben mich erst nachts gefunden und ich hatte eine fürchterliche Erkältung eingefangen. Daraufhin musste ich etwa eine Woche alleine im Schlafraum bleiben ohne jegliche Ablenkung oder Beschäftigung. Am Tag der Abreise, wir mussten vormittags unsere Taschen packen, gab es wieder ein scheußliches Mittagessen mit verdorbenen Eiern. Die erbrach ich wieder, musste das Erbrochene wieder aufessen, erbrach wieder usw. Deshalb durfte ich dann nicht mit abreisen und musste eine Nacht länger ganz alleine im Schlafsaal bleiben. Am nächsten Vormittag wurde ich zum Zug gebracht und alleine in den Zug gesetzt, die Gruppen mit Betreuung unterwegs waren ja bereits am Vortag abgereist. Ich weiß nicht mehr, wie ich am richtigen Bahnhof ausgestiegen bin, hat vermutlich der Schaffner drauf geachtet. Jedenfalls waren meine Eltern da in Offenbach/Main und haben mich abgeholt. Man sollte meinen ich war froh sie wiederzusehen, jedoch war ich sehr böse auf sie und traurig und habe die ersten Wochen auch nicht mit ihnen gesprochen, nur mit meinem älteren Bruder, der zuhause bleiben durfte. Dann wurde ich gleich zum Hausarzt gebracht, wo dann festgestellt wurde, dass ich 3 kg abgenommen hatte. Da wusste ich, dass die Reise überflüssig gewesen war und hatte schreckliche Angst nochmal verschickt zu werden. Wie ich heute weiß war diese Kur psychisch äußerst schädlich für meine weitere Entwicklung. Ich blieb ein sehr zurückhaltendes scheues Kind, das sehr schwer Freunde gefunden hat und dem Vertrauen zu anderen Menschen schwer fiel. Auch heute bin ich zurückhaltend, ich glaube diese Verschickung, die zu nichts nütze war, hat mir sehr geschadet.
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Melanie L. aus Halle/ Saale - Kurort unbekannt schrieb am 06.08.2023
Ich war im Alter von 5 Jahren im Jahr 1982 zur Kur. Wir wohnten damals in Halle/ Saale, der Kurort ist mir nicht (mehr) bekannt. Erst im vergangenen Sommer kam die Erinnerung hoch, dass ich zur Kur war, jedoch sind diese 6 Wochen wie ausradiert.
Ich kann mich an Situationen aus meinem Kindergarten und der Schule erinnern, aber fast nichts von der Kur - keine Gesichter, Namen oder Gefühle.
Einzig wusste ich noch, dass wir aus einem privaten Garten Pflaumen gemopst hatten (also muss es Spätsommer gewesen sein) und am Tisch mit dem Armen hinter der Lehne sitzen mussten, damit der Oberkörper kerzengerade ist.

Dank Google stieß ich auf diese Seite. Die Tatsache, dass kaum Berichte aus der DDR zu finden sind und die meisten keine Erinnerungen haben, macht mir Angst! Ich sprach eine Freundin an, ob sie auch zur Kur war. Sie bejahte es und hat ebenfalls keinerlei Erinnerungen.
Durch das Lesen und die Gespräche darüber mit meiner Mutter kamen folgende Erinnerungen bei ihr oder mir wieder hoch:
- Wassertreten; auch ich watete in der Kinderkur in kalten Wasser, weiß aber nicht in welcher Räumlichkeit
- Szene, wo eine Frau auf meiner Bettkante saß und mir einen Brief meiner Eltern vorlas (jedoch nicht wie es mir ging, was um mich herum geschah)
- Meine Mutter bestätigte, dass auch ich mit einem Koffer voll sauberer Kleidung heim kam. Nur wenig Kleidung war schmutzig. Sie dachte damals dass diese gewaschen worden sei, aber nachdem, was ich hier las, wurde sie sicher bei Ankunft abgenommen.
- Nach meiner Rückkehr war ich sehr still, völlig verändert. Auf alten Bildern der Sonnenschein, war ich auf Bildern nach der Kur ein Trauerkloß.
- Wir sprachen nochmal zu Tisch, aber nach meiner Rückkehr sagte ich am Tisch kein Wort, selbst nachdem mir meine Eltern sagten das sei ok und ich darf es, erwiderte ich, dass ich es nicht darf. Auch saß ich weiterhin am Tisch mit den Armen rückwärts über die Lehne.
- Ich habe nach meiner Rückkehr kaum etwas gegessen.
- Meine Eltern durften mir keine Pakete senden. Nur einmal kam Post von mir. 6 Wochen absolutes Kontaktverbot, lediglich Briefe durften sie senden. Wie oft wir diese erhielten weiß ich nicht.

Ich wurde zur Kur geschickt (vom System, nicht meinen Eltern), um zu wachsen, da ich als Vorschulkind zu klein war. Ich kam nach den 6 Wochen tatsächlich etwas größer zurück. Wie das???

Auf der Suche nach Antworten las ich hier sehr viele Berichte und frage mich, ob ich deswegen
- Sauna und Hitze nicht mag. Es gibt mir das Gefühl, keine Luft zu bekommen.
- Eisbaden/kalt duschen meide.
- Butter nicht mag.
- Verlassensängste habe. Meine Eltern waren sehr fürsorglich, aus meiner sonst behüteten Kindheit kann es nicht kommen.
- Immer wieder Situationen erfahre, in denen ich absolute Ohnmacht fühle, also andere ihre Macht mir gegenüber ausspielen können, ohne dass ich etwas daran ändern könnte.
- Trotz dass ich eine schöne Frau bin, kein Selbstwertgefühl habe.

Als Kind war ich Linkshänder und musste umerzogen werden. Ob dies während der Kur begann der später weiß ich jedoch nicht.

Denen, die wie ich auf der Suche nach Antworten sind, kann ich ebenfalls keine geben, aber ich werde mir professionelle Hilfe suchen, da ich die Geschehnisse dieser 6 Wochen wissen möchte, egal wie schmerzhaft sie sind.

Ich wünsche und allen Antworten und Heilung.
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Renate Gogler aus 61169 Friedberg schrieb am 04.08.2023
Ich war gerade in die 2.Klasse gekommen und wurde im Winter 1965/66 für 6 endlos lange Wochen nach Borkum geschickt, weil ich der Schulärztin nach zu dünn und zu häufig erkältet war. Im Sommer davor hatte ich gerade schwimmen gelernt, deshalb fand ich es schon doof, im Winter an´s Meer zu müssen.
Dieses Heim wurde von Nonnen geführt und ich erinnere mich nur an eine Erzieherin, die nicht Nonne war. Das ist sehr wichtig, weil ich selbst evangelisch bin und seit diesem Aufenthalt eine heftige Nonnen-Phobie habe. Wir mußten uns nach dem Frühstück und Gebet bekreuzigen. Das habe ich verweigert mit den Worten, ich sein evangelisch und bräuchte das nicht. Daraufhin gab es einen Anruf bei meinen Eltern, weil ich so ein bockiges Kind sei. Mein Vater hat völlig hinter mir gestanden und meine Aussage bekräftigt. Wenn uns Nonnen in den Gängen begegneten, mußten wir immer an die Seite treten und an den Wänden entlanglaufen. Das war so fremd und einschüchternd für mich, ich habe das Gehusche der Nonnen gehaßt. Das Gefühl ist immer noch ganz stark in mir. Wir mußten auch alles aufessen und das Essen war fettig und eklig. Ich habe kein bißchen zugenommen und dann gab es deshalb wieder einen Anruf bei meinen Eltern. Ich durfte meinen Vater sprechen und habe ihm gesagt, daß das Essen scheußlich sei. Meine Eltern haben total hinter mir gestanden und ich bin ihnen noch heute sehr dankbar dafür. Das Schlimmste war aber, daß wir ein Mädchen in unserem Schlafsaal hatten, daß nachts ihr Bett vollgenäßt hat. Daraufhin wurde, soweit ich mich erinnere, in mehreren Nächten plötzlich das Licht angemacht, eine Nonne ging an das Bett des Mädchens, riß sie aus dem Bett und stellte sie vor uns allen bloß mit den Worten: "Schaut her, das Schwein hat wieder das Bett vollgepinkelt". Ich habe mich schon damals mit 7 Jahren gefragt, warum diese Nonnen Kinder betreuen, wenn sie doch Kinder hassen. Dieses Gefühl ist geblieben und beim Anblick von Nonnen packt es mich jedes Mal. Alles in allem kann ich nicht von selbst erlebten Mißhandlungen berichten, aber trotzdem waren es die schlimmsten 6 Wochen meines Kinderlebens. Meine Eltern waren nach meiner Rückkehr auch entsetzt darüber, was sie durch die Anrufe mitbekommen hatten und daß ich überhaupt nicht zugenommen hatte. Daß sie nur mein Bestes wollten, war mir schon damals bewußt und ich habe ihnen auch verziehen.
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H. F. aus Friedrichsdorf schrieb am 04.08.2023
Ich bin 1964 geboren und wurde denke ich in der 3. Grundschulklasse 1973 noch vor den Sommerferien in ein "Kindererholungsheim" der DAK in der Nähe von Hamburg mit zwei meiner 3 Brüder verschickt von Nürnberg aus mit dem Zug ohne die Eltern mit meinen Brüdern und einer fremden Betreuerin, da unsere Mutter in die Kur mußte und mein Vater sich nur um den jüngsten Bruder kümmern konnte.
In meiner Erinnerung wurde ich gleich am Anfang gewogen, ich denke ich war zu dünn in deren Augen und ich sollte zunehmen. Im Speisesaal wurde mir deswegen oft ungefragt zum Mittagessen ein heißer "Nachschlag" auf den Teller gekippt - auch über meine Hände wenn ich diese verrneinend und ablehnend über den Teller hielt. Meine Hände waren oft verbrüht und ich musste dann alleine im Speisesaal "nachsitzen" bis ich den Teller komplett aufgesessen hatte.
Nach dem Speisesaal ging es in den "Mittagschlaf Saal" - wir Kinder mussten uns mit einer speziellen Wickeltechnik auf den Feldbetten einwickeln. Dieser Schlafsaal war sehr hell, es war für mich schwierig zu schlafen - also tat ich so als würde man schlafen - wer mit offenen Augen entdeckt wurde musste "nachschlafen", das ist mir auch ab und zu passiert.
Ab und zu mussten wir in braune große Bottiche mit heißem Wasser - evtl Solewasser - steigen. Da es mir einmal beim einsteigen zu heiß war, hatte ich mich verweigert hinein zu steigen. Das half nichts ich wurde hinein geschubst und wurde dann durch die Hitze ohnmächtig und wieder heraus gezogen. Ich hatte im Anschluss immer Panik vor diesem heißen "Solebad"
Wir waren im Hochsommer in Hamburg, da wird es schon um 5 Uhr früh hell und die Sonne schien in den Schlafsaal - wir hatten keine dunklen Vorhänge, sodass der Schlafsaal schon ab 5 Uhr hell war. Das heißt ich wurde ab und zu "unerlaubt" wach zu einer Zeit in der ich nicht wach hätte sein dürfen. So bald ich mit offenen Augen gesichtet wurde, wurde ich aus dem Bett gezerrt und musste im "Waschsaal" auf einem Stuhl 2 Stunden ruhig verbringen und "nachschlafen " bis offizieller Aufwachzeitpunkt gewesen ist. Einmal wurde ich deswegen in die Besenkammer gesperrt, da der Waschsaal schon "belegt" war.
Einmal die Woche hatten wir einen Basteltag für die Eltern, dazu haben wir immer einen Brief geschrieben. Mein Brief wurde regelmäßig zerrissen und mir wurde diktiert was ich zu schreiben hatte, daher gingen meine Eltern davon aus, dass ich in den ca 4 Wochen eine tolle Zeit gehabt hätte.
Unser Spaziergang ging immer "um den Pudding" da gab es einen Graben voller Brennessel. Größere Kinder machten sich oft einen Spaß daraus kleinere Kinder - so wie mich - in den Brennessel Graben zu schubsen. Dagegen unternahmen die "Erzieherinnen" nichts - auch nicht für die Pflege der brennenden Haut im Anschluss.
Es war ein sehr sehr heißer Sommer. Damit niemand nachts in die Hose machte, bekamen wir nur im Laufe des Tages einen Becher mit Hagebutten Tee - ich hatte unendlichen Durst in den 4 Wochen. Den Geschmack von diesem Hagebutten Tee hatte ich oft in den Jahren danach noch im Mund, wenn ich nach einem langen Schultag in der weiterführenden Schule an heißen Tagen Durst hatte in den öffentlichen Verkehrsmitteln auf dem Weg nach Hause.
Während der ca 4 Wochen in dem "Kindererholungsheim" hatte ich kein Recht mit meinen Brüdern zu sprechen.
Es war alles andere als Erholung, es war der reinste Horror
H. F.
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Kontakt Wunsch: Kontakt: Über die Initiative
Egon Luce aus 48329 Havixbeck schrieb am 04.08.2023
Ich war mit 4 Jahren mit meinem älteren Bruder zur Kur in Bad Sassendorf. Ich musste solange essen, bis ich das erbrochene Wurzelgemüse aufgegessen hatte.
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Renate Lenz aus Hannover schrieb am 03.08.2023
ERFAHRUNGSBERICHT
verfasst am 03.08.2023

Mein Name ist Renate Lenz, geb. am 17.4.53 in Hannover. Mit 5 Jahren wurde ich am 26. 09. 58 bis zum 7.11.58 nach Wyk auf Föhr ins Kinderheim geschickt wegen verschiedener Atemwegsprobleme (Polypen entfernt, schwerer Keuchhusten mit 4 Jahren, wiederholte vereiterte Mandelentzündungen, ständige Erkältungen mit schwerem Husten, angegriffene Hilusdrüsen). Der Aufenthalt wurde durch die ÜSTRA Hannover ermöglicht, wo mein Vater angestellt war. Ich weiß nicht, wie das Heim hieß, ich dachte immer, es gäbe nur eins und das hieße "Wikauför" Ich kann dies auch nicht mehr erfahren, es gibt keine Unterlagen darüber, nur das Datum habe ich aus dem Tagebuch meiner Mutter, die vor mehr als 10 Jahren verstorben ist.

Die Vorfreude auf den Aufenthalt auf der Insel war groß. Eltern, Großeltern Tanten sorgen für meine "Ausrüstung": Eimerchen und kleine Schaufeln und Harken sollten wir mitbringen, denn wir würden ja viel am Strand spielen. Badezeug war auch dabei, ich konnte schon schwimmen.

Bei der Ankunft stellte sich uns "Tante Else" vor, die für uns kleine Mädchen zuständig sein werde. Als erstes mussten wir unser Strandspielzeug abliefern, denn für den Strand seien wir noch zu klein und könnten ins Meer fallen und verschwinden. Dabei war der Strand auf den Fotos so breit. Und ins Meer durften wir erst recht nicht. Unser Spielzeug wurde eingesammelt, um es älteren Kindern zu übergeben. Tante Else erklärte uns auch, dass wir beim essen nicht reden dürften, sonst gäbe es Strafen. Und alles müsste aufgegessen werden. Tante Else zeigte uns unseren Schlafraum und die Toiletten. Sie selbst würde im Raum neben uns schlafen und wir könnten sie jederzeit rufen, wenn jemand zum Beispiel nachts auf die Toilette müsste und den Weg nicht fände.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war das Bett nass! Ich hatte mich eingenässt, denn ich fand den Weg zur Toilette im Dunkeln nicht oder vielleicht wurde ich erschreckt.
Ich habe diese Tante Else ganz oft in jener ersten Nacht gerufen, andere Mädchen haben das am nächsten Morgen, als mein eingepinkeltes Bett entdeckt wurde, bestätigt. Tante Else hat alles als Lüge bezeichnet und den anderen Kindern verboten, mit so einer wie mir zu reden. Ich wurde von den anderen Kindern isoliert gehalten. Tante Else taten meine Eltern leid, die mit einer Bettnässerin gestraft worden seien.

Ich war so verzweifelt, dass ich mich immer mehr vollpinkelte, dann überhaupt keinen Schließmuskel mehr beherrschte. Für Tante Else war ich das perfekte Beispiel eines total missratenen Kindes, aus dem nie etwas werden würde.

Bis zum letzten Tag. Ein Mädchen hat eines Tages das Redeverbot mit mir durchbrochen, bei einem Spaziergang wartete sie auf mich, die immer einen Sicherheitsabstand von ca.20m zu der Gruppe halten musste. Das Mädchen stand einfach neben mir und fasste meine Hand: ich täte ihr so leid. Dann stand Tante Else neben uns: Wenn Du nicht sofort zur Gruppe zurückkehrst , geht es Dir genauso wie Renate, schrie sie. Ich war dem Mädchen so dankbar für ihre Solidarität!!
Allerdings hat auch mein Schließmuskel sofort auf Tante Else reagiert und mein Höschen war mal wieder vollgeschissen...
Und das Schlimmste war für mich, dass Tante Else mir gedroht hatte, alle vollgepinkelten und -geschissenen Höschen in meinen Koffer zu packen, damit meine Eltern wüßten, was für ein unerzogenes Dreckskind sie haben. Ich war damals leider noch nicht in der Lage, zu berechnen, wie viele Schlüpfer für mich eingepackt waren für einen Aufenthalt von 6 Wochen. Ich befürchtete, der ganze Koffer würde mit dreckigen Hosen gefüllt sein.

Ein weiteres Detail: wir kleinen Kinder, ich war 5 Jahre alt, konnten natürlich noch nicht schreiben, sollten aber eine Postkarte an unsere Eltern bemalen. Die Idee war gut, meine Interpretation des Themas haute aber nicht hin. Ich wollte die Insel aus der Vogelperspektive malen, mit den Häusern, Wegen und Straßen. Ein trauriges Gekritzel von Straßen und Wegen und mehrere undefierbare Flecken als grüne Wälder, Bäume und Häuser mit roten und braunen Dächern waren das Ergebnis. Tante Else nahm dies zum Anlass mich mal wieder vor allen Kindern bloßzustellen: ich würde mir selbst, meinen Eltern und allen Anwesenden nur beweisen, wie unfähig ich sei. Nicht mal meinen Eltern könnte ich ein schönes Bild malen. Ich weiß noch, dass ich kein schönes Bild malen wollte, sondern etwas ganz besonderes, was absolut in die Hose ging.

Der Aufenthalt war die Hölle für mich, ich habe nach meiner Rückkehr niemandem etwas erzählt, aber alle merkten, dass ich sehr still geworden war.

Jahre später, ich war inzwischen 33 Jahre alt und lebte schon in Südamerika, war ich bei meiner Mutter zu Besuch. Irgendwann ging sie zum Geschirrschrank und holte eine total kitschige Moccasammeltasse mit Verzierungen in rot und Gold heraus. Sie fragte mich, ob ich diese Tasse aufheben wollte. Ich verneinte, sie würde doch wohl meinen Geschmack kennen. Ob ich mich wirklich nicht erinnern könne, fragte sie. Die Tasse hätte ich ihr als Mitbringsel von Wyk auf Föhr mitgebracht. Da kam plötzlich eine Erinnerung: kurz vor der Rückfahrt sollten wir kleinen Mädchen in einem Souvenierladen ein Mitbringsel für unsere Eltern aussuchen. Ich habe diese furchbar kitschige Tasse ausgesucht, denn mein Mitbringsel sollte ganz besonders toll und teuer aussehen. Tante Else hat mich sogar gelobt!!!
Abends bei einem Glas Wein habe ich meiner Mutter dann erzählt, was in diesem Heim abgelaufen war. Meine Mutter sagte, sie habe nach meiner Rückkehr mehrmals gefragt, was dort passiert war, weshalb ich so verstört zurückgekommen bin. Ich habe nie geantwortet.
Meine Erinnerungen waren immer mit Demütigung, Bloßstellung und Scham verbunden. Die dreckigen Höschen waren nicht im Koffer gewesen, nur eine einzige, mit Spuren von Urin. Und diese war meiner Mutter egal, weil ich ja schon lange ´sauber´ war und auch hinterher meine Schließmuskel wieder normal beherrschte. Alles war fast wie vorher.


Diese Heimerfahrung war zwar für mich schrecklich, aber heute weiß ich, dass andere in anderen Heimen noch viel mehr zu erleiden hatten.

Nichtsdestotrotz: meine Atemprobleme und Husten waren für den Rest meines Lebens kuriert!!
Was dieser Aufenthalt wirklich für mich bedeutet hat, ob er für meine weitere Entwicklung wichtig war und in welcher Beziehung kann ich nicht beurteilen. Andere Vorfälle haben meine Erfahrungen übertönt: drei Wochen nach meiner Rückkehr starb mein von mir sehr geliebter Großvater an einem Schlaganfall. Er war auf der Straße zusammengebrochen und die Polizei steckte ihn für die Nacht in die Ausnüchterungszelle, statt einen Notarzt zu rufen. Am nächsten Morgen war er tot und man brachte ihn zu meiner Großmutter. Die Polizeistation befand sich 30m neben unserem Haus.
Ein Jahr nach meinem Aufenthalt in Wyk verstarb mein Vater an einem plötzlichen Herzinfarkt. Ich habe sein Sterben von meinem Kinderzimmer aus miterlebt. So wurde aus unserer 5-köpfigen Familie plötzlich eine kleine Familie, bestehend aus meiner arbeitenden Großmutter, meiner arbeitenden Mutter und mir. Ich wurde zum Halbwaisenkind und Schlüsselkind. Den Schlüssel um den Hals habe ich gern getragen und fühlte mich sehr erwachsen damit.
Vielleicht ahnte ich, dass es kein Zurück mehr gab, und dass Angst ein schlechter Wegweiser ist, der einen niemals lähmen darf.
Meine Mutter hielt es manchmal für nötig, mich mit dem Rohrstock zu erziehen, um mir das "Böckchen" auszutreiben. Allerdings ließ ich mir kein "Böckchen" austreiben, sondern sagte ihr unter Tränen nach der Tracht Prügel, nun hätte ich zwei "Böckchen".
Kinder dürfen nie wieder so gedemütigt und verletzt werden. Das kleine Mädchen, ein wenig kleiner als ich, das auf mich wartete und sich dem Gesetz des Heimes, dem Gehorsam, widersetzte, ist mir nie aus dem Kopf gegangen. Ihr warmer Händedruck und ihre paar Worte haben für mich in meinem Leben bedeutet, mich überall für Menschenrechte einzusetzen, für die Rechte der Verfolgten, der Geflüchteten, derer ohne eine Heimat im Kopf. Gerechtigkeit nicht nur für mich, sondern für alle Menschen einzufordern. Und sich niemals von der Angst lähmen zu lassen. Meine Schließmuskel waren vor Angst gelähmt und haben mir gezeigt, was lähmende Angst ausmacht: nur große Scheißerei. Nie wieder!

Danke für´s Zuhören, und bitte um Entschuldigung für das Sch...wort. Renate Lenz
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Melanie Huster aus Dortmund schrieb am 02.08.2023
Ich war 1982 und 1983 in Bühl. Und die Jahre danach in Mittelberg Oy. Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern was in Bühl war aber das was übriggeblieben ist , ist keine schöne Erinnerung! Ich kann mich noch an große Schlafräume erinnern und das wir nicht reden durften und wer es doch getan hat wurde mit Matratze auf den Flur verfrachtet ! Ich kann mich auch noch erinnern das ich mich immer schlafend gestellt habe wenn die Nonnen durch den Schlafsaal gingen weil ich solche Angst hatte! Ich kann mich auch noch Bruchstück weise daran erinnern wie es war wenn wir in die Waschräume geschickt wurden . Wo wir uns vor allen anderen waschen mussten . Oder ans Essen…wie ich stundenlang alleine im Speisesaal sitzen musste und gezwungen wurde mein Essen runter zu würgen bis ich mich im hohen Bogen übergeben habe ! Das erste mal war ich übrigens da wegen Bronchitis…die Jahre danach wurde ich immer in Kur geschickt weil ich zu dünn war . Ein Schelm wer denkt das das in irgendeinem Zusammenhang steht und ich ein sehr schlecht essendes Kind war ! Irgendwann musste ich auch mal zum Hauseigenen Arzt , warum weiß sich nicht mehr aber auch da war es anscheinend schrecklich, da ich mich nur noch schreiend auf dieser liege sehe…den Rest habe ich verdrängt , so wie vieles andere auch ! Medikamente mussten wir nehmen keine Ahnung warum …zuhause habe ich nie Medikamente bekommen! Ich war 6 Jahre alt! Danach bin ich immer nach Mittelberg Oy geschickt worden. An diese Kur habe ich nicht so schreckliche Erinnerungen (außer das wir immer zur Beichte mussten ) Auch da waren Nonnen, auch da war es ziemlich streng aber auf diese Kur habe ich mich immer gefreut.da habe ich nur gute Erinnerungen . Wahrscheinlich war für mich alles besser als Bühl!
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Claudia Luterbach schrieb am 01.08.2023
Hallo
Ich bin als 4-Jährige für 6 Wochen im Kindersanatorium Helmut Just in Bad Frankenhausen gewesen. Die Erinnerungen an diese Zeit sind rudimentär, was (hoffentlich) am Alter liegt. Es gibt keine Fotos und etwaige medizinische Berichte habe ich auch nie gesehen.
Ich weiß noch, wie die Anreise ablief, nämlich ohne meine Eltern. Es ist ihnen nicht gestattet gewesen, mich zu bringen. Ich musste mit dem Zug anreisen. Die Schlafräume waren groß und wenn ich nachts auf‘s WC musste, empfand ich es als gruselig, da dunkel. Meine Eltern schrieben mir regelmäßig Briefe und schickten auch Päckchen. Besuchen durften sie mich die ganzen 6 Wochen nicht, obwohl ich in dieser Zeit Geburtstag hatte. Die Briefe blieben bei der Abreise im Sanatorium.
In meinem Gedächtnis sind einzelne Miniszenen gespeichert, aber mehrheitlich ist alles weg. Ich weiß nicht, was wir den ganzen Tag gemacht haben, wie die Mahlzeiten abliefen, ob wir untersucht wurden oder sonstige Therapien machten. Einzig an eine Betreuerin kann ich mich gut erinnern.
Ich bin vor kurzem in Bad Frankenhausen gewesen. Das Sanatorium wird zu Ferienappartements umgebaut. Das, was ich gesehen habe, weckte ein paar Erinnerungen. Vielleicht ist hier jemand, der etwa zur selben Zeit hier gewesen ist und kann mir ein paar Details nennen?
Der Aufenthalt an sich hat mir gesundheitlich sehr geholfen. Ich litt danach nicht mehr an Bronchitis und musste nicht mehr bis zum Erbrechen husten. Aber ich denke, die Erfahrung hat mich wesentlich geprägt.
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Gabriele Form schrieb am 01.08.2023
Hallo ich war 1967 in Bad Soden Salmünster im Marien Kinderkuranstalt ich war am letzen Samstag dort hin gefahren mein einziger Hinweis war ein Gruppenfoto an einem Kriegsdenkmal der Sebrende Sodalt darauf hin fand ich auch das Kinderheim viles ist bnoch wie damals dieses heim wurde von Vinzentianerinnen geführt und von angestellten Betreuerinen eine wie auf dem Gruppenfoto
ich war 4 Jahre trotzdem kann ich mich an das lange sitzen in den Speisesaal erinnern und auch an ein Lied das alle laut sangen an den Pavillion im Garten .....ich habe Fotos gemacht wenn die jemand sehen möchte schreibt mir
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Andreas Keller schrieb am 01.08.2023
Es hat sehr lange gedauert, bis ich begriffen habe, dass meine heutigen gesundheitlichen Probleme auf traumatische Erlebnisse bei der Landverschickung beruhen. Ich kann mich nur noch an zwei Ereignisse erinnern. Das erste war, ich musste mein eigenes Erbrochene aufessen. Die Folge war, dass ich bis zu meinem 50zigsten Lebensjahr kein sichtbares Fett am Fleisch essen konnte. Ich hatte alles sezieren müssen. Got sei dank ist das vorbei.
Das zweite Ereignis ist im nachhinein das folgenschwerste. Der einzige Bezugspunkt nach Hause war ein kleiner oranger Stoffhund. Dieser wurde mir weggenommen.
Ich habe jetzt schon zwei Rehas wegen Panikattacken hinter mir. Bei der zweiten Reha wurde endlich die Verbindung zum Traumatischem Ereignis festgestellt. Wenn man mir etwas wegnimmt, kommt der kleine hilflose Junge hervor und ist wie gelähmt. Mein ehemaliger Chef hat das gemerkt und dann dementsprechend gemoppt.
Ich habe jetzt noch knapp zwei Jahre bis zur Rente, an richtiges Arbeiten ist aber nicht mehr zu denken.
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Jo schrieb am 29.07.2023
Ich bin 1966 geboren und gegen 1970/71, mit etwa vier oder fünf, für einige Wochen in einem solchen Heim gewesen. Als Name erinnere ich mich nur an "Berchtesgaden". Ich habe in diesem Forum und anderswo nach diesem Heim gesucht, bisher ohne Erfolg. Meine Erinnerung ist, dass es sich eher nicht um eine Alm gehandelt hat sondern um einen ein wenig städtischeren großen düsteren Bau. Ich war im von der Straßenseite linken Bereich, meine Schwester in dem für Mädchen rechts davon untergebracht. (Diese Erinnerungen können trügen; ich versuch's so wie es eben geht.) Betrieben wurde das von Nonnen oder Schwestern in Tracht mit Hauben. Ich erinnere mich ausschließlich an Frauen. Die ranghöchste Frau dort hatte zu der Zeit einen Gips oder eine Armschlinge (von dem Medizingeruch der Verbände wird mir bis heute übel). Vom Gebäude habe ich wenig weitere Erinnerungen; es gab wohl einen großen Saal zum Essen, hohe Decken oder Säulen, aber da wird es schon sehr schwammig. Wie viele hier erinnere ich mich an das erzwungene streng beaufsichtigte Aufessen (in meinem Fall waren es Knorpel in einer Suppe, die in besonderer Erinnerung sind). Ganz allgemein herrschte eine Atmosphäre von Einschüchterung Drohung, Erniedrigung. Körperliche Gewalt war nicht unbedingt vorherrschend (und für mich auch leider nicht ungewöhnlich). Den Gipsarm habe ich gefüchtet, aber ob ich dafür gute Gründe hatte, erinnere ich nicht mehr. Meine zeitgleich im anderen Block untergebrachte Schwester hat von mit Pflaster zugeklebtem Mund und langem Stillstehen berichtet. Die immer wieder geäußerte Drohung war, dass wir nie wieder zu unseren Eltern zurückkommen, wenn wir nicht brav sind. Das muss sehr effektiv gewesen sein und beweist, wie sehr sich die Erzieherinnen des ausgeübten Schreckens bewusst waren. Ich erinnere mich an eine jüngere Schwester/Erzieherin, bei der man in seltenen Momenten Trost finden konnte. Mir ist bei ihr aber auch gedämmert, dass auch scheinbar allmächtige Erwachsene nicht immer Wunder bewirken konnten. Nicht ganz sicher bin ich, ob sie es war, die mir angeboten hat, die geforderte Postkarte, auf die ich eine dringende Bitte um Hilfe und Abholung gekritzelt hatte, nochmal schön abzuschreiben. Weil sie ja eine schönere Schrift hatte, und das musste ich zugeben. Gesehen habe ich sie Jahrzehnte später, sie war auch inhaltlich schön, sonnig und blumig geworden... Ich erinnere mich dann noch, wie ich mit meiner Schwester zu zweit eine Straßenecke weitergegangen bin, wo meine Eltern uns erwartet haben. (Aus heutiger Sicht eine völlig absurde Gestaltung, aber wie sorgfältig die Eltern vom eigentlichen Heim ferngehalten wurden, haben andere schon gut beschrieben.) Wir haben uns erst schnell zu rennen getraut, als wir sicher waren, dass wir die Autotüren erreichen könnten, und dann - gefühlt - stundenlang geweint. Dass unsere Eltern uns beiden nicht geglaubt haben, ist nur eine der vielen Wunden, Traumata, Ängste und Verlustneurosen, Unsicherheiten und Seelenschäden, die wir aus dieser "Kur" mitgebracht haben. (Die Gerechtigkeit meiner Mutter gegenüber erfordert es, dass ich schreibe, dass sie uns später durchaus geglaubt hat, und regelrecht entsetzt darüber war, was da passiert ist. Die meisten hier werden verstehen, wie wichtig so etwas ist.) Ich würde mich freuen, wenn es hier vielleicht gelänge, mehr über das konkrete Heim herauszufinden.
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Birgit aus Troisdorf schrieb am 29.07.2023
Hallo zusammen, mein Name ist Birgit und bin 64. Nachdem ich jetzt im Alter Zeit habe mich um meine Vergangenheit zu kümmern kommen mir die ganzen Quälereien, aus der Zeit meiner Verschickung, langsam hoch. Ich wurde als Kind vom Gesundheitsamt Wanne-Eickel, wegen Untergewicht, für 6Wochen in die Hölle St. Marien-Kindererholungsheim Segeten geschickt. Alles bekomme ich nicht mehr zusammen aber die Erinnerung ans Müsli bringt mich bis heute zum Würgen. Schläge gab es auch und zwar in einem Badezimmer, was in diesem Raum sonst noch abgelaufen ist bekomme ich nicht mehr ganz zusammen, auf jeden Fall nichts Gutes. Würde mich freuen wenn ich noch Leidensgenossen finde damit man sich gegenseitig bei den Erinnerungen unterstützen kann. Wie oben schon erwähnt, ich bin aus Wanne-Eickel und zu der Zeit wurden viele Kinder aus dem Ruhrgebiet dort hin verschickt. Liebe Grüsse Birgit
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Jürgen Schedel aus Schwabmünchen schrieb am 29.07.2023
Sehr geehrter Herr Andreas Piefer, ich wende mich heute an Sie, weil ich ebenfalls sehr an einer Kontaktaufnahme interessiert bin. Wir haben uns im Mai 1985 kurz verpasst. Ich bin am Tag nach Ihrer Abreise in St. Michael angereist und wurde in der Gruppe „Pit“ untergebracht. Ich habe dort 6 schlimme Wochen „überlebt“. Mich würde es sehr freuen, wenn Sie mich per E-Mail kontaktieren möchten. Meine E-Mail-Adresse: mt.schedel@gmx.de. Viele Dank und eine gute Zeit. Jürgen Schedel
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Sabine Kügler aus Zwickau schrieb am 28.07.2023
Mei Sohn war in diesem Kurheim im Alter von 4 oder 5 Jahren für 6 Wochen zur Kur wegen Untergewicht. Ich war der Meinung, dass ich meinm Kind etwas gutes tun kann.
Wiederbekommen habe ich ein vollkommen eingeschüchtertes und trauriges Kind bekommen.
Es tut mir heute immer noch weh, wenn ich daran denke.
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Martina Kaden aus Olbernhau schrieb am 25.07.2023
Im Sommer 1959 - ich war noch nicht mal 6 Jahre alt, wurde ich für 4 Wochen nach Zingst in ein Kinderkurheim ( christl.) geschickt. Ich bin ein 8 Monate Kind und war körperlich sehr zierlich, aber um so lebhafter. Schon die Anreise - allein mit fremden Kindern und Erwachsenen war für mich angstmachend, da ich nie einen Kindergarten besuchte. Ich habe sehr wenig Erinnerung an die Zeit, ich bin vor Heimweh krank geworden, mußte am Frühstückstisch sitzenbleiben weil ich diese schreckliche Haferflockensuppe nicht essen konnte. Ich saß noch allein am Tisch - hatte ja den Befehl nicht aufzustehen bis der Teller leer ist - da kamen die anderen Kinder schon zurück zum Mittagessen . Oft hatte ich mich nichtmal getraut zur Toilette zu gehen und das Ergebnis , die Scham und die Strafe habe ich bis heute nicht vergessen. Ich kann mich nicht an die geringste Art von Trost oder Zuspruch erinnern. Also bin ich krank und verschüchert zurück nach Hause gekommen. Mein ganzes Leben habe ich Schwierigkeiten von zu Hause weg zu sein, später mit meiner Familie ging es besser.
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Elvira aus Rheine schrieb am 24.07.2023
Im April 1973 wurde ich in das Kinderkurheim
Reinhardshausen verschickt. Leider kann ich
mich nur noch bruchstückhaft erinnern, da
noch viel schlimmere Dinge Schlag auf Schlag
in mein Leben treten sollten, die anscheinend die
Geschehnisse rund um die Kur überdeckt haben.
Ich hatte schon beim Einstieg in den Zug große Angst, da ich noch nie von meinen Eltern getrennt
war. Ich war damals 8 Jahre alt und erlebte meinen neunten Geburtstag in dieser Kur auf
einer traurigen Weise. Zum Glück waren in diesem
Zug zwei Jungs (es waren Zwillinge) die mich
wie Ihre Schwester behandelten und mir einen
großen Teil meiner Ängste nahmen. Ich möchte
Ihnen heute noch meinen großen Dank dafür
aussprechen, leider weiss ich weder Ihren Namen
noch habe ich sonst irgendeinen Anhaltspunkt.
Ich hoffe das Sie noch leben und das hier vielleicht lesen. Ansonsten kann ich mich an
die unbequemen Betten und auch an den großen
Eßsaal erinnern. Auch das man Hiebe auf das
Hinterteil bekam und Im Flur oder in einer Kammer
zur Strafe stundenlang stehen mußte. Soweit ich
weiß war ich aber nie von einer solchen Strafe betroffen, da ich es immer gut verstanden habe
mich praktisch unsichtbar/unscheinbar zu machen.
So das ich als einziges Geburtstagskind kein
Geburtstagskuchen bekam, weil ich einfach vergessen worden bin. War zwar traurig aber
vielleicht auch besser so. Kann mich auch daran
erinnern das die Post von den Aufseherinnen gelesen worden ist, denn als ich meiner Mutter
in einer Karte gebeten hatte mir meine Tierkarten
sammlung zu schicken, kam eine von den Aufseherinnen und meinte, dies würde sich doch
wohl nicht mehr lohnen, da ich nicht mehr lange
hier wäre. Da wusste ich, dass ich nichts über
mein fürchterliches Heimweh schreiben werden
dürfte und auch nichts über diese schlimmen Zustände in dieser sogenannten Kinderkur.
Mehr Erinnerungen an diese Zeit habe ich leider nicht mehr. Weiß nur das ich über mehrere
Monate Alpträume hatte und immer von einer
Erziehungsanstalt gesprochen habe.
Ich hoffe, dass sich auf diesem Wege noch mehr
Zeitzeugen aus Rheine in dem Verschickungjahr
1973 melden werden.
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Andrea Moller aus BOULOGNE schrieb am 24.07.2023
Heute schreibe ich Ihnen zum zweiten Mal. Da ich Zeugenaussagen in Verbindung mit dem Viktoriastift in Bad Kreuznach gelesen habe, mit den gleichen grausamen Verhalten des Personals und dem Horror des Aufenthalts dort, möchte ich noch etwas hinzufügen.
Ich bin 64 Jahre alt. Seit zirka 60 Jahren liegen Bilder des Stifts in einer Schublade, und ich weiss immer haargenau wo ich sie verwahre.
60 Jahre lang habe ich nicht sehr viel über meinen Aufenthalt dort erzählt. 60 Jahre sind eine lange Zeit, aber die Konsequenzen spüre ich heute noch. Ich leide an Angst oder Panikattacken. Meine diversen Therapien helfen mir zwar, aber ich hatte immer den Eindruck, dass ich etwas in mir trage, eine gewisse Angst, die nie aufgearbeitet werden konnte.
Als ich von dem Thema über FB erfuhr machte sich eine Erleichterung in mir breit. Erleichterung darüber, dass ich nicht alleine bin, war. Ist es möglich, dass die Nachfolgen des Aufenthalts immer noch Spuren hinterlassen? Ich lebe in Frankreich und konnte leider nicht die Reportage sichtigen, aber durch die Internetseite, die sich mit diesem Thema beschäftigt, durch das Lesen der diversen Zeugenaussagen macht sich in mir ein grosses Tor in meiner Seele auf. Es wäre für mich sehr wichtig mehr zu erfahren, vielleicht mit jemandem auszutauschen. Wie auch immer, grossen Dank an alle, die es heute möglich machen, auszusprechen was damals mit den Kindern gemacht wurde.
Mein persönliches Erlebnis wurde auch von meinen Eltern verdrängt, da sie mir nicht geglaubt haben was sich dort abgespielt hatte. Daher auch die Erleichterung zu lesen, dass es keine "Hirngespinste" waren, sondern traurige Realität.
Danke, dass Sie dieses Thema anschneiden.
Andrea Moller
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Angelika Gollnast geb. Schulz aus 22880 Wedel schrieb am 23.07.2023
Inspiriert durch den aktuellen Artikel im stern 7.23 (Das verschickte Kind), fühle ich mich angesprochen, hier meine wenigen Erinnerungsschnipsel zu teilen. Wenn es der Sache und vielleicht auch mir nach all der Zeit dienlich ist.
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Manuela Holt geb. Sterrmann aus Bochum früher Falkensee schrieb am 22.07.2023
Ich bin in der DDR groß geworden. Ich war als Kleinkind schon krank. Bis man irgendwann rausfand das ich Nierenkrank bin.Ich war meine halbe Kindheit nur im Krankenhaus oder in diesem Sanatorium Kartzow. 3 mal war ich da immer 6 oder 8 Wochen. Nie werde ich vergessen wie lang die Tage und Wochen waren . Keine Verbindung nach Hause,keine Besuche von zu Hause.Dort wurden Anwendungen gemacht ( Schlammbäder u.s.w.)
Jeden Tag zig Medikamente bekommen.Angeblich Vitamine wurde den Kindern gesagt.
Alles wurde dokumentiert. Niemand durfte wiedersprechen.
Wir haben viel geweint.
Ich entsinne mich das wir irgendwie nur Mädels dort waren?,!
Heute ich werde dieses Jahr 56 Gesundheitlich sehr angeschlagen grübelt man natürlich was haben die dort gemacht mit uns?!
Experimente?
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Thomas Lerch aus Berlin schrieb am 21.07.2023
Ich kann mich kaum daran erinnern was alles mit mir und meinem Bruder gemacht wurde, doch ich erinnere mich daran das wir Tabletten bekommen haben oder auch Spritzen. Leider sind genaue Daten und Erinnerungen so nicht mehr präsent, doch aus der Verschickung folgte dann in meiner Kindheit das ich nicht mehr zur Schule gegangen bin und daraus das ich und mein Bruder ins Heim geschickt wurden und auch dort sind wir dann beide Missbraucht worden. Nach etlichen Jahren war ich nach dem Aufenthalt im Heim dann endlich in einer Therapie welche mir zumindest das klar gemacht hat was nicht durch Medikamente ins Vergessen gedrängt wurde.
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Sabine aus Berlin schrieb am 20.07.2023
1958, dreijährig, bin ich auf die Insel Baltrum verschickt worden. Ich habe leider nur einzelne wenige und erschreckende Bilder/Erinnerungen an diese Zeit. Nach dem sechswöchigen winterlichen Aufenthalt soll ich nicht mehr gesprochen haben, so meine Mutter, die es später sehr bereut habe, dass sie mich dorthin geschickt hat. Hat jemand mehr Erinnerungen als ich an diese Zeit auf Baltrum? Erst vor kurzem habe ich durch einen Zeitungsartikel erfahren, dass ich kein "Einzelfall" war.
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Birgit Becker aus Rhede schrieb am 17.07.2023
Ich bin 1967 dort in diesem von den Schwestern geführten Heim gewesen im Alter von 6 Jahren, kurz vor der Einschulung, aufgrund wiederkehrender Bronchitiden. Habe fast keine Erinnerung mehr außer an nächtliches Bettnässen, kalte dunkle Flure und eine unendliche Einsamkeit. Der Speisesaal ist mir noch vage in Erinnerung , das Schlafzimmer mit Hochbetten, 1Strandspaziergang. Ich habe keine Erinnerung mehr an Sanktionen oder sonstige Gewalttaten, an evt. Bestrafungen das Essen oder auch Nichtessen betreffend und würde mich freuen über Erfahrungsberichte Anderer aus dieser Zeit .
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Katrin K. aus Berlin schrieb am 16.07.2023
.. ich musste zweimal zur Kur

Frühjahr 1978, als Vorbereitung für meine Einschulung .
Ich bin 1971 mit angebeorenen Herzfehlern zur Welt gekommen, habe praktisch mein ganze erstes Lebensjahr im KH verbracht, mehrmals op.
Daraufhin war ich immer zu dünn, zu klein… „Spätentwickler“, sagte man gerne, mein Körper hatte eben zu tun, gesund zu werden.
Bei der Schuluntersuchung wurde ich darum 1 Jahr „zurückgestellt“ (vielleicht sogar auch auf Wunsch meiner Mutti, damit ich zusammen mit meiner 1 Jahr jüngeren Schwester eingeschult werden konnte) Es hieß immer, ich bin viel zu winzig, kann ja gar nicht die Schulmappe tragen – das war mitfühlend & auch spaßig gemeint, ich fand es erniedrigend.
Als Kind will man immer „groß“ sein, was können – ich konnte nicht mal die Schulmappe tragen…. erniedrigend.

Als es hieß, ich soll zur Kur, konnte ich mir darunter nichts vorstellen, nur, dass ich lange von Zuhause weg sollte, wusste ich genau – & wollte es nicht.
Obwohl mir meine Eltern versuchten, Mut zu machen – verreisen, es ist was ganz besonders. Etc...

An die Abfahrt von irgendeinem Berliner Busbahnhof kann ich mich wage erinnern, meine Angst, meine Traurigkeit, meine Ohnmacht. An Dietlas (Rhön) selbst habe ich kaum Erinnerungen:
die riesigen Schlafräume mit unheimlich vielen Betten, die Bastelarbeiten für meine Eltern zu Hause (die Vorschulkinder konnten ja nichts schreiben), an Wassertreten (Kneippkuren?), an lange Spaziergänge. An Kälte, an Angst, an unendliches Heimweh – immer dieses Bedürfnis zu weinen, aber keine „Heulsuse“ sein zu wollen – das empfinde ich ganz genau. & immer still sein. Ich bin schon ein zurückhaltender Mensch, aber ich denke (oder schlussfolgere heute nur), in der Kur wurde ich still, vielleicht sogar stumm. Ich lernte mich zu verstecken & unsichtbar zu bleiben, aber ich erinnere nicht warum.
An die Essensgeschichten habe ich ebenfalls gar keine Erinnerung – die kommen erst später in der zweiten Kur in Bad Gottleuba 1982/1983

Im Übrigen kam ich von Dietlas mit Röteln zurück. An das Glück, endlich zu Hause zu sein, erinnere ich mich – nie wieder wollte ich weg.

Aber ein paar Jahre später musste ich;
es hieß, ich sei ja nun schon älter, das würde toll werden, viele Freundinnen, gut für meine Gesundheit, wir hätten da auch Schule, etc.
Mit mulmigen Gefühl erlebte ich die Vorbereitungen – der riesige Koffer wurde gepackt, füllte sich nach & nach gemäß einem Plan, was alles mit muss, Schildchen wurden in die Klamotten genäht, neue Klamotten wurden gekauft – ich fand das alles bedrückend & wollte nicht.

Aber das stand nicht zur Diskussion… nicht nur aus gesundheitlicher Sicht...
In der DDR war es beinahe eine „Auszeichnung“, zur Kur zu dürfen.
Man musste nicht nur besonders krank sein, der Haus-, Kinder- oder Facharzt mussten sich vor allem besonders dafür einsetzen, dass jemand zur Kur durfte… Dementsprechend waren meine Eltern immer dankbar & froh, wenn ich zur Kur durfte. Sie dachten, sie tun mir was Gutes….
– Kurplätze waren knapp… & ich mochte meine Kinderärztin.

& ich war ja leider zu still. ich habe mich als Kind nie beschwert, nichts erzählt…
dass ich so unglücklich aus Dietlas (& auch krank) zurück kam, schrieb man dem zu, dass ich damals erst 6 Jahre alt war, & vielleicht waren 6 Wochen von zu Hause weg etwas zu lange, dass ich einfach anhänglich bin & schnell Heimweh kriege, sehr sensibel, das dachte man eben.
Danke Mutti, dass du mich deswegen nie gezwungen hast, in so ein schreckliches Ferienlager zu fahren!

Aber ein zweitesmal zur Kur musste ich eben doch, nach Bad Gottleuba! 1982/1983? ich weiß es nicht genau, & finde darüber nichts. Keine Fotos, keine Briefe...

An diese Kur erinnere ich mehr:
1.) die ewig lange Busfahrt, bei der wir aus vielen anderen Städten neue Kinder einsammelten, die genauso beim Abschied weinten wie ich in Berlin….
2.) der Zwang aufzuessen für alle, die zu dünn waren – d.h.
ekliges fettes Fleisch, undefinierbare Wurst, stinkender Käse, widerliche Milchspeisen (Milchnudeln, Griesbrei, warme Milch mit Haut),
Marmeladenbrote (ich hasse Marmelade, Honig, etc & das konnte man natürlich gar nicht verstehen – ein Kind muss doch Süßes mögen….)
3.) im ganzen Objekt stank es immer nach diesem eklig obersüßen Tee (oder Sirup? keine Ahnung)
4.) dauerhafte Übelkeit (zum Glück kein Erbrechen) & Ekel.
5.) Wir mussten so lange am Essenstisch sitzenbleiben, bis wir aufgegessen hatten, & manchmal konnte ich dann vom leeren Teller weg schnell in die Toilette & wenigstens den letzten Rest ausspucken, aber es war kein Erbrechen, & es hat kein Erzieher bemerkt oder bestraft….
Manchmal konnten wir unbemerkt Essen tauschen – mit denen die kaum was kriegten, oder anderes, & immer Hunger hatten….
6.) Das wöchentliche Wiegen – gruselig. Immer die Angst, abgenommen zu haben.
Nicht nur nicht zugenommen zu haben, sondern abgenommen zu haben. Wir wurden permanent ermahnt, das Kurziel (aufgepäppelt nach Hause zu kommen) muss erreicht werden! Denn wenn es nicht erreicht würde, würden unsere Eltern die Kur bezahlen müssen. Das war eine ungeheuerliche Drohung für mich. In der DDR musste niemand seine medizinische Sachen bezahlen – aber ich lief Gefahr, Schuld zu sein, wenn meine Eltern Riesenbeträge für eine wochenlange Kur aufbringen müssen??? Das hat mir tatsächlich Angst gemacht. Zu versagen & Schuld haben am Unglück meiner Eltern. & vor allem, das gar nicht beeinflussen zu können, denn obwohl wir brav aufaßen, nahmen ja viele vor lauter Stress & Heimweh ab….
7.) generell immer Angst. obwohl ich keine Schläge oder sexuellen Missbrauch erleben musste, hatte ich die ganze Zeit Angst. Uns wurde jede Freude genommen – offen & subtil… Mit jeder Freude war was Unangenehmes verbunden, wahrscheinlich, damit wir bloß nicht „ausflippten“ & uns nicht „zu wohl“ fühlten.
8.) Pakete bekamen wir grundsätzlich nicht, die Süßigkeiten wurden auf alle verteilt, manchmal als Zugabe beim Vesper. Manchmal bekamen wir gar nichts. Kinder, deren Eltern das nicht wussten & Riesenpakete schickten, mussten alles „abgeben“, man nannte es harmlos “teilen“, aber das meiste landete garantiert in den Bäuchen der Erzieher – vor allem Süßes aus dem Westen war begehrt & bekamen wir nicht...
9.) Briefe & Karten von Zuhause durften wir nicht zu viele am selben Tag bekommen, denn dann mussten wir uns vor allen Kindern & Erziehern „produzieren“, d.h. ein Lied singen, ein Gedicht aufsagen…., bevor wir unsere Post bekamen. Super für ein schüchternes Kind – immer das Bibbern, wenigstens ein Brief, aber bitte keine drei – traurig. & mit Schuldgefühlen beladen – ich wollte mich doch freuen & nicht hoffen, wenig Post zu kriegen…. Alles wurde uns vermiest. Ich weiß nicht, ob wir unsere Post wirklich nicht bekommen hätten, wenn wir uns geweigert hätten – es hat niemand gewagt. Ob Post von uns Größeren zensiert wurde, weiß ich nicht, vermute es aber.
10.) morgendliche Wäsche mit eiskaltem Wasser… inwieweit das übergriffig war, erinnere ich nicht, aber morgens von irgendeiner ruppigen Erzieherin von Kopf bis Fuß mit eiskaltem Waschlappen (Abhärtung) am Waschbecken des Schlafsaales, im Beisein aller anderen Mädels, abgeseift zu werden – sehr unangenehm. & vor allem kalt, eiskalt.
11.) Mittagsschlaf in komplett abgedunkeltem Schlafsaal. Die Vorhänge waren mit irgendeiner schwarzen Farbe bezogen, sodass es finsterer war als nachts, wenn sie nicht zugezogen wurden & immerhin Mondlicht rein scheinen konnte.
12.) Natürlich herrschte zu den Ruhezeiten Sprechverbot, aber geflüstert & über die Betten hinweg Händchen gehalten haben wir trotzdem. & wurden dafür nicht bestraft.
Ich wünsche mir, dass das nicht etwa daran lag, weil statt dessen die Kleineren gequält wurden.

Es macht mich unendlich traurig, was ich hier lesen konnte. Dass es genauso & viel schlimmer auch in der BRD zuging…
Dass ich irgendwie noch gut davon gekommen bin..

Ich bin erstaunt, wieviel beim Schreiben hochkam, & dass meine einzige gute Erinnerung ist:
die Freundschaft mit den Mädels in Bad Gottleuba.
Dass keine der dort geschlossenen Freundschaften hielt, zeigt, dass wir alle tief verletzt nur vergessen wollten.

Ich hoffe, mit meinem Text dazu beizutragen, dieses Kapitel auch für die DDR-Kinderkuren aufzuarbeiten.

Danke für euer Engagement,
Katrin K.
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William Dr. Lechner aus Nürtingen schrieb am 16.07.2023
Es sind viele Jahre vergangen, aber vergessen habe ich die schreckliche Zeit dort Nie vor vielen Jahren war ich wieder dort, es gibt es noch, das Pius Kinderheim in Gmund. Auch heute noch, hoffentlich geht es den Kindern heute besser, Nonnen als Aufpasserinnen, körperliche Gewalt und Misshandlungen waren im Tagesablauf ein festes Ritual, ich habe damals als Kind meinen Glauben an die katholische Kirche verloren, und bin auch so doch durch das Leben gekommen. Diese Scheinheiligkeit hat sie nie verloren, wie die vielen Missbrauchsfälle zeigen.
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Emilia aus Berlin schrieb am 15.07.2023
Ich war im November 1984 in Kölpinsee auf Usedom zur Kur. Damals hieß das Heim „Geschwister Scholl“. Ich musste wegen meiner Neurodermitis dorthin. Ich war 5 Jahre alt und kam traumatisiert und verstört zurück.
Ich habe die Zeit der Kur furchtbar in Erinnerung, die Erzieherinnen waren kalt und ruppig. Ich hatte extremes Heimweh. Mein Gepäck wurde verwahrt und mir wurden Spielsachen, z.B. nagelneue Filzstifte (extra für die Kur gekauft, ich hatte mich drauf gefreut) und mein Kuscheltier vorenthalten. Einmal sah ich eine Erzieherin eine Schublade öffnen und entdeckte meine Tasche mit meinen Malstiften.
Jeden Abend vorm Schlafengehen mussten wir unsere Sachen zu einem kleinen Päckchen schnüren, das wir schnell mitnehmen konnten, falls es brennen sollte. Eines nachts gab es tatsächlich Alarm und wir mussten mit unseren Päckchen im Nachthemd lange frierend draußen stehen. Gebrannt hat es nicht, es war nur ein Probealarm.
Ich bekam während der Kur eine Furunkulose (das einzige Mal in meinem Leben). Mir wurden regelmäßig die Verbände gewechselt und zwar brutal abgerissen. Es tat jedes Mal wahnsinnig weh, weil die Verbände an der Wunde festklebten.
Die Postkarten wurden von den Erzieherinnen geschrieben. Meine Mutter hatte mir auch Post geschickt und wunderte sich, warum ich nie auf ihre Fragen antwortete.
Ansonsten fallen mir noch sehr lange Spaziergänge ein und an einer bestimmten Stelle mussten wir singen, da dort die Luft besonders gut sei und beim Singen mehr Luft in die Lungen gelangen würde.
Ein Mädchen, bei dem ich dachte, ich hätte in ihr eine Freundin gefunden, log mich an (sie hätte einer Oma im Vorbeigehen einen teuren Ring aus der Tasche geklaut). Ich durchschaute sie und merkte, dass sie mir etwas vorspielte und weiß noch, dass ich traurig und enttäuscht war und dachte: nicht mal den Kindern hier kann ich vertrauen.
Nach meiner Rückkehr erzählte ich meiner Mutter, dass ich geglaubt hatte, nie wieder nach Hause zu kommen.
Später wollte ich nie ins Ferienlager fahren (nach der Kurerfahrung rückblickend verständlich), musste aber trotzdem. Zum Glück habe ich dort überwiegend schöne Erfahrungen gesammelt.

Ein paar Monate vor der Kur hatte ich eine Mandel-OP und musste dafür 1-2 Wochen im Krankenhaus verbringen – ebenfalls mit schlimmen Erinnerungen und ohne Elternbesuch. Die OP war Bedingung dafür, dass ich zur Kur „durfte“, da befürchtet wurde, dass ich sonst während der Kur eine Bronchitis bekomme (hatte ich damals sehr häufig).

Mir hilft diese Website sehr viel dabei, alles zu verarbeiten. Es ist erleichternd, dass endlich alles öffentlich wird und bestätigt wird, dass so etwas psychischen Schaden anrichten kann. Ich habe mehrere Therapien aufgrund von Depressionen hinter mir, bin extrem unsicher, habe soziale Ängste und kein Grund-Vertrauen in mich und andere. Eventuell hat die Kur einen Anteil daran.
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Uschi aus Bad Windheim schrieb am 15.07.2023
Hallo Karin Bay, ich kann deinen Eintrag leider nicht mehr finden?! Ich war im Kinderheim Bergheim in Rechtis, Allgäu, Okt 72

Ich kann dir nur zustimmen, es war kein guter Ort! Habe viel negatives erlebt! Melde dich gerne! Uschi
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Andreas Piefer aus Langenfeld schrieb am 14.07.2023
Das waren 6 schreckliche wochen ich bitte um Rückmeldung wer noch so schlechte Erfahrungen mit diesem kurheim gemacht hat
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Stephan-Andrés Heuschen aus Wuppertal schrieb am 14.07.2023
In den 60er Jahren bin ich zwei Mal als Verschickungskind an der Nordsee gewesen: 1963 mit 6 Jahren in Wyk auf Föhr und 1966 mit 9 Jahren in Cuxhaven-Duhnen. Die öffentliche Diskussion der jüngsten Zeit über Verschickungskinder hat bei mir – wenn auch nur bruchstückhaft – Erinnerungen überwiegend an die Zeit in Cuxhaven zurückkommen lassen.
Denke ich an Cuxhaven, erscheinen mir die Erinnerungsbilder überwiegend in Schwarz-Weiß-Tönen. Untergebracht war ich für sechs Wochen im Haus „Sonnenhof“, einem im Inneren düsteren Haus, in dem eine dunkle, bedrückende Atmosphäre herrschte und in dem nicht laut geredet wurde. In den vollen Schlafräumen standen die Betten eng beieinander.
Auch im Speiseraum saßen wir Kinder eng gedrängt an langen Tischen. An das Essen erinnere ich mich nicht, auch nicht an physische Strafen. Insgesamt aber herrschte stets ein strenger, ruppiger Ton und es kam nahezu täglich vor, dass Kinder während der Mahlzeiten wegen „Plapperns“ mit dem Gesicht zur Wand stehen oder so lange bei Tisch sitzen mussten, bis die Teller leer waren.
Die Herrin des Hauses war Inhaberin Herta Koopmann. Die bloße Nennung des Namens flößte Respekt ein oder diente als Druckmittel. Den Namen habe ich zeitlebens nicht vergessen. Als ich zu Beginn stark unter Heimweh litt, wurde ich ihr Zimmer zitiert. Mit scharfem Ton stellte sie klar, dass ich – mit 9 Jahren - jederzeit alleine mit dem Zug nachhause fahren könne, ansonsten wolle sie von Heimweh „keinen Ton mehr“ hören. Die Betreuerinnen wurden als „Tanten“ angesprochen, wobei deren Vorgesetzte eine ebenso gefühlskalte und verhärmte Frau war wie die Eigentümerin.
Es herrschte oft Langeweile. Höhepunkte waren gemeinsame Besuche aller Kinder am Strand, an dem es keine Möglichkeit gab, zur Toilette zu gehen. Auf dem Rückweg wurden die in Zweierreihen laufenden Kinder dann aufgefordert, das „Sonnenhof-Lied“ zu singen: „Wir wollen Frau Koopmann doch eine Freude machen“, hieß es.
Kontakte zu Familien der Kinder wurden strikt eingeschränkt. Kinder, die schreiben konnten, bekamen belanglose Postkartentexte diktiert, den anderen wurden Karten vorgeschrieben. Vor dem Versenden wurden die Karten noch einmal daraufhin durchgesehen, ob Zusätze heimlich ergänzt wurden. Kamen Pakete von zuhause, wurden sie den Kindern nicht persönlich ausgehändigt. Die Inhalte, zumeist Süßigkeiten, wurden an alle Kinder verteilt. Dies diente zugleich als Belohnungssystem für „besonders Brave“. Andere Paketinhalte wurden zurückgehalten bis zur Abreise.
Meinem Großvater machten vor allem die stereotypen Inhalte der Postkarten skeptisch, sodass er kurzerhand beschloss, mit meiner Mutter nach Cuxhaven zu fahren. Inhaberin Koopmann machte ihnen eine lautstarke Szene und forderte sie zur sofortigen Abreise auf. In der Post-Nazi-Zeit schien derartig autoritäres Gebaren offenbar noch zu verfangen. Die Herrin des Sonnenhofs ließ mich während des „Donnerwetters“ vor der Türe warten und anschließend alleine in ihrem Zimmer antreten. Sie beklagte sich über das unmögliche Verhalten meiner Familie und schüchterte mich damit ein, mich jederzeit alleine in den Zug zu setzen.
Wie gesagt, die Erinnerungen kamen erst jetzt teilweise wieder ans Licht. Dinge, die mich in Folge zeitlebens beschäftigt haben, sind mir nicht bewusst. Ich erinnere mich nur noch daran, dass ich nach dem Cuxhaven-Aufenthalt lange Zeit an den Fingernägeln gekaut haben.
Meiner Mutter mache ich im Nachhinein keine Vorwürfe. Sie war alleinerziehend, berufstätig und nervlich schwer angespannt zu jener Zeit. Die Kinderkur war ihr von einer Betriebsärztin empfohlen worden, was ihr wohl eine gewisse Sicherheit vermittelt hatte. Nach Cuxhaven allerdings war das Thema Verschickung für alle Zeiten vom Tisch.
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Heike Griebowski aus Gifhorn schrieb am 14.07.2023
Hallo,

ich bin Heike und 1970 geboren.

1974 kam ich für 6 Wochen nach Borkum wegen Bronchitis, vermutlich in das Heim Sancta Maria. Zumindest habe ich Nonnen in Erinnerung und mich überfällt ein Brechreiz, wenn ich Bilder des Hauses sehe. Vor ca 15 Jahren bin ich noch einmal auf die Insel gefahren, habe das Haus gesucht und bin genau vor diesem Haus emotional zusammen gebrochen.

Ich habe sonst leider sehr rudimentäre Erinnerungen an meine Verschickung. Ich weiß noch wie der Waschraum ausgesehen hat und dass viele unbekleidete Kinder an dem langen Waschbecken standen. Dann war ich wohl krank (Mumps?) und kam in Isolation. Ich stand weinend und völlig verängstigt im Gitterbett. Das Zimmer war dunkel und ich schaue Richtung Tür. Jemand großes im weißen Kittel kam vom beleuchteten Flur in mein Zimmer. Es gab grüne Bohnen und Esszwang. Ich mochte sie nicht, habe sie erbrochen und trotzdem bekam ich immer wieder grüne Bohnen.

Vor der Verschickung war ich ein fröhliches und plapperndes, aufgewecktes Papa-Kind.
Danach war nichts mehr wie vorher. Wochenlang habe ich nicht gesprochen, nur geweint und Nahrung verweigert. Mein Vater durfte mich nicht mehr anfassen. Meine Eltern haben mehrere Kindertherapeuten aufgesucht, aber auch die bekamen nichts aus mir heraus.

Seit der Zeit leide ich unter Depressionen, Borderline und Binge-eating-disorder. Ich wurde stark übergewichtig, wollte immer nur durch Leistung und brav aufessen gefallen. Zudem habe ich starke Probleme selbst mit leichter Kritik umzugehen. Ich fühle mich dann wertlos, breche Arbeitsstellen und Beziehungen ab (bin in vierter Ehe).

Ich muss dieses Trauma, was auch immer dort geschehen ist, unbedingt aufarbeiten und hoffe, dass ich vielleicht Menschen finde, die zur gleichen Zeit dort waren und mehr Erinnerungen haben.
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Jutta Jung schrieb am 14.07.2023
War auch jemand im Kinderkurheim Haus Maria Helferin in Nettetal?
Ich war vor meiner Einschulung 1962/ 63 in der Kinder-Lungenheilstätte Haus Maria Helferin in Nettetal, wegen einer Entzündung der Hilusdrüse. Die Nonnen waren kalt und unfreundlich zu uns Kindern. Ich, sowie andere Kinder auch, mussten unser Erbrochenes essen, wurden geschlagen, zur Strafe in einer kleinen Kammer isoliert. Ich wurde auch vor anderen Kindern gedemütigt, wir Kinder mussten stundenlang in dicke Wolldecken bewegungslos eingewickelt in einem großen Schlafsaal liegen. Mir wurde ohne elterlichen Bestand der Magen ausgepumpt, auch das hatte lange große Ängste und Zahnarztphobie zur Folge.
Als ich nachts erwischt wurde wie ich mit einem Mädchen aus dem Nachbarbett leise flüsterte kam eine Nonne, schimpfte mit uns und nahm mich mit in das Schlafzimmer für ganz kleine Kinder. Dort hatte sie in einem extra Abteil ihr Bett für ihre Nachtschicht. Sie zwang mich, mich in ein ganz kleines Säuglingsbett zu quetschen. Ich war 6 Jahre alt und natürlich zu groß für das Bett. Ich konnte in der Nacht daher nicht schlafen und alles war Horror für mich. Am Morgen durfte ich nicht aufstehen. Sie holte die Kinder aus meinem eigentlichen Schlafsaal. Sie mussten sich rundum um mein kleines Baby-Gitterbettchen aufstellen und sie verhönte mich zusammen mit den Kindern in meinem Alter. Ich schämte mich sehr.
Wir wurden ja sowieso in gute und schlechte Kinder eingeteilt. Karneval wurde ein kleines “Kostümfest” veranstaltet. Wir Kinder durften uns unsere Verkleidung nicht aussuchen, sie wurde uns zugeteilt.
Es gab 2 Arten: Engelchen und “Neger”. Ich gehörte zu den “Negern” und mir wurde das Gesicht mit schwarzer “Schuhwichse” eingekleistert, das stank eklig.
An diese Dinge erinnere ich mich noch. Als ich zurück war erzählte ich meinem Vater einiges davon. Er lachte und sagte nur:”Du hast wohl schlecht geträumt”. Das sagte er in meinem Leben oft zu mir…
War jemand von euch auch in dem Kindersanatorium “Maria Helferin” in Nettetal/ Leuth? Es liegt kurz vor der holländischen Grenze an einer Bahnlinie. Später wurde ein Heim für psychisch behinderte Kinder daraus.

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Annette Kühne aus Braunschweig schrieb am 12.07.2023
Danke für die kollektive Aufarbeitung.
Den Tränen nahe und erst einmal sprachlos, verstehe ich jetzt mein Leben oder finde Anhaltspunkte. Mit neun Jahren war ich in Grömitz (Kinderheim Seestern) für sechs Wochen zur Verschickung. Mitunter saß ich 2-3 Stunden allein im Speisesaal.. Drei Jahre nach der Verschickung und bis jetzt, lebe ich mit Magersucht.
Alles Gute an alle ehemaligen Verschickungskinder.
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Nicolett K aus Hamburg schrieb am 12.07.2023
Nach der Untersuchung, ob man schulreif ist, wurde entschiedenen, dass ich vorher verschickt werden soll, weil ich wohl zu dünn war, genau weiß ich es aber nicht. Meine Eltern haben mir von der Verschickung erst am Abend vor der Abreise erzählt, wohl weil sie sonst Tränen und Geschrei befürchteten, wenn ich es eher erfahren hätte. Ich weiß noch genau, dass ich es nicht glauben wollte und dachte, man will mich nur ärgern. Aber am nächsten Morgen saß ich dann tatsächlich mit einem Schild um den Hals im Bus und fuhr vom Barmbeker Bahnhof aus los. Wo es hinging wusste ich damals nicht genau.
Angekommen im Heim, welches eine ehemalige schöne Villa war, nahm man allen Kindern, wir waren ausschließlich Mädchen, sofort die mitgebrachten Puppen bzw. Teddys ab und sperrte diese in einen Schrank. So war der einzige Halt an Zuhause weg. Ein einziges Mal für einen Fototermin wurde die Puppen/ Teddys hervorgeholt, damit es fürs Foto gut aussah. Für mich war das schlimm in meiner Erinnerung. Geschlafen wurde in Gitterbetten, was ich mit damals sechs Jahren schlimm fand, schließlich war man ja kein Baby mehr. Wurde nach dem Zubettgehen abends noch geredet, kam die Schwester rein und haute dem jeweiligen Mädchen eins an die Backen.
Weil ich ja angeblich zu dünn war ( heute bis ich, welch Überraschung, übergewichtig), musste ich abends zur Grießsuppe, die ich eigentlich liebte und noch liebe, den Knust vom Brot essen, was eine einzige Qual für mich war. Ich sehe mich noch heute allein am Tisch sitzen im Versuch, das harte Zeug runter zu quälen. Ich esse bis heute ungern dies bestimmte Brot, wenn, dann schneide ich die Rinde ab und toaste es. Morgens gab es immer eine Lebertrantablette, die ich kaum runter bekam.
Zum Thema sexuelle Übergriffe: die gab es nur indirekt aus heutiger Sicht, aber keiner von uns durfte sich nach dem Stuhlgang allein den Hintern abputzen, man musste hockenbleiben, bis die Schwester kam und es gemacht hat. Ich habe mich in Grund und Boden geschämt, weil ich das zuhause schon Jahre allein erledigt hatte!
Zweimal die Woche ging es unter die sogenannte,Höhensonne‘, dazu mussten wir komplett nackt vom Zimmer aus durch ganze Haus in den betreffenden Raum laufen, auch das war mir mehr als unangenehm. Dann in einer Reihe nebeneinander auf den Boden legen und auf Kommando alle paar Minuten drehen, fürchterlich….
Vorm Speiseraum draußen auf der Terrasse stand ein Vogelhaus, wo abwechselnd jeder morgens mal Körner ausstreuen durfte. Ich weiß nur, dass ich nie dran kam als Strafe für irgendwas, das fand ich so gemein… ich war nur ein einziges Mal auf der Terrasse, nämlich um heimlich den gehassten Brotknust in den Garten zu werfen, als ich einmal kurz allein gelassen wurde. Wie sich sowas einprägt, ist schon erschreckend.
Ich habe diese sechs Wochen als absolut schrecklich in Erinnerung und meine Eltern sagen heute noch, dass ich als völlig verändertes Kind wieder nach Hause kam. Ich war damals schon sehr selbstständig, wenn ich gewusst hätte, wo ich war, wäre ich abgehauen und mit der U-Bahn nach Hause gefahren so als Enkeltochter eines Hochbahners, welches sich mit Bus und Bahn dadurch schon ganz gut auskannte. Durch die täglichen stundenlangen Märsche in Reih und Glied aber wusste ich null, in welchen Teil von Deutschland ich mich befand, sie Schwestern erzählten immer, wir wären , hinter Bremen‘… und das war für mich doch gedanklich eine Weltreise.
Zurückblickend kann ich nichts positives sondern nur negatives an so einer Verschickung sehen.
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Marliese Schröder aus Bremen schrieb am 11.07.2023
Weil in unserem Haus offene TB ausgebrochen war, schickten mich meine Eltern für 3 Monate in den Schwarzwald nach Saig ins Kinderkurheim Schwoerer. Ich war 7 Jahre alt. Die Schilderungen von Gerd Müller kann ich bestätigen, ich mußte auch das Fett vom Fleisch essen. Der Ekel ist bis heute geblieben. Auch wurde ich beim Essen angebrüllt , meine Beine still zuhalten.
Die Süßigkeitspakete meiner Eltern wurden in einen großen Korb geschüttet, der rumging, und jedes Kind durfte sich eine Süßigkeit nehmen.
In der ersten Woche meines Aufenthaltes mußte ich mittags im Zimmer bleiben zum Mittagsschlaf. Dabei wurde bei mir rektal Fieber gemessen, man vergaß mich dann aber. Ich könnte heute noch das Zimmer aufmalen, das Bild an der Wand, die Spinde auf dem Flur. Habe wohl viel geweint, beim Besuch meiner Eltern wurde ihnen gesagt, dass man merken würde , dass ich von der "Waterkant" (Wasserkante) sprich Küste, kommen würde. Ich wußte, dass eine der betreuenden Damen aus Bremen stammte. kannte ihren Namen und durch Zufall konnte ich durch deren Schwägerin Kontakt zu ihr herstellen. ( Ich hätte ein paar Fragen und würde mich gern mal mit ihr unterhalten). Als Erstes fragte sie, was ich denn für eine Geborene sei, um dann einen Kontakt abzulehnen! Warum wohl ??? Das muß jetzt aber auch schon ca. 10 Jahre her sein.
Ich kann mich nicht erinnern, meinen Eltern von diesen Dingen berichtet zu haben. Aber es ist ja auch schon etwas her. Einige Dinge sind bei mir aber immer noch sehr präsent. Am Schlimmsten
war das Alleingelassen worden zu sein und von keiner Seite Unterstützung zu bekommen.
Falls meine Eltern etwas gewußt hätten, wären sie sicherlich aktiv geworden, aber es waren eben andere Zeiten.
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Jennifer Tencz aus Sersheim schrieb am 11.07.2023
Hallo mein Name ist Jenny und ich und meine zwei Brüder 10/5/11 Jahre wurden im Jahr 1987 nach Sylt (Westerland?) verschickt. Wir kamen aus BW und wurden mit den Nachtzug nach Sylt gebracht.

Ich was damals 9/10 Jahre alt. Das ist das einzige was ich genau weiß, da ich in der Kinderkur meinen 10 Geburtstag feiern musste und das war kein schönes Erlebnis.

Ich kann mich nicht an viel erinnern. Doch die Dinge die ich weiß, lassen mich nicht mehr los.
Als ich von 6 Monaten über einen Bericht über Verschickungskinder stolperte, hat es mir die Augen geöffnet und richtig Angst und Panik in mir ausgelöst. Ich fragte mich ob es Sinn macht weiter die Beiträge zulesen und mich mit meiner Schlechten Kindheitserinnerung auseinanderzusetzen. Doch ich will versuchen das Thema aufzuarbeiten.

Die Fahrt nach Sylt war schon dramatisch, da mir im Zug schon gleich meine Plüschtiere abgenommen wurden. Ich hatte 2 kleine und ein größeres dabei. Ich musst mich Entscheiden welches ich behalten wollte.

Meine Brüder waren mit mir in einem Schlafabteil und mein kleiner Bruder 5 Jahre wurde nach der Abfahrt aus dem Schlafabteil geholt und wo anders untergebracht. Auch mein großer Bruder 11 Jahre hätte aus dem Abteil sollen, doch wir klammerten uns wie Affen an einander und weinten. So durften wir zusammen bleiben. Wir machten in dieser Nacht kein Auge zu.

Das Heim? Ich weiß nicht genau wo es war, kann ich nur von Innen beschreiben. An Außen hab ich keine Erinnerung, es war nicht weit vom Strand weg. Denn wir machten jeden Tag bei Wind und regen eine Wanderung am Strand. In zweier Reihe und ohne das man auch nur einmal am Strand gespielt hätte. Wie Soldaten sind wir maschiert.

Wir waren 5 Mädchen in einem Zimmer und auch insgesamt. Er waren eigentlich zwei Zimmer (durchgangs Zimmer) im vorderen Zimmer standen 2 Betten da schliefen die größeren Mädchen. Ich war mit zwei weiteren jüngeren Mädchen in dem kleineren Zimmer. Es gab 1 Gitterbett und 2 normale Betten. Die 2 Betten standen hinter einander. Ich war die Älteste. Ich kann mich an das Mädchen im Gitterbett kaum erinnern. Nur das Mädchen im normalen Bett ist mir in Erinnerung geblieben, da ich ihr jede Nacht und bei jedem Mittagsschlaf immer die Hand gehalten habe. Das Mädchen hat immer geweint!
Wir wurden jeden Tag zum Mittagsschlaf gezwungen, wir mussten uns immer bis auf die Unterhose ausziehen und im Bett liegen. Wir durften nicht aufstehen und auch nicht mit einander sprechen. Wir durften nicht auf die Toilette. Wenn der Wachhund merkte das wir nicht schliefen. Kamm sie ins Zimmer und hat fürchterlich gebrüllt. Wenn sie sieh,Dass ich dem anderen Mädchen die Hand hielt musste ich zur Strafe auf die Treppe sitzen im kalten Flur und nur mit der Unterhose bekleidet. Im Treppenhaus war der Zugang in den jungen Bereich. Es war sehr erniedrigend wenn andere an mir vorbei liefen und ich nur in Unterhose auf der Treppe saß.
Meine beiden Brüder waren im ersten Stock in Zimmer eingeteilt. Ich war kein einziges Mal in dem Zimmer meines großen Bruders und ich weiß auch nicht wo mein kleiner Bruder geschlafen hat. Wir durften auch im Speiseraum nicht am gleichen Tisch sitzen mein kleiner Bruder saß bei den kleinen Jungs und mein großer Bruder bei den großen Jungs. Der Speiseraum war sehr groß.

Jeden Tag gab es Diskussionen wegen des Mittagsschlafs.

Zum Frühstück gab es immer einen Haferbrei und ein Löffel Lebertran oder so ein ekelhaftes Zeug. Man musste den Teller immer aufessen auch wenn man keinen Appetit mehr hatte. Man musste immer sitzen bleiben bis alles leer war. Manche Kinder sind den ganzen Vormittag vor ihren Tellern gesessen. Und konnten nicht mit zum Spaziergang ans Meer.
Das gleiche war beim Mittagessen. Wenn die Kinder erbrochen haben musste man das erbrochene essen. Am Essenstisch durfte nicht gesprochen werden und auch nichts getrunken.

An die Aktivitäten am Nachmittag kann ich mich nicht erinnern. Nur an den Mittagsschlaf der jeden Tag ein Problem war.

Nach dem Abendbrot was wie beim Frühstück und beim Mittagessen ablief mussten wir uns fürs Bett fertig machen. Man musste mit den Jungs zusammen duschen und durfte wenn man mal im Bett war nicht mehr auf die Toilette gehen. Man musste sich nachts aus dem Zimmer schleichen und hoffen nicht erwischt zu werden.Wenn ein Missgeschick im Bett passiert war wurde man vor allen Kindern geschimpft und bestraft. Ein Mädchen musste die ganze Nacht im nassen Bett schlafen.

Abends beim fürs Bett fertig machen gab es sexuelle Übergriffe und Missbrauch auch ich wurde nicht verschont. Man wurde an allen Stellen des Körpers berührt und musste ständig nackt herumlaufen.

Zu meinem zehnten Geburtstag habe ich von meinen Eltern ein Paket bekommen. Den Inhalt durfte ich nicht behalten. Die Süßigkeiten haben sich die Schwestern geteilt oder weggeworfen. Ein Buch welches ich von meiner Oma bekam durfte ich einmal durch Blättern und musste es wieder abgeben. Meine Mutter hat mir meine Lieblingspuppe geschickt da ich diese sehr vermisste und ich sie bei einem Telefonat darum bat sie mir zu schicken, durfte ich nur an meinem Geburtstag haben. Danach wurde auch sie mir wieder weggenommen. Zu meinem Geburtstag musste ich keinen Mittagsschlaf machen und durfte zwei Kinder zu meinem Geburtstag einladen und für 1 Stunde im Speiseraum mit ihnen ein Spiel spielen. Natürlich wollte ich meinen kleinen Bruder bei mir haben,Aber das erlaubt die Schwester nicht da er zu klein war und Mittagsschlaf machen sollte. So saß ich mit meinem Bruder alleine im Speiseraum und machte ein Spiel. Mehr Geburtstag gab es nicht.

Ich kann mich an einen Ausflug erinnern, wir wollten Laterne laufen gehen. Wir wurden in Gruppen eingeteilt und als ich bei meinen Brüdern sein wollte wurde mir das untersagt. Daraufhin wurde ich wütend und schrie die Schwestern an. Daraufhin wurde ich auf die Bühne in ein Büro gesperrt welches nicht einmal beheizt war und stockdunkel. Dort musste ich bleiben bis die restlichen Kinder vom Laterne laufen wieder zurück gekommen.

Ich kann mich an einen etwas kräftigeren Jungen erinnern welcher einmal einen Tag nichts zu essen bekommen hat weil er mit seiner Mama telefonieren wollte.

Ich habe ein einziges Bild von unserem Kuraufenthalt. Es gab einen Ausflug nach Westerland. Bei diesem Ausflug wurden Bilder gemacht und Souvenirs eingekauft. Das war das einzige positive Erlebnis an das ich mich erinnern kann.

Ich habe lange überlegt ob ich hier einen Eintrag machen soll da ich erst 1987 in Chur war und ich wenig Einträge über Sylt und 1980 finde. Doch vielleicht findet sich auf diesem Weg andere Betroffene. Es tat gut sich die ganze Sache einmal von der Seele zu schreiben.
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Emilia aus Berlin schrieb am 10.07.2023
Ich war im November 1984 in Kölpinsee auf Usedom zur Kur. Damals hieß das Heim „Geschwister Scholl“. Ich musste wegen meiner Neurodermitis dorthin. Ich war 5 Jahre alt und kam traumatisiert und verstört zurück.
Ich habe die Zeit der Kur furchtbar in Erinnerung, die Erzieherinnen waren kalt und ruppig. Ich hatte extremes Heimweh. Mein Gepäck wurde verwahrt und mir wurden Spielsachen, z.B. nagelneue Filzstifte (extra für die Kur gekauft, ich hatte mich drauf gefreut) und mein Kuscheltier vorenthalten. Einmal sah ich eine Erzieherin eine Schublade öffnen und entdeckte meine Tasche mit meinen Malstiften.
Jeden Abend vorm Schlafengehen mussten wir unsere Sachen zu einem kleinen Päckchen schnüren, das wir schnell mitnehmen konnten, falls es brennen sollte. Eines nachts gab es tatsächlich Alarm und wir mussten mit unseren Päckchen im Nachthemd lange frierend draußen stehen. Gebrannt hat es nicht, es war nur ein Probealarm.
Ich bekam während der Kur eine Furunkulose (das einzige Mal in meinem Leben). Mir wurden regelmäßig die Verbände gewechselt und zwar brutal abgerissen. Es tat jedes Mal wahnsinnig weh, weil die Verbände an der Wunde festklebten.
Die Postkarten wurden von den Erzieherinnen geschrieben. Meine Mutter hatte mir auch Post geschickt und wunderte sich, warum ich nie auf ihre Fragen antwortete. Eine Postkarte besitze ich noch. Darauf werden u.a. die Erzieherinnen Frau Raths, Frau Labahn und Frau Bast erwähnt.
Ansonsten fallen mir noch sehr lange Spaziergänge ein und an einer bestimmten Stelle mussten wir singen, da dort die Luft besonders gut sei und beim Singen mehr Luft in die Lungen gelangen würde.
Ein Mädchen, bei dem ich dachte, ich hätte in ihr eine Freundin gefunden, log mich an (sie hätte einer Oma im Vorbeigehen einen teuren Ring aus der Tasche geklaut). Ich durchschaute sie und merkte, dass sie mir etwas vorspielte und weiß noch, dass ich traurig und enttäuscht war und dachte: nicht mal den Kindern hier kann ich vertrauen.
Nach meiner Rückkehr erzählte ich meiner Mutter, dass ich geglaubt hatte, nie wieder nach Hause zu kommen.
Später wollte ich nie ins Ferienlager fahren (nach der Kurerfahrung rückblickend verständlich), musste aber trotzdem. Zum Glück habe ich dort überwiegend schöne Erfahrungen gesammelt.

Ein paar Monate vor der Kur hatte ich eine Mandel-OP und musste dafür 1-2 Wochen im Krankenhaus verbringen – ebenfalls mit schlimmen Erinnerungen und ohne Elternbesuch. Die OP war Bedingung dafür, dass ich zur Kur „durfte“, da befürchtet wurde, dass ich sonst während der Kur eine Bronchitis bekomme (hatte ich damals sehr häufig).

Mir hilft diese Website sehr viel dabei, alles zu verarbeiten. Es ist erleichternd, dass endlich alles öffentlich wird und bestätigt wird, dass so etwas psychischen Schaden anrichten kann. Ich habe mehrere Therapien aufgrund von Depressionen hinter mir, bin extrem unsicher, habe soziale Ängste und kein Grund-Vertrauen in mich und andere. Eventuell hat die Kur einen Anteil daran.
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Wahle, Jürgen aus Wolfen schrieb am 10.07.2023
Guten Abend, ich war nach einer Oberschenkel Operation und einem längeren Krankenhausaufenthalt wohl etwas zu dünn und musste etwas aufgepäppelt werden. Daher wurde ich unmittelbar nach dem Krankenhausaufenthalt nach Kröchlendorf und ein Jahr später nach Graal - Müritz mit einem ordentlichen Reisebus für jeweils 6 Wochen verschickt. Beide Aufhalte sind in keiner schlechten Erinnerung geblieben. Es gab in meinem beiden Aufenthalten keine Repressalien. Der Lernrückstand musste an den Vormittagen aufgeholt werden und Nachmittags gab es reichlich Zeit für sportliche Aktivitäten, wie Volleyball, Fußball und Baden im Templiner See. Leider waren Jungen und Mädchen Gruppen von einander getrennt. Ich kann ansonsten nur positive Eindrücke wiedergeben. Mit freundlichen Grüßen Jürgen
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Susanne Eichhammer (damals: Schlegelmilch) aus München schrieb am 10.07.2023
Hallo, ich wurde im Sommer 1969 in ein Kurheim in Bayern verschickt. Es muß ein Schloß oder Kloster gewesen sein. Ich erinnere mich an die großen Räume und Fenster, an lange Flure und Treppen. Es war sehr streng dort. An meinem Geburtstag am 10.08.1969 durfte ich mein Päckchen nicht öffnen. Auch die Sachen, die darin waren, wurden mir weggenommen. Wir durften nicht mit den anderen Kindern sprechen. Alle Kleidung musste akkurat am Ende des Bettes in einer Truhe verwahrt sein. Als Strafe mussten wir abends stundenlang im Nachthemd im dunklen Gang stehen. Als ich krank wurde, kam ich in ein Zimmer unter dem Dach. Ich war dort ganz allein. Aus Angst, oder weil ich eine Blasenentzündung hatte, pieselte ich ins Bett. Ich hatte große Angst vor Strafe. Bei der Mittagsruhe herrschte ebenfalls Sprechverbot. Mädchen und Jungen waren auf verschiedenen Stockwerken untergebracht. Einmal waren wir an einem kleinen See baden. Dort habe ich einen Salamander gesehen. Das war ein wunderschöner Moment.
Ich würde gerne wissen, wo dieses Heim war, und welche Organisation es geleitet hat? Vielen Dank! Mit freundlichen Grüßen, Susanne Eichhammer (Mädchenname: Schlegelmilch), München
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Rita Werner schrieb am 10.07.2023
Man stelle sich eine für ihr Alter zu kleine, introvertierte Elfjährige vor. Nach einer Bauch-OP qualifizierte ich mich für eine mehrwöchige Kur auf einem zum Kinderheim umfunktionierten Bauernhof bei Bühl am Alpsee. Konnte nicht schlimmer sein als daheim, Stress statt Geborgenheit war ich gewohnt. Allerdings erhielt ich beim ersten Beisammensein im Esssaal auf kommende Zwänge einen Vorgeschmack. Im wahrsten Sinne des Wortes:

Die „gute Bauernmilch“ zur Begrüßung war, wie die „Betreuerin“ durchaus zugab, verdorben. Die Devise lautete nicht etwa Wegschütten, sondern: „Die wird jetzt trotzdem getrunken“. Keine durfte aufstehen, bevor nicht alle ihre Tasse geleert hatten. Was dann auch alle taten außer mir. Ich war eine brave Esserin, aber ich trank keine Milch, geschweige denn eine mit Stich.

Zum Glück war ich alt genug, um eine Art Strategie zu entwickeln. Nach einer Stunde Kinderkur ahnte ich: Um hier einigermaßen unbeschadet durchzukommen, musste ich unter dem Radar fliegen, mir was einfallen lassen und die Nerven behalten. In diesem Fall kippte ich blitzschnell meine Milch zurück in die Kanne, während die Tante kurz abgelenkt war. Selbstverständlich haben auch Kindergruppen eine soziale Dynamik, die im Übrigen gerne von den Erzieherinnen ausgenutzt wurde. Ein Mädchen wollte petzen, wurde jedoch durch die Blicke aller anderen eiskalt gestoppt. Sie wollten lieber endlich raus.

Speisen verschwinden lassen wurde meine Paradedisziplin, denn auch in den nächsten Wochen herrschte Esspflicht. Zum Glück wurden während meiner Kinderkur keine Foltermethoden wie der Zwang, Erbrochenes wieder zu essen, angewendet. Aber weil nach kurzer Zeit fast alle Kinder ihr Essen ohnehin nicht mehr auf normale Weise ausschieden – ich vermute aus heutiger Sicht Unverträglichkeiten in Abwechslung mit Magen-Darm-Viren – wollte ich besonders vorsichtig sein. Ich erinnere mich gut, wie ich ein fettes Würstchen von suspekter Konsistenz nicht in den Mund, sondern heimlich in die Hosentasche beförderte. Als ich es später draußen der Hofkatze anbot, ergriff diese nach kurzem Schnuppern entsetzt die Flucht.

Unsere „Tanten“ waren nicht wirklich bösartig, aber zumindest ziemlich manipulativ. So überredete mich eine, die Unterhose mit den Fäkalien der an Verdauungsstörungen – was sonst – erkrankten Zimmergenossin von Hand auszuwaschen: „Das machst du doch sicher für deine Freundin.“ Ich machte es. Leider unvergesslich.

Post an die Eltern hielt ich für sinnlos, da ganz offen zensiert wurde. Die Betreuerin verlies einen schwelgerischen Brief mit schönsten Schilderungen als Vorlage. "So macht ihr das."

An Zwänge, Ekel und körperliche Nöte des überforderten Kindes erinnert man sich leider besser als an die Schönheit der Allgäuer Landschaft. Nach dem Mittagessen war Bettruhe angesagt, was bei aufgekratzten Vorpubertären absurd war und offenbar dazu diente, sie eine Zeitlang aus dem Weg zu schaffen. Wir lagen Bett an Bett in einem kleinen Zimmer, keine tat ein Auge zu, doch es herrschte strenges Sprechverbot. Erstaunlicherweise hatten die „Tanten“ offenbar Riesenohren, und jedem noch so zarten Flüstern folgte die übliche Strafe: endlos lange im Nachthemd an der Wand stehen. Natürlich musste man während dieser pädagogischen Meisterleistung bald dringend zur Toilette, was allerdings auch verboten war.

Die Fremdbestimmung elementarer körperlicher Bedürfnisse war sicher auch ein Grund für die Verdauungsprobleme als stetiges Begleitprogramm. Dass die Kinder nicht zunahmen, konnte auch die Fütterung mit Unmengen von Marmeladenbroten nicht verhindern. Als auch mich kurz vor „Kur“-Ende noch der Durchfall erwischte, kam ich in ein Isolationszimmer samt Rausgeh- und Besuchsverbot. Was konnte man in dieser Einzelhaft noch verbieten? Ganz einfach: alles. Inklusive das Lesen, denn an die Decke starren förderte nach Meinung der jungen, unerfahrenen Erzieherin die Gesundheit. Um nicht völlig irre zu werden, bat ich meine Essenlieferantin um ein Buch. Hanni und Nanni, der Räuber Hotzenplotz, egal was. Allerdings platzte auch die Betreuerin hin und wieder ins Krankenzimmer - ich musste mein Buch jedes Mal unter die Decke retten, es war nervenaufreibend. Ich hielt das Isolationsexperiment nicht mehr aus. Also erklärte mich für gesund, obwohl ich es nicht war. Der Deal: „Dann musst du aber auch unsere große Wanderung mitmachen.“ So schleppte ich mich vollkommen dehydriert und mit schweren Bauchkrämpfen einen Tag lang durch die Allgäuer Sommerhitze. Ich habe seither nie wieder solchen Durst erlitten. In meiner Not ließ ich mich zurückfallen, um heimlich aus einem Bach zu trinken.

Habe ich psychische Schäden davongetragen? Keine Ahnung, aber zu einem Grundvertrauen hat es sicher nicht beigetragen.

Es bleiben vor allem einige Fragen: Wie konnten Menschen, die Macht über Schutzbefohlene haben, so viel Gleichgültigkeit und Empathielosigkeit besitzen? Wieso gab es keine Kontrolle? Und ist es heute wirklich eine andere Zeit? Angst vor dem Altenheim? Irgendwie schon.
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Claudia aus Münster schrieb am 10.07.2023
Meine Schwester (damals 8 j. und ich 10 J. alt) wurden in das Heim zur Kur geschickt, weil wir untergewichtig waren. Die Nonnen zwangen uns zu essen u.a. die Schmandschicht auf dem Kakao. Auch nachdem meine Schwester sich deshalb mehrfach übergeben hat.
Wenn wir während der Schlafzeiten mittags und abends geredet haben, gab es Prügel und Verbote. Auch waren Toilettengänge während der Schlafenszeiten verboten. Wir hatten ziemlichen Stress damit und Angst vor dem Bettnässen. Meine Schwester wurde u.a. einmal mit einem Kleiderbügel geschlagen.
Die an die Eltern geschriebenen Postkarten wurden uns diktiert (nur lobenswertes über den Aufenthalt) und anschließend kontrolliert. Mehrmals wurden wir mit einem stinkenden Läusemittel behandelt. Vor dem wöchentlichen Wiegen hatten wir große Angst. Bei Untergewicht wurde uns noch mehr von dem wenig schmackhaften Essen (u.a.Fischstücke in Gelee) und Kakaoschmand vorgesetzt. Die zum Geburtstag meiner Schwester geschickten Süßigkeiten wurden an alle Kinder der Gruppe verteilt. Sonntags wurde für c.a. eine Stunde ein Fernseher im Speisesaal angestellt. Das Highlight der Woche, aber nur für die ganz braven Kinder. Ausflüge über die Insel waren selten und nur in der Gruppe als Wanderung durchgeführt. Spielen am Strand gab es nicht. Nach der Kur hatten wir Angst über die Missstände zu sprechen.
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Wolfgang Schaefer aus Berlin schrieb am 09.07.2023
Ich wurde vor der Einschulung im Alter von 4-5 Jahren nach St.Peter-Ording verschickt. Angeblich wg. Untergewicht und häufiger Bronchitis - so zumindest die Aussagen meiner Mutter.

Das Drama begann schon am Bahnhof Koeln. Meine Mutter hatte mir auf Anraten des Psychologen verschwiegen, dass ich alleine 'in Urlaub' fuhr. Entsprechend war ich ausser mir, als sich die Wahrheit offenbarte, zumal ich eh durch ein fruehkindliches Trauma extreme Verlustaengste und teilweise Paranoia hatte. Ich schrie und weinte wie noch nie zuvor - und nie wieder seitdem. Ich klammerte mich an meiner Mutter fest, wollte aus dem Zugfenster springen, weglaufen ... natuerlich alles ohne Erfolg.

Glücklicherweise erwies sich die Reise-Begleitperson, eine ältere Dame, bald als sehr zugewandt und ich fasste langsam Vertrauen zu ihr. Es blieb mir ja auch nichts anderes. Allerdings war auch dieses 'Glück' bald beendet, denn die Dame lieferte uns nach sechs bis acht Stunden Fahrt nur dem Heim aus - und macht umgehend kehrt. Der zweite traumatische Verlust in einem Tag.

Danach geschah das, von dem ich inzwischen leider weiss, dass es Methode war: Unempathische, harte Strafpädagogik, keine menschliche Nähe oder Wärme, kein Lächeln, Esszwang bis hin zu stundenlangem 'Nachsitzen' vor dem nichtgegessenen Essen im grossen, verlassenen Kantinensaal, nächtliches Toilettenverbot mit zwangsläufigem Einnässen, nächtliches Strafsitzen auf einem Stuhl im Gang, 'angeleitetes' Briefschreiben zur Beruhigung der Eltern, nicht vermittelte Elternpost bzw. Anrufe usw.

Zur Krönung infizierte ich mich nach ca. drei Wochen auch noch (ich glaube Masern) und musste auf die Krankenstation. Das allerdings empfand ich letztlich als 'Himmel' im Vergleich zur taeglichen Heim-Hölle. Hier wurde ich wenigstens 'pfleglich' behandelt und durfte auf Toilette, wenn ich musste. Und Essen-Nachsitzen war ja schlechterdings auch nicht mehr moeglich.

Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit, in Realitaet wohl 6-8 Wochen, wieder nach Hause kam, war ich erwachsen. Zwar immer noch Kind, aber ohne Vertrauen in meine Eltern und Erwachsene im Allgemeinen, felsenfest davon ueberzeugt, dass ich mich auf dieser Welt letztlich nur auf mich selbst verlassen kann.

Ich danke Ihnen von Herzen fuer diese Initiative. Jahrzehntelang dachte ich, meine Erfahrungen waeren ein Einzelfall, unglueckliche Umstände, Reste nazistischer Haltungen selbst geschädigter Erzieherinnen ... Dass Menschen, insbesondere auf dem Hintergrund der noch frischen, faschistischen Erfahrungen und des Holocaust, so etwas anderen Menschen, noch dazu wehrlosen Kindern, absichtsvoll antun, staatlich sanktioniert, das konnte ich mir trotz all meiner frühkindlichen Ent-Taeuschungen und des daraus erwachsenen Zynismus, nicht vorstellen.

Das Leid der anderen lindert das eigene wenig, auch wenn geteiltes Leid angeblich halbes ist. Aber das Wissen um die Systematik mit der hier Eltern belogen und Kinder gepeinigt wurden, reduziert zumindest das Gefühl der Eigenschuld und -scham und die innerlichen Schuldvorwuerfe gegenueber meinen Eltern.

Danke Ihnen! Wolf Schaefer
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Anja aus Aachen schrieb am 09.07.2023
Mein sechswöchiger Aufenthalt dort war geprägt von ungeheuerlichen Angst und dem Glauben, nie wieder nach Hause zurückkehren zu können.
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Ursula Redeke aus 20457 Hamburg schrieb am 08.07.2023
Ich wurde als Kind über das Bundesbahnsozialwerk nach Schulenberg im Harz mit ca 9 oder 10 Jahren (ca. 1974/75 verschickt weil ich Übergewicht hatte und wenig am Kontakt mit gleichaltrigen Schülern war. Ich war unselbstständig und uninteressiert am Kontakt mit Mitschülern war.

Heute gibt es ja im Kontakt mit Hochbegabten und Hochsensiblen zum Glück ganz andere Möglichkeiten!

Zum Glück habe ich dort niemals sexuellen Missbrauch erlebt. Aber ich hatte Mittagsschlaf zu halten, musste meine Schuhe putzen und durfte nachts nicht die Toilette aufsuchen.

In einem riesigen Speisesaal setzte man mich auf Diät. Am Tag gab es festgelegte Zeiten, in denen ein Becher Früchte- oder Pfefferminztee ausgeschenkt wurde.
Bis heute finde ich kalten Tee ganz furchtbar.

An die Zwangsmittagsruhe und den Schlafsaal erinnere ich mich auch noch.
Ich habe es über mich ergehen lassen und war froh, als es vorbei war.
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Reinhilde schrieb am 08.07.2023
Hallo,meine Schwester und Ich ,wurden in Weidenau in den Zug gesetzt für die Verschickung nach Niendorf.In Weidenau stiegen noch 2 Mädchen ein.Es war eine lange fahrt für ein Kind ohne Eltern reisen.Ich hatte Heimweh ,weinen durfte man nicht .Eine strenge Schwester die als Begleitperson mitfuhr ,duldete dies nicht .In der Kur wurde ich krank ,eigentlich wegen Untergewicht dort hingeschickt ,konnte ich kaum etwas essen.Wir mussten sitzen bis der Teller leer war .Anschließend Kopf auf den Tisch für Mittagsruhe ,aber das waren wir schon gewohnt von den Schwestern im Kindergarten.In der Kur wurden Briefe zensiert oder gar nicht weiter geleitet.Paktete die die Eltern schickten wurden durch sucht und einbehalten.Nachts wurde man Kontrolliert ob man schlief ,aufstehen durfte man nicht .Vor Angst nässte ich ein und wüsch morgens schnell heimlich dir Wäsche..Ich erinnere mich das die Schwestern sich mit Ausdrücken betitulierten.Als ich nach Hause kam war ich lange krank wegen Windpocken und noch größeren Essstörungen.Ich verpasste viel in der Schule was ich nie wieder eingeholt habe.
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Stefanie Jerz, geb König aus Duisburg schrieb am 07.07.2023
Ich wurde mit 5 Jahren nach Bad Rothenfelde verschickt. Habe Erinnerungen von gro�er Angst und Verloren sein. Erkrankte dort an Mumps. Wurde dafür ausgeschimpft und isoliert. Bekam Schuld zugewiesen. Ich würde alle anstecken. Ich erinnere mich an täglich brennender Haut durch zu lange Thermalbäder. Ich hatte Zum Geburtstag ein Paket von den Eltern bekommen. Durfte mir ein Stofftier daraus aussuchen. Der Rest wurde unter den Kindern verteilt. - Stefanie Jerz, geb. König
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Claudia F. schrieb am 07.07.2023
Kurz nach meinem 4. Geburtstag kam ich im Juni 1960 in die Kinderheilstätte Aprath. Meine Mutter war schwanger, die Ehe meiner Eltern in einer Krise und ich sollte nicht im Wege stehen. Da ich angeblich eine Tuberkulose hatte, erfolgte die Verschickung in ein Lungensanatorium.
Und da man dort befürchtete, ich sei ansteckend, wurde ich isoliert, alleine in einem großen Zimmer untergebracht, von wo aus ich das Toben der anderen Kinder hören konnte.
Ausgeschlossen! Wen interessierten schon die Qualen eines kleinen Mädchens?
Mehr als zwei Monate sah ich nur andere Menschen, wenn mir das Essen gebracht wurde oder wenn ich zu den medizinischen Untersuchungen gebracht wurde. Ansonsten war ich alleine mit mir selber und meiner Puppe „Toni“ als einzigem Spielzeug.
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass in dieser Zeit irgendjemand mit mir geredet hat, geschweige denn gespielt hat. Und eines Tages gingen die Gummibänder kaputt, die Arme, Beine und Kopf meiner Puppe zusammenhielten……
Ich erinnere mich daran, dass ich regungslos im Bett lag und mir vorstellte ich sei tot. Diese unglaubliche Leere!!!
Hier wurde der Grundstein für eine depressive Erkrankung gelegt die mich mein Leben lang nicht mehr verließ.
Am Ende meines dreimonatigen Aufenthaltes kam ich schließlich doch zusammen mit anderen Kindern in ein Zimmer, aber nur, um mich mit Masern und Mumps anzustecken und diese Krankheiten unter Aufsicht durchzumachen. Plötzlich war keine Rede mehr von der angeblichen Ansteckungsgefahr, die von mir ausgehen sollte.
Als Erwachsene wurde ich Erzieherin, getrieben von der Vorstellung, kein Kind solle jemals solche psychische Folter erleiden wie ich unter dem Deckmantel der Medizin.
Weder meine Eltern noch meine späteren Therapeuten haben sich auf meine Geschichten eingelassen. Ich blieb zeitlebens alleine mit diesen Erfahrungen und würde mich nun sehr freuen andere Menschen kennenzulernen, mit denen ich mich austauschen kann.
Mitfühlende Grüße an alle, die ebenfalls leiden mussten
Claudia
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Muriel Baudy schrieb am 07.07.2023
Ich erinnere mich, dass ich in den Kofferraum eines Variant gesetzt wurde und mit anderen Kindern von unserem Wohnort Eichstetten am Kaiserstuhl in den Schwarzwald gekarrt wurde. Ich war 4,5 Jahre alt. Ich hatte Angst. Ich habe keine zusammenhängenden Erinnerungen. Fragmente. Dicke Suppe mit Fleisch oder ekliger Wurst essen müssen. Ich aß eigentlich weder Fleisch noch Wurst. Fieberthermometer im Po mit Schmerzen, angebunden im Bett, die Hände mussten neben dem Kopf liegen, Lichtschutzbrillen, Inhalationsräume, Badewannen. Mir wurde Jahrzehnte lang unweigerlich speiübel bei der bloßen Erwähnung des Ortsnamen. Meine Mutter hat nichts hören wollen. "Ach du immer, das bildest du dir ein, was bist du auch empfindlich, das war doch nur gut für dich...... " Furchtbar. Ich habe an mir und meiner Wahrnehmung gezweifelt. Ich hab im Internet recherchiert, ob es vielleicht doch noch jemanden gibt, der Ähnliches erlebt hat. Etwa 2016 fand ich dann einige wenige Berichte. Was war das für eine Erleichterung. Ich bin richtig, ich habe mir das weder ausgedacht noch eingebildet. Die noch größere Erleichterung kam, als Frau Röhl ihre Forschung veröffentlicht. Danke!!!!!!! Noch immer bin ich mit den Folgen dieser Erfahrungen beschäftigt.Vermutlich den Rest meines Lebens.
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Benedikt Westhoff aus Bönen schrieb am 06.07.2023
Mein Bruder und ich wurden Mitte der 70iger zur Kur verschickt. Wir waren im Schwarzwald. Nach meiner Recherche müsste es das Kinderheim Stieg in Albbruck Unteralpfen gewesen sein. Leider liegen mir keine weiteren Informationen oder Fotos aus der Zeit vor. Grundätzlich war Gewalt gegen Kinder an der Tagesordung. Meine Gruppe hatte noch Glück und eine damals recht junge Erzieherin, die vernünftig mit den Kindern umging. Man war allerdings auch den Übergriffen anderer Erzieherinnen ausgeliefert. So habe ich mir einmal "eine gefangen", als ich in der Mittagsruhe kurz die Augen geöffnet hatte. Die Mahlzeiten mussten natürlich aufgegessen werden, sonst durfte man stundenlang am Tisch sitzen bleiben. Ich erinnere mich an einem Jungen der an den Haaren ins Spielzimmer geschliffen wurde und die Erzieherin danach einen ganzen Büschel Haare in der Hand hielt. Dieser Junge hat es auch trotz Zensur irgendwie geschafft, seine Eltern zu informieren, die den Jungen dann vorzeitig abholten.
Wenn der Heimleiter (ein älterer Herr mit Fassonschnitt) die Station inspizierte, durfte dieser nicht angespochen werden. Zu seinen Ehren, mussten wir auch ein Theaterstück aufführen, während dieser Herr mit Gauleitergehabe auf seinem Sessel thronte.

Vergessen habe ich das nie - besonders der Tag der Ankunft, als mein großer Bruder bitterlich weinte und der Tag der Abreise, wo wir nicht glauben konnten, dass es vorbei war.
Es gab auch ältere Kinder die mehrere Jahre in diesem Heim verbringen mussten - für uns waren die 6 Wochen schon eine Ewigkeit.
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Marcel Schmidt aus Büttelborn schrieb am 06.07.2023
Ich habe am Montag die Sendung gesehen und hatte bis dahin noch nichts mit dem Begriff anfangen können. Ich weiß, das ich als Kind mal in Kur war, weil ich zu dünn war. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich von meiner Mutter in den Zug gesetzt wurde und es von Kassel in den Schwarzwald ging. Muß in den 1970ern gewesen sein. Mehr weiß ich nicht mehr, es gibt auch niemanden mehr, den ich fragen kann um vielleicht ein paar Sachen aufzuarbeiten. Gibt es Listen oder Ansprechpartner, die man kontaktieren kann?
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Frank von Gliszczynski-Endler aus Panketal schrieb am 05.07.2023
Hallo,
wenn ich zurückblicke, dann erinnere ich mich an Gewalt. Keine körperliche Züchtung; vielmehr mentale Anstrengungen der "Erzieher", Kinder in passgerecht in Formen zu pressen. Vermeintliches Fehlverhalten wurde öffentlich gebrandmarkt. Der/die betreffenden Kinder wurden vorgeführt.
Politische Indoktrination, typisch für das Schulsystem der DDR, waren alltäglich. Pädagogik, Einfühlungsvermögen, Sensibilität spielten seitens des Heimes keine Rolle.

Frank von Gliszczynski-Endler
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Michaela Bayerle aus Mühlenbeck schrieb am 05.07.2023
Guten Tag, ich habe durch Zufall den Film in der ARD gesehen und ich war erschreckt und gleichzeitig erfreut das es so einen Film und diese Homepage gibt. Ich kann mich an das Heim nicht richtig erinnern - bis her habe ich noch niemanden gehört der auch dort war. Ich war zur Kur weil ich mit 5 Jahren einen schweren Unfall - Schädelbasisbruch - hatte und mich erholen sollte.
Ich war vorher schon 8 Wochen alleine im Krankenhaus was ja schlimm genug ist und danach die Kur ca. 6 Wochen. Ich kann mich nur an Bruchteile erinnern aber nur schlechtes. Ich war ein "Heimwehkind" und wurde permanent von den Schwertern geärgert mit den Worten: Du kommst nicht mehr nach Hause zurück. Es war ein Schock.
Ich musste nachts Barfuß irgendwo auf Kacheln im stehen Schlafen - ich glaube weil ich zu viel geredet hatte. Es war ein Sammelschlafsaal.
Es wurden Karten an meine Eltern geschrieben - ich konnte ja noch nicht schreiben - das es mir gut geht usw.. die hatten keine Ahnung wie schlecht es mir dort ging. Es waren alles Nonnen - ich kann die Umhänge immer wieder sehen. Am Abreisetag war ich ganz aufgeregt - endlich nach Haus
- da kam wieder eine Schwester und sagte Du fährst nicht nach Hause ...ich fing sofort an zu weinen und eine andere Schwester sagte nun höre doch auf und las sie in Ruhe. Was sind das für Menschen gewesen? Ich musste auf die Krankenstation - warum weiss ich nicht und meine Eltern waren davon gar nicht informiert - und es gab eine Feier - ich glaube Fasching - und ich durfte nicht daran teilnehmen.... Meine Eltern haben mir geglaubt, aber die waren den Obrigkeiten zu sehr hörig-glaube ich. Meine Mutter sagte, als ich wieder zu Hause war, habe ich sie keine Sekunde mehr aus den Augen gelassen und hing an ihrem Bein fest. Meine Eltern sind beide Tod und ich konnte es nie klären. Nach den Berichten hier und im Fernsehen kann man ja fast sagen ich hätte Glück gehabt mit dem Heim wo ich war. Oder ich habe alles andere Verdrängt !?
Danke, wenn jemand etwas zu dem Heim sagen kann. Ich wünsche allen "Verschickungskindern" viel Kraft und Energie. Ich habe eine Hypnosetherapie gemacht die war super - ich war wieder in dem Kindeheim als "kleine Michaela" und in Trance holte ich die "grosse Michaela"
als Hilfe und Unterstützung dazu.
Liebe Grüße Michaela Bayerle
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Jörg Winter aus Bad Wilsnack schrieb am 05.07.2023
Ich wurde weil ich auch sehr dünn war, in den ersten Schuljahren einmal nach Wiek auf Rügen verschickt.
Es war kurz nach der Stillegung der Kleinbahn, die Fähre mit der Kleinbahn fuhr meiner Erinnerung nicht mehr.
Ich wurde in Perlenerg in einen Ikarus-66 Bus gesetzt, die Fahrt ging über Schwerin und weitere Orte wo weitere Kinder in meinem Alter zustiegen.
Am Tag der Anreise war es sehr warm, da dran kann ich mich noch erinnern.
In dem Heim war ich in der Gruppe einer von den schmächtigsten Jungs.
In dem Heim ging es recht streng zu. Es wurde auch Fragen mit wünschen und Kritik gestellt. Ich kann mich nur noch an zwei weitere Dinge erinnern, zum einen hat das Seetang am Strand gestunken, wenn wir zum Strand gingen. Des weiteren kam aus dem Wasserhahn oft braunes Wasser, die Ablagerungen sich zuvor in den Leitungen abgelagert hatten und sich von Zeit zu Zeit lösten.
Auf meine Frage hin zu der braunfärbung des Wassers wurde uns von den Betreuerinnen gesagt es sei nicht schön aber ungefährlich. Das Problem war bekannt, die Ursache sei eine lange Wasserleitung auf der Insel. So wetwas kannte ich nicht von zuhause.
Das Taschengeld glaube ich war im vorhinein auf eine bestimmte Summe festgelegt, ich meine das ich eine Ansichtskarte zu meinen Eltern geschickt habe, auch ein kleines Souvenier zum ende hatte ich gekauft.
Es war in meiner Jugend mal eine Abwechslung, Gewalt von Betreuern habe ich dort nicht erlebt, evenuell von den größeren Jungs in der Gruppe.
An weitere Details kann ich mich nicht mehr erinnern.
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Margret Rosemeyer aus Hamburg schrieb am 04.07.2023
Ich wurde als Kind mehrmals verschickt, weil ich zu dünn war und immer blass, im Gegensatz zu meiner Schwester! Ich hatte vieles verdrängt und nach diesem Bericht kam so einiges wieder hoch.

Ich, war ein Fan der Milchsuppe und hatte da wohl alles gefuttert, was im tiefen Teller, wie eine Suppe aussah. Fisch war nie mein Ding und da bekam ich dann nur Kartoffeln und Kräutersoße. Oh der Tee, Früh, Mittags und Abends.


Aber bis heute leide ich unter dem Aspekt, dass ich Bettnässer war und immer eine Gummiunterlage hatte und ein bis zweimal Nachts hinausmusste, um zum Klo zugehen. Wenn ich nicht konnte, wurde ich ausgeschimpft! Nach der Ursache wurde nie geforscht! Viel schlimmer war, dass andere Kinder mich geärgert hätten und ich dann, mit Wut im Bauch, mit meiner schwingenden Gummiunterlage hinder den her war. Bestraft wurde ich dann und nicht die, die mich geärgert hatten. In einem Heim musste ich zusätzlich eine Gummihose tragen. Wenn es doch passierte, hatte man mich gezwungen, selber das Bett neu zu beziehen und wurde wieder ausgelachte. Wyk auf Föhr, das Heim war mir bis heute ein Groll!
Dieser Bericht spiegelt so vieles wieder. 


Zum Heim in Niendorf, ich war zur Mutter und Kind Kur dort 1986 und 1987 und hatte da auch die Stränge erlebt, allerdings weniger mit den Kindern, nein oft mit uns Müttern. Es gab Schwestern dort, die waren sehr nett und lieb und dann war eine da, groß gewachsen, oft mürrischer Blick, aber lieb zu den Kindern. Leider weiß ich nicht mehr den Namen.


Ich kann nur hoffen, dass der Orden Wort hält und mit hilft bei der Aufklärung ...

Das schlimmste aber war, dass ich trotz meiner eigenen schlechten Erfahrungen, auch meine fünf Kinder, regelmäßig zu Erholungen über die AOK und später DAK geschickt hatte und viel später von den Kindern erfuhr, wie schlimm einige Heime waren. 


Ich persönlich bin eine Überlebende und hatte sexuelle Gewalt auf einem Hamburger Spielplatz von 8 bis 10 Lebensjahr erfahren. Kann mich in die Opfer hineindenken? Kenne das Gefühl bis heute und trotz einer Therapie, vergessen kann es keiner von uns...
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Sabine Hufer aus 41747 Viersen schrieb am 04.07.2023
Ich war einer von ihnen 1976 mit meinem Bruder...sechs Wochen...ich habe in der ARD heute vom 3.7.2023, einen Bericht mir angeschaut, darin erwähnte man Schwester Burkarde und mir viel die Kirnladen runter,den sie hatte ich als Drache in Erinnerung, habe noch ein Foto mit den Erzieher als Beweis und Postkarten... unfassbar..den es hat mich nicht nur getriggert,da vieles wieder hoch kam...von Bestrafungen auf den Flur die Halbe Nacht, Ohrfeigen, Überprüfung der Post... ich würde von meinem Bruder Andreas Hufer getrennt,sodass ich ihn nur auf einem abgelegenen Spielplatz sah...es waren Erinnerungen der angst.grosser Schlafsaal, ich musste Unterhemd und Unterhose immer anlassen,die Hände auf der Bettdecke..ich erinnere mich,das ich das Bett an einem großen Fenster hatte.einmal hatte ich so Heimweh,das diese Schwester Burkarde mich am Ohr sus dem Bett geschliffen hat und mich in einem Zimmer versohlt hat ..ich suche hier welche,die mich und mein Bruder kannten . will auch wissen,da mein Bruder verstorben schon ist und er nie darüber sprach,was mit ihm passiert ist...
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Andreas M. aus Duisburg schrieb am 04.07.2023
Ich erinnere mich auch ungern an diese Zeit. Ich denke dass ich 1980 ca. dort war. Meine beiden Brüder waren mit dabei. Wir wurden in altersbedingte Gruppen eingeteilt. Angereist waren wir aus Duisburg mit dem Zug. Unser Vater war damals auch bei der ATH (August Thyssen Hütte) beschäftig. Wir waren so ziemlich die gesammten Sommerferien dort. Ich sehe gerade (03.07.2023) in der ARD einen Bericht über Verschickungskinder. Da kam mir das alles wieder hoch. Ich erinnere mich an den streng durchzuführenden Mittagsschlaf von zwei Stunden. Auch wenn man nicht müde war wurde man gezwungen zwei Stunden ruhig und still im Bett zu liegen. Wer sich nicht daran hielt, musste barfuß mit dem Gesicht zur Wand in der Nähe der Aufseherin stehen. Bis die Mittagszeit zu Ende war. Auch zur Toilette durfte man in der Zeit des Mittagsschlaf nicht gehen. Ich erinnere mich dass ein Junge auf meinem Zimmer darauf hin ins Bett machte. Er musste dann in den nassen Sachen auf dem Flur stehen. Das Essen war ziemlich übel. Es musste immer alles aufgegessen werden auch wenn man es absolut nicht mochte. Als ich hin und wieder das mir vorgesetzte Essen nicht aufgegessen hatte gab es bei den wöchentlichen Taschengeldverhandlungen weniger Geld zur Strafe. Auch bei anderen Verfehlungen gab es weniger bis gar kein Geld. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass uns viel Geld für Postkarten abgeknöpft wurde. Die Karten und Briefe wurden durchgelesen und auch zensiert. Einmal die Woche war ein angeblicher Arzt da. Gemacht hat dieser eigentlich nichts. Man wurde immer nackt gewogen. Es herrschte bis auf die Ausflüge zum Strand irgenwie kein schönes Klima im Kinderheim Tannenblick. Die Aufseherinnen waren eigentlich so ziemlich emphatisch nicht gut auf Augenhöhe des Kindes. "Tannenblick" der Name ist bei mir hängen geblieben. Mitgebrachte Wäsche wurde nach dem Waschen öffentlich aus dem Korb geholt und in der Gruppe hochgehalten ( "wem gehört diese Unterhose etc.) Teilweise mit großem Gelächter der anderen Kinder. Da kam oft bei vielen und auch bei mir Schamgefühl auf. Gegenüber war ein Spielplatz, die "Ponderosa". Das ist bei mir auch noch hängen geblieben. Warum wir eigentlich dort zur "Kur" mussten weiß ich bis heute nicht. Erholt habe ich mich jedenfalls nicht. Nur das wir alle irgendwie da durch mussten und der Zusammenhalt ließ einen diese 6 Wochen ertragen. Zu meinen Brüdern in der anderen Gruppe hatte ich auch kaum Kontakt, was sehr merkwürdig war. Gesprochen habe ich bis heute mit niemandem darüber. Ich wünschte das alles würde bei den zuständigen Behörden aufgearbeitet. Wer sich in diesem Kinderheim war, kann sich gerne melden. Liebe Grüße Andreas
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Christine Lombardo aus Mühlacker schrieb am 04.07.2023
Ich war zu dem Zeitpunkt sieben Jahre alt und musste sechs Wochen in den Sommerferien in die "Kindererholung" nach Sylt. Angeblich weil ich zu oft krank war.
Ich kann mich noch gut an die Fahrt im Zug erinnern. Schon unmittelbar nach der Abfahrt würde ich von einer Begleitperson angeschrien und geschüttelt weil ich weinte.
Während des Aufenthalt mussten wir alles essen was uns vorgesetzt wurde und durften erst aufstehen wenn der Teller leer war. Nach etwa zwei Wochen habe ich Windpocken bekommen und lag tagelang alleine im Bett. Es gab drei Mal am Tag etwas zu essen, ansonsten sah ich niemanden. Vor lauter Heimweh und Traurigkeit habe ich an der Tapete gezupft. Als die Betreuerin das sah, hat sie mir mit einem Stock so lange auf die Hände geschlagen bis sie bluteten und geschwollen waren. Sie hat mir verboten zu schreien. Als ich mich vor Schmerzen und Angst eingenässt hatte musste ich die ganze Nacht im nassen Schlafanzug im Bett bleiben.
Noch heute ist es mir nicht möglich die Insel Sylt zu besuchen.
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Markus Haug aus Kohlberg schrieb am 03.07.2023
Bin gerade auf diese Seite gestoßen.
Ich war mit meinem Bruder in Herrlingen, müsste so um 1973 oder 1974 gewesen sein.
Es war der Horror. Wir Brüder wurden getrennt, es gab 2 verschiedene Häuser. Einen ekelhaft Brei musste ich essen, ich glaube es war Milchreis oder Grießbtei. Mir wurde der Brei reingeddrückt und nach dem ich diesen erbrochen habe, musste ich das Erbrochene wieder essen.
Ich wurde weinend auf dem Boden herumgekickt und anschließend in ein kleines Zimmer gesperrt.
Ich habe bis heute diese Bilder im Kopf und weiß nicht wie ich damit umgehen soll oder an welche Stelle ich mich wenden kann. Ich wünsche mir, dass ich die Erzieherinnen von damals zur Rechenschaft ziehen könnte. Ich hab immer wieder die Bilder im Kopf.
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Ursel Scheurer geb. Schuhmacher aus Waghäusel schrieb am 02.07.2023
Ich war aufgrund einer Lungenerkrankung von November 1972 bis April 1973 in der Lunkenheilanstalt Friedenweiler. Im Sommer 1976 war ich für eine 6-Wochen-Kur im Haus Concordia auf Borkum. Meine Erinnerungen decken sich mit den Schilderungen auf dieser Seite. Ich bin gerade dabei, meine Kindheitserlebnisse aufzuarbeiten und herauszufinden, was diese mit mir gemacht haben. Ich würde mich über Kontaktaufnahmen und einen Austauch freuen.
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Mia Herber aus Wadgassen schrieb am 02.07.2023
Mit 10 Jahren wurde ich in eine 6wöchige Erholungskur nach Wyk auf Föhr geschickt. Träger der Maßnahme war die Knappschaft Saar. Die Kur fand im Haus Jungborn 1966 statt. Ich bin nicht traumatisiert und habe auch keine quälenden Erinnerungen an die 6 Wochen auf Föhr. Es war aber auch ganz sicher kein Wellnessaufenthalt. In Erinnerung habe ich Heimweh, das Gefühl unendlich weit von zu Hause weg zu sein, Essenszwang, schlechtes Essen, quälend lange Mittagsruhe, öde Spaziergänge auf dem Deich bei Wind und Wetter und schreckliche Langeweile. Aber es gab auch Lichtblicke wie der abendliche Singkreis oder Muschelsammeln am Strand.
An die Betreuerinnen kann ich mich weder positiv noch negativ erinnern. Sie waren eher jung und wenig empathisch.
Richtig erholt habe ich mich dort nicht, vor allem nicht die erwünschte Gewichtszunahme erreicht. Das durchgestanden zu haben, hat mich psychisch gestärkt und selbstbewusster zurückkehren lassen. Ich hätte aber keine 2.Kur dieser Art mehr machen wollen. Dennoch faszinieren mich Föhr und die Nordsee bis heute.
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Sonja R. aus Köln schrieb am 02.07.2023
Meine zweite Kinderkur über sechs Wochen fand im Berghaus Loretto statt. Auch hier gibt es nur wenige Erinnerungen.

Es gab ständig Erdbeerquark mit Haferflocken zu essen, eine zähe Masse, die in großen Mengen jeden Tag gegessen werden musste.

Mittags saßen wir auf Bänken aufgereiht draußen in der Sonne und wurden zwangsgebräunt. Nur diejenigen Kinder, die kollabierten, durften ins Haus zurückgehen. Wir sollten „gesund“ aussehen.

Eine ganz schwache Erinnerung habe ich daran, dass man irgendwie meine Singstimme für schön befunden hatte und ich immer vor allen singen musste, was mir sehr unangenehm war.

Ich lernte ein älteres Mädchen kennen, das viel freundlicher behandelt wurde und Mercedes hieß. Sie war ein Halt für mich - bis sie erkrankte und separat von uns untergebracht wurde. Wir konnten uns nur noch aus der Ferne sehen.

Viele Jahre später habe ich den Ort aufgesucht, wo das Heim stand. Ich kenne sie durch eine Postkarte, die meine Großmutter mir geschrieben hatte. Das Haus steht dort nicht mehr, stattdessen eine Gedenktafel und ein Privathaus. Überhaupt taucht dieses „Berghaus Loretto“ in keiner Schilderung eines ehemaligen Verschickungskindes auf. Ich würde mich gerne mit anderen, die dort waren, austauschen.
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Sonja R. aus Köln schrieb am 02.07.2023
Mit fünf Jahren wurde ich für sechs Wochen nach Borkum geschickt in den Marienhof.

Wir hatten ständig Hunger und wurden mittags auf einer großen Wiese wie Tiere gehalten, die nicht ins Haus gehen durften. Wir sangen das Lied „Wir haben Hunger, Hunger…“ und pflückten und aßen Sauerampfer.

Als ich einmal nachts zur Toilette musste, war ich in Panik. Ich erinnerte mich, dass uns erlaubt worden war, ein großes Gefäß, das in der Mitte des Schlafsaals stand, zu benutzen. Ich habe sehr lange gezögert und dann voller Scham das Gefäß benutzt. Am nächsten Morgen wurde dies bemerkt und dann ging es los: Vor aller Augen wurde nach der „Täterin“ gesucht. Nach langem Zögern habe ich es gestanden und wurde denunziert. Ich war fünf Jahre alt!

Pakete, die von Zuhause kamen, wurden geöffnet und der Inhalt an alle Kinder verteilt.

Ein älteres Mädchen formulierte eine Karte für meine Eltern. Es ging mir schlecht und ich war krank vor Heimweh. Diese Nachricht wurde abgefangen, ich einem Verhör unterzogen und dann ein neuer Text geschrieben.

Ich habe nur wenige Erinnerungen an die Zeit im Marienhof, daher würde ich mich gerne mit Menschen austauschen, die auch dort waren. Lücken auffüllen…

Es gibt eine Postkarte, die das Heim an meine Eltern geschrieben hat. Dort wird beschrieben, dass ich mich in einer Gruppe mit 15 kleinen Mädchen befinde. Unterschrieben ist die Karte von einer „Tante“ Waltraud. Eine Klapp-Fotomappe des Heims habe ich auch.

Ich war ein schüchtern-verstörtes Kind, das meist geschwiegen hat. Ängste begleiten mich mein Leben lang und es erforderte eine große Kraftanstrengung, mich im Leben und in der Berufswelt durchzusetzen. Bis heute habe ich ein gestört-schamhaftes Verhältnis zu Körperausscheidungen. Dass es hier einen Zusammenhang zu meinem Aufenthalt im Marienhof geben könnte, wird mir - bei aller Therapieerfahrung - erst in der letzten Zeit deutlich.
Sehe ich mich als Kind, so habe ich mich in eine Phantasiewelt zurückgezogen, meist gelesen, kaum Kontakt zu anderen Kindern aufgenommen.
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S. Wöhler aus Köln, als Kind Leverkusen schrieb am 01.07.2023
Ich war insgesamt dreimal à 6 Wochen jeweils um die Osterzeit herum in Niendorf bei den Nonnen zur Kur, weil ich „zu schmächtig“ war. Beim ersten Mal muss ich unter 6 Jahre gewesen sein, das zweite Mal war ich genau während des Brandes 1971 dort zur Kur und das letzte Mal 1978 als 13-jährige (steht auf der Rückseite eines Strandfotos). Bei der ersten und letzten Kur war ich jeweils in der Mädchengruppe, die von einer Schwester Gottfriede geleitet wurde. Sie war eine sehr strenge, absolut humorlose und unfreundliche Person, unter der alle ziemlich gelitten haben.
Rausgehende Briefe an unsere Eltern wurden zensiert, eingehende Briefe wurden auch gelesen und manche kamen nie bei mir an. Wenn meine Eltern ein „Care“-Paket mit ein paar Süßigkeiten schickten, bekam ich sie entweder gar nicht oder musste sie zwangsweise mit allen teilen.
Vor und nach jedem Essen musste gebetet werden. Man musste alles aufessen, was serviert wurde, sonst gab es mächtig Ärger. Egal wie satt ich war, ich musste aufessen.
Täglich mussten endlos lange irgendwelche Volkslieder von uns gesungen werden.
Schlafen durften wir nur in einer bestimmten Position und wehe, wenn einen die Nachtschwester erwischte, dass man anders lag oder gar weinte.
Mein jüngerer Bruder war einmal zeitgleich mit mir dort; wir durften jedoch während des Aufenthaltes keinen Kontakt zueinander haben. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass ich mich inmitten dieser vielen anderen Kinder und den Nonnen furchtbar einsam und unglücklich gefühlt und viel geweint habe, aber das durfte ich meinen Eltern nicht schreiben.
Während der zweiten Kur dort war ich in der Gruppe einer relativ netten Nonne. Der Brand des Heims war eine schreckliche Erfahrung, aber ich war froh, dass meine Eltern kamen, um mich abzuholen und die Kur so frühzeitig beendet war. Ich habe bis heute starke Angst vor Feuer und kann Brandgeruch jeglicher Intensität nicht haben.
Mehrmals pro Kur mussten wir in einem kleineren Schwimmbecken mit eiskaltem Wasser schwimmen gehen; zum Schluss war ich total blau vor lauter Kälte.
Obwohl man mich immer zum Essen gezwungen hat, war ich bei der Gewichtskontrolle am Ende der Kur immer leichter als vorher; ich denke, ich hatte einfach so viel Stress dort, dass ich gar nicht zunehmen konnte.
Die einzig positiven Dinge, die ich mit diesen Kuren in Verbindung bringe, sind Bastelarbeiten wie Makramee-Eule, Fadenbilder und das Erstellen von Briefbeschwerern mit Muscheln usw., die in Harz gegossen wurden. Außerdem fuhren wir während einer der Kuren einmal mit einer Betreuerin zu 10 Kindern in ihrem VW-Käfer zum Wellenbad. Außerdem wurde dort in einem Dachraum, der sehr sehr kalt war, etwas mit uns gemacht, was sich viele Jahre später als Autogenes Training herausstellte. Diese „geistigen Reisen“ fand ich eigentlich immer schön.
Meine Erlebnisse dort waren -verglichen mit dem, was manch Anderer dort durchgemacht hat- noch relativ harmlos. Trotzdem haben sie ihre Spuren hinterlassen, weil einfach so viel Zwang herrschte und man besonders vor Schwester Gottfriede und ihren Launen immer Angst haben musste. Nicht zu unterschätzen ist auch der Faktor, dass man als so junges Kind einfach in einen Zug gesetzt und sehr weit weg von Zuhause sechs endlos lange Wochen (eine Ewigkeit in dem Alter) mit fremden Kindern und Erwachsenen zubringen muss und man ein wahnsinniges Heimweh hat und gar nicht versteht, warum man dort sein muss.
Ich wünsche allen, die noch heute unter den Geschehnissen während der Kinderverschickung leiden, dass ihre Seele geheilt wird und die Erinnerungen keine Macht mehr über sie haben.
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Sabine schrieb am 01.07.2023
Zunächst möchte ich "Danke" sagen, dass das Thema aufgearbeitet wird. Ich habe jahrelang gedacht, ich sei hyperempfindlich und würde mich (z.B. vor Klassenfahrten) in meine Angst reinsteigern. Außerdem habe ich lange gedacht, ich sei die einzige, die solche Ereignisse schrecklich fand, wobei ich sagen muss, dass ich im Verhältnis zu vielen anderen hier, nur weniger Schreckliches erlebt habe. Aufgrund einer verschleppten Lungenentzündung wurde ich im Sommer 1975 mit 8 Jahren von NRW aus auf Kur in den Schwarzwald (mit einem Bus) geschickt (mit mehreren anderen, die über die gleiche Krankenkasse versichert waren). Wir waren in großen Gruppenschlafräumen, so dass nachdem eine Windpocken hatte, alle anderen auch erkrankten. Gegen den Juckreiz bekamen wir aus meiner Erinnerung heraus nichts. Regelmäßig wurden unsere Köpfe auf Läuse untersucht und wenn man etwas fand, wurde diese Person vor den Augen aller anderen mit einem Mittel behandelt. In den Mittagspausen durften die Älteren religiöse Bücher lesen, alle anderen mussten schlafen. Ich habe dann immer die Augen geschlossen und so getan als würde ich schlafen (auch abends/nachts bei der Kontrolle, da es sonst Ärger gab). Den Teller musste man leer essen, sonst musste man sitzen bleiben bis er leer war. Ich erinnere mich nur daran, dass ich einmal Rosinen essen sollte, die ich nicht mochte. Nach längerem alleine Sitzenbleiben am Tisch habe ich die Rosinen in den Mund genommen und auf der Toilette ausgespuckt - ich esse bis heute keine Rosinen oder Dinge, in denen Rosinen sind. Briefe nach Hause wurden zensiert, wenn etwas Negatives drin stand, wurden sie nicht abgeschickt. Meine Mutter hat nachher erzählt, dass sie sich gewundert hat, dass ich ihr Bilder geschickt habe - das war wohl mein Versuch, ihr klar zu machen, was passiert. Ich habe nach der Rückkehr (ich war 6 Wochen dort) nicht mehr ohne vorherige Angst auf Klassenfahrten fahren können und meine Kinder habe ich nie auf Ferienfreizeiten fahren lassen, nur auf Klassenfahrten, weil ich dort ja dann erlebt hatte, dass es auch anders geht. Als ich meinen Eltern erzählt habe, wie es dort war, haben sie es gar nicht wirklich geglaubt, höchstens so etwas gesagt wie "jetzt bist du ja wieder zuhause".
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Ewald aus Köln schrieb am 01.07.2023
Hallo,

nun, lange Zeit dieses Kindheitstrauma vergessen. Gott sei Dank! (Kinderheim Bethesda Bad Salzufflen)

Durch die Diskussion über diese wohl von der Intention gut gemeinten Verschickung, in der Realität aber katastrophale Umsetzung, hat mich das im Alter wieder eingeholt. Ich habe im Nachhinein eine bodenlose Verachtung über diese Einrichtung. Vielleicht kann man das als Leiden betrachten. Ich habe es aber so verarbeitet, dass ich, insbesondere gegenüber kirchlich-karitativen Einrichtungen, extrem misstrauisch bin.

Die Ursache ist nicht nur das Erlebnis in dieser Einrichtung. Verstärkend sind die aktuellen Missbrauchsfälle der Kleriker aller Konfessionen.
In meiner Studentenzeit habe ich mich intensiv mit der Rolle der Kirchen im 3.Reich beschäftigt. Die Auswirkungen der nationalsozialistischen Doktrin spiegelten sich lange Zeit in den Einrichtungen, die mit Erziehung und Rechtsauffassung zu tun hatten, wieder.
In Schulen waren sehr viele ehemalige Reichswehroffiziere als Lehrer tätig. Was sollte man auch mit denen sonst anfangen. Für die karikativen Einrichtungen galt dies als Weiterführung der Erziehungsideale des NS - und der Kaiserzeit ebenso. Die Ursache, dass Diakonissinnen solche „Erziehungsideale“ weiter praktizierten liegen dort. Ein Umdenken dieser Ideale funktionierte nur durch einen Generationenwechsel. Aber, so ganz hat das nicht funktioniert. Fälle gibt es ja heute noch zuhauf. Die breite Öffentlichkeit ist aber sensibler geworden und reagiert darauf.

Nun zu meiner Erfahrung „Bethesda“:
Aus einem sorgsamen und liebevollen Elternhaus wurde ich als schwer asthmakrankes Kind wegen einer vom Arzt angeraten Luftveränderung nach „Bethesda“ Bad Salzufflen verschickt.
Meine Wäsche wurden mit kleinen Aufnähern mit den Ziffern 13 versehen (meine Mutter war pragmatisch in diesen Dingen- andere Kinder haben bestimmt nicht diese Ziffern am Hemdchen), damit man sie in einer Gemeinschaft zuordnen kann. Nun war ich dort die Nummer 13.

Ein einschneidendes Erlebnis war das Frühstück mit eine schleimigen von einer Haut überzogenen Milchsuppe. Zu Hause hab ich sie immer abgelehnt was auch respektiert wurde. In Bethesda aber ging es dann zur Sache:
Los aufessen! Mit einem Stoß in den Rücken!

Was dann abging war der Horror. Ich erbrach mich in dieser Schüssel.
Man schubste und schleifte mich auf die Toilette. Ich wehrte mich, bekam ein Schlag ins Gesicht, so dass die Nase und die Lippe stark bluteten. Ich musste eine lange Zeit in der Toilettenkabine verbringen. Anschließen musste ich ins Bett. Das Bett wurde natürlich blutig. Dann ging es abermals los. Ich musste das Bett abziehen und wurde als hoffungsloser Nichtsnutz beschimpft.

Da ich untergewichtig war versuchte man es mit einer Mastkur. Nachmittags mussten alle Kinder in einer Freilufthalle für ca. 1 Stunde auf Liegen verbringen. Man musste die Augen geschlossen halten. Bei einer Zuwiderhandlung ging direkt das Theater und Gezeter los.
Die untergewichtigen mageren Kinder mussten den ganzen Nachmittag auf diesen Liegen verbringen Man versprach sich dadurch wohl eine Gewichtszunahme dadurch.
Zum Glück hatten 3 oder 4 Jungs dann etwas Freiraum um z.B. Bücher zu lesen und sich über diese miese Behandlung auszuquatschen. Die anderen Kinder unternahmen irgendwelche Ausflüge mit der Diakonissin und ihrer Hilfskraft. Päckchen und Briefe von den Eltern wurden einbehalten. Kontakte sollten in dieser Zeit nicht stattfinden. Meine Großmutter wohnte in Salzufflen. Sie erschien einmal und wollte mich sehen, da meine Eltern, die in Köln wohnten sich Sorgen machten, da man nichts von mir hörte. Nun die Großmutter war sehr robust und hatte einen heftigen Auftritt im Eingangsbereich veranstaltet. Ich bekam den lauten Disput mit. Die Tafel Schokolade, die sie mir mitbrachte, konnte sie nicht überreichen.

Die Hilfskraft, eine junge Frau, die sich zu nichts äußerte, stand kurz vor der Verlobung oder Hochzeit. Viele Kinder hatten von zu Hause aus etwas Taschengeld mit auf den Weg ins Unbekannte bekommen. Das Geld wurde natürlich von den „Schwarzen-Pädagogen“ einbehalten. Man teilte uns mit, dass wir uns an einem Geschenk für diese Hilfskraft beteiligen müssen. Also wurde mit von unserem Taschengeld, über das wir nicht verfügen durften, eben ein gemeinsames Geschenk gekauft. Ich glaube, es war ein kleines Transistorradio, die damals auf den Markt kamen.

Abschließend möchte ich hier sagen: die Erlebnisse mit Geldansprüchen „wiedergutzumachen“, halte ich für mich persönlich für den falschen Weg.
Meine Erklärung der Ursachen einer solchen Behandlung ist in der Nachkriegsgesellschaft begründet. Dies habe ich vorab dargelegt. Mir bleibt nur -wie schon Anfangs gesagt- eine abgrundtiefe Verachtung der beteiligten Diakonissen. Kirchliche Einrichtungen sind mir bis heute durch ihre Scheinheiligkeit sehr hinterfragungswürdig, um nicht zu sagen suspekt.
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Monika aus Lörrach schrieb am 30.06.2023
Ich wurde nach überstandener Meningitis, zur Erholung 6 Wochen verschickt.
Das schlimmste waren die Nächte. Man durfte nicht zur Toilette. Vor dem Zimmer saß eine Tante zur Aufsicht.
Ich habe fast jede Nacht eingenäßt, und dann am Rand ohne Decke, geschlafen, damit das Bett bis zum Morgen trocken wurde.
Briefe an Zuhause durften nichts negatives enthalten.
Es mußte alles gegessen werden, notfalls saß man Stundenlang. Bis heute kann ich Quarkspeise nicht essen.
Als die getragene Unterwäsche verbraucht war, musste ich die getragenen Schlüpfen anziehen.
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Sybille Wehrle aus 79780 Stühlingen schrieb am 29.06.2023
Ich war 1962 mit knapp sechs Jahren im Heim Concordia auf Borkum. Noch immer ist mir der Name der Leiterin im Gedächtnis. Frau Meibert.
Wir bekamen sehr wenig zu trinken, hatten immer Durst.Nach dem Mittagessen mussten wir am Tisch Mittagsruhe halten. Den Kopf auf die verschränkten Arme legen, wehe man hat den Kopf gehoben. Für mich war ausser Heimweh am schlimmsten, dass ich nicht alleine zur Toilette gehen konnte. Wenn man an einem Tag keinen Stuhlgang hatte, musste man ein Glas Meerwasser trinken. Ich bin sehr still und angepasst wieder nach Hause gekommen. Es hat lange gedauert, bis ich wieder mehr Lebensfreude bekam und ich mich traute meine Meinung zu sagen.
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Maria aus Köln schrieb am 29.06.2023
Wir waren 5 Kinder zu Hause. Jahrgang 1948, 1952, 1958 1961 und1964. Und vier von uns einschließlich ich ,waren mehrfach in den sogenannten Kindererholungsheimen. Immer für ca. 6 Wochen
Das erste mal war ich mit zweieinhalb/ drei Jahren auf Norderney. 1963/64. Das letzte mal Anfang der 70 er Jahr. Insgesamt 5 mal.
Mein älterer Bruder meint es wäre jedes Jahr gewesen.
Leider oder vielleicht sogar Gott sei Dank kann ich mich nicht an mehr erinnern. Auch nicht wie die Kurheime hießen,

Ich selber bin ein sehr ernster Mensch. Ständig sehe ich in allem zuerst die Gefahr und das Böse. Es fällt mir schwer Nähe zu zu lassen und fühle mich mein leben lang minderwertig.
Positiv zu denken fällt mir schwer.

Norderney
Hier war ich das erste mal in Kinderkur zusammen mit meinen beiden Brüdern. Der älteste muss 11/12Jahre gewesen sein und der jüngere ca, 5-6Jahre. ich war ca. 2 oder 3Jahre alt.
Hier herrschten die Pinguine( Nonnen).
Es herrschte ein Befehlston und eisige Kälte.
Sie hatten ihre eigenen Regeln. Wir konnten gar nicht richtig machen!!! So habe ich es empfunden.
Dieses Ständige beten beim aufstehen und zu Bett gehen, vor jeder Mahlzeit.
Zu essen gab es nach meinen Erinnerungen immer einen dicken Klumpen Grießbrei mit Rosinen.
Weil es so viele Rosinen waren habe ich sie auf dem Teller an den Rand gelegt. Ich musste sie trotzdem alle essen. Und als ich erwischt wurde wie ich die Rosinen heimlich in meine Schürzentasche steckt und sie den Möwen beim Strandspaziergang verfütterte war der Teufel los. Ab da wurden mir die Rosinen öfter mal pur in den Mund gestopft.
Rosinen konnte ich Jahrelang nicht mehr essen oder riechen.

Mein Bruder meint er wäre mit mir 2 mal da gewesen. Ich weiß es nicht mehr.

Wenn ich Nonnen sehe bekomme ich Beklemmungen und es steigt eine Wut in mir hoch.
In der Kirche war ich das letzte mal vor 15 Jahren zur Taufe meines Großneffen. Ich habe die Kirche panikartig verlassen. Habe kaum Luft bekommen und musste mich übergeben.
Alles was mit Kirche zu tun hat, ist für mich ein rotes Tuch.



Oberstdorf In der Nähe von der Skisprunganlage ( wir mussten dann den Berg runter)
Ich erinnere mich an den täglichen ca. 2stündigen Mittagsschlaf (egal wie alt die Kinder waren) Wir lagen auf den langen Balkonen auf Liegestühlen im Sommer und auch im Winter ( ich war zweimal da) feste in Decken eingewickelt, so das wir uns nicht rühren konnten.
Es durfte nicht mehr gesprochen oder geflüstert geschweige denn gelacht werden. Dafür gab es dann Strafen.

Besonders hat es ein Mädchen getroffen, es war mit seiner älteren Schwester da. Die kleine war eine schlechte Esserin und machte ab und an noch ins Bett.

Ihr wurde abends vor versammelter Mannschaft eine Stoffwindel (mit Sicherheitsnadel) angezogen und dazu hat die „Tante“ sie ganz schlimm beleidigt. Morgens wurde sie sehr oft über das Knie gelegt und mit einem Schlappen wurde ihr auf den Hintern gehauen. Wir mussten zusehen.
Auch beim Essen hat sie immer wieder Probleme mit den „Tanten bekommen.
Beim Essen durfte man nicht aufstehen, auch nicht zur Toilette.

Eine Szene die mich bis heute verfolgt ist als sie nicht aufessen konnte und wir alle zusehen mussten wie sie das Essen hineingestopft bekam, sich dann übergeben hat und das Erbrochenen unter Androhung ihr eine Spritze zu geben ( die wurde aus dem Schrank geholt und auf den Tisch gelegt) wenn sie nicht ihre eigene Kotze aufisst.
Wir durften aufstehen und den Speisesaal verlassen, wenn alle Kinder mit Essen fertig waren.

Die Erzieherin öffneten die Pakete der Kinder im Speisesaal, der Inhalt wurde einbehalten und /oder an uns alle verteilt. Auch die Post die wir bekamen wurde im Speisesaal vorgelesen.
Briefe und Postkarten die wir geschrieben haben wurden gelesen und wenn der Inhalt nicht deren Wunsch entsprach, setzte es eine und wir mussten einen neuen schreiben der von den Tanten diktiert wurde.

Das erste mal war ich alleine dort. Beim zweiten mal wußte ich ja was auf mich zukommt. Diesmal fuhr meine 4 Jahre jüngere Schwester mit. Sie war eine schlechte Esserin hatte Rachitis und sah sehr mager aus. Ich nahm mir vor auf sie aufzupassen und sie zu beschützen!!!!!!

Ich war ständig in Habachtstellung. Bloß nicht auffallen. Unsichtbar machen.
Dies habe ich sehr lange Zeit meines Lebens so beibehalten.

Und dann war ich noch in Manderscheid. Da war ich schon älter. Meine Schwester war auch mit.
Dort habe ich mich mit einem Mädchen ( ich glaube sie hieß Birgit, Brigitteoder Barbara). Unsere Betten standen nebeneinander.
Auch hier waren Demütigungen an der Tagesordnung. Aber alles nicht zu vergleichen mit Norderney und Oberstdorf.

Mit 23/24 Jahren habe ich meine erste Therapie gemacht. Es folgten weitere. Doch erst vor einigen Jahren wurde mir Bewusst das einiges auch mit den Verschickungen zu tun hat.

Ich habe nur Negativ Erinnerungen - nichts, rein gar nichts Positives.

Gerne würde ich andere Betroffene kennenlernen die an den gleichen Orten waren, wie ich.
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Hassenpflug, Dagmar aus Ahnatal schrieb am 29.06.2023
Hallo Soffia,
ich war in 1962 im Alter von 9 Jahren im Haus Tanneck und wurde seinerzeit über das Bundesbahnsozialwerk (BSW) dorthin vermittelt.

Das Haus gehört offenbar auch heute noch dem BSW und hat die Adresse Olhörnweg 32, das konnte ich soeben über Googlemaps feststellen.
Falls du noch immer auf der Suche bist, kannst du mich gern kontaktieren.
Freundliche Grüße
Dagmar Hassenpflug
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Cornelia Zenker-Werner aus Ulm schrieb am 29.06.2023
Leider habe ich wenig Erinnerungen an diese Zeit. Ich wurde mit ca. 7 Jahren wegen chronischer Nebenhoehlenentzuendung dorthin von Ulm aus verschickt. Erinnere mich nicht mehr gut an diese Zeit, hatte aber furchtbares Heimweh. Ich schrieb dies auch nach Hause und habe die Briefe, die von der Heimleitung zensiert wurden noch. An den grausigen Haferschleim zum Fruehstueck erinnere ich mich und an die eingenaehten Namensetiketten in allen mitgebrachten Kleidungsstuecken.
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Mike schrieb am 29.06.2023
1969 Niendorf, Alter 5-6 Jahre. Grund Untergewicht.
Das anscheinend übliche ist mir am deutlichsten in Erinnerung, weil es wohl eine tägliche Prozedur war: Undefinierten billigen Schleim essen, Teller ablecken, dann erbrechen, nochmal essen.
Danach 1 Stunde den Kopf auf den Tisch legen als Mittagsruhe. Schläge bei Bewegung oder Kopf anheben.
Insgesamt bestand der Aufenthalt aus Schlägen, Zwang, Demütigungen und Diebstahl vom christlichen Personal. Einzelne Erlebnisse möchte ich nicht beschreiben, verfüge jedoch auch über einen kompletten Bericht.

Die Eltern berichteten, dass ich nach der Rückreise monatelang nicht mehr gesprochen habe, seitdem geistesabwesend bin, nachts um Hilfe schreie und mich ständig verfolgt fühle.
Meine Mutter hat versucht der Angelegenheit auf den Grund zu gehen, ist aber nicht weiter gelangt als zu den ebenso Ahnungslosen: Dem Arzt und die örtliche Krankenversicherung.
Der Grundstein für eine bislang lebenslange psychische Erkrankung wurde gelegt.
Massive soziale Phobie, Depressionen, Mißtrauen gegenüber anderen Menschen, paranoide Persönlichkeitsstörung.
Insgesamt 7 Jahre in psychiatrischen kliniken. Unzählige Suizidversuche. 35 Jahre lang das Haus nicht verlassen, keine sozialen Kontakte, Frührentner.

Anfang der 90er Jahre habe ich erstmals ausführlich im web von den Erlebnissen berichtet.
Mir ist daran gelegen, dass dieser dunkle Fleck in der Geschichte unverfälscht dokumentiert wird, ausgehend von niederträchtigen Christen, durchgeführt von Einzelstraftätern.
Mehr können die Betroffenen nicht erwarten, denke ich. Auf Entschuldigungen kann komplett verzichten.
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Michael Rupalla aus Brühl , Rheinl schrieb am 28.06.2023
Ich wurde über das Sozialwerk der Bundesbahn verschickt. Den Kinderausweis dazu habe ich noch. Das Jahr ist mir nicht mehr geläufig. Es war wahrscheinlich in meinem 5ten Lebensjahr .Ich bin 1953 geboren .
Ich mußte allein die Reise aus Stuttgart antreten.
Der Grund war meine Unterernährung.
Dort erwartete mich die Hölle.
Das Hauptgericht in dieser Zeit war Blumenkohl, was ich immer schon hasste. Zudem aß ich damals sowieso zu wenig. Wenn ich nicht meinen Blumenkohl aufgegessen hatte, wurde ich ins Schwesternzimmer geführt und mir wurde mitteils eines Schlauches Nudelsuppe eingetrichtert. Wenn der Schlauch wieder gezogen wurde, war die Nudelsuppe auch wieder draußen. Des Nachts, mußten wir mit den Händen auf der Bettdecke schlafen um nichts böses zu machen.
Wurdest du trotzdem beim Schlafen mit der Hand unter der DEcke erwischt, wurdest du ans Bett gefesselt.
Ich wurde nach 3 Wochen vorzeitig nach Hause geschickt, da sie nicht wollten daß ich im Heim sterbe, da ich weiter abgenommen hatte.
Es war nicht das schlimmste was mich in meinem Leben erwartete, aber damals ein absoluter Schock , der der erste Schritt zur Distanzierung von meinen Eltern war.
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Kai Borwig aus Bad Bleiberg schrieb am 28.06.2023
ich bin als 4-5 Jähriger Junge mehrfach nach Amrum und Sylt verschickt worden und habe dort in den Unterbringungsstätten traumatisches erlebt. Die Erinnerungen plagen mich bis heute. Mein Bruder, der zwei Jahre älter war wurde zu Pflegeeltern gebracht und ich hatte jahrelang keinen Kontakt mit ihm. Erst in der Schulzeit war mir dann bewusst dass ich einen Bruder hatte, da er dann wieder zu Hause bei meiner alleinerziehenden Mutter war. In den Verschickungsheimen ging es sehr streng zu. Mann durfte Nachts nicht auf die Toilette und dies wurde auch bewacht. Und wenn man dann ins Bett urinierte wurde man brutal gemassregelt. Zum Essen gab es meist nur Senfsuppe mit einem gekochten Ei; karge Kost halt. Gespielt haben wir garnicht . Dafür gab es lange Wanderungen in der rauhen Nordseewitterung. Ich kann mich noch an die aufpeitschende Gischt bei Sturm erinnern. Alles in allem war ich mehrfach wochenlang, wenn nicht sogar gefühlt monatelang allein und es war einfach eine schlimme Erfahrung, deren Bilder mir immer noch im Kopf herumspuken und mich quälen.
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Birgit Wagner aus München schrieb am 27.06.2023
Ich war 1977 in einem Kindekurheim in Bad Wörishofen ( den Namen des Heimes weiß ich nicht mehr) zum abnehmen. Es wurde von Nonnen liebevoll geführt, an eine kann ich mich noch sehr gut erinnern die besonders nett, geduldig und einfühlsam war. Es gab keine Strafen, ich hab nur gute Erinnerungen daran.
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Helmut Cilleßen schrieb am 27.06.2023
Ich sehe gerade die Sendung Planet-Wissen über die Verschickungen. Mir fällt auf, dass unerwähnt bleibt, dass auch Arbeitgeber in die Organisation der Verschickungen involviert waren. In meinem Fall der Arbeitgeber meines Vaters, die "fMargerine-Union" (Unilever) in Kleve (NRW).
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Erhard Schurmann aus 59399 Olfen schrieb am 27.06.2023
Hallo zusammen,
ich wurde 01.02.1955 geboren und war insgesamt 2-mal zu den sogenannten „Verschickungsheimen“. 1963 bin ich für 6 Wochen nach Freudenstadt geschickt worden um an Gewicht und Hautfarbe zuzulegen. Vorweggesagt, es war für mich die Hölle!
Gleich am ersten Tag wurden uns Kinder mitgeteilt wie schlimm der Krieg war und wie Froh wir sein sollte, dass wir genug zu essen haben. Die Schwester Oberst oder so hat uns sicher 20 Minuten eingeheizt. Jedes Kind musste zu Mittag mind. 2 Teller vollessen. Eine Schwester hat die Teller gefüllt und darauf geachtet, dass wir auch reichlich von dem „Fraß“ gegessen haben. Ich erinnere mich sehr gut an einem Tag an dem ich keinen Hunger hatte und vor dem vollen Teller saß und versucht hatte das Essen zu entsorgen. Keine Chance, wir wurden beobachtet. Die lange Holzbank auf dem ich saß wurde langsam hart und ungemütlich. In einem unbeobachteten Augenblick habe ich den Telle unter der Band entleert. Ich wurde erwischt um musste noch mal einen Teller essen. Bis in die Nacht hinein saß ich im Speisesaal vor dem Teller. Schließlich hat eine andere Schwester mir den Teller entleert und ich durfte gehen.
Selbst die Toilettenbenutzung war geregelt. Ein Abend musste ich groß um wollte zur Toilette. Am Ende des langen Flures saß an einem Schreibtisch eine Schwester, die alles im Blick hatte. Niemand konnte so einfach aus dem Zimmer gehen. Nach dem ich mehrfach gebeten hatte die Toilette zu besuchen habe ich einen großen Haufen neben mein Bett gemacht. Unglaublich aber der Gang zur Toilette wurde mir verboten. Am nächsten Morgen war die Überraschung groß, ich wurde öffentlich vorgeführt und durfte nicht spielen. Allein vor dem Zimmer im langen Flur musste ich etwa 1 m zur Wand stehen und durfte nicht sprechen. Die ganze Aktion dauerte ca. 3-4 Stunden.
Die schlimmste Zeit meindes Leben......
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Jutta Schottstedt aus Rodenberg schrieb am 27.06.2023
Ich wurde 1967 als 8-jährige von der Gemeinde Kreuztal/Westf. in ein Kindererholungsheim in Nienburg/Ostsee verschickt. Zuvor war ich längere Zeit im Winter 1966/67 im Kreiskrankenhaus in Siegen mit Tuberkulose auf einer Isolierstation. Der Kuraufenthalt war im Anschluss daran. Ich hatte bei der Krankenhaus-Entlassung Keuchhusten und Untergewicht. Durch den Kuraufenthalt hatten sich meine Symptome verschlechtert und ich konnte deshalb erst einmal danach auch nicht mehr in die Schule gehen und versäumte so nach Lücken im 2. Schuljahr auch noch das gesamte 3. Schuljahr. Hätte meine Großmutter mich damals nicht aufgenommen, wäre ich aufgrund der Abwesenheit der Eltern - von der Kur sicher in ein weiteres "Erholungsheim" geraten.

Mein Problem bei dem Kuraufenthalt war, dass ich immer beim Mittagsschlaf husten musste und so die anderen Kinder im Schlafsaal störte. Ich wurde also im Flur mit dem Gesicht zur Wand an die Wand gestellt - mit einer muffigen grauen Decke über dem Kopf. Als das Husten sich verstärkte und auch immer noch hörbar war, wurde ich ohne Decke in Unterwäsche in den Waschraum gesperrt und erst am Ende der Mittagsruhe wieder herausgeholt. Dies war so über den gesamten Kuraufenthalt. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der ranzige Deckengeruch und das Signallied für den Beginn und das Ende der Mittagsruhe: Puppet on a String von Sandie Shaw.
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Mika (damals anderer Vorname) schrieb am 27.06.2023
Überwiegend positive Erinnerungen:
Ich war im Vorschulalter zwei Mal aus mir unbekannten Gründen zur Kinderverschickung (nach Erinnerung meiner Mutter wohl jeweils 2 Wochen). Ich habe nur sehr bruckstückhafte Erinnerungen daran. Aber auch wenn mir dort nicht immer alles uneingeschränkt gefiel, war es dort besser als zuhause, denn im Gegensatz zu meiner Mutter waren die Erzieherinnen/"Tanten" berechenbar, behandelten alle Kinder gleich und lächelten mich auch mal an. Dort fühlte ich mich akzeptiert, so wie ich war. Ich fühlte mich dort gut aufgehoben, habe keinerlei Erinnerungen an Strafen (in Bad Harzburg mussten diejenigen, die nach dem Mittagessen die Mittagsruhe/den Mittagsschlaf nicht einhielten, still im zentralen Speisesaal sitzen, damit die anderen ungestört schlafen konnten. Das war mir 1x passiert, vorsätzlich, weil ich auch mal draußen sitzen wollte während des Mittagsschlafs. Es war überhaupt nicht schlimm. In Bad Harzburg wurde ich einmal zum Essen gezwungen, bis ich das Essen nach wenigen Bissen auf meinen Teller erbrach. Ich erinnere mich, dass dort auch andere Kinder zum Essen gezwungen wurden durch Nase zuhalten. Bei einem 2. Mal bekamen sie meine Nase nicht zu fassen, weil ich meinen Kopf zu schnell schüttelte. Da hatten sie schließlich aufgegeben. Ich fand es "dumm" von den Erzieherinnen, dass sie meinen Kopf nicht festgehalten hatten, um meine Nase zu packen. Da ich zuhause schon gelernt hatte, dass Essen nicht verschwendet werden darf, hatte ich Verständnis dafür, dass es den Erzieherinnen wichtig war, dass die Teller geleert wurden. Als Kind empfand ich das deshalb nicht wirklich als schlimm, sondern nur als "blöd". So weit ich mich erinnern kann, wurde ich niemals Zeuge von Schlägen, Einsperren, Demütigungen oder Anschreien in einem der beiden Kindererholungsheime. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Heimweh.
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Barbara Thorborg aus Königstein schrieb am 27.06.2023
Mit 9 Jahren bin ich für 6 Wochen in obiges Heim verschickt worden. Wir waren dort zusammen mit Berliner Kindern. Schlafen im Schlafsaal mit über 20 Kindern, wir wurden gezwungen ekliges Müsli zu essen, morgens bei eisigem Wind in Turnzeug Gymnastik auf der Promenade, nachmittags Zwang zu stummer Liegekur, einmal wöchentlich in das langweilige Wäldchen, einmal wöchentlich Entlausung, ständige Beobachtung und Angst vor Fräulein Fritzke. Ich habe alle meine Ängste in die Briefe an meine Eltern geschrieben, nur leider sind diese Briefe niemals bei ihnen angekommen.
Um mich von all diesen schlechten Erinnerungen zu befreien, bin ich im Alter von ca. 50 Jahren extra nach Föhr gefahren, habe aber feststellen müssen, dass das Hamburger Kinderheim noch genauso bedrohlich dort steht, voll mit schreienden Kinder.
Diese Reise hat mir nicht geholfen.
Jetzt bin ich 79 Jahre alt und die Erinnerungen überfallen mich schlimmer denn je, auch durch die mittlerweile versuchte Aufarbeitung in den Medien.
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Birgit aus Wuppertal schrieb am 26.06.2023
Ich habe leider kaum bis keine Erinnerung an diese Zeit. Nur, dass ich sehr krank nach Hause gekommen bin mit Furunkeln an der Haut und völlig abgemagert. Ich kann mich an meinen Schlafsaal erinnern und daran, dass ich starkes Heimweh hatte und viel geweint habe.
Zu essen gab es sehr oft Kartoffelpüree mit Roter Beete. Ekelhaft.
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Noreen aus Bad Belzig schrieb am 25.06.2023
Ich war im Herbst 1972 für vier Wochen zur Kur auf dem Ettersberg. Ich war damals fünf Jahre alt, häufig krank und eher dünn. Ich sollte vor der Schule wohl noch etwas „aufgepäppelt“ werden. Ich war kein Kind, das gern weg von den Eltern war, höchstens mal bei den Großeltern. Daher habe ich auch schon beim Abschied schrecklich geweint. Ich habe nur einzelne Erinnerungsfragmente:
Das Schlimmste war das Essen. Ich hatte einen Ekel vor Milch und Milchbrei etc. Schon vom Geruch warmer Milch wurde mir schlecht. Aber dort musste ich Milch trinken bzw. Milchbrei essen. Als ich mich weigerte, wurde mir der Milchbrei von der Erzieherin „reingestopft“. Ich habe ihn erbrochen, bekam einen Schlag auf den Mund und dann wurde mir das Erbrochene wieder reingestopft. Sie hatten da trotz meiner Tränen kein Erbarmen.
Ich erinnere mich an einen eher großen Schlafraum, in dem mein Bett irgendwie in der Mitte stand, also nicht an einer Wand. Während der Mittagsruhe spielte ich leise mit meinem Plüschhund. Eine Aufseherin bemerkte das, riss ihn mir aus der Hand und warf ihn in meinen Koffer, der unter dem Bett stand. Der Kopf des Hundes hing noch raus, als sie den Deckel des Koffers zuschlug. Dadurch wurde der Kopf abgetrennt. Sie ließ ihn einfach liegen. Zum Glück hat eins der älteren Mädchen ihn später wieder angenäht.
Überhaupt haben sich die älteren Mädchen öfter um uns Kleine gekümmert. Ich konnte ja noch nicht schreiben und die älteren Mädchen haben dann für mich Briefe geschrieben, die ich ihnen diktierte. Ich schrieb nach Hause, dass es sehr schrecklich sei und dass meine Eltern doch bitte kommen und mich abholen sollten, dass ich ansonsten versuchen würde, abzuhauen. Wir ahnten nicht, dass diese Briefe nie zuhause ankamen. Und ich fühlte mich von meinen Eltern im Stich gelassen, weil sie nicht kamen und in ihren Briefen auch nicht darauf eingingen, dass es mir schlecht ging.
Die Schränke, in denen unsere Sachen verstaut waren, sind in meiner Erinnerung sehr hoch gewesen, so dass ich als Fünfjährige nicht allein an mein Fach kam. Daher wurden einem die Sachen, die man anziehen sollte, von der Erzieherin rausgegeben. Man hatte eine Schürze mitbringen sollen. Ich hasste Schürzen, vor allem diese Kunststoffkittel. Aber ich bekam ab und zu Sachen von einer Groß-Cousine aus Westberlin und da war eine rote Baumwoll-Schürze dabei, die ich mochte. Meine Mutter hatte mir die dann auch extra eingepackt. Die Erzieherin beschimpfte mich, warum ich keine Schürze dabei hätte. Ich sagte, dass ich doch eine Schürze hätte und zeigte sie ihr. Aber die Erzieherin war der Meinung, das sei keine Schürze, sondern ein Kleid und ich durfte sie nicht anziehen. Statt dessen bekam ich einen Kunststoff-Kittel von dort, vor dem ich mich ekelte.
Wir gingen auch viel bei trübem feuchten Wetter spazieren. Aus irgendeinem Grund bekam man Gummistiefel vom Heim. Einer von meinen war undicht und ich hatte immer kalte nasse Füße.
Wenige Tage vor der Abreise hieß es plötzlich, wir könnten nicht nach Hause, weil irgendeine ansteckende Erkrankung aufgetreten sei. Ich hatte schreckliche Angst, jetzt noch länger dableiben zu müssen. Aber das war dann zum Glück doch nicht der Fall. Meine Mutter erzählte mir, als ich aus dem Bus stieg, wäre ich laut weinend auf sie zugelaufen und die konnte mich nur schwer beruhigen.
Mit Anfang 30 bin ich mit meinem Mann in Weimar gewesen und wir haben das Heim gesucht. Ich habe es sofort wieder erkannt, obwohl ich nie ein Foto davon hatte. Als wir das Gebäude betraten, wurde mir plötzlich ganz komisch, ich begann zu zittern und musste heftig weinen. Und es kamen weitere verschwommene Bilder (u.a. an ein Arztzimmer im Obergeschoss und eine Art geschlossene Veranda) hoch. Aber ohne Erinnerungen an konkrete Erlebnisse, sondern nur Gefühle von Angst/Unsicherheit.
Mit dieser heftigen Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Eigentlich war das Thema für mich längst erledigt. Aber aufgrund dieser heftigen Reaktion wurde mir klar, dass das all die Jahre in mir „gearbeitet“ hat.
Ich wollte später viele Jahre lang nicht auf Klassenfahrt oder in Ferienlager fahren. Es wurde als Jugendliche dann etwas besser. Aber
noch heute meide ich nach Möglichkeit Aufenthalte in Einrichtungen mit organisiertem/vorgegebenen Tagesablauf.
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Marianne V. schrieb am 20.06.2023
Das Erholungsheim Schloss Sandizell wurde damals teilweise von der Arbeiterwohlfahrt angemietet. Ich wurde auf Anraten des Hausarztes verschickt, weil ich zu dünn war. Ich war 12 Jahre alt.
Wir wurden von Studentinnen betreut, die sehr liebevoll waren. Sie machten Spiele mit uns, lasen uns täglich aus einem Buch vor, aus dem jeden Tag
weiter gelesen wurde: Im Garten, im Schwimmbad oder beim Beerenpflücken im Wald. Ich weiß heute noch , dass es Daddy Longbein hieß.
Am Abend, um 19.00 Uhr, trafen wir uns täglich auf der Brücke, die über den Wassergraben führte, um bei Gitarrenbegleitung Abendlieder zu singen. Es gab eine Bibliothek mit Kinderbücher zum Ausleihen und es wurde ein Theaterstück geprobt, bei der ich eine von vier Rollen bekam.
Wir mochten unsere Tanten sehr, nicht nur weil sie uns täglich einen Gute Nachtkuss gaben. Lediglich beim Essen hörte auch bei uns der Spaß auf. Bei den wöchentlichen ärztlichen Untersuchungen und den Gewichtskontrollen versagte ich regelmäßig.
Das bescherte mir Extraportionen, die ich nicht essen konnte. Ich versuchte es mit „Bauchschmerzen „ und „Unwohlsein „, das mir aber nichts nützte. Ich wurde dann als Lügnerin aufs Zimmer geschickt und jeweils vom Abendsingen ausgeschlossen. Zugenommen habe ich am Ende trotzdem nur ein halbes Pfund.
Nach der Kindererholung kam ich in ein Internat. Dort hatte ich ebenfalls Probleme mit dem Essen.Erst als Erwachsene konnte ich einen Zusammenhang erkennen.Ich hatte eine Essstörung entwickelt. Dafür gab es damals noch kein Wort, aber übergeben musste ich mich nach dem Essen regelmäßig.
Mit dieser Störung blieb man damals allein.
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Caterina aus Koeln schrieb am 18.06.2023
Ich war im Jahr 1970 oder 1971 für 6 Wochen im Haus Bernward in Oberkassel, damals war ich 5 oder 6 Jahre alt und hatte Atemwegsprobleme.
Ich kann mich noch gut erinnern, dass im ganzen Haus eine Atmosphäre der Angst herrschte.
Wir mussten jeden Tag 2 Minuten unter die ¨Höhensonne" und mussten uns Sonnencreme und Schutzbrille aufziehen. Dies wurde wahrscheinlich gemacht, damit wir eine "gesunde" Gesichtsfarbe bekamen, wenn die Eltern uns abholten. Wenn wir einander helfen wollten, die Sonnencreme im Gesicht aufzutragen, wurden wir geschlagen, mit dem Kommentar: "Lass das, die kann das alleine!"
Bei Mittagsschlaf, wenn jemand nicht schlief oder sogar aufstand, wurde er/sie ebenfalls geschlagen. Ansonsten kann ich mich noch gut an eine besondere Demütigung erinnern. Ich wurde als "Hexe" verkleidet und bekam am Rücken einen Buckel unter meinen Pullover gesteckt. Die anderen Kinder sollten mich auslachen und ausgrenzen.
Als meine Mutter mich abholte, habe ich sie zuerst gar nicht mehr erkannt. Ich kann mich noch an die Rückfahrt nach Hause erinnern, ich war total schweigsam.
Hinterher bin ich mit meiner Mutter noch einmal dorthin gefahren, weil ich etwas vergessen hatte. Die Aufseherinnen, besonders die Oberin, waren total nett, als wir ankamen. Ich bekam sogar noch Glanzbildchen mitgegeben, meine Mutter konnte mir und meinen Berichten gar nicht glauben, dass ich dort so unglücklich war! Sehr perfide, was mit uns gemacht wurde.
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Bianca aus Iserlohn schrieb am 17.06.2023
Ich dachte, das das alles nur mir passiert ist. Das ich schuld bin. Beziehungen und Freundschaften konnte ich nicht aufrechterhalten. Ich kann damit nicht abschließen. Ich möchte nicht in eine Klinik! Klar Depressionen und Vereinsamung. Ich arbeite im sozialen Beruf und helfe anderen Menschen. Mein Leid sieht niemand. Ich bin alleine. Ich habe wieder eine Partnerschaft und Kontakte zur Familie, nach so vielen Jahren. Aber niemand redet mit mir über diese schreckliche Sache. LG Bianca
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Claudia Höver aus Calw schrieb am 17.06.2023
Ich war dort mit meinem 5 - jährigen Bruder. Was ich noch weiß oder mir mein Bruder erzählt hat:
- wir wurden gezwungen Salzwasser zu trinken
- man mußte am Tisch sitzen bleiben bis der Teller leer war
- wer ins Bett gemacht hat, wurde bestraft und bloßgestellt
- wenn man krank war kam man in eine seperate Krankenstation (ich wurde gleich zu Beginn der Kur krank, habe daran aber keine Erinnerung mehr)
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Dohn schrieb am 17.06.2023
Es gibt eine klare Benennung des Verantwortlichen des Köhlbrand in St Peter Ording: Hugo Kraas. Und sein Sohn Godber Kraas. Da kann man also die Familien der Verantwortlichen dingfest machen und sie mit ihrem Vermögen zur Verantwortung und zur Entschädigung heranziehen. Enteignen. Bestrafen.
Bitte auch endlich endlich nach den "Tanten" suchen, die noch leben, und sie ebenfalls strafrechtlich für ihre Taten zur Verantwortung ziehen. Mögen sie ähnliches heute im Pflegeheim erleiden. Man sieht sich immer 2x im Leben. Ihr schlimmster Albtraum soll wahr werden. Denn den haben sie über Jahrzehnte Tausenden von Kindern selber zugefügt. Für ein Leben lang. Jetzt wird der Spieß endlich umgedreht.
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Torsten S. aus Berlin schrieb am 15.06.2023
Das Thema Kur begleitet mich schon sehr lange. Immer wenn irgendwo darüber gesprochen wurde, fiel mir sofort mein Aufenthalt dort ein. Ich sagte dann meistens, für mich war das eine Erziehungsmaßnahme getarnt als Ernährungskur. Bisher dachte ich, dass ich diese Zeit immer etwas überdramatisiert in Erinnerung habe. Bis ich auf die vielen Erfahrungsberichte gestoßen bin. Nun weiß ich, es ging scheinbar vielen anderen ähnlich. Seitdem ich dies nun weiß, lässt mich das Thema nicht mehr los. Daher habe ich beschlossen, meine Erinnerungen mitzuteilen.

In Meura war ich von Oktober – November 1988 mit damals 10 Jahren. Ich weiß noch, dass irgendwann vorher in der Schule Ärzte waren, die uns alle einzeln anschauten und mit uns redeten. Dort wurde ich damals, soweit es mir in Erinnerung ist, gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, mal zu einer Kur zu fahren. Ich weiß noch, dass ich fragte, wie lange denn so was dauert und ich trotz der gesagt bekommenen Aufenthaltszeit die Frage dann scheinbar bejahte. Da ich auch schon im Ferienlager sehr starkes Heimweh hatte, hätte ich wohl besser nein sagen sollen. Ob meine persönliche Entscheidung Einfluss auf den anstehenden Kuraufenthalt hatte kann ich nicht sagen. Meine Eltern wissen leider auch nicht mehr wie genau das damals eigentlich zu Stande kam.
Wie schnell die Entscheidung viel kann ich nicht mehr genau sagen, aber es ging wohl recht schnell. Ein weiterer Freund aus meiner Klasse und ich wurden für eine Kur ausgewählt. Aus heutiger Sicht wohl eher wegen des schlechten Betragens in der Schule als wegen schlechter körperlicher Entwicklung. Den genauen Grund weiß aber leider niemand mehr sicher.

Am Abfahrtstag wurden wir in Berlin-Lichtenberg in Reisebusse gesetzt und führen dann etwa 7 Stunden bis nach Meura. Ich kann noch gut die Tränen in den Augen meiner Mutter sehen, als der Bus losfuhr.
Als wir angekommen waren, sind wir mit unseren Reisetaschen auf unsere Zimmer gegangen und haben die Taschen ausgepackt. Dabei wurden uns alle Süßigkeiten, die wir mitbekommen haben, abgenommen. Soweit ich mich erinnere, wurden diese auch nicht mehr zurückgeben. Als Ausgleich gab es einmal die Woche ein Riegel von einer Tafel Schokolade. Ansonsten gab es noch manchmal zum Frühstück Marmelade. Diese durfte man mit Knäckebrot essen, jedoch nur, wenn man zuvor zwei Schwarzbrotstullen gegessen hatte. Was ich in diesen Zusammenhang sehr lecker fand, war das Müsli, was wir dort bekommen haben. Das Rezept wurde in unser "Büchlein" geschrieben. In dieses Büchlein würden u.a. auch unsere wöchentlichen Verhaltensbewertungen eingetragen.

Wenn man artig war, hat man ein rotes Halstuch eingetragen bekommen, ein blaues gab es für "normales" Verhalten und für schlechtes Betragen hat man, zumindest hab ich es so in Erinnerung ein schwarzen Halstuch oder auch gar keins bekommen. Ebenso wurden dort Tadel vermerkt. Ich habe mindestens einen bekommen und man hat mir gesagt, dass dieser in die Schulakte übernommen wird. Den Tadel hab ich übrigens nicht ganz unberechtigt dafür bekommen, weil ich lose Steine beim Wandern den Hang heruntergestoßen habe. (das hätte eine Gefahr für andere Wanderer weiter unten sein können) Dieser Tadel und die fast immer sehr schlechten Wochenbewertungen in meinem Heft haben dazu geführt, dass ich aus Angst vor Strafe dieses unmittelbar nach meiner Ankunft zu Hause in der Mülltonne unserer Nachbarn entsorgt habe. Heute würde ich gerne noch einmal hinein schauen, was natürlich leider nicht mehr möglich ist!
Ich kann mich auch entsinnen, dass Kinder, die blaue und rote Halstücher bekommen haben, sonntags Fernsehen durften. Einmal muss ich es auch geschafft haben, vermutlich zum Schluss hin, da ich mich auch an eine Fernsehstunde erinnere. Es war jedenfalls etwas Besonderes, wenn man das durfte.
Das Verhalten wurde, soweit ich das noch weiß, täglich bewertet. In meinen Erinnerungen gab es jeden Tag Punkte, die am Ende einer Woche die entsprechenden „Halstücher“ ergaben.

Dass es bei der Kur unter anderem um „korrekte Ernährung“ ging, hab ich so auch in Erinnerung. Wie uns das damals jedoch vermittelt wurde, ist für mich bis heute eine Erfahrung, die ich nicht vergessen kann.
Einmal gab es Rosenkohl zum Mittag und diesen möchte ich überhaupt nicht. Ich wollte ihn nicht essen, was den Erzieherinnen überhaupt nicht gefallen hat. Also sagten sie zu mir, dass ich solange vor dem Teller sitzen bleiben müsse, bis ich alles aufgegessen habe. Ich habe dann Rest des Tages im Essensraum verbracht, aufgegessen habe ich trotzdem nicht. Irgendwann so gegen 18 Uhr bin ich dann weinend in mein Zimmer gegangen. Bevor ich aber den Essensraum verlassen habe, kam meine damalige Kurfreundin Betty zu mir und hat versucht, mich zum essen zu überreden. Ich habe daraufhin vielleicht zwei kalte Rosenkohle gegessen, was die Erzieherin immerhin bewegt hat, mich dann gehen zu lassen.

Meine Kurfreundin hat mir damals sehr geholfen. Wenn ich geweint habe, hat sie mich oft getröstet. Ich weiß noch, dass ich oft sehr starkes Heimweh hatte. Sie war eine von den älteren Kindern, ich glaube, sie war damals schon 14, sicher weiß ich es aber nicht mehr. Sie schrieb mir, während unserer Zeit dort viele Briefe, die ich leider irgendwann mal verlegt oder weggeworfen habe. Wie diese Freundschaft zu Stande gekommen ist weiß ich nicht mehr genau. Ich glaube sie hatte einfach Mitleid mit mir, da ich oft sehr traurig war.

Eine andere Sache, die ich sehr schlimm fand, war das kontrollierte Briefe schreiben. Ab und zu durften wir Briefe an unsere Eltern schreiben. Jedoch durften wir nur positive Sachen schreiben. Einige Dinge, die wir schreiben sollten, wurden an die Tafel geschrieben. Nachdem die Briefe fertig geschrieben waren, wurden sie von der Erzieherin gelesen. Wenn wir von Heimweh oder schlechten Erfahrungen geschrieben haben, wurde der Brief einfach zerrissen. Irgendwann habe ich diesen Betrug verstanden und nur noch Positives geschrieben, so hatte ich zumindest das Gefühl, Kontakt zu meinen Eltern zu haben.
An die strenge Nachtruhe kann ich mich auch noch recht gut erinnern. Wir mussten immer sehr zeitig ins Bett und wollten noch gar nicht schlafen. Wer beim quatschen erwischt wurde, wurde ermahnt. Beim zweiten oder dritten Mal durfte man dann im Flur schlafen.
Ansonsten kann ich mich leider kaum an unseren Tagesablauf erinnern. Wandern waren wir auf jeden Fall recht häufig.
Was mir aber noch einfällt, nachdem ich wieder zu Hause war und in die Schule ging, war ich darüber so froh, dass ich am Ende der ersten Schulwoche in Betragen eine zwei bekommen habe. Was ich vorher sowie danach nie wieder geschafft habe. (Damals gab es noch wöchentlich Noten für Betragen, Ordnung, Fleiß und Mitarbeit)

Rückblickend würde ich heute sagen, ich fühlte mich damals eingesperrt, hilflos, ausgeliefert und allein gelassen.
Es sei aber auch gesagt, dass sicher nicht alles schlecht war, es gibt ja auch schöne Erinnerungen, wie z. B. die an meine damalige Kurfreundin.
Trotzdem verbinde ich bis zum heutigen Tage mit dem Thema Kur hauptsächlich negative Gefühle. Auch heute noch würde ich nicht freiwillig zu einer Kur fahren. Zudem esse ich bis heute kein Rosenkohl, ich hasse ihn förmlich.
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Barbara schrieb am 15.06.2023
Ich war 1983 als junge Erzieherin kurzzeitig im Haus am Schmalensee angestellt. Es war meine erste Stelle. Ich kam aus Hessen und wollte unbedingt in Bayern arbeiten. Das Arbeitsamt hat mich dann ins Haus am Schmalensee vermittelt. Die Zustände dort waren das Schlimmste, was ich je erlebt hatte. Als ich angereist bin, wusste niemand was von mir und es war dem vorhandenen Personal nicht klar, was ich eigentlich machen sollte. Wie sich herausgestellt hat, war zu dieser Zeit die einzige ausgebildete Erzieherin dort. Für mich war keine Unterkunft vorbereitet. Ich war fassungslos über diese "Begrüßung" aber noch viel mehr entsetzt, über die Art und Weise, wie die Kinder dort behandelt wurden. Das Haus lag idyllisch aber es wurde von einem Regime von herzlosen, bösartigen und sadistischen Personen geführt, die nicht nur die Kinder, sondern auch das "niedere" Personal unterdrückt haben. Alleinherrscher war Dr. Häußler, ein herrischer, hoch aggressiver, arroganter Lebemann, der sich gerne ahnungslose Praktikanntinnen aus anderen Bundesländern vermitteln liess, die er ausbeuten konnte und die z.B. auch sein Privathaus putzen mussten. Er hat Ihnen die Entlohnung damals nicht ausgezahlt und sie so unter Druck gesetzt. Die Mädchen waren noch ganz jung und nervlich fix und fertig. Sie hatten Angst vor dem Mann. Ich war damals 20 Jahre alt und sollte 50 Jungs im Alter von 5- 15 Jahren zu betreuen. Die jüngeren Kinder, haben immerzu geweint vor Heimweh. Ich war den ganzen Tag damit beschäftigt zu trösten und irgendwie zu helfen, dass es Ihnen ein bisschen besser geht. Sie haben mir so leid getan. Viele Kinder kamen aus Norddeutschland um sich im Bergklima zu erholen. Sie waren alleine, weit weg von den Eltern und waren diesem Despoten und seinen Gehilfen ausgeliefert. Unter- und übergewichtige Kinder mussten im gleichen Raum essen. Für die übergewichtigen Kinder gab es sehr karge Mahlzeiten und sie mussten mit ansehen, wie die anderen normale Portionen bekamen, während sie selber kaum was bekamen. Sie wurden von Dr. Häussler auch geschlagen. Ich habe ihn dabei nie gesehen aber die Kinder haben es mir erzählt. Es war wie in einem schlimmen Gefängnis. Einmal in der Woche mussten die Kinder ihren Eltern schreiben. Diese Briefe sollte ich lesen und auf negative Kommentare prüfen. Wenn ein Kind schlechte Sachen über das Heim geschrieben hat, durfte der Brief nicht versendet werden. Es sollte nochmal neu schreiben, so lange, bis keine negativen Dinge mehr drin standen. In der Freizeit sollte ich mit der riesigen Gruppe täglich an einen nahegelegenen kleinen Badesee gehen. Der Weg dorthin führte durch ein Übungsgelände der Bundeswehr. Da fuhren Militärfahrzeuge herum und bewaffnete Soldaten machten militärische Übungen. Ich bin zu Tode erschrocken, als mir bewusst wurde, in welcher Gefahr ich mit den Kindern war. In diesem Heim gab es auch ein Schwimmbad. Eigentlich eine gute Sache, aber wegen dem fehlenden Personal, wurde die älteren Jungen dazu bestimmt Aufseher zu sein. Sie waren sich in kurzer Zeit ihrer Macht bewusst und haben dann die anderen gequält, sie nicht aus dem Wasser gelassen usw. Als ich dazu kam habe ich das unterbunden, aber die Tatsache, dass die Älteren die Jüngeren so unterdrücken war unerträglich für mich. Ich war die meiste Zeit alleine mit den Kindern. Die älteren Jungs sind jeden Tag abgehauen und haben irgendwo im Wald geraucht und ihr eigenes Programm gemacht. Ich hab sie gelassen, weil ich nicht alle überwachen konnte und ich einfach das Leid der Jüngeren so gut es ging lindern wollte. Besonders am Abend war es so schlimm, wenn sie alle in ihren Betten lagen und so viele geweint haben. Ich hab ihnen Geschichten erzählt und gesungen, damit sie sich beruhigen und immer wieder versucht Mut zu machen, dass sie ganz bald wieder nach Hause fahren. So viele Kinder alleine zu beaufsichtigen war eine Zumutung und aufsichtspflichttechnisch absolut nicht zulässig. Ich habe das immer wieder gesagt, aber es hat niemanden interessiert.

Manchmal war ein zwielichtiger Helfer dabei, der mir erzählte, dass er auch bei der Polizei gut bekannt sei. Ich war geschockt. Ich habe mehrfach versucht mit Dr. Häussler zu sprechen, aber er hat dann immer versucht auch mich zu demütigen und gesagt, wie dumm und naiv ich sei. Ich habe deutlich gemacht, dass ich unter diesen Umständen nicht arbeiten kann und zumindest Spielsachen und Materialien brauche um die Kinder zu beschäftigen. Er hat mich ausgelacht und verspottet. Er wollte mich zwingen den Arbeitsvertrag zu unterschreiben und hat gesagt ich sei, wegen der Vermittlung durch das Arbeitsamt dazu verpflichtet zu unterschreiben. Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschieden zu gehen. Ich konnte einfach nicht mehr. Das Haus in dem ich untergebracht war wurde abends abgeschlossen. Ich bin mit meinem Koffer am frühen Morgen aus dem Fenster geklettert und nach Mittenwald gelaufen. Vorn dort aus habe ich Dr. Häussler aus einer Telefonzelle angerufen und gekündigt. Er hat getobt, mich angeschrien und gedroht er bringe mich vor Gericht. Ich hab einfach aufgelegt und bin direkt zur Polizei gegangen. Dort wollte Anzeige erstatten. Die Polizisten haben sich meine Geschichte angehört und gesagt es sei bekannt, dass Dr. Häussler ein schlechter Mann sein. Niemand aus der Umgebung wolle da arbeiten, darum hole der Doktor immer Leute von weiter weg. Ich konnte keine Anzeige machen, weil ich selber keine tätliche Gewalt gesehen oder erlebt hatte. Das habe ich bis heute nicht vergessen. Niemand hat geholfen, obwohl man wusste, was dort läuft. Ich bin mit dem Zug nach Hause gefahren. Wochenlang habe ich überlegt, was ich machen kann um dem Leid dort ein Ende zu setzen. Ich habe mit Krankenlassen telefoniert um darauf aufmerksam zu machen, dass dieses Heim die Hölle für Kinder ist, aber es hat nicht wirklich interessiert. Vor ein paar Jahren war ich in Mittenwald im Urlaub und bin nochmal an den Schmalensee gefahren. Das Kinderheim ist seit langen geschlossen und die Häuser schienen verfallen. Gut so. Es soll zu Staub zerfallen. Es war ein schrecklicher Ort.
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Werner B. schrieb am 14.06.2023
Bin 1966 für 6 Wochen zur Kur gefahren, weil ich seinerzeit ein schmächtiges Kind war. Diese wurde durch die seinerzeitige Deutsche Bundespost organisiert. Treffpunkt war der Hbf Köln gewesen, wohin mich mein Vater begleitet hat. Von dort aus wurden wir mit dem Sonderzug nach Wilhelmshaven und mittels Schiff/Fähre nach Borkum gebracht.
Ich habe auch hier nur die besten Erinnerungen, wir wurden stets freundlich und überaus liebevoll behandelt. Meine Mutter sagt heute noch (ich bin 61), dass ich bei der Rückkehr so viele neue Lieder singen konnte. Die einzige negative Erfahrung war, dass es immer süßen Salat gab. Scheinbar war dies auf Borkum Gang und Gebe. Aber dies kann man sicherlich vernachlässigen 🙂 Diese Zubereitungsart mag ich aber heute noch nicht 🙂
Mein Aufenthalt in Borkum ist bis heute in sehr guter Erinnerung. Leider weiß ich nicht mehr den Namen der Klinik.
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Werner B. schrieb am 14.06.2023
War 1973 in der Bergklause, weil ich damals ein schmächtiger Junge war. Ich habe nur die besten Erinnerungen an eine sorgenfreie und gut behütete Zeit, vor allem aber an Schwester Maria. Sogar als nach zwei Wochen die Windpocken auftraten, fühlte ich mich gut umsorgt. Alle haben sich sehr gut gekümmert.
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Delia Fuchs aus 84144 Geisenhausen schrieb am 14.06.2023
Mit ca. 5 Jahren wurde ich wegen Appetitlosigkeit und gehäuft auftretender Mandelentzündungen zur 6 Wochen Kur verschickt. Es ist mir ohnehin unbegreiflich, wie man ein so kleines Kind ganz allein so weit (von München) mit dem Zug (an die Nordsee) ins Ungewisse schicken kann. Jedenfalls musste ich dort, weil mir versehentlich die Puppe aus dem Bett gefallen war und aus ihr „Mama“ ertönte, die ganze Nacht auf dem kalten Flur (Dezember) sitzend verbringen. Die Puppe bekam ich erst am Abreisetag wieder zurück. Die Aufseherinnen hab ich als sehr streng und empathielos erlebt. Ich habe alles jahrelang verdrängt, aber durch eine Veränderung in meinem Leben arbeite ich das jetzt alles auf.
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Dohn schrieb am 14.06.2023
Wieso wird nicht mit Hochdruck nach noch lebenden BetreuerInnen gesucht und diese werden zur Rechenschaft gezogen? Wieso schaut man nicht, welche Familien von den Verschickungskindern profitiert haben und entzieht das Vermögen, um zu entschädigen. Bei Heimen auf den Nordseeinseln ist das möglich.
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Karin-Maria Schäfer ehem. Leisegang aus Waldschmidtstr. 7 in 94252 Bayerisch-Eisenstein schrieb am 12.06.2023
Ich bin nicht einfach so nach St. Peter Ording (SPO) gefahren, das war seit etlichen Jahren mein Plan, um dort aufzuarbeiten, was ich erlebt habe. Doch dadurch ich meine Mutter pflegte, ist mir das noch nicht gegönnt worden. Ich könnte sie nicht solange alleine lassen und schade, dass sie nicht dabei sein konnte. Es wäre wohl heilsamer gewesen.
Kennst Du die Geschichte der Verschickungskinder (VSK)???
VSK wurden von 1948 bis einschl. ca 1991 verschickt. Dort wo man die Kinder hin verschickt hatte, sollten sie genesen, dicker, oder dünner werden. Es war ursprünglich diesmal auch für Kinder aus ärmlichen Elternhaus bestimmt, wo die Eltern sich einen Urlaub an der See, oder in den Bergen, oder in einer Kurtherme für ihr Kind, nicht hätten leisten können. Damals wehrten sich die Eltern nicht gegen solche Maßnahmen. Man gehorchte den Behörden.
Ich war 5 Jahre alt, als ich verschickt wurde. Angeordnet hat das damals 1964 ein Kinderarzt. Er befand mich zu klein und zu dünn, ewig kränklich, wegen Bauchschmerzen und Stuhlproblemen.
Es war Anfang April 1964 als ich weinend am Hauptbahnhof Frankfurt am Main in den Zug steigen musste, alleine.
Den ganzen Reisewege habe ich geheult und musste wohl den anderen Mitreisekinder auf die Nerven gegangen sein. Als wir nach langer Zeit in SPO angekommen waren, nahm man uns das Gepäck ab. Wo es hinkam, weiß ich nicht. Vom Spielzeug dürfte man ein Teil behalten, ich hatte nur eine Puppe Maria dabei. Wir bekamen unser Bett zugeteilt und Abendbrot fiel wegen der Ankunftszeit aus
Am nächsten Morgen schon begann das Drama. (Ich muss dazu sagen, dass ich in diesem Alter nur Haferflockenbrei mit Kaba und keine Milch aß und trank) Meine Eltern übersandten deswegen einige Pakete Haferflocken, Zucker und Kaba, nebst Geld für die Milch, die mit dem Brei verrührt wurde. Aber am Morgen stand da eine große Eisbecher, oder Kompottähnliche durchsichtige Schale, wo ganz unten der Kaba, dann der Zucker und der Rest füllten die Haferflocken. Dazu gab es warme Milch in der Tasse, mit Haut. Gut ich fand das Zeug trocken, doch so zusammen gerührt, wie es die anderen Kinder taten, fand ich es noch ekliger. (Das Paket meiner Eltern wurde auf alle Kinder verteilt.) Man versuchte sowieso zu sparen. So aß ich nur ein bissel trockenes Zeug, aber ich trank die Milch nicht. Das bemerkte eine der Tanten, so nannten sich die Aufsicht, ich nenne sie hier Wärterin denn das ist passender. So musste ich in die Mitte des Raumes und sollte vor ihr den Becher Milch trinken und ihre bedrohliche Art das zu fördern, hat mich dazu gebracht, die Milch mit Haut zu trinken, aber.. ich musste vor Ekel mich übergeben und so landete die Milch über ihre schöne weiße Schürze. Ich bekam zur Strafe mit der Peitsche über die rechte Gesichtshälfte geschlagen. Das spüre ich Heute noch.
Ich war in SPO im Kinderkurheim Köhlbrand am Strandweg in OT Ording angekommen.
Man dürfte nicht laut sein, nicht lachen nicht weinen und und und. Man müsste spüren wie in einer Kaserne. Mir machte das nichts aus, denn Gehorsamkeit usw kannte ich. Ich hatte bloss Probleme mit dem Essen. Gut, neben mir saßen zwei Mädel, die waren zu dick, also um zum abnehmen da. Die aßen mein Essen und tranken ab da meine Milch. Ich nur einmal am Abend etwas Tee.
In der Nacht war es nicht ruhig, denn viele Kinder weinten und würden deswegen geschlagen und mir gegenüber lag ein Mädel, das ins Bett machte. Es wurde jede Nacht verprügelt mit der Peitsche und musste auf dem Boden schlafen mit nur einer Decke.
Ich weinte mit dem Mädel, aber dafür wurde auch ich verprügelt und musste am Fussende schlafen, man nahm mir die Puppe ab.
Im Waschraum hatte ich dann die ersten bewussten Misshandlungen erlebt. Das Verprügeln nahm ich nicht so wahr.
Dadurch dass ich klein war, ( sah mit 5 Jahren aus wie eine 3 jährige) kam ich nicht an das Waschbecken heran und man stellte mir ein kleines Schemelchen hin. Da kippte ich dann um und schlug an das Waschbecken und weinte. Dafür wurde ich in die Dusche gezogen, die Wärterin hielt mich fest, stellte mich darunter und duschte mich mit kaltem Wasser, dass ich keine Luft bekam, danach musste ich den ganzen Tag ohne Essen ins Bett. Ich lag da nicht alleine, das Mädel mit dem durchnässten Bett lag auch da. Aber wir mussten uns so drehen, dass wir uns nicht sagen, mussten schweigen und Augen schließen.
Das waren so die ersten Strafmaßnahmen
Eines Tages dürfte ich mit an den Strand, wir sollten Muscheln sammeln es war kalt und feucht, das Meer sehr weit weg, ich sah es nicht. Ich lieg voller Ekel in dem nassen kalten Schlick herum und suchte mit nach Muscheln und fand eine Art Traube voller Muscheln. Die wollte ich aber nicht abgeben, sondern meiner Mutter mitbringen. Als die Wärterin mich gerade wieder züchtigen wollte, rief die Andere, dass das Meer käme. Was weiß eine 5 Jährige aus Hessen, wie das Meer kommt. Ich hatte Vorstellungen von einer Art Horrorszenarium und rannte zurück zum Kinderkurheim. Aber das war nicht das, was ich hätte tun sollen. So würde ich bestraft. Ich musste für 3 Tage auf dem Dachboden. Dort saß ich, weinte, es war kalt, muffig und dunkel. Ich kann mich nur noch an alten Gerümpel erinnern, dann war alles schwarz. Ich wachte wieder auf,cals ich in einer Klinik in Heide lag, wo man mich auf päppelte. Von dort holten meine Eltern mich ab. Auf eigene Gefahr. Aber davor waren sie in dem Heim und holten meine Sachen ab. An diesem Tag aber, würde auch die Heimleitung abgeholt, verhaftet und weg.....aber nicht weil sie die Kinder misshandelten, sondern weil sie Gelder veruntreuten. (Meine Recherche) Ich fuhr nie wieder in eine Kur, Heute gehe ich in keine Reha usw, es stinkt dort nach SPO
So wie mir erging es von 1955 bis 1991 etlichen Kindern, jeder Altersstufe. Viele trauten sich nichts zu sagen, weil man drohte sie dann zu holen, oder weil man Kindern nicht glaubte. Ich schwieg, weil meine Eltern immer erzähkten, dass ich nichts essen und viel weinen würde und schwierig wäre. Aber ich hatte gute und liebevolle Eltern, ich musste niemehr weg.
Aufgearbeitet habe ich das nie. Meine Kinder mussten niemals weg, auch nicht wenn es ein Schulausflug war. Wenn die nicht wollten, blieben die zu Hause.
Doch ich vergaß SPO nicht und immer musste ich von SPO reden, sodass mein jetziger Mann endlich wissen wollte warum. Ich sprach und wir recherchierten im Netz und wurden fündig.
Bei Interesse: www.kinderverschickung.de
Es gab da noch mehr Menschen, die über ihr Schicksal sprachen und ähnliche, beinahe noch schlimmere Erlebnisse hatte, als oder wie ich.
Ich musste nach SPO und musste das Haus sehen. Es steht noch, es wurde ein Hotel und gin Pleite, es wurde ein Mutter-Kindkurheim es wurde geschlossen. Das Haus Köhlbrand steht unter keinem guten Stern. Jetzt ist es mit einem Zaun geschützt, vor Vandalismus. Es schaut aus, als stünde es hinter Gittern.
Ich habe geweint, als ich es nach 60 Jahren zum ersten Mal wieder sah, dann würde ich versöhnlicher und es wurde leichter. Jetzt tut mir das Gebäude sogar leid. Am liebsten würde ich es kaufen und ein VSK-Museum draus nachen, im alten Haus. Die anderen Trakte an Künstler freigeben, die ihre Kunst ausstellen wollen. Aber ich bin kein Millionär
Ja das Haus und ich sahen uns wieder.
Weit vorher habe ich mit Gleichgesinnten der VSK-Gruppe geschrieben, wir haben uns das Leid von der Seele geschrieben und viele haben ja ähnliche, oder schlimmere Erlebnisse gehabt. Meine Krankheit ging zurück und die Lebensqualität wurde besser. Bei mir war es wohl mehr die Psyche, die sich so belastend auf Magen-Darm auswirkte. Es geht mir etwas besser.
Unsere VSK-Gruppe kämpft nun um Anerkennung und Aussöhnung. Wir wollen keine Entschädigung, denn das Land hat Geld für Afrika, Afghanistan usw, wo nichts erreicht wird. Für uns hat es kaum ein offenes Ohr. Dabei ist es deutsche Geschichte. Man hatte ja eine gute Idee, aber das Personal fehlte dazu, denn es kamen in ganz Deutschland Kinderkurheime vor, auch in Österreich, Schweiz und Holland. Man verdiente plötzlich Geld und das würde wichtiger. Da war es egal, welche Gesinnung das Personal hatte. Es waren überwuegen Erzieherinnen, Krankenschwestern und Ärzte aus der Nazizeit. Alles hat geschwiegen, ich war nicht das einzigste Kind, das halbtot in die Klinik Jam, wegen Dehydrierung usw. Da schwiegen alle, Klinik, soziale Organisationen und die Politik. Damals sehr engagiert die FDP.
Ja so war das und somit habe ich mit meinem SPO-Besuch meinen Frieden gefunden. Vlt kommen wir ja mal wieder. Dann steht hoffentlich das Haus noch und ich besuche das Robbenarium usw. Alles was ich eben diesmal noch nicht sah. Es war trotz des Umstandes ein schöner Urlaub.
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Kalle schrieb am 12.06.2023
Drei Verschickungen und keinerlei Erinnerungen… jedoch schwere Depressionen.

Erst seit ein paar Tagen weiß ich, dass ich ein „Verschickungskind“ war. Ich wusste immer, dass ich mehrmals in Kur war, wegen meines Asthmas, das mich als Kind sehr gequält hat. Aber ich wusste nicht, dass es Millionen Kinder gab, die eine ähnliche Geschichte haben. Dass es dafür einen Begriff gibt und Selbsthilfegruppen, und dass zahllose Menschen dort traumatische Erfahrungen machen mussten und an den Folgen oft heute noch leiden.

Ich kann nicht sagen, dass ich traumatische Erfahrungen gemacht habe, schlicht und einfach weil ich keinerlei Erinnerung an diese Zeiten habe, mehr noch, ich habe so gut wie keine Erinnerungen an meine gesamte Kindheit. Meine Erinnerungen setzen ganz schwach erst irgendwo ab dem Alter von 10-13 Jahren ein. Alles, was ich über die „Kuren“ weiß, weiß ich aus Erzählungen meiner Eltern:

Ich bin Jahrgang 1964, ältestes von vier Geschwistern. Als Kleinkind hatte ich sehr schweres Asthma. Als ich fünf war, sollte ich in Kur geschickt werden, bei der Krankenkasse wurde ein Antrag gestellt, der jedoch zunächst abgelehnt wurde. Es war jedoch über das Jugendamt ganz kurzfristig ein Platz in einem Kurheim frei geworden, so dass ich kurzerhand – mit einem Vorlauf von nur drei oder vier Tagen - für vier Wochen zur Kur nach Kempten ins Allgäu geschickt wurde; ich muss gerade sechs geworden sein.

Meine Mutter äußerte dem Arzt gegenüber Bedenken, ob das für ein kleines Kind nicht zu viel sei, so lange von der Familie wegzubleiben (zumal es damals ja ein striktes Besuchsverbot in der Kur gab), aber der Hausarzt wischte die Bedenken mit einem „die Kinder kommen damit klar, die Eltern leiden viel mehr darunter“ zur Seite.

Als ich aus Kempten zurückkam, war in der Zwischenzeit der Kurantrag durch die Krankenkasse doch noch bewilligt worden, so dass ich gleich wieder weggeschickt wurde, weniger als eine Woche nach meiner Rückkehr aus der ersten Kur - diesmal allerdings für ganze sechs Wochen. Die „Verschickung“ geschah wie beim ersten Mal mit Sonderzügen der Deutschen Bahn; bei der Rückkehr nach sechs Wochen sollte der Zug morgens um halb sieben in Düsseldorf ankommen. Meine Mutter war auch pünktlich um halb sieben dort, aber der Zug war bereits eine Stunde vor der angekündigten Zeit angekommen. Alle anderen Kinder waren bereits abgeholt worden, ich war der letzte; sie musste mich bei der Bahnhofsmission abholen.

Während dieser zweiten Kur begann das Schuljahr, mein erstes, so dass ich meine Einschulung verpasst habe. Ich kam erst zwei Wochen danach zurück aus der Kur und wurde in eine Schulklasse aufgenommen.

Vier Jahre später, 1974, kurz vor meinem zehnten Geburtstag, wurde ich erneut weggeschickt, wieder nach Bad Reichenhall, und wieder für sechs Wochen. Ich habe auch hieran keinerlei Erinnerungen. (Interessanterweise hatten auch meine Eltern völlig vergessen, dass ich noch ein drittes Mal weggeschickt worden war. Wären nicht noch ein Brief und eine Postkarte von mir aus Bad Reichenhall aufgetaucht, hätte ich auch geglaubt, dass ich mir das nur einbilde. Und im Zeugnis der Grundschule sind 36 entschuldigte Fehltage, also sechs Wochen, aufgrund einer „ärztlich verordneten Kur“ dokumentiert.)

All das weiß ich nur von meinen Eltern, ich habe keinerlei eigene Erinnerungen daran. Meine Eltern leben beide noch, sind auch trotz des hohen Alters noch geistig fit und klar im Kopf. Aber das oben Geschilderte ist alles, woran sie sich im Zusammenhang mit meinen Verschickungen erinnern können. Ich weiß nicht, ob sie damals zu sehr mit meinen Geschwistern oder anderen Dingen beschäftigt waren, aber sie können mir nicht sagen, wie ich war, als ich aus den Kuren zurückkam, ob ich verändert war, was ich damals erzählt habe, ob ich überhaupt etwas erzählt habe.
Als ich sie jetzt darauf ansprach, dass ich Berichte über ausgeübten Zwang, körperliche Züchtigungen, sogar sexuellen Missbrauch gelesen habe, sagte mein Vater nur: „Das war damals eben so.“ Sie haben es selber nicht anders erlebt (bis auf den sexuellen Missbrauch, vermute ich). Rückblickend bedauern sie, was damals geschah, aber sie hätten es damals nie in Frage gestellt – sie sind gute und anständige, aber eher einfache Menschen und sehr obrigkeitshörig.

Es ist noch nicht einmal sicher, dass ich tatsächlich in Kempten war oder ob nur der Zug bis Kempten fuhr und es von dort aus weiterging, wie andere Betroffene geschrieben haben. Nur von Bad Reichenhall steht fest, dass es die „Asthma-Kinderheilstätte“ in der Kurfürstenstraße war, weil das auf der Postkarte stand.

Es gab Fotos, an die ich mich erinnere, die leider verschollen sind; Ausflüge in die Berge, aber ich habe eben nur Erinnerungen an die Fotos, nicht an die Ereignisse selber.

Wie gesagt, an die gesamte Kindheit habe ich so gut wie keine Erinnerungen, erst recht keine an die „Kuren“. Da, wo die Erinnerung einsetzt - also ungefähr mit Beginn der Pubertät – litt ich wohl schon an Depressionen. Ich bin heute noch schwer depressiv, habe lange Phasen der Arbeitsunfähigkeit hinter mir und einen SB Status. Die genauere Schilderung meiner Depressionsgeschichte erspare ich mir hier, das würde den Rahmen vollends sprengen …

Ich habe schon lange vermutet, dass die „Kuren“ eine Rolle hierbei spielen. Wenn ich mir vorstelle, dass ein kleines Kind von fünf Jahren vier Wochen lang alleine weggeschickt wird, dann wieder zurückkommt und dann sofort wieder für sechs Wochen weggeschickt wird, und dann bei der Rückkehr noch eine Stunde lang alleine am Großstadtbahnhof steht, und das als Dorfkind, dann kann ich mir kaum vorstellen, wie es dem Kind damit gehen mag – das alleine reicht schon als Trauma. Die bloße Vorstellung davon berührt allerdings nichts in mir, das ist für mich ganz abstrakt und hat nichts mit mir zu tun.

Wenn ich nun aber in den Berichten anderer Betroffener lese, was vor Ort in den „Kuren“ anscheinend Alltag war, dann wundert mich nicht, dass ich alles vergessen - oder besser: verdrängt - habe, und dann liegt der Verdacht zumindest sehr nahe, dass hier der Grund für meine Depressionen liegt.

Meine Therapeutin rät mir nicht zu, tiefer zu graben, sie meint, dass die Psyche einen guten Grund habe, warum sie das verschlossen hält. Und trotzdem will ich wissen, was damals passiert ist – schlimmer kann es für mich ohnehin kaum kommen.

Wer war im August/September 1970 und im Mai 1974 in der „Asthma-Kinderheilstätte“ in Bad Reichenhall und kann davon berichten? Gab es 1970 in Kempten eine derartige Einrichtung für asthmakranke Kinder? Oder wer war dort in der Nähe und kann etwas hierüber erzählen?
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René S. aus Sebnitz/Sachsen schrieb am 12.06.2023
Ich war als 11-Jähriger, von Geburt an gehbehindert, in einem DRK-Ferienlager in Großenhein (Sachsen), 14 Tage lang. Ganz schlimm (: wir wurden toll verpflegt, gingen jeden Tag baden, konnten am Fenseher die Mondlandung miterleben, haben jede Menge Spiele gemacht, und ich gewann den ersten Preis bei einem Preisausschreiben, worauf ich richtig stolz war. Ich habe wunderbare Freundschaften geschlossen, sodass ich beim Abschied geheult habe. Ein Gruppenfoto hab ich noch. Es war so toll, dass ich im Folgejahr wieder 2 Wochen beim DRK Ferien machte.
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Bernd B. aus Velbert schrieb am 10.06.2023
Wir waren weder übergewichtig noch unterernährt. Vielleicht dachten unsere Eltern, es sei eine gute Idee und ein paar Wochen an der See täten uns gut - oder wollten einfach mal ein bisschen Zeit für sich haben. Sie schickten uns zur Kinderkur für sechs Wochen nach Sylt. Sylt - heutzutage ein Traum - damals für uns drei Geschwister ein Alptraum.

Ich bin der Jüngste der drei, bin 1966 geboren, meine Schwester ist Jahrgang 1965 und mein Bruder 1962. Bis heute ist uns der damalige Aufenthalt auf Sylt in Erinnerung geblieben. Es sind alles andere, als schöne Erinnerungen. Nach nun über 50 Jahren ist leider (oder Gott sei Dank?) nicht allzu viel hängen geblieben. Doch das, was noch präsent ist, ist durchweg negativ und verstörend. Rückblickend muss man sagen, dass man sich leider nicht immer zweimal im Leben trifft.

Leider wissen wir nicht mehr, in welcher Einrichtung wir waren oder um welchen Träger es sich handelte. Aus der Erinnerung heraus und nach einer Internetrecherche könnte es das Kurt-Pohle-Heim der AWO in Westerland gewesen sein. Es hatte einen kleinen Anbau im Eingangsbereich, in dem wir uns bei Bedarf die dort befindlichen Gummistiefel und Regenjacken angezogen haben - oder angezogen bekommen haben - inklusive einer großen Portion Creme, die uns per Wattestäbchen in die Ohren bugsiert wurde.

Auch, wenn ich mich an körperliche Gewalt oder sexuelle Übergriffe (wie andere berichten) nicht erinnern kann, eine Art der psychischen „Misshandlung“ ist hängengeblieben. Schließt das das Andere zwangsläufig aus?!
Vielleicht liegt es daran, dass ich erst ca. sechs Jahre alt war, vielleicht ist es aber auch eine Art Selbstschutz des Körpers, dass er sich nicht mehr an alle Details erinnern kann oder möchte. Mein Bruder zumindest (er ist vier Jahre älter) kann sich auch nur nebulös und schemenhaft an diese Zeit erinnern. Fakt ist, der Gedanke an diesen Aufenthalt löst bei uns rein gar nichts Positives aus - die wenigen Erinnerungen sind auch heute noch durchweg extrem negativ behaftet. Das wird wohl seine Gründe haben.

Ich erinnere mich ein wenig an den Schlafraum, in dem ich untergebracht war. Ich lag im unteren Teil eines Etagenbettes links neben der Zimmertür - meist weinend - und weiß noch, dass man stets mit dem Gesicht zur Wand liegen musste. Einmal Schlafenszeit, musste absolute Ruhe herrschen. Kein Muks! So lange man nicht schlief, war nicht einmal das Umdrehen im Bett gestattet. Eines Abends fiel das Stoff-Kuschel-Tier des Jungen, der in meinem Etagenbett oben lag, herunter - es war ein kleines Eichhörnchen. Ich stieg aus dem Bett, hob es auf und gab es ihm. In diesem Moment ging die Türe auf und ich wurde auf frischer „Tat“ ertappt. Jegliche Erklärungen und regelrechtes Flehen meinerseits bewirkten nichts und führten schlussendlich dazu, dass ich stundenlang im Treppenhaus auf halber Etage mit dem Gesicht zur Wand, die Arme ausgestreckt, in einer Ecke stehen musste. Ich weiß nicht, wie lange ich dort stand. Auch weiß ich nicht mehr, ob es über den gesamten Zeitraum insgesamt bei dieser einen Bestrafung geblieben ist.

Vor dem Schlafengehen musste der Toilettengang erledigt werden - denn, wer bis zur Schlafenszeit nicht war, durfte auch nicht mehr. So kam es, dass ich einmal nachts das „große Geschäft“ verrichten musste. Ich weiß noch, wie ich mich aus dem Zimmer geschlichen und mit dem Rücken an der Wand entlanghangelte und heilfroh war, die Toilette erreicht zu haben, ohne erwischt worden zu sein. Leider befand sich auf der Toilette kein Klopapier. Vielleicht wurde dieses zur Schlafenszeit absichtlich entfernt!? In meiner Not benutzte ich den Bodenwischer (Aufnehmer). Ich kann mich allerdings nicht mehr erinnern, ob diese Aktion eine Bestrafung oder sonstiges nach sich zog.

Das Essen muss grausam gewesen sein. Auch, wenn ich mich nur an eine, mich betreffende Situation erinnern kann, so sind mir reihenweise, sich übergebende Kinder im Gedächtnis geblieben. Eines Nachmittags gab es Hefeteilchen. Nach dem ersten Bissen verweigerte ich den weiteren Verzehr, wurde aber gezwungen, das Teilchen aufzuessen. Der Zuckerguss schmeckte nach Kerzenwachs - will heißen, er schmeckte so, wie frisch ausgepustete Kerzen riechen.

Briefe und Karten von zuhause wurden im großen Speisesaal laut vorgelesen. Fotos wurden nicht gemacht. Hat man selber welche gemacht, wurden die Filme eingezogen mit dem Hinweis, man würde diese für uns entwickeln lassen und uns zuschicken. Es kam nie etwas an.

Abschließend möchte ich erwähnen, dass ich mich nicht erinnern kann, während dieser Zeit überhaupt Kontakt zu meinen Geschwistern gehabt zu haben. Rückblickend fühlte ich mich durchweg allein und im Stich gelassen. Dies wäre nicht vielleicht so ausgeprägt gewesen, wären wir „zusammen“ da durch gegangen.

An mehr kann ich mich leider (oder Gott sei Dank) nicht erinnern. Ich vermute, dass tief im Innern noch einiges schlummert. Zu negativ sind die Erinnerungen - nichts, rein gar nichts Positives.

Ich wurde einmal gefragt, ob ich mir vorstellen kann, dass das Erlebte mein späteres Leben beeinflusst / geprägt hat. Das ist eine interessante Frage, die ich nicht beantworten kann. Vielleicht habe ich - aus Sicht anderer Leute schlechte, nervige Angewohnheiten und Macken, oder gar gewisse Ängste, Manien oder Phobien, die ich ohne Sylt heute nicht hätte. Auch fällt es mir bisweilen schwer oder empfinde ein unwohles Gefühl dabei, andere Menschen kennenzulernen. Und so dauert es mitunter eine Weile, bis ich mit jemandem „warm“ geworden bin.
Auch nach nunmehr über 50 Jahren stellt man sich die Frage, ob man vielleicht ein anderer Mensch geworden wäre, wäre einem dieses „Erlebnis“ erspart geblieben?!
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Claudia schrieb am 09.06.2023
Das erste Mal sprach ich mit meinem Vater über das auf Wangerooge erlebte, als wir gemeinsam mein bestandenes Physikum feierten -da war ich 23 Jahre alt. Er versicherte, wenn er dies gewusst hätte, hätte er mich sofort dort abgeholt. Das wusste ich auch als kleines Kind, aber: mir war klar, dass er zu lange Zeit benötigte, um mit dem Auto von Hamburg nach Wangerooge zu fahren und befürchtete, von den "Tanten" (tot-)geprügelt zu werden. Vor kurzem sah ich einen Fernsehbeitrag zu diesem Thema und dachte: "das ist genau meine Geschichte"! Gern möchte ich mehr über die Aufarbeitung erfahren. Mein ganzes Leben lang war ich beeinträchtigt und fühlte mich minderwert!
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W.R. aus Hannover schrieb am 08.06.2023
W.R.
geb. 1949
Einschulung Hannover- List, 1956
Ärztliche Untersuchung: zu Dünn
Kinderland - Verschickung: Aufpeppen
kleines Kinderlandheim.
Nach der ärztlichen Voruntersuchung und allen Impfungen ( etc.) wurde ich als Unterernährt befunden und zum Aufpeppeln nach Langeoog geschickt.
Meine Mutter brachte mich mit dem armseligen Koffer zum Setra Bus. Eine hübsche blonde Gruppenleiterin,
mit blauen Augen, hielt die Kinder im Griff.
Es ging an die Nordsee. Mit dem Schiff wurde nach Langeoog übergesetzt. Die Möwen begleiteten uns.
Anschließend ging es weiter mit der Inselbahn zum Landheim. Schwestern in weißen langen Schützen empfingen uns und es ging ins Obergeschoss zum auspacken in ein kleinen Spind. Das kleine Landheim mit den vielen weißen Fenstern mit Butzenscheiben sah heimelig aus. Es folgte das Abendessen im großen Saal mit Reihentischen auf Bänken. Graubrot fertig geschmiert mit Teewurst und Leberwurst auf Tablets standen auf den Tischen. Dazu gab es Früchtetee aus großen Blechkannen . Die erste Nacht habe ich fremd mit Heimweh verbracht. Aufstehen um 7:00 Uhr, waschen im Waschraum, anschließend Frühstück. Diesmal stand Graubrot mit Erdbeermarmelade gestapelt auf dem Tablet auf dem Tisch. Die Schwestern mit den weißen Schürzen legten die Brote auf meinen Teller. ISS mein Junge, daß du groß und stark wirst. Die Dicken Kinder in der Reihe hinter mir sollten abnehmen und nahmen gern die nicht geschafften Scheiben Brot an. Anschließend gab es die Wanderung über die Insel.
Das Mitttagessen war recht einfach. Viel Kartoffeln mit Gemüse, manchmal mit Fleisch. Graupensuppe wechselte mit Bohnen- oder Erbsensuppe.
Spiele im Hausgarten folgte. Manchmal kam Heimweh auf. Die Schwestern waren streng. Im Waschraum wurde das spritzen mit Wasser regide bestraft. Die Teilnahme am Anschlussfest wurde mit Verbannung ins Bett, sowie mit Entzug der kleinen kleinen Schokolade geahndet. Das tat weh und ließ das kleine Herz krampfen. Die Tränen rollten. Die Springflut war ein Ereignis und der starke Wind beeindruckte mich sehr.
Dann kam der Abschied. Der Koffer war gepackt und die Schwestern winkten mit weißen Bettlaken uns nach.
Zugfahrt zum Schiff, dann zum Bus. Keine blonde Betreuerin mit hübschen blauen Augen auf der Rückfahrt.
Anschließend die Schuljahre. Kinder der Reichen und der Akademiker kamen aufs Gymnasium, wir in die Lehre und anschließend auf den 2. Bildungsweg.
Vati, nach dem Krieg mit nur noch einem Arm, brachte die Familie gut durch die Aufbaujahre. Zu vererben gab es nichts.
Gerackert, malocht, Haus gebaut und den Eindruck, nur verarscht worden zu sein. Deutschland ist kein Kinderland.
Bisschen Wehmut, und die Erinnerung an eine hübsche blonde Gruppenleiterin mit schönen blauen Augen.
W.R.
,
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Kay B. aus Lippetal schrieb am 08.06.2023
Sylt, irgendwann um 1970

Es ist seltsam, wie viele andere auch, kann ich mich an das Jahr nicht mehr erinnern. Meine zwei Geschwister, die mit mir zusammen in Westerland waren, ebenfalls nicht.
Es gibt keine Aufzeichnungen oder Fotos, sodass wir nicht einmal wissen, in welchem Haus wir untergebracht waren. Alles liegt in dichtem Erinnerungsnebel.

Woran ich mich allerdings gut erinnere: Die Betreuer nannten sich „Moniteure“ also Beobachter. Sie taten jedoch deutlich mehr als zu beobachten. Sie wiesen an. Und zwar unmissverständlich.

Das Essen fand in einem großen Saal statt und es hatte zwei große Nachteile:
1. Es war widerlich
2. Es musste aufgegessen werden
Ich erinnere mich, dass ich große Teile ohne zu kauen einfach herunter gewürgt habe.

Die Nachtruhe begann recht früh und durfte niemals unterbrochen werden. Kein Sprechen, kein Licht.
Drang aus einem der Schlafräume ein Laut, stand auch prompt ein Moniteur im Raum, zog uns aus dem Bett und man durfte barfuss im Flur für eine unerträglich lange Zeit vor der Wand stehen. Lehnte man sich an, musste man zudem noch die Arme ausstrecken.

Die Morgenhygiene fand in einem Raum statt, der mich stark an den Waschraum bei der Bundeswehr erinnerte. Lange Reihen, altertümliche, durchgehende Waschbecken. Anweisung von oben:
„Ihr putzt solange, bis Blut auf der Zahnbürste zu sehen ist“.

Die Toiletten waren ein graus. Ich kann mich nicht erinnern, ob sie nur nicht gereinigt wurden oder irgendwelche Kinder ihr Geschäft im ganzen Raum verrichteten. Jedenfalls bin ich maximal einmal in der Woche dort gewesen und bin somit jedes mal knapp um einen Darmverschluss herumgekommen.

Pakete wurden stets geöffnet übergeben, ob sie vollständig waren, kann ich nur vermuten. In meiner Erinnerung eher nicht.

Auf dem Innenhof befand sich ein Spielplatz.

Ich erinnere mich noch daran, dass ich mit meinem Hass auf diese Anstalt nicht alleine war. Denn wir haben mal das altbekannte „in der Heimat ist es doch am schönsten“ gesungen, was wiederum mit härteren Strafen geahndet wurde.

Wenn jemand mit 7-8 Jahren gute sechs Wochen lang auf Sylt war, sollten doch auch schöne Erinnerungen zu finden sein… Da ist nichts. Auch keine weiteren Details.
Ich weiß, tief in meinem Inneren, dass da noch viel mehr war. Aber auch das ist wie ausgelöscht. Oder aus Selbstschutz verdrängt.

Als wir dann endlich wieder zu Hause waren, wurden unsere Erlebnisse als übertriebene Schauermärchen abgetan. Niemand glaubte uns und so teilten wir Drei diese Erfahrungen ganz alleine. Bis heute.

Es hat allerdings mein Leben klammheimlich und maßgeblich mit geprägt. Sei es, wenn es um die Auswahl meines Essens geht, sei es in größeren Gruppen unterwegs zu sein oder Vertrauen aufzubauen.

Als meine Einberufung zur Bundeswehr kam und ich am Bahnsteig auf dem Weg nach Hamburg stand und abends dann in die Kaserne musste, kamen einige Erinnerungen zurück. Ich fühlte mich plötzlich wieder wie der Siebenjährige:

Ausgeliefert. Ungewiss. Allein. Misstrauisch. Drangsaliert.

Diese Zeit wurde dann allerdings deutlich schöner als meine Sylt-„Erholung“. Und das soll was heißen…
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R.S. aus Pforzheim schrieb am 07.06.2023
Hallo
Auch ich hatte die " Ehre " in Friedenweiler mindestens 6 Wochen ( oder auch länger ) zu verbringen. Ich hatte diese schreckliche Zeit für Jahrzehnte verdrängt. Durch Zufall kam ich auf diese Seite und alles kam wieder hoch. Das war vor ein paar Wochen. An Vatertag unternahm ich mit einem Kollegen eine Motorradtour für 4 Tage in den Schwarzwald. Freitags fuhren wir auf meinen Wunsch nach Friedenweiler. Schon als ich das Gebäude von oben sah schnürte es mir den Hals zu. Alle Erinnerungen waren wieder da. Die Erniedrigungen, Ängste und Quälereien. Wir durften leider nur in einen kleinen Bereich des Gebäudes. Darin hingen Bilder die meine Erinnerung noch verstärkten.
Besonders ein Bild fand ich verhönend, es stand darunter " Die ungeliebte Liegekur". Es war nichts anderes als Zwangsschlafen mit Androhung von Schlägen. Ich hätte nie gedacht dass mich die Erlebnisse von damals wieder so einholen würden. Ob das ganze wirklich einmal von der Gesellschaft aufgearbeitet wird bezweifle ich sehr. Mit der Zeit werden wir alle die das erlebt haben sterben und dann kräht kein Hahn mehr danach.
Mit lieben Grüßen R.S.
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Bodo P. aus München (jetzt( schrieb am 07.06.2023
War dort und habe sehr unangenehme Erinnerungen. Zum Frühstück gab es Milchsuppe, wer 2 oder sogar 3 Teller schaffte wurde gelobt. Mir gegenüber übergab sich ein Junge und der Mageninhalt ging in den Teller zurück. Er mußte das Erbrochene erneut aufessen.Das war kein Einzelfall. Man hatte Angst nicht folgsam zu sein, Die Keiterin hieß Vogel, glaub ich. Eine große stattliche Frau mit Knoten, sehr streng und dominant. Vor der hatte man Angst, nicht Respekt! Das einzig positive waren kleine Ausflüge, auch mal zur Adlerrwarte.
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Manuela Schulz aus Karlsruhe schrieb am 06.06.2023
Erst mal hallo
Ich hab erst nach ca ca 43 Jahre,nach dem ich an ein Mädchen gedacht habe und sie suchen wollte, wo bzw was ich war. Verschickungs Kind. Und heute im TV das Thema. In fast jeder von den betroffenen hat das gleiche erlebt wie ich oder noch schlimmer. Ich kam wegen Untergewicht und Migräne Anfälle dort hin .Wenn ich früher erzählt hab war ich z.b. stolz die Tabletten auf den Platz der anderen zu verteilen und selber von den cacao Tabletten heimlich genascht zu haben. Gelbe weisse, rosa ,braune Kapseln . Nächst durfte ich vor der Tür im langen dunklen Gang sitzen,weil ich zur Mittagsruhe nicht still gelegen bin. Ich durfte mich nicht bewege,wen doch blühte mir immer der Gang in der Nacht . 2 Blätter Klopapier mehr gab's nicht. Essen das dir nicht schmeckte,das du raus gespuckt hast wieder weill sie es dir rein geschoben haben bevor du es überhaupt geschluckt hast wieder essen dürfen. Erlich gesagt kann ich mich an nix dort erinnern bis auf den Spielplatz. Und heim gekommen am Bahnhof auf die Mutter gewartet gewartet und hab ich sie nicht mehr erkannt.
Was Kinder hinnehmen ohne es zu hinterfragen nur weil sie den Erwachsenen vertrauten oder aus Angst ist erschreckend. Es ist schlimm was allen passiert ist und wünsche euch viel Kraft . Ich sagte immer die Zeit heilt Wunden nein es lässt dich Gott sei Dank Stück für Stück den schmerz vergessen.

LG Manu
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DKL schrieb am 04.06.2023
Wenn ich all diese Berichte hier lese, bin ich zutiefst berührt und mir kommen Tränen über all die Grausamkeiten welche die Kinderseelen erfahren haben!

Seit ich die Berichte hier gelesen habe, sind mir einige Dinge klarer geworden.
Beim Lesen habe ich immer wieder festgestellt, dass mir viele der beschriebenen „Erziehungsmaßnahmen“ bekannt vorkommen, obwohl ich selbst (zum Glück) nie in einer Kinderkur war (bin Jahrgang 1974).
Jedoch war meine Mutter in einer Kinderverschickung, wahrscheinlich 1957 als 9 jährige, wegen Untergewicht. Irgendwo an der Nordsee? Genaueres weiß ich leider nicht!

Nach den Berichten hier sieht es für mich ganz danach aus, als sei meine Mutter wahrscheinlich in dieser Kinderverschickung traumatisiert worden. Darüber wurde aber nie gesprochen (wie über so vieles nicht!). Nie hat meine Mutter diese Erlebnisse aufgearbeitet - sie hat sie einfach eins zu eins an ihre Kinder/an mich weitergegeben.

Auch ich musste vor dem Essen sitzen bis es aufgegessen war (egal was es war) – bisweilen isoliert in meinem Zimmer.
Ich wurde ausgeschlossen aus der Familiengemeinschaft und es wurden mir Kontakte zu Freunden verboten, wenn ich irgendwas gesagt/getan hatte, das (willkürlich) nicht „richtig“ war.
Ich musste im Zimmer schmoren und durfte nicht spielen gehen bis der Vater abends von der Arbeit kam und auch noch was dazu sagen würde (ich war an irgendetwas schuld, was ich nicht nachvollziehen konnte).
Ich wurde vor anderen bloßgestellt.
Mir wurde gedroht, dass wenn ich nicht „lieb“ sei, würde ich ins Kinderheim geschickt werden.
Wenn wir Streit hatten, musste ich meiner Mutter all die Geschenke, die ich von ihr hatte, zurückgeben.
Mit ca. 5 Jahren überredete sie mich, mein geliebtes Kuscheltier in den Müll zu werfen.
Wenn ich Streit mit Freundinnen hatte, diktierte sie mir böse Briefe.
Usw...
Oft habe ich eine Härte, Kälte und Grausamkeit bei meiner Mutter wahrgenommen, die ich mir als Kind (oder bis heute) nicht erklären konnte. Sie zeigte wenig Gnade und keine Reue.
Mich haben diese grausamen Erziehungsmaßnahmen traumatisiert und ich bin seit Jahren mit der Aufarbeitung beschäftigt.
Irgendwann tauchte die Erkenntnis auf, dass eine Mutter ihr Kind nur so behandeln kann, wenn sie selbst so behandelt worden ist, wenn sie selbst auf diese Weise traumatisiert worden ist.

Ob es tatsächlich der Aufenthalt in der Kinderverschickung war, der meine Mutter traumatisiert hat, werde ich wahrscheinlich nie erfahren. Die Berichte hier (Danke dafür!) hörten sich für mich sehr bekannt an. Wahrscheinlich war es eine Kombination aus vielen verschiedenen Missständen, die in der Nachkriegszeit herrschten. Traumatisierung teilweise schon im Mutterleib, durch Krieg/Nachkrieg, durch "wir reden nicht drüber und schauen nach vorn"-Mentalität,...usw. Die Erwachsenen waren ja auch alle größtenteils traumatisiert, die konnten sich nicht liebevoll um die Belange ihrer Kinder kümmern...

Ob meine Mutter ihr Trauma jemals bewältigen wird? Es wäre wünschenswert, ist jedoch sehr unwahrscheinlich.
Sie ist eine alte gebrochene Frau, die während ihres Lebens immer bitterer geworden ist und quasi den Kontakt zu allen nahestehenden Menschen/Familie (inklusive meiner Schwester und mir) abgebrochen hat.

Ich wünsche Ihnen/uns allen viel Kraft!
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Ulrich Goltsche aus Hamm schrieb am 01.06.2023
Erinnerungen an das Heim in Detmold (Johannaberg, Berlebeck):
Abends das rote Licht im Flur bedeutete Toilettenverbot. Ich schlich mich durch den nach Eichenholz und Bohnerwachs riehenden dunklen Flur Richtung Toilette, wurde erwischt, beschimpft und zurück in den Schlafraum geschickt.
Aus Angst nochmal erwischt zu werden habe ich ins Bett gepinkelt, als ich es nicht mehr aushalten konnte.
Das wurde am nächsten Morgen entdeckt und entsprechend "gewürdigt".
Die psychische Erniedrigung, Gewalt an meiner Kinderseele, lief folgendermaßen:

Im Speisesaal, wo es morgens einen Becher Kakao/Milch gab und irgendeine dicke Breisuppe, meist eine Art Milchbrei, setzte ich mich an meinen Platz.
Alle meine Tischnachbarn hatten sowohl den Brei-Teller vor der Nase als auch ihren Becher mit Milch/Kakao.
An meinem Platz fehlte der Becher. Ich dachte mir schon irgendwie, daß das wohl Strafe für das Bettnässen war, also protestierte ich nicht.
Nun kommts:
Kurz nachdem alle mit dem Essen begonnen hatten, erschien eine der "Haubenlerchen" (Schwestern) vorn an der Essenausgabe. Sie trug ein Tablett mit 2 oder drei winzigen Tassen und rief laut "Die Pinkler bitte!".
Nun durfte ich mir mit den anderen Leidensgenossen - vor aller Augen öffentlich als "Pinkler" geoutet - das Mini-Becherchen abholen.
Ich schämte mich fürchterlich ob dieser öffentlichen Erniedrigung.

==========

In diesem Stil lief es die ganze Zeit. Am gleichen Tag - auf einer "Wanderung" - bekam ich auch noch weniger zu trinken als die anderen Kinder.
Beim Briefeschreiben (war irgendwie einmal die Woche? weiß nicht mehr genau) wurde einem über die Schulter geschaut und mitgelesen. wer traute sich da noch die Eltern im Brief zu bitten dass man doch wieder heim möchte?!?

Nicht nur ich, auch andere haben dort seelische Gewalt erlebt und natürlich den berühmten "Klaps" bekommen, der ja bekanntlich noch niemand geschadet hat...
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Glave Hildegard aus 71636 Ludwigsburg BaWü schrieb am 01.06.2023
Ich dachte lange, ich seit die Einzige, die in der Diakonissenanstalt Schwäb.Hall war. Endlich hat sich jetzt jemand gemeldet. Ich war wegen Bettnässen dort, es war sehr schlimm. Wenn ich wieder das Bett nass gemacht hatte, gab es Strafen (in der dunklen Putzkammer die restliche Nacht verbringen oder im nassen Bett weiterschlafen). Dabei war ich ja dort, um dieses Leiden zu heilen.
Ich würde gerne mit Gaby aus Hagen Kontakt aufnehmen.
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Franziska Walter aus Berlin schrieb am 27.05.2023
Ich wurde wegen chronischer Bronchitis verschickt. Ich war erst 3 oder 4. wegen eines eitrigen Exzems auf dem Kopf u Läusen wurde ich mit einer lila Tinktur eingepinselt u musste in einem winzigen grau-grün gefliestem Raum bleiben, dort wo man Wassertreten musste. Es war kalt und ich hatte große Angst so allein. Den Garten mit den Schaukeln mochte ich, den Bienenstich nicht. Auch nicht, dass wir zum Matrjoschkafest alle Kopftücher tragen mussten. Die mussten die Eltern glaube ich extra mitschicken.
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Gaby S. aus Hagen schrieb am 26.05.2023
Ich war gerade 5 Jahre alt geworden als ich zur Kur verschickt wurde, war die Kleinste.
Abfahrt: Keine Übergabe von den Eltern an das Betreuungspersonal. Wurde rasch und ruppig ins Abteil geschoben, als der Zug eintraf. Bei der Abfahrt habe ich versucht aus dem Zug zu entkommen, wurde von mehreren Erwachsenen festgehalten, habe um mich geschlagen und getreten, mich dann weggeschrien. Totaler blackout. Als ich irgendwann wieder zu mir kam, wurde ich ausgeschimpft: Bist du jetzt endlich wieder lieb!!!
Ankunft: Riesiger Schlafsaal, irgendwo mein mir zugewiesenes Bett dazwischen, mein einziger Halt - meine kleine Schlafbegleiter-Puppe - wurde mir direkt nach Ankunft von der Betreuung weggenommen.
Toilettenverbot + Sprechverbot während der Schlafenszeit mittags und nachts: Wir durften das Bett nicht verlassen, durften nicht die Toilette aufsuchen. Wer erwischt wurde, wurde ausgeschimpft.
Keinerlei Kontakt zu den Eltern. Wöchentliche "Briefe" an die Eltern, dass es einem gut geht (ich sollte immer eine lachende Sonne malen). Traurige Sonnen durften nicht verschickt werden und wurden konfisziert.
Bestrafungsarbeit: Einen Haufen Schuhe putzen.
Essen: Wir mussten den Teller IMMER leer essen, egal wie lange es dauerte, bekamen zu den Mahlzeiten nichts zu trinken. Es hat nicht geschmeckt, es wurde sehr viel geschimpft.
Die Schwimmkuren: Gerade 5 Jahre alt, Nichtschwimmerin, hatte Angst vor Wasser, Schwimmflügel gab es nicht, der aufblasbare Schwimmring war zu groß als dass ich darin Halt fand, trotzdem musste ich mit den größeren bzw. älteren Kindern in das Becken und irgendwie mit den anderen im Kreis herumpaddelm. Per Schlauch Abduschen mit kaltem Wasser, alles begleitet von reichlich Schimpfen
Innerhalb der Kurzeit wurde ich auf eine Krankenstation verlegt, dort verbrachte ich einige Tage eingesperrt in einem Gitterbett. Der Grund ist mir bis heute unklar.
Die Kurzeit war die Hölle und prägt mich bis heute.
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Michael H. aus Wiesbaden schrieb am 24.05.2023
6 schlimme Wochen ohne Kontakt zu den Eltern, heftiges Heimweh- es war nicht nachvollziehbar, warum man keinen Kontakt zu seinen Eltern bekam, Drangsalierungen und miserables Essen. Sollte dort wegen Untergewicht hin und wog nach der "Kur" ganze 100Gramm mehr. Der Heimleiter dort war ein Mann- die Kinder im Nachbarzimmer wurden 2mal von ihm geschlagen, Grund unbekannt. Wir hatten solche Angst, dass er auch zu uns ins Zimmer kommt. Alle Geburtstagsgeschenke wurden mir abgenommen und verteilt, ausser ein Micky Maus Heft und etwas Schokolade. Es war der einzigste Kontakt in 6 Wochen per Glückwunschkarte. Es gab aber auch ein paar nettere Schwestern dort, trotzdem: wie kann man kleinen Kindern nur so etwas antun? Man hatte zeitweise das Gefühl, man sieht seine Eltern nie mehr wieder und wo man genau war, wusste man auch nicht, da man im Kindesalter noch kein Gespür für Entfernungen und Zeit hatte. Dieses Erlebniss war sicher ein Mitauslöser für spätere Ängste und Aggressionen. Es herrschte generell ein strenges und autoritäres Regiment, kann mich aber an viele Details nicht mehr erinnern, nur an ein Mädchen aus Eschwege die sich freute, weil ich 100Gramm zugenommen hatte.Ein kleiner Lichtblick war sie......
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Wilfried Rudolf Franke aus Gönnersdorf/Vulkaneifel schrieb am 22.05.2023
Ein sehr schweres Erleben hatte ich, als ich erst 9 Jahre alt war. Just heute, am 22.5.2023, fand ich „zufällig“ im Internet viele Seiten über das Thema „Verschickungskinder“ in den 1960er bis 1980er Jahren. Ich dachte bisher, dieses Thema gut verarbeitet zu haben, doch erfasste mich mit 66 Jahren das Leid von damals so sehr, dass es mich völlig fassungslos ergriff und die damaligen Gefühle und Erfahrungen wieder in Tränenausbrüchen hoch kamen. Offenbar sitzt das Trauma von damals noch tief und muss von mir noch bearbeitet werden. Was war geschehen? Wohl auch durch die Wohnverhältnisse in kalten Wintern ohne Wärme in eiskalten Zimmern zu schlafen, hatte ich öfter Husten auf den Bronchien festsitzen. Die Ärzte und Jugendämter empfahlen damals Eltern, wenn die Kinder oft husteten, wie ich, oder als zu dünn oder zu dick erachtet wurden, eine sogenannte Kindererholungszeit mit Luftveränderung, also möglichst weit weg. Laut Internet begann man erst seit 2017 so richtig diese Kinderquälereien aufzuarbeiten, wobei ich noch bei den Glücklichen war, nicht sexuell misshandelt oder geschlagen worden zu sein, und auch keine Pillen zu Versuchszwecken einnehmen musste, was man von anderen derartigen Heimen liest. Ich wurde für 6 Wochen ins Allgäu „verschickt“, in das Kinderkurheim Sonnenhang bei Oberstdorf. Mein Vater brachte mich von Orsberg nach Koblenz zum Bahnhof. Ab da fuhr ein Zug ohne umzusteigen nach Kempten im Allgäu, dann ging es mit einem Regionalzug weiter. Meine Eltern hatten mir einen vollen Koffer mit Kleidung und Handtücher gepackt, der beim Ankommen sofort weggeschlossen wurde. Nur Zahnbürste, Zahnpasta, ein Stück Seife und einen Schlafanzug durfte ich herausnehmen. Innerhalb der für mich endlosen 6 Wochen wurden wir einmal an die Koffer gelassen, um uns Wechselkleidung heraus zu holen. Somit brachte ich fast alles ungetragen wieder mit nach Hause. Wir wurden 6 Wochen eingesperrt, mit Bewegungsfreiheit nur im Schlafsaal mit mindestens 10 Etagenbetten und einem Aufenthaltsraum für tagsüber. Die andere Abwechslung war der Gang zum Essen, was möglichst billig zusammen gekocht wurde. Als ich mir erlaubte, an einem nicht so traurigen Tag in meinem Befinden einen Witz über das Essen zu machen, wurde ich sofort heftigst zurecht gestaucht, dass ich nie mehr einen Mucks sagte. Ich schaute Tag für Tag durch verschlossene vergitterte Fenster in die schöne Schneelandschaft, in die wir in 6 Wochen dreimal für eine halbe Stunde raus gelassen wurden. Wir bettelten anfangs täglich, raus in den Schnee zu dürfen, was sich schnell legte, da wir stets ein nein zur Antwort bekamen. Kurz vor Heimreise gab es den einzigsten Spaziergang runter ins Dorf, für ein Mitbringsel für zu Hause zu kaufen. Es kümmerte sich niemand um uns, es gab kein Programm und wir lebten eingesperrt und völlig verwahrlost. Die Zimmer wurden nicht kontrolliert, gefegt oder neue Bettwäsche aufgelegt. Wöchentlich mussten wir einmal eine Karte nach Hause schreiben und ich schrieb, was los war und dass es mir überhaupt nicht gefiel und ich riesiges Heimweh hatte und mich völlig allein gelassen fühlte. Solch eine ehrliche Beschreibung wurde sofort zensiert und nicht verschickt. Ich erhielt meine Karte zurück mit der Aufforderung, ausschließlich zu schreiben, dass es schön sei. Anderes werde nicht verschickt. Ab da musste ich jede Woche den gleichen Satz schreiben, es wäre schön. Meine Eltern wunderten sich über meine Einsilbigkeit ohne wirklich Schönes zu erzählen. Ob durch die psychische Belastung oder/und schlechtes Essen bekam ich jedenfalls eines Nachts einen derart dünnen Durchfall, dass ich nicht schnell genug aus dem Bett zur Toilette kam. Aus mir schoss die ganze stinkende Brühe bereits im Bett. Ich schlief in der Ecke hinten links im oberen Bett. Mein Schlafanzug war voll verschissen und das Bett, Oberbett, Bettlaken und Matratze und es stank fürchterlich. Ich ging mit wenig Licht der Notbeleuchtung zum Klo und wischte mit viel Klopapier meinen Schlafanzug und meine Haut so trocken, wie es notweise ging und legte mich wieder schlafen ins nasse Bett. Von da an lag ich jede Nacht bis zur Heimreise in diesem stinkenden Bett. Wenn ich mich recht erinnere, wurde mir ein weiteres Öffnen meines Koffers für einen reinen Schlafanzug verwehrt und ich traute mich nicht, den Vorfall zu berichten, da das gesamte Personal so unfreundlich war und nur schimpfte. Die Stunden und Tage und Wochen vergingen soooo langsam, dass ich verzweifelt nach einem Plan suchte, aus diesem Gefängnis auszubrechen und zu einem Bahnhof zu gelangen, um irgendwie nach Hause zu kommen, doch es gab keine Lösung. Die Türen wurden stets abgeschlossen wie in einem Gefängnis und alle Fenster waren vergittert. Die Fenster selbst mussten geschlossen bleiben, damit die Heizung nicht zu teuer liefe. Irgendwann endeten diese traumatischen 6 Wochen und die lange Zugfahrt nach Hause stand an. Was hatte ich alles meinen Eltern zu erzählen über die Wahrheit dieser Quälerei und durch meinen Kopf liefen die Berichte an sie zu Hause in der großen Hoffnung, dass das Erlebte geahndet wird, dass meine Eltern etwas unternahmen, sich beschwerten und damit andere Kinder vor diesem Heim warnten und schützen würden. Ich hatte meine Eltern so sehr entbehrt und hoffte so sehr auf deren rückwirkende Unterstützung für mich, ihren Sohn. Sie hörten sich meine Berichte an mit einem ah, deshalb kam immer nur derselbe Satz in der wöchentlichen Karte, die ich schreiben musste. Ich durfte mich nicht weigern, nach Hause zu schreiben. Ich musste schreiben und ich musste lügen. Meine Eltern sahen auch am fast unberührten Kofferinhalt, dass ich Recht hatte mit meinen Beschwerden, wieso sollte auch ein kleiner 9-Jähriger Junge sich kriminelle Geschichten erfinden? Und dann erlebte ich den zweiten Schock nach diesem langen Martyrium, indem meine Eltern sich nicht empörten und nicht vorhatten, sich für meine Behandlung und den Skandal zu beschweren. Ich konnte es nicht fassen und war erneut am Boden zerstört, fühlte mich nach dem Verlassensein in diesem Heim nun von meinen Eltern zu Hause verlassen, die förmlich desinteressiert waren, was mir passiert war.
Ich dachte, dieses Trauma gut weggesteckt zu haben, und ich war heute nach 57 Jahren sehr erstaunt, dass dieses Leid so sehr in mir hochkam, als ich im Internet davon las, dass dies kein Einzelschicksal von mir war, sondern eine Kinderquälerei sonders gleichen in weit mehr als 1.000 derartiger „Heime“ in Deutschland, dass mir die Stimme zitternd wegblieb, die Tränen liefen und mir erstmal ein Kaffee zur Stärkung angeboten wurde, wo ich mich gerade zu Besuch befand.
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Silke Balsser aus Pohlheim schrieb am 22.05.2023
Möchte gerne meine Kindheit aufrecht halten wer war zu diesem Zeitpunkt auch dort
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Julia N. schrieb am 20.05.2023
Ich habe keine Erinnerungen mehr über diese Zeit. Ich war 6 und davor und auch danach ist alles weg.
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Andrea Gellert aus Dresden schrieb am 19.05.2023
Auf der Suche nach Informationen zu meinem Kuraufenthalt bin ich auf diese Seite gestoßen. Ich habe noch ein Foto und einen Brief (mit Anschrift Bad Kösen, Gruppe 3) vom Kindergarten an mich sowie eine gebastelte Mappe aus dieser Zeit. Ich war damals 6 Jahre, Vorschulkind. Es war wohl bereits der zweite Aufenthalt dort. Der erste Aufenthalt ist aus meinem Gedächtnis weg. Ich erinnere mich, dass ich bei Ankunft von einer Erzieherin an den Haaren gezogen wurde und sie meinte: "Bist du auch wieder da!" Meine Mutter hatte mir versprochen, dass sie mich nach 3 Tagen wieder abholt. Ich fragte eine Erzieherin, ob die drei Tage vergangen sind. Dies beantwortete mir die Erzieherin mit einem höhnischem Lachen und sagte: "Drei Tage, nach sechs Wochen kommst du wieder heim!" Ich war sehr unglücklich und hatte Heimweh. Weiterhin habe ich nur fragmentierte Erinnerungen an diese Zeit. Ein großer Schlafsaal und das ich ständig Angst hatte. Heute fällt mir ein, dass ich unsichtbar sein wollte. Nachts durften wir nicht auf Toilette gehen. Ein Mädchen wurde kalt geduscht und hat laut geschrien. Das machte mir sehr Angst. Eine Erzieherin, die mir sagte - auf den Blick in den Wald/Burg? den man aus dem Fenster sehen konnte - dass da ein Bär schläft (ich meine die Wälder ergaben schemenhaft ein Bild eines liegenden Bären). Ich verbinde zumindest damit keine Angst. Ich erinnere mich an Spaziergänge am Gradierwerk vorbei und an heiße Bäder und nachher warm einpacken. Ich meine, dass ich Fieber hatte und es sehr heiß war. Sonst habe ich keine weiteren Erinnerungen an die Kur. Ich sollte noch ein weiteres Mal dahin fahren, was ich jedoch mit Gebrüll und tobend nicht wollte. Mein Wunsch wurde erhört. Wenn gewünscht, stelle ich gern das Foto zur Verfügung. Ich freue mich, wenn Gleichgesinnte treffe.
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Sehmer Adolf aus Sitterswald schrieb am 18.05.2023
Ich war ender der 50 ziger oder Anfang der 60 ziger Jahre als Kind im Erholungsheim Burg Stauf. Leider fehlt mir jede Erinnerung, Es könnte in Eisenberg in der Pfalz gewesen sein. Ich kann man noch an zwei Namen erinnern: Schwester Libich und eventuell an einen jungen Klaus Siliwanowski. Gibt es jemand der zufällig auch dort war. Mir geht es nur um die Erinnerung die leider komplett fehlt. Ach ja wir hatten oft Völkerball auf der Burg gespielt. Vielen Dank
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Ute Magdeburg aus Köln schrieb am 09.05.2023
Hallo Rosi,
ich heiße Ute und bin in dem Zeitraum, in dem du in Bad Kreuznach warst, ebenfalls im Viktoriastift.
Ich habe noch ein Gruppenfoto.
Damals war ich 5 Jahre alt und habe nicht mehr viele Erinnerungen an diese Zeit, aber ich weiß, dass ich damals sehr viel Heimweh hatte und todunglücklich war.
Bad Kreuznach als Ort ist mir auch total verhasst.
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Friedhelm Venjacob schrieb am 09.05.2023
Ich bin zufällig über das Internet auf dieses Thema gestossen, was dazu führte, dass ich mich ebenfalls an meinen Aufenthalt dort erinnerte: Ich weiß noch, dass ich als 7oder 8 jähriger im Sommer mit einem Pappschild um den Hals und einem winzigen abgeranzten Köfferchen in Gütersloh in den Zug gesetzt wurde. Auf dem Schild stand groß "Köln Hbf" drauf. Irdendwie wurde man in Köln aufgegabelt, damit es mit einem Bus in das Ferienheim weitergehen konnte. (Eigentlich hatte ich mir unter Ferien etwas anderes vorgestellt). Alles in allem habe ich das Heim nicht in sehr guter Erinnerung, da dort Zwänge herrschten, die so nicht kannte. Zuhause lief bei uns so einges schief -ist ein anderes Thema- aber dort konnte ich in unserer Siedlung zusammen mit meinem 1 Jahr älteren Bruder größtenteils unbeaufsichtigt herumstreunen und mit den Nachbarkindern spielen.
Die Zwänge im Jagdhaus Stäckel waren das Essen von Hafersuppe, der Gehorsam gegenüber den Tanten und der ganze Rest.
Nach ungefähr einer Woche durfte ich nur noch an der Hand einer dieser Tanten nach draußen, da ich weglaufen wollte; wohin weiß ich nicht mehr, hauptsache weg.
Ich weiß noch dass ich deshalb unter Druck gesetzt wurde, und man mir drohte dass man mich vorzeitig zurück schicken würde, was sehr teuer wäre, wenn ich mich nicht benehmen würde.
Irgendwann sind wir mal am Loreleyfelsen gewesen, das war ganz schön, besonders die Aussicht auf den Rhein.
Kurz vor Ende der "Ferien" gab es ein Sommerfest auf der Wiese unterhalb der Terrasse, bei dem Süßigkeiten an einer Schnur aufgehängt waren, die man mittels hochspringen abreißen konnte. Leider bin ich beim Betreten der Wiese in eine Hummel getreten, die mich stach. Ich bekam deshalb keine Süßigkeiten und humpelte 2 Tage herum. Wenigstens musste ich da nicht mehr an der Hand der Tante laufen.
Die Postkarte, die ich seinerzeit meiner Familie gesendet habe, besitze ich heute noch und glaube auch dass der Text uns mehr oder weniger diktiert wurde.
Wie ich nach Hause gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Es gab nach meiner Rückkehr keine großartigen Erzählungen oder dergleichen. Ich habe einfach da weitergemacht, wo ich sechs Wochen vorher aufgehört habe.
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Jan Henrik schrieb am 08.05.2023
Ich bin im Sommer 1988 mit sechs Jahren in die Kinderklinik im Borntal, Bad Sachsa, verschickt worden. Der Grund war eine Empfehlung vom Amtskinderarzt bei der Schuluntersuchung, weil ich zu unterernährt wäre und sonst die Schule "nicht schaffen" würde. Meine Mutter wollte gerne eine Mutter-Kind-Kur, jedoch war ich dafür schon "zu alt". Für meine Eltern galt die Verschickung als Privileg, was nicht jedem angeboten wurde. Generell hatte die Verschickungskur einen sehr guten Ruf. Natürlich hatten meine Eltern ein schlechtes Gefühl, mich alleine weg zu schicken, gingen aber davon aus, mir mit der Kur etwas gutes zu tun. Besuchen kommen durften sie mich nicht. Anrufen durfte meine Mutter nur einmal in der Woche, immer am selben Tag, zur selben Zeit. Hätte ich nach den Telefonaten Heimweh gehabt, hätte sie nicht mehr anrufen dürfen. Meine Eltern brachten mich zum Hamburger Hauptbahnhof, wo ich von einer Begleitperson, in meiner Erinnerung eine nette Frau, in Empfang genommen wurde. Laut meinen Eltern war ich wohl fröhlich und habe beim Abschied nicht geweint. Zusammen mit zwei weiteren Kindern, zwei Mädchen, sind wir dann von ihr nach Bad Sachsa gebracht worden.

Was ich weis
Nach der Ankunft bin ich in Haus 1 untergebracht worden. Ich kam in einen Schlafsaal am Ende des Flurs im ersten Obergeschoss. Ich lag in einem Bett mit Blick auf die Tür. Diese stand immer offen, ob nachts oder zur Mittagsruhe. Wir durften manchmal Hörspiele hören. Ich weiß nicht mehr, ob das die mitgebrachten Hörspiele von Kindern waren oder ob diese der Unterkunft gehörten. Jedenfalls wurde immer abgestimmt, was gehört wurde. Meistens gewann immer das selbe Hörspiel. Welches das war, daran kann ich mich nicht erinnern (vielleicht war es "Gullivers Reisen"). Ich weiß aber noch, dass das so eine gruselige Stelle hatte. Deswegen fand ich es immer doof. Der Kassettenrekorder stand immer auf dem Flur, damit alle Zimmer die Kassette hören konnten. Außerdem saß dort auch immer eine der Diakonissen und hat aufgepasst, dass Ruhe herrschte.

Ein Kind in unserem Zimmer hat irgendwann immer wieder angefangen zu reden. Das Kind wurde dann aus dem Zimmer geholt und ich glaube in ein Nebenzimmer gebracht. Ich bin mir unsicher ob dort dann die Tür aufgelassen wurde oder nicht. Generell habe ich genau diese Situation nur sehr umnebelt in Erinnerung. Ich bin mir aber sehr sicher, dass einmal ein Kind wegen "Unruhestiftung" zur Schlafenszeit aus dem Zimmer geholt wurde.

Kurz nachdem ich dort ankam, ging mir meine mitgebrachte Zahnpasta aus. Ich hatte noch Kinderzahnpasta der Marke Blendi, welche süß schmeckte und fragte, ob ich davon eine neue bekommen könnte. Das wurde verneint und eine Diakonisse gab mir eine scharfe nach Minze schmeckende Erwachsenenzahnpasta. Ich war total unglücklich, dass ich diese nun verwenden musste. Andere Kinder haben mich auch gehänselt, weil ich noch Blendi verwendete.

Ich kann mich noch erinnern, dass ich gesehen habe, wie ein anderes Kind im Badezimmer abgeduscht wurde. Eine Diakonisse hat das Kind dabei am Arm festgehalten.

Es gab ein paar Kinder, welche alle eine Art ferngesteuertes Auto hatten. Ich wollte auch so eines und fragte eine der Schwestern, wo es die gäbe. Die Schwester meinte, dass sie einmal mit den Kindern in der Stadt gewesen wären, und diese dort die Autos gekauft hätten. Mir wurde gesagt, dass ich das auch dürfe, wenn wir mal in die Stadt gehen würden. Ich glaube, wir waren nie in der Stadt. Ich bin mir auch unsicher, ob ich überhaupt Taschengeld von meinen Eltern mit bekommen habe.

Ich kann mich noch erinnern, dass ich mal eine Lokomotive aus Bausteinen gebaut hab. Mein Bruder hatte so eine ähnliche aus Lego und ich habe sie nachgebaut. Ein anderes älteres Kind, sein Name war Ronny, hat mir dann meine Lok kaputt gemacht. Ich war sehr traurig und habe geweint. Ronny's Name ist übrigens der einzige, den ich mir aus der gesamten Zeit merken konnte. Ich hab zwar mit ein oder zwei Kindern regelmäßiger gespielt, aber die Namen weiß ich nicht mehr. Ich weiß auch keine Namen der Diakonissen, geschweige denn von Ärzten oder anderen Bediensteten.

Meine Eltern durften zwar, wie beschrieben, nur einmal die Woche zu einer festen Zeit anrufen, ich kann mich aber nur noch an ein einziges Mal erinnern. Ich musste an dem Tag mit einem anderen Kind die Treppe im Haus immer wieder hoch und runter laufen (warum weiß ich nicht, ich glaube das war irgendeine therapeutische Anwendung). Irgendwann wurde ich dann gerufen, weil meine Mutter am Telefon war. An das Gespräch selbst kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich glaube das Telefon war im Erdgeschoss im Flur und eine der Diakonissen saß während des Gesprächs neben mir. Meine Mutter meinte, dass die Gespräche immer völlig normal gelaufen seien und ich Dinge von der Woche erzählt habe, mich jedoch nie beklagt hätte.

Irgendwann bekam ich auch ein Geschenkpaket von zu Hause. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass da ein Spielzeugauto drin gewesen ist. Dieses fand ein anderes Kind toll und hat es direkt nach dem Auspacken genommen und auf den Boden fallen gelassen, um die "Federung" zu testen. Diese ging dabei kaputt und das Auto fuhr nicht mehr richtig. Ich war wieder sehr niedergeschlagen.

Ich war damals starker Pollenallergiker und im Borntal wurde das erste mal bei mir ein Allergietest gemacht (Pricktest). Ich hatte zwar immer große Angst vor Nadeln, aber vor mir war ein anderes Kind dran und sagte mir, dass der Test überhaupt nicht schlimm sei. Das hat mir die Angst genommen und ich hab den Test recht Tapfer durchgestanden. Ich glaube der Test wurde auf meinem Arm gemacht, könnte aber auch der Rücken gewesen sein. Es hat auf jeden Fall sehr gejuckt.

Wir waren auch mal im Wald spazieren. Dort wuchsen wilde Himbeeren und wir haben davon genascht. Bei der Waldwanderung war es verboten zu rennen. Ich habe das aber trotzdem gemacht und bin direkt hingefallen und hab mir beide Knie aufgeschlagen. Ich weiß noch, dass es sehr stark geblutet hat und ich ein paar Tage Verbände um die Knie tragen musste.

Eines Abends, beim Einschlafen, habe ich mich in mein Bett übergeben. Ich hatte aber Angst das zu sagen. Woher diese Angst kam weiß ich nicht mehr, sie war aber sehr groß. Ich schlief also die ganze Nacht in dem voll gespuckten Bett. Am nächsten Tag wurde das Malheur entdeckt. Ich weiß noch, wie ich am nächsten Tag neben dem Bett stand und gewartet hab, bis eine Diakonisse das Bett neu bezogen hat. Den Rest des Tages musste ich dann allein im Bett verbringen. Irgendwann kam die Putzfrau und hat das Zimmer sauber gemacht. Mit dieser habe ich mich unterhalten und war froh, etwas Gesellschaft zu haben.

Ich wurde auch einmal für zwei oder drei Tage in die angeschlossene Klinik verlegt. Der Grund ist mir nicht mehr bekannt, ich hatte dort aber Durchfall. Meine Eltern wurden auch darüber informiert. Ich weiß noch, dass dieser Aufenthalt für mich wie Urlaub war. Ich hatte ein Einzelzimmer und die Schwestern dort waren sehr nett. Als ich anschließend wieder zurück ins Haus 1 musste, ging es mir nicht gut. Ich hatte Angst und wollte nicht wieder dort hin, habe mich aber nicht gewehrt.

Was ich glaube
Ich kann mich noch dunkel daran erinnern, einmal in einem kleinen Zimmer (das war glaube ich unter dem Dach) mit einem Arzt gewesen zu sein. Was der Grund war oder welche Untersuchung es gab, das weiß ich nicht mehr. Dies ist auch die einzige Situation, an die ich mich erinnern kann, wo ich mit einem Arzt zusammen war.

Ich glaube, dass einmal ein paar Kinder an einem Tisch saßen, und Briefe schrieben. Eine der Diakonissen stand daneben. Ob die Kinder frei schreiben durften oder der Brief diktiert wurde, weiß ich nicht mehr. Aber ich kann mich erinnern, dass ich einmal einen Brief "diktieren" durfte. Ich konnte ja noch nicht schreiben. Meine Mutter glaubt ebenfalls, dass einmal ein Brief von mir zu Hause ankam. Was dort drin stand weiß sie jedoch leider nicht mehr.

Wenn ich an die Diakonissen denke, sehe ich nur das Gesicht von einer vor mir. Es war eine ältere Frau, vielleicht Anfang 60. Sie trug eine Brille. In meiner Erinnerung war es eine sehr strenge Schwester.

Was ich nicht mehr weiß
Ich kann mich leider überhaupt nicht mehr an diverse, vermutlich wichtige, Dinge erinnern. Ich weiß nicht mehr, was es dort zu essen gab. Wie die Mahlzeiten überhaupt vor sich gingen. Ich kann mich nicht erinnern, dort überhaupt nur eine einzige Mahlzeit zu mir genommen zu haben. Außerdem weiß ich auch nicht, ob ich dort jemals geduscht oder gebadet habe. Auch an Toilettengänge kann ich mich gar nicht erinnern. Zudem kann ich mich an keine, bis auf die bereits geschilderten klinischen Anwendungen erinnern. Wenn ich die Geschichten anderer Verschickungskinder lese habe ich das Gefühl, dass ich hier irgendetwas verdrängt habe. Es ist mir unbegreiflich, warum ich mich an solch alltägliche Dinge nicht mehr erinnern kann. In Kombination mit meiner Ur-Angst, die mich beim Anblick von Bildern des Borntal ergreift und den Erfahrungsberichten anderer Verschickungskinder habe ich das Gefühl, erfolgreich etwas verdrängt zu haben.

Danach
Die Rückfahrt vom Heim war, so glaube ich, mit den selben zwei Mädchen und der Begleitperson wie bei der Hinreise. Ich erinnere mich noch, dass es eine vollkommen andere Stimmung als zur Hinfahrt war. Die zwei Mädchen wirkten sehr geknickt. Wir haben auch nicht viel gesprochen. Als wir in Hamburg ankamen und ich meine Eltern auf dem Bahnsteig stehen sah, habe ich angefangen zu weinen. Wir sind dann noch zu einem Spielzeugladen gefahren und ich durfte mir was aussuchen. Es war ein He-Man-Fahrzeug. Ich freute mich zwar darüber, hatte aber eine sehr gedrückte Stimmung in mir. Ich erinnere mich noch, wie ich nach meiner Rückkehr im Wohnzimmer damit gespielt habe und sehr unglücklich war.

Meine Eltern haben keine Veränderung an mir feststellen können. Für sie habe ich mich nach der Kur genau so verhalten wie vorher. Ich konnte mit ihnen jedoch erfolgreich erarbeiten, dass ich vor der Kur immer über alles mit meiner Mutter sprechen konnte und grenzenloses Vertrauen in meine Eltern hatte. Ich habe insbesondere immer gesagt, wenn mir irgendetwas nicht gepasst hat oder es mir schlecht ging. Nach der Kur habe ich das nicht mehr getan. Ich habe mich zurückgehalten mich mitzuteilen wenn es mir schlecht ging und wollte keinen Kummer bereiten. Also blieb ich still. Da jedoch vor der Kur, wenn ich still war, es mir ja gut ging, weil ich ja sonst etwas gesagt habe, gingen meine Eltern davon aus, dass alles gut ist. Ich habe außerdem nach der Kur angefangen lieber alleine zu spielen und nur schwer Kontakt zu fremden Kindern aufbauen können.

Ich bin mit meinen Eltern später noch einmal im Rahmen eines Urlaubs in Bad Sachsa gewesen. Wir haben die alte Kinderklinik aufgesucht, sie muss kurz vorher geschlossen worden sein. Vermutlich waren wir also zwischen Anfang und Mitte der 1990er Jahre dort. Mein Vater sagte mir, dass ich auf dem Weg zur alten Klinik wohl sehr reserviert war und nicht viel geredet habe. Ich habe aber auch keine negativen Dinge darüber erzählt. Es lagen noch Spielsachen in den Gärten um die Häuser. Ich erinnere mich, dass ich ein sehr schlechtes Gefühl beim Anblick meines alten Unterbrinungsgebäudes Haus 1 hatte. An die anderen Häuser dort hatte ich gar keine Erinnerung mehr. Aber Haus 1 hat in mir sehr großes Unbehagen ausgelöst. Ich weis noch genau, welchen Gedanken ich hatte, als ich in der verlassenen Anlage stand: "Wenigstens werden hier jetzt keine Kinder mehr gequält."

Die vergangenen fünfzehn Jahre wurde ich mehrfach wegen Depressionen therapiert. Ich habe diverse Verhaltensweisen an den Tag gelegt (Konfliktängste, fehlende Selbstfürsorge, fehlendes Selbstvertrauen, kein Selbstwertgefühl), welche ich mittlerweile auf den Aufenthalt im Borntal zurück führen könnte. Insbesondere wenn sich bestätigen sollte, dass ich dort noch schlimmere als die bereits geschilderten Dinge erlebt habe, würde ich davon ausgehen, dass dort zumindest ein fruchtbarer Nährboden für die Depressionen in meinem Erwachsenenalter gelegt wurde.

Wenn ich mir heute noch Bilder von meiner Unterbringung ansehe kommen immer wieder negative Gefühle hoch. Angst, Unbehagen, Flucht. Und ein Satz: "Dieses Haus frisst Kinder."

Mein Wunsch
Ich hoffe, durch diesen Bericht Kontakte zu anderen Kindern, welche Ende der 1980er Jahre ins Borntal verschickt wurden, zu knüpfen. Ich möchte Antworten auf meine geschilderten Erinnerungslücken finden. Es fühlt sich einfach so an, als fehlen wichtige Erinnerungen. Falls also jemand zur selben Zeit dort war oder mir Informationen zu den Zuständen zu dieser Zeit geben kann, bitte ich innigst um Kontaktaufnahme.
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Nadine aus Leverkusen schrieb am 04.05.2023
Ich war 6 Jahre alt und wurde gemeinsam mit meinem Bruder für 4 Wochen nach Borkum geschickt. Ich erinnere mich, dass meine Eltern mir erzählten, dass mich etwas schönes erwartet, etwas was meiner Gesundheit gut tun würde. Mein Vater war Angestellter der Bayer AG und das Ganze wurde über die Bayer KK organisiert meine ich .

Ich erinnere mich noch ganz genau an meinen Schlafraum, den ich mit 2 Mädchen teilte. In unserem Zimmer stand ein, aus damaliger Sicht toller Einkaufsladen- anfassen und spielen strengstens verboten! Und ich erinnere mich daran, das mindestens 1 Mädchen kein richtiges Bett hatte sondern eine Klappliege. Jeden Mittag mussten wir uns in die Betten legen und niemand durfte einen Mucks von sich geben. Wir lagen wie Zinnsoldaten da und trauten uns nicht zu atmen. Abends wurde kontrolliert, ob wir Unterwäsche anhatten. Das war auch verboten. Ich habe furchtbar geweint, jeden Abend weil ich so furchtbares Heimweh hatte. Eine Erzieherin gab mir einen Kalender, damit ich jeden Tag den ich geschafft hatte durchkreuzen konnte. Sie hatte ein gutes Herz. Die Heimleiterin, ich glaube sie hieß Frau Mühe hat mir manches Mal eine Ohrfeige verpasst, weil sie mein Weinen nicht ertragen hat. Dann wurde ich von den anderen separiert. Mit meinem Bruder durfte ich keinen Kontakt haben, wir wurden strikt getrennt.

Trinken gab es nur zu bestimmten Zeiten. Beim Mittagessen durften wir nicht trinken. Briefe an meine Eltern wurden kontrolliert, bzw. mir wurde vorgegeben was ich schreiben darf.

Ich war ziemlich mager und gehörte zu der Gruppe die zunehmen musste und jeden Morgen Haferschleim zu Essen bekam. Zu meinem Glück mochte ich das Zeug. Die Übergewichtigen Kinder wurden auf Diät gesetzt. Jeder musste auf die Waage und alles wurde laut kommentiert. Ich weiß noch, dass mir die Übergewichtigen Kinder leid taten. Sie haben uns beim Essen zugesehen und wurden vor allen anderen gewogen. Es gab Kinder, die haben eingekotet. In einem großen Waschraum mit langen Waschbecken wurden diese Kinder vor allen gedemütigt. Sie mussten sich vor allen Kindern ausziehen und ihre Kleidung waschen. Dabei wurden sich über sie lustig gemacht. Es gab einen Jungen, seinen Namen weiss ich nicht mehr. Mit ihm habe ich mich immer versteckt, ich glaube in einem Schrank.
Ich habe aber auch schöne Erinnerungen, an das Wellenbad und die vielen Lieder, die wir ständig gesungen haben.
Leider kann ich sagen, dass die Trennung und das Erlebte große Auswirkungen auf mein Leben hatte/hat. Ich habe als Kind bis ins Erwachsenenalter nie mehr entspannt woanders schlafen können. Auch zu Hause hatte ich lange Zeit Schlafstörungen und habe lange Zeit immer wieder im Schlafzimmer meiner Eltern geschlafen. Ich mag mir nicht ausmalen, wie man mit den Kindern in früheren Jahren in diesen Heimen umgegangen ist.
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Martina aus Oberhausen schrieb am 03.05.2023
Hallo, ich wurde im Sommer 1975 zusammen mit meiner 4 Jahre älteren Schwester Eva für 6 Wochen nach Bad Kreuznach ins Viktoriastift geschickt. Meine Mutter hat uns extra zusammen dorthin geschickt, damit wir nicht alleine sind. Dort angekommen erinnere ich mich sofort von meiner Schwester getrennt worden zu sein, wir durften uns nur einmal in der Woche (ich glaube freitags) für 30 Minuten sehen. Aufgeteilt wurden wir in Altersgruppen nach Vogelarten benannt. Ich meine in der Gruppe der Schwalben gewesen zu sein.
Morgens gab es Caro-Kaffee oder Tee, beides mochte ich nicht. Alternativen gab es nicht. Das Essen musste immer aufgegessen werden. Schreiben konnte ich damals noch nicht, ich erinnere mich aber, dass die Post kontrolliert wurde. Es durfte nur positives geschrieben werden. Zu meinem Geburtstag schickte mir meine Mutter ein Paket mit Süßigkeiten. Alles wurde verteilt. Von meinem Geschenk blieb für mich nicht viel übrig. Einmal die Woche durfte die Unterwäsche gewechselt werden und geschlafen wurde in großen Schlafsälen mit vielen Betten. Es herrschten strenge Regeln die ich befolgte, weil ich Angst und schreckliches Heimweh hatte. Fieber messen jeden Morgen. Auf der Rückreise gab es keine Getränke im Zug, es war Hochsommer und ich hatte schrecklichen Durst. Meine Mutter war damals sehr geschockt darüber, was wir berichteten. Ich habe vieles verdrängt, aber wenn ich nur den Namen Bad Kreuznach höre wird mir übel. Körperliche Gewalt wurde nicht angewandt, aber es herrschte für mich ein liebloses Regiment. Möglicherweise ist das der Grund für die Angst, die ich viele Jahre nicht ablegen konnte, die mich auch heute noch manchmal einholt.
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Susanne Karpinski aus Hamburg schrieb am 03.05.2023
Ich war nach einem 6 wöchigen Krankenhausaufenthalt zur „Kur“ im Kinderheim Linden Au bei Lüneburg. Ich war damals 10 Jahre alt, also muss das. 1958 oder 1959 gewesen sein.
Ich kann mich erinnern, dass wir bei den Mahlzeiten solange sitzen bleiben mussten, bis wir alles aufgegessen hatten , ob wir mochten oder nicht.
Einmal wurde mir so übel, dass ich den Spinat mit Rührei wieder ausspuckte. Die Betreuerin zwang mich dann, solange am Tisch zu sitzen, bis ich das ausgekotzte Essen aufgegessen hatte!!
Abends bekam ich medizinische Sitzbäder. Ein paar Mal vergaßen die Krankenschwestern (?) mich, so dass ich Stunden in dem kalten Raum und dem inzwischen kalten Wasser sitzen musste. Ich habe zwar gerufen aber es kam niemand und irgendwie hab ich mich nicht getraut, allein da rauszugehen.
Wenn wir Postkarten nach Hause zuschrieben, mussten wir immer schreiben, wie schön es dort war und wie gut es uns gefiel. Kein Wort von Heimweh oder den Schikanen, denen man ausgesetzt war.
Ich habe das gut verdrängt aber durch die Berichte Anderer ist die Erinnerung daran wieder sehr präsent.
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Axel Bremer aus Landesbergen schrieb am 02.05.2023
Hallo Sabine, ich war im Winter 1973 im Adolfinenheim, und es war die Hölle. Ich war damals sechs Jahre.
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Brigitte Reinhardt aus Pfullingen schrieb am 02.05.2023
An die Verschickung als Jugendliche (14 Jahre) über die Barmer habe ich nicht viele Erinnerungen. Es war meine 5. Verschickung und letzte Verschickung. Teilweise kann ich mich aber an Ausflüge und eine Tante Frau Haumann erinnern. An negative Erfahrungen, außer die lange Auszeit von zu Hause, kann ich mich nicht erinnern.
Gibt es jemand, der auch in dieser Zeit (Sommer 1977) in diesem Heim war?
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Brigitte Reinhardt aus Pfullingen schrieb am 02.05.2023
Durch die DAK-Studie bin ich auf dieses Thema gestoßen habe begonnen zu recherchieren.
Ich bin von meinen Eltern immer in den Sommerferien nach Borkum und St. Peter-Ording verschickt worden. Kostenträger waren damals die Barmer und die Continental-Gummiwerke, Hannover. Ich war immer untergewichtig und oft erkältet mit Bronchitis. Mein Vater war Kettenraucher !!
Glücklicherweise habe ich keine bekannten Schäden davon getragen, manche Verhaltensmuster irritieren mich allerdings. Auch ich habe so gut wie gar keine Erinnerungen. Ich kann mich nur an diesen grünen Barmer-Rucksack erinnern und dass ich unsägliches Heimweh hatte. An der Wand und in der Ecke stehen ist mir tatsächlich nicht ganz unbekannt. An Bettnässen kann ich mich auch noch erinnern. Aber sonst.... ???
Ich bin mir noch nicht so sicher, ob ich der Sache wirklich auf den Grund gehen soll. Das Erinnerungsgrab in der Seele hat mich sehr gut über die Jahre gebracht. Wer weiß, was ich zu Tage bringe, wenn ich anfange zu graben?? Andererseits habe ich Befürchtungen, dass es mich u. U. einmal später einholt. Reha, Demenz .... ?
Ich hätte nie gedacht, das es mal ein so großes Thema sein wird!!!
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Holger Harms-Bartholdy aus 26655 Westerstede/Neuengland schrieb am 02.05.2023
Ich war im August 1968 als achtjähriger Junge für vier Wochen im Waldhaus Bad Salzdetfurth. Meine Erinnerung an die Zeit und das Haus ist gleich Null und ich frage mich, warum das so ist. Vielleicht finde ich durch Kontakte zu anderen Verschickten aus dem Waldhaus Zugang zu dem, was ich dort erlebt habe.
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Ulrike S schrieb am 01.05.2023
Ich bin im vergangenen Herbst per Zufall (im Zuge einer Google-Suche zu ,Kinderkurheim Pausa‘) auf diese Webseite gestoßen. Zu diesem Zeitpunkt war ich seit ein paar Monaten in Psychotherapie und gerade dabei, meinen Lebenslauf „aufzuarbeiten“. Ich war als 5-Jährige im Oktober 1979 in Pausa auf Kur, habe aber erst wieder an jene Zeit denken müssen, als das Thema früher Trennungsmomente zur Sprache kam. Dazu muss ich außerdem sagen, dass ich nicht in Deutschland wohne und daher die Medienberichte zum Thema Verschickung erst im Nachhinein entdeckt habe.
Ich war schwer erschüttert, als ich die hier vorliegenden Berichte zum Kinderkurheim in Pausa las. Es ist jedoch so, dass ich keine Erinnerungen an jene Zeit habe, was insofern erstaunlich ist, da ich durchaus Erinnerungen an einen Krankenhausaufenthalt im Jahr davor habe. Insofern habe ich mich nicht legitim gefühlt, hier Zeugnis abzulegen. Erst der Bericht von Peggy vom 26.04.2023 (Danke!), die eine ähnliche Situation beschreibt, hat mich nun ermuntert, dennoch ein paar Zeilen zu schreiben. Wie sie erinnere ich mich weder an andere Menschen oder Begebenheiten. Ich habe auch keine Erinnerungen an den Ort oder gar die Fahrt dorthin. In meinem Bewusstsein ist Pausa nur mit der Notwendigkeit des Essens und der Bürstenmassagen verbunden. Auch emotional kann ich zu der damaligen Zeit keine Beziehung herstellen. Allerdings benannte ich nach Aussagen meiner Eltern den Ort danach „Posau“, und es ist auf einmal dieser Name, der ja nun alles andere als schön ist (Po-Sau!), der mich aufhorchen ließ und der vielleicht auf ein bewusstes Verdrängen schließen lässt.
Man darf also spekulieren, dass Fälle wie die von Peggy und mir öfters auftreten, aber natürlich besonders schwer zu erfassen oder zu bewerten sind.
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Daniel Rothensee aus Breitenworbis schrieb am 01.05.2023
Ich war insgesamt 3x jeweils 6 Wochen in dieser Anstalt und 1x 6 Wochen auf Norderney. Insgesamt kam ich also 6 Monate in den Genuß von Kindererholungsheimen.
Wenn ich diese Geschichte in einem Buch verfassen müsste, dann würde ich ihm den Titel “Die Soziopathenfabrik, unschuldige Kinder rein, tickende Zeitbombe raus”, geben.
Entweder begehst du irgendwann in deinem Leben Suizid, oder aber du hast gelernt Schmerzen jeglicher Art zu verstoffwechseln. Du selbst, bleibst trotzdem gebrochen! Am einfachsten geht das, wenn man künftig sein Schmerzempfinden temporär abschaltet und agiert statt reagiert. Das heißt, anderen physische oder psychische Schmerzen zuzufügen, bevor sie es können. Parallel kann man Ängste abventilieren. Dabei aber objektiv und angemessen zu reagieren und die Kontrolle zu behalten ist fast unmöglich. Es gibt ja keinen Kurs oder eine Ausbildung, wie man unter diesen Voraussetzungen Sozialkompetenz behält. Grundlegende Voraussetzungen für soziales Verhalten existieren ja nicht mehr. Wie Vertrauen zu, oder in Menschen. Die Verhältnismäßigkeit ist der schmale Grad, der dich vom Soziopathen trennt!

Mit 4 Jahren, Anfang der 1980er, wurde ich das 1. Mal ins KKH Borntal verschleppt. Mir wurde schweres Asthma von meinem Kinderarzt, Dr. Appelmann aus Duderstadt, attestiert und eine Lungenkur dringend angeraten. Zur Info, ich bin jetzt 45 Jahre alt und ab meinem 16. Lebensjahr, habe ich die ersten verlässlichen Erinnerungen und ab dem Zeitpunkt bis heute, habe / hatte ich keine Asthmaanfälle! Ich habe sogar eine überaus derbe Konstitution. Kein Inhalator, keine Einschränkungen, oder Beeinträchtigungen, keine Allergien, keine regelmäßige Medikamente und ich kann sogar, ohne Sauerstoffzelt Berge hinaufklettern.
Die fragwürdige Diagnose ist der Beginn einer Kette fragwürdiger und mysteriöser Umstände der Kinderverschickung und dem systematischen Horror an sovielen Orten, mit sovielen Tätern! Zufall, oder geplant?

Ich habe letztes Jahr eine Doku über die “Kinder des 20. Juli” gesehen. Als die ersten Bilder von der Einrichtung im Borntal gezeigt wurden, habe ich wie ein Blitzeinschlag, ein so tiefes Gefühl von Panik, Hoffnungslosigkeit und Machtlosigkeit empfunden, daß ich mir nicht hätte vorstellen können. Mir kam es vor, als wenn ich im Vergleich zu diesem Gefühl zuvor niemals Angst gehabt hätte. So überwältigend und real war sie! Also der Begriff wurde neu definiert. Eine so fundamentale Angst, in dieser “Dreifaltigkeit” von Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit und vollkommen Ohnmacht! Ich hatte keine Idee warum und war komplett starr, schwitzte und frierte gleichzeitig. Mich beschlich die Befürchtung, das mein Verstand gerade dabei ist, sich zu verabschieden. Immer mehr Bilder wurden im TV gezeigt und genauso blitzartig wusste ich, daß ich diese Gebäude im Fernsehen kannte und schon wußte, wie das Umfeld oder Zimmer aussahen, noch bevor sie gezeigt wurden, was meinen Zustand nicht gerade stabilisierte. Fast gleichzeitig wußte ich auch, daß ich dieser puren Urangst nicht zum 1. Mal begegnet bin. Vielmehr ist sie ein alter, bekannter Weggefährte, aus einer Zeit, an die ich absolut keine Erinnerung hatte!

Ich habe fast 60 Stunden, ohne Schlaf, das abebben dieses Gefühls ausgesessen und krampfhaft versucht mich zu erinnern. Wäre nicht Wochenende gewesen, wäre ich arbeitsunfähig im buchstäblichen Sinn gewesen. Aber ich konnte in dieser Zeit das Internet befragen und immer mehr Filmszenen wurden sichtbar… Der Chefarzt Dr. Kahk (o. Kaak, o. Caak) die Emaillebadewanne im Keller, die “Stirnfliese” im Duschraum, geschmackloser, lauwarmer Haferschleim, der wie Rotz im Mund war (aber nicht der eigene) und den man erst erbrach, um ihn nochmal essen zu müssen, die “Tanten” in ihren blauen Schürzen, die Medikamente, die Untersuchungen, die Schläge, die drakonischen Strafen, die Schmerzen, die Erniedrigungen, die Kinder, die allgegenwärtige Angst. Der Mißbrauch, den man erfuhr, wenn man gezwungen wurde, an einem anderen Kind eine Strafe zu vollziehen, daß diese so verdient hatte, wie man selbst, nämlich nicht ansatzweise.
Einem Kind wurden die Hosen runtergezogen, vor allen anderen erniedrigt und lächerlich gemacht, dann mußte es sich bauchlinks über den Schoß der Tante liegen und alle anderen Kinder mußten ihm der Reihe nach, so fest wie möglich auf den blanken Po hauen, bis alle durch waren und das Opfer weinte. Weinte Es nicht, ging es von vorne los… Manche konnten gar nicht mehr weinen und manche brachten es nicht fertig zuzuschlagen, die mußten dann den Platz mit dem anderen tauschen und der Vorgänger musste zuschlagen, bis der Verweigerer weinte. Weigerte sich derjenige auch, ging es barfuß in den kalten Keller, in die Duschräume. Manchmal wurde man zuvor kalt geduscht, bevor man sich auf zwei bestimmte Fliesen stellen und sich mit der Stirn an eine ebenfalls bestimmte Fliese, an die Wand lehnen musste. So stand der eine auf der einen Seite der Wand und das andere Kind auf der gegenüber liegenden Wand. Eine gefühlte Ewigkeit… Als Kind eine Zeit abzuschätzen ist fast unmöglich, aber danach waren die Füße fast nicht mehr zu spüren und blauweiß und oft mußte man an der Stelle auch an sich herunterurinieren, weil man nicht mehr aufhalten konnte. Wenn auch nur einer gewagt hat, dem anderen zuzuflüstern, wurde derjenige erneut kalt geduscht und ihm wurde erklärt, daß er das seinem Kameraden zu verdanken hat, der sich mit dieser leisen Kontaktaufnahme seelisch etwas wärmen wollte.

Das ist nur ein kleiner Auszug, aus dem pädagogischen Standart-Heilstättenrepartior. Die Familien-Tiefentherapie, ist da schon eher die Kür… Warum die Eltern ihr Kind dahinschickten… weil sie es nicht mehr leiden können, da es daran Schuld ist das Eltern sich streiten und womöglich Mama oder Papa die Familie verlassen, weil ihr Ableger nur Sorgen bereitet und Nerven kostet. Deswegen rufen sie auch nicht an schicken keine Pakete (beides würde zurückbehalten und abgelehnt, um den Heilerfolg nicht zu gefährden). Das wurde so den Kindern eingeredet. Manchmal wurde ein Paket aber doch, jedoch massiv geplündert, weitergegeben, um es als Instrument gegen das Kind zu pervertieren. Druckmittel, oder um Fehlverhalten zu provozieren, oder nur damit man es im nächsten Moment zur Erpressung wieder wegnehmen kann. Vermeintliche Briefe der Eltern wurden vorgelesen, um die Freude über liebe Worte von Mama und Papa in der Einsamkeit zu vernichten, indem der Lügenbrief beschreibt, daß man ein fürchterliches Kind ist, das wenn es nicht tut, was die Tanten sagen, als nächstes und endgültig direkt ins Kinderheim kommt und gar nicht mehr nach Hause.

Die Kreativität in dieser Folter auf allen Ebenen und systematischer Vernichtung des Kindes im Kinde, ist unerfaßbar und ist in keinem Horrorfilm gefühlsecht darstellbar! Selbst mir ringt es noch eine gewisse Bewunderung ab und ich staune immernoch über diese Effektivität in allen Bereichen der “spurlosen” Folter und Zerstörung des unsichtbaren, aber wichtigste, dem Kindergeist- und Seele. Mentale Zerfleischung, untermalt mit einer Sonate spurlosen, physischen Schmerzes. Totaler Verlust von Vertrauen und jedem Sicherheitsgefühl spielen im Duett dazu. Für mich ist es aber seid letztem Jahr eine Kette von Einsichten und Offenbarungen auf die Frage warum ich bin, wie ich bin und wieso ich wurde was ich war. Ein augenscheinlich normaler Mensch, mit einem versteckten Knopf… Wenn man einen entsprechenden Code eingegeben hatte, konnte man per Knopfdruck einen Sardisten, einen Mr. Hide, einen Soziopathen, oder Rachsüchtigen hervorholen, mit selektiver Befreiung von Reue und Empathie und mit einer sehr hohen Schmerztoleranz. Jemand, der auf emotionaler Ebene, je nach Bedarf blinde Flecken erzeugen kann. Wehe dem, der ausversehen auf diesen Knopf kam. Absichtlich hat ihn jedenfalls keiner gedrückt. Von den wenigen, die mich etwas genauer kannten.
Seid über 10 Jahren habe ich meine Traumfrau an meiner Seite und die zwei besten Töchter, die man sich nur wünschen kann, aus erster Ehe. Meine Frau hat mich in diesen Jahren, in so vielen Bereichen therapiert, ohne wahrscheinlich eine Ahnung von dessen Umfang zu haben. Dadurch konnte ich in den letzten Jahren auch ohne meine zurückkehrenden Erinnerungen, zu einem erträglichen Menschen werden. Zwar besteht immer noch eine latente Explosionsgefahr, aber der Zünder wurde viel sicherer verwahrt und eine positive Nutzung der freiwerdenden Energie ist auch möglich. Hätte ich die Erinnerungen zurückbekommen bevor ich meine Frau traf und hätten noch Folterknechte oder Tanten von damals gelebt, hätte ich ihnen sicherlich den Erfolg ihres Tatwerkes in allen Facetten vorgeführt und es ihnen in vollen Zügen erlebbar gemacht, ohne jeglichen Zeitdruck und eventuell Generationsübergreifend. Diese Wut, den Zorn, die Maßlosigkeit der Rachlust und das Verständnis von Schmerz, hätte sie vielleicht beeindruckt. Meiner Traumfrau, meinen Kindern und Jesus Christus verdanke ich es, daß das was restlos zerstört und verloren schien, auferstehen konnte. Vertrauen, Zuneigung, Liebe, Sicherheit, Geborgenheit und ein Weg aus der Einsam- und Hoffnungslosigkeit!
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ilona nass aus Dortmund schrieb am 01.05.2023
Ich war 7 Jahre alt. Es war schrecklich. Ich habe erbrochen und musste es aufessen, stundenlang allein im Speisesaal. Ich hatte Windpocken und wurde allein in einem Raum eingesperrt. Es gab immer Strafen. Noch heute erinnere ich mich mit Grauen an die Zeit. Eine meiner "Erzieherinnen" hieß Fräulein Ohlsen
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Oliver Tollkamp aus Olfen schrieb am 01.05.2023
Ich war im Sommer 1976 für 6 Woche auf Juist im Heim Schwalbennest.Es waren 6 Wochen der Hölle.Ich wurde gezwungen Sachen zu ess die ich nicht mag.Habe ich mich geweigert wurde ich festgehalten und mir wurde das Essen und den Mund gestopft und wenn ich erbrochen habe musste ich das Essen.Weil ich bei der Gesangsrunde husten musste wurde ich den Keller gesperrt und dafür geschlagen.Auch wenn ich nicht essen wollte wurde ich öffentlich gedemütigt und geschlagen.Briefe und Telefonate wurden kontrolliert.Den Heinleiter haben wir Onkel Gert genannt.es war die absolute Hölle für mich .Als ich nach Hause kam war ich völligst traumatisiert ich haben Tage lang in der Ecke gesessen und litt unter Hospitalismus.Warum meine Eltern nichts unternommen haben weiß ich nicht.Ich bin so froh das dieses Thema endlich öffentlich wird .Momentan bin ich in Psychiatrischer Behandlung unter anderem wegen PTBS.
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ullpie aus HH schrieb am 30.04.2023
hm, war wie eine riesen Klassenfahrt. ich war mit einen Mitschüler aus der Grundschule dort, sechs Wochen über die Sommerferien .
das essen war Mist, ach was, das war es überall pfff.
Heimweh? klar, u10 , sechs Wochen weg von zu hause, wen wundert das.
übergrifflichkeiten ? klar, aber n i c h t vom personal!
schulhofstyle, große verkloppen kleine, jedoch nichts was den rahmen staatlichen Schulhöfe sprengen würde, eher andersrum, so what.
positiv war : kein bastel terror, dafür irgendwas mit Tieren, Pferde, Pfauen und Bauernhof kram halt, was schon damals für viele Städter überfällig war.
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Sibylle Braun aus Kenzingen schrieb am 30.04.2023
Ich war im Frühsommer 1971 mit meiner Schwester in Krauchenwies und erinnere mich an eine grausame Zeit. Wir wurden gedemütigt, gequält und für Dinge bestraft, für die man nichts konnte. ....Ich hatte vermutlich die Nase gebrochen, sollte laut Arzt zum Röntgen gebracht werden, das ist aber nie geschehen. Meine Schwester sollte ihr Erbrochenes wieder essen, ich stand daneben. Ich erinnere mich an Kälte, frieren, barfuß auf dem Flur stehen, kaltes Wasser über dem Körper, schreckliche Gerüche, Angst, Horror, Schmerzen, lange, kalte Flure, Fliesen, Speisesaal mit ganz langen Tischreihen, Schwester Richhild, nur nicht auffallen, Zweierreihen, Kasernendrill, laute Befehle, zischende Laute, Tee mit komischem Geschmack, Saft, Schlafsaal, Eisenbetten, Einsamkeit...und mehr. Die Zeit dort hat unsere Kinderseelen gebrochen, unsere Persönlichkeit gab es nicht mehr. Wir leiden bis heute darunter, obwohl wir uns an vieles nur bruchstückhaft erinnern können.
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Christine Heckmann aus Riegelsberg schrieb am 30.04.2023
Prolog : Kinderverschickung 1966 Nordsee!!
‌Irgendwie war eine Unruhe in unserem Haus. Immer Getuschel, aber nichts, was ich später hätte deuten können. Irgendwann ging meine Mutter, mal wieder mit mir zum Arzt, und danach ging das relativ schnell, das ich jetzt immer öfter Gesprächsfetzen mitbekam. "
‌Die kommt jetzt mal weg", oder " nein die muss weg". Ich bin 1960 geboren, sehr spät im Dezember. Ich wurde aber mit meinem Jahrgang 1960 eingeschult. Man nannte das,
‌"Kurzschuljahr". Das hieß in meinem Fall, ich wurde 5Jahre im Dezember 1965 und wurde im April 1966 eingeschult. Ich war mal gerade so 5Jahre und 4Monate alt. Ich ging noch nicht sehr lange zur Schule, konnte aber meinen Namen schon schreiben. Mein Unglück , das ich eine Linkshänderin war, hat mir dann auch in der Schule, jeden Morgen, Prügel beschert. Diese Lehrerin, eine Frau Fischer, hat sich jeden Morgen neben mich gestellt und mir mit dem langen Zeige Stock, auf meine kleinen Hände drauf geschlagen um mir immer wieder klar zu machen, das ich gefälligst mein schönes Händchen zu nehmen hätte . Ich war schon sehr verschüchtert und eher still, ich hatte nämlich auch eine sehr harte Mutter, immer Schläge für alles um dann auch noch in der Schule immer Angst haben zu müssen. Und jetzt hat es angefangen, das ich verstanden habe, das mit den Sätzen, " das die weg muss", ich gemeint war. Nur war mir das Ausmaß nicht genau klar. Ich hatte das Glück, das wunderbare Glück, das wir in einem 4 Generationen Haus gelebt haben, und ich der absolute Liebling von meinem Uropa war. Geliebt, verwöhnt und beschützt. Er hat sich, so gut er konnte, immer vor mich gestellt und mich vor meiner Mutter zu beschützen versucht.
Epilog:
‌Eines Morgens, sind wir alle, also, ich, meine Eltern und auch mein Uropa, mit einem Koffer nach Saarbrücken zum Hauptbahnhof gefahren. Und dort, sollte ich alleine in einen anderen Bus einsteigen. Das wollte ich aber nicht. Ich fing an zu weinen und da bekam ich dann die erste Erklärung was denn hier jetzt passieren sollte. Meine Mutter sagte mir, ich käme jetzt in ein Heim, ich solle dankbar sein, das wäre auf einer Insel. Ich wäre zu dünn und die würden mich gesund machen. Das Wort unterernährt viel ein paar mal, aber damit, konnte ich nichts anfangen. Dann ging das Drama erst los. Ich wurde gezwungen, in diesen Bus einzusteigen. Ich schrie, ich wehrte mich, ich trat um mich und mein Uropa, ist dann zu mir in den Bus gestiegen, um mich zu halten und zu beruhigen. Meine Mutter kam dazu, um ihn wegzureißen. Es war ein absolutes Chaos, mein Uropa rief immer wieder" lass das Kind in Ruhe, lasst sie bei mir". Meine Mutter schrie immer wieder, " nichts da, die kommt jetzt weg". Und jetzt kann ich mich erst wieder richtig erinnern als wir übergesetzt wurden und ich auf einem Schiff war. Mir war tot schlecht, ich hatte schreckliche Angst und war ohne meinen Uropa irgendwo allein auf einem Schiff. Die nächste Erinnerung ist, das wir in einem riesigen Speisesaal ganz viele Kinder waren und wir mussten alle still sitzen. Was genau um mich herum geschah, daran habe ich keine Erinnerung, außer, das uns morgens jemand an den Haaren riss um unseren Kopf nach hinten zu reißen. Dann wurde uns gesagt, das wir Lebertran essen müssen um gesund zu werden. Und diese Prozedur war jeden Morgen die gleiche brutale Art, uns diesen Löffel mit diesem widerlichen Lebertran, einzuflößen. Erinnerungen von Spaziergängen zum Strand und zu einem Leuchturm, von kaltem Wind und der einzigen schönen Erinnerung, ich durfte immer an die Hand, von einer dieser Betreuerinnen. Ich kann mich an Kälte, an Angst, an Verzweiflung erinnern. Ansonsten vom alltäglichen Leben ist nichts in meiner Erinnerung. Bis auf jenen Tag, der sich für immer in meine Seele geschrieben hat. Ich wurde an der Hand gezogen, man sagte zu mir, ich sei krank. Ich müsse für zwei Wochen hier weg. Warum ich mich daran erinnere weiß ich nicht, also zwei Wochen und auch dieses Wort "Quarantäne", war mir keine Begrifflichkeit, aber, das wurde mir bald klar. Ich war noch keine 6Jahre alt und man hat mich, für zwei Wochen, ganz alleine weggeschlossen. Unten an der Tür, war eine Klappe, da hat man mir mein Essen durch geschoben. Ich habe das die ersten Tage, nicht richtig verstanden, aber es wurde mit jedem Tag brutaler. Nichts war mehr wahr, ich war allein, man hat mich einfach weggeschlossen. Niemand hat mit mir geredet, niemanden habe ich gesehen, außer das Geräuch, wenn man mir das Essen durch diese Lucke geschoben hat. Ich weiß noch, das ich den ganzen Tag, neben der Tür auf dem Boden saß , weinte, klopfte, rief, bitte lasst mich hier raus, aber niemand hat darauf reagiert. Dann meine nächsten Erinnerungen, ich war wieder in dem Schlafraum, in dem ich vorher war. Jetzt konnte ich nicht mehr richtig schlafen. Ich habe meine große Zudecke benutzt, um aufrecht zu sitzen, in meinem Bett. Ich hatte Angst zu ersticken, ich konnte mich nicht mehr flach hinlegen. Mein Kopfkissen, habe ich benutzt um mich vor der Kälte zu beschützen. Und ab jetzt gab es jeden Morgen, aufs übelste Geschimpfe, weil ich ins Bett ,Pippi gemacht habe. Ab diesem Zeitpunkt, war ich eine Bettnässerin. Und das war ich danach, eine lange Zeit.
Schlusswort:
‌Jetzt wieder keine Erinnerung, außer das ich irgendwann, wieder Zuhause war. Und vorher, war meine Mutter schon immer bereit zu schlagen, aber jetzt hatte sie einen richtigen Grund. Jetzt habe ich für eine lange Zeit jeden Morgen Prügel und gemeine Worte bekommen, weil ich mich eingenässt hatte. Ich konnte bis fast in mein Erwachsenen Leben, nur sitzend schlafen.
‌Fazit: Kinderverschickung war mein Kindlicher Alptraum.
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Martina aus Niedersachsen schrieb am 30.04.2023
Mit 3 Jahren wurde ich für 10 Wochen zur Kur nach Norderney geschickt. Dort bin ich 4 Jahre alt geworden. Kann sich jemand an ein Heim erinnern, in dem abends gerufen wurde: "Ruhe im Karton und Köpfe zur Wand!"? So bin ich dort eingeschlafen und hatte furchtbare Angst vor der Nachtschwester. Ich glaube, sie wurde "Tante" genannt. Tagsüber habe ich mich vor den weiß bandagierten Kindern gegruselt, weil ich nicht wusste, was mit ihnen los war. Ich selbst war wegen meines Hustens dort. Es gab ein Mädchen, das immer "RRRR-Ripsband" gesagt hat. Sonst habe ich fast alles vergessen, weil ich so klein war oder weil es so furchtbar war, keinerlei Kontakt zu meinen Eltern haben zu dürfen. Bevor ich von der Verschickungskinder-Initiative erfuhr, habe ich in einem Anflug von Trauer und Frustration alle Karten weggeworfen, die mir von Verwandten an das Kinderheim geschrieben worden waren. Ich konnte sie damals alle nicht lesen und später war der Inhalt für mich der blanke Hohn. Jetzt wüsste ich gerne, wo ich war. Meine Mutter war 1978 noch einmal mit mir auf Norderney und wollte das Kinderkurheim besuchen. Ich soll gerufen haben: "Nein, nicht zu dem Haus mit dem grünen Zaun!". Das sind meine einzigen Hinweise. Meine Mutter sagt, sie habe ein ganz verändertes Kind nach Hause bekommen. Besonders auffällig ist meine für immer gebliebene, extreme Schreckhafitgkeit.
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Andreas schrieb am 30.04.2023
Ich war 1967 während der Sommerferien 6 Wochen lang im Kinderheim Warteberg in Bad Sachsa. Ich war 11 Jahre alt, und diese Zeit war die schlimmste meines Lebens.
Heimleiter war Herr Köbrich, ein brutaler und widerwärtiger Verbrecher. Schläge von ihm und den übrigen Erzieherinnen waren an der Tagesordnung, und das für Nichtigkeiten. Beispiel: In einem Brief erwähnte ich, dass es regnet, und kassierte dafür eine Ohrfeige. Unsere Briefe wurden zensiert, damit die Wahrheit nicht bekannt wurde.
Der Zwang zum übermäßigen Essen wurde schon in vielen Beiträgen geschildert. Wir wurden jede Woche gewogen. Wer nicht zugenommen hatte, bekam - natürlich - Prügel. Wir hatten einen Bettnässer in unserer Gruppe, der von Herrn Köbrich auf brutalste Weise misshandelt wurde.
Das regelmäßige Duschritual war eine Qual. Nach dem Waschen musste wir mindestens 10 Minuten unter der eiskalten Dusche stehen bleiben. Mehrfach wurden wir Jungen von Erzieherinnen nackt mit einem eiskalten Wasserschlauch abgespritzt. Auch auf dem Heimgelände gab es eine kalte Dusche, wo wir ebenfalls regelmäßig nackt duschen mussten. An einer Wassertretstelle im Wald mussten wir unbekleidet baden. Herr Köbrich fand offenbar Gefallen am Anblick unbekleideter Knaben.
Unheimlich war auch der Hausmeister. Er hieß "Herr Martsch" oder so ähnlich. Von ihm wurde ich einmal in eine Hütte gezerrt, betascht und geküsst.
Am Ende der "Erholungskur" wurde unsere Jungengruppe dann von einem Friseur heimgesucht, der seine Lehrmädchen im Schlepptau hatte. Diese durften dann an uns das Haareschneiden üben. Das katastrophale Erlebnis wurde dann mit den Worten kommentiert "Die Jungs müssen ja anständig aussehen, wenn sie nach Hause kommen".
Jahre später habe ich das Heim in Bad Sachsa erneut aufgesucht. Leider zu spät, es war inzwischen geschlossen. Ich hätte es ansonsten dem sauberen Herrn Köbrich heimgezahlt.
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Yvonne aus Friedrichsdorf schrieb am 29.04.2023
Ich habe in dem Kinderheim im Alter von 4 Jahren das Lachen verlernt.
Als ich wieder nach Hause kam, hatte ich alles kindliche verloren.
In dem Heim lief vieles schief, aber das Schlimmste war, dass ich jede Nacht von mehreren Jungen, die im gleichen Zimmer geschlafen haben, gequält wurde.
Tagsüber herrschte Drill, es durfte im Speisesaal nicht gesprochen oder gelacht werden.
Alles musste aufgegessen werden.
Ich habe mich vor der Haut auf der Milch geekelt, aber ich durfte sie nicht zur Seite legen.
Im Schwimmbad wurden alle ins Wasser geworfen, egal ob sie schwimmen konnten oder nicht.
Zweimal wurden wir innerhalb der 6 Wochen entlaust.
Dazu mussten wir alle gemeinsam in einen großen Waschraum. Die ganze ‚Zeremonie‘ war demütigend und würdelos.
Jedes Kind musste eine Tafel Schokolade mit ins Heim bringen, aber wir haben kein einziges Stück bekommen.
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MaEu schrieb am 28.04.2023
Ich war als 5 jährige in Bad Wörishofen mit meiner jüngeren Schwester und dann allein als sechs oder sechseinhalbjährige in Berchtesgaden beide Male sechs Wochen.
Auch mich verfolgen die schlimmen Erfahrungen in Form von Flashbacks und anderen Traumasymptomen noch immer. Weil auch ich vor lauter Kummer eingenässt habe und schwere Repressalien in Form von
Demütigungen und Abwertungen erfahren musste (Berchtesgaden)
Ich erinnere mich auch daran, dass ich lange Zeit auf dem dunklen Flur in der Ecke mit dem Gesicht zur Wand stehen musste, weil wir - ich und meine Schwester im Bett noch geredet haben. Ich habe auf dem zugigen Flur in dem dünnen Schlafanzug und mit den nackten Füßen fürchterlich gefroren und war irgendwann völlig übermüdet und erschöpft und durfte nicht ins Bett. Habe ich mich auf den Boden gehockt, weil ich mich nicht mehr auf den Beinen halten konnte, wurde ich bestraft, in dem ich richtig grob hoch gerissen wurde und wieder auf die Beine gestellt wurde. Das ging stundenlang so, bis es absolut gar nicht mehr ging. Was dann war, weiß ich nicht mehr (Filmriss). Wir mussten uns in der Reihe aufstellen und uns wurde sehr grob ein Teelöffel Honig gewaltsam bis in den Rachen geschoben.
Ich sehe noch heute das Bild vor mir, mit dem schreienden Mädchen, die mit 2 Frauen festhalten wurde und wie sie fürchterlich würgen musste. Sie schrie und schrie und schrie, während ihr Gewalt angetan wurde. Sie stand in meiner unmittelbaren Nähe und ich musste alles mit ansehen. Es war fürchterlich, weil so grausam! Ich
war derart eingeschüchtert und erstarrt, dass ich mich nicht gegen diese Gewalt gewehrt habe. Es wurden Befehle erteilt, denen ich mich nicht im geringsten getraut habe zu widersprechen oder etwas entgegen zu setzen!
Als einer der Folgen habe ich den sogenannten Bambi Reflex( Fawn Response) entwickelt den ich gerade mühsam versuche unter therapeutischer Aufarbeitung abzulegen. Ich habe emotional so fürchterlich gelitten und deshalb eine dissoziative Störung und ebenso eine bis heute anhaltende schwere Essstörung entwickelt, die zuhause auffällig war und nicht richtig eingeschätzt wurde. Ich esse noch heute zwanghaft zu viel und zu schnell und habe deshalb schwere Verdauungsprobleme und eine krasse sehr ausgeprägte Essstörung entwickelt, die bis heute andauert.
Je mehr ich mich angestrengt habe, lieb und gehorsam zu sein, desto schlimmer habeich dissoziiert, bis sich das alles verselbstständigt hat. Ich bin jetzt gerade dabei, das mühsam in einer traumaorientierten Psychotherapie aufzuarbeiten, weil das Gefühl falsch zu sein tief sitzt. Zuhause wurden mir diese Erfahrungen abgesprochen, mit dem Satz: " Das war ganz bestimmt nicht so, du schwätzt dummes Zeug." Seit dem habe ich Schwierigkeiten, meine Wahrnehmung zu vertrauen.

Schlimm und schmerzhaft zu erkennen und zu fühlen wie sehr man der schwarzen Pädagogik durch die Nonnen, den alten Medizinern (Ärzt/Innen in den Kurheimen) schutzlos ausgeliefert war. Es geht mir nicht gut und ich kann die schmerzhaften Erinnerungen kaum aushalten.
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Sabine Boldt aus Berlin schrieb am 28.04.2023
Verschickung 1964

Als vor einigen Tagen die Studie der DAK zum Thema „Verschickungskinder“ in der Tagesschau vorgestellt wurde, war ich augenblicklich emotional sehr stark angesprochen.
Auch mir ist dies passiert und ich dachte die meiste Zeit meines Lebens, dass es ein Einzelfall war. Eine Recherche auf der Website „Verschickungskinder.de“ beweist jedoch das Gegenteil.
Auch wenn ich nun schon 65 Jahre alt bin, man meinen könnte, dass das Erlebte ja gut verarbeitet sein müsste, gerate ich bei diesem Thema immer noch „aus den Fugen“.
Es war traumatisierend und das durch und durch.

Hier ist meine Geschichte aus dem Jahr 1964.

Nach der Geburt meiner Schwester entschieden meine Eltern, dass sie einen Sommerurlaub in Dänemark machen wollten.
Aufgrund der Tatsache, dass sie wahrscheinlich nur wenig Platz im Fiat 600 hatten, wurde die Reise nur mit meiner halbjährigen Schwester, meinen Eltern und meiner Oma durchgeführt.
Ich war gerade sechs Jahre alt geworden und Ostern in die 1. Klasse eingeschult.

Aufgrund von Hautallergien befanden meiner Eltern, dass ich in meinem Alter auch schon alleine verreisen könnte. Hier wurden augenscheinlich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Mir wurde erzählt, dass ich ja schon groß sei und mit vielen Kindern den ganzen Tag spielen könne. Sie meinten es tatsächlich bestimmt gut, aber ich war erst sechs Jahre alt und gerade große Schwester geworden.

Worüber die Reise organisiert wurde, weiß ich nicht genau. Ich vermute, dass mein Vater als Siemens-Mitarbeiter von dort aus Angebote nutzte.

Die Reise ging mit einem Bus nach St. Peter Ording und dauerte ganze SECHS Wochen.

An das Heim habe ich nur die Erinnerung, dass es ein altes hohes Haus war, irgendwo in der Nähe zur Nordsee.

Andere Dinge erinnere ich jedoch gut.

1. Das Essen musste IMMER aufgegessen werden, egal ob es mir schmeckte oder nicht.
Bis heute kann ich keinen Fisch essen und auch Haferschleimsuppe, die es jeden morgen gab, verabscheue ich noch immer zutiefst.
Die Erinnerung, dass ich zumindest an einem Tag aufgrund von Mehlklümpchen in dieser Suppe einen Brechreiz bekam, mich in den Teller erbrach, sitzt tief.
Ich musste dieses Erbrochene nämlich aufessen. Alle Kindern durften schon aufstehen und spielen gehen, ich musste allein so lange am Tisch bleiben, bis ich fertig war.

2. Ich hatte IMMER Heimweh und enorme Sehnsucht nach meiner Mutter. Sie zu erreichen war unmöglich. Ich wäre gerne abgholt worden, völlig ausgeschlossen. Meine Mutter erzählte mir später, dass sie immer dachte, dass ich glücklich war.

3. Irgendwann wurde ich krank. Ich wurde isoliert auf den Dachboden. Stunden- und wahrscheinlich auch tagelang war ich dort allein, einfach ganz allein. Nur eine junge Frau kam, um sich meiner anzunehmen, mich zu versorgen. Sie war nett und sie ist meine einzig gute Erinnerung.

Nach sechs Wochen war das Martyrium vorbei und ich glücklich wieder mit meiner Familie vereint.
Einige Wochen nach der Verschickung pellten sich mir die Handinnenflächen.
Dies erzählte mir meine Mutter später. Ein Kinderarzt diagnostizierte Scharlach, was mir im Nachhinein die Isolierung erklärte.
Hier kommt natürlich der Verdacht auf, dass ich isoliert werden musste, um eventuell eine Meldung ans örtliche Gesundheitsamt zu vermeiden. Es drohte eine Heimschließung oder ähnliches, wer weiß das schon?

Meine Mutter bereute die Verschickung zutiefst. Dies ist in vielen Gesprächen später deutlich geworden. Sie wurde nie über meine Erkrankung informiert. Sie wusste auch nichts von meiner Isolierung und es blieb ihr nur übrig ihrem Kind zu glauben.
Ich glaube, sie tat es. Sie beteuerte immer, dass sie selbst unter der Trennung von mir gelitten habe und mich sofort abgeholt hätte.

Die Wunden des Traumas heilten zwar im Laufe der Jahre, dennoch bleiben Ängste zurück, die selbst heute noch manche Situationen schwer beeinflussen.

Danke, dass ich meine Geschichte erzählen durfte.
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Michael schrieb am 28.04.2023
Im Sommer 1975 wurde ich zusammen mit meinem vier Jahre älteren Bruder als Neunjähriger nach Glücksburg ins Kinderheim St. Ansgar verschickt.
Wir wurden von Beginn an konsequent voneinander getrennt. Im Heim herrschte eine Atmosphäre der Angst und Gleichgültigkeit. Ich wurde von einem verhaltensgestörten Jungen regelmäßig gedemütigt und geschlagen - die Heimfräuleins hat es nicht interessiert. Ich habe mich völlig einsam und verlassen gefühlt, hatte schreckliches Heimweh. Die traumatischen Erlebnisse habe noch heute glasklar vor Augen. Die Betreuerinnen hießen Fräulein Gaul und Fräulein Többen. Wie ich recherchieren konnte hat das Heim noch 1987 existiert.
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Sven Kaulfuss aus Bad Homburg schrieb am 28.04.2023
Hallo mein Name ist Sven geboren 1970. Ich wurde im Zeitraum 1977-1979 6 Wochen nach Norderney verschickt. Zusammen mit meinen beiden Klassenkameraden dachte meine alleinerziehende Mutter wohl das es mir gut tun würde. Habe sehr wenige bis keine guten Erinnerungen an die Zeit. Alles beschriebene bzgl. Essen, Schlafen, Ruhezeiten, Beten, Maßregelungen und Züchtigung, etc kann ich teilen. In Erinnerung blieb mir ein Mittagessen bei dem mir eine Gräte im Hals stecken blieb. Leider hatte ich mein Glas bereits ausgetrunken und es gab kein zweites. Da ich nach Luft hechelte schnappte ich mir irgendeines und wurde dann gemaßregelt. Meine Mutter schickte ein Paket mit meinem Lieblingsstofftier und Süßigkeiten nach. Dieses wurde in großer Runde mit Gelächter ausgepackt. Stofftier an mich Rest an die Gemeinschaft. Ein Spaziergang zum Leuchtturm war sicher ein Highlight - leider mußten wir dies in voller Montur erledigen während andere Kinder mit Ihren Eltern am Strand spielten und badeten. Nach 6 Wochen kam ich mit Scheitel und bis oben zugeknöpft nach Hause und als Begrüßung gab es ein „Guten Tag Mutter“. Das erlebte dort oben war nie positiv und meine Mutter hatte immer Gewissensbisse aber wir haben versucht das beste aus der Situation zu machen. Es verwundert mich allerdings bis heute das ich so wenige Erinnerungen an die Zeit und meine Kindheit habe. Ich freue mich sehr über diese Art der Aufarbeitung und vielleicht gibt es ja Leser die ebenfalls in der genannten Zeit aus dem Hochtaunuskreis nach Norderney verschickt wurden - wäre schön ein wenig Licht ins dunkle zu brigen.
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Fanny schrieb am 27.04.2023
Bis ich heute einen Artikel in unserer Tageszeitung über die Verschickungskinder gelesen hatte, dachte ich, ich habe ein Einzelschicksal / Einzeltrauma…..
Nachdem ich aber hier einige Artikel gelesen habe, mich in vielen wieder gefunden habe, möchte ich auch meine Erinnerungen los werden und vlt. ein Stück Traumabewältigung machen.

Ich war im Dezember 1977 mit 5 Jahren aufgrund einer Stoffwechselstörung und geringem Gewicht zusammen mit meinem Freund im gleichen Alter auf Langeoog in Kur. Verschickt wurden wir alleine mit dem Zug. Versprochen war, dass wir zusammen in ein Zimmer kommen, aber bereits nach der Ankunft wurden wir getrennt. Für mich als extrem schüchternes Mädchen war dies schrecklich. Ich wurde im unteren Stock, er im oberen untergebracht In meinem 4er Zimmer gab es ein Zwillingspaar. Gemein fand ich, dass der Junge unten bei uns Mädchen sein durfte. Ich litt schrecklich unter Heimweh (interessierte niemand) und beim regelmäßigen Schreiben der Postkarten, schrieben die Betreuerinnen, dass es mir sehr gut gehe und es mir gefällt. Meine Mutter glaubte das natürlich.
Die schlimmsten Erinnerungen habe ich allerdings zu den täglichen Essenszeiten. Als schmächtiges untergewichtiges Kind, natürlich auch sehr wählerisch beim Essen, bekam ich immer einen großen Schöpfer auf meinen Teller und den musste ich aufessen, egal ob ich das Gericht möchte oder nicht. Es stand immer eine Betreuerin in meiner Nähe und passte auf. Ein vorzeitiges Beenden gab es nicht. Notgedrungen aß ich auf bzw. würgte das Essen hinunter ….. und danach erbrach ich mich quer über den Tisch, ich glaube täglich. Man schimpfte mit mir, schickte mich zum Waschen, Zähneputzen und zum Mittagsschlaf. Ich fühlte mich so gedemütigt und traurig.
Meinen Freund sah ich täglich im Speisesaal am anderen Ende sitzen, er winkte mir immer. Kontakt zu den Jungs gab es nicht, alles war nach Geschlechtern getrennt.
Wöchentlich kam der Arzt und wir mussten in den oberen Stock ins Behandlungszimmer zum Wiegen usw.
Ausflüge zum Strand gab es auch, aber für mich gab/gibt es keine einzigste Situation, die ich positiv in Erinnerung habe. Ich weiß nur, dass ich in der letzten Nacht mein ganzes Bett verbrochen habe und bei den anderen Kindern dann am Fußende lag.
Von meiner Mutter weiß ich, dass ich mit völlig verschmutzten Kleidern heim kam und so gut wie keine Kleider aus meinem fast unbenutzten Koffer gebraucht hatte. Ich war quasi völlig verwahrlost. Als Positives blieb für meine Mutter zurück, dass ich danach keine Stoffwechselstörungen mehr hatte. Abgesehen von dieser Kur hatte ich eine sehr glückliche Kindheit mit vielen schönen Erinnerungen.
Der Kuraufenthalt war nie ein großes Thema in meinem Leben.
Jedoch zieht es mich bis heute nicht an die Nordsee zu den ostfriesischen Inseln und wenn im Fernsehen ein Bericht über die Inseln kommt, laufen mir einfach die Tränen. Bis vor wenigen Jahren fiel es mir auch schwer darüber zu sprechen und auch heute noch bin ich beim darüber Reden/Schreiben emotional sehr ergriffen. Bei einem Besuch vor ein paar Jahren am gegenüberliegendem Festland hat mich ebenfalls die Vergangenheit eingeholt. Ich kann die Gefühle diesbezüglich bis heute nicht steuern.
Ansonsten leide aber nicht unter diesem Trauma, sofern ich nicht an die Nordsee „muss“
Zum Schluss danke fürs Lesen meines Artikels. Ich sehe ihn als einen weiteren Punkt im Thema Traumabewältigung und hoffe, dass ihr anderen auch Kraft schöpfen könnt, wenn ihr seht, dass ihr nicht alleine dieses Schicksal tragt.
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Peggy Kania aus Angermünde schrieb am 26.04.2023
Ich war den ganzen August 1976 in Pausa zur Kur. Dort sollten Kinder hin, die zu dünn oder schlechte Esser waren. Ich war niemals in meinem Leben dünn und laut meiner Mutter war ich dort, weil noch ein Platz frei war (sie war wohl in der betrieblichen Vergabekommission FDGB, Soziales).
Seit sehr vielen Jahren treibt mich um, dass dieser August 1976 in mir komplett vergraben ist. Als Erinnerungen kann ich sagen, dass ich eine alte Villa umgeben von großen Bäumen in einer parkähnlichen Anlage vor Augen habe. In einem düsteren und ungemütlichen Speisesaal gab's Essen. Ich erinnere mich einzig daran, dass ich viel Butter essen musste und diese über Jahrzehnte gemieden habe. In eben diesem Saal saßen auch alle Kinder und jedem Einzelnen wurden die Finger- und Zehennägel geschnitten.
Ich war 7 Jahre alt, wurde am 1. September eingeschult, kann mich an meine Kindergartenzeit erinnern, an meinen Geburtstag am 31. Juli (also die Kur war genau zwischen meinem 7. Geburtstag und meiner Einschulung), aber die Kurzeit ist komplett "weg". Das macht mir Angst! Während einer Therapie wurde mir gesagt, dass die Erinnerungen alle da sind, irgendwann auftauchen und eventuell zum Selbstschutz ausgeblendet werden.
Seit mehreren Jahren leide ich an Depressionen, bei sonst glücklich verlebter Kindheit. Glücklich allerdings machten Ferienlager mich nicht. Da wollte ich nicht hin und nicht sein und ich kann mich erinnern, dass ich so sehr geweint habe, dass meine Eltern kommen mussten. Meine beiden Schwestern waren ebenso mit im Ferienlager und beide hatten nie Probleme damit, nicht zu Hause zu sein. Ich war bis zur Pubertät quasi am liebsten an der Seite meiner Mutter. Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen wurden mir, so denke ich heute, in Pausa genommen. Ich hoffe inständig, dass ich irgendwann an meine Erinnerungen gelange, um mein Ich verstehen zu können.
Wie gesagt, kann ich nichts zu all den anderen Räumen, Abläufen und Gegebenheiten erinnern. Ich habe auch kein Gesicht von Kindern oder Betreuern vor Augen, auch kann ich mich nicht an Post oder Spielzeug erinnern!
Geht es noch jemandem so?
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Anne aus Norderney schrieb am 26.04.2023
Ich war im Winter 1980/81 auf Norderney. Ich war in der 1 Klasse, Schulunterricht gab es nur Mittwochs meistens fiel er aber aus, Die Lehrerin war sehr nett und jung. Spazieren in Zweierreihen, viel Warten nackt auf dem Flur, nackt ums Haus Laufen im Schnee, Blutwurst, gültige Geschichten aus Was ist Was Bücher Dinosaurier wurden vorgelesen man musste dableiben und zuhören im Dunkeln, zugeteilte Kleidung, eincremen mit Melkfett und dann den Schlafanzug an, kein Besuch, keine Telefonate, Buttermilchsuppe, meine Bettnachbarin Cordula mit dicken blonden Haaren und Bussi Bär ein kleiner dünner immer kranker Junge der ach da war als ich kam und noch immer da war als ich drei Monate später ging, das sind die Dinge die ich erinner.Man wartete nackt auf dem Flur um in einer riesigen Wanne zu baden die Zeit wurde gestoppt das Wasser war für alle Kinder das gleiche. Man musste ständig Fieber messen, eigens Spielzeug wurde in Schränke gepackt auch die Kleidung da kamen wir gar nicht dran. Nachts haben viele Kinder geweint. Ich habe keine schönen Erinnerungen außer vielleicht an Cordula die mich getröstet hat und die nette Lehrerin die ich viel zu selten sah.
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BETTI aus Berlin schrieb am 26.04.2023
Ich besuchte Wennigstedt im Rahmen einer Kinderverschickung.
Ich war solch einen schädlichen Umgang nicht gewöhnt.
Ich kann mich noch an wenige Ding erinnern, zum einen wurde ich stets gezwungen mein Essen aufzuessen, unter Tränen saß ich da und musste achten, mich nicht zu übergeben. Gleichzeitig hatte ich Angst, dass eine Pflegerin füttert und das natürlich brutal mit Nase zuhalten. Eckelhaft. Da ich zuvor noch nie Margarine aß, nur Butter, wurde mir stets schlecht. Graubrot mit Margarine. Ich kann das bis heute nicht essen.
Ich habe ein Kinderbild, aufgenommen genau nach der Reise. Ich war stets ein schlankes Kind mit feinen Gesichtszügen, aber auf dem Bild erkenne ich mich kaum, geschwollenes Gesicht und eine fette Griebe an der Lippe. Einfach schrecklich.

Desweiteren wurden Postkarten unter dem stengen Blick der Pflegerinnen gemalt. Obwohl ich schon etwas schreiben konnte, durfte ich nicht. Wenn ich Regen malen wollte, zwang man mich zur Sonne. Leider war mein Code, den ich mit meiner Mutter vereinbarte, aufgedeckt worden.
Pakete der Eltern wurden geöffnet, gezeigt und an alle verteilt, was mir nicht so sehr leid tat. Grund der Verschickung war, dass meine Mutter jung geschieden war, mein Vater viele Jahre erfolglos ums Sorgerecht kämpfte und das Jugendamt ab und zu auf der Matte stand und rat, dass ich unter Kinder müsste. Ich war von der Vorschule befreit, da ich bereits mit 4 Jahren lesen und rechnen konnte. Die Schulärztin sagte, das Kind würde sich in der Vorschule langweilen. Hat lange gedauert, bis das in den Kopf der Jugenamtdame ankam.
Die Postkarten an die Mutter, durfte ich nicht beschriften, das war den Damen zu viel. Wenn ich darüber nachdenke und oft nachdachte, möchte ich den Umgang mit den Kindern durch die Erzieherinnen mit einem Zuchhaus vergleichen. Wer weiß, wo diese Damen früher einmal als Aufseherinnen vor 1945 tätig waren. Ich möchte nichts unterstellen, aber die Umgang war schlimm.
Meine Familie hatte sich nach meiner Rückkehr schriftlich bei den zuständigen Behörden beschwert und mit RA gedroht. Auch den Vergleich gezogen, wo diese Damen wohl einzuordnen seien. Denn so geht man mit Kindern nicht um. Von da an hatte meine Mutter Ruhe, damals traute man einer jungen Frau ein erfolgreiches Leben als Geschiedene Mutter nicht zu.
Bemerken möchte ich, dass die Kinder auf mich fast alle apathisch wirkten, als hätte man ihnen den Willen gebrochen oder etwas ins Essen getan.
Ich habe auf jeden Fall nie mehr so viel erbrochen, wie auf dieser Fahrt.
Tägluch bat ich darum meine Mutter zu kontaktieren, da ich abreisen wollte. Meine Mutter sagte mir, wenn was ist, hole ich dich sofort ab. Daraus wurde nichts, ich durfte nicht einmal meine Mutter überhaupt anrufen. Da ich das aus meiner Familie kannte, habe ich schon in dem Alter mit dem Rechtsanwalt gedroht. Vielleicht hat man mich deshalb nicht so sehr gequält wie andere Kinder. Ich hoffe, dass kein Kind, solche ekelhaften Erfahrung machen musst. Bei mir ging es mehr ums Essen. Andere Kinder wurden bloßgestellt. Und was ich besonders bedrückend fand, dort herrschte eine düstere und Stille Grundstimmung. Ich komme aus einer sehr lebhaften Familie, in der man viel spricht und viel lacht. Das war ein regelrecht Zombiehaus.
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M.M.G. aus Bad Rothenfelde schrieb am 26.04.2023
Ich war immer ein gesundes, agiles Kind. Als ich 8 Jahre war, meinten die Mitarbeiter*innen der „Werksfürsorge“, dass ich doch mal zur Kur müsse und überredeten meine Eltern zu einer 4-wöchigen Kur über die Knappschaft in Bad Rothenfelde. Das Haus wurde von Nonnen geführt, deren Hauptanliegen es war, Macht über Kinder auszuüben.
Wir mussten in einem großen Saal schlafen, dessen Tür abgeschlossen wurde, so dass wir nicht zur Toilette gehen konnten. Dafür gab es einen Nachttopf. Im Laufe der Zeit machten wir alle ins Bett, weil wir alle Probleme damit hatten, vor allen anderen auf den Topf zu gehen. Damit war das Ziel erreicht, eine konnte Bestrafung erfolgen. Ab dann gab es abends nichts mehr zu trinken, nur noch jeden Abend Zitronensuppe, 4 Wochen lang… irgendwann habe ich diese am Tisch wieder ausgebrochen mit der Folge, dass ich mein Erbrochenes vor allen anderen aufessen musste und zusätzlich geschlagen wurde.
Ich verlor an Gewicht und bekam zusätzlichen Druck, die Suppe zu essen. Am Ende wog ich nach 4 Wochen weniger als zu Beginn.
Zähneputzen nackend in der Gruppe, Unterwäsche durfte nur gewechselt werden, wenn die Nonne es wollte (sowas kannte ich von zu Hause nicht), wer beim Schuhe zubinden nicht schnell genug war, bekam eine Ohrfeige etc.
Bekamen Kinder zum Geburtstag ein Päckchen, wurde dies vor aller Augen konfisziert und verschwand. Post die wir nach Hause schrieben, durfte nur positives enthalten, sonst gab’s Schläge. Post von Zuhause wurde ebenfalls kontrolliert und nicht immer ausgehändigt.
Wieder zu Hause angekommen, wurde mir zunächst nicht geglaubt. Nachdem einem anderen Kind auf Norderney ähnliches widerfahren war, glaubten mir meine Eltern. Ein weiteres Mail musst Ich nicht zur Kur.
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Bettina Lichtenauer aus Buxtehude schrieb am 26.04.2023
Ich war 1985 für 5 Wochen in Alexisbad. Meine Mutter hatte keine andere Wahl, da ich untergewichtig war. Kinder wurden dort misshandelt und gequält. Uns wurden proforma die Haare entlaust. Kinder schrien, da das Zeug in die Augen lief und brannte. Irgendwas muss ich da gemacht haben. Daher durfte ich nie Sandmännchen gucken und musste ins Bett. Zum Essen wurden abends die Namen der Kinder aufgerufen und es musste so lange Stullen gegessen werden, bis die Bleche alle waren. Ein Kind klemmte sich den Kopf im Stuhlrücken ein. Ihm wurde nicht geholfen. Das Kind hat geweint und musste so bleiben, wir haben zugeguckt. Nachts war ich bei einer Frau auf dem Schoss, die vor der Toilette saß. Ich hatte Todesangst, Heimweh und kein Zeitgefühl. Karten wurden vorgstempelt an die Eltern geschickt. Ein Bummi bedeutete lieb und ein Kasper böse. Wenn die Post der Eltern kam, weinte der ganze Saal mit Kindern. Als ich zu Hause in Rostock mit dem Bus ankam, stiegen einige Kinder aus. Der Bus musste dann nur ein Stück vorfahren. Ich habe gedacht, es geht wieder los. Ich hab um mein Leben geschrien. Ich weiß, dass viele Störungen sich danach entwickelt haben, die ich hier nicht öffentlich machen möchte. Bis heute, mit meinen 44 Jahren, trifft es mich und hat mich traumatisiert. Vielleicht bin ich genau deshalb Erzieherin mit Herz und Seele geworden. Ich verfluche Alexisbad.
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Peter Rudolf aus Ingelheim schrieb am 26.04.2023
1973 auf Borkum bei einer „Frau Schiller“. 6 Wochen der blanke Horror. Pakete von Zuhause wurden geöffnet, Inhalte verteilt. Briefe nach Hause komtrolliert, wg. Schreibfehler wirde ich vor allen Kindern lächerlich gemacht. Haferflocken mit Wasser, Jungs mussten in Eimer pinkeln, Mittagsschlaf von 13:00-15:00 Uhr … Harte Zeit.
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Verena Zellweger aus Langnau, Schweiz schrieb am 23.04.2023
Als ich noch keine 5 Jahre alt war, wurde meine Mutter als sie mit mir spazieren ging öfter angesprochen, dass ich ja ein süsses kleines Mädchen sei, aber so dünn und ob mir meine Mama nicht genug zu essen geben würde. Das triggerte sie natürlich als klassisches Kriegskind, welches selbst die Kinderlandverschickung erlebte. Zudem wollte man in den Nachkriegsjahren gern seinen neuen Wohlstand kundtun (und das war meinen Eltern aus gutem Mittelstand sehr wichtig). Da ging es natürlich gar nicht, dass das eigene Kind «unterernährt» aussah. Mein Kinderarzt in Erkrath (b. Düsseldorf) verordnete dann die «Kinder-Kur». Angeblich litt ich auch an azetonämische Erbrechen (Stoffwechselreaktion aufgrund von zu viel Säure und Unterzuckerung, die Appetitlosigkeit auslöst – klar wollte meine Mutter mir da helfen mit der «Kur»). Wenn ich mich recht erinnere, traten diese krampfhaften und heftigen Brechattacken (2x/Jahr) aber erst nach der «Kur» in Bad Orb auf und zogen sich hin bis sie sich mit 15 auswuchsen. Warum ich denke, dass diese Brechattacken erst nach der Kur kamen: erstens tritt diese Körperreaktion oft in Zusammenhang mit psychischen Belastungssituationen – was diese «Kur» definitiv war - auf oder aufgrund von Infekten, die ich als Kleinkind öfter hatte. Resultat war, dass ich bis zu meinem 13./14. Lebensjahr öfter allein im Spital am Tropf lag, damit ich nicht dehydrierte wegen der Kotzerei. Auch kein Spass.
Nun aber zu dieser «Kur» die gar keine war – jedenfalls nicht in dem Sinne, wie man sich eine Kur vorstellt.
Meine Eltern haben die Gelegenheit genutzt, gleich selber in Bad Orb – also in unmittelbarer Nähe zu meiner «Kur»-Stätte eine Badekur zu machen. An die Anreise kann ich mich nicht erinnern. Ich glaube aber, dass es ein Bild gibt, wo ich mit Kindern zu sehen bin, die mir unbekannt sind. Gewundert habe ich mich später immer, warum mich meine Eltern nie besucht haben. Aufgrund der Infos, die ich nun habe ist klar, dass dies nicht zum «Kur»-Reglement gehörte. Sie haben mir aber geschrieben und Esspakete gesendet, von deren Inhalt ich nichts bekommen habe. Mein Zimmer – und das ist ungewöhnlich, wenn ich die anderen Berichte lese – war ein Einzelzimmer. An dieses kann ich mich sehr gut erinnern, da mein Bett mit Blick auf ein kleines Fenster an der rechten Seite eine Wand hatte und auf der Linken konnte ich in einen schlauchartigen kleinen fensterlosen Raum sehen, in dem sich öfter eine Aufseherin aufhielt. Sie bastelte Hampelmänner aus Filzscheiben, wovon mir einer versprochen wurde, wenn ich immer schön lieb und brav sei. Dieser Hampelmann war mein Lichtblick und natürlich wollte ich alles dafür tun, ihn zu bekommen. Das ist mir aber nicht gelungen – wie auch in einer solch lieblosen Atmosphäre ohne Trost und Zuspruch, ohne die geliebten Eltern in einem fremden Bett und als schüchternes Mädel unter sooo vielen fremden Gesichter. Ich habe (fast) jede Nacht ins Bett gemacht – und nicht nur «klein» sondern Durchfall. Zu Hause war ich bereits seit dem 3. Lebensjahr «sauber» - in der «Kur» überkam es mich in der Nacht als ich schlief und es nicht gemerkt habe. Es passierte einfach. Der essigscharfte Geruch meiner Exkremente ist mir bis heute präsent geblieben und immer, wenn ich etwas ähnlich toxisches rieche, bin ich wieder vor Ort und habe das Bild vor mir, wie ich allein im versifften Bett liege. Nun könnte man ja annehmen, dass sich die Aufseherinnen in Nonnentracht in christlicher Manie mit mir kleinem Würmchen erbarmen würden. Weit gefehlt: sie waren verärgert über so viel Boshaftigkeit von mir, ins Bett zu machen. Sie zerrten mich mit Gummischürze bekleidet aus dem Bett und ich musste so wie ich war nackt, verängstigt, verschmiert und stinkend über kalte Flure und Treppen gezerrt in einen Waschsaal laufen. Ich erinnere mich an eine lange Reihe Waschbecken links und einige Badewannen rechts. In einer wurde ich dann nicht sehr liebevoll und mit eher kaltem Wasser abgespritzt, während mich Kinder, die sich grad die Zähne putzten, naserümpfend auszählten. Es war Demütigung pur. Damit aber nicht genug.
Die ersten Tage wurde ich nach dem Wecken so behandelt. Keiner der Nonnen nahm sich die Zeit - geschweige denn das Herz – mal zu ergründen, warum mir das passierte. Im Gegenteil: sie meinten doch allen Ernstes, dass ich das mit Absicht mache und dafür bestraft werden müsste. Die Androhung lautete, dass ich bis Mittag in meinem Kot nackt liegenbleiben müsste, wenn das wieder vorkam. Natürlich kam es wieder vor – ganz entgegen meinem Wunsch – ich wollte doch den Hampelmann. Das wurde aber nicht so gedeutet und so lag ich fast jeden Tag der 6 Wochen im eingekoteten Bett. Ich lag dort, schaute auf das Fenster in den Himmel und erinnere mich, dass ich sterben wollte.
Später in der Schulzeit habe ich immer Sport oder Schwimmen blau gemacht, wenn wir danach hätten duschen sollen. Mein Schamgefühl war zu gross und ich verstand lange nicht, warum das so war. Erst als der Groschen bei meiner Ausbildung mit Eigenprozess fiel – ich war 40 – konnte ich dieses Trauma verabschieden.
An einigen Tagen hatte ich morgens beim Wecken ein sauberes Bett, was mir «na also, geht doch» belobigt wurde. Dies war aber nicht mein Verdienst, sondern der eines kleinen Engels, der das mit mir irgendwie mitbekommen hatte. Sie – leider weiss ich den Namen nicht aber sie war etwas älter als ich (8 glaube ich) – kam mich (sofen sie selber aufwachte) heimlich in der Nacht besuchen und fragte, ob ich schon ins Bett gemacht hätte. Ich schaute dann ängstlich unter die Bettdecke und meist war es noch sauber. Sie fragte mich weiter, ob ich denn «müsse» und ich wisse, wo das WC sei. Ich musste immer aber wusste nicht, wie ich zum WC finden sollte. Beide schlichen wir uns dann leise durch die kalten Gänge zu den WC’s (was in der Nacht wohl verboten war !?), wo ich mein dünnes Geschäft machen konnte, was auch immer höchste Zeit war. Diese Aktion wäre ja mal eher die Betreuungspflicht der Nonnen gewesen…
Bei diesem kleinen mutigen Engel würde ich mich so gerne bedanken. Sie hat sich selber in Gefahr gebracht, um mir zu helfen. Ich meine mich erinnern zu können, dass sie oder wir auch mal erwischt wruden und mir dann sagte, dass sie nicht mehr kommen dürfe und könne. Wenn sich dieser Engel auch hier auf diesen Seiten befindet, würde ich mich freuen, sie einmal in die Arme zu schliessen.
An Spielen, Spazierengehen oder sonstige Vergnügungen kann ich mich nicht erinnern. Auch nicht an Schläge oder an den Speisesaal. Ev. waren die Ess-Erlebnisse noch krasser als das hier berichtete. Ich könnte mir nämlich gut vorstellen, dass ich zum zunehmen dort war. Als ich die Berichte der anderen über das Essen las, kam mir ein Bild von zu Hause nach der Kur. Anscheinend wurden die Eltern mit den hilfreichen und eher weniger schlimmen Methoden der «Kur» geimpft: ich erinnere mich, dass ich nach der «Kur» immer noch nicht viel gegessen habe. Ich sass vor dem halbleeren Teller und war einfach satt. Meine Mutter legte dann einen Kochlöffel neben den Teller und ich sass allein davor und sollte aufessen, sonst würde ich den Kochlöffel zu spüren bekommen. Ich ass nicht auf, sondern entsorgte das Essen entweder heimlich im Müll, oder durfte dann doch nach einer halben Stunde ohne Aufessen gehen. Den Kochlöffel bekam ich nie zu spüren. So lernt Kind lügen, vertuschen und fühlt sich noch schlechter, da es ja etwas Falsches tut. Anscheinend wurden auch die Eltern manipuliert, um uns nach der «Kur» wohlwollend weiter zu therapieren.
An das Abholen durch meine Eltern kann ich mich nicht erinnern; wohl aber an die Autofahrt nach Hause. Ich hatte eine schwere und schmerzhafte Blasenentzündung, die sich über viele Jahre 2–3-mal jährlich wiederholte. Heute weiss ich, dass es meine Wut war, so behandelt worden zu sein. Jeder Trigger löste eine Blasenentzündung aus.
Heute bin ich in der glücklichen Lage, dass ich vor 20 Jahren eine 4-jährige therapeutische Ausbildung mit sehr viel Eigenprozess gemacht habe und mein Trauma der «Kur» bearbeitet habe. Ich lernte, mein inneres Kind an die Hand zu nehmen und zu beschützen. Das hat mir sehr geholfen und ich kann es sehr empfehlen.
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Thomas W. schrieb am 23.04.2023
Hallo an alle,
ich hatte ja unlängst erwähnt, dass ich als Kind damals fünf mal auf „Reise“ musste.
Hier möchte ich zunächst erst einmal auflisten, wann ich wo war und hoffe, doch ein paar Mitstreiter (nicht unbedingt aus dem gleichen Zeitraum - das wäre ja zu perfekt), für einen Erfahrungsaustausch zu finden.
Gerne gehe ich dann später auf die einzelnen Einrichtungen im Detail ein, was meine Erinnerungen so hergeben.

1. 1975 war ich von Anfang Oktober bis Mitte November in Schmalzgrube, 6 Wo (Westerzgebirge)

2. 1976 war ich von Anfang November bis Mitte Dezember in Bad Gottleuba, 6 Wo (Osterzgebirge)

3. 1978 war ich von Mitte März bis Ende April in Kölpinsee, 6 Wo (Usedom)

4. 1979 war ich von Anfang Februar bis Anfang März in Lindow, 4 Wo (heutiges Brandenburg)

5. 1980 war ich von Anfang März bis Anfang April in Klosterheide, 4 Wo ( heutiges Brandenburg)

Bin sehr gespannt, ob sich jemand meldet.
Das wäre schön.
Wünsche euch eine schöne Zeit.
Bleibt alle gesund und viele Grüße Thomas
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Bettina aus Köln schrieb am 23.04.2023
1966 wurde ich mit knapp 6 Jahren zum 2. Mal "in Kur" geschickt nach Adenau. Die Nonnen nahmen mir sofort bei Ankunft mein Kuscheltier ab. Mittags mussten wir in einer Turnhallte auf Pritschen in eine Filzdecke gehüllt 2 Stunden ruhig liegen, Sprechen war nicht erlaubt. Wenn ich zu lange auf der Toilette saß, wurde ich heruntergerissen, auch wenn noch ein Stück Kot klemmte und später die Hose verschmierte. Diese wurde dann den anderen Kindern hämisch präsentiert. Ich ekelte mich vor roten Beeten und wurde gezwungen, diese zu essen. Als ich mich auf den Teller erbrach, musste ich das Erbrochene essen. Meine Eltern kamen 1x zu Besuch, wurden aber nicht zu mir gelassen und ich erfuhr nichts von ihrem Besuch.
Ein Telefon war mir nicht zugänglich. Eine sehr bösartige Ordensschwester ließ sich auf der Rückfahrt des Busses zurück in Köln in einer Kurve auf den Boden fallen unmittelbar vor der Ankunft, um uns zum Lachen zu bringen
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Bettina aus Köln schrieb am 23.04.2023
Ich wurde 1963 mit knapp 3 Jahren zum 1. Mal für 4 bis 6 Wochen nach Berchtesgaden "in Kur" geschickt.
Erinnerlich ist mir das Gefühl des Alleinseins und fehlende Geborgenheit. Eine 8-bis 10 Jährige hat sich manchmal "mütterlich" um mich gekümmert. Bei meiner Rückkehr habe ich meine Eltern nicht mehr erkannt/gekannt.
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Fanny aus Schwäbisch Gmünd schrieb am 21.04.2023
Ich war als 5 jährige 4 Wochen alleine in Alexisbad. Die Frau, die mich am Bahnhof für die lange Busfahrt in Empfang nahm, fragte ich, ob ich mit ihr kommen möchte. Ich sagte "nein".
Ich erinnere mich an den einprägensten Satz in den 4 Wochen: "wenn ihr nicht dick werdet, dann dürft ihr nicht nach Hause". Ich erinnere mich an das Mädchen mit der Brille und den kurzen schwarzen Haaren, dass wegen Heinweh im Speisesaal weinte. Man stellte sie zur Strafe auf die Terasse und sagte ihr: "du kannst ja heim laufen, wenn du so weinst." Ich erinnere mich, dass es einen "Dickentisch" für die Kinder gab, die abnehmen sollten und einen "Dünnentisch" für die, die zunehmend sollten. Ich erinnere mich, dass ich mich vor den dick mit Butter gestrichenen Zuckerbroten ekelte und diese in den Übertopf der Zimmerpflanze verschwinden ließ, die neben meinem Platz stand, denn man durfte erst aufstehen, wenn alles aufgegessen war. Ich erinnere mich daran, dass es Zensuren für das Aufräumen des Kleiderfachs in der Garderobe gab. Ich hatte nur eine drei bekommen. Ich erinnere mich daran, dass ich meistens schlecht einschlafen konnte weil ich Angst und Heimweh hatte. Ich erinnere mich an einen Rotlichtraum, den wir mit Lichtschutzbrillen betreten haben. Ich erinnere mich an einen Rodelberg und roten Plastikschlitten, von denen ich selten einen abbekam. Ich erinnere mich an ein Papiernest zu Ostern mit grünen Bonbons drin. Ich fand vor ein paar Jahren bei meiner Mum eine alte Postkarte von Alexisbad. Darin stand: "Fanny geht es gut. Das Essen schmeckt ihr"
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Marcel Schreiber aus Schallstadt schrieb am 20.04.2023
Hallo zusamme, ich hoffe, dass das hier einige Lesen. Erstmal bin ich total begeistert wie sich das Thema immer mehr aufgearbeitet und erforscht wird. Dass das Thema auch immer mehr Raum gewinnt. Ich bin auch der Meinung, dass diese Epoche mehr in die Öffentlichkeit getragen werrden sollte und aus diesem Grund habe ich mich entschieden eine Facharbeit mit der Frage, wie sich die Erlebnisse heute auf Betroffene in ihrem Alltag auswirken, für meine Fachhochschulreife zu schreiben. Kurz zu mir ich heiße Marcel und bin 25 Jahre alt und komme aus Baden-Württemberg. Ich vermute schon seit einiger Zeit, dass meine Mutter(Jahrgang 1976) auch in einem dieser Heime war. Ich vermute, dass sie schwer durch diese Zeit geprägt wurde, da sie nie viel und genau darüber erzählt hatte, nur sich von ihren Eltern abgeschoben gefühlt hatte und ihnen das bis heute vorwirft. Da ihr psychischer Zustand meinen Zustand in der Kindheit unter anderem durch Vernachlässigung schwer schädigte, habe ich schweren Herzens dazu entschlossen mit ihr den Kontakt abzubrechen um meine Gesundheit nicht weiter zu gefährden und den richtigen Weg für mein Leben zu finden. Nun also ich schreibe eben zurzeit diese Facharbeit und würde gerne ein Interview durchführen um ein genaueres Bild davon zu bekommen. Am liebsten telefonisch oder auch über E-mail oder Whatsapp. Bevor ihr euch bei mir meldet geht doch nochmal in euch und überlegt ob ihr wirklich bereit seid euch dazu so zu öffnen und wie hoch die Triggergefahr ist. Übrigens muss ja auch nicht jede Frage beantwortet werden. Also wenn ihr euch bereit fühlt und Lust habt mit mir dieses Interview zu führen, würde ich mich riesig freuen, wenn sich jemand bei mir melden würde. Hier meine E-mail: schreibermarcel@gmx.net Liebe Grüße Marcel
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Jessica aus Fürstenwalde schrieb am 20.04.2023
Hallo, ich habe lange überlegt, ob ich ein paar Zeilen meiner Erlebnisse teile.
Auf Anraten meiner Therapeutin habe ich mich durchgerungen alle Erinnerungen, auch wenn es nur Fetzen sind aufzuschreiben.

Vorab: Ende 2022 war ich zur Reha. Im Rahmen der Einzeltherapie habe ich einen Zeitstrahl aufgezeichnet indem es um traumatische Erlebnisse in meinem Leben ging. Erst dort habe ich von der Therapeutin vom Begriff „Verschickungskinder“ erfahren. Seitdem beschäftige ich mich sehr intensiv mit dieser Thematik und bin vor kurzem hier eingetreten.

Ich wurde 1982 geboren und wurde kurz nach meinem 5.Geburtstag/ 1987 auf Anraten vom Kinderarzt und dem Gesundheitsamt nach Heiligenstadt (Thüringen) verschickt. Da ich ein Frühchen war und sehr viel krank und schwach war, sollte ich dort vor der Einschulung „aufgepäppelt“ werden.
Ich sollte zunehmen. So wurde es meinen Eltern erklärt.
Meine Mama hat in all meinen persönlichen Sachen (Bekleidung etc.) kleine rosa Herzchen genäht, so dass ich meine Sachen wieder erkenne. Ich kann mich an die Busfahrt erinnern und wie einsam und verlassen ich mich gefühlt habe.
Von dort habe ich Erinnerung, wovon zwei sehr prägend waren:

•ich erinnere mich an einen kalten Schlafraum und an ein Gitterbett indem ich geschlafen habe-mein Bett stand links und die Schränke standen rechts an der Wand entlang

•Bekleidung musste ordnungsgemäß zusammengelegt werden, in der Nacht waren Toilettengänge verboten, wer ins Bett gemacht hatte, der wurde vor allen Anderen bloß gestellt und ausgelacht/verspottet

•ich hab mich oft in den Schlaf gewimmert, man durfte nicht weinen, zur Strafe wurde von der Frau das Kuscheltier entzogen (ich hatte so Angst) oder man wurde aus dem Bett gerissen/gepackt und musste zur Strafe eine Ewigkeit auf kalten Fliesen stehen

•wir mussten ständig Rote Bete essen, ich wurde von einer Frau festgehalten/fixiert und die Andere stopfte mir die Rote Bete rein…bis zum Erbrechen und selbst das Erbrochene musste ich aufessen

•ich erinnere mich wie wir in die Sauna gesperrt wurden…als ich hinaus wollte, war die Tür verschlossen…danach wurden wir kalt abgespritzt

•dann gab es ein Wasserbecken indem wir kniehoch wie „Storche“ watscheln sollten, es gab auch Strafrunden

•wir haben blaue Pillen bekommen, ich nehme an es waren „nur“ Fluorid-Tabletten (Kariesschutz)

•ich erinnere mich, dass wir Kinder über längere Zeit in der Ecke stehen mussten

Bis heute sind Rote Bete und Sauna für mich ein „Rotes Tuch“. Es war eine Qual, in meiner Seele hat es Risse hinterlassen. Mein Aufenthalt dort war geprägt von Emotionaler Kälte, Drill, Angst, Erniedrigung, Essenszwang, harter/schroffer Ton und Umgang, körperliche und seelische Entblößung.
Wir haben in frühester Kindheit traumatische Erlebnisse erfahren und wurden damit allein gelassen. 😔
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Nicole aus Karlsruhe schrieb am 19.04.2023
Ich bin mit knapp 4 Jahren nach Donaueschingen für 6 Wochen zum Zunehmen verschickt worden.
Ich erinnere mich daran, dass es immer eine Art Schokopudding mit Brötchen gab. Ich wurde zum Essen gezwungen und musste sitzen bleiben, während alle anderen Kinder schon spielen durften. Die Schlafsäle sind mir noch sehr präsent. Viele weiße Eisenbetten in einem Raum. Sogar an die Bettwäsche kann ich mich noch erinnern. Nachts hatte ich manchmal Alpträume und sprang zu einem andern Mädchen in`s Bett. Die Nachtwache kam mit einer Taschenlampe und ertappte mich dabei. Statt weiterschlafen zu dürfen, musste ich bei ihr stehen. Noch heute verfolgen mich Nachtwachenträume.
Als ich auf dem frisch geputzten Boden ausrutschte, bekam ich eine Gehirnerschütterung und wurde in ein Einzelzimmer unter dem Dach isoliert. Gefühlt lag ich dort Ewigkeiten. Keine Ahnung. Nachdem ich lange Zeit weinte, erbarmte sich irgendwann mal eine Putzfrau. Weil ich mich wegen der Gehirnerschütterung ständig erbrach, wurde ich angemeckert.
Im Keller gab es Räume mit lauter grünen oder blauen Badewannen. Ich hatte fürcherliche Angst vor dem Wasser und den Solebädern. An Namen und Gesichter von Erziehern oder Schwestern kann ich mich nicht erinnern. Es hat sich für mich so angefühlt, als hätten sich vielmehr die KInder umeinander gekümmert .
Postkarten wurden an die Eltern geschickt. Ich glaube, meine Mutter ließ mich früher abholen. Sie war getrennt von mir in Kur. Das war, gottseidank, die einzige Verschickung. Ein anderes Mal bin ich mit meiner Mutter in Mutter- Kindkur gegangen.
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Marysol aus Zürich schrieb am 19.04.2023
Ich bin 53 Jahre alt und erinnere mich düster an die Verschickungen. Ich habe dies immer als eine Alptraumerfahrung in meinem Leben beschrieben und kannte leider nie jemanden, der auch verschickt wurde. Ich erinnere mich an die Zeiträume von 6 Wochen. Ich war ca.4-6 Jahre alt.
Ich kann mich kaum an längere Phasen erinnern, weil es glaube ich nicht erinnerungswert war, sondern nur schrecklich.
Ich erinnere mich, dass ich in einem Bus im Schwarzwald angekommen bin und direkt in einen riesigen alptraumartigen Raum, wie eine Halle, eine Viehhalle, musste, mich nackt ausziehen und in eine der vielen Badewannen mit Wasser gefüllt reinsetzen musste. Vor entsetzen und Angst hatte ich die Wanne voll geschissen und weinte verzweifelt und wurde mutterseelenallein alleine dort sitzen gelassen gelassen. Ich musste wie ein Sträfling anerkennen, dass ich selber schuld bin dort mit meiner Misere drin sitzen bleiben zu müssen. Weiter erinnere ich mich, dass ich dickflüssige, dunkelrote Flüssigkeiten zu mir nehmen musste, die wiederum roten Kot verursachte. Das fand ich gruselig.Ich habe nie verstanden, wofür das alles war. Ich weiss nur noch, dass ich gezwungen wurde dies und das zu trinken. Weiter wurde ich in Dampfräume mit weissen Kitteln geschickt. Ich habe mir später immer so Gefangenenlager vorgestellt mit Wärterinnen, die einen lieblos abfertigten. Ich erinnere mich daran, dass alles gespenstisch und angsteinflössend war. Die Atmosphäre war von Einsamkeit und Lieblosigkeit geprägt. Weiter erinnere ich mich daran, dass es Gesangsbücher gab, die bis zum Ende keine Eselsohren haben durften. Das muss in Süddeutschland gewesen sein. Es wurde ganz klar gesagt, dass nur diejenigen ein Geschenk bekommen werden, bei denen das Buch am Ende noch so aussieht, wie am Anfang. Meines hat es nicht geschafft. Und wir wahren dann die schlechten Kinder. Postkarten musste ich auch schreiben.
Meine Geschwister, die jünger als ich sind, wahren in einem anderen Haus untergebracht. Ich glaube es war in Plön. Ich erinnere mich nur noch daran, wie sie zusammenbleiben wollten (Zwillinge) aus Angst in der verachtenden, fremden Umgebung auseinander gerissen zu werden. Davon habe ich später gehört. Es gab Zimmer, die Namen hatten wie Esel, etc..Wir hatten während des Aufenthaltes keinen Kontakt. Ich hatte sie dort verloren. Ich fühle mich sehr traurig bei diesen Gedanken an diese abscheuliche Zeit in diesen grauenvollen Heimen mit TäterInnen wie auch Eltern, die dieses System aus Eigennutz gutgeheissen und für sich genutzt haben. Dies wurde ja finanziell gefördert und belohnt. Ich habe eine Mutter, die ebenfalls gewalttätig war. Und ich denke, dass ihre Vergangenheit schwer mit den Kriegsverbrechen an Kindern verknüpft ist. Pervers. So fühlt es sich an. Herzlichen Dank für die Initiative. Es tut gut diese Erinnerungen zu teilen. Ich habe gestaunt, dass es das gibt.
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Monika aus 57234 Wilnsdorf schrieb am 18.04.2023
Ich war 10 J. alt. Als ich unerlaubt Wasser beim Blumengiessen trank, mußte ich den ganzen Tag im Bett bleiben. Kleinkindern wurde Erbrochenes wieder eingelöffelt. Mein Beschwerdebrief an meine Eltern wurde zerrissen, ein erfundener Brief diktiert.
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Cendy aus Salem schrieb am 18.04.2023
Ich kann mich nur daran erinnern, dass ich Dinge essen musste, die ich nicht mochte sogenannter Essenszwang. An mehr kann ich mich nicht erinnern. Wer war auch noch dort und etwas berichten?
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Christine aus Dormagen schrieb am 16.04.2023
Da ich schwere Neurodermitis und Asthma hatte ,kam ich 81/82 mit 6 Jahren nach Norderney ,Kaiserin Seehospiz.
Ich habe 6 Monate dort verbracht ....
Die Ordensschwestern haben und gedemütigt und gequält ... damit wir nicht kratzen wurden wir nachts ans Bett gebunden...Wer pipi musste hatte Pech gehabt und musste ins Bett machen.
Wenn man doch gekratzt hatte, dann musste man komplett nackt vor allen anderen Kindern und Schwestern stehen und wurde mit furchtbar brennender Tinktur " blau" gemacht... am Telefon und in Briefen mussten wir lügen , dass es uns ganz toll geht. Eingehende Post und Pakete wurden kontrolliert und einkassiert.
NNach6 Monaten sind meine Eltern gekommen, da sie gemerkt haben, dass was nicht stimmt ...vorgefunden haben sie eine 6 jährige, die am ganzen Körper vereitert war , kaum noch gesunde Haut am Körper.... Der Eiter lief aus meinen Ohren...es war schlimm... weitere 6 Monate hat man in Bremen um.mein Leben gekämpft ... und ich habe gewonnen ... nicht diese sadistischen Schwestern.... viele Jahrzehnte habe ich es verdrängt ... mich nur gewundert, warum ich Panik bekomme, wenn man mich an dek Händen festhält .... durch eine Therapie, die ich eigentlich wegen meinem.Exmann angefangen habe kamen diese Traumata vor ca 10 Jahren zum Vorschein ....
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Astrid schrieb am 16.04.2023
In Grömitz war mein Tag schon vor dem Frühstück gelaufen, weil ich eine Extrasuppe zum Zunehmen bekam und danach "gestopft" war. In Westerland das Übliche: erzwungener, erfolgloser Toilettengang nach dem Essen und dann weder im Mittagsschlaf noch Abends nach dem Zubettgehen erlaubt auf die Toilette zu gehen.....erst nach dem "Einschlafen" mit zusammengeklemmten Beinen. Briefzensur sowieso.
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Regina Gumtau aus Plön schrieb am 16.04.2023
Hallo in die Runde,

mein Bruder und ich waren 1976 für 6 Wochen in Plön im Seehof, dass von der Heilsarmee betrieben wurde. Mein Bruder war 6 und ich 5 Jahre alt. Diese 6 Wochen zählen absolut zu meinen allerschlimmsten in meinem Leben. Auch ich habe Albträume verbunden mit aufkeimenden, negativen Gefühle und Auswirkungen in Bezug auf diese traumatischen Erlebnisse. Ich erinnere, dass ich mich regelmäßig übergeben musste, da die Betreuerinnen dort uns das Essen reingestopft haben, schließlich sollten wir ja zunehmen. Eines nachts schaffte ich es nicht mehr rechtzeitig zur Toilette und ich habe mich auf dem großen, riesen Holzfußboden übergeben. Die Betreuerin brachte mir einen Eimer und einen Feudel und ich die Sauerei entfernen. Hilflos habe ich mein Erbrochenes hin und her geschoben, da ich nicht so recht wusste, wie ich den Boden wieder sauber kriegen könnte. Die Betreuerin nahm mir den Feudel aus der Hand und hat ihn mir ins Gesicht geklatscht mit den Worten “du alte Sau sollst das wieder sauber machen!”
Meine Eltern haben uns dort besucht, da ich während der Zeit dort Geburtstag hatte. Das war eigentlich nicht erlaubt, aber meinen Vater hat das nicht interessiert. Es gibt einen kleinen Super 8 Film und dort ist auch diese Frau zusehen, die mir den Feudel durchs Gesicht gezogen hat. Ich habe mir immer geschworen, sie irgendwann aufzusuchen und sie zur Rede zu stellen. Das habe ich nie gemacht, aber ich würde sie schon gerne mal treffen. Es gibt sehr viele, schlimme Erinnerungen an diese Verschickung, aber diese mit dem Feudel spüre ich noch immer, als sei sie gestern gewesen, dabei ist sie nun 42 Jahre her.

Liebe Grüße,

Regina
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Julia aus Dresden schrieb am 16.04.2023
Hallo, ich wurde 1986 geboren und war ca. 4 oder 5 Jahre alt, als ich auf einmal für 4 oder 6 Wochen zur "Kunderkur" nach Wijk musste.

Ich habe nur noch 1 Erinnerung: ich teilte mir das Zimmer mit einem gleichaltrigen Jungen.
Dieser Junge hatte, soweit ich mich richtig erinnere, eine Mickey Mäuse Figur, deren Nase rot leuchten konnte.

Der Junge hatte nachts mal eingenässt und die Erzieher sind richtig böse geworden, haben das anderen öffentlich erzählt, dass dieser Junge eingenässt hat.

Es existiert noch 1 Gruppenfoto. Der Junge trug damals eine Brille.

Ich leide unter einer Sozialphobie und Atychiphobie. Wo die Ängste ihre Wurzeln haben, kann ich nur vermuten.

Mein Vati erzählte mir erst letztes Jahr, dass ich nach dieser Kur nicht mehr das Kind war, das ich noch vor der Kur war.
Ich werde ihn morgen fragen, ob er noch Daten zum Aufenthalt hat.

Ich weiß bis heute nicht, warum ich zu dieser Kur musste.

Danke für's lesen

Julia
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Kerstin Weiß schrieb am 15.04.2023
Hallo Thomas aus Fehrbellin (08.04.2023)
Du findest mich im Forum "Sachsen-Anhalt"
Gruß Kerstin
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Jutta Simowski aus Essen schrieb am 14.04.2023
1964 in den Schulferien war mein Vater im Krankenhaus und meine Mutter musste unser Geschäft führen. Da gab ihr jemandvon der Diakonie den Rat, mich auf Kur zu schicken. Es war gruselig. Das meiste habe ich verdrängt. Nur am Enmde der 6 Wochen bekam ich eine Mündfäule, niemand brachte mich zum Arzt. Eine Schwester gab mir etwas zum Gurgeln. Trotzdem wurde ich gezwungen, Brot zu essen. Zu Hause angekommen war unser Hausarzt entsetzt, der ganze Mund entzündet und voll Blasen, hohes Fieber. 2 Wochen nur flüssige Kost und Antibiotika. Meine Eltern waren nahe dran, das Heim zu verklagen. Auch ich wurde dort gezwungen positive Ansichtskarten zu schreiben. Seitdem habe ich eine Antipathie gegenüber religiösen Institutionen.
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Mona schrieb am 14.04.2023
Hallo ich möchte nochmal Aufrufen in Bezug
des Heimes Rechtis-Weitnau im Allgäu.
Ich würde mich sehr freuen wenn sich hier tatsächlich eine-einer noch erinnern würde dort gewesen zu sein, bezw. eben dort in dieser Zeit war um sich Auszutauschen.
Und dann gerne Kontakt über:
DetzelMona-@t-online.de
Allen hier wünsche ich ein gutes und glückliches Leben
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Roland Handschuh aus Littleton, Colorado (USA) schrieb am 13.04.2023
Roland Handschuh
12. April 2023 20:18
Hallo, und Gruss an all die damaligen “Verschickungskinder”.
(Allein das Wort Verschickung erzeugt bei mir Unbehagen.)
Ich wurde im August 1958 für vier Wochen nach Bad Sachsa in das Heim “Bergfrieden” geschickt. Bis heute hab ich noch viele Erinnerungen an einzelne Begebenheiten in diesem Heim (Die meisten davon nicht gerade erfreulich!). Nach 65 (!) Jahren hatte ich heute die Gelegenheit, nach Bad Sachsa zu fahren. Was ein wundervolles idyllisches Städtchen in dieser traumhaften Umgebung im Harz. Da meine Mutter die Postkarte, welche ich damals nach Hause geschrieben hatte, all die Jahre aufbewahrt hat, konnte ich das alte (leider heruntergekommene und überwucherte Heim) ohne Mühe wiederfinden. Welche Erinnerungen bei dem Anblick kamen heute wieder in’s Gedächtnis. Es war damals sicherlich nicht alles schön, aber ich hab heute keine Bitterheit, sondern eher Wehmut und nostalgische Gefühle empfunden. Jedenfalls bin ich dankbar, dass ich heute diese kleine Zeitreise unternehmen konnte.
Mich würden natürlich die Kommentare und Erinnerungen anderer “Verschickungsopfer” von damals – besonders derer, die zu der Zeit auch in Bad Sachsa waren, brennend interessieren. Meine E-mail Adresse: Roland.zuhause@hotmail.com.
Vielen Dank für Eure Antworten im voraus.
Roland Handschuh, USA
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Udo aus Frechen schrieb am 12.04.2023
Im Jahr 1957 wurde ich auf Rat des Hausarztes für 6 Wochen in Kur geschickt. Bad Säckingen im Schwarzwald sollte der Kurort sein. Ich bin Jahrgang 1953. Zur Zeit der Kur war ich also 4 Jahre alt. Auf dem Bahnsteig des Kölner Hauptbahnhofs hab ich mich gegen die Verschickung sehr lautstark gewehrt. Meine Mutter erzählte Jahre später, das ich mich an ihrem Mantel festhielt und unter Geschrei , bei der Gewaltsamen Trennung alle Knöpfe des Mantels Abriss. Ich erinnere mich noch, das wir abends mit dem Bus vor dem Kinderheim ankamen.
Das Schlimmste war das Abendessen. Es gab dicke Bohnen. Die mochte ich überhaupt nicht. Aber, die Tante hatte kein Erbarmen. Ich durfte nicht aufstehen, bevor alles aufgegessen war. Nachdem ich mich erbrochen hatte, wurde das Erbrochene wieder in den Teller geschaufelt und ich mußte alles nochmal essen. Zur Strafe bekam ich danach noch eine Portion dicke Bohnen extra. Es dauerte ewig.

Ich erinnere mich noch, das wir Kinder im Wald aus Stöckchen und Moos kleine Häuser für Zwerge oder Elfen gebaut haben. Das hat Spaß gemacht.
Bei einem anderen Spaziergang gingen wir über eine Holzbrücke die ein Dach hatte. Das fand ich total spannend.
Zurück aus der Kur hab ich von nichts erzählt.
Erst Jahre später hab ich das mit den dicken Bohnen mal erzählt. Aber, es interessierte niemanden, oder sie haben es nicht geglaubt. Bis etwa 20 Jahren war Essen für mich ein Horror. Wenn meine Schwesten nach einer halben Stunde mit Essen fertig waren, hab ich immer mindestens eine Stunde gebraucht. Die Eltern haben immer gelästert und gemeckert weil immer über eine Stunde gebraucht habe. Meine Mutter hat meine Portionen immer größer gemacht als ich wollte. Wenn ich stop sagte, hat sie noch was zusätzlich auf den Teller getan. Ich durfte erst aufstehen wenn der Teller leer war.
Essen war für mich immer ein Horror.
Heute muß ich aufpassen das ich nicht zu schwer werde. Vor etwa einem Jahr machte mich meine ältere Schwester auf den YouTube Film „ Die Leiden der Verschickungskinder“ aufmerksam.
Erst jetzt war ich mir sicher, das alles wirklich passiert ist. Es war kein Traum und auch keine Fantasie.
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Iris schrieb am 10.04.2023
Hallo
Ich war März/April 1985 im Mittenwald, Haus am Schmalensee.
Zu der Zeit war ich 13 Jahre
Ich glaube dass mir viele Einnerungen verloren gegangen sind.
Gerne würde ich auf Menschen treffen die damals mit mir dort waren.
Viele Grüße
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Thomas schrieb am 08.04.2023
Hallo Kerstin (03.04.) aus Neuruppin.
Ich bin Thomas aus Fehrbellin und war in meiner Kindheit (von ca.1974 bis ca. 1981) 5x auf „Reise“
Würde mich gerne hier, aber auch explizit (via PN) austauschen.

Viele (Oster-) Grüße Thomas
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Kathrin Brunner-Schwer schrieb am 07.04.2023
Ich wurde im Juli und August 1963 zum Mästen in ein Heim nach Wyck auf Föhr verschickt und verbrachte meinen 7. Geburtstag dort. Wir wurden täglich dazu gezwungen, Haferschleim zu essen, jeden zweiten Tag ging es auf die Waage. Ich erinnere mich noch heute voll und ganz an das entsetzlichste Heimweh, das man sich vorstellen kann. Es war so schlimm, dass ich mir ernsthaft überlegte, wie ich mich umbringen konnte.
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Silke Schwaberau aus Weida schrieb am 05.04.2023
Ich war als fünfjähriges Kind zur Erholungskur, wie so oft beschrieben, vom Arzt verordnet zu dünn. Die Anreise war in einem Reisebus. Ich hatte eine Papiertüte in der Hand, weil busfahren nicht mein Ding war und ich mich übergeben musste. Es lag viel Schnee. das Kurheim war für mehrere Gruppen eingerichtet. Es gab Essen was vorgeschrieben war. Ich konnte es nicht so essen. Es war ekelig. Es gab einen großen Schlafraum mit einer Person die Nachtwache hielt. Ein Junge war Bettnässer und musste fast jede Nacht neben dem Bett stehen. In der Mittagsruhe, wenn man die Augen auf hatte gab es auch mal eine Ohrfeige. Wenn man auf Toilette musste war das Papier abgezählt. Es gab auch schöne Momente in der Vorweihnachtszeit. Wir sind Schlitten fahren gewesen. Unsere Eltern haben von uns Postkarten erhalten, obwohl wir noch schreiben konnten. Mit guten Nachrichten. Ich habe damals nicht verstanden was los war und viel Heimweh gehabt.
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Cornelia Gielow aus Wangen Im Allgäu schrieb am 04.04.2023
Ich bin Jahrgang 1952 und leider auch eins dieser Kinder. Wurde wegen Untergewicht verschickt. Wenn ich nicht aufgegessen hatte, musste ich viele Stunden allein im riesigen Schlafsaal verbringen, während die anderen Kinder draußen spielen durften. Oder ich wurde barfuß auf den kalten Kellerfliesen nur im Nachthemd im dunklen Duschraum eingesperrt. So lange her und immer noch präsent !
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Kerstin schrieb am 03.04.2023
Hallo, ich heiße Kerstin und bin ein Verschickungskind. Der Aufenthalt im Kinderkurheim in Rottleberode muss November bis Dezember (kurz vor Weihnachten) 1976, ich war damals 9 Jahre alt. Die Kur dauerte unendlich lange 6 Wochen. Ich wurde auf Empfehlung des Kinderarztes verschickt, sie sollte gegen meine ständigen Atemwegserkrankungen helfen.
Meine Eltern brachten mich am Tag der Abreise zum Hauptbahnhof meiner Heimatstadt Neuruppin. Ich kann mich erinnern, dass noch ein weiteres Kind - ein Junge im ähnlichen Alter - mit uns dort wartete. Wir wurden mit einem Bus von dort abgeholt.
An die Busfahrt kann ich mich nicht wirklich erinnern. Ich weiß nur, dass unterwegs immer wieder Kinder zustiegen und ich irgendwann etwas von Halle gelesen oder gehört habe. Und Halle war damals so unsagbar weit von zu Hause weg.
Im Kurheim angekommen erinnere ich mich an so etwas wie eine Diele, von der eine dunkle Holztreppe ins obere Geschoss führte. An diese Diele schloss sich ein Flur an, links ging es in die Speisesäle, rechts ging es zu den Toiletten. Hinter den Toiletten weiter auf dem Flur auf der rechten Seite waren große Einbauschränke, in meiner Erinnerung alles aus dunklem Holz. Dahinter wiederum befand sich die Tür zum Zimmer der Heimleiterin.
In die Wandschränke kamen unsere Sachen. Nachdem die Koffer ausgepackt waren, wurden diese auf den Dachboden gebracht. Mein Kuscheltier - ein kleines schwar-weißes Teufelchen - durfte ich nicht mit in mein Bett nehmen, der landete in besagtem Koffer und verbrachte die ganzen 6 Wochen auf dem Dachboden. Das zerriss mir fast das Herz, das Einzige was ich von zu Hause mitgebracht hatte, an dem ich mich als Kind hätte festhalten können, was mir Trost hätte geben können allein in der Fremde, wurde mir genommen.
Die beiden Schlafsäle für die Mädchen waren durch einen breiten gebogenen Durchgang in der Wand verbunden. In dem linken Saal schliefen die "größeren" Mädchen, in dem rechten die kleinen und ganz kleinen. Ich gehörte zu den Großen. Es standen ca 10 oder 12 Betten in jedem der Räume, genau weiß ich es nicht mehr. Mir wurde das Bett hinten links an der Wand zugewiesen. Wir mussten unsere Betten morgens nach dem Aufstehen selbst machen. Da ich das Pech hatte, nicht um mein Bett herumlaufen zu können, um das Laken straff zu ziehen wurde mein Bett immer wieder eingerissen und ich musste erneut anfangen. Und es wurde dabei ja ständig geschimpft. Die Sachen kamen nach dem Auskleiden auf so einen rollbaren Garderobenwagen. Der wurde dann nachts rausgeschoben auf den Flur.
Nachts durfte man nicht zur Toilette gehen. Man durfte eigentlich sowieso nicht alleine zur Toilette, nur in der Gemeinschaft, wenn Toilettenzeit ran war, nach den Mahlzeiten, unter Aufsicht der Erzieherinnen. Einigen Kindern passierte es nachts, dass sie ins Bett machten, auch von den Großen. Diese Kinder wurden morgens nach dem Aufstehen vor allen anderen bloßgestellt. Sie kamen regelrecht an den Pranger und wurden beschimpft. Das Bettlaken wurde auf den Garderobenwagen zur Schau aufgehängt und es gab ein riesen Theater. Obwohl mir selbst das nicht passiert ist, fand ich diesen Zustand unerträglich.
Ich erinnere mich an unermessliches Heimweh. Niemand war da zum Trösten. Man wurde beschimpft, wenn man weinte. Die Briefe und Karten, die wir nach Hause schrieben wurden zensiert. Briefumschläge durften nicht verschlossen werden, sie gingen vor dem Versenden zur Heimleiterin und wurden dort gelesen. Wehe es stand etwas von Heimweh drinnen. Ich habe einmal das Kuvert zu geklebt, weil ich geschrieben hatte, dass ich abgeholt werden will. Der Brief wurde mir postwendend auf den Tisch geknallt, es gab ein riesen Theater und ich musste einen neuen Brief schreiben, natürlich nur mit angenehmen Äußerungen, die mir quasi diktiert wurden.
Meine Mutter kann sich noch an eine Zeile eines meiner Briefe erinnern:"Mein Teufelchen schläft im Koffer." Das zu lesen war für sie furchtbar, sie hat die 6 Wochen hier zu Hause genauso gelitten wie ich dort.
Der Speisesaal war in meinen Erinnerungen auch mit diesem dunklen Holz an den Wänden verkleidet. An das eigentliche Essen kann ich mich nicht erinnern. Ich weiß noch, dass im Speisesaal ein Eimer für Essensreste stand. Da durfte man aber keine Essensreste rein machen, man musste immer alles aufessen und wenn es einem nicht schmeckte, saß man halt so lange, bis man es sich reingequält hatte. Seither esse ich Käse, den ich vorher nicht gegessen habe und Milchsuppe mit Haferflocken.
Oben unter dem Dach befand sich ein kleiner Raum mit ganz alten Schulbänken, dort hatten wir glaube ich ein oder zwei Mal die Woche 2 Stunden Schulunterricht in Deutsch und Mathe. Ich saß dort unter einer Dachschräge.
Ich glaube mich erinnern zu können, dass der eigentliche Waschraum im Keller war. Waschbecken an Waschbecken. Und das wir mit kaltem Wasser aus dem Schlauch abgespritzt wurden.
Nach dem Mittagessen hielten wir Mittagsruhe. Hinter dem Schlafsaal der kleinen Mädchen war noch ein Raum mit vielen Fenstern in einen ans Gebäude angebauten Turm. Dort mussten wir zugedeckt auf Liegen im Kreis liegen und Ruhe halten, die Fenster wurden geöffnet. Auch schloss sich an den Schlafsaal der Kleinen noch ein Krankenzimmer an. Ich glaube es standen 4 Betten drin. Auch ich wurde krank mit Fieber und musste/durfte dort einige Tage mit noch einem oder zwei anderen Mädchen verbringen. Das war im Gegensatz zu den "normalen " Tagen eine richtige Erholung. Man wurde dort ziemlich in Ruhe gelassen.
Ich kann mich an 2 Erzieherinnen erinnern, die nett waren. Eine junge Frau und eine ältere (damals wahrscheinlich nicht mal annähernd so alt wie ich heute). Die junge ging aber nach den ersten Wochen. In meiner Erinnerung hatte sie da geheiratet und Urlaub. Mit der älteren durften wir während der Mittagsruhe auch mal singen. Sie war auch mit uns spazieren, aber da sind die Erinnerungen ziemlich wage. Ich weiß auch, dass ich inhalieren musste, aber auch hier fehlen die Details.
Einmal bekam ich dort Besuch von einer jungen Frau aus dem Ort, die wir im Sommer desselben Jahres auf einem Zeltplatz in der Nähe unseres Wohnortes kennengelernt hatten. Sie hörte Gespräche über die bevorstehende Kur und sie versprach, mich zu besuchen. Und sie kam wirklich, eine wildfremde Frau. Und sie brachte mir eine Tafel Katzenzungen mit. Diese musste ich sofort abgeben. Ich hätte sie so gern mit den anderen Mädchen geteilt. Nun durfte ich jeden Abend nach dem Abendessen zur Heimleiterin. Diese hatte schon die Tafel aus dem großen dunklen Wandschrank aus meinem Fach geholt. Ich bekam eine Schokokatzenzunge und musste sie gleich dort essen. Danach wanderte die Schokolade wieder in den Wandschrank und wurde weggeschlossen. So passierte es auch mit der Süßigkeit, die mir meine Mutter in einem Paket schickte. Da ich sehr abgenommen hatte, bat ich in einem Brief um Hosenträger, die mir meine Mutter dann auch schickte. Und natürlich war dort auch eine Leckerei im Paket.
Die Heimleiterin war eine kleine hagere ältere Frau mit zu einem Knoten am Hinterkopf gebundenem grauen Haar. In ihrem Zimmer stand so ein Arztschrank aus Metall mit Glasscheiben. Ich kann mich an nichts weiter in diesem Raum erinnern. Aber in diesem Schrank lagen mehrere Spritzen in verschiedenen Größen. Welches Kind hat nicht Angst vor Spritzen. Mir erschienen sie damals überdimensional groß, wahrscheinlich wiederspiegelte das eher meine Angst, die ich jedes Mal hatte, wenn ich zu dieser unfreundlichen Frau musste.
Auch erinnere ich mich daran, dass ich in der Nähe immer Geräusche eines Zuges gehört habe. Wahrscheinlich verband ich mit dem Geräusch ein Stück Heimat, weil auch wir an einer Bahnlinie wohnten.
Kurz vor Weihnachten sollte es dann wieder Richtung Heimat gehen. Ich weiß noch, dass ich in dieser Diele mit meinem Koffer wartete, wie einige andere Kinder auch. Die ersten waren schon abgeholt worden. Dann kam ein Mann zur Tür herein, der Busfahrer, meine Rettung. Und ich werde es in meinem ganzen Leben nicht vergessen, was dann passierte. Er schaute mich an und fragte:"Na Mädchen, wo willst du denn hin? " ich antwortete: "Nach Neuruppin." Daraufhin sagte er: "Neuruppin, das steht gar nicht auf meinem Plan." Ich glaube jeder kann sich vorstellen, was da in mir vorging. Ich dachte, ich komme nie mehr nach Hause. Ich muss jetzt für immer in diesem Haus bleiben. Telefone gab es nicht, Briefe wurden ja kontrolliert. Wie sollten meine Eltern denn wissen wo ich bin. Der Typ hatte natürlich nur geflunkert und war sich der Wirkung seiner Worte in keinster Weise bewusst, hoffe ich. Aber für mich brach in diesem Moment eine Welt zusammen. Der letzte Strohhalm flog gerade davon und ich konnte ihn nicht festhalten. Ich durfte dann doch mit in den Bus steigen und wurde auch in meine Heimatstadt gebracht, wo ich schon sehnsüchtig erwartet wurde. Laut Aussage meiner Mutter habe ich auch ziemlich schnell angefangen zu erzählen, wie es uns Kindern dort ergangen ist.
Es ist schon komisch, woran man sich alles erinnern kann, genauso verwundert es mich aber, dass ich viele Sachen einfach auch nicht mehr weiß oder ich habe sie verdrängt.
Ich kann mich nicht mehr an den Ort selbst erinnern, nicht wo der Junge war, mit dem ich am Bahnhof in Neuruppin stand, ob er wieder mit zurück fuhr. Ich weiß auch nicht mehr, ob die Jungs in der Etage über uns ihre Schlafräume hatten, ob wir etwas mit den Jungs zusammen unternommen haben oder nicht, ob wir spielen durften. Keine Ahnung, das ist alles weg.
Nur an einen Namen glaube ich mich zu erinnern, das Mädchen neben mir im Schlafsaal hieß wohl Heike.
Ich lese nun schon seit längerer Zeit die Berichte im Forum. Es gibt hier so viele, die wesentlich schlimmere Erlebnisse hatten. Und trotzdem lässt mich das alles auch nach über 45 Jahren einfach nicht los. Ich hatte es einige Jahre verdrängt und nur selten daran gedacht, aber je älter ich wurde, um so mehr kam vieles wieder zum Vorschein. Und dann bin ich durch Zufall auf den Beitrag von Anja Röhl im Fernsehen gestoßen. Ich habe immer gedacht, dass ich das alles vielleicht alleine nur so empfunden habe und das Erlebte überbewerte. Man konnte ja mit niemandem seine Erfahrungen austauschen. Aber nun weiß ich, dass es vielen, sehr vielen ähnlich ging wie mir. Das hätte ich nicht für möglich gehalten.
Meine Eltern haben mich danach nie mehr alleine weggeschickt, wenn ich es nicht wollte. Ich war z.B. nie im Ferienlager.
Lange habe ich mir vorgenommen, den Ort wieder zu besuchen und mich der Vergangenheit zu stellen.
Am 04.03.2023 habe ich mich mit meiner 83jährigen Mutter und meinem Bruder auf den Weg nach Rottleberode gemacht. Vorab hatte ich mit der Touristeninformation der nächst größeren Stadt telefoniert. Dort bekam ich die Auskunft, dass das Gebäude noch existiert, es wurde zwischenzeitlich zu einem Mehrfamilienhaus umgebaut.
Kurz vor der Ankunft dort hatte ich ganz schön weiche Knie.und als wir in die Straße bogen habe ich, obwohl einiges verändert wurde, das Haus sofort erkannt und die Emotionen stiegen sofort hoch. Ich begann zu zittern und zu weinen, als ich aus dem Auto stieg. Es war ein sehr emotionaler Moment. Leider hatte ich keine Möglichkeit in das Haus zu kommen. Es war viel kleiner, als ich es in Erinnerung hatte. Am Haus selbst ist eine Tagel angebracht, auf der das Kurhaus abgebildet ist, wie es ursprünglich mal aussah, mit der Inschrift "Dr. Andts Kinderkurheim seit 1925". Mit meinen Erinnerungen an die Eisenbahngeräusche lag ich nicht falsch. Hinter dem Haus ist noch immer der Bahnhof des Ortes. Parallel zur Straße vor dem Kurhaus zieht ein Flüsschen seine Bahnen. An den kann ich mich überhaupt nicht erinnern. Obwohl wir sicher über die kleine Brücke gegangen sind, bei den Spaziergängen. Auch der Ort an sich war mir komplett fremd und unbekannt. Gut es wurde viel gebaut, der Ort hat sich sicher verändert. Aber ich habe so gar keine Erinnerungen, wo wir evtl. lang gewandert sind oder dergleichen.
Ich finde es schon krass, dass so viele Erinnerungen fehlen, da man ja mit 9 Jahren nicht mehr so klein war.
Vielleicht findet sich ja jemand, der auch in Rottleberode war. Ich würde gern in Erfahrungsaustausch gehen.
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Christoph Meyer-Weller aus München schrieb am 03.04.2023
War für ca. 4-6 Wochen als nicht mal 5 Jähriger in Bad Wörishofen "stationiert". Meine Erinnerungen decken sich weitgehend mit denen der meisten Verschickungskinder: Gefühlskälte der sog. Tanten, Essens/Schlaf- und Tabletteneinnahmezwang, Regelmäßiges, rektales Fiebermessen (überwiegend Nachts). Starkes Heimweh. Am schlimmsten empfand ich das Gefühl des Verlassenseins und die Frage nach dem Warum?.
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R. schrieb am 01.04.2023
Las gerade den Bericht von Thomas Nawroth, der 1969 nach Bad Orb geschickt wurde. Auch ich war in Bad Orb, zusammen damals mit meinem um ein Jahr jüngeren Bruder. Erinnere nicht mehr genau an das Jahr, es muss 1967 oder 1968 gewesen sein, ich war zu dieser Zeit sechs oder sieben Jahre alt.

Wie meistens anscheinend fand der Aufenthalt auf Anraten des Hausarztes statt, da mein Bruder und ich beide (ich erinnere mich noch an den Ausdruck) etwas „schwächlich“ wirkten.

Meine Erinnerung bleibt bis auf einzelne Ereignisse schemenhaft, deckt sich im Wesentlichen aber mit vielem, was auch andere schreiben: Sogenannte „Tanten“ (in meinem Fall in weißem oder weißgrauem Schwesternhabit mit Häubchen), vor denen man sich durchweg fürchtete; militärisches Reglement und Betrafung, falls man aus der Reihe tanzte. Regelrechte Prügelstrafe, von der Thomas Nawroth betreffend Bad Orb schreibt, habe ich allerdings nicht erlebt.

Ein paar Situationen bleiben mir bis heute präsent:

Sämtliche Kinder wurden jeden Morgen in einen Bottich mit Wasser gestellt und auf ruppigste Weise von unten bis oben (inklusive Gesicht und Haare) abgeseift. Das Weinen von Kindern, die dabei Seife in die Augen bekamen, schien zum vorgeschriebenen Ritual zu gehören.

Andere Erinnerungen betreffen die Mahlzeiten: Es war uns verboten, auf dem Tisch den Ellbogen abzustützen. Als ich dies aus Versehen einmal tat, ergriff die betreuende Schwester im Vorbeigehen meinen Arm und hieb meinen Ellbogen äußerst schmerzhaft mit voller Wucht auf den Tisch. An einem Tag gab es zu Mittag irgendein Gericht, das bedeckt war mit Senfsauce. Ich hatte extreme Abneigung gegen die Sauce und wollte sie nicht essen. Man ließ mich den gesamten Nachmittag alleine vor dem Teller sitzen, während ich durchs offene Fenster hörte, wie die anderen Kinder draußen spielten. Wenn immer eine der Schwestern vorbei kam, fragte sie, ob ich nicht essen wolle, um hinaus zu den anderen Kindern zu gehen. Ich war mir bewusst, worum es in diesem Spiel ging, und sagte mir: Ihr könnt tun, was ihr wollt – ihr werdet meinen Willen nicht brechen! Ich saß den ganzen Nachmittag allein an dem riesigen Tisch und starrte auf meinen Teller. Zum Abendessen kamen die Kinder zurück. Es gab kein Essen für mich außer noch immer den Teller mit Senfsauce. Nach der Mahlzeit wurde auch dieser Teller mit abgeräunmt. Ich ging ins Bett, ohne an diesem Tag mehr als das Frühstück gegessen zu haben. In der Nacht weinte ich vor Hunger und Wut. Ich wurde daraufhin aus dem Schlafsaal in den Flur gerollt, wo ich alleine war und umso mehr weinte. Es gab eine Nachtschwester, die nicht zu dem Personal gehörte, das uns tagsüber betreute, und die ihren Dienst erst angetreten hatte, nachdem man mich aus dem Schlafsaal rollte. Sie hörte mich offenbar weinen, erschien an meinem Bett, reichte mir wortlos einen Pappbecher mit Pfefferminztee, lächelte mir zu, streichelte mir über den Kopf und entfernte sich wieder. Ich denke noch heute an sie, wenn ich Pfefferminztee schmecke. Dies war der einzige Moment, in dem ich in Bad Orb etwas wie Menschlichkeit erlebte.

Ich habe aus Bad Orb, wie ich denke, keine emotionalen Schäden davongetragen, aber auch für mich bleibt die Erinnerung alptraumartig. Meine Mutter erzählte in späteren Jahren öfters von dem Moment unserer Rückkehr: Als mein Bruder und ich aus dem Zug stiegen, sollen wir beide wie aus meinem Mund gleichzeitig gesagt haben „Da gehen wir nie mehr wieder hin!“. Zwar scheinen meine Mutter diese Worte irgendwie beeindruckt zu haben, aber es gibt keinerlei Anzeichen, dass sie oder mein Vater die Zeit, die ihre Kinder dort verbrachten, je für sich genauer hinterfragt hätten – schließlich geht es bei einer Kur mit auch um Änderung sonstiger Lebensgewohnheiten (mehr frische Luft, körperliche Ertüchtigung undsoweiter) und wohl fanden es beide nur natürlich, dass uns das nicht immer nur Spaß gemacht hatte.
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Hinrich schrieb am 27.03.2023
Die Hölle von Klappholttal

Hallo Ihr Lieben, ich muss leider etwas ausholen und euch mit meiner Vorgeschichte belasten, sonst wird es, so glaube ich, schwierig es zu verstehen. Ich lege hiermit nach bestem Wissen und Gewissen Zeugnis ab.

Ich nenne mich hier mal Hinrich, was nicht mein bürgerlicher Name ist, ich bin 1968 in einer Kleinstadt in Hessen geboren und meine Kindheit war die Hölle. Ich war kein Wunschkind, vielmehr ein Unfall, den man noch zu beseitigen versuchte, der Termin beim Engelmacher wurde jedoch, nach aufkommenden Muttergefühlen, abgesagt. Meine Erzeuger, die durch meine Geburt zur Heirat gezwungen wurden, ließen sich 1973 dann auch wieder scheiden.

An meinen Erzeuger habe ich nur noch wenige Erinnerungen, er war ein gewalttätiger Mensch, er verprügelte meine Erzeugerin und auch mich bereits in frühem Kindesalter, sodass es bis Heute in meinem Kopf eingebrannt ist.

Jetzt würde ich gerne sagen, dass nach der Scheidung alles besser wurde, aber dem war nicht so. Ich wurde nach einem Sorgerechtsstreit meiner Erzeugerin zugesprochen. Die, wie sie mir 1977 nach dem Sommer auf Sylt, reinen Wein einschenkte.

Sie hatte wieder geheiratet und offenbarte mir in einem vier Augen Gespräch, dass sie für mich keine Liebe empfinden könne, dass ich gar nicht auf der Welt sein sollte und ihr Leben total versaut habe. Das sie durch meine Niederkunft ihre Lebensziele nicht mehr verfolgen konnte und das ich sie immer wieder an meinen Erzeuger erinnern würde. Sie habe ja jetzt wieder geheiratet und wolle sich ein neues Leben aufbauen wobei ich nur störe.

Durch meine Atemwegsprobleme, die sich später zu einem Asthma erweitern sollten, kam ich dann im Sommer 1977 nach Klappholttal auf Sylt.

Auf dem Bahnhof abgegeben, ich konnte ihre Erleichterung sehen, ging die Zugreise auch schon los. Gefühlt war der ganze Zug voll mit Kindern die wohl alle das selbe Ziel hatten. Eine der schönsten Inseln der Welt, Sylt! Ein ganzen Sommer am Strand, raus aus der Hölle, durchatmen!

Angekommen, ich erinnere mich an den wunderbaren Duft der Insel, wurden wir auf die Barracken verteilt. Ich glaube ich war mit sechs anderen Jungs in einem Raum untergebracht und weil oben in den Stockbetten kaum einer schlafen wollte, hatte ich mein eigenes Reich neben dem Fenster mit Blick auf die Dünen und immer ein waches Auge auf den Hauptraum, was sich noch als sehr nützlich erweisen sollte.

Ab hier verschwimmen die Erinnerungen und es sind nur wenige Erlebnisse an die ich mich erinnern kann oder will, ich glaube die Meisten habe ich gekonnt verdrängt, jedoch möchte auch ich, dass was noch hängen geblieben ist, mit euch teilen.

Wegen meinen Atemwegsproblemen musste ich täglich zum Inhalieren in einen kalten dunklen Raum in dem angeblich reines Meerwasser versprüht wurde, dadurch war ich Vormittags oft für mich, wenn die Anderen irgendetwas anderes machten, ich habe nie gefragt und aus meiner Barracke war ich der einzige.

Der Sohn des Chefs meiner Erzeugerin war mit von der Partie, wir waren nicht in der selben Gruppe, ich weiß nur noch, dass er rebellierte, dass er seinen Vater anrief und er ihn nach einer Woche abholte. Ich musste da bleiben. Wir hatten von dem Tag an nie wieder Kontakt zueinander.

An das Essen erinnere mich kaum, ich weiß nur noch, dass ich es verweigerte und ich es lieber heimlich wieder erbrach, woraus sich eine Essstörung, die bis heute andauert, entwickelte. Mir wurde gedroht, dass es zur Zwangsernährung kommt, wenn ich nicht esse, also spielte ich mit.

Mittagsruhe hieß absolut ruhig mit geschlossenen Augen zu liegen, bei Zuwiderhandlung wurde uns der Saft oder Tee für den restlichen Tag verweigert.

Einmal musste die ganze Barracke, Jungen und Mädchen, die auf der anderen Seite der Barracke wohnten, im Hauptraum Barfuss einen Schritt von der Wand entfernt in Reih und Glied stehen. Nach ca. einer Stunde kippten die ersten Bewusstlos um.

Die Betreuerinnen haben sich die ältesten als ihre Handlanger gehalten, wenn man also nicht spurte, bekam man es mit denen zu tun. Was natürlich zu vermeiden war. Sie prahlten damit, dass sie Sex mit einzelnen Betreuerinnen hatten und wenn man sah wie sie miteinander umgingen, konnte ich mir das wirklich vorstellen.

Der jüngste und schwächste in unserem Raum wurde immer wieder von den Handlangern gemoppt, geschlagen und gedemütigt. Es führte dazu, dass er sich Nachts einmachte und alles noch schlimmer wurde. Als er am Strand im Wasser auf einen Seeigel getreten war, wurde er schwer krank und erst mit hohem Fieber aufs Festland gebracht. Wir haben nie wieder etwas von Ihm gehört. Ich schäme mich heute noch, dass ich mich irgendwann nicht mehr vor ihn stellte.

Post nach Hause wurde zensiert, Pakete wurden eingezogen, ich erinnere mich jedoch, dass ich einen Teil zurück bekam und es wie einen Schatz behütete.

Nach zwei Wochen wurde ich schwer krank, hohes Fieber und ich konnte nichts bei mir behalten. Ich wurde damit mehr oder weniger alleine gelassen und wankte zwischen Bett und Toilette für ca. fünf Tage umher. Nach zwei Tagen kam der Arzt und ab da wurde ich zwangsmedikamentiert. Sprich, mir wurde gedroht, wenn ich die Medikamente nicht einnehme, gehe dies auch anders. Keine Ahnung was ich da alles einnehmen musste. Meine Wahrnehmung war von da an sehr eingeschränkt und ich schlief die meiste Zeit.

Ich erinnere mich, dass eine der Betreuerinnen mir schnippisch sagte, dass ich mal langsam wieder aus dem Bett kommen solle, wenn ich an der Reise nach Dänemark ins Legoland teilnehmen möchte. Die Medikation wurde abgesetzt, ich konnte nach ca. drei Wochen wieder das erste Mal zum Inhalieren und fuhr mit nach Dänemark.

Weiter erinnere ich mich, dass wir Kinder untereinander anfingen gegen Aufmüpfige vorzugehen, da wir immer gemeinsam bestraft wurden, also hielten wir uns selber an der Kandare um den Repressionen zu entgehen. Denn wir wollten ja Nachmittags an den Strand, mal nach Westerland, durch das Watt wandern und wenn wir schön brav waren und unter dem Radar blieben, war das auch möglich. Freunde habe ich dort nicht gefunden, vielmehr waren wir Leidensgenossen und ausser mir haben sich alle auf Zuhause gefreut. Ich nicht, denn ich wusste das die Mutter aller Höllen schon wieder auf mich wartete.

Ich habe seit dem Sommer auf Sylt gesundheitliche Probleme, physisch wie psychisch. Allergien, Asthma, Lebensmittel Unverträglichkeiten, Aufmerksamkeitsdefizite, Energielosigkeit, Depressionen, Angstzustände, Panik Attacken und allgemeine Schmerzen. In den Wochen danach setzte meine Pubertät ein, viel zu früh, mit neun Jahren. Meine erste sexuelle Erfahrung sollte jedoch noch zehn Jahre auf sich warten.

Ich weiß heute, dass ich ein Trauma seit meiner frühen Kindheit in mir trage. Der Sommer auf Sylt hat seinen Teil dazu beigetragen. Ich vertraue erst mal Niemandem, ich habe nie eine gesunde Beziehung erlebt, deshalb lebe ich seit vielen Jahren allein. Natürlich wünsche ich mir eine liebevolle Beziehung mit einer Frau die ich nicht erdrücke und die mich so sein lässt wie ich bin. Jedoch zieht sich das Erlebte wie ein roter Faden durch mein Leben. Dennoch gebe ich nicht auf, denn ich weiß, dass ich keine Schuld daran habe. Ich habe gelernt mich selber so zu nehmen wie ich bin, mich zu lieben, das Leben zu lieben, täglich zu lernen und daran zu wachsen.

Dennoch ist es so, dass ein Teil von mir auf Sylt geblieben ist, oft fühle ich mich wie der kleine neunjährige Junge.

Danke fürs lesen!
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Christina Strauß aus Forchtenberg schrieb am 27.03.2023
War in denSommerferien 6 Wochen dort. Hatte immer Durst, wir durften nur im Kollektiv nach den Mahlzeiten zur Toilette oder im Freien. Wer nicht gegessen hat musste ins Bett. Kann mich an viel Heimweh erinnern. Es herrschte ein Kasernenton.
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Anne aus Niederbergheim Warstein / Wanne-Eickel schrieb am 27.03.2023
Ich war mit 5 Jahren, vor meiner Einschulung wegen einer leichten Blutarmut und weil ich zu dünn war in diesem Verschickungsheim. 6 Wochen Horror. Ich musste wie alle Kinder essen bis zum Erbrechen. Wem schlecht wurde drohten Ohrfeigen oder Eckenstehen. Die Angst vor Bestrafungen war immer da. Demütigend war auch das abendliche Waschritual. Alle Mädchen müssten sich von oben bis unten waschen. Eine Aufseherin kontrollierte nicht nur die Zähne sondern zwang uns in eine Bückstellung um an uns zu berühren und in den Po zu schauen. Es war einfach ekelig. Manche Kinder mussten sich danach nochmal waschen. Im Schlafraum herrschte ja absolute Ruhe. Wer nicht ruhig war musste endlos in der Ecke stehen. Unsere Gruppe hatte zum Glück eine nette Gruppenleiterin die Waldspaziergänge und Spiele mit uns gemacht hat damit wir von diesem ganzen Elend abgelenkt wurden . Einmal in der Woche gab es dann eine ganz "fantastische" Veranstaltung. Strafgericht oder so ähnlich. In einem größeren Raum stand ein Schreibtisch an dem 2 oder 3 Frauen saßen. Über den Tisch war eine Decke gelegt die bis über den Fußboden reichte. Wir Kinder standen in Reihe und Glied und warteten ab was passiert. Uns würde dann gesagt dass Kinder die irgendwelche Regeln nicht beachtet haben aufgerufen werden. Ich war dabei obwohl ich bis heute nicht weiß weshalb. Auf Anweisung stellte ich mich auf den am Boden liegenden Deckenteil. Eine der Frauen las bösartig aus einem Heft meine Verfehlungen/Sünden vor beschimpfte mich und die anderen nickten dazu. Dann meinten sie das müsse bestraft werden dafür wäre das Gericht da. Ich hatte furchtbare Angst und wartete. Auf einmal fiel ich mit voller Kraft auf den Fußboden und tat mir völlig weh. Die Frauen hatten mir zu dritt die Decke unter den Füßen weggezogen sodass ich auf die Erde knallte. Das war meine Strafe und die anderen Kinder. Es war einfach nur grausam. 6 Wochen die ich nie vergessen habe und als meine Mama mich am Bahnhof abholte rannte ich schreiend auf sie zu. Nie wieder Erholung Mama,bitte nie wieder. Mehr habe ich meinen Eltern nie erzählen können. Ich habe Jahre gebraucht bis ich mit einer Jugendgruppe angstlos in den Urlaub fahren konnte.
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Petra aus Bad Münstereifel schrieb am 26.03.2023
Ich und meine Zwillingsschwester sind mit 5 Jahren für 6Wochen ohne Kontakt ( Briefe, Anrufe)von unseren Eltern 'verschickt "worden! Ich habe noch nach 50 Jahren einige Erinnerungen. Es waren nicht schöne Momente.Unsere Kinderärztin hat es damals verordnet. Meiner Mutter habe ich oft Vorwürfe gemacht!
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Marion Krause-Thiel aus Heide /Holstein schrieb am 24.03.2023
Ich war in den 70er Jahren mit meiner älteren und jüngeren Schwester in Hammelbach.
Es war im Winter zur Adventszeit ....Kinderkur vermittelt von keine Ahnung. Ich bin gebürtig aus Recklinghausen, Ruhrgebiet. Wir sind eine Bergarbeiter Familie gewesen mit 7 Kindern.
Ich hatte diese "Kur" irgendwie aus meinem Gedächtnis verdrängt, bis sich in den Medien die Verschickunfskinder Berichte häuften.
Ich erinnerte mich selbst an den Namen des Ortes nicht mehr, den nannte mir meine ältere Schwester mit der Bitte wenn ich was erfahren sollte ihr zu berichten, eigene Erinnerungen ihrerseits kamen aber nicht.
Ich erinnere mich an :
Einen eckeligen Brei mit grünen Stippen den wir essen sollten, ich wollte nicht, wurde gezwungen zu essen auch wenn es wieder hoch kam und nicht gehen zu dürfen bis aufgegessen war.
An ärztliche Untersuchungen zu denen man musste, nur mit Schlüppi in der Schlange stehen vor dem Untersuchungszimmer.
An einen Nikolaus (Schoki) den wir bekamen und ich meiner älteren Schwester sagte "schau mal , weisse Schokolade, die esse ich sooo gerne" Sie nahm in mir weg und sagte nicht essen , der ist schlecht und nicht aus weisser Schokolade.
Zudem erinnere ich mich an Nachtruhe mit absoluter Ruhe, weinen und Heimweh war unerwünscht.

Gibt es Betroffene hier die auch in Hammelbach waren ?
LG
Marion
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Marina aus Bonn schrieb am 24.03.2023
In welchem Jahr ich dort war oder wie alt ich gewesen bin kann ich garnicht sagen. Ich wurde mit meinem Stiefbruder "verschickt", aber wir wurden gleich nach Ankunft getrennt. Das war doppelt schmerzhaft, weil ich mich umso einsamer fühlte. Er ist einen Monat älter als ich und wir waren wie Zwillinge.

Ich erinnere mich an folgende Episoden:

Beim Essen. "Du isst das jetzt!! Nein?!? “ Schwupps kam ein Löffel Spinat dazu und erst wenn ALLES aufgegessen war, durfte ich aufstehen. Das konnte mitunter Stunden dauern.

Beim Nägelschneiden unter Zwang wurde ich mit Gewalt festgehalten und dann bekam ich die Finger-und Fussnägel geschnitten. Ab und zu floss Blut; und auch wenn nicht tat es immer weh.

Beim Mittagsschlaf durfte man nicht aufstehen, sich bewegen oder die Augen öffnen. Ich wurde mit offenen Augen erwischt als die Nonne zur Kontrolle in den Schlafraum kam und musste dann mit meiner Decke in den Flur umziehen. Dort sollte ich dann auf dem kalten, harten Boden meinen Mittagsschlaf fortsetzen.

Beim Briefeschreiben wurde mir diktiert was ich zu schreiben habe. Am liebsten hätte ich geschrieben "bitte, bitte holt mich hier raus", aber es musste ein "wir haben so viel Spaß hier" werden. Das wurde kontrolliert. Die Nonne saß immer daneben.

Obwohl man schnell lernte sich anzupassen war es ein wochenlanges Martyrium bei dem man jederzeit mit dem Schlimmsten rechnete. Mein Bruder hat seine eigenen Geschichten die zum Teil noch schlimmer sind. Scheinbar hatten die Jungs es noch schwerer als wir Mädchen.

Überbehalten habe ich einen tief sitzenden Hass auf die Institution Kirche und ihre "Angestellten". Wohl zu Recht wie sich langsam aber sicher herausstellt.

Ich danke Allen für Ihre Arbeit an dieser Seite und den Betroffenen für Ihre Erzählungen.
Es tut gut zu wissen "Ich bin nicht allein"

Liebe Grüße, Marina
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Sabine aus Hilden schrieb am 24.03.2023
Ich bin 1966 geboren und war noch nicht mal 5 Jahre alt als ich gemeinsam mit meinem 2 Jahre älteren Bruder 5 Wochen nach Borkum in die Kinderkur geschickt wurde. Es muss 1971 gewesen sein.
Ich kann von mir aus nicht mehr sagen wie das Heim hieß. Aber nachdem ich all die Berichte von anderen gelesen habe, kann es nur das Adolfinenheim gewesen sein. Da finde ich vieles wieder, was ich auch erlebt habe.
Sicherlich wollten meine Eltern nur das Beste, aber das war absolut nicht das Beste.
Da ich noch so jung war, habe ich nicht mehr sehr viele Details in Erinnerung, aber ich habe viele Fragmente in Erinnerung, die mich bis heute begleiten.
Ich weiß nur, dass es dort sehr sehr streng zuging. Das Haus wurde von Nonnen oder Schwestern geführt, eine davon war besonders schrecklich.
Meinen Bruder bekam ich eigentlich nie zu Gesicht, da Geschwister getrennt untergebracht wurden. Wir waren in einem Schlafsaal mit ca. 6 Mädchen. Wir alle hatten starkes Heimweh. Viele Mädchen weinten die ganze Nacht. Aber wenn aus den Zimmern zu viel Weinen nach außen drang, wurde die Türe aufgerissen und die Mädchen ausgeschimpft, bloßgestellt und erniedrigt. Ich habe einfach ständig meine Decke über den Kopf gezogen, damit ich nicht gehört und nicht gesehen werde. Viele Mädchen machten nachts ins Bett. Die Beschämungen die dann folgten waren schlimm. Auch diesbezüglich drückte ich mir alles weg was irgendwie ging. Eigentlich durfte man nachts nicht auf die Toilette. Aber da die schrecklichen Schwestern wohl keine Lust hatten ständig die Betten neu zu beziehen, wurden wir jede Nacht 1 x mitten im Tiefschlaf geweckt und wurden aufs Klo gescheucht, ob wir nun mussten oder nicht. Unser "Geschäft" wurde kontrolliert.
Angeblich war ich zu dünn und kränkelnd und wurde daher ständig zum Essen gezwungen. Das schreckliche Essen blieb mir oft genug im Hals stecken. Ich durfte erst aufstehen wenn ich aufgegessen hatte, während der Speisesaal bereits leer war. Ich konnte nur mit Mühe ein Erbrechen unterdrücken. Denn ich bekam mit, was anderen Kindern passierte, die sich erbrochen hatten.
Es ging mir sehr schlecht dort und ich hatte fürchterliches Heimweh. Einmal sollten wir Karten an unsere Eltern schreiben. Ich konnte noch nicht schreiben, aber die Schwestern haben mir die Worte in den Mund gelegt, die ich schreiben sollte. Sie haben das für mich gemacht, damit sich die Mama zuhause freut. Wenn ich heute daran denke bekomme ich wieder einfach nur einen dicken Kloß in den Hals. Ich hätte meiner Mutter gerne geschrieben, dass ich unbedingt nach Hause möchte und sie mich abholen sollen.
Meine Eltern schickten uns ein Päckchen mit Süßigkeiten. Dieses Päckchen wurde in einen Schrank verschlossen und nur mein Bruder durfte ab und zu wohl an das Päckchen. Ich war so fürchterlich traurig als ich mitbekommen habe, dass ein Päckchen existierte und ich es nicht bekommen konnte.
Ja und das schlimmste für mich war eigentlich noch, dass ich bei meiner Rückkehr keine Chance bekam meinen Eltern davon zu berichten. Sie haben mich nicht gehört und gesehen wie schlecht es mir ergangen war. Meine Mutter hatte sich nur gewundert, dass unsere Kleidung total schmutzig war. Letztlich ging es aber nur ums angebliche körperliche Wohl, nämlich ums Essen und ums Gewicht zunehmen, alles andere war egal.
Ich war noch so klein und stark traumatisiert. Ich war vorher schon sensibel und schüchtern. Nach dem Aufenthalt hatte ich große Angst. Ich habe daraus gelernt immer schön still sein zu müssen, schwierige Situationen aushalten zu müssen, bloß nicht auffallen. Decke über den Kopf ziehen, heimlich weinen. Und es interessiert sich sowieso niemand dafür wie es mir geht. Und ich hatte danach Angst vor jeder etwas dominanteren Frau. Und ich bekam immer Beklemmungen in Räumen die mich an die Kurklinik erinnerten.
Das ganze hat mein Leben bis heute geprägt und für viele psychosomatische Leiden gesorgt. Wenn es mir heute schlecht geht, bin ich wieder die kleine Bine, die sich im Kurheim die Decke über den Kopf zieht. Die Gefühle sind dann wieder präsent.
Danke für dieses Forum und danke dafür, dass dieses Thema endlich "Gehör" findet, auch wenn man die maßgeblichen Personen nicht mehr zur Rechenschaft ziehen kann. Mal sehen, ob ich mich irgendwann wieder traue nach Borkum zu fahren. Im Moment kann ich es mir noch nicht vorstellen.
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Sonja Goldbach aus Leverkusen schrieb am 24.03.2023
Textsuche:

0 Ergebnisse für: Mit ca. 9 Jahren wurden mein Bruder 7 und ich zur Kinderkur nach Borkum ins Haus Sonnenschein für 6 Wochen verschickt. Es war die Hölle und wir waren überglücklich, als wir wieder zuhause waren. Wir wurden zum Essen gezwungen. Morgens gab es Haferbrei, sonntags altes Wei�brot mit Marmelade. Mittags wurde uns z.B. eine sü�e, hei�e Obstsuppe vorgesetzt. Es gab grundsätzlich viel Eintopf. Die Teller mussten immer leer gegessen werden, wenn nicht, gab es heftige Sanktionen von Erzwingen des Essens über Stunden oder auch Schläge. Wer sich erbrach, musste das Essen mit dem Erbrochenen essen. Päckchen von zuhause wurden eingesackt von Sü�igkeiten sah man nur einen Bruchteil aus der elterlichen Post. Kleidungswechsel nur nach Genehmigung. Ebenso waschen oder duschen... Wir durften in Gru�karten nur schreiben, was uns gestattet war. Die Mittagsruhe wurde erzwungen, teil mit Schlägen. Das Meer und den Strand habe ich vlt. eine Handvoll Male gesehen. Es war die Hölle, wir hatten Heimweh und viel Angst. Ich verstehe bis heute nicht, warum meine Eltern nichts unternommen haben wenigstens im Nachhinein -. Diese Kur werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Sie fand ca. 1968/1969 statt. Heute bin ich 62 und die Erinnerung ist absolut präsent
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Kerstin aus Bochum schrieb am 23.03.2023
Liebe Stephanie,
ich war ebenfalls 1974 oder 1975 auf Borkum. Deine Beschreibungen, längliches Gebäude nahe am Strand, passen zum Kinderheim Kiebitzdelle. Ich erinnere mich ebenfalls an die Zimmer, dass wir in Bezug auf Geld, Kleidung und anderen Besitz enteignet wurden. Es war furchtbar. Ich würde gern Kontakt zu anderen Betroffenen aufnehmen zwecks Erfahrungsaustausch.
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Stefanie Mertens schrieb am 23.03.2023
Hallo ich war 11 Jahre alt als ich zum Kinderkurheim nach Bad Sachsa fuhr. Die erste Enttäuschung war das dieses Haus nicht so aussah wie im Prospekt. Wir hatten vergitterte Fenster, wie im Gefängnis. So war auch die Stimmung. Psychische Folter war an der Tagesordnung. Es gab ein Jungenhaus und ein Mädchenhaus. Die Jungs mussten arbeiten im Garten,Ziegen hüten und wir Mädchen mussten Mittagsschlaf machen. Wer nicht spurte bekam die Wut und den Hass der Heimleiter zu spüren. Wir haben eine Hausdame gehabt wie Fräulein Rottenmeier(Heidi). Briefe wurden solange korrigiert bis der Brief keine Wahrheit mehr enthielt. Essen war grusselig, wir mussten mit den Zunehmen an einem Tisch sitzen. Abgenommen habe ich nichts. Sportliche Betätigung gleich null. Heute würde ich sogar sagen, die waren homophob, er fand das Mädchen mit kurzen Haaren nicht normal waren. Am schlimmsten fand ich das wir ohne Unterwäsche im Schlafanzug im Bett liegen mussten und morgens wurden wir in den Keller zu den Duschen geschickt und mussten uns ausziehen, wir wurden wie Vieh begutachtet von der Frau und mit einem Schlauch kalt ab gespritzt. Seine Ausraster waren schlimm, einmal sah ich wie er ein Mädchen mit dem Kopf gegen die Wand immer wieder haute. Auch kleinere Kinder waren da. Wir konnten nicht mehr vor Angst und sind bei Nacht und Nebel nur mit Nachthemd und ohne Schuhe in den Wald geflohen. Leider hatten wir es nicht zur Polizei geschafft wir wurde geschnappt. Wir durften die ganze Zeit unsere Eltern nicht anrufen. Geld und Papiere wurden uns am Anfang abgenommen. Irgendwann gab es nochmal ein Fluchtversuch. Danach wurde ein Ausflug gemacht angeblich um uns den Brocken zu zeigen. Wir fuhren zur Grenze der DDR. In Wahrheit wollten die uns über die Grenze schicken. Wir hatten Angst. Nur durch die junge Erzieherin,sie muss so 24 Jahre alt gewesen sein, erfuhren meine Eltern was davon. Meine ganze Kindheit verlief danach nicht mehr so wie vorher.
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Karsten Beckmann aus Leipzig schrieb am 22.03.2023
Ich bin mit 7 1/2 Jahren für 6 Wochen nach Bad Lippspringe gekommen, um mein Asthma zu kurieren. Das war danach auch weg. Die Kur war meine erste Erfahrung von Alleinsein und Trennung von allen mir bekannten Menschen. Auf Heimweh oder andere Gefühle wurde im Heim keine Rücksicht genommen, obwohl es christlich von Ordensschwestern in Tracht mit weißen Hauben geführt wurde. Wichtig war nur die Einhaltung der Regeln und alles mitzumachen, was verlangt wurde. Es war egal, ob jemand das Essen schmeckt, ob man beten mag oder keine Mittagsruhe wollte. Wer alles mitmachte wurde versorgt und betreut. Wer damit jedoch ein Problem hatte, musste mit Strafen rechnen.
Morgens gab es zum Frühstück erst einen Teller heißen Haferbrei und einen Löffel Lebertran. Wer diese Hürde genommen hat, konnte danach Brötchen essen bis er satt war. Wer daran scheiterte, blieb bis zum Mittagessen vor dem Teller sitzen.
Wenn die Schwestern bei einem Regelverstoss nicht den Schuldigen feststellen konnten, wurde willkürlich jemand bestraft. Das ist mir passiert, als in meinem Schlafsaal während der Nachtruhe andere Kinder noch herumalberten. Ich wurde im Schlafanzug in den kalten Duschraum gesperrt und durfte über eine Stunde auf den kalten Fliesen bei Neonlicht sitzen und frieren. Danach ging es in die Eingangshalle, wo ich unter Aufsicht der Nachtschwester eine gefühlte Ewigkeit in einem Sessel sitzen mußte. Irgendwann brachte sie mich wieder in den Schlafsaal zurück. Diese ungerechte sinnlose Willkür habe ich nie vergessen.
Von den 6 Wochen Aufenthalt ist mir nur ein positives Erlebnis in Erinnerung geblieben: Weil ich mit älteren Kinder zusammen in einem Zimmer war, durfte ich die Mondlandung von Apollo 12 abends im Fernsehen mit sehen.
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Heiko Herrmann aus Lohmar schrieb am 22.03.2023
Hallo, ich habe als 5 Jähriger 4 Wochen in Lindow/Strubensee verbracht und mein Päckchen von zuhause wurde geplündert und vom Personal verzehrt.An Falkensee kann ich mich besser erinnern und das war 1980 für Kinder der Horror:Ein Junge musste Fisch essen und erbrach sich und wir alle mussten warten bis er alles gegessen hatte. Ein Anderer hatte sich nachts eigenässt und das wurde vor allen Kindern thematisiert. Täglich mussten sich alle Kinder von5-14 nackt auf den Flur stellen und gegenseitig Bürstenmassage praktizieren, sowie einmal wöchentlich wieder alle nackt um eine Höhensonne im Kreis laufen. Das war damals normal aber mit dem Abstand von heute war es Psychoterror.
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Sylvia aus Aschersleben schrieb am 22.03.2023
Ich war das erste Mal zur Kinderkur mit 8 Jahren beim zweiten Mal mit 11. Ich kann nicht mehr genau sagen, welcher Aufenthalt schlimmer war. Aber die Erlebnisse waren ähnlich.
Am schlimmsten war der Essenszwang. Wir mussten immer alles aufessen, ich sollte zunehmen. Ich kann mich nicht erinnern, dass das Essen schlecht geschmeckt hat, aber es war zu viel für mich. Mir ist oft schlecht geworden. Dann musste ich draußen eine Runde spazieren gehen und dann weiter essen. Ich saß dann noch oft allein im Speisesaal. Am Ende hatte ich ganze 500g zugenommen, bei der zweiten kur wohl 800g. Manche Kinder haben ihr Essen in den Schlafsaal geschmuggelt und im Schrank versteckt. Natürlich haben die Erzieher das gefunden bei der täglichen Schrankkontrolle. Ich weiß nicht mehr, wie die Kinder bestraft wurden, kann mich nur noch erinnern, dass die Kinder dann immer geweint haben. Ich erinnere mich sowieso an viele verheulte Kindergesichter.
Ich musste meine Unterwäsche und Strümpfe immer mit der Hand waschen, weil ich zu wenig mit hatte.
Die Bürstenmassagen von denen hier schon einige berichtet haben, hab ich auch in schlechter in Erinnerung. Wir standen da alle im schlüpfer rum und mussten uns von oben nach unten abbürsten. Und Gymnastik machen, auch in Unterwäsche.
Ich erinnere mich auch noch daran, dass mal ein Mädchen eingenässt hat. Die wurde vor allen anderen Bloßgestellt.
Beim Briefe schreiben hat eine Erzieherin mich zur Schnecke gemacht, weil ich angeblich meinen eigenen Namen falsch geschrieben habe. Die hat mit mir gestritten, ich müsste meinen Namen mit i schreiben nicht mit y. War sowieso egal, weil die Briefe nie abgeschickt wurden.
Das einzig schöne waren die Ausflüge, die wir gemacht haben. Schloss Moritzburg z. B.
Ich habe aber bestimmt auch vieles verdrängt. Meine Mutter hat erzählt, dass ich nicht viel gesagt habe zu Hause. Ich war dann so in mich gekehrt.
Ich wußte bis jetzt auch nicht, dass es so vielen anderen Kindern in der DDR und in der BRD ähnlich ging und das viele noch schlimmere Erlebnisse hatten.
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Elisabeth Müller aus Köln schrieb am 22.03.2023
Mit 5 Jahren kam ich in ein Heim an der Sieg. Mein Vater war bei der Bundesbahn und über die Institution wurde ich verschickt. Meine Mutter brachte mich zu Hauptbahnhof in Köln und ich wurde einer fremden Frau übergeben. Viele Kinder stiegen ebenfalls in den Zug. Ich kann mich an einen riesigen Schlafsaal erinnern, und dass ich jede Nacht ins Bett gemacht hatte. Das war vorher nicht so. Ich wurde beschimpft und musste tagsüber auch im Bett bleiben. Was sie sonst noch mit mir gemacht haben, weiss ich nicht mehr. 6 Woch enlose Hölle.
Danach wurde ich noch 4 mal verschickt. Das war aber nicht mehr so schlimm. Mit 7 Jahren kam ich ins Kinder- und Jugendkurheim von Dr. Schütterle in Haslach Schwarzwald. Daran habe ich keine Erinnerungen mehr.
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Nadine Ewering aus Steinfurt schrieb am 21.03.2023
Ich bin mit 5 Jahren nach Berchtesgaden gekommen, eine Empfehlung vom Kinderarzt, da ich ständig krank war.
Viel weiß ich nicht mehr, aber eine Situation werde ich nie vergessen.
Ich hatte starkes Heimweh und in der Nacht ins Bett gemacht. Dafür hab ich eine dicke Backpfeife bekommen und zeitgleich hatte ich auch noch hohes Fieber und mir ging es ganz schlecht. Ich durfte mich nicht umziehen und musste den ganzen Tag alleine in dem großen Saal in meinem dreckigen Bett liegen und es hat sich keiner um mich gekümmert.
Und dann dieses schrecklich gestellte Foto mit dem Pony, welches ich festhalten musste. Das Foto wurde dann nach Hause geschickt, damit die Eltern dachten wir hätten eine tolle Zeit.
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Hannelore Harnisch aus Delbrück schrieb am 21.03.2023
Sehr geehrte Frau Röhl
Meine Schwester (8)und ich (7) wurden als Kinder auch verschickt 2mal,in die Hölle unseres Lebens.Eine Verschickung schlimmer als die andere.
Wir wurden zum Essen und schlafen gezwungen. Unsere Briefe zensiert oder kamen gar nicht an. Wenn man sprach musste man in der Ecke stehen. Beschimpft wurde man wenn man weinte man kann alles gar nicht wiedergeben was einem angetan wurde. Auch wenn man sein Leben lebt diese Erfahrungen haben tiefe Narben hinterlassen.
Mfg H. Harnisch
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Karin Schwarzenberg aus Paderborn schrieb am 21.03.2023
Sehr geehrte Frau Röhl,

Noch heute ist es für mich Horror, was ich als Kind erlebt habe. Anfang 72 verstarb unsere Mutter. 1972, 1973, 1974 wurden meine
Schwester und ich zum ersten Mal mit 7 u. 8 Jahren in den Sommerferien
verschickt. Einmal Bad Karlshafen, dort musste meine Schwester in
einem Gitterbett für Kleinkinder schlafen. Sie konnte nicht richtig
liegen und hat viel geweint. Ich habe versucht sie zu trösten, weil man aber nicht sprechen durfte, musste ich nachts auf dem kalten,
dunklen Flur allein in der Ecke stehen. Es gab Schläge oder man wurde
eingesperrt, die Strafe kein Essen zu bekommen, war für mich eher
Belohnung, denn das Essen war grauenvoll. Zum Essen wurde man gezwungen, man durfte erst aufstehen, wenn der Teller leer war. Sonst kam man in einen dunklen Raum. Am Tisch und während Spaziergängen
durfte nicht gesprochen werden. Dort wurden wir beide krank Masern und
mussten zu unserem Glück in der dritten Woche abgeholt werden. In Niendorf an der Ostsee war es noch schlimmer. Die Briefe, die ich geschrieben hatte, von Heimweh berichtete und dass wir Nachts in einem
Bett zusammen schlafen, weil wir solche Angst hatten, kamen nie zu Hause an. Dafür wurde meine Schwester sofort in einem anderen Zimmer untergebracht und wir wurden Nachts eingeschlossen. Beim Essen war es so schrecklich, Erbrochenes musste wieder gegessen werden. Selbst
ungenießbare Speisen wurden vorgesetzt. Ich habe tatsächlich mehrfach versucht aus dem Fenster zu springen, um wegzulaufen. Diese
Erinnerungen kann man nicht vergessen. Noch heute sind Dunkelheit, enge Räume und volle Teller für mich abschreckend.
Schade, dass ich erst durch den gestrigen Bericht in der Tageszeitung
aufmerksam wurde auf Ihren Aufruf. Die Petition habe ich sofort
unterschrieben. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Herzliche Grüße
Karin
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Tackenberg, Sylvia aus 45879 Gelsenkirchen schrieb am 21.03.2023
Ich war ein dünnes Kind, wurde zur Erholung 6 Wochen nach Bad Rothenfelde geschickt um zuzunehmen. Ich hatte mich so darauf gefreut, war ganz stolz alleine zu verreisen. Es wurde die Hölle für mich.Mir wurden bei Ankunft alle Süßigkeiten weggenommen, auch mein Kuscheltier wurde weggenommen. Wir mussten uns mit kaltem Wasser waschen. Alles essen , auch wenn man sich davor ekelte. Ich mochte keine Tomaten (bis heute kann ich sie nicht essen), musste Brote mit Tomaten essen. Ein anderes Mädchen mochte keine Blutwurst, wir tauschten unsere Brote unter dem Tisch. Leider ist es aufgefallen. Das andere Mädchen kam irgendwo in einen Raum und musste das Blutwurst Brot essen, sie erbrach es und musste dann das Erbrochene essen. Vor Angst und Heimweh hab ich nachts geweint und musste daraufhin im kalten Flur auf einer Pritsche ohne Zudecke die Nacht verbringen.Ich habe meinen Eltern geschrieben wie schlimm ichcda behandelt werde, dax wurde von den Erzieherinnen geschwärzt, dass meine Eltern es nicht lesen konnten. Ich hatte während dieser Zeit Geburtstag, mein Päckchen von den Eltern wurde mir weggenommen . Es sind bestimmt noch schlimmere Sachen passiert. Ich werde dieses Jahr 60, aber ich werde diese Zeit nie vergessen.
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Monika Groth aus Reken schrieb am 21.03.2023
Verschickungsheim in Erpen Bad Rothenfelde
Mein Name ist Monika Groth. Ich war ein schwächliches Kind, und viel erkältet. Deshalb dachten meine Eltern, dass es gut für mich wäre, zur Erholung zu kommen.
Also wurde ich zusammen mit einer Frau von der Fürsorge in den Zug gesetzt. Im Kinderheim angekommen, mussten wir unser Proviant abgeben. Jedes Kind durfte sich dann etwas davon nehmen. Dumm wie ich war,nahm ich mir einen großen Apfel, den ich dann nicht schaffte aufzuessen. Also bekam ich am ersten Tag schon Ärger. Ich hatte wohl so was wie Milchunverträglichkeit. Es gab jeden Morgen Haferbrei. Mir wurde immer wieder schlecht davon. Weil man Schläge bekam, wenn man nicht aufgegessen hatte,bekam ich solche Angst.Als Ich mich dann übergeben hatte, hab ich einfach das Erbrochene weitergegessen. Bis mir jemand den Teller weggenommen hatte. Wenn man seinen Teller nicht leergegessen hatte, musste man mit seinem Teller in die Garderobe. Dort musste man sich vor der Bank hinknien und essen, bis der Teller leer war. Erst dann durfte man wieder zu den anderen. Ich hatte so schreckliches Heimweh. So kam es auch vor, dass ich wieder ins Bett machte. Natürlich gab es deshalb auch wieder Schläge. Wir gingen auch öfters ins Badehaus. Dort waren Wannen mit warmem Solewasser aufgestellt. Darin musste man liegen und sich ruhig verhalten. Ich hatte mir eine Wanne ausgesucht, mit sehr viel Wasser drin. Die Betreuerin stellte deshalb einen Schemel in die Wanne, auf den ich mich dann setzen sollte. Doch der Schemel rutschte mir weg, so dass ich fast ertrunken wäre. Das Ende vom Lied war, ich wurde beschimpft. Warum ich denn so dumm war und mir die Wanne mit dem vielen Wasser ausgesucht hatte. Es war Adventszeit. Im Heim gab es einen Adventskalender . Er bestand aus einer Schnur, an der Walnüsse geklebt waren. Jeden Tag durfte ein Kind eine Nuss abschneiden. Nur wenn es lieb war. Dann kam der Tag wo die Erzieherin sagte, Monika war heute lieb, sie darf heute die Nuss abschneiden. Nein doch nicht.Es kam ein anderes Kind dran. Die Enttäuschung spüre ich noch heute.Ich war damals noch keine 7 Jahre alt. Jetzt bin ich 70 Jahre. Ich kann die 6 Wochen im Heim nicht vergessen.
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Christa Wortmann aus Oberhausen schrieb am 12.03.2023
Meine Schwester sollte zur Untersuchung zwecks Einschulung.Ich wollte unbedingt dabei sein.Bei meiner Schwester war alles gut,als der Arzt mich sah meinte er zu meiner Mutter dass ich zu dünn sei und ich zur Kur muss.Im November 1965 wurde ich in einen Zug Richtung Schwarzwald gesetzt.Sechs Wochen ging meine Kur.Wir schliefen mit mehreren Kindern in einem großen Schlafsaal.Morgens gab es Haferschleim, entweder mit Kakao oder ohne.Ich musste sehr oft brechen und mir wurde das erbrochene wieder vorgesetzt was erneutes brechen verursachte.Zur Strafe musste ich ins Bett.Ich hatte furchtbare Angst in dem großen Saal, besonders wenn es dunkel war.Draussen war ein Wald und im Saal war eine große Glasscheibe.Meine Fantasie spielte mir übel mit.Die Briefe die ich an meine Eltern schrieb wurden kontrolliert und "verbessert".Einmal die Woche war Badetage.Erst durften die großen Mädchen baden und danach wir.Alle in dem gleichen Wasser.Mir würde der nasse Lappen über Mund und Nase ausgedrückt dass ich dachte ich ersticke.Bis heute kann ich sehr schlecht Wasser im Gesicht haben ohne Panik zu bekommen.Der Geruch von Haferschleim und Kakao bereitet mir Übelkeit.Wir mussten öfters zur Untersuchung und ich kann mich an Spritzen erinnern die ich bekommen habe.Mittags mussten wir draußen auf einer Liege einen Mittagsschlaf machen.Es durfte nicht geredet werden.Ich hatte großes Heimweh und war froh nach sechs Wochen wieder nach Hause zu fahren Obwohl das fast 60 Jahre her ist denke ich noch sehr oft an diese Zeit.
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Jan schrieb am 12.03.2023
Ich war 1989 mit 6 in Wiek und mir kommen heute noch die Tränen, wenn ich daran zurückdenke.
Bereits die Abreise im Bus vom Leipziger Hauptbahnhof ist mir in trauriger Erinnerung. Ich hatte ein von meiner Mutter liebevoll gestaltetes Schild mit meinem Namen um den Hals, dann mussten wir uns verabschieden und führen mit Tränen in den Augen nach Wiek.
Dass wir immer aufessen mussten, uns nackt in einem Kreis aufstellen und dem Kind vor uns den Rücken mit einer fiesen Plastikbürste schrubben mussten etc. war bei uns auch so.
Am schlimmsten fand ich jedoch, wie ein Kind mit "Schlafzimmerblick" behandelt worden ist. Ständig schnauzten die Erzieherinnen es an, es solle die Augen gefälligst richtig aufmachen. Eines Tages, als das Kind wohl zusätzlich nicht aufgegessen hatte, musste unser gesamtes Haus abends antreten. Dann wurde das Kind vor aller Augen in Krepppapier eingewickelt, welches dann mit einer großen Schleife fixiert worden ist. Dann verkündeten die Erzieherinnen, dass Kind werde jetzt als Paket per Post verschickt - quasi als "Warnung" was mit unfolgsamen Kindern passiere. Als wir alle einen großen Schreck bekommen hatten, wurde das Kind wieder "ausgepackt". Wenn ich daran denke, möchte ich den heute wohl 40jährigen Mann am liebsten in den Arm nehmen und zusammen eine Runde heulen. Wie schlimm muss das für ihn erst gewesen sein, wenn mich das als hilfloser "Zuschauer" schon so mitgenommen hat.
An einen einzigen schönen Abend kann ich mich erinnern, als die Großen uns halfen uns rauszuschleichen und gemeinsam Elf 99 zu schauen.
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Andreas Ohmsen aus Hamburg schrieb am 12.03.2023
Ich bin durch den Hinweis einer ehemaligen Arbeitskollegin auf diese Initiative gestoßen und bin ganz überrascht, dass die damaligen Erholungs- oder Erziehungsinstitutionen nach so langer Zeit noch aufgearbeitet werden. Wir hatten bei einer privaten Unterhaltung festgestellt, dass wir uns in dem selben Verschickungs- bzw. Kinderheim zu allerdings unterschiedlichen Zeitpunkten aufgehalten haben. Unsere Erinnerungen und Eindrücke sind ähnlich. Die Aufenthaltsbedingungen haben sich in den Jahren danach wohl noch verschlimmert. Vielleicht habe ich mit meinen acht Jahren auch manches nicht mitbekommen. Meine Eltern hatten mich nach einer ausgeheilten Hepathitis-A Erkrankung aufgrund der Empfehlung eines Arztes dort hingeschickt. Ich habe noch viele insgesamt durchwachsene Erinnerungen an damals. Aus heutiger Sicht wurden wohl die autoritären Umgangsformen und Erziehungsrituale aus der Nazizeit hier fortgesetzt. 1962 war es noch zu früh für ein generelles Umdenken und Aufarbeitung wie sechs Jahre später. Das Personal in Berlebeck war altersmässig gemischt, die Leiterin erinnerte mich am ehesten an eine Klostervorsteherin. Die meist jüngeren Erzieherinnen waren teilweise recht nett und menschlich. Es gab aber auch physische Gewalt, die eine oder andere Ohrfeige oder eins hinten drauf. Eine Merkwürdigkeit waren die sogenannten "Liegekuren": Nach kleineren Vergehen musste man den ganzen Tag lang im Bett bleiben und durfte dann den "tollen" Ausflug zum Hermannsdenkmal nicht mitmachen. Die Altersstruktur der Kinder und Jugendlichen lag gefühlt so zwischen 5 und 18 Jahren. Als skandalös empfinde ich aus heutiger Sicht besonders die Mittagsruhe, man musste im Bett liegen und durfte 2 Stunden keine Toilette aufsuchen. Auch nachts war das nicht erlaubt. Ich konnte den Harndrang nicht immer unterdrücken und wurde einmal zur Heimleiterin zitiert: "Du machts mir ja die ganze Matratze kaputt!". Die Qualität der Speisen und Getränke empfand ich als weiteren Tiefpunkt bei dieser Anstalt. Morgens Milchsuppe bis zum Abwinken, bei Erbsensuppe und ähnlichen Eintopfgerichten musste ich mich übergeben. Als achtjähriger konnte ich mich damals noch nicht so artikulieren und ich wusste nichts von der Tradition der Kinderlandverschickung, Hitlerjugend etc. Die Erziehungskräfte von damals waren mit Sicherheit auch nach dem Krieg weiter im Dienst und nicht alle hatten das autoritäre Denken aufgegeben. Die Frage ist, ob es solche Zustände in bestimmten Regionen dieses Landes noch immer gibt...
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Silvia Arndt-Grund aus Berlin schrieb am 07.03.2023
Ich war mit ca. 15 Monaten an TBC erkrankt und lag 9 Monate lang im Krankenhaus. Tagsüber wurde ich an beiden Seiten des Bettchens festgebunden, was man noch auf Fotos gut erkennen kann. Meine Eltern durften beim Besuch nur vor einer Scheibe stehen - nach ca. 3 Monaten habe ich sie nicht mehr wahrgenommen.
1961 wurde ich dann zu einer „Liegekur“ nach Wyk auf Föhr geschickt. 4 Wochen sollten es sein, aber der Aufenthalt wurde von der Klinik immer wieder verlängert. Ich habe von dort noch meinen Entlassungsbericht, auf dem man die Namen der Verantwortlichen lesen kann.
Nach fast 5 Monaten holten mich meine Eltern auf „eigene Verantwortung“ nach Hause. In diesem Entlassungsbericht steht, dass mein Kurerfolg ungenügend sei, ich mich aber immerhin „gut eingefügt“ habe.
Ich hatte so viel Angst dort, weil alle so böse und streng waren.
Wir schliefen in einem riesigen Schlafsaal, in dem auf beiden Seiten ein Bett neben dem anderen stand. Niemand durfte auch nur einen Mucks von sich geben, sonst wurde man an den Ohren gezogen. Ich glaube, man hätte das Fallen einer Stecknadel hören können, so still war es in diesem großen Raum, mit so vielen Kindern.
Ich erlebte, wie ein Junge sein Erbrochenes essen musste. Er erbrach sich immer mehr. Dieses Erlebnis habe ich mein ganzes Leben immer wieder mal im Kopf.
Einmal saßen wir am Strand. Da bat ich eine Schwester etwas zu trinken zu dürfen. Sie sagte mir, es gäbe genug Wasser vor mir, und Muscheln um das Wasser damit trinken zu können lägen auch genügend rum. Das habe ich dann gemacht.
Zur Folge hatte ich schwere Verätzungen im Hals und musste gefühlt über sehr viele Tage und Nächte allein in einem dunklen Zimmer sein. Ich hatte fürchterliche Schmerzen und fühlte mich unendlich allein.
Ich leide heute unter einer Angstneurose, die mich in bestimmten Situationen immer wieder überkommt.
Und mir kommen die Tränen, wenn ich das ganze Leid von allen hier lese.
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Christine Müller schrieb am 04.03.2023
Meine Einschulung im April 1957 stand bevor. Da ich sehr untergewichtig war, schickten mich meine Eltern mit den besten Absichten zur Erholung in ein Kinderheim nach Westerland auf Sylt. Sie hofften, dass ich dort 6 Wochen gut versorgt würde und mit ein wenig mehr Gewicht nach Hause zurückkehren würde. Damals habe ich sehr stark an meinen Fingernägeln geknabbert. Als wir in dem Heim ankamen, wurden wir gleich darauf hingewiesen, dass Nägelknabbern nicht geduldet wird. Man zeigte uns auch gleich, was bei Verstößen geschehen würde. Kindern wurden Holzscheite mit Verbandszeug unter die Hände gebunden und tageweise nur zum Essen abgenommen.
Auch nachts blieben die Hände verbunden.
Essen mussten wir alles, was auf den Tisch kam. Zum Frühstück gab es immer u. a. ein Schälchen mit schrecklich klumpigem Grießbrei. Da ich diesen Brei nur sehr schwer herunterbekam, wurde ich jeden Tag 1/2 Stunde früher geweckt, um bis zum Ende des Frühstücks auch mit allem fertig zu sein.
Ein Mittagessen mit furchtbar angebranntem Backobst ist mir in besonders schrecklicher Erinnerung, denn wir mussten alle unsere Teller leer essen, auch die Kinder, die sich vor Ekel übergeben haben.
Einmal in der Woche wurden wir gebadet und anschließend wurden jedes Mal Finger- und Fußnägel geschnitten. Besonders die Fußnägel wurden so kurz gehalten, dass sich meine Eltern über die Entzündungen der Haut wunderten, als ich nach Hause kam. Wir wurden regelmäßig gewogen, um zu kontrollieren, ob wir Gewicht zugelegt hatten. Da ich zum Ende der 6 Wochen an einer Mandelentzündung erkrankt bin und etliche Tage im Bett verbringen musste, wo ich nach meiner Erinnerung nur mit furchtbar schmeckendem Lebertran behandelt wurde, hat es mit der Gewichtszunahme nicht geklappt.
Bis ich durch Zufall von der Initiative Verschickungskinder erfahren habe, war mir nicht bewusst, dass so viele Kinder über einen so langen Zeitraum in Kinderheimen die gleichen schrecklichen Erfahrungen machen mussten wie ich.
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Claudia aus Berlin schrieb am 03.03.2023
Ich war 1987 mit 7 Jahren für 3,5 Monate im Logopädischen Kindersanatorium in Thalheim.
Als Vorbereitung auf diese Kur sollte ich lernen zu schweigen (mehrere Stunden am Tag), meine Sachen selbst raus zu legen, mir selbst meine Brote zu machen, mein Zimmer selbst aufzuräumen. Über all das sollte ich Buch führen und jeden Tag abhaken. In den ersten 14 Tagen der Kur haben wir unter Medikamenteneinnahme geschlafen. Nur zum Essen sind wir aufgestanden. Dabei mussten wir schweigen. Somit habe ich 14 Tage kein Wort gesprochen. Alles war strengstens geregelt. Danach durften wir in der Gruppe nachsprechen. Danach einzeln nachsprechen usw. Briefe wurden kontrolliert. Die Briefe, die wir geschrieben haben, wurden vorgeschrieben. Die Körperhygiene war vorgeschriebene (wann welcher Lappen) und wurde überwacht. Es gab Listen und zur Belohnung Wimpel für gutes Verhalten und gutes Sprechen. Als ich meine Arme mal beim Einschlafen in der Luft bewegte, bekam ich einen Minuspunkt. Durch das Haus mussten wir mit Händen auf dem Rücken gehen alle in einer Reihe. Den vermeintlichen Fortschritt meines Sprechens musste ich jeden Tag in einem Heft reflektieren. Das wurde kontrolliert. Nichts durfte wild, laut oder spontan sein in diesem Haus. Es gab einen Tag, an dem alle Eltern gekommen sind. Dafür haben wir ein kleines Programm einstudiert. Danach durften wir zu unseren Eltern. Meine Eltern haben mich völlig verändert vorgefunden. Bis zum Schluss wurden uns Medikamente gegeben. Ich weiß nicht welche. An körperliche Gewalt kann ich mich nicht erinnern. Emotionale Begleitung gab es keine. Bis heute stottere ich. Ein toller Sprachtherapeut hat mir dann 1995 eine neue Sichtweise auf mein Stottern gegeben. Das hilft mir bis heute und hat vieles verbessert, so dass ich beruflich selbstbewusst Vorträge halte.
Die Erinnerungen an die Zeit, das alleine gelassen seins, das etwas weg soll und das Funktionieren müssen hat einige Spuren und Glaubenssätze hinterlassen.
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Bea schrieb am 03.03.2023
Hallo, ich war, wenn ich mich richtig erinnere, 1981 im Winter dort. Ich fand es sehr unangenehm. Ich erinnere mich an scheußliche, gelblich geflieste Duschräume im Keller, in die man nur zusammen reingelassen wurde. Ich erinnere mich an knarrendes Holzparkett und schwere Türen. Die strengste “Aufseherin” hieß Seifert. Es wurde einem viel verboten. Man durfte nie zur Toilette, wenn man musste. Nicht während der Mittagsruhe, auch nicht in der Nacht. Wenn Kinder ins Bett machten, wurden sie danach vor allen anderen gedemütigt. Im Bettenzimmer lagen etwa 10 oder mehr Kinder - aber da kann mich die Erinnerung auch täuschen. Es gab definitiv einen Zwang, Dinge zu essen. Pures Fett, Speck in Batzen, das sich nicht runterschlucken ließ und man konnte es nur heimlich in der Hand oder im Mund verstecken und dann auf der Toilette loswerden. Post wurde kontrolliert. Wenn man schrieb, dass man Heimweh hatte, wurde die Post konfisziert. Päckchen durfte man sich nicht schicken lassen. Es gab ein straffes Programm, zu dem auch Unterricht gehörte. Ich träume bis heute, dass ich meine Schulsachen vergessen habe, weil mir diese dort fehlten. Es gab auch eine Frau Weber, wenn ich den Namen richtig erinnere. Die war nett und beschützte die Kinder manchmal vor der Strenge der anderen Aufseherinnen. (In meiner Erinnerung nenne ich sie immer so ) Ich war immer müde und mir war immer kalt. Ich empfand ständig Scham, weil man keine persönliche Grenze haben durfte, was Nacktheit betraf. An die Bürstenmassagen erinnere ich mich auch. Kleine Plastikbürsten, die man über die Hand klemmte, dann sollte man sich von unten nach oben bürsten. Angeblich für die Durchblutung aber die Haut raute auf. Ich hatte immer Angst und wollte nach Hause. Es gab keinen Trost. Keine lieben Worte. Kein Aufgefangensein. Es fand ein Rodeltag statt Einen langen Weg durch den Wald hinab rodelten wir mit den Schlitten. Ich stürzte und hatte danach Schmerzen im Rücken, die nicht abgeklärt wurden. Es muss ein schöner Wald gewesen sein….aber dunkel. Das furchtbare Essen bis zum Erbrechen, die Duschkeller, die Kälte, straff durchorganisierter Tag, Toilettenverbote, Strenge – und noch andere diffuse, unangenehme Erinnerungen und Gerüche…. Lediglich am letzten Tag gab es eine Kinderdisco, die mir vorkam wie ein Freiheitsfest. Dort trugen Kinder barocke Kostüme und einige hatten einstudiert, Menuett zu tanzen. Nach Mozart, wenn ich mich nicht täusche. Als ich daheim aus dem Bus stieg, erschrak meine Mutter, als sie mich abholte. Ich hatte mehrere Kilo Gewicht verloren. Sie meinte später immer, ich hätte danach ausgesehen, als ob ich eine Kur nötgig gehabt hätte. Ich verbinde eigentlich nur ungute, traumatische Gefühle mit dieser Zeit. ich war 3 Wochen, andere Kinder 4.
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N. P. schrieb am 21.02.2023
Ich war im Jahre 1994 mit 14 Jahren 6 Wochen bei einer Kinderkur. An diese schreckliche Zeit habe ich sehr gute Erinnerungen:
Toilettengänge waren nachts verboten

Toilettengänge am Tag mussten bei der Betreuerin angemeldet werden und waren bei einer Betreuerin zeitlich begrenzt. Hierfür wurde eine Eieruhr auf 5 Minuten eingestellt. Bei Ablauf der Zeit wurde man vom WC abgeholt.

Duschen 1x wöchentlich, bei Periode täglich. Hierfür musste man beweisen, dass man seine Periode hat.

Wöchentlich mussten aus einer Kiste mit schmutziger Wäsche aller Kinder die eigene Unterwäsche gesucht und vor allen gezählt werden. Ich hatte einmal einmal zu wenig verbraucht. Ursache Wäschewechsel zu Hause morgens, in der Klinik abends. Meine Versuche das zu erklären wurden abgebrochen und ich wurde als dreckig vor allen beschimpft.

Eltern durften nicht kontaktiert werden in der ersten Woche. Danach wurden Briefe nachmittags verteilt. Diese mussten wir vor allen vorlesen.
Briefe wurden kontrolliert bevor wir die versenden durften.

Tisch für zu dünne kinder: Sahnemilchgemisch musste ausgetrunken werden. Essen, welches nicht gegessen wurde, wurde immer wieder aufgetischt. In Wurstscheiben waren die Gruppennamen geritzt, auch bei Götterspeise (Orange). Die Wurstscheiben waren grau und wellten sich.

Läusekämmen, ich hatte Schuppen. Das haben die Betreuerinnen zunächst nicht erkannt, so musste ich im Schlafraum alleine warten, gefühlt eine Ewigkeit. Als ich zurück in den Gruppenraum durfte, haben mich alle wegen angeblicher Läuse gehänselt.

Ich hatte Geburtstag während der Zeit. Mein Paket von den Eltern musste ich vor allen öffnen. Die Süßigkeiten wurden mir sofort abgenommen und an alle verteilt. Der Karton roch nach zu Hause, ich wollte den deshalb unbedingt behalten. Aber der wurde mir aus der Hand genommen und weggeworfen.

Es musste täglich mehrfach gebetet werden, Gottesdienst mitgestaltet werden, unabhängig von Glauben, Glaubensrichtung.

Ein Junge aus einer Gruppe hatte sich verlaufen und fragte mich nach dem Weg. Ich kam gerade vom WC. Ich versuchte zu helfen, wurde erwischt und durfte als Strafe den restlichen Tag (nach dem Mittag bis nach dem Abendbrot) nicht mehr auf WC.
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Cora S. schrieb am 20.02.2023
Ich war in Sommerferien 1979 in dem Verschickungsheim, mein Bruder in den Osterferien. Unsere Erfahrungen waren ziemlich gleich. Unsere Heimleiterin damals hieß Evi, die Betreuer waren noch ziemlich jung, z. T. erst 18-21. Ich kann mich noch an eine Elke, Hilde und Martina erinnern, es gab auch einen männlichen Betreuer, der Luca hieß.

Morgens um halb neun gingen die Betreuerinnen durch die Flure und sangen Morgenlieder. Das war für uns das Zeichen, dass wir aufstehen und die Zimmer verlassen durften. Um 9:00 Uhr gab es Frühstück: Von großen Tabletts, die turmartig beladen waren mit Honig- und Marmeladenbroten mussten zwei gegessen werden, zu trinken gab es Sirupwasser oder ungesüßten Tee. Zwei Mal die Woche kam ein Trainer, um mit uns nach dem Frühstück durch den Ort zu joggen. Die übrigen Tage mussten wir in Zweierreihen singend mit zwei Betreuerinnen durch die Ortschaft ziehen. Mittagessen gab es um 12:00 Uhr, meist sandige Kartoffeln, sandiges Gemüse, oft mit "Einlage" und immer dieselbe Soße. Ab und zu auch mal ein Würstchen, Rührei oder Leberkäse. Egal wie es schmeckte, Aufessen war Pflicht. Danach mussten wir 2 Stunden Mittagsruhe halten und um 15:00 Uhr schon wieder Marmeladenbrot essen. Abendessen gab es um 18:00 Uhr. Tagsüber oder auch mal nach dem Abendessen wurden öfter kleine Ausflüge gemacht, in den Ort, zu einem Bach, ins Freibad oder einfach nur zum Spielen im Garten.

Ein Mal die Woche gab es einen Wochenbrief von den Eltern und es war erlaubt, samstags ein Telefongespräch von 15 Minuten zu führen, natürlich unter Aufsicht. Auch sämtliche Briefe kamen nur geöffnet und gelesen bei uns an.

Wenn jemand etwas falsch gemacht hatte - z. B. unhöflich war, nicht aufgegessen hatte oder auch andere Kleinigkeiten, dann gab es jedes Mal eine Gruppenstrafe. Ich kann mich noch an ein Mal erinnern, als wir Mädchen mit der Heimleiterin im Freibad waren und die Jungen aus unserer Gruppe im Heim geblieben war. Einer der Jungen hatte die Betreuerin beleidigt - mit der Folge, dass wir alle für den Rest der Woche direkt nach dem Abendessen ins Bett gehen mussten.
Freitags gab es eine Disco, aber nur für diejenigen, die sich nichts "geleistet" haben unter der Woche. Alles in allem lief es sehr streng ab im Tagesablauf. Jedes Wort wurde auf die Goldwaage gelegt und beim Essen wurden wir streng überwacht. Nachts durften wir die Zimmer nicht verlassen, auch nicht, um zur Toilette zu gehen. Es gab aber einen Jungen, der nachts Asthma-Anfälle bekam und ins Arztzimmer gebracht werden musste. Diese Minuten haben wir meist ausgenutzt, um doch heimlich schnell zur Toilette zu kommen. Wären wir erwischt worden, hätte es eine Gruppenstrafe gegeben.

Da wir schon etwas älter waren, bekamen wir sonntags ein Taschengeld und durften in der Gruppe am Montag nach Fischen zum Einkaufen gehen. Am Sonntag gab es die Möglichkeit, in die Kirche zu gehen - und damit auch früher aufzustehen und Frühstück gab es anschließend beim Bäcker.

Das schlimmste dort waren die ständigen Kontrollen, das Missachten der Privatsphäre und vor allem das Heimweh. Zum Glück mussten wir nicht noch einmal in so ein Verschickungsheim.

Ich vermute mal, dass dies das selbe Heim gewesen ist, das Katharina aus Bremerhaven hier meinte. Auch ich habe danach gesucht. Wie es aussieht, wurden die Häuser in dieser Straße alle zu Ferienhäusern umgebaut, vielleicht auch das ehemalige Kinderheim?.

Auch unsere Gruppen kamen überwiegend aus Norddeutschland - Hamburg, Bremen, Lübeck, Heidekreis, usw. Die "Kur" wurde damals von unserer Krankenkasse befürwortet und regelrecht angepriesen und wurde vom Arzt genehmigt.

Eine ehemalige Klassenkameradin von mir war im selben Jahr in einem Verschickungsheim auf Amrum in Wittdün, das es heute auch nicht mehr gibt.
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Katharina aus Bremerhaven schrieb am 19.02.2023
Ich wurde 89 oder 90 zusammen mit meiner Schwester von Bremerhaven ins Allgäu geschickt. Ich erinnere mich nur in kleinen Bruchstücken. Damals war ich 5 oder 6 und meine Schwester ca. 12. Sie hat komischerweise kaum Erinnerung an diese 6 Wochen. Für mich eine schlimme Zeit. Mittags wenn man nicht schlafen konnte, musste man auf dem Flur stehen oder sitzen. Pakete und Briefe verschwanden. Ich wurde zum Essen gezwungen usw. Wie waren auch in einem freibad, wo ich fast ertrunken bin. Hatte dann Panik zu duschen und wurde dann auch gezwungen. Das Haus hatte vom Garten aus eine Treppe zur oberen Etage. Dort war ein Balkon wo wir kleineren gegessen haben. Ich war 2013 und 2019 dort, weil ich unbedingt das Haus finden und aufarbeiten wollte. Habe aber nichts rausbekommen. Das Gesundheitsamt in Bremerhaven wusste von nichts. Die Leute in fischen auch nicht. Es gibt einen Brief von mir an meinen Vater wo drinnen steht dass meine Betreuerin Frau Gutsmann hieß und wenn ich mich recht erinnere mit Vornamen Roswitha. Sie kam aus dem Schwarzwald. Wir sind im Laufe der Kur mal für 2 oder 3 Tage nach Österreich gefahren. Vielleicht erinnert sich jemand oder war im gleichen Haus. Ach und ich weiß noch dass wir Kinder aus bremerhaven und Hamburg kamen. Da waren Zwillingsschwester n im Rollstuhl. Eine davon hieß Antonia. Wir Bremerhavener mussten länger bleiben als die Hamburger und durften ab der Abreise der anderen auch nicht mehr auf unseren Zimmern schlafen. Würde mich wahnsinnig freuen wenn sich hier jemand findet der auch dort war.
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Goodwill Speck aus Mondorf-les-Bains schrieb am 18.02.2023
Ich war zwischen 6 bis 8 Jahre alt als ich in so einem Seehospiz gelandet bin wg Asthma für 6 Monate. Bin ich geheilt zurück gekommen? Nein. Herzrasen hohes Fieber nachts während langer Zeit waren normale Reaktionen. Ich bin nachts stundenlang um unseren grossen Küchentisch gerast und meine Eltern haben mich laufen lassen. Sie hatten Angst ich würde sonst in der Klapse landen aber aus der kam ich ja eigentlich. Mein Vater ist später mit mir zum BKA Düsseldorf gegangen und daraufhin gab es eine Untersuchung. Ärzte die zugegeben haben das sie sich nicht getraut haben bei diesen sogenannten Schwestern etwas zu sagen, sie durften nie die Unterhosen von den Kindern runterziehen (der Teil war jedesmal grün und blau geschlagen).
Briefe welche man nach Hause geschickt hat wurden vorher kontrolliert und je nachdem was drin stand gab es eine ins Gesicht. Haben die Eltern angerufen stand immer einer als Kontrolle daneben.
Es gab eine kleine Lichtung mit ein Bäumen, ich wollte immer dahin. Ich wurde angeschrien weil ich nicht mit zu dem Strand wollte.
Für mich war es die Fortsetzung von 1940 alte frustrierte Naziweiber welche alle ihre perversen Fantasien an den Kindern ausgelebt haben. Es hat sie ja auch keiner daran gehindert. Selbst wenn man es zu Hause nachher erzählt hat es wurde erst einmal nicht ernst genommen und später auch nicht. Meine Mutter hat mich Jahre danach einmal gefragt warum ich nicht zulasse das sie mir hilft. Das Vertrauen ist mit dem 6 monatigen Aufenthalt in Norderney zerstört worden und wurde auch nie wieder hergestellt. Selbst jetzt mit fast 60 wache ich manchmal nachts auf und das Herz rast und da ist nur eine große schwarze Wand. Ich mache extrem viel Sport und Yoga das hilft. Kinder und Tiere haben keine Stimme. Da ist wirklich was dran.
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Mathias aus Lüneburg schrieb am 16.02.2023
Ich war im Sommer zusammen mit meinem älteren Bruder auf Verschickung nach Sylt Vogelkoje. Schon kurz nach der Ankunft haben die Betreuer damit begonnen sich einen feinen Lenz zu machen und bestellten aus den Reihen der älteren Jungs "Ersatzbetreuer" welche ein hartes Regiment nach Faustrecht führten. Es gab dann täglich Prügel, ob man sich korrekt verhielt oder nicht. Später wurden wir vom Heimleiter abrekrutiert um in der gleißenden Sonne vom Heim aus Kabel verlegen durften. So mussten wir also tiefe Schächte dafür ausheben. Ein Junge aus unserer Nachbarschaft in Hamburg war ausgebrochen um zu Fuß über den Damm nach Hause zu laufen. Er wurde dann außerhalb des Heimes aufgegriffen. Habe erfahren dass dieser Junge sich mit 16 Jahren das Leben genommen hat. Mein Bruder ist heute starker Alkoholiker und bekam sein Leben nie wieder in den Griff. Ob Medikamente an uns getestet wurden ist mir nicht bekannt, würde mich aber interessieren. Über Nachrichten von Menschen die ähnliche Erfahrungen im Heim Vogelkoje gemacht haben würde ich mich freuen.
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Ulrich schrieb am 14.02.2023
Ich bin 1955 geboren und war als junges Kind, zusammen mit meiner ein Jahr jüngeren Schwester für 2 bis 3 Wochen im Haus Bernward. An zwei Erlebnisse erinnere ich mich besonders und sehe mich in jetzt noch bildlich in diesen Situationen:
Schon direkt am ersten oder zweiten Tag, musste ich mich an Milchsuppe erbrechen und das Erbrochene erneut aufessen. Das wurde dazu von einer Betreuerin im ganzen Esssaal angesagt. Was über den Tisch oder auf den Boden gegangen war, musste ich selbst säubern.
Dann gab es das Verbot, nächtens auf die Toilette zu gehen. Ich wurde dabei erwischt, als ich das dennoch tat um nicht einzunässen. Zur Strafe musste ich den Rest der Nacht stehend im Bett verbringen. Am nächsten Tag machten alle Kinder einen Ausflug zum Drachenfels. Ich durfte zur Strafe nicht teilnehmen.
Ich kann mich ansonsten wirklich an nichts anderes, als diese Geschehnisse aus dem Aufenthalt dort erinnern. Auch nicht an etwas Schönes. Ich erinnere aber noch, das ich, meine Schwester wohl auch, fürchterlich geweint haben, als wir unsere Eltern wieder gesehen haben.
Meine Schwester hat so etwas nicht erlebt, kann sich aber erinnern, die Situation, dass ich mein Erbrochenes essen musste, mit angesehen zu haben.
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Daniel Marx aus Steinfurt schrieb am 12.02.2023
Hallo,
ich bin durch Zufall auf diese Webseite gestoßen und sehr überrascht wie viele Menschen diese schlechten Erfahrungen machen mussten. Ich selber wurde mit 5 Jahren für 6 Wochen nach Borkum geschickt. Das Ganze wurde von der BEK organisiert. Ich bin zusammen mit einem anderen Kind von einer fremden Frau mit Bus und Bahn nach Emden gebracht. Dort wurden wir einer größeren Gruppe übergeben. Von der Kur selber weiß ich nicht mehr allzu viel. Nur noch das mir ständig langweilig war. Gefühlt haben wir kaum etwas gemacht. Eingebrannt haben sich bei mir lange schlaflose Nächte, in denen ich mir das Licht des Leutturms angesehen habe. Sehr viele Kimder haben ins Bett gemacht. Dazu weiß ich nur noch das es dann morgens Ärger gab und ich deswegen nachts die Matraze umgedreht habe. Hin und wieder gab es auch Ausflüge. Zum Kino, Wellenbad, an den Strand und einmal wurde ein Mega langer Spaziergang rund um die Insel gemacht. Dieser Spaziergang war viel zu lang und irgendwann konnte kein Kind mehr. Da das aber so schlecht organisiert war mussten wir den weg laufen.
Vielleicht gibt es ja noch jemanden der in diesen Zeitraum auf Borkum war.
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Maya aus Wiesbaden schrieb am 11.02.2023
Ich war 1959 wegen einer Lungenerkrankung für etwa 6 Monate in Königsfeld ( Frida Klimsch Stiftung ) Haus Waldfrieden hieß das und es leitete eine Tante Mechthild. Sie hatte eine auffällige Nase mit einer Narbe. Ich erinnere mich, daß ich abends Eusedon bekam, irgendeine grüne Flüssigkeit, die nicht gut schmeckte. Das Eusedon sollte mich wohl beruhigen, warum, weiß ich nicht. Wir haben dort Liegekuren gemacht und lagen den ganzen Tag in einer Art Freilufthalle in Liegestühlen. Mit zunehmender Gesundung durft ich dann später auch spazieren gehen. Dabei pflückten wir immer Heidelbeeren für die Schwester von Tante Mechthild. Insgesamt habe ich wenig schlechte Erinnerungen an die Zeit. Weiß aber, daß ich auch mal Nachts in irgendeinen Raum eingesperrt wurde. ( Toilette ? )
An körperliche Misshandlungen erinnere ich mich nicht. Ich weiß aber, daß wir ab und zu zu einer Untersuchung in ein anderes Haus mussten. Um dort hin zu kommen, führte der Weg durch den Wald. Bei einer Untersuchung muss mir wohl ein Arzt unter den Rock gegangen sein, jedenfalls habe ich im Unterleib einen Schmerz verspürt.
Entweder vor oder nach diesem langen Aufenthalt dort war ich auch noch 2 mal in Lenzkirch bei Schwester Anne. ( Anna Völkle ) Dort war Essenszwang an der Tagesordnung und Kinder mussten ihr Erbrochenes wieder aufessen. Gottsei Dank hat mich das nie betroffen, aber ich habe es miterlebt.
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Harald aus Berlin schrieb am 09.02.2023
Ich war 1966/67 jeweils einmal in dieser damaligen DDR Einrichtung.
Die Dauer war jeweils 6 Wochen. Ich war mit 7 Jahren an Hepatitis erkrankt und wurde nach dem Krankenhaus dorthin geschickt um mich zu erholen und zu kurieren. Ich kann mich noch genau an den liebevollen Umgang aller dortigen Betreuungskräfte gegenüber uns Kindern erinnern. Nach dem Frühstück wurde eine Liegekur mit Wärmflasche auf dem Bauch durchgeführt. Je nach Gesundheitszustand erhielten wir dann laufenden Schulunterricht aber nicht mehr als 2-3 Stunden am Tag. Nach dem Mittagessen wieder Ruhe.
Dann begann die schönste Zeit des Tages : ausgiebige Spaziergänge
in der Gruppe in die wunderschöne Landschaft mit weiten Feldern ...
Ich lernte dort alle Getreidesorten kennen und unterscheiden.
Während den Wanderungen sangen wir kindgerechte Lieder und waren
meistens sehr fröhlich. (außer dem Heimweh)
Einmal in der Woche kam nach dem Abendessen der "Kinomann" und führte einen Film vor.
Fazit: Die Fürsorge die ich dort als Kind erleben durfte wird mir immer
in Erinnerung bleiben !
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Lendis Kristin aus Eltville schrieb am 08.02.2023
Ich suche den blonden Michael und andere, die mit mir 1979 in Wessobrunn zur Kur waren.
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Martina aus Mülheim Ruhr schrieb am 06.02.2023
Martina
Hallo ! Ich wurde Oktober 1972 für 6 Wochen nach Karlshafen verschickt.Ich war damals 10Jahre alt. Heute Nacht habe ich wieder davon geträumt, Wie ich eine ganze Nacht im Waschraum verbringen musste .Darauf hin habe ich heute Karlshafen eingeben und bin auf diese Seite gestoßen. Durch Träume merkt man halt das es viel zuverarbeiten gibt.Ich würde mich über einen Austausch freuen.Ich habe wohl einiges verdrängt.

LG Martina
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Birgit T. aus Bochum schrieb am 01.02.2023
Ich bin von meinem 4-9 Lebensjahr dreimal verschickt worden und habe übelste seelische Grausamkeit erfahren . Die letzte Reise nach Bad Rothenfelde führte dazu, dass meine Mutter, als sie ihre Vorwürfe beim Kostenträger vorgebracht hat, unverschämt abgewiesen worden war. Viele der bereits vorgebrachten Erlebnisse kann ich hier bestätigen.
Wir wurden zum Essen gezwungen, wer erbrach mußte es wieder aufessen, Post wurde kontrolliert und vorgeschrieben, Taschengeld veruntreut, im Bett verbleiben nach Einnässen, Kasernenhofdrill im Haus und auf Spaziergängen, Qurantäne in einem Isolierzimmerbei Krankheit ( ohne Gesellschaft über mehrere Tage). Sexuelle Belästigung in den Zwangsbädern im Kurhaus Bad Rothenfelde. Die Auswirkungen all dieser Maßnahmen kann ich nur vermuten. Ich habe sie bis zu diesem Aufruf vor einigen Jahren verdrängt. Ob ein Zusammenhang besteht zwischen meiner langjährigen Psychotherapie ( mit 25-30) und Beziehungsproblemen, läßt sich zwar vermuten, ist jedoch ob des Traumas und der Verdrängung nie zur Sprache gekommen. Ich hatte diese Kindesmißhandlungen in meinem Leben akzeptiert und immer geglaubt ich sei es nicht anders wert gewesen. Wahrscheinlich bin ich nicht zufällig eine gute Erzieherin geworden und arbeite heute, nach einer Umschulung, bei einem der Kostenträger für Rehabilitationsmaßnahmen.
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Dirk Rosenbaum aus Aachen schrieb am 25.01.2023
Liebe Leidensgenossinnen und Genossen

Bin zufällig hierhin geraten und überrascht, dass ich da gar nicht so allein bin.
Schon der erste Beitrag kam mir sehr bekannt vor.
Habe immernoch eine Depression und momentan auch noch Herzklabastern, muss deshalb jetzt ins Bett.
Ich denke sehr ungern an die eiskalten frommen Frauen, die mich damals seelisch fertig gemacht haben.
Aber ich melde mich nochmal.
Im Überlebensfalle. ?

Bis dahin Kopf hoch, sie sollen nicht gewinnen!
Dirk aus Aachen
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Helga aus Köln schrieb am 22.01.2023
Im Laufe meines Lebens bin ich in verschiedene "Kinderkuren" verschickt worden. Noch vor der Einschulung, weil zu dünn etc. nach Bad Sassendorf mit meiner Schwester, hieran hab ich nur ganz wenige Erinnerungen und die, die ich habe waren ganz furchtbar. Später ging es in den Schwarzwald, wieder mit meiner Schwester nach Freudenstadt im Alter von 11 Jahren, auch hier habe ich nicht wirklich gute Erinnerungen, meine Mutter war krank. Später wegen Asthma nach Bad Reichenhall im Alter von ca. 12 Jahren (3 Monate, ich bekam die gefürchtete Verlängerung, da ich nicht genug auf die Waage brachte, nach Bad Kreuznach( ebenfalls 3 Monate), später nach Scheidegg (wieder Verlängerung) und dann im Alter von 15 Jahren nach Wangen im Allgäu! ein 3/4 Jahr.

Zu Scheidegg möchte ich bemerken, dass ich mich fürchterlich vor der berüchtigten Puddingsuppe ekelte, die ich immer wieder als Zwischenmahlzeit aufgezwungen bekam ekelte. Ansonsten hatte ich kaum mit den Nonnen zu tun, da auch weltliche Krankenschwestern dort waren. Ich hatte "Glück im Unglück" als Ältere später im 4-Bettzimmer untergebracht zu sein und viel seelische und moralische Unterstützung durch Schwester Maria und Hanna zu bekommen, sowie ein paar Mädels die sehr zusammen hielten. Ansonsten wäre es wohl noch viel schlimmer gewesen. Insgesamt ist mein Faszit, dass ich später sehr große Schwierigkeiten hatte, ins normale Leben zurück zu finden und wohl auch sehr viel Ängste (auch unterbewusst) durch diese Maßnahmen wohl erst hatte und manchmal immer noch nachwirken.,,
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Jenny aus Berlin schrieb am 21.01.2023
ich war 10, 4 Wochen dort in diesem grauen Haus, Wetter grau wahr genommen, Einsamkeit, weil keine Post erhalten, Aufseher unfreundlich, schrie viel und laut, Angst , keine Post von zuhaus, während andere ihre Briefe öffneten, jeden Morgen irgend so eine Tablette, wofür, nicht gross bekannt, erinnere mich an Zwillinge ( Jungs) die auch dort waren. Ih malte viel, das Kurheim mehrere male mit Bleistift, über Weihnachten dort geblieben, alles merkwürdig , Kühle untereinander, Spaziergänge im kalten Matsch, positiv, erstes mal Lieblingsband INXS gehört in Disko , vom Kurheim organisiert, wer war noch dort ? war selbst dort wegen Unterernährung , zu dünn damals
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Ramona schrieb am 19.01.2023
Ich war 9 Jahre alt und schwer krank, angeblich eine Nierenbeckenentzündung. Deshalb musste ich zur Kur. Ich sollte dort zunehmen und einigermaßen wieder gesund werden. Dort im Heim wurde man gezwungen zu essen, ich habe mich meistens immer wieder beim Essen übergeben müssen. Das Essen vor allen Dingen das Mittagessen war nicht essbar, alles bestand aus puren Fett. Am schlimmsten war grobe Leberwurst, alles musste gegessen werden und war es einfach nur eklig. Selbst erbrochenes musste wieder aufgegessen werden. Wenn man auf die Toilette musste, musste man immer um Erlaubnis fragen. War man nicht gehorsam mussten entweder Mädchen zusammen mit den Jungs duschen oder Jungs mit den Mädchen zusammen duschen. Normalerweise duschten immer abends immer erst die Mädchen und dann erst die Jungs. Pakete die man von seiner Familie bekommen hatte, wurden vorher einfach geöffnet und kontrolliert und dann haben wir sie erst erhalten, genau so war es auch mit den Briefen. Wenn man abends nicht einschlafen konnte, wurde man mit dem Kopf gegen das Brett vom Bett massiv dagegen gestoßen. Seine eigene Anziehsachen gab es nur auf Zuteilung, die waren nämlich eingeschlossen. Für mich war dieser Kuraufenthalt das schlimmste was ich bis dahin erleben musste. Als ich endlich wieder zu Hause war, war ich völlig verstört, sagten meine Eltern, ich fragte sie auch zu Hause ob ich auf die Toilette ? durfte.
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Berg Birgit aus Frankreich schrieb am 14.01.2023
Bin 1990 im Oktober im Kinderkurheim gewesen, als 9 Jährige. Mitten in einer Umsturzzeit. Gemischte Altersgruppen, Wanderungen, Wassertreten, viel essen (was ich nicht mochte), und jeden Morgen im Gang aufreihen zum bürsten des nackten Oberkörpers… nachts waren viele traurig, einige froh, ihre Eltern nicht zu sehen. Meine Mutter konnte sich im Dorf ein Zimmer mieten und mich zu meinem Geburtstag besuchen kommen. Ich hatte keinen Kontakt zu den anderen Mädchen nach der “Kur”. Bitte melde Dich, wenn Du auch dort warst in dieser Periode. Ein Mädchen hiess Virginie, und wurde wegen ihrem Namen gehänselt.
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Ute Theil aus Bruchsal schrieb am 14.01.2023
Hallo
Da ich meine erste Geschichte schon geschrieben habe, mit meinem ersten Verschickungsheim in Waldshut Stieg Unteralpfen folgt hier mein zweite, viel erinnerungen daran habe ich nicht, ich möchte gerne einen Aufruf starten.
Damals in den 70 jahre, kam ich mit meinem Bruder Gottfried Barth nach St.Peter-Ording für 6 wochen, ich weiß nicht wie das Haus hieß wo wir waren ich weiß nur noch das es nicht weit vom strand war und wir jeden Tag in den Dünen waren und eine Watt wanderung gemacht haben, drum bitte ich wer sich daran erinnern kann an eine tägliche watt wanderung ihr könnt euch gerne bei mir melden Ute Theil
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Ute Theil aus Bruchsal schrieb am 13.01.2023
Hallo da ich schon so viel gelesen habe von Leute die ihre Geschichte geschrieben haben , mach ich das auch mal.
Mein Name ist Ute, damals in den 60 igern gab es das noch das, das Gesundheitsamt in die Schule kam, als mann eingeschult wurde.
Mann bekam eine Salbe auf die Brust mit einem Pflaster, eine Woche später wurde nachgeschaut, bei demjennigen wo mann nichts sah der war gesund, bei die jennigen wo sich leichte pickelchen gebildet hatten, die mussten nochmal zum röntgen ins Gesundheitsamt,bei mir war das so.
Als wir ins Gesundheitsamt gingen stellten sie fest das ich leichte TBC hatte, als kam ich in die Kinderheilstätte Stieg Unteralpfen nach Waldshut.
Es war die schlimmste zeit meiner Kindheit.
Zuerst einmal wurde mann 5 Tage issoliert und musste in einem leicht abgedunkelten Raum bleiben, die Eltern durften die ersten 6 wochen nicht kommen, damit mann sich eingewöhnen konnte hieß es.
Nach diesen 5 Tagen kam ich in ein 4 Bett Zimmer, und durfte auch mit den anderen im Speisesall essen.
Nicht weit weg von der Kinderheilstätte, gab es einen Bauernhof von da wurde das Essen geliefert, hauptsächlich nur Kartoffeln und Milch, es gab also fast jeden Tag Kartoffeln, der wo nicht essen wollte musste so lange sitzenbleiben bis der Teller leer war meistens war es so das mann den ganzen Tag vor dem Teller saß, musste mann sich übergeben, hielten sie Mund und Nase zu das mann es wieder schluckt, blieb noch was vom essen übrig, bekam mann es den nächsten Tag wieder, das war auch der Grund das ich ab dieser zeit als ich wieder zuhause war keine Kartoffeln mehr gegessen hatte über Jahre hinweg nichtmal Pommes, und auch kein Apfelmus, denn das bekam mann auch jeden Tag,
Morgens beim Aufstehen traf mann sich im Waschraum wo Mädchen und Jungs zusammen waren, wir mussten uns ausziehen und waschen, wer sich geweigert hat, dem wurde mit einem stock auf den nackten Po geschlagen während alle ausenrum standen und zu schauten,
Einmal im Monat mussten wir zur Untersuchung, den Schlauch schlucken wie wir immer gesagt hatten, wir mussten draussen vor der Tür Schlange stehn bis jeder an der Reihe war, das war so schrecklich, ich dachte immer ich ersticke und war froh wenn es vorbei war.
Ich war 2 Jahre dort, meine Eltern kammen alle 2 oder 3 Wochen zu Besuch da gingen wir immer durch den Hotzenwald spazieren, aber ich durfte vom Heim nichts erzählen, das wurde vorher verboten da hieß es wenn mann was sagt wird mann ein Tag in ein dunkles zimmer gespeert also sagten wir nichts.
Meine Mutter hat mir bevor ich ins Heim musste neue Unterwäsche, Strumpfhosen und Klamotten gekauft, eine ganze Nacht saß sie da und hatte überall meinen Namen rein genäht, aber irgendwie waren dann alle sachen weg und ich bekam vom Heim Unterwäsche und Strumpfhosen, aber alles 1 oder 2 nrn zu klein, die Unterhosen schnitten mir ins Fleisch der Gummizug war zu eng.
Mittags mussten wir Mittagschlaf machen, das war ein großer Saal mit Britschen auf jeder Britsche lag ein brauner kratziger Teppich, wir mussten uns gerade hinstellen Arme nach unten, dann wurden wir eingewickelt und auf die Britsche gelegt, ob mann schlafen konnte oder nicht die Augen mussten wir zumachen 2 stunden lang.
Ich bekomme nicht mehr alles hin was alles passiert ist, aber diese Sachen sind immer noch nach 50 jahren in meinem Kopf geblieben.
Ich weiss nicht ob jemand in dieser zeit auch dort war, wenn es aber so ist und du fast das gleiche erlebt hast wie ich würde ich mich freuen wenn du dich meldest ich bin in Facebook zu finden unter dem Namen........Ute Theil
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Nicole aus Rennetod schrieb am 12.01.2023
Ich war mit meiner Schwester in Den 80 Jahren auf Borkum, 6 Wochen.
Ich kann mich noch daran erinnern das man sich anstellen musste wenn man auf Toilette wollte.
In eine Reihe ..
Morgens gab es immer Salzwasser zu trinken.
Die eine Frau hatte Brille und war sehr streng. Ich habe keine Erinnerung mehr welches Haus das war.
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Böhme aus Neuendettelsau schrieb am 12.01.2023
Hallo, ich war zweimal je 6 Wochen zur Kur- in rottleberode (Harz) war es alles ok- in Bad Sülze waren die Erzieher sehr streng, man wurde nachts vor die Tür in den kalten Flur gestellt wenn man geredet hat oder musste alles aufessen, auch wenn man es nicht vertragen hat (habe öffters übergeben)....
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Silke aus Wyk auf Föhr (Barmer Krankenkasse) schrieb am 08.01.2023
1969 (oder 1970) war ich in Wyk auf Föhr 6 Wochen lang von der Barmer Krankenkasse finanziert im Kinderheim „Das Schloss am Meer“.
Ich erinnere mich, dass mich meine Mutter fragte, ob ich wegen meiner häufigen Bronchitis an die See verschickt werden möchte. Sie sagte, ich könne jeden Tag an den Strand gehen und mit anderen Kindern spielen und das wäre sehr schön. Sie sagte aber auch das unser Hausarzt Zweifel an den Heimen angesprochen hatte. Ich wollte natürlich mit 7 Jahren dort hin. Ich wurde mit vielen anderen Kindern und einem Schild um den Hals in einen Sonderzug gesetzt. Später gab es eine Überfahrt mit der Fähre auf der vielen Kindern schlecht wurde (mir nicht nur von dem Geruch).

Ich hatte sehr viel Heimweh und habe mich komplett abgekapselt. Ich habe mir überlegt, wie ich dort weglaufen könne, um nach Haus zu kommen. Ich wollte immer an den Gleisen entlang laufen, so konnte ich mich nicht verlaufen. Dann fiel mir ein, dass ich auch Boot fahren müsste und mir war klar, dass ich die 6 Wochen durchhalten musste.
Die Tage liefen alle gleich ab. Das Leben war dort für die Kinder streng, fast militärisch geregelt. Dadurch wurden auch die Kinder voneinander isoliert, so dass z.B. Unterhaltungen fast nicht möglich waren und freies Spielen gar nicht. Wecken, Zähne putzen, anziehen, in Zweierreihen zum Frühstück in einen gemeinsamen Essensraum. Es gab Müsli mit Apfelschalen drin. Das mochte ich gar nicht. Es sollte aber alles aufgegessen werden. Das hat mir meine Mutter nicht geglaubt. Dann sind wir z.B. in Zweierreihen durch Wyk gelaufen und an den Strand gegangen. Wir mussten uns ausziehen und in Badekleidung auf ein Trillerpfeifenkommando in das Wasser laufen. Erst bei zweimaligem Pfeifen durften wir wieder aus dem Wasser kommen. Auch dies hat mir meine Mutter nicht geglaubt. Ich konnte noch nicht schwimmen und hatte Angst. Auf einem der Wyk-Gänge wurden wir angehalten uns ein kleines Souvenir zu kaufen, um etwas mit nach Haus zu bringen. Wir haben auch gemeinsam Schuhe geputzt oder gemeinsam Briefe an unsere Eltern geschrieben. Ich konnte noch nicht gut schreiben. Mir wurde ein Text vorgegeben. Briefe der Eltern wurden abends am Bett vorgelesen. Dann wurde Mittag gegessen (abends gab es meist Reste des Essens von mittags). Anschließend sollten wir schlafen. Wir durften uns nicht unterhalten. Wenn festgestellt wurde, dass wir nicht schliefen mussten wir im Flur an der Wand stehen. Ich stand da mehrfach. Ich wurde auch einmal an das Bett gebunden und später wurde mir damit gedroht, wenn ich nicht ruhig wäre. Wir durften in der Mittagszeit nicht auf die Toilette gehen, was dazu führte, dass auch ich ins Bett gepinkelt habe und ich musste dann meine Hose waschen.
Ein Mageninfekt ging in der Zeit rum, der auch mich erwischt hat und ich musste mich erbrechen und wollte zur Toilette laufen, auf dem Flur standen aber die Pflegerinnen und ich habe mich nicht getraut an ihnen vorbei zu laufen und hatte bereits Erbrochenes im Mund bis mir eine von ihnen sagte „nun lauf schon“.
Vor dem Abendessen wurden Volkslieder gesungen. Der Teil des Tages gefiel mir am besten. Nach dem Abendessen mussten wir uns ausziehen und wurden zur Abhärtung vor einer Wand kalt abgeduscht.
Insgesamt war ich unter den vielen Kindern sehr einsam dort und habe enormes Heimweh gehabt. Interaktion mit anderen Kindern wurde unterbunden. Ich weiß, dass ich nach ein paar Tagen des Erbrechens (Infekt) im Bett lag und von einer älteren Pflegerin mit gesalzenem Haferschleim gefüttert wurde und dies als Zuwendung genossen habe. Es gab nie einen Körperkontakt. Außer abends, da wurde uns im Bett vor dem Einschlafen die Hand gegeben. Das waren für eine 7 jährige 6 sehr lange und sehr einsame Wochen. Ich wollte da nie wieder hin.
Silke
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Ulla Hochstrat schrieb am 27.12.2022
Ich war dort 2 Mal. Das erste Mal als 5 jährige. Ein Jahr später noch einmal. Ich hatte unglaublich starkes Heimweh, ein Gefühl das ich noch Heute extrem empfinde. Milchsuppen die es dort zum Frühstück gab esse ich bis heute noch nicht. Es gab dort den Schäferhund 'Senta' ich denke meine Liebe zu Hunden ist dort entstanden. Man machte uns Angst mit einem Riesen der im Schlosspark lebte. Ich denke weil man nicht wollte das wir den Bereich allein aufsuchten. Eine Wunschbrücke gab es auch, allerdings haben sich meine leider nie erfüllt. Mir fällt gerade viel ein, zuviel für ein Gästebucheintrag.
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Thomas Nawroth aus 34302 Guxhagen schrieb am 22.12.2022
Ich erinnere mich noch sehr gut an die Situation, als ich zusammen mit meiner Mutter unseren
damaligen Hausarzt, Herrn Dr. Rellensmann konsultierte, der seine Praxis zu damaliger Zeit in
Herne, meiner Geburtsstadt in Nordrhein-Westfalen hatte. Bei der ärztlichen Kontrolle wurde bei
mir eine starke Annemie diagnostiziert, durch die ich an Appetitlosigkeit, dadurch an Untergewicht
und sehr starker Blässe litt.
Meine Eltern folgten dem Rat meines damaligen Hausarztes und schickten mich zu einem
sechswöchigen Kuraufenthalt in ein Kinderkurheim, das sich im hessischen Bad Orb befand. Zu
damaliger Zeit war ich gerade 6 Jahre alt. Was ich während dieses langen Aufenthaltes im
wahrsten Sinne durchleben musste, war die reinste Hölle und wirkt sich bis heute auf mein Leben
aus. Denke ich an diese Zeit zurück, tauchen auch heute noch die Bilder von damals in mir auf.
Ich wurde 1963 geboren und bin 59 Jahre alt konnte die traumatischen Erlebnisse aber erst mit
dem Abschluss meiner Psychotherapie verarbeiten, der ich mich bis Mitte diesen Jahres unterzog.

Es war das Jahr 1969, als ich mich eines Tages in Begleitung meiner Eltern befand, die mich zum
Bahnhof von Herne begleiteten, um mich einer älteren Dame zu übergeben. Es war ihre Aufgabe,
mich als Betreuerin nach Bad Orb, in das Kinderkurheim zu begleiten. Als sie sich von mir
verabschiedete, begann die Hölle auf Erden für mich.

Der Empfang durch eine ältere Dame, an die ich mich noch recht gut erinnern kann, war alles
andere als warmherzig und freundlich. Mit schroffen Worten befahl sie mir ihr zu folgen und führte
mich in ein großes Zimmer, in dem mehrere einfache Betten mit weiß lackiertem Eisengestell in
regelmäßigen Abständen zueinander aufgestellt waren. Völlig allein musste ich so lange in
diesem nicht beheizten und beleuchteten Zimmer warten, bis alle andere Kinder, (bis zu 10
Kindern), eingetroffen waren. Die Begrüßung wurde wieder von der älteren Dame mit einer
absoluten Gefühllosigkeit durchgeführt. Bei meiner genaueren Betrachtung dieser älteren sehr
schlanken Dame stellte ich mir wirklich vor, eine Hexe vor mir zu sehen.

Sie trug eine Nickelbrille, hatte ihr Haar sehr streng zu einem Dutt frisiert, trug eine weiße
Kittelschürze und wirkte alles andere als freundlich. Es sollte sich in den nachfolgenden Tagen
und Wochen heraus stellen, dass sie sich tatsächlich wie eine Hexe uns Kindern gegenüber zu
benehmen verstand. Nach einer mehr als sehr frostigen lieblosen Begrüßung, mussten wir Kinder
uns in Zweierreihen auf dem Flur, vor dem Zimmer aufstellen, wo bereits mehrere sogenannte
“Kindertanten” wie sie sich selbst zu betiteln verstanden, warteten. Sie standen in Reih und Glied,
ebenfalls in weißen Kittelschürzen auf der anderen Seite des Flures und beobachteten jedes
einzelne Kind sehr streng mit argwöhnischen Blicken.
Einige Kinder waren in ihrer Natürlichkeit etwas lebhafter als ich und begannen miteinander zu
sprechen. Wie erschrocken wir Kinder waren, als die ältere Aufseherin, (ich kann sie nicht anders
bezeichnen) laut schreiend uns Kindern verbot miteinander zu sprechen, kann man sich wohl
lebhaft vorstellen. Während des Gangs in den Speiseraum wagte sich seit diesem Zeitpunkt kein
Kind mehr mit einem anderen Kind zu unterhalten. Für die Einnahme der Mahlzeiten blieb uns
Kinder nur eine halbe Stunde. Die Kinder, die während dieser Zeit ihre Mahlzeit nicht vollständig
einnehmen konnten, mussten mit dem Essen aufhören, um sich mit der gesamten Gruppe in den
zugewiesenen Schlafsaal zu begeben.
Während des Rückmarsches zum Schlafsaal und besonders während der zwangsweise
verordneten einstündigen Ruhephase, war es uns Kindern ebenfalls verboten, auch nur ein Wort
zu sprechen. Sobald ein Kind es sich dennoch wagte, dieser unnatürlichen Maßregelung zu
widersetzen, erhielt harte Prügel und musste danach das eigene Bett in den Flur schieben, um
getrennt von allen anderen Kindern zu ruhen.
Nach der zwangsweisen Ruhephase hieß es sich in aller Eile anzuziehen, um sich auf dem Flur
vor dem Schlafsaal, erneut in Reih und Glied aufzustellen. Ein zweistündiger Spaziergang war
der nächste Tagesablaufpunkt. Für das Ankleiden blieb uns Kinder nicht mehr als eine viertel
Stunde. Sobald es ein Kind nicht schaffte, sich in dieser kurzen Zeit anzukleiden, erhielt es erneut
harte Prügel von Seiten einer der sogenannten “Kindertanten”.

Es ist kaum zu glauben, dass es uns Kindern sogar während des gemeinsamen Spaziergangs
nicht gestattet war, zu spielen oder uns zu unterhalten. Sobald das geschah, drohten erneut harte
Prügelstrafen. Wie ich es später bei der Bundeswehr erlebte, hatten sich alle Kinder in Reih und
Glied in Zweierreihen vorwärts zu bewegen. Begleitet wurden wir dabei von zwei “Kindertanten”,
(eine vor der Gruppe, eine hinter der Gruppe), die uns erneut während der ganzen Zeit wie
Strafgefangene argwöhnisch beobachteten.
Besonders kann ich mich an eine sehr skurrile Szene erinnern. Eine junge Betreuerin war
charakterlich nicht wie alle anderen Betreuerinnen geprägt, sondern eher von der lockeren,
lustigen Art. In einem Moment, in der sie sich unbeobachtet fühlte, wagte sie es, sich mit einigen
Kindern zu unterhalten und sogar mit ihnen einige Hüpfspiele durchzuführen. Was dann geschah,
habe ich bis heute nicht vergessen. Sie wurde nach dem alltäglichen Spaziergang der älteren
Aufseherin regelrecht vorgeführt. Vor der ganzen Gruppe aller Kinder wurde sie plötzlich von der
älteren Aufseherin laut und sehr harsch angebrüllt, was sie sich denn erlauben würde, den
Anweisungen der alten Aufseherin zu widersetzen. Seit dieser Zeit veränderte sich auch diese
freundliche “Kindertante” sehr zu unserem Nachteil.

Unser militärische Tagesablauf wurde immer wieder von sogenannten medizinisch notwendigen
Anwendungen unterbrochen, an die ich mich ebenfalls bis heute sehr gut erinnern kann. So
unglaublich es für manche Leser*innen auch erscheinen mag, kann ich mich sehr gut daran
erinnern, dass jedes einzelne Kind sich völlig entblößen musste, um von einer weiteren
Kindertante mit Hilfe eines normalen Gartenschlauchs mit eiskaltem Wasser geduscht zu werden.
Eine weitere Anwendung war die wöchentliche Gymnastikstunde in einer etwas weiter entfernten
Turnhalle, zu der wir erneut zu Fuß marschieren mussten, wie gewohnt, mit absolutem
Stillschweigen. Endlich, so glaubte ich konnte ich mich einmal völlig frei bewegen und fiel dem
Gymnastiklehrer dadurch auf, dass ich als Bester alle gymnastischen Übungen ausüben konnte.
Doch was dann geschah, verstehe ich bis heute nicht.

Eine der “Kindertanten” hatte uns zu dieser Gymnastikstunde begleitet. Von Anfang an fiel mir
diese “Kindertante” dadurch auf, dass sie äußerst gehässig und über alle Maßen missgünstig
war. Nachdem unsere Gruppe das Kinderkurheim wieder erreicht hatte, mussten wir uns wie
gewohnt, vor dem Schlafsaal in Reih und Glied auf dem Flur aufstellen. Plötzlich trat diese
gehässige “Kindertante” vor mich, um an meinen Haaren sehr kräftig und für mich äußerst
schmerzvoll zu ziehen. Dabei äußerte sie sehr hämisch die Worte, dass ich doch mal springen
solle, so wie ich es zuvor bei der Gymnastikstunde getan hätte. Ich habe das boshafte laute
Lachen aller Kinder die in meiner Reihe standen, heute noch in den Ohren. Doch damit nicht
genug.

Einfach unfassbar, dass diese gehässige, unfreundliche Aufseherin mir obendrein noch zu
verstehen gab, dass ich wegen meines unerlaubten fröhlichen Auffallens keinen Nachtisch, nach
der Einnahme meiner Abendmahlzeit erhalten würde. Seit diesem Zeitpunkt wurde ich täglich von
dieser unfreundlichen Person gehänselt, beleidigt, verhöhnt und verspottet. Doch ich war nicht
der Einzige, dem so zugesetzt wurde.
Einige Mädchen hielten es nach einigen Tagen nicht mehr aus und fielen in einen Weinkrampf.
Ungeachtet dieser Notsituation der damaligen Kinder, betrat die alte Aufseherin den Schlafsaal,
um diesen weinenden Mädchen mit lautem Gebrüll, dass sie sich zusammen zu reißen hätten,
mehrere harte Ohrfeigen. Weil diese armen Mädchen verständlicherweise sich in keiner Weise
getröstet fühlen konnten, wurden sie in ein anderes Zimmer verlegt und durften fortan nicht mehr
mit den anderen Kindern in Kontakt kommen. Einige Tage später schienen sich die Mädchen
beruhigt zu haben, so glaubten wir Kinder damals. Heute weiß ich, dass sie in ihrer Persönlichkeit
gebrochen waren. Ich erinnere mich noch sehr gut daran beobachtet zu haben, dass sich diese
Mädchen wie Marionetten hinfort bewegten, darüber hinaus ihre Mimik wie erstarrt schien und es
den Anschein hatte, als hätten sie keinerlei Emotionen mehr.

Es war an der Tagesordnung, dass es für die kleinsten Vergehen, sehr harte Prügel gab. Der
Entzug von Essen oder das Separieren einzelner Kinder von der gesamten Gruppe wurden für
alle anderen Kinder so selbstverständlich, dass die gesamte Gruppe nach über drei Wochen es
als vollkommen selbstverständlich hinnahm. Außerdem, welche Möglichkeit hatten wir Kinder
denn schon, um gegen diese ungerechten Behandlungen vorgehen zu können, vor allen Dingen
so weit entfernt von unseren Eltern.
Wie es in der Reportage zur Sprache kam, war es unseren Eltern tatsächlich untersagt worden,
ihren Kindern Karten oder Briefe schreiben zu dürfen. Besonders schlimm war es zumindest für
mich, nichts von meinen Eltern erhalten zu haben, obwohl ich während meines Aufenthaltes in
diesem Kinderkurheim Geburtstag hatte. Mit fortlaufender Zeit bemerkte ich eine Zunahme einer
Traurigkeit, wie ich sie vor der Verschickung nicht gehabt hatte.

Es verging keine Woche, in der wir nicht den Kinderarzt aufzusuchen hatten. Wie es bereits in
der Reportage dokumentiert wurde, erhielt auch ich immer wieder Medikamente in Form von
Tabletten und einigen Spritzen. Was mir noch in Erinnerung geblieben ist, dass ich nach einem
dieser zwangsweise verordneten Besuche, eine gewisse Lethargie verspürte. Egal, was um mich
herum geschah, ich nahm es nur noch beiläufig wahr, ohne dass es mich wirklich berührte.
Was mir ebenfalls nachhaltig in Erinnerung geblieben ist, dass ein Junge mit einem anderen sich
des Nachts sehr leise zu unterhalten verstand. Jede Nacht saß eine “Kindertante” auf einem
Stuhl vor der geöffneten Tür des Schlafsaals. Kurz nachdem beide Jungen es gewagt hatten, sich
miteinander sehr leise unterhalten, entfernte sich die Wache vor dem Schlafsaal. Wenige Minuten
später erschien die alte Aufseherin im Schlafsaal mit einem nassen Handtuch in der Hand, um
auf beide Jungen wie wild so hart einzuprügeln, dass sich beide vor Schmerzen in ihren Betten
krümmten. Wenige Augenblicke später wurden die Betten dieser beiden Jungen in denen sie
noch wimmernd vor Schmerzen lagen, auf den Flur gezerrt. Alle Kinder konnten das Herz
zerrreißende Schluchzen dieser beiden Jungen vernehmen. Ungeachtet dieser mehr als
bedenklich zu bezeichnenden Situation, erschien die alte Aufseherin mehrmals, um weiterhin auf
beide Jungen so lange zu schlagen, bis diese vor Angst zitternd, keinen Ton mehr von sich gaben.

Endlich, nach 6 Wochen war meine Tortur zu Ende. Abermals wurde ich von der älteren Dame
am Eingang des Kinderkurheims abgeholt und nach Hause begleitet, letztendlich meinen Eltern
zugeführt. Bis heute ist es mir in Erinnerung geblieben, dass es auch meinen Eltern aufgefallen
war, dass ich gegen all ihrer Erwartungen, ihnen absolut still und in mich gekehrt erschien. Wieder
zu Hause in der elterlichen Wohnung angekommen, war es mir plötzlich unmöglich, mich ohne
Anstoßen an den Türrahmen, von einem in ein anderes Zimmer zu begeben. Mehrmals verlor ich
die Kontrolle über meinen Körper und fiel zu Boden, da mich unerwartet, immer wieder ein
Schwindelgefühl erfasste. Im Gegensatz zu anderen Kindern, später als Jugendlicher fühlte ich
in mir eine Traurigkeit und vor allen Dingen ein Gefühl des Misstrauens, wie es nicht als normal
zu bezeichnen ist.
Durch die Reportage über die damals durchgeführte Kinderverschickung,
auf die ich durch meine Frau hingewiesen wurde, kamen alle alten Bilder über die eigenen
Erlebnisse wieder hoch. Heute sehe ich mich in die Lage versetzt, darüber in aller Neutralität
berichten zu können. Vor wenigen Monaten oder gar Jahren wäre das nicht möglich gewesen, da
ich mich aufgrund des Missbrauchs in meiner eigenen Familie, dieses über mehrere Jahrzehnte
hinweg, nicht in der Lage sah, dies zu erzählen. Über den Missbrauch in der eigenen Familie,
über einen so langen Zeitraum hinweg, habe ich ein Buch geschrieben, dass durch einen
christlichen Verlag veröffentlicht wurde. Der Titel dieses Buches lautet:
Der Weg eines Erzdruiden und gewinnt eine immer größere interessierte Leserschaft. Wie es
bereits in der Reportage zur Sprache kam ist, so glaube ich, nun die Zeit angebrochen, dass
manche Vergehen seitens sogenannter Erziehungsberechtigten den Kindern und Jugendlichen
gegenüber in den 60er- 70er- bis in die 80er Jahre hinein, nun endlich ans Tageslicht kommen.
Dass diese Vergehen nicht mehr rückgängig gemacht werden können und absolut
unentschuldbar sind, steht außer Zweifel. Was aber wichtiger denn je ist, besonders für die
nachfolgenden Generationen in einer neuen Ära der Menschheitsgeschichte, dass viel mehr
Menschen von derlei Vergehen erfahren müssen, um hierdurch gewappnet zu sein, gegen eine
Wiederholung gleichwertiger Vergehen. Und je mehr Menschen sensibilisiert werden, bezüglich
einer Misshandlung oder einer Vergewaltigung von Kindern und / oder Jugendlichen, umso
größer die Möglichkeit, präventiv gegen derlei Unmöglichkeiten vorgehen zu können.
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Carola aus Dresden schrieb am 21.12.2022
Ich war 1970 im Kinderkurheim (den Namen weiß ich nicht mehr) in Ruhla bei Eisenach. Die Diagnose lautete, ich wäre zu dünn. Ich habe Fleisch oft verschmäht und das hat meine Mutter geärgert. So ging ich zur "Fresskur", um zuzunehmen. Da ich psychisch ohnehin labil war, habe ich schon zu Hause manchmal ins Bett gemacht. So einmal auch im Heim, da man nachts nicht auf die Toilette durfte. Ich musste dann den darauf folgenden ganzen Tag im Waschraum auf dem Fliesenboden in einer Schüssel mein Laken mit der Hand "auswaschen" und durfte nicht an dem Gruppenausflug auf die Wartburg in Eisenach teilnehmen. Erst als alle zurückkamen am Nachmittag, durfte ich mit dem "Waschen" aufhören. Das waren ca. 6-7 Stunden.
Außerdem bestand Essenszwang. Ich kann mich noch gut an die irgendwie nach Medizin riechende Marmelade zum Frühstück erinnern, die aus einem Pappeimer auf den Tisch kam.
Ansonsten habe ich die restliche Zeit wahrscheinlich gut "verdrängt", denn ich kann mich an weitere Einzelheiten überhaupt nicht erinnern. Ich kann auch nicht mehr sagen, wie lange ich dort war.
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Bettina Krauß aus Wiesbaden schrieb am 18.12.2022
Ich war im Winter 1972 mit 10 Jahren in Bayrisch Gmain zu einer Kur für sechs Wochen. Ich war schon immer dünn, obwohl ich viel gegessen habe. Heute weiß ich, dass ich der "leptosome Typ" bin d.h. ich nehme nicht zu. Meine Eltern meinten es gut, aber es war als Kinder Horror. Da ich das dünnste Kind war, durfte ich immer das, was übrig blieb, leer essen. Ich musste so lange sitzen bleiben, bis ich definitiv nicht mehr konnte. Seit dem kann ich keinen Kaiserschmarrn mehr essen, da dieser mich immer zum Brechen brachte. Gebadet wurden wir einmal pro Woche und durften uns sonst nur am Becken waschen, wo es kalt und auch nicht gerade sauber war - ich bin schon immer Nierenkrank und Kälte war für mich gar nicht gut. Da ich mit 10 Jahren die Älteste im Zimmer war, wurde ich immer mit bestraft, wenn andere etwas angestellt hatten, obwohl ich nichts dafür konnte oder gar nicht dabei war. Die Briefe, die ich nach Hause geschrieben hatte, wurden eingesammelt und nicht verschickt. Meist hatte ich geweint und wollte weg. Wenn meine Eltern mir ein Päckchen geschickt hatten, wurde dies geöffnet und die darin enthaltenen Dinge verteilt oder mir gar nicht gegeben. Ich hatte nie die Möglichkeit, meinen Eltern mitzuteilen, was dort passiert. Es war wie im Gefängnis und ich dachte, ich müsste für immer bleiben. Bis heute darf ich nicht das Gefühl haben eingeengt zu sein oder irgendwo nicht raus zu können. Dann bekomme ich Panikattacken. Als ich dann endlich nach Hause kam, waren meine Eltern sehr entsetzt, was passiert war und sie haben mich nie mehr weggeschickt. Es war eine prägende und wirklich schlimme Zeit. Meine Eltern meinten es nur gut mit mir.
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Alfred aus Isny schrieb am 12.12.2022
Ich war im Oktober 1972 für mindestens 6 Wochen auf Sylt. Kam ganz aus dem Süden, entsprechend mein Heimweh ?
Viele Erinnerungen hab ich leider nicht mehr.
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Erik aus Mülheim an der Ruhr schrieb am 08.12.2022
Vor einigen Jahren habe ich die Bilder und Briefe von meiner „Kur“ in St. Peter Ording auf dem Dachboden meiner verstorbenen Eltern entdeckt. Dies habe ich zum Anlass genommen, um zu hinterfragen, warum ich damals in Kur geschickt wurde und warum man mir nicht geglaubt hat als ich nach meiner Rückkehr von den traumatisierenden Erlebnissen erzählt habe?
Die Antwort meiner Mutter war für mich sehr erschütternd, Sie meinte nur zur ersten Frage, „Das war damals IN!“ Mehr hat meine Mutter dazu nicht gesagt.
Das schlimmste allerdings war, dass mir jahrzehntelang eingeredet wurde, ich hätte das nur geträumt oder erfunden.
Meine damalige Erzieherin, ich war ja zu dem Zeitpunkt noch im Kindergarten, hat mir mal erzählt, dass Sie sehr erschrocken war als Sie mich nach der Kur wieder gesehen hat.
War ich vorher ein fröhliches, aufgewecktes Kind, so war ich danach still und verschlossen.
Auch das „Einnässen“, welches vor der „Kur“ aufgehört hatte, war nun wieder da!
Kurz vor Ihrem Tod hat meine Mutter sich bei mir entschuldigt!

Nun zur „Kur“:
Im Alter von 6 Jahren wurde ich im April 1978 für 6 Wochen in ein Kinderheim in St. Peter Ording in „Kur“ geschickt….
Wir waren zu 8 Jungs auf einem Zimmer, alle in meinem Alter.

- Essenszwang
Es gab jeden Tag entweder Milchreis oder Grießbrei und dieser mußte aufgegessen werden, selbst wenn man sich zwischendurch erbrechen mußte. Das hat dazu geführt hat, dass ich bis zum heutigen Tage weder Milchreis noch Grießbrei essen kann. Meine Frau und meine Kinder lieben beides und ich könnte weglaufen, wenn ich das nur rieche.

-Verbot auf die Toilette zu gehen
Wenn man nachts aufs Klo musste, dann hatte man ein Problem. Es war „STRENGSTENS VERBOTEN“ des Nachts aufs Klo zu gehen. Es gab eine Nachtwache und sollte man erwischt werden, so mußte man die ganze Nacht bei Ihr auf dem Zimmer bleiben und es gab den ganzen nächsten Tag nichts zu essen und durfte auch nicht mit den anderen Kindern spielen. Übrigens auch nicht allein. Es gab einen Stuhl, auf dem man den ganzen Tag sitzen und aus dem Fenster auf den Spielplatz schauen mußte.
Die Alternative war ins Bett zu machen, und das war noch schlimmer. Es gab dann auch nichts zu essen und außerdem mußte man das eigene Bett machen, das Zimmer komplett durchwischen und durfte auch nicht mit den anderen Kindern spielen.

- Schlafzwang
jeden Mittag ca.2 Stunden Mittagschlaf, ob man wollte oder nicht. Außer man ist in der Nacht zuvor erwischt worden auf dem Klo oder dem weg dorthin, dann saß man ja am Fenster. Ansonsten lag Ich oft einfach regungslos da, weil ich Angst vor Bestrafung hatte.
Ich habe viel geweint und unsägliches Heimweh gehabt.
Es wurde vorgeschrieben welche Sachen man anzuziehen hatte, einmal habe ich mich erdreistet und eine andere Jacke aus meinem Kleiderschrank angezogen…. Das Resultat war wieder der Stuhl am Fenster.

- Post wurde geöffnet o.ä.
Meine Freunde und auch meine Familie haben mir diverse Briefe und Pakete geschickt. Leider ist nur ein Brief angekommen und von den Paketen habe ich erst nach meiner Rückkehr erfahren.

- Koffer
Mein Koffer wurde von den Schwestern gepackt und leider wurde die Hälfte der Sachen nicht eingepackt. Das viel auch erst zuhause auf und mir wurde auch hier nicht geglaubt das ich den Koffer nicht gepackt habe…
Es fällt mir nicht leicht das hier alles schreiben, da ich vor lauter Tränen nichts mehr sehe.
Ich würde das ganze gerne vergessen, bin aber auch dankbar dafür, dass ich hier meine Geschichte erzählen kann, da ich ja Jahrelang geglaubt habe, ich hätte das tatsächlich nur geträumt.
Aber die Geschichten der anderen hier sagen mir, das ist wirklich alles so passiert!
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Eric aus Dresden schrieb am 07.12.2022
Ich war mit 5 Jahren in Mönchwinkel. Meine Eltern meinten es gut. Da ich sehr schlecht gegessen habe, sollte ich dort ein bisschen zunehmen. In der Einrichtung habe ich vom ersten Tag an häufig beobachtet wie andere Kinder welche nicht aufessen konnten dennoch dazu gezwungen worden sind und unter Tränen sich das Essen reingezwungen haben. Ich selber hatte so eine Angst, dass ich von selber immer alles aufgegessen hatte. Das waren aber nicht meine negativsten Erlebnisse.

Im Schlafraum hatte ich einen Bettnachbarn, der mir immer die Postkarten weggenommen hat (Nachts, heimlich) welche mir meine Eltern gesendet hatten. Ich konnte noch nicht lesen deshalb waren auf den Postkarten Modelleisenbahnen zu sehen ( hatte eine Eisenbahnplatte) die er offensichtlich auch interessant fand. Als ich die Karten verteidigte Leuchtete mir die Nachtwache mit einer Taschenlampe ins Gesicht und ich durfte die ganze Nacht wach in der Ecke stehen. Am nächsten Morgen musste ich dann mit wandern oder ich sollte mich am aufräumen beteiligen. Ich durfte nicht auf Toilette und sollte mich sofort mit auf den Weg machen. Ich hab dann natürlich alles in der Hose gehabt. Es war so peinlich. Das ist meine Erinnerung, wenn ich an dort denke. Ich war 5 Wochen dort. Habe erst viele Jahre später mit meinen Eltern darüber gesprochen.
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Astrid aus Heide schrieb am 07.12.2022
Ich war ca. 4 oder 5 Jahre alt und kann mich trotzdem sehr gut daran erinnern. Ich war Kind eines Postbeamten und war zu dünn und immer viel krank. Also ab nach SPO. Die Zugfahrt ins Grauen begann. Mein Koffer wurde geöffnet und meine Süßigkeiten wurden mir sofort weggenommen, laut der Tante für die Kinder die nichts hatten. Untergebracht wurden wir in großen Räumen wo gefühlt 30 Betten standen. Ich erinnere mich an diese Wannen aus Zink in den Duschräumen und an kalte harte Wasserstrahlen, damit wir abhärten. Wenn ein Kind in sein Bett gemacht hatte, wurde es vor allen bloß gestellt. Heimweh durfte man auch nicht haben, ich hatte es und musste als Strafe ins Bett. Mir wurde Prügel angedroht, wenn ich weiter weine. Spaziergänge waren am Deich. Ich mochte es nicht. Woran ich mich auch erinnere war das Essen am Abend. Es ging ein Würfel rum und jeder der eine 6 würfelte, bekam ein Schwarzbrot mit Schmalz. Ich hatte nie das Glück. Dann wurde ich krank und bekam Ausschlag. Wurde sofort ins Bett geschickt und durfte keinen Kontakt zu den anderen haben. Ein Erzieher der Jungs, die oben im Haus untergebracht waren, kam heimlich zu mir um mich zu trösten, der erste, der sehr nett war. Zum Glück musste ich die Kur wegen dem Ausschlag abbrechen und meine Eltern sollten mich abholen. Ich bekam mit, wie zwei Tanten panisch wurden und eine losgeschickt wurde, etwas für mich zu kaufen. Tatsächlich bekam ich einen kleinen Leuchtturm und noch etwas. Sie baten mich nichts zu erzählen, sonst bekäme ich kein Geschenk. Ich war so froh, wie meine Eltern da waren und endlich nach Hause kam. Ich war einfach zu jung, es glaubte mir keiner. Jetzt im Nachhinein fällt mir noch einiges ein, aber das haben andere auch schon geschrieben.
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Christine aus Nähe Würzburg schrieb am 02.12.2022
Hallo

dies ist mein 2. Versuch, der 1 erste hat nicht geklappt

ich war im März 1982 über meinem 6. Geburtstag im Haus Hamburg in Bad Sassendorf und habe nur sehr wenig bis gar keine Erinnerungen

Ich kann mich dunkel an die Zugfahrt von Würzburg nach Bad Sassendorf erinnern
wir waren ein Abteil mit Kindern (6-8 ?) und eine Aufpasserin
Ich sollte zunehmen auf der Kur (bis heute habe ich mit Übergewicht zu kämpfen)
am ersten Abend wurden wir in die Bottiche mit Salzwasser gesteckt, und ich hatte ein Pflaster auf der Wange, dies wurder runtergerupft und wurde ins Salzwasser getaucht.
ich kann mich noch an bestimmte Telefonzeiten erinnern, einmal ist meine mutter erst danach durchgekommen und ich wurde vom Abendessen? geholt und durfte mit Ihr telefonieren das ist das einzige Telefonat an das ich mich erinnern kann

ich kann mich daran erinnern wie ich im Speisesaal mein Geburtstagspäckchen ausgepackt habe, was darin war habe ich vergessen.
Ich kann sehr viele Sachen bis heute nicht essen, ekel mich davor
Auch kann ich keine Tabletten schlucken.
Jeden Tag mussten wir MIttagsschlaf halten
Ich kann mich noch an die Zimmer erinnern und weiß noch das ich am Fenster geschlafen habe.
Es waren lange Gänge und jedes Kind hatte einen Schrank.
Unterwäsche gewechselt wurde 1 x die woche, als ich dies meiner Mutter erzählt habe, glaubte sie mir nicht.
Laut meine mutter hätte es mir so gut gefallen das ich jedes Jahr auf kur wollt (kann ich mir nicht vorstellen)
Da sowohl meine Mutter und auch meine Tante in den50er bzw 60ern mehrfach auf Kur waren, und es angeblich schön war, glauben Sie mir beide nicht., bzw heißt es war halt damals so.
Viellecht finde ich auf diesen Wege jemanden der zur selben Zeit da war,
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Cordula Neidhardt aus Salzgitter schrieb am 29.11.2022
Ich bin erschüttert von Euren Erlebnissen, finde keine Worte. Ich war 3x im selben Kurheim, im Grunde war es bei mir eher umgekehrt, nachdem ich mich vom Heimweh erholt hatte, wollte ich lieber dort bleiben, als wieder nach Haus. Zu Haus war es schrecklich. Aber dort...die Erziehrinnen waren immer sehr nett und die Nachtwachen auch. Man durfte auch zur Toilette gehen. Einmal machte ich ins Bett, ich sagte es der Nachtwache und sie meinte nur, es sei doch nicht schlimm und wechselte meine Bettwäsche. Zwangsessen gab es auch nicht, die Kinder, die als unterernährt galten, bekamen 2x Nachtisch, wenn sie den aber nicht schafften, bekam ich ihn. Mir taten allerdings die Übergewichtigen Kids sehr leid, sie saßen an einem etra Tisch und bekamen viel Salat und Obst, und fettarmes Essen....sah nicht immer sehr lecker aus. Aber wir machten Strandausflüge, es gab einen Wandertag mit Goulaschkanone und einen Tagesausflug ins Hansaland, mit großem Carepaket. Und am Wochenende Disco im Rundbau. Es waren immer sehr schöne Ferien. Inzwischen ist es ein Mutter-Kind-Kurheim und 2014 war ich mit meinen Kids dort um ihnen das alles mal zu zeigen.
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Johannes Hädrich aus 79252 Stegen schrieb am 26.11.2022
Der kürzliche Anblick einer Postkarte des "Goldenen Schlüssels" auf https://verschickungskind.de erstmals nach 55 Jahren löste in mir spontan ein Gemisch äußerst unguter Gefühle aus, die mich ins Jahr 1967 zurückversetzen. Damals musste ich als 9-jähriger und über die Osterfeiertage mehrere Wochen im Kurheim „Goldene Schlüssel“ verbringen. Zwei Wochen davon lag ich mit Mumps auf der Krankenstation.
Wir waren Mädchen und Jungen im Alter von 6 bis 10 Jahren. Ich erinnere mich, dass es zum Frühstück häufig mit Grieß angedickte Milchsuppe gab, von der ich vor lauter Hunger bis zu vier große Teller gegessen habe. Am Tisch hatte Disziplin zu herrschen, der Tischälteste war dafür jeweils verantwortlich. Insgesamt war das Essen mäßig. Es wurde uns ganz offen mitgeteilt, das Heim müsse eben günstig Sonderangebote einkaufen, um Geld zu sparen.
Während der Ruhezeiten am Nachmittag waren das Sprechen und zur-Toilette-gehen ebenso verboten wie nach dem Lichtausschalten am Abend. Wir fürchteten die Nachtwache, meist eine unempathisch wirkende Ordensschwester (alle mit „Tante“ anzusprechen), die im Flur hinter einem Tisch saß und aufpasste.
Welche Freude, als ein Osterpäckchen von meinen Eltern eintraf! Das nahm man mir gleich weg und deponierte es auf einem Kleiderschrank im Schlafraum. So, dass ich es jeden Tag sehen, es aber nicht ohne weiteres erreichen konnte. Eines Nachts gegen 23:00 Uhr, ich glaube am Karfreitag, kletterte ich schließlich auf einen Stuhl, um das Päckchen herunterzuholen und wenigstens einmal hineinzusehen. Dabei wurde ich von der Nachtschwester erwischt und musste zur Strafe 1 Stunde lang barfuß mit dem Gesicht zur Wand frierend auf dem kalten Fliesenboden im Flur stehen. Der Inhalt meines Osterpäckchens wurde verteilt, ich glaube, ich erhielt zur Strafe gar nichts davon.
Die Meerwasser-Inhalationsanlage befand sich im düsteren Keller, wo wir uns während der Prozedur selbst überlassen blieben. Wattspaziergänge waren eine Abwechslung, doch auf dem Weg am Strand entlang ließ uns unsere Aufsichtsperson jeweils lange Zeit warten, während sie eine am Strand wohnende Bekannte aufsuchte, um mit ihr ausgiebig Kaffee zu trinken.
Briefe nach Hause wurden zensiert bzw. diktiert. Die ganze Atmosphäre war von Befehl und Gehorsam geprägt, und schien auch Erziehungsmethoden der Nazis abzubilden. Noch heute spüre ich dieses Gefühl vollkommenen Ausgeliefertseins nach, mit dem traumatischen Empfinden des Abgetrenntseins von der vertrauten Familie. Im Alter von 9 Jahren waren 6 Wochen ein schier nicht überschaubarer Zeitraum. Die Eltern weit entfernt im Schwarzwald, die auch noch glaubten, ihrem sensiblen Kind etwas Gutes zu tun. Es war die pure Erlösung, als ich erfuhr, dass in wenigen Tagen mein Vater kommen würde, um mich nach Hause zu holen. Ich habe die Stunden gezählt, bis es endlich soweit war.
Meinem Erzählen wollten meine Eltern allerdings gar nicht recht zuhören und sie schenkten mir auch keinen Glauben, so dass ich schwieg. Mein Vertrauen in meine Eltern hat damals enormen Schaden genommen.
Ängste vor Fehlverhalten oder Versagen habe ich aus St. Peter-Ording mitgenommen, diffus begleiten sie mich noch heute. Anstatt zu heilen, wurde im "Goldene Schlüssel" das Gegenteil erreicht. Gesundheitliche Beschwerden, die zur Verschreibung des Nordsee-Aufenthalts durch meine Kinderärztin führten (asthmoide Bronchitis), manifestierten sich wenige Jahre später auf andere Weise, aber ungleich massiver erneut.
Auch angesichts der Berichte anderer Betroffener, von denen ich gerade erst erfahren habe, empfinde ich die Eigenwerbung auf der Webseite der heutigen DRK-Nordsee-Reha-Klinik “Goldene Schlüssel” als Täuschung, wenn dort gesagt wird: “In der über 100-jährigen Geschichte des Hauses liegt unser Erfahrungsschatz in der ganzheitlichen Medizin begründet. 1913 errichtete ein visionäres Arztehepaar das damalige “Ärztliche Erholungshaus für Erwachsene und Kinder” ... Seit jeher verbinden sich medizinische Therapien und Naturheilverfahren zum größtmöglichen Nutzen für unsere Patient*innen. …” Zumindest in meinem Fall kann ich nicht von Nutzen, sondern nur von einem enormen Schaden sprechen, der dort angerichtet wurde.
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Franziska aus Berlin schrieb am 26.11.2022
Danke für die Aufklärung. Ich war im Alter von 8 Jahren zur Wendezeit in Meura. Ich sollte zunehmen. Wir wurden zum Essen gezwungen und durften nachts nicht auf die Toilette. Nachts sah ich auch wie der kleinste Junge aller Kinder geschlagen wurde, weil er geweint hatte, vermutlich aus Heimweh. Unsere Post wurde kontrolliert, aber trotzdem konnte ich meinen Eltern einmal schreiben, dass wir nachts nicht auf Toilette dürfen und dass ich abgeholt werden möchte. Meine Eltern riefen dann im Heim an und ich wurde von einer Erzieherin aus dem Essenssaal beim Abendessen zum Telefon wegzitiert. Vor allen anderen mit den Worten: Du hast Deinen Eltern geschrieben, dass Du nicht auf Toilette darfst? Das stimmt doch nicht! Als ich meine Mutter am Telefon hatte, konnte ich nicht frei sprechen, weil die Erzieherin direkt neben mir Wache hielt. Einmal wurde ich nachts auf der Toilette erwischt, die Tür wurde mit den Worten aha aufgerissen. Dann sollte ich unter Beobachtung pinkeln. Ging natürlich nicht und ich musste unverrichteter Dinge ins Bett zurück. Wochenlang wartete ich vergebens auf meine Eltern, im Bett abends zählte ich im Geiste alle mir Nahestehenden auf und sagte ihnen Gute Nacht. Ich fühlte mich im Stich gelassen, ausgeliefert und verraten. Meine Eltern machen sich heute Vorwürfe, weil sie dachten, ich übertreibe und alles sei schon gut. Ich leide noch heute darunter.
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Kirsten aus München schrieb am 18.11.2022
Ich war zwei Mal in einem Kinderheim. Wir Geschwister haben es dann später immer "Kinderknast" genannt.
Das erste Mal mit ca. 4 Jahren mit meinen 3 älteren Geschwistern in Neustift/Passau.

Ich erinnere mich, dass wir da alle nicht hin wollten und man uns sagte, wir blieben in jedem Fall zusammen. Das war eine Lüge. Meine 2 ältesten Geschwister kamen in eine andere Abteilung, die war hinter einer immer verschlossenen Milchglas-Türe (mit einem Briefschlitz, durch den wir uns ganz selten unterhielten) und meine eine Jahr ältere Schwester und ich haben sie während unseres gesamten, vierwöchigen Aufenthaltes nicht gesehen. Das war schon mal ein schrecklicher Start.
Weiter erinnere ich einen Schlafsaal, mit Glastüren, so dass man immer von außen reinsehen konnte. Und es gab eine Art langen Balkon mit einer ausfahrbaren Sonnenjalousie, wo wir manchmal draußen unseren Mittagsschlaf machen mussten. Ich konnte nie schlafen und es war einen Tortur für mich, bis diese 2 Stunden herum waren, man durfte sich ja nicht bewegen.
Ich erinnere mich, dass wir ein Paket mit GUmmibärchen und anderen Süßigkeiten von unseren Eltern geschickt bekommen hatten und es wurde uns weg genommen und wir bekamen abends EIN Gummibärchen, dass ich ganz langsam lutschte, damit ich möglichst lang etwas davon hatte.
Die Nonnen waren grob und gemein, sie schimpften uns für die kleinsten Versehen.
Was andere schrieben von Schlägen erinnere ich nicht, aber vielleicht ist es auch verdrängt. Es war so schrecklich für mich, von meinen Eltern, besonders von meiner Mutter getrennt zu sein und auch von meinen großen Geschwistern. Ich fühlte mich sehr verlassen. Es waren Gitterbettchen, erinnere ich mich, da konnte man alleine nicht raus. Ich habe vieles vergessen, aber ich erinnere mich noch genau, dass ich am letzten ABend, wo ich wusste, morgen geht es nach Hause, das ganze ABendessen über den Tisch erbrochen habe. Ich erinnere mich nicht, ob ich es aufessen musste, wie andere Betroffene hier schreiben. Aber wie geschrieben, vielleicht habe ich auch alles vergessen bzw. verdrängt.

Mein 2.Aufenthalt in einem Kinderheim war in der 3. Klasse, es ging nach Mittelberg / Oy ins Allgäu, ich war also ca. 8 Jahre alt. ich fuhr nur mit meiner ein Jahr älteren Schwester. Die großen Geschwister und mein kleiner Bruder (5) mussten nicht mit, ich fand es schrecklich und war froh, dass es nur 2 oder 3 Wochen sein sollten, also kürzer als beim letzten Mal. Ich wollte da auf keinen Fall hin aber meine Eltern überredeten mich, dass es ganz anders sein würde wie in Passau.
Meine Schwester wurde von mir getrennt, zumindest schliefen wir nicht in einem Zimmer, soweit ich mich erinnere. Ich fühlte mich sehr allein. Es gab keine Vertrauensperson, die Nonnen waren kaltherzig und hart.
Ich erinnere mich, dass wir 4er Zimmer hatten und ich in der Nacht immer mich selbst in den Schlaf gewiegt habe und leise dazu gesungen habe. Das hat meine Mitbewohnerinnen genervt, ich war immer in dem Dilemma, es so leise zu machen dass es sie nicht störte und andererseits, dass es mich in den Schlaf brachte. Dieses In den Schlaf wiegen habe ich mit meinem ersten langjährigen Freund, den ich erst mit 33 Jahren hatte, nicht mehr gebraucht. Ich war lange Single mit kurzen Affairen bevor ich meinen heutigen Mann kennengelernt habe. Ich bin leider kinderlos geblieben - ich habe nie verhütet aber wurde nie schwanger. Als ich in einer festen Beziehung war, habe ich aufgehört mit diesem Einschlaf-Ritual.
In Mittelberg Oy gingen wir viel wandern, ich erinnere mich dass es mal auf dem Weg ein (für mich) fürchterliches Gewitter gab und die Nonnen sinngemäß sagten, man solle sich nicht so anstellen. Man wurde jede Woche öffentlich gewogen und gemessen, alle hörten die Zahlen und da ich übergewichtig war, habe ich mich immer geschämt, wenn sie mein Gewicht laut gesagt haben und irgendetwas in der Art, ich hätte immer noch zu viel Gewicht (ich haben heute noch ein riesen Thema mit meinem Gewicht!). Ich hatte eine Freundin dort gefunden, sie hiess Kathleen und kam aus Neuss. Sie war meine Rettung weil ich so froh war, nicht mehr allein zu sein. Ich habe sie leider nach ein paar Briefwechseln aus den Augen verloren. Ich hatte durch meinen vorherigen Aufenthalt in Passau Neustift schon "Erfahrung" und wusste, was auf mich zu kam. Ich verhielt mich dementsprechend und kann mich nicht an Bestrafungen bei mir erinnern. Aber vielleicht ist das auch alles verschüttet und verdrängt. Es gibt eine Postkarte von meinem Vater ins Heim, in dem er mir schrieb, was sie alles zuhause in meiner Abwesenheit gemacht haben: ich bekam z.B. den neu lackierten Schreibtisch von meinem großen Bruder. Heute liest es sich so, als ob meine Eltern ein sehr schlechtes Gewissen hatten, dass sie uns ein 2. Mal ins Kinderheim geschickt hatten. Nach diesem Aufenthalt rang ich meinen Eltern das Versprechen ab, dass ich nie wieder in eine Kinderheim musste. Um Nonnen auf der Straße machte ich immer einen großen Bogen. Und im Allgäu und in Passau war ich bis vor einigen Jahren nie.
Danke, dass Sie diese Seite gestartet haben. Mir fällt sicher noch mehr ein, wenn ich noch mehr darüber nachdenke oder mit meinen Geschwistern spreche.
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Ingrid Neubarth aus Southport schrieb am 17.11.2022
Ich war 1963 als 10Jaehrige im Kinderheim Schwalbennest in Bonndorf im Schwarzwald. Es war nicht mein erstes Kinderheim, aber das erste aus dem ich weggelaufen bin. Es war im Hochsommer, wir bekamen nichts zu trinken und durften nach 19h nicht mehr auf die Toilette. Wurde man erwischt, musste man stundenlang auf dem Holzfussboden im Hausflur knien. Zur Mittagsruhe mussten wir uns ins Bett legen und mit dicken Bettdecken zudecken. Ich wurde einmal beim Sprechen waehrend der Mittagsruhe erwischt und als Strafe von der 'Tante' so eng in die Bettdecke gewickelt, dass ich ohnmaechtig wurde. Das wurde von der Heimleitung auf meinen niedrigen Blutdruck geschoben. Frische Waesche einschl. Unterwaesche gab es 1x pro Woche, 1x pro Woche wurden wir auch mit dem Wasserschlauch eiskalt abgespritzt. Kurz vor Ende meines Aufenthaltes kamen unangemeldet Eltern zu Besuch, sahen die Verhaeltnisse und schrieben an die zustehende Krankenkasse. Die Heimleitung wurde abgeloest. Ich denke oft daran, was diese Behandlung den juengeren veraengstigten Kindern angetan hat, die juengsten waren damals 2 Jahre alt und zu jung, ihre Erlebnisse zu artikulieren.
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Gudrun Kniep aus Grevenbroich schrieb am 15.11.2022
Ich war mit 4/5 Jahren etwa im Kinderheim in Bad Sooden-Allendorf für 6 Wochen aufgrund einer Herzkrankheit. 50 Jahre später kam ich durch Zufall mit meinem Mann nach Bad Sooden-Allendorf und wir speisten in einem schönen Restaurant dort in der Stadt. Anschließend führte uns ein kleiner Spaziergang an wunderschönen alten Fachwerkhäusern vorbei. Plötzlich hatte ich einen sog. Tunnelblick, in meinen Ohren rauschte es und Bilder tauchten vor mir auf und ohne etwas zu sagen rannte ich los. Mein Mann irritiert hinter mir her. Ich rannte und rannte, am Ende der Häuserzeile ging es nach links, gerade aus, dann nach rechts und immer weiter und dann stand ich am Ziel. Ich stand vor dem Kinderkurheim - genau so wie ich es in Erinnerung hatte. Es lag still vor mir und war wohl zu diesem Zeitpunkt ohne Funktion. Danach habe ich von all den Dingen erzählt, die ich auch meiner Mutter nicht erzählt habe, da ich sie nach meiner Rückkehr nicht glücklich machen konnte: sie hatte gehofft ich käme gesund und fröhlich wieder, sie hatte mich durch die Herzkrankheit eingeschränkt aber fröhlich und viel zu dünn einer Zugbegleiterin am Bahnhof Wilhelmshöhe in Kassel übergeben und hoffte auf "dicke Bäckchen", sie bekam ein noch dünneres blasses stilles kleines Mädchen zurück. Ein kleines Mädchen, dass viele Jahre lang glaubte etwas Schlechtes zu sein, ein schwarzer Zigeuner wie sie von einer Diakonissenschwester beschimpft wurde, die die 30er Jahre in Deutschland wohl noch nicht überwunden hatte. Und selbst wenn man als Erwachsener das alles klar analysieren kann, bleibt etwas hängen, denn DU bist schlecht. Von all den Schikanen, die ich durchaus wieder erinnerte, blieb ein wunderbarer Triumph meinerseits. Ich hatte als Kind wenig Hunger, Essen war eine Last, was ich gar nicht mochte waren Brötchen. Eines Tages gab es zum Frühstück Brötchen und Kakao. Kakao mochte ich und es wäre alles gut gegangen, hätte es mehrere Tassen Kakao pro Kind gegeben. Es gab nur eine. Und das Brötchen wollte sich nicht herunterschlucken lassen. Die von dieser Diakonisse betreute Kindergruppe war für einen Ausflug vorgesehen. Also beeilen mit dem Frühstück. 5 Kinder hatten ebenfalls Probleme, das Brötchen "trocken" hinunter zu würgen. Wir mussten in einer Reihe vor der Diakonisse antreten und mussten uns Kommentare anhören wie los kauen, schlucken, ihr seid schuld, wenn wir den Ausflug nicht machen können. Und ein Kind nach dem anderen schaffte das mit dem Runterschlucken. Ich blieb übrig. Ich kaute und kaute, doch das verdammte Brötchen wollte ohne Kakao nicht rutschen, und all das unter den Augen aller Kinder und der Diakonisse mit Lachen und Gejohle. Und dann passierte es. Ich erbrach den gesamten Brötchenbrei mit Kakao direkt auf den Schoß der vor mir auf einem Stuhl sitzenden Diakonisse, mitten zwischen die Beine in eine Kuhle der Kutte. Stille im Saal, nur die größeren Mädchen kicherten, ich denke mal die mochten die Diakonisse auch nicht. Diese raffte ihren schwarzen Rock über dem Erbrochenen zusammen, und griff mich im Nacken und zerrte mich ins Obergeschoss, von evtl. Blicken der anderen fort. Bereits während wir die Treppe erstiegen wurde ich an meinen Zöpfen gezerrt und geschlagen. Oben angekommen musste ich einen Eimer mit Wasser holen und ein Tuch und dann musste ich den Rock säubern unter ständigen Schlägen. Das war der Beginn eines ständigen Martyriums, wann immer irgendwo etwas schief lief, es war "der schwarze Zigeuner"
Einer meiner späteren Lehrer meinte irgendwann einmal in einer Unterrichtsstunde, in meine Richtung ein Kompliment machen zu müssen und bezeichnete mich als "schwarze Rose unter all den blühenden", ich habe mit ihm nie wieder ein Wort gewechselt, wie auch immer er das meinte, er war für mich erledigt. Heute bin ich ein weißer Zigeuner und kann durchaus auch über all das lachen, es ist so lange her und was gibt es für ein schöneres Kompliment als wodurch auch immer aus einer Vielfalt heraus zu leuchten. Könnte man Bilder hier veröffentlichen? Ich hätte zwei Beweisfotos!
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Birgit aus Essen schrieb am 14.11.2022
Im März 1972 bin ich im Alter von 8 Jahren für 6 Wochen in dieses Kurheim gekommen. Spastische Bronchitis und leichtes Untergewicht. 2 Erlebnisse waren für mich besonders schlimm. Wir schliefen in einem Saal mit ca 10 -15 Kindern. So genau erinnere ich mich nicht. Zu Anfang der Kur, hatte ich in den ersten Nächten schwere Hustenanfälle. In der 2. Nacht erschien die Heimleiterin (Sah aus wie Fräulein Krottenmüller) in der Nacht an meinem Bett. Wortlos nahm sie mein Bettzeug und bedeutete mir, mitzukommen. Wir sind dann auf den Riesigen,mit allerlei Gerümpel, nicht ausgebauten Dachboden gestiegen. Dort führte nur eine Stiege hoch. Dann wurde mein Bettzeug auf ein altes Eisenbett gelegt und ich durfte dann alleine auf diesem kalten, dunklen Dachboden verbringen. 3, 4 Nächte. Aber was einen nicht umbringt, macht einen hart. Das nächste Erlebnis war das Essen. Wir mussten solange am Tisch bleiben, bis alles aufgegessen war. Unter anderem abends einmal Butterbrote mit rohem Schinken, der einen üblen Fettrand hatte. Anschließend musste ich mich übergeben. Da habe ich mir geschworen, dass weder ich, noch mein Kind, wenn ich eins bekommen sollte, etwas isst, was es nicht möchte. Das habe ich bei meinem Kind dann auch so gehandhabt. Ohrfeigen gehörten ebenfalls zu erzieherischen Maßnahmen. Kalte Duschräume und Schlafräume. Es gab damals auch nur die Möglichkeit einmal die Woche mit meinen Eltern zu telefonieren. Die mussten dann bei der Heimleiterin in der priv. Wohnung anrufen und Fräulein Krottenmüller wohnte diesen Gesprächen dann bei. Ich habe wohl keinen Schaden davon getragen und habe diese Geschichten dann schon verschiedenen Leuten erzählt. Manch einer konnte es kaum glauben. Meine Eltern waren damals auch schockiert, vor allem, weil sie mir ja eigentlich etwas Gutes tun wollten. Durch den Artikel in der Zeitung, ist mir erst einmal klar geworden, dass ich keine Ausnahme war, sondern viele ähnliche Erlebnisse hatten.
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Ingo aus Ludwigsfelde schrieb am 07.11.2022
Ich war als sechsjähriger im Zeitraum 1974 im Kinderkurheim Sachsengrund in Morgenröthe-Rautenkranz. Später erfuhr ich den Grund meines Kuraufenthaltes, dass ich wohl angeblich zu wenig gegessen hätte. Die Fotos aus meiner Kindheit sehen aber nicht so aus, dass diese Kur notwendig gewesen wäre. Jedenfalls hält die Wirkung der Kur bis heute an, ich muss mich beim Essen eher bremsen.
Die Kurzeit betrug 4 Wochen, Rückreise war 1-2 Tage vor Heiligabend. Ich kann mich noch sehr gut an diesen Tag erinnern.
Gegen Mittag musste unserer Bus eine Werkstatt in Zwickau ansteuern weil irgendwas nicht in Ordnung war. Dort saßen wir dann stundenlang in einer Art Betriebshof-Kantine, bis es dann gegen Einbruch der Dunkelheit endlich weiter ging. Zum späten Abend hin wurde es nebelig, der im Verlauf immer dichter wurde. Zwischenzeitlich hatte der Bus immer wieder die Autobahn verlassen, da einige Kinder an weiteren Sammelpunkten abgesetzt wurden. Leider war ich einer der letzten, die gegen 23:00 Uhr endlich den Bahnhof in Zossen als letzten Sammelpunkt erreichten, wo unsere Eltern schon sehnsüchtig auf uns warteten. Es gab ja kein Telefon, lediglich per Telegramm wurden unsere Eltern über die Verzögerung informiert.
Für meine Eltern war es der Horror, da sie nun auch noch Mitternacht 20km im dichten Nebel (Sichtweite ca. 2m) mit mir und meiner bis dahin durchgefrorenen 1-jährigen Schwester weiter bis nach Hause mussten.

Nun zum Kurheim.
Bei der Anreise mit dem Robur-Bus hatten wir schon ab Zwickau den ersten Schnee. In Morgenröthe lagen ca. 15cm. Im Kurhaus wurden wir in Schlafsälen untergebracht. Da standen 10 Betten, 5 an der Fensterseite, 5 an der Wand gegenüber. Anders als in Ferienlagern mit Doppelstockbetten, waren das hier ganz normale Betten. Meines stand hinten links unter einem Fenster mit Blick auf den Markersbach, der fast vollständig mit Schnee bedeckt war. Dahinter standen große verschneite Fichten oder Tannen. Den Anblick konnte ich aber nicht genießen, da ich heftig von Heimweh geplagt wurde. Mein kleiner Löwe (ca. 8cm groß aus Kunstleder mit Fellmähne) hatte schwer zu tun, meine Sorgen in sich aufzunehmen. Bis auf einen anderen Jungen aus meinem Wohnort kannte ich sonst niemanden in meiner Gruppe.
Der Tagesablauf war geprägt von morgendlichem Massieren der Arme, Beine und Gelenke unter Anleitung mit einer gelben Plastikbürste, Wassertreten, Schulunterricht und Schlitten fahren. Die Bürste und andere persönlichen Sachen hatten wir mit Pflasterband beklebt und unseren Namen darauf geschrieben. Das Essen scheint in Ordnung gewesen zu sein, jedenfalls war ich nie der mäkelige Typ. An mehr kann ich mich nach über 40 Jahren nicht mehr erinnern. Beim Essen und Unterricht saßen wir jeweils an 4-er Tischen.
Das an uns Handlungen vorgenommen wurden, die heutzutage einer Aufklärung bedurften, kann ich mich nicht mehr erinnern.
2008 hatte ich das Kurheim noch einmal aufgesucht. Ich war zu der Zeit in der Nähe im Winterurlaub. Glücklicherweise traf ich vor Ort auf den Gebäude-Verwalter, den ich von meiner Erinnerung an die Zeit erzählte. Freundlicherweise nahm er sich die Zeit, mich noch einmal durch das Gebäude zu führen. Ich hatte dabei auch einige Fotos gemacht, es hat sich in den ganzen Jahren nicht viel verändert. Alles wirkte nur viel kleiner als aus der damaligen Blickposition eines 6-jährigen. Lediglich die Betten in den Schlafräumen fehlten und in einigen Räumen wurde was an der Aufteilung verändert. Wie diese früher aussahen, weis ich heute nicht mehr.
Es fühlte sich aber fast wieder so an wie damals, draußen war die Landschaft tief verschneit. Negative oder traumatisierte Erinnerungen kamen aber nicht hoch.
Im Vergleich zu Erlebnisberichten anderer Leute hatte ich dort offensichtlich eine Menge Glück gehabt.
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Jennifer Thomas aus Wyk auf Föhr schrieb am 06.11.2022
Ich war 1982/83 in Wyk auf der Insel Föhr, 4-5 Jahre alt. Ich hatte Bronchitis uns sollte mich dort 6 Wochen "erholen"! Geschickt wurde ich über die Barmer Ersatzkasse.
Was als Urlaub deklariert war, war leider der blanke Horror.
Misshandlung, Zwang und Demütigungen, bis hin zur versuchten Tötung.

- Essenszwang
- Erbrochenes wurde einem wieder eingelöffelt.

-Verbot auf die Toilette zu gehen, was zwangsläufig dazu führte, dass man ins Bett gemacht hat. Die Demütigungen folgte am nächsten Morgen. Mann musste sich im Waschraum so verschmutzt wie man war vor allen Anderen waschen uns seinen Kot aus Kleidung und Bettwäsche selbst herauswaschen.

-Schlafzwang , jeden Mittag ca.2 Stunden Mittagschlaf ob man wollte oder nicht. Ich lag oft einfach regungslos da, weil ich Angst vor Bestrafung hatte.

-Jeden Tag wurden wir auf Läuse untersucht und extrem grob mit dem Kamm bearbeiten, ich hatte langes Haar und unerträgliche Schmerzen bei der ganzen Prozedur.

Ich habe viel geweint und unsägliches Heimweh gehabt.

Todesangst hatte ich, als ich mit einen Gruppe älterer Kinder im Meer war und ins tiefe Wasser geworfen wurde. Ich konnte nicht schwimmen und sollte es wohl auf diese Art lernen. Die Wellen umspühlten mich wieder und wieder, ich hatte Angst zu ertrinken. Ich weiss noch, dass ich zu mir selbst sagte : " Jetzt ist es vorbei, ich werde sterben!" ,als mich eine Erzieherin doch noch aus dem Wasser zog.

Das schlimmste allerdings war, dass mir jahrzehntelang eingeredet wurde, ich hätte das nur geträumt oder erfunden. Richtig begriffen, dass meine Erinnerungen wahr sind habe ich vor etwa 12 Jahren, als ich im Internet auf einen sehr ähnlichen Erfahrungsbericht einer Frau in einem Urlaubsforum der Insel Föhr stieß.
Ich zitterte am ganzen Leib und weinte hysterisch als mir klar wurde, dass ich alles genau so erlebt hatte.

Meine eigene Familie wollte mit damals nicht glauben und Antworten auf meine Fragen habe ich bis heute nicht erhalten.
Ich wurde auch als Erwachsene mit dem Satz:
"das hat man halt damals so gemacht" abgefertigt.
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Martin S. aus dem Ruhrgebiet schrieb am 01.11.2022
Ich wurde aufgrund des Befundes "Untergewicht/Blutarmut" im Rahmen der Einschulungsuntersuchung für sechs Wochen in das Heim unter der Leitung von Dr. Selter in Brilon-Möhneburg geschickt. Ich kann die Lage meines dortigen Aufenthalts einigermaßen gut eingrenzen, da ich mich vor Ort zu Ostern übergeben habe, außerdem verbrachte ich dort meinen 6. Geburtstag. Es gibt noch Glückwunschkarten, die mir ins Heim geschickt wurden.
Verlässliche Erinnerungen habe ich schon an die Anreise mit einem Sonderzug vom Dortmunder Hbf aus. Ich habe aus Angst wegen der bevorstehenden langen Trennung vom Elternhaus ganz fürchterlich geweint, woraufhin mein Vater, der mich begleitet hatte, von den Kinder-Begleitpersonen im Zug sehr energisch weggeschickt wurde.
Im Heim angekommen mussten sich alle Kinder bis auf die Unterwäsche ausziehen und darauf warten, gebadet zu werden. Auch wurden die Finger- und Zehennägel geschnitten. Ich hatte am Vorabend der Abreise schon zu Hause gebadet und die Nägel waren bereits kurz. Von dem Mann, der für das Baden der Jungen zuständig war, wurde ich aufgefordert, zu klatschen. Dem kam ich nach, wurde dann aber sofort angeschrien: "Du bist wohl blöd! Unter Wasser natürlich!". Da sollte wohl simuliert werden, dass er mich wäscht, obwohl er es gar nicht getan hat.
Es gab große Schlafsäle (zumindest kam es mir damals so vor) für unterschiedliche Altersstufen. Zu jedem Bett gab es nur einen sehr kleinen Schrank oder Regal, was dazu führte, dass ich meinen Koffer nicht vollständig auspacken konnte. Der wurde in einem anderen Raum untergebracht und mir wurde gesagt, dass ich mich an eine Betreuerin wenden soll, wenn ich etwas daraus brauche. Das war dann auch irgendwann der Fall, aber die Bitte nach Aushändigung frischer (Unter-)Wäsche wurde abgelehnt. Es wurde mir nicht geglaubt, dass der Koffer an anderer Stelle lagert (dann wurde ich der Lüge bezichtigt und es gab deswegen Ärger), oder es war nie jemand zuständig oder bereit, sich darum zu kümmern.
An das Essen habe ich noch die Erinnerung, dass alles, was in Schüsseln/auf Tabletts auf die Gruppentische kam, aufgegessen werden musste. Ostersonntag oder Ostermontag 1970 habe ich vier weichgekochte Eier gegessen und musste mich daraufhin übergeben. Das Erbrochene hat sich großflächig auf dem Boden verteilt. Ich hatte nämlich - allerdings vergeblich - versucht, die Toilette zu erreichen. Ich wurde angeschrien, dass ich das extra gemacht hätte, und durfte eine längere Zeit nicht am Tagesprogramm teilnehmen.
Das von den Eltern mitgegebene Taschengeld wurde einbehalten und am Ende des Aufenthalts wurde ein Basar veranstaltet, auf dem man Souvenirs für sich selbst und die Familie kaufen konnte. Ich weiß noch, dass ich nur zwei Artikel haben wollte (eine Kuckucksuhr und einen kleinen grauen Porzellan-Seehund) und mehrfach nachgefragt wurde, ob ich wirklich nicht mehr kaufen will. Letztlich war meine Kaufzurückhaltung dann aber okay.
An den Tagesablauf kann ich mich nur noch vage erinnern. Es gab täglich einen längeren Mittagsschlaf. Einmal gab es einen Ausflug zum Schlitten fahren.

Außer, dass ich es die ganze Zeit schrecklich fand, weil ich keine Freunde vor Ort hatte, einsam war und deswegen schreckliches Heimweh litt, kann ich mich an keine Beschäftigungen, Spiele etc. erinnern. Ich habe viel geweint. Ob ich getröstet wurde, weiß ich nicht.

Zu Beginn einer Mittagsruhe musste ich zur Toilette. Um diese aufzusuchen, war einer der Gruppenräume zu durchqueren. Ein Mädchen meldete am Abend, ihr Lippenpflegestift sei nicht mehr da. Sie (oder ein anderes Kind) habe mich jedoch beim Herumschleichen im Gruppenraum gesehen. Wegen des "angeblich woanders abgestellten Koffers" galt ich bei den Betreuerinnen ja schon als Lügner. Nun aber wurde ich vor vielen anderen Kindern bloßgestellt und musste mich rechtfertigen. Ich war verzweifelt, da ich mit der Situation völlig überfordert war. "Hilflos und allein gelassen" beschreibt nur unzureichend, was ich damals gefühlt habe. Der Lippenpflegestift fand sich übrigens ein paar Tage später unter einem Schrank, wohin er wohl unbeabsichtigt gerollt war. Ich glaube, dass ich seit der "Anklage" von vielen der anderen Kinder gemieden worden war. Seit dem Zeitpunkt fühlte ich mich jedenfalls völlig isoliert.

Als ganz besonders schlimm habe ich empfunden, dass man gezwungen wurde, in der Post nach Hause zu lügen. In regelmäßigen Abständen war man angehalten, einen Brief oder eine Postkarte zu verfassen. Aufgrund meines Alters (5 J.) konnte ich noch nicht selber schreiben, sondern war darauf angewiesen, den "Tanten" zu diktieren. Ich wollte, dass sie schreiben, dass ich es ganz schlimm in Brilon finde und dass ich sofort nach Hause will. Dies wurde schlichtweg verweigert, stattdessen gab es Formulierungsvorschläge, die keine Kritik enthielten. Und man hatte keine andere Chance, als sie zu akzeptieren, da massiv Druck ausgeübt wurde.

An körperliche Züchtigung habe ich keine Erinnerung. Auch nicht daran, dass Erbrochenes wieder aufgegessen werden musste, dass es Essigwasser zu trinken gab oder täglich einen Löffel Honig - wovon in anderen Berichten zu lesen ist.

Es sind vielmehr seelische Grausamkeiten und/oder plötzlich wieder hochkommende Gefühle der Demütigung und Hilflosigkeit, die bei mir noch immer mit dem Ort verknüpft sind. An manchen Tagen reicht dafür ein Blick auf ein Verkehrsschild/einen Wegweiser nach Brilon oder auf eine Landkarte.

Die geschilderten Erinnerungen mögen jeweils für sich genommen gar nicht so schrecklich klingen, der Vorfall beim Baden ist sogar zum Schmunzeln. Dennoch: nach Brilon war ich kein fröhliches, unbeschwertes Kind mehr. Ich fing nachweislich danach an, mich aus dem sozialen Leben zurückzuziehen, wurde kontaktscheu, still und in mich gekehrt. Bei Ungerechtigkeiten habe ich, auch wenn ich im Recht war, kaum noch aufbegehrt, sondern vielmehr schnell resigniert. Eine gute Kindheit und Jugend hatte ich nicht. Ich war immer ein Außenseiter; jemand, der sich nicht wehren konnte und auf dem man (deswegen) gerne herumgehackt hat. Es hat mich einige Jahre Therapie gekostet, das wieder hinzubekommen.

Ausdrücklich weise ich die "Schuld" für die Schwierigkeiten in meinem Leben nicht nur dem Aufenthalt in Brilon zu. Auch mein Elternhaus war sicher nicht hilfreich für eine günstigere Entwicklung. Aber das ist eine andere Geschichte, die nicht hierher gehört.
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P.Becker aus Bonn schrieb am 01.11.2022
Mit 8Jahren entschied ein Arzt HNO mich aufgrund meiner ständigen Infektkrankheiten um mein Immunsystem zu stärken 1984 in eine sogenannte"sechswöchige Kinderkur" zu verschicken.Das Schreckliche war, dass ich zuvor einen jahrelangen manipulativen Scheidungskrieg zwischen meinen Eltern miterlebt hatte und dann so zeitnah noch obendrein "in Kur geschickt wurde".
Ich habe dort schreckliches Heimweh gehabt.
Meine Eltern haben mir jeden Tag einen Brief geschrieben.
In dem Heim (Haus Meerstern) war es grauenhaft Viele Kinder waren traumatisiert kamen aus Kinderheimen auf dem Festland wo sie auch schon die schwarze Pädagogik erfahren mussten und diese dann auf Spiekeroog an den Kindern, die sie aus ihrer Sicht als aus vermeintlich "besser" gestellten Familien sahen, massiv mobbten und sadistisch quälten.
Ich kann mich an eine Betreuerin erinnern die abends immer vorlas aus mitgebrachten Büchern.Das war sehr tröstend.Ich erinnere mich auch an Drill und Zwang in die Inselkirche gehen zu müssen.Zu der damaligen Zeit war es gesellschaftlich so gewünscht.
Leider hielten die Kinder nicht zusammen, das war gewünscht Die "fest angestellten Betreuer des Hauses Meerstern die die Kinderkurmaßnahmen begleiten sollten handelten nicht zum Wohl der Kinder.
Es gab für alle Kinder Küchenarbeit und Strafmaßnahmen waren reinigen der Küche und Klo statt Ausflüge mitmachen zu dürfen, Auch die Prügel auf den Po erinnere ich dass sie anderen geschahen und wie mir die Betreuerin S. (die als Studentin mitgefahren war als "Ferienfreizeitbetreuerin")wie sie mir die damals die Ohren einmal zuhielt als das Kind schrie dabei.
Auch die Briefe die ich an meine Eltern schrieb wurden gegengelesen und mir wurde gesagt dass ich bestimmte Passagen rausnehmen soll.Es wurde gedroht und eingeschüchtert.Es wurde mir einmal auch gesagt von einer verhärmten schrecklichen alten weißhaarigen kleineren stämmigen Betreuerin in weißem Kittel" ob ich auch im Kinderheim landen wolle wie der Peter, dann würde ich meine Eltern sehr traurig machen und sie bekämen dann ein lieberes Kind als mich" das gehorcht und ein dankbarereres.""Ich wisse nicht wie gut ich es habe,"
Ich bin daraufhin aus dem Heim weggelaufen zum Hafen und hab gefragt wann die nächste Fähre nach B. geht.....
Ich hatte Glück im Unglück.
Ein älterer Kapitän? Matrose? von der Fähre nahm mich an die Hand und brachte mich zurück zum Haus Meerstern mit dem Versprechen, dass ich dort gut behandelt würde ab sofort.
Wir hatten eingetrichtert bekommen wenn wir uns mal " verlaufen" sollten sollten wir sagen wir gehören zum Haus "Meerstern".
Als ich wieder im Haus Meerstern war hatte ich Angst vor Bestrafung.Doch die Betreuerin S beschützte mich und sagte mir sie würde hier selbst auch nicht mehr mitfahren sie sei nicht einverstanden mit den "Methoden" so dürfe man mit Kindern nicht umgehen, jedes Kind habe eine schwierige Vergangenheit".Man hätte sie beauftragt sie solle mich ausfragen ob ich weggelaufen sei und dann bestrafen was sie aber nicht tun würde.Sie vertrete eine andere Meinung.Sie und Ich spürten das Unrecht in dem Haus und ich verstand vieles einfach(noch) nicht.
Zum Beispiel dass es auch Erwachsene gibt die mit Freude Kinder missbrauchen und quälen.
Ich hatte eine Strichliste gemacht das war S Idee und ich strich jeden Tag vor Freude weg wenn es näher an die Abreise ging.
Als ich wieder Zuhause war habe ich stundenlang geweint.Ich war ziemlich verstört danach und als derselbe Arzt mich mit 15 noch einmal in Kur schicken wollte wollte ich keinesfalls mehr nach Spiekeroog.
Mit meinem Mann war ich vor zwei Jahren als Tagesgast dort um zu gucken ob mir Erinnerungen kommen weil ich Spiekeroog nie wieder besuchen wollte und es waren dunkle keine schönen Erinnerungen.Das ehemalige "KindererholungsHaus"Meerstern steht noch mit den alten Fenstern dort.Die Wiese hinter dem Haus habe ich betreten und mir kamen die Tränen und wir mussten schnell wieder gehen.So eine schöne Insel und so eine schreckliche Erinnerung an das Haus, das kein "KindererholungsHaus mehr ist und nie wirklich war"
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Elisabeth Dieckmann aus Möhnesee schrieb am 30.10.2022
Ich habe keine guten Erinnerungen an das Heim.Frau Dr. Selters war ein Teufel.Wenn wir nicht essen wollten,was es gab,bekamen wir gekochte Nudeln ohne Sauce und mussten so lange auf dem Stuhl sitzen bleiben, bis wir alles aufgegessen haben.Pakete von zu Hause wurden nicht ausgehändigt.Ich leide noch heute unter dem negativen Erlebnis.Morgens 6 Uhr bürstenmassagen und Molke,das war echt ätzend.
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Michaela aus Wiek schrieb am 29.10.2022
Ich war ein Verschickungskind im Kindergenesungsheim in Oy Mittelberg 1964

Der Beginn

Ich, Michaela und meine Schwester Eva kamen im Herbst 1964 für ca. 8 Wochen in das Kindergenesungsheim Oy Mittelberg im Allgäu. Bei meiner Schwester Eva gibt es nur noch wenig Erinnerung an unseren Aufenthalt; ich erinnere mich sehr gut.

Wir kamen aus München-Perlach. Meine Schwester Eva war 5 Jahre und ich 7,5 Jahre. Ich war ein dünnes Kind und, wie die Lehrer sagten, schlecht in der Schule und langweilig. Meine Schwester war lebhaft und eher „fester“ aber nicht dick. Wir waren gute Esser. Meine Schwester und ich hatten die letzten 1,5 Jahr mit Keuchhusten und Masern zu tun, so dass ein regelmäßiger Schulbesuch oft nicht statt fand.

Am 27. September 1964 kam unsere kleine Schwester Erika zur Welt. Es ging ihr sehr schlecht und meine Eltern mussten sie in München in der Klinik lassen und konnten das Baby erst nach ca. 3 Wochen nach Hause holen. Das müsse dann so zwischen 15. und 20. Oktober 1964 gewesen sein. Meine Schwester Eva und ich bekamen das Baby nicht zu sehen, da wir kurz vor der Klinikentlassung des Babys nach Oy geschickt wurden.

Um unsere Mutter mit dem neuen Baby zu entlasten, gaben die Eltern dem Hausarzt ihr Einverständnis zu unserer „Kur“. Eingewiesen hat uns unser Hausarzt Dr. Kampa in Perlach über das Müttergenesungswerk. Das hat uns unsere Mutter später erzählt.

Die Vorbereitungen

Ein Besuch im Heim durch unsere Eltern war verboten.
Es wurde uns Briefpost zum beschreiben von den Eltern eingepackt. Schon fertig mit der Heimatadresse und einer Briefmarke versehen. Unsere Kleider und Schürzen, die wir tragen sollten, waren alle mit Wäscheetiketten und unseren Namen benäht. Spielzeug oder Kuscheltier durfte nicht mitreisen.

Reise

Die Eltern brachten uns zum Hauptbahnhof München. Von dort ging der Zug mit vielen Kindern ins Allgäu. Mit Zwischenstationen in mehreren Kurorten, wo ebenfalls Kinder ausstiegen, kamen wir in Oy an. Dort wurden wir abgeholt. Wie, weiß ich nicht mehr.

Ankunft

In Oy Mittelberg gab es eine große Kinderkurklinik und ein oder mehrere angeschlossene Kindergenesungsheime.

Schon als ich unser Genesungsheim von außen sah und die vielen Kinder wurde mir Angst und ich hatte Heimweh.

Mädchen und Buben wurden erst mal vor dem Heim auseinandersortiert und wir durften nicht reden. Die Jungs, die mit uns gereist waren, wurden abgezweigt und von einem Lehrer weggebracht. Ich vermute, in ein weiteres Gebäude. Wir haben die Buben dann nur noch vereinzelt bei den ärztlichen Untersuchungen gesehen, bei denen wir auch nicht mehr miteinander sprechen durften.

Personal

Das Heim wurde von katholischen Nonnen geführt. Nachträglich konnte ich recherchieren: Die Schwestern kamen aus dem Kloster Mallersdorf – Mutterhaus der Armen Franziskanerinnen.

Zusammenhängend ist dazu zu sagen: Ich und meine Schwester Eva wurden in Mallersdorf geboren und lebten nun in München Perlach. Meine Lehrer dort und die Frauen im Kindergarten meiner Schwester waren ebenfalls Klosterschwestern. Mir flößten diese Schwestern stets Angst und Entsetzen ein. Meine Schwester ging allerdings gerne in diesen Kindergarten.

Aufteilung

Im Flur im Innenbereich angekommen, wurden meine Schwester Eva und ich „aufgeteilt“. Eva kam in eine andere Gruppe als ich und sollte zu den „Kleinen“. Ich kam in die Gruppe der „Großen“. Lange wurde von den Schwestern diskutiert, ob ich altersgemäß überhaupt in diese Gruppe passen könnte. Man hielt mich für zu jung, entschied sich dann aber doch für die „große“ Gruppe.

Wir mussten uns also sofort trennen. Unser Gepäck wurde von den Schwestern in unsere Schlafräume gebracht. Meine Schwester Eva weinte.

Was später mit meiner Schwester in ihrer Gruppe passierte, konnte ich oft nur durch lautes Weinen erahnen, da wir ständig durch Türen getrennt waren.

Im Zimmer der „Großen“ habe ich bemerkt, dass es anscheinend im Heim mehrere größere Mädchen gab, die ständig dort lebten.

Tagesablauf

Frühes aufstehen, ein paar mal wöchentlich frühmorgens ein langer Marsch in eine Bergkirche in dem dann ein Frühgottesdienst abgehalten wurde. Waschen. Frühstück. Briefe schreiben. Spielen. Mittagessen. Mittagsruhe. Spielen. Abendessen. Waschen. Schlafengehen. Die „größeren“ Mädchen, die ständig dort wohnten, gingen vormittags zur Schule. Ich kann mich an keine Ausflüge erinnern. Einmal waren wir nachmittags zum Schlitten fahren.

Das Essen

Das Essen fand an langen Tischen statt. Für jede Gruppe in deren Aufenthaltsraum. Jedes Kind hatte einen festen Platz mit einer Schublade unter der Tischplatte. Dort hinein kamen die vorgefertigten, mitgebrachten Briefkarten.

Es gab sehr fettes Fleisch, das ich als Kind nicht essen konnte. Mir graute einfach davor und ich würgte es ständig heraus. Ich musste es aber aufessen. Ich musste solange vor dem Teller sitzen, bis ich aufgegessen hatte. Es ging noch weiteren Kindern so.

Ich konnte das nicht essen und habe erbrochen. Um diese Tortur nicht weiter mitmachen zu müssen, habe ich das restliche Essen mit dem Fett in die Schublade unter mir geschüttet. Um das Briefpapier zu schützen habe ich mit Brot eine Barriere gebaut.

Als der Kuraufenthalt endete, war die Schublade voll, das Briefpapier leer und alles schimmelig. Aber dieses Essen brauchte ich wenigstens nicht mehr essen.

Meine Schwester Eva hatte solchen Hunger, dass sie einmal den Essenslift im Vorraum abwartete und anfing, die Suppen für das Mittagessen schon aus dem Lift zu löffeln. Sie war 5. Dann hörte ich nur noch Geschrei und es wurde nach mir gerufen. Ich sollte kommen und mir das Balg ansehen, das so sträflich gehandelt hatte. Meine Schwester wurde vor allen anderen Kindern verprügelt bis sie sich einnässte. Ich musste mit meiner weinenden Schwester dann zur Strafe mit ihr in die Schlafräume und sie umziehen. Wir durften erst zum Abendessen wieder in die Aufenthaltsräume. Wir mussten uns gegenseitig trösten. Niemand durfte dort an diesem Abend mehr mit uns sprechen.

Wir bekamen zu den jeweiligen Essen mehrere Tabletten auf den Tellerrand gelegt. Was das für Tabletten waren, kann ich natürlich nicht mehr sagen.

Manchmal kullerten die Tabletten in die Suppe und haben das Essen verbittert. Wir mussten trotzdem Essen. Es ist mir ein Mädchen in Erinnerung, das nicht die Suppe essen wollte und der die Suppe von einer Schwester regelrecht gewaltsam mit dem Löffel verabreicht wurde.

Einmal gab es einen Apfel zur Nachspeise. Mein Apfel war wurmig und auf einer Seite faulig. Aber ich musste abbeißen. Als die Schwester nicht mehr guckte, steckte ich den Apfel in meine Schürzentasche. Beim nächsten Toilettengang dachte ich mir aus, könnte ich den Apfel in der Toilette entsorgen. Das tat ich auch. Ich wusste nicht, dass Äpfel im Wasser schwimmen. Eine Klosterschwester riss die Toilettentür auf, guckte ins Klo, sah den Apfel. Ich musste ihn herausholen und sollte den Apfel vor allen Kindern essen. Ich versuchte es und musste wieder erbrechen. Die Strafe war, ich sollte den Apfel im Laufe des Tages essen, mein Erbrochenes aufwischen und die Strafe der „großen“ Mädchen abwarten. Das tat ich.

Ich steckte den Apfel wieder in die Schürzentasche. Dort gammelte er und wuchs sozusagen durch den Stoff durch bis wir wieder nach Hause kamen.

Ich kann mich nicht an gute und entspannte Essen dort erinnern.

Körperhygiene

Wir mussten 1 x in der Woche duschen. Dazu wurden wir alle in einen großen Raum im Keller gebracht. Der Raum war mit Holzpaletten ausgelegt und die Duschköpfe waren an der Raumdecke angebracht. Wir mussten unsere Unterwäsche anlassen und durften uns nicht am Unterleib berühren. Auch durften wir uns gegenseitig nicht anfassen, nicht lachen.
Dann wurde die Raumtüre geschlossen und von außen die Dusche aufgedreht. Das ging über Heiß- bis Kaltwasser. Es gab für uns keinen Schutz im Raum. Ein großes Kind machte uns vor, wie wir uns mit dem Waschlappen wo waschen sollten. Heiß- oder Kaltwasser kam willkürlich und wir konnten nicht aus. Eine Schwester stand vor der Tür und beobachtete die Prozedur durch eine Glasscheibe. Manche Kinder schützten sich, indem sie die Hände vor ihr Gesicht hielten. Manche weinten andere standen einfach total erstarrt da. Ich durfte meiner kleinen Schwester nicht helfen.

Toilettengänge durften nur zu angegebenen, bestimmten Zeiten statt finden. Sollte man das nicht aushalten, folgten Strafen. Eckestehen. Auslachen. Kein Nachmittagskaffee.

Spielzeug

Meiner Meinung nach gab es kein altersgerechtes Spielzeug in meiner Gruppe. Ich klebte Wochenlang nur kleine Tiere aus Plastikfolie auf eine Plastikunterlage. Gesellschaftsspiele durfte ich nicht mitspielen oder nur dann, wenn man mich auch bestrafen konnte. Wie es bei den „Kleinen“ aussah, weiß ich nicht und meine Schwester Eva erinnert sich auch nicht mehr.


Arztbesuche und Medikamente

Einmal wöchentlich kam ein Arzt und auch der Pfarrer. Die Schwestern waren an diesem Tag immer sehr aufgeregt. Pfarrer und Arzt wurden hofiert. Wir mussten uns gut und sauber anziehen und durften nicht sprechen. Der Arzt schlug uns mit einem Hämmerchen aufs Knie und hörte die Lunge ab. Weiter passierte meiner Ansicht nach nichts. An diesem Tag bekamen wir manche von den Jungs die mit uns ankamen wieder zu sehen, durften aber nicht mit ihnen sprechen.

Tabletten bekamen wir in größeren Mengen täglich auf den Tellerrand gelegt. Ich kann mich erinnern, dass ich einmal eine Spritze bekam.

Feste

Am Nikolaustag bekamen Eva und ich von unseren Eltern einen Nikolaussack zugeschickt. Wir freuten uns so sehr. Jedes Jahr brachte uns der Nikolaus ja etwas. Damals waren es Äpfel, Nüsse, Orangen, Lebkuchen und einen Schokoladennikolaus.

Es wurde am Nikolaustag nach dem Abendessen die Kinder alle einberufen. Vor unseren Augen wurde dann der Inhalt unseres Nikolaussackes an alle verteilt. Eva und ich bekamen nichts. Mit den Worten einer Schwester: Da kann man mal sehen, was Kinder hier bekommen, die sonst alles haben. Wir waren nicht reich.

Wir hatten einmal ein Geburtstagskind, die etwas Süßes von den Eltern bekam, dort wurde es genauso gehandhabt.

Eine Strafe für Kinder, deren Eltern ihnen ein kleines Geschenk andachten.

Briefe

Die mitgebrachten Briefkarten wurden ein- oder zweimal wöchentlich an die Eltern geschrieben. Meine erste Karte enthielt wahrheitsgemäß den Satz, dass es uns Kindern hier nicht gefällt, Heimweh hatten und wir wieder nach Hause möchten. Dieser Brief wurde von den Schwestern abgefangen, gelesen. Daraufhin wurde der Brief vor meinen Augen und allen anderen Kindern zerrissen und ich musste schreiben: „Liebe Mama, lieber Papa, wie geht es Euch? Uns geht es gut. Liebe Grüße, Eure Eva und Michaela.“ Diese Briefe hatte meine Mutter aufgehoben bis sie verstarb.

Mir wurde gedroht, dass meine Eltern uns nicht mehr zurück haben wollten, wenn ich nicht das schreibe, was die Schwestern sagten.

Nachtruhe

Ich schlief in einem kleineren Schlafraum mit hohen Decken mit weiteren 3 Mädchen aus der großen Gruppe, die auch zur Kur dort waren.

Meine Schwester musste in einem sehr großen Schlafsaal schlafen in dem viele kleinere Mädchen schliefen.

Der Schlafraum war durch eine Tür mit unserem Zimmer verbunden. Wir durften die Tür aber nicht öffnen. Wir taten es aber doch. Mehrer „größere“ Mädchen hatten ja ein Geschwisterkind mitgebracht. Es war gut zu sehen, dass unsere Geschwister ja sozusagen neben uns lagen.

Das Licht wurde durch die Schwestern ausgeschaltet und durfte nicht mehr angeschaltet werden. Es durfte Nachts nicht mehr zur Toilette gegangen werden. Es durfte nicht mehr miteinander gesprochen werden.

Oft weinten wir größeren Mädchen leise in unseren Betten.

In den Nächten wurden die Schlafraumtüren willkürlich aufgerissen. Licht angeschaltet und kontrolliert, ob wir großen Mädchen im Bett waren.

Bei den „Kleinen“ wurden die Bettdecken weggerissen, die Kinder aus dem Bett gezogen und die Laken kontrolliert. Manche von den Kleinen hatten eingenässt. Die Laken wurden herausgerissen aus den Betten, die Kinder am Arm gepackt und durch anschreien und Schläge bestraft. Es wurde jedesmal ein Kind ausgesucht, das dann im Keller in einen kleinen, fensterlosen Raum gesperrt. Dort musste es die Nacht verbringen. Ob es am Tage noch dort war, kann ich nicht sagen, da ich tagsüber nicht in die Räumlichkeiten der „Kleinen“ kam.

Das Einsperren der „Kleinen“ haben wir „Größeren“ nur herausgefunden, weil manche von uns Nachts an dieser Tür im Keller barfuß, im Schlafanzug und mit dem Gesicht zur Wand im Dunkeln auf den kalten Fliesen „stehen“ musste. Wenn wir zum Beispiel Nachts noch miteinander sprachen oder auf die Toilette huschten.. Wenn man auf Grund der Kälte zur Toilette musste, musste man einnässen, durfte sich nicht wegbewegen und handelte sich wieder eine Strafe für den nächsten Tag ein.

Wir Größeren haben dann beschlossen, dass wir jede Nacht nach den Kleinen schauen müssten. Die Kinder sollten sagen, ob sie eingenässt hätten. Dann haben wir Großen die Laken im Dunkeln abgezogen und haben unsere eigenen Laken eingelegt. Die eingenässten Laken versuchten wir Großen über unserer Heizung zu trocknen, wenn die „Kontrolle“ vorüber war.

Also hatten wir Nachts viel zu tun. An viel Schlaf war nicht zu denken. Wir mussten leise damit umgehen und ständig auf der Hut vor Kontrolle sein.

Einmal kam die Schwesternkontrolle und wir sprangen alle in unsere Betten. Mein Bein war noch nicht unter der Bettdecke verschwunden. Also musste ich diese Nacht das „stehen“ übernehmen und sah die Tür des „Gefängnisses“ und hörte darin ein Kind. Wir konnten und durften nicht durch die Tür miteinander sprechen. So haben wir nur leise an die Tür geklopft und haben versucht, etwas durchs Schlüsselloch zu sehen. Das war aber bei der Dunkelheit nicht möglich.

Wir Großen wussten also was geschah mit den Kleinen und damit auch mit unserern Geschwistern und wir konnten nicht helfen, da wir so schlimm bestraft wurden.

Strafen durch „größere“ Kinder

Die Schwestern wiesen die Mädchen an, die anscheinend ständig dort lebten, sich Strafen für mich auszudenken und diese an mir zu vollziehen. Dann sollten die Mädchen etwas „gut“ haben.

Meine Strafen waren:

Mir wurden die Augen verbunden, dann wurde ich um mich selbst gedreht, angehalten, dann wurde meine Hand genommen und auf einen stacheligen Kaktus geschlagen. Die Stacheln musste ich mir selber herausmachen. Meine Handfläche war entzündet.

Ich wurde gekniffen indem mir die Haut gedreht wurde, bis ein blauer Fleck entstand.
Es wurde an meinen Haaren gezogen, Haare ausgerissen und auf die Zehen getreten.

Nach meinen Bestrafungen durch die größeren Mädchen wurden diese von den Schwestern offen hervorgehoben und gelobt.

Strafen durch die Schwestern

Prügel, Essenszwang, Sitzstrafen, Stehstrafen, Haftstrafen, Redeverbot, Lachverbot, Weinverbot, Erniedrigung vor allen anderen Kindern und Schwestern und auslachen in der Gruppe mit Fingerzeigen. Drohungen, dass wir nicht mehr nach Hause dürften und unsere Eltern uns nicht mehr haben wollten.

Wieder Zuhause

Wir haben zuhause nichts davon unseren Eltern erzählt. Wir hatten Angst, wieder in das Heim zu müssen.
Ich hatte Angst vor Erwachsenen. Sogar noch, als ich eine junge Frau war und selbst schon Mama war..
Ich hatte Angst vor Strafe. Ich hatte Angst, ich könnte keine Toilette in der Nähe haben.
Ich hatte Angst vor der Schule und den Lehrern. Dort waren ja auch Schwestern.
Ich war schlecht in der Schule. Ich war still. Ab und an nässte ich ein.

Ich hatte einen starken Gerechtigkeitssinn entwickelt und verspürte Zorn, Enttäuschung und Wut wenn Gerechtigkeit nicht statt fand und ich nichts gegen Ungerechtigkeit tun konnte.

Ich kam nicht mit mehr Gewicht zurück, meine Schwester hatte auch nicht abgenommen. Wir waren auch nicht gesünder als vorher. Wir bekamen weiterhin Kinderkrankheiten und hatten ständig mit Husten zu tun.

Wie es meiner Schwester seelisch und erging kann ich nur erahnen, da wir vor lauter Angst nicht darüber sprachen.

Im Laufe der Jugendjahre entwickelten meine Schwester und ich die Krankheit Morbus-Crohn.

Aufarbeitung

Ich wurde 2011 sehr krank und die Erinnerung an diese Verschickungszeit ließ mich nicht los.

Ich schrieb damals auf, an was ich mich an unseren Aufenthalt im Heim erinnerte und erschrak fürchterlich über diese Misshandlungen.

Ich befragte ich meine Mutter, ob sie von den Zuständen in dem Kindergenesungsheim in Oy Mittelberg gewusst hatte oder etwas geahnt hätte. Sie hatte davon keine Ahnung und nichts bemerkt.
Meine Schwester Eva konnte sich nur an ganz wenig dort erinnern. Aber an das „Loch“, wie sie es nannte, wo die Kinder eingesperrt wurden, an das konnte sie sich erinnern.
Sie machte sich mit meiner Mutter auf den Weg nach Oy Mittelberg und fand auch das ehemalige Kindergenesungshaus dort wieder. Sie konnte es nicht betreten, da dort wieder eine Einrichtung für Kinder darin ist. Aber von außen fand sie den Kellerzugang zu dem dunklen Flur, wo das „Loch“ für die Kleinen war, sofort wieder.

Ich schrieb daraufhin einen Brief an das Mutterhaus der Mallersdorfer Schwestern und bekam da auch Antwort. Mir wurde gesagt, dass die Erziehungsmethoden damals halt so waren, dass ihnen das alles sehr leid täte und ich gerne einmal in das Mutterhaus kommen könnte, um mein Gewissen zu erleichtern. Leider ging mein Brief an das Schwesternhaus sowie die Antwort verloren. Ich bin auf der Suche danach, denn es kann eigentlich nicht sein, dass ich das alles weggeworfen hätte.

Ich lebe nicht mehr in Bayern. Ich betreibe zwei Ferienwohnung auf der Insel Rügen. Auch dort gibt es immer noch eine Mutter-Kind-Klinik. Während DDR-Zeiten war es das Kindergenesungsheim Frohe Zukunft. Bereits zwei mal hatte ich Gäste (Männer) in meinem Haus, die mit Ihrer Mutter kamen um den Ort ihrer Misshandlung zu besuchen und ihren völlig ahnungslosen Müttern alles zu erzählen und das Heim wenigstens von außen zu zeigen.

Durch einen Besuch bei unserem Trauzeugen habe ich erfahren, dass auch er in so ein Genesungsheim verschickt wurde und Erinnerungen durch meine Erzählung bei ihm wieder aufkommen. Er wird seine Mutter fragen, wo er hin verschickt wurde.

Ich bin im Internet darauf gestoßen, dass ein NS-Arzt Dr. Hensel bis ins Jahr 1965 in der Kinderkurklinik Oy-Mittelberg als Arzt tätig war. Dieser Arzt hat in Kaufbeuren in einer Kinderkurklinik während der NS-Zeit Versuche an kranken Kindern und behinderten Kindern zur TBC-Erkrankung vorgenommen und wechselte dann nach Oy Mittelberg. Von diesen „minderwertigen Versuchskindern“ verstarben mehrere. Es gab auch einen Prozess in dem er freigesprochen wurde und seine Arbeit als Arzt fortsetzen durfte.

Zitat Wikipedia: Georg Hensel, Pulmologe, 1939 Oberarzt Kinderheilstätte Mittelberg, führte dort tödliche TBC-Versuche an behinderten Kindern durch. 1946 Freispruch, 1960 neues Verfahren eingestellt.[18]

Für mich hat das alles schon Zusammenhänge und Methode.

Jetzt habe ich diese wunderbare Seite gefunden. Ich bin zutiefst entsetzt über das Leid so vieler Kinder, die jetzt alle schon erwachsen sind.

Alle erworbenen Ängste, alle erworbenen Erkrankungen, alle Misshandlungen an den Verschickungskindern müssen sofort offengelegt werden.


28.10.2022, Michaela Seliga


Ich war ein Verschickungskind im Kindergenesungsheim in Oy Mittelberg 1964

Der Beginn

Ich, Michaela und meine Schwester Eva kamen im Herbst 1964 für ca. 8 Wochen in das Kindergenesungsheim Oy Mittelberg im Allgäu. Bei meiner Schwester Eva gibt es nur noch wenig Erinnerung an unseren Aufenthalt; ich erinnere mich sehr gut.

Wir kamen aus München-Perlach. Meine Schwester Eva war 5 Jahre und ich 7,5 Jahre. Ich war ein dünnes Kind und, wie die Lehrer sagten, schlecht in der Schule und langweilig. Meine Schwester war lebhaft und eher „fester“ aber nicht dick. Wir waren gute Esser. Meine Schwester und ich hatten die letzten 1,5 Jahr mit Keuchhusten und Masern zu tun, so dass ein regelmäßiger Schulbesuch oft nicht statt fand.

Am 27. September 1964 kam unsere kleine Schwester Erika zur Welt. Es ging ihr sehr schlecht und meine Eltern mussten sie in München in der Klinik lassen und konnten das Baby erst nach ca. 3 Wochen nach Hause holen. Das müsse dann so zwischen 15. und 20. Oktober 1964 gewesen sein. Meine Schwester Eva und ich bekamen das Baby nicht zu sehen, da wir kurz vor der Klinikentlassung des Babys nach Oy geschickt wurden.

Um unsere Mutter mit dem neuen Baby zu entlasten, gaben die Eltern dem Hausarzt ihr Einverständnis zu unserer „Kur“. Eingewiesen hat uns unser Hausarzt Dr. Kampa in Perlach über das Müttergenesungswerk. Das hat uns unsere Mutter später erzählt.

Die Vorbereitungen

Ein Besuch im Heim durch unsere Eltern war verboten.
Es wurde uns Briefpost zum beschreiben von den Eltern eingepackt. Schon fertig mit der Heimatadresse und einer Briefmarke versehen. Unsere Kleider und Schürzen, die wir tragen sollten, waren alle mit Wäscheetiketten und unseren Namen benäht. Spielzeug oder Kuscheltier durfte nicht mitreisen.

Reise

Die Eltern brachten uns zum Hauptbahnhof München. Von dort ging der Zug mit vielen Kindern ins Allgäu. Mit Zwischenstationen in mehreren Kurorten, wo ebenfalls Kinder ausstiegen, kamen wir in Oy an. Dort wurden wir abgeholt. Wie, weiß ich nicht mehr.

Ankunft

In Oy Mittelberg gab es eine große Kinderkurklinik und ein oder mehrere angeschlossene Kindergenesungsheime.

Schon als ich unser Genesungsheim von außen sah und die vielen Kinder wurde mir Angst und ich hatte Heimweh.

Mädchen und Buben wurden erst mal vor dem Heim auseinandersortiert und wir durften nicht reden. Die Jungs, die mit uns gereist waren, wurden abgezweigt und von einem Lehrer weggebracht. Ich vermute, in ein weiteres Gebäude. Wir haben die Buben dann nur noch vereinzelt bei den ärztlichen Untersuchungen gesehen, bei denen wir auch nicht mehr miteinander sprechen durften.

Personal

Das Heim wurde von katholischen Nonnen geführt. Nachträglich konnte ich recherchieren: Die Schwestern kamen aus dem Kloster Mallersdorf – Mutterhaus der Armen Franziskanerinnen.

Zusammenhängend ist dazu zu sagen: Ich und meine Schwester Eva wurden in Mallersdorf geboren und lebten nun in München Perlach. Meine Lehrer dort und die Frauen im Kindergarten meiner Schwester waren ebenfalls Klosterschwestern. Mir flößten diese Schwestern stets Angst und Entsetzen ein. Meine Schwester ging allerdings gerne in diesen Kindergarten.

Aufteilung

Im Flur im Innenbereich angekommen, wurden meine Schwester Eva und ich „aufgeteilt“. Eva kam in eine andere Gruppe als ich und sollte zu den „Kleinen“. Ich kam in die Gruppe der „Großen“. Lange wurde von den Schwestern diskutiert, ob ich altersgemäß überhaupt in diese Gruppe passen könnte. Man hielt mich für zu jung, entschied sich dann aber doch für die „große“ Gruppe.

Wir mussten uns also sofort trennen. Unser Gepäck wurde von den Schwestern in unsere Schlafräume gebracht. Meine Schwester Eva weinte.

Was später mit meiner Schwester in ihrer Gruppe passierte, konnte ich oft nur durch lautes Weinen erahnen, da wir ständig durch Türen getrennt waren.

Im Zimmer der „Großen“ habe ich bemerkt, dass es anscheinend im Heim mehrere größere Mädchen gab, die ständig dort lebten.

Tagesablauf

Frühes aufstehen, ein paar mal wöchentlich frühmorgens ein langer Marsch in eine Bergkirche in dem dann ein Frühgottesdienst abgehalten wurde. Waschen. Frühstück. Briefe schreiben. Spielen. Mittagessen. Mittagsruhe. Spielen. Abendessen. Waschen. Schlafengehen. Die „größeren“ Mädchen, die ständig dort wohnten, gingen vormittags zur Schule. Ich kann mich an keine Ausflüge erinnern. Einmal waren wir nachmittags zum Schlitten fahren.

Das Essen

Das Essen fand an langen Tischen statt. Für jede Gruppe in deren Aufenthaltsraum. Jedes Kind hatte einen festen Platz mit einer Schublade unter der Tischplatte. Dort hinein kamen die vorgefertigten, mitgebrachten Briefkarten.

Es gab sehr fettes Fleisch, das ich als Kind nicht essen konnte. Mir graute einfach davor und ich würgte es ständig heraus. Ich musste es aber aufessen. Ich musste solange vor dem Teller sitzen, bis ich aufgegessen hatte. Es ging noch weiteren Kindern so.

Ich konnte das nicht essen und habe erbrochen. Um diese Tortur nicht weiter mitmachen zu müssen, habe ich das restliche Essen mit dem Fett in die Schublade unter mir geschüttet. Um das Briefpapier zu schützen habe ich mit Brot eine Barriere gebaut.

Als der Kuraufenthalt endete, war die Schublade voll, das Briefpapier leer und alles schimmelig. Aber dieses Essen brauchte ich wenigstens nicht mehr essen.

Meine Schwester Eva hatte solchen Hunger, dass sie einmal den Essenslift im Vorraum abwartete und anfing, die Suppen für das Mittagessen schon aus dem Lift zu löffeln. Sie war 5. Dann hörte ich nur noch Geschrei und es wurde nach mir gerufen. Ich sollte kommen und mir das Balg ansehen, das so sträflich gehandelt hatte. Meine Schwester wurde vor allen anderen Kindern verprügelt bis sie sich einnässte. Ich musste mit meiner weinenden Schwester dann zur Strafe mit ihr in die Schlafräume und sie umziehen. Wir durften erst zum Abendessen wieder in die Aufenthaltsräume. Wir mussten uns gegenseitig trösten. Niemand durfte dort an diesem Abend mehr mit uns sprechen.

Wir bekamen zu den jeweiligen Essen mehrere Tabletten auf den Tellerrand gelegt. Was das für Tabletten waren, kann ich natürlich nicht mehr sagen.

Manchmal kullerten die Tabletten in die Suppe und haben das Essen verbittert. Wir mussten trotzdem Essen. Es ist mir ein Mädchen in Erinnerung, das nicht die Suppe essen wollte und der die Suppe von einer Schwester regelrecht gewaltsam mit dem Löffel verabreicht wurde.

Einmal gab es einen Apfel zur Nachspeise. Mein Apfel war wurmig und auf einer Seite faulig. Aber ich musste abbeißen. Als die Schwester nicht mehr guckte, steckte ich den Apfel in meine Schürzentasche. Beim nächsten Toilettengang dachte ich mir aus, könnte ich den Apfel in der Toilette entsorgen. Das tat ich auch. Ich wusste nicht, dass Äpfel im Wasser schwimmen. Eine Klosterschwester riss die Toilettentür auf, guckte ins Klo, sah den Apfel. Ich musste ihn herausholen und sollte den Apfel vor allen Kindern essen. Ich versuchte es und musste wieder erbrechen. Die Strafe war, ich sollte den Apfel im Laufe des Tages essen, mein Erbrochenes aufwischen und die Strafe der „großen“ Mädchen abwarten. Das tat ich.

Ich steckte den Apfel wieder in die Schürzentasche. Dort gammelte er und wuchs sozusagen durch den Stoff durch bis wir wieder nach Hause kamen.

Ich kann mich nicht an gute und entspannte Essen dort erinnern.

Körperhygiene

Wir mussten 1 x in der Woche duschen. Dazu wurden wir alle in einen großen Raum im Keller gebracht. Der Raum war mit Holzpaletten ausgelegt und die Duschköpfe waren an der Raumdecke angebracht. Wir mussten unsere Unterwäsche anlassen und durften uns nicht am Unterleib berühren. Auch durften wir uns gegenseitig nicht anfassen, nicht lachen.
Dann wurde die Raumtüre geschlossen und von außen die Dusche aufgedreht. Das ging über Heiß- bis Kaltwasser. Es gab für uns keinen Schutz im Raum. Ein großes Kind machte uns vor, wie wir uns mit dem Waschlappen wo waschen sollten. Heiß- oder Kaltwasser kam willkürlich und wir konnten nicht aus. Eine Schwester stand vor der Tür und beobachtete die Prozedur durch eine Glasscheibe. Manche Kinder schützten sich, indem sie die Hände vor ihr Gesicht hielten. Manche weinten andere standen einfach total erstarrt da. Ich durfte meiner kleinen Schwester nicht helfen.

Toilettengänge durften nur zu angegebenen, bestimmten Zeiten statt finden. Sollte man das nicht aushalten, folgten Strafen. Eckestehen. Auslachen. Kein Nachmittagskaffee.

Spielzeug

Meiner Meinung nach gab es kein altersgerechtes Spielzeug in meiner Gruppe. Ich klebte Wochenlang nur kleine Tiere aus Plastikfolie auf eine Plastikunterlage. Gesellschaftsspiele durfte ich nicht mitspielen oder nur dann, wenn man mich auch bestrafen konnte. Wie es bei den „Kleinen“ aussah, weiß ich nicht und meine Schwester Eva erinnert sich auch nicht mehr.


Arztbesuche und Medikamente

Einmal wöchentlich kam ein Arzt und auch der Pfarrer. Die Schwestern waren an diesem Tag immer sehr aufgeregt. Pfarrer und Arzt wurden hofiert. Wir mussten uns gut und sauber anziehen und durften nicht sprechen. Der Arzt schlug uns mit einem Hämmerchen aufs Knie und hörte die Lunge ab. Weiter passierte meiner Ansicht nach nichts. An diesem Tag bekamen wir manche von den Jungs die mit uns ankamen wieder zu sehen, durften aber nicht mit ihnen sprechen.

Tabletten bekamen wir in größeren Mengen täglich auf den Tellerrand gelegt. Ich kann mich erinnern, dass ich einmal eine Spritze bekam.

Feste

Am Nikolaustag bekamen Eva und ich von unseren Eltern einen Nikolaussack zugeschickt. Wir freuten uns so sehr. Jedes Jahr brachte uns der Nikolaus ja etwas. Damals waren es Äpfel, Nüsse, Orangen, Lebkuchen und einen Schokoladennikolaus.

Es wurde am Nikolaustag nach dem Abendessen die Kinder alle einberufen. Vor unseren Augen wurde dann der Inhalt unseres Nikolaussackes an alle verteilt. Eva und ich bekamen nichts. Mit den Worten einer Schwester: Da kann man mal sehen, was Kinder hier bekommen, die sonst alles haben. Wir waren nicht reich.

Wir hatten einmal ein Geburtstagskind, die etwas Süßes von den Eltern bekam, dort wurde es genauso gehandhabt.

Eine Strafe für Kinder, deren Eltern ihnen ein kleines Geschenk andachten.

Briefe

Die mitgebrachten Briefkarten wurden ein- oder zweimal wöchentlich an die Eltern geschrieben. Meine erste Karte enthielt wahrheitsgemäß den Satz, dass es uns Kindern hier nicht gefällt, Heimweh hatten und wir wieder nach Hause möchten. Dieser Brief wurde von den Schwestern abgefangen, gelesen. Daraufhin wurde der Brief vor meinen Augen und allen anderen Kindern zerrissen und ich musste schreiben: „Liebe Mama, lieber Papa, wie geht es Euch? Uns geht es gut. Liebe Grüße, Eure Eva und Michaela.“ Diese Briefe hatte meine Mutter aufgehoben bis sie verstarb.

Mir wurde gedroht, dass meine Eltern uns nicht mehr zurück haben wollten, wenn ich nicht das schreibe, was die Schwestern sagten.

Nachtruhe

Ich schlief in einem kleineren Schlafraum mit hohen Decken mit weiteren 3 Mädchen aus der großen Gruppe, die auch zur Kur dort waren.

Meine Schwester musste in einem sehr großen Schlafsaal schlafen in dem viele kleinere Mädchen schliefen.

Der Schlafraum war durch eine Tür mit unserem Zimmer verbunden. Wir durften die Tür aber nicht öffnen. Wir taten es aber doch. Mehrer „größere“ Mädchen hatten ja ein Geschwisterkind mitgebracht. Es war gut zu sehen, dass unsere Geschwister ja sozusagen neben uns lagen.

Das Licht wurde durch die Schwestern ausgeschaltet und durfte nicht mehr angeschaltet werden. Es durfte Nachts nicht mehr zur Toilette gegangen werden. Es durfte nicht mehr miteinander gesprochen werden.

Oft weinten wir größeren Mädchen leise in unseren Betten.

In den Nächten wurden die Schlafraumtüren willkürlich aufgerissen. Licht angeschaltet und kontrolliert, ob wir großen Mädchen im Bett waren.

Bei den „Kleinen“ wurden die Bettdecken weggerissen, die Kinder aus dem Bett gezogen und die Laken kontrolliert. Manche von den Kleinen hatten eingenässt. Die Laken wurden herausgerissen aus den Betten, die Kinder am Arm gepackt und durch anschreien und Schläge bestraft. Es wurde jedesmal ein Kind ausgesucht, das dann im Keller in einen kleinen, fensterlosen Raum gesperrt. Dort musste es die Nacht verbringen. Ob es am Tage noch dort war, kann ich nicht sagen, da ich tagsüber nicht in die Räumlichkeiten der „Kleinen“ kam.

Das Einsperren der „Kleinen“ haben wir „Größeren“ nur herausgefunden, weil manche von uns Nachts an dieser Tür im Keller barfuß, im Schlafanzug und mit dem Gesicht zur Wand im Dunkeln auf den kalten Fliesen „stehen“ musste. Wenn wir zum Beispiel Nachts noch miteinander sprachen oder auf die Toilette huschten.. Wenn man auf Grund der Kälte zur Toilette musste, musste man einnässen, durfte sich nicht wegbewegen und handelte sich wieder eine Strafe für den nächsten Tag ein.

Wir Größeren haben dann beschlossen, dass wir jede Nacht nach den Kleinen schauen müssten. Die Kinder sollten sagen, ob sie eingenässt hätten. Dann haben wir Großen die Laken im Dunkeln abgezogen und haben unsere eigenen Laken eingelegt. Die eingenässten Laken versuchten wir Großen über unserer Heizung zu trocknen, wenn die „Kontrolle“ vorüber war.

Also hatten wir Nachts viel zu tun. An viel Schlaf war nicht zu denken. Wir mussten leise damit umgehen und ständig auf der Hut vor Kontrolle sein.

Einmal kam die Schwesternkontrolle und wir sprangen alle in unsere Betten. Mein Bein war noch nicht unter der Bettdecke verschwunden. Also musste ich diese Nacht das „stehen“ übernehmen und sah die Tür des „Gefängnisses“ und hörte darin ein Kind. Wir konnten und durften nicht durch die Tür miteinander sprechen. So haben wir nur leise an die Tür geklopft und haben versucht, etwas durchs Schlüsselloch zu sehen. Das war aber bei der Dunkelheit nicht möglich.

Wir Großen wussten also was geschah mit den Kleinen und damit auch mit unserern Geschwistern und wir konnten nicht helfen, da wir so schlimm bestraft wurden.

Strafen durch „größere“ Kinder

Die Schwestern wiesen die Mädchen an, die anscheinend ständig dort lebten, sich Strafen für mich auszudenken und diese an mir zu vollziehen. Dann sollten die Mädchen etwas „gut“ haben.

Meine Strafen waren:

Mir wurden die Augen verbunden, dann wurde ich um mich selbst gedreht, angehalten, dann wurde meine Hand genommen und auf einen stacheligen Kaktus geschlagen. Die Stacheln musste ich mir selber herausmachen. Meine Handfläche war entzündet.

Ich wurde gekniffen indem mir die Haut gedreht wurde, bis ein blauer Fleck entstand.
Es wurde an meinen Haaren gezogen, Haare ausgerissen und auf die Zehen getreten.

Nach meinen Bestrafungen durch die größeren Mädchen wurden diese von den Schwestern offen hervorgehoben und gelobt.

Strafen durch die Schwestern

Prügel, Essenszwang, Sitzstrafen, Stehstrafen, Haftstrafen, Redeverbot, Lachverbot, Weinverbot, Erniedrigung vor allen anderen Kindern und Schwestern und auslachen in der Gruppe mit Fingerzeigen. Drohungen, dass wir nicht mehr nach Hause dürften und unsere Eltern uns nicht mehr haben wollten.

Wieder Zuhause

Wir haben zuhause nichts davon unseren Eltern erzählt. Wir hatten Angst, wieder in das Heim zu müssen.
Ich hatte Angst vor Erwachsenen. Sogar noch, als ich eine junge Frau war und selbst schon Mama war..
Ich hatte Angst vor Strafe. Ich hatte Angst, ich könnte keine Toilette in der Nähe haben.
Ich hatte Angst vor der Schule und den Lehrern. Dort waren ja auch Schwestern.
Ich war schlecht in der Schule. Ich war still. Ab und an nässte ich ein.

Ich hatte einen starken Gerechtigkeitssinn entwickelt und verspürte Zorn, Enttäuschung und Wut wenn Gerechtigkeit nicht statt fand und ich nichts gegen Ungerechtigkeit tun konnte.

Ich kam nicht mit mehr Gewicht zurück, meine Schwester hatte auch nicht abgenommen. Wir waren auch nicht gesünder als vorher. Wir bekamen weiterhin Kinderkrankheiten und hatten ständig mit Husten zu tun.

Wie es meiner Schwester seelisch und erging kann ich nur erahnen, da wir vor lauter Angst nicht darüber sprachen.

Im Laufe der Jugendjahre entwickelten meine Schwester und ich die Krankheit Morbus-Crohn.

Aufarbeitung

Ich wurde 2011 sehr krank und die Erinnerung an diese Verschickungszeit ließ mich nicht los.

Ich schrieb damals auf, an was ich mich an unseren Aufenthalt im Heim erinnerte und erschrak fürchterlich über diese Misshandlungen.

Ich befragte ich meine Mutter, ob sie von den Zuständen in dem Kindergenesungsheim in Oy Mittelberg gewusst hatte oder etwas geahnt hätte. Sie hatte davon keine Ahnung und nichts bemerkt.
Meine Schwester Eva konnte sich nur an ganz wenig dort erinnern. Aber an das „Loch“, wie sie es nannte, wo die Kinder eingesperrt wurden, an das konnte sie sich erinnern.
Sie machte sich mit meiner Mutter auf den Weg nach Oy Mittelberg und fand auch das ehemalige Kindergenesungshaus dort wieder. Sie konnte es nicht betreten, da dort wieder eine Einrichtung für Kinder darin ist. Aber von außen fand sie den Kellerzugang zu dem dunklen Flur, wo das „Loch“ für die Kleinen war, sofort wieder.

Ich schrieb daraufhin einen Brief an das Mutterhaus der Mallersdorfer Schwestern und bekam da auch Antwort. Mir wurde gesagt, dass die Erziehungsmethoden damals halt so waren, dass ihnen das alles sehr leid täte und ich gerne einmal in das Mutterhaus kommen könnte, um mein Gewissen zu erleichtern. Leider ging mein Brief an das Schwesternhaus sowie die Antwort verloren. Ich bin auf der Suche danach, denn es kann eigentlich nicht sein, dass ich das alles weggeworfen hätte.

Ich lebe nicht mehr in Bayern. Ich betreibe zwei Ferienwohnung auf der Insel Rügen. Auch dort gibt es immer noch eine Mutter-Kind-Klinik. Während DDR-Zeiten war es das Kindergenesungsheim Frohe Zukunft. Bereits zwei mal hatte ich Gäste (Männer) in meinem Haus, die mit Ihrer Mutter kamen um den Ort ihrer Misshandlung zu besuchen und ihren völlig ahnungslosen Müttern alles zu erzählen und das Heim wenigstens von außen zu zeigen.

Durch einen Besuch bei unserem Trauzeugen habe ich erfahren, dass auch er in so ein Genesungsheim verschickt wurde und Erinnerungen durch meine Erzählung bei ihm wieder aufkommen. Er wird seine Mutter fragen, wo er hin verschickt wurde.

Ich bin im Internet darauf gestoßen, dass ein NS-Arzt Dr. Hensel bis ins Jahr 1965 in der Kinderkurklinik Oy-Mittelberg als Arzt tätig war. Dieser Arzt hat in Kaufbeuren in einer Kinderkurklinik während der NS-Zeit Versuche an kranken Kindern und behinderten Kindern zur TBC-Erkrankung vorgenommen und wechselte dann nach Oy Mittelberg. Von diesen „minderwertigen Versuchskindern“ verstarben mehrere. Es gab auch einen Prozess in dem er freigesprochen wurde und seine Arbeit als Arzt fortsetzen durfte.

Zitat Wikipedia: Georg Hensel, Pulmologe, 1939 Oberarzt Kinderheilstätte Mittelberg, führte dort tödliche TBC-Versuche an behinderten Kindern durch. 1946 Freispruch, 1960 neues Verfahren eingestellt.[18]

Für mich hat das alles schon Zusammenhänge und Methode.

Jetzt habe ich diese wunderbare Seite gefunden. Ich bin zutiefst entsetzt über das Leid so vieler Kinder, die jetzt alle schon erwachsen sind.

Alle erworbenen Ängste, alle erworbenen Erkrankungen, alle Misshandlungen an den Verschickungskindern müssen sofort offengelegt werden.


28.10.2022, Michaela Seliga
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PeterK. aus Fröndenberg schrieb am 25.10.2022
Mein vermutliches Verschickungsjahr war wahrscheinlich 1969, Juli/ August. 6 wöchiger Heimaufenthalt in Bad Reichenhall, Heim nicht mehr bekannt. (Kinderverschickung). Ich weiß nichts mehr von der Zugfahrt, Ankunft, überwiegendem Aufenthalt, Personal dort, usw. Alles scheint wie ausgelöscht.
Ich war zu dieser Zeit 12 Jahre alt. Der Grund der Verschickung war wohl: zu dünn und Bronchitis.
Ich habe fast gar keine Erinnerung daran. Meine Aufmerksamkeit wurde erst ca. Anfang Oktober `22 im Rahmen einer Fernsehsendung „Planet-Wissen“ mit Frau Anja Röhl aktiviert. Seitdem informiere ich mich in entsprechenden Foren und Literatur. Ich bin nun 65 Jahre alt und fand lange Zeit keine Erklärung zu bestimmten Verhaltensweisen in Bezug auf Essen, Schlafen und Urinieren. Auf Grund der vielen Schilderungen anderer Betroffener, eigentlich egal in welchem Heim sie waren, bin ich heute der Meinung, dass Vieles davon vielleicht auch bei mir zutreffend war. Überwiegende Erinnerung ist jedoch wie ausgelöscht. Wenn ich jedoch die Schilderungen auf mich übertrage, erklärt das „für mich“ Verhaltensweisen, die sich zumindest seit den Jahren nach `69 durch mein Leben bis heute ziehen.
Bestimmtes Essen (z.B. Hirnsuppe (?), Milchsuppe, warmer Milchreis, Haferflocken mit warmer Milch, warme Milch allgemein mit oder ohne „Haut“ oben auf, warmer Pudding mit schwabbeliger „Haut“) kann ich nicht essen oder riechen.
Soweit ich bis in meine frühe Jugendzeit zurückdenken kann, wurde ich zur Mittagszeit immer sehr müde. Soweit möglich brauchte ich bis heute stets eine Art Mittagsschlaf, wobei ich danach aber auch nicht wirklich fit war.
Ich habe mich immer gewundert, dass es mir nicht möglich war mich vor einem Urinal zu stellen um zu urinieren, wenn Andere sich ebenfalls dort aufhielten. Da klappt gar nichts, ob es in der Schule war oder später bei der Arbeit, in Restaurants oder bei Veranstaltungen. Der Hang dabei, „vorsorglich“ eine Toilette aufzusuchen, z.B. in Pausen bei Veranstaltungen, ist bis heute geblieben. Mache ich das nicht, fühle ich mich nach den Pausen unwohl.
Nach meinen ersten Recherchen und Lesen der Schilderungen anderer Betroffener kann ich mir nun eine Verbindung zu meinem früheren Kuraufenthalt vorstellen.

Sommer `69 (?). Ich habe anhand von 2 Fotos meiner Zeit in Bad Reichenhall und eines hohen Krankheitstandes in meiner damaligen Schule mein Verschickungsjahr recherchiert. Weitere Unterlagen habe ich nicht:
- Abfahrt, vermutlich mit Zug (gemeinschaftlich mit anderen Kindern) ab Dortmund , Ankunft in Bad Reichenhall (keinerlei Erinnerung).

Schlafraum: Stahlrohrbetten, Vielbettzimmer (wie damals auch in Krankenhäusern üblich).
Schöne Natur, vor allem Berge durch Blick aus dem Fenster des Schlafraumes.
Essens-/ Aufenthaltsraum mit Spielmöglichkeiten:
- Raum kann nicht beschrieben werden. Essen zusammen mit anderen Kindern. Keine konkreten Erinnerungen bezüglich Frühstück und Abendessen. Hier habe ich mit anderen Kindern gespielt, vor allem Schach. Das Brettspiel hat mir ein anderer Junge beigebracht.

Inhalierraum:
An den Inhalierraum habe ich auch keinerlei Erinnerung. Ich weiß aber dass ich da mehrmals drin war aus Therapiegründen (?), falls es ein Inhalierraum war….
Solebad:
Das Solebad habe ich in Erinnerung. Aber nur insoweit als das ich weiß, das wir gelegentlich darin waren und das es sehr salzig war.
Personal/ Aktivitäten:
Bis auf eine Mitarbeiterin „Null Erinnerung“. Besagte Frau war jung. Vom Typ her eine sehr liebe und nette Person. Sie hat häufig mit uns im Aufenthaltsraum gesungen und dabei mit einer Gitarre begleitet. Aus einem kleinen Textbuch wurden Lieder gesungen. Ich meine überwiegend Gospelsongs. „Kumbahya, my lord“ habe ich ganz konkret in Erinnerung. Das Zusammensein mit anderen Kindern und dieser Frau mit der Hausmusik habe ich wohlwollend in Erinnerung. Es scheint heute, als ob diese Frau für eine kleinere Gruppe Jungen zuständig war, der ich auch angehörte.
Eine Bergtour habe ich in Erinnerung. Hiervon habe ich 2 Schwarz/ Weiß Fotos im Kleinformat leider nur. Ich habe sie zur besseren Kenntlichmachung mit dem Smarthphone fotografiert und so auf DIN A-4 vergrößert. Ein Foto ist brauchbar geworden dadurch. Ich meine mich darauf erkannt zu haben. Die Frau auf dem Bild könnte die zuvor genannte sein. Fast alle lachen darauf und machten einen glücklichen Eindruck (?).
Die Bergtour ging auf einen Gipfel, vermutlich Zennokopf/ Zwieselberg. Das habe ich anhand von Fotos recherchieren können. Konkrete Erinnerung daran habe ich nicht.
Kurz vor Ende des Aufenthaltes durften einige Kinder in die Stadt,z.B. um Mitbringsel einzukaufen. Ich durfte dabei sein. Andere Kinder nicht.
Ich war gehorsam, gab keine Widerworte, machte alles was von mir verlangt wurde. Dadurch hatte ich wohl keinerlei Probleme. Ich war ein Kind, was man wohl unter „lieb und gehorsam“ verstand. So wurde ich bei meinen Großeltern von meiner Großmutter erzogen, leider aber mit körperlicher und verbaler Gewalt (Züchtigungen und Bestrafungen).
Als letztes erinnere ich mich an einen Vorfall beim Mittagessen (die einzige Erinnerung). Komischerweise kreisen da zwei Erinnerungen in meinem Kopf. Kann sein, dass ich das eine mit dem anderen verwechsle oder ob das vielleicht zwei verschiedene Vorfälle waren:
Es gab Hirnsuppe……..mir wurde schlecht als der Teller vor mir stand. Der Geruch und das Wissen, es war Hirn von einem Tier, war fürchterlich. Ich traute mich nicht etwas zu sagen, konnte aber auch nicht einen Bissen davon in den Mund nehmen. Ich hatte Glück im Unglück. Einer der anderen Kinder mochte Hirnsuppe so gerne, das er seinen Teller schnell leerte und wir tauschten unseren dann aus………...gerettet! Ich hatte dann zwar nichts gegessen, aber das war in dem Moment egal.
Meine zweite Erinnerung: Ich habe die Hirnsuppe probiert. Mir wurde schlecht. Ob ich das übel riechende Hirn wieder ausspuckte oder auf den Teller erbrach, weiß ich nicht mehr. Ob das Kosequenzen hatte für mich weiß ich auch nicht. Eine vage Erinnerung ist aber da.

Eigentlich erinnere ich mich bis auf die geschilderten Ausnahmen an gar nichts.
Auch an die Heimfahrt hab ich keine Erinnerung mehr. Ich weiß aber das ich kurioserweise gerne in dem Heim in Bad Reichenhall geblieben wäre. Ich war eigentlich traurig wieder nach Hause zu müssen…………...
Ich wollte mich nach der Zeit in Bad Reichenhall nicht mehr wirklich an Regeln halten und hielt gegen alles was mich bevormunden wollte. Ich weiß nicht ob das Ausflüsse aus der Kurzeit waren oder einfach das Ergebnis meiner vorherige Erziehung. Eine positive Entwicklung begann erst mit dem Kennenlernen meiner heutigen Frau. Wir sind seit dem 16. Lebensjahr ein Ehepaar.
Da ich an meinen Kuraufenthalt in Bad Reichenhall so gut wie überhaupt keine Erinnerung habe, wäre es schön, vielleicht von anderen Betroffenen die in etwa zur selben Zeit in eine der beiden in Frage kommenden Einrichtungen waren, mehr zu erfahren. Es wird auch oft von Misshandlungen gesprochen. Das kann ich weder bestätigen noch dementieren. Auch Tests wie z.B. mit Tabletten an Kindern habe ich nicht in Erinnerung, kann aber natürlich nicht ausschließen, dass wir Tabletten einnehmen mussten. Es würde mich brennend interessieren, ob so etwas statt fand und um welche Medikamente es sich da handelte und was die bewirkten. Und es wurde hin und wieder von einem „Drucksimulationsraum“ gesprochen (?).
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G.S. aus NRW schrieb am 23.10.2022
Hallo zusammen,

ich bin 1957 geboren und war im Januar/Februar 1967 in der Frieda-Klimsch Stiftung in Königsfeld und wurde während der Kur 10 Jahre alt.
Im Gegensatz zu vielen anderen habe ich ausschließlich gute Erinnerungen an diese Zeit. Sicher herrschte ein strenges Regiment und bestimmte Regeln, aber die kannte ich aus meinem strengen Elternhaus mit mehreren Geschwistern schon, also fiel es mir nicht schwer, mich unterzuordnen, zu essen, was auf den Tisch kam (bis auf einmal eine gelbe übel riechende Kohlsuppe, ob ich gezwungen wurde, diese zu essen, weiß ich nicht mehr) und zu gehorchen.
Morgens gab es Haferflocken mit wahlweise Kakao mit kalter oder warmer Milch. Insgesamt muss das Essen wohl in Ordnung gewesen sein, ich nahm 4 Kilo zu. An Duschräume erinnere ich mich gar nicht mehr aber dass man nachts und bei der Mittagsruhe nicht aufstehen und auf die Toilette gehen durfte.

Da alles schon 55 Jahre her ist, habe ich nach Bildern, Dokumenten und Nachweisen gesucht und wurde fündig in meinem Poesiealbum! Dazu später mehr.

An die Hinfahrt im Zug und das Ankommen im Heim kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich war auch eines der schmächtigen Kinder, das aufgepäppelt werden sollte. Ich lag mit mehreren anderen Mädchen, in etwa in meinem Alter, in einem Schlafsaal mit diesen weißen Metallbetten.
Wir verstanden uns alle sehr gut und als ich 10 Jahre alt wurde, standen die Mädchen vor meinem Bett und sangen mir ein Ständchen und hatten am Metallbett, während ich schlief, viele Blumen aus Tempos gebastelt und an die Stäbe des Bettes gebunden. Ich war total gerührt und musste weinen. Meine Mutter schickte mir ein Geburtstagspaket mit vielen Süßigkeiten und Haselnüssen für die Eichhörnchen. Diese Süßigkeiten wurden unter allen aufgeteilt, was ich in Ordnung fand, ich war teilen gewohnt.

Es lag viel Schnee und einmal gingen wir zum rodeln und soweit ich mich erinnere hatten wir große Schlitten, wo 3 Kinder drauf passten. Mittag mussten wir in warme Decken eingerollt draußen auf einer überdachten Terrasse Mittagsschlaf halten, es durfte nicht gesprochen oder gelesen werden. Abends nach dem Abendbrot saß unsere Gruppe zusammen und wir sangen, es wurde gelesen und erzählt.

Ich kann mich nicht an Schläge, Demütigungen, Strafen oder ähnliches erinnern. Ich habe mich dort wohlgefühlt und frage mich, ob ich Glück hatte und/oder ich vieles nicht mitbekommen habe, was evtl. anderen passiert sein könnte?

In meinem Poesiealbum haben sich Schwester, Tanten und einige der Mädchen verewigt.
Schwester Lieselore (die u.a. schrieb: "...Was wir brauchen in guten und bösen Tagen, das sind Menschen, die mit uns lieben, leiden und tragen...!" Ein Bild ist mit eingeklebt, auf dem das "Waldhaus" zu sehen ist. Ob ich in diesem Gebäude war, weiß ich nicht mehr. "Tante" Petra und "Tante" Claudia sowie aus meiner Gruppe Ursula G. aus Darmstadt, Gabriele B., Gerda A., Ursula Oe., Karin, Eva.
Auf der Heimfahrt mit dem Zug wurde ich von einer Schwester begleitet.

Vielleicht will es der Zufall, dass hier jemand liest, der in der Zeit auch dort war!

Liebe Grüße an Alle!
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Heinz-Theo Jopen aus Grevenbroich schrieb am 23.10.2022
Im Jahr 1972, während der Olympischen Spiele in München, war ich auf solch einer Kur. Das Heim in Bad Kreuznach war ein Altbau, Die Gruppennamen wurden mit Vogelnamen betitelt. Ich kam in die Gruppe der Spechte. Das Heim wurde von Nonnen geleitet, denen man wohl jede Menschlichkeit genommen hatte. Misshandlungen durch Schläge, Demütigungen und zum Zwang erbrochenes zu essen. Briefe nach Hause wurden auf einer Tafel vorgeschrieben und kontrolliert. Bis heute leide ich unter dem was mir in dieser Zeit widerfahren ist. Ich hoffe auf diesem Portal jemanden zu finden, der eine Erinnerung an dieses Heim hat und vielleicht auch bei den Spechten und Finken oder Spatzen war. Ich könnte noch mehr Details schildern, jedoch gehts mir grad nicht so toll, kommt wieder vieles hoch. Bitte meldet euch,
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Marita aus Kalkar schrieb am 22.10.2022
Sechs Wochen lang wurde ich als 4 jähriges Kleinkind in das Kindersanatorium Höhenklinik der Schwester Frieda-Klimsch-Stiftung in Königsfeld im Schwarzwald verschickt. Der Grund waren häufige Atemwegserkrankungen und wenig Gewicht.
Am Bahnhof in Duisburg musste ich mit einer fremden "Tante" gehen. Ich habe geweint weil ich nicht gehen wollte. An die Fahrt selber habe ich nur die Erinnerung das es ganz lange war.
Im Sanatorium waren dann noch weitere drei Mädchen und sieben Jungen. Bei den Mädchen war ein Geschwisterpaar. An einige, für mich bis heute traumatische, Ereignisse erinnere ich mich sehr gut.
So musste ich mich bei jeder Untersuchung beim Arzt nackt ausziehen, auf die Waage, kontrollieren ob ich zugenommen habe,dann Untersuchung durch den Doktor.
Beim Essen gab es große Portionen die ich auch immer aufessen musste, egal wie lange es gedauert hat. Nach dem Essen mussten alle Mittagsschlaf halten. Zwei Stunden lang. Die Augen müssten zu sein. Das wurde kontrolliert.
Danach gab es den Spaziergang im Wald. Wir durften aber nur auf dem Weg laufen. Einmal habe ich mich hingehockt, da ich ein Eichhörnchen gesehen habe, da wurde ich sehr unsanft von der Schwester weggezogen. Der Geruch von Waldboden im Herbst verursacht seitdem bei mir das Gefühl zu ersticken.
Zwei Situationen sind mir als besonders grausam in Erinnerung geblieben. Zum Einen durfte aus dem Schlafraum kein Laut zu hören sein sonst gab es Strafe. Einmal hatte ich so großes Heimweh das ich geweint und geweint habe. Die Schwester kam reingestürmt, zog mich aus dem Bett und stellte mich hinter einen dicken Vorhang auf dem Flur. Da musste ich muchsmäuschenstill stehen bleiben bis sie mich wieder abgeholt hat.
Ein anderes Mal haben die Geschwister ganz ganz leise miteinander geredet. Die Schwester dachte wohl ich war die, die geredet hat und zerrte mich aus dem Bett und sperrte mich in einen kleinen Raum. Ich musste mich auf einen Klavierstuhl zwischen Klavier und Kleiderschrank setzen. In diesem Raum waren so unglaubliche Geräusche. Gefühlt saß ich dort die ganze Nacht.
Am 13.10. hatte ich Geburtstag und wurde fünf Jahre alt. Auf diesen Tag habe ich mich gefreut, da mir gesagt wurde meine Eltern hätten Geschenke geschickt. Mein Platz wurde mit ein paar Blüten und Blättern geschmückt. Dann bekam ich von den Geschenken meiner Eltern eines. Alles andere wurde auf alle aufgeteilt.
Irgendwann durfte ich endlich nach Hause fahren.
Meine Mutter hat mich dann in Duisburg am Bahnhof wieder in Empfang genommen.
Viele Jahre später sagte sie mir sie hätte noch nie ein Kind gesehen das so verwahrlost und verdreckt nach Hause gekommen wäre.
Als ich mit meiner Schwester mal über den Aufenthalt geredet habe, sagte sie mir das sie sich nur daran erinnert das ich mit kaputtem Rock und Löchern in der Strumpfhose wie ein armes Würmchen auf dem Bahnhof angekommen bin und ein Schild um den Hals hatte wie ein Gepäckstück.
Bis heute, 55 Jahre nach diesem Aufenthalt sind viele Erinnerungen sehr präsent. 2020 musste ich zur Reha und hatte ziemliche Panik. Mein Mann, der bereits eine bewilligte Reha hatte, hat dann mit mir gemeinsam gekämpft das wir zur gleichen Zeit in die gleiche Klinik fahren konnten.
Im nächsten Frühjahr wollen wir nach Königsfeld fahren, da ich das Gefühl habe, ich muss den Ort,an den ich so grausame Erinnerungen habe nochmal aufsuchen.
Es tut mir Leid wenn ich zu viel geschrieben habe, aber es gibt noch unendlich vieles, was ich im Nachgang mit den Ereignissen im Sanatorium in Zusammenhang bringen würde.
Vielen Dank für die Möglichkeit hier zu schreiben.
Ganz liebe Grüße
Marita
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Ursula Wünsch aus Berlin Biesdorf schrieb am 22.10.2022
Im Kurier in Berlin las ich den Artikel über Heimweh und Schikane in Kinderkurheimen in der DDR. Mir kommt das Kotzen beim Lesen. Ich war dreimal verschickt und ich habe total andere Erfahrungen gemacht. Mir geht die verdammte Hetze gegen alles, was aus der DDR kommt, so auf den Geist und ich finde die Profilierungssucht mancher
" Wissenschaftler " unerträglich. Ich stelle mich gern einem seriösen Gespräch, falls es einen interessiert. Ich komme aus einem einfachen Haushalt, bin die älteste von 8 Kindern. Habe bis zum 68. Lebensjahr als Diplom Formgestalter gearbeitet - immer freischafend in der DDR und fürs westliche Ausland. Ich werde morgen 76 und ich lasse mir von niemanden ein X vors U machen.
Mit freundlichen Grüßen
Ursula Wünsch
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Norbert Zipper aus Bonn schrieb am 18.10.2022
Hallo und Guten Morgen, in dem o.g. Zeitraum war ich ein Berliner Verschickungskind von der Bundespost. Leider habe ich an diese Zeit keine Erinnerung mehr und würde mich freuen, wenn ich ein Person finden würde, die in demselben Heim zu dieser Zeit war. Mir ist es wichtig zu wissen, es dort auch Übergriffe auf die Kinder gab. Alle Recherchen die ich bisher führte haben mir keine Auskunft geben können. Eine Antwort bitte per E-Mail oder telefonisch: 0228 54 86 52 92. Vielen Dank im voraus. Norbert Zipper aus Bonn
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Elke aus Augusta schrieb am 18.10.2022
Das erste Mal das ich ins Kinderheim verschickt wurde, war vor meiner Einschulung. Wie das Kinderheim geheissen hat, daran kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Aber das ich mit fast 6 Jahren (geb. 1959) in ein Gitterbett gesteckt wurde. Einen Abend waren die anderen Kinder laut, aber sie haben mich beziechigt. Ich musste dann im Schlafanzug barfuss im Keller in einer Ecke stehen. Ich habe bitterlich geweint, als ich wieder nach Hause kam. Trotzdem haben mich meine Eltern oefters in Kinderheime geschickt. So war ich auch in Borkum, im Haus Blinkfuer. Da hat man mich gewungen einen Teller Kirschsuppe zu essen. An das Jahr kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Ich mag keine Kirschen. Ich dachte diese Vorkommnisse waeren ein Einzelfall. Nun weiss ich es besser und bin froh, das es nicht noch schlimmer gewesen ist.
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Maria Katharina aus Karlsruhe schrieb am 16.10.2022
Ich war in den 1980er auf Borkum, habe heute zum ersten Mal von den Verschickungskindern gelesen. Wenn ich daran zurückdenke, dann war ich bisher der Meinung, dass es an mir lag, dass ich mich während dieser Zeit unwohl fühlte, es lag an mir, weil ich so bin wie ich bin. Es ist meine Schuld gewesen, so zu empfinden. Mit mir ist etwas nicht richtig.
Wir mussten uns jeden Abend im Waschsaal gemeinsam ausziehen und waschen und wir wurden auf Läuse und Zecken am ganzen Körper untersucht, ich habe mich dabei so sehr geschämt, bis heute habe ich ein Gefühl von Scham in mir. Der Teller musste leer gegessen werden, wer das nicht tat wurde bloßgestellt und musste so lange sitzen bleiben, bis alles aufgegessen war, auch wenn es Stunden gedauert hat, wir mussten alles probieren, was auf dem Speiseplan stand, alles, ob man es mochte oder nicht. Ich habe mir schnell angewöhnt zu schlucken, nicht zu kauen. Wir waren mehrmals in der Woche zum inhalieren an Inhalationsgeräten, obwohl es keinen medizinischen Grund dafür gab. In den Schlafräumen gab es ca 30 Betten, ich hatte Angst herauszufallen, weil sie so schmal gewesen sind, auch hatte ich Angst nachts zur Toilette zu gehen, es durfte kein Licht angemacht werden, ich hielt dann die ganze Nacht den Urin zurück. Mit anderen Kindern hatte ich keinen Kontakt, ich war alleine, das fiel anscheinend keinem Pädagogen auf. Ich bin bis heute traumatisiert, bis heute habe ich Angst zu sagen, wenn mich von meinem Gefühl, meiner Intuition her etwas stört, etwas nicht stimmig ist, sich falsch anfühlt, dann unterdrücke ich dieses Gefühl, halte einfach aus, verlasse die Situation nicht, obwohl sie mir nicht gut tut, ich gegen mich arbeite, das konnte ich auf Borkum ja auch nicht, ich konnte nicht weg, mich niemanden anvertrauen, ich musste einfach nur durchhalten und nicht auffallen. Sicherlich kann ich mich nicht mehr an alles erinnern, vielleicht gab es viel mehr und ich will und kann noch nich hinschauen. Ich habe mich ganz oft gefragt, woran dass es liegt, dass ich mich so sehr verbiege, immer und immer wieder, woher nur diese Angst und Selbstverleugnung kommen mag.
Vor 6 Jahren hatte ich einen Burnout, ich stehe nun wieder kurz davor, weil ich es nicht schaffe, eine schlechte Situation zu verlassen, ich fürchte mich vor Konsequenzen und halte aus.
Ich wurde als Kind gebrochen.
Ein Muster, dass sich unbewusst seit vielen Jahren wiederholt.
Danke für die Berichterstattung und meine Erkenntnis ?.
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Dominique Bridstrup aus Kiel schrieb am 16.10.2022
Hallo, ich bin 1974 mit 6 Jahren vor der Einschulung nach Fischen verschickt worden, um abzunehmen. Mittags sollten wir immer Mittagsschlaf machen, das konnte ich aber nicht. Zur Strafe musste ich im Flur stehen während der gesamten Mittagsruhe mit dem Gesicht zur Wand.
Ich hatte ein Stoff-Taschentuch dabei, an dem ich mich während der ganzen sechs Wochen festgehalten habe als Kuscheltier bzw. Schnuffeltuch.
Ohne dieses Tuch wäre ich dort vielleicht verzweifelt, das Tuch hat mich gehalten und beschützt.
Dieses Tuch hatte ich noch als junge Erwachsene und konnte ohne das mittlerweile ziemlich zerfetzte Tuch nicht einschlafen.
Meine Mutter hatte mir Naschipakete geschickt, die wurden dann unter allen Kindern aufgeteilt.
Das tat mir auch weh, da diese Pakete der einzige Bezug nach Hause waren.
Ich konnte noch nicht schreiben, nur Bildern und mich nicht nach Hause mitteilen, dass es mir schlecht ging.
Auf dem Rückweg von Bayern nach Norddeutschland habe ich während der ganzen Zugfahrt gespuckt vor lauter Heimweh wieder nach Hause zu kommen.
Meine Mutter hat erzählt, dass ich bei Ankunft tagelang nicht mit ihr gesprochen habe.
Dieser Aufenthalt war höchst traumatisierend für mich, da meine Lebendigkeit unterdrückt wurde und ich mich total einsam gefühlt habe.
Als ich dann eingeschult wurde, haben mich ein Jahr lang meine Mitschüler/innen gemieden. Ich weiß nicht, ob das miteinander im Zusammenhang steht.
Das fällt mir jetzt gerade noch dazu ein, wo ich das hier niederschreibe.
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Manja schrieb am 13.10.2022
Ich kann mich erinnern, mit einem Bus gereist zu sein.
Ich war das erste Mal weg von zu Hause.
Heimweh war an der Tagesordnung.
Ich würde nach Kröchlendorff verschickt.
Epilepsie und viel zu dünn.... Noch vor Schulbeginn.
Schreiben und etwas lesen konnte ich dennoch damals schon. Ich war etwa 7.
Ich erinnere mich an Schlafsäle, Altersgemischt aber Geschlechtergetrennt.
Morgens musste man sich, egal wie alt, im Schlüpfen auf dem Flur aufreihen und sich gegenseitig mit einer Bürste den Rücken abbürsten. Den älteren Mädchen würden die Arme vor den Brüsten weggeschlagen, die sie dort aus Scham hielten.
Wir mussten vor dem Frühstück Wechselduschen. Oder wurden einfach mit kaltem Wasser abgespritzt weil wir so schwach seien. Wassertreten war auch immer schön. Andere Kinder würden aufgefordert den kleinen Schwächen dabei die Beine zu stellen.
Essen war eine Qual.
Ich saß oft stundenlang im Speisesaal und mir wurde gedroht das ich nie wieder nach Hause dürfte, sollte ich nicht essen.
Es haben sich reihenweise Kinder übergeben.
Weiteressen musste man dennoch.
Einmal saß ich vom Frühstück an, bis weit nach dem Abendessen. Allein das die sogenannte Erzieherin zu Toilette musste rettete mich, das die Frau aus der Küche Mitleid mit mir hatte und es wegwarf. Ich musste natürlich behaupten ich hätte es gegessen.
Niemand durfte Nachts zur Toilette, machte man es dennoch und Würde erwischt wurde man bestraft, in den Wäschekeller gebracht.
Hat man ins Bett gemacht, weil man es nicht mehr ausgehalten hat wurde man daran festgebunden und lag dort den halben Tag.
Wir mussten in unsere Kleidung Wäschetiketten einnägen, waren diese ab und man vermisste etwas wurde man auch den ganzen Tag in den Wäschekeller gesperrt und musste sämtliche Wäsche sortieren.
Ich erinnere mich an ein Mädchen aus Halle, sie war bestimmt 8-9 Jahre älter als ich. Sie erzählte viel. Wie schön ihr Leben sei, ihre Eltern seien reich und sie kaufen nur im Intershop.
Sie lachte immer, egal was sie ihr antaten.
Es wurden mit uns Freizeitaktivitäten unternommen. U. A. Ein jagdspiel...
Kinder in besseren körperlichen Verfassungen, die eher wegen angeblicher sozialer Auffälligkeiten dort waren, wurden als Jäger eingeteilt. Der Rest als Flüchtende. Ja so wurde es genannt.
Sie sollten uns im Wald jagen, finden und rausbringen, wo wir uns hinknien mussten mit den Armen hinterm Rücken und als "gefasst" galten. Sie sollten schreien, laut rufen, mit Ästen klopfen um uns aufzuscheuchen, das war ihr Auftrag.
Eine Erzieherin war nett, sie erzählte uns auf einem Spaziergang einmal das sie dort nicht arbeiten möchte, aber müsse, sie lebte im Nachbarort.
Post nach Hause durfte auch geschrieben werden. Ich konnte ein paar Worte schreiben und habe die anderen gefragt wie man das schreibt.... "bitte holt mich ab, ich möchte nach Hause".
Die Karte wurde gelesen, or allen anderen zerrissen u D ich musste eine neue schreiben. Der Text wurde mir aufgeschrieben und ich musste es abschreiben. Wie schön es sei.... Ich habe geheult, die Tränen waren auf der Karte... Aber so durfte sie abgesendet werden.
Ein Junge wurde zwischendurch abgeholt. Wir waren alle neidisch.
Ich war u. A. Dort um vor der Schule meine Epilepsie Medikamente zu reduzieren. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals dort Tabletten erhalten zu haben. Deshalb nehme ich an, verbrachte ich auch einen Tag auf der Krankenstation. Dort war es wie Erholung.
Heute stelle ich mir immer wieder die Frage wieso wir dort hin mussten.
In der DDR sicher nochmal aus anderen Gründen, politischen Gründen.
Ich bin fest davon überzeugt, daß wir gebrochen werden sollten um erst gar nicht Republikuntreu zu werden.
Ich habe viele Theorien warum das so sein könnte.
Ich habe lange verdrängt was ich dort erlebt oder gesehen habe. Erst vor ein paar Tagen lernte ich den Begriff "Verschickung" kennen.
Und plötzlich sind die Erinnerungen wieder präsent.
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Christine schrieb am 12.10.2022
Ich war sieben Jahre alt, da musste ich 1978 zu einer Kinderkur nach Sinnershausen bei Meiningen. Diese Zeit wird mir ewig in Erinnerung bleiben, denn es war keine gute.
Aufgewachsen bin ich in einem liebevollen Elternhaus und ich hatte eine unbeschwerte und fröhliche Kindheit. Bis auf den Fakt, dass ich wohl etwas zu dünn war, war mit mir alles in Ordnung. Ja, ich war extrem mäkelig, was fettiges Essen anging. Na und? Mäkelig zu sein ist doch kein Makel, sondern gehört meist bei jedem Menschen, ob jung oder alt, zum Leben dazu. Meine Mutti hat immer lecker gekocht und niemand hat mir zuhause Essen reingezwungen, das ich nicht möchte. Und ja, ich habe die ein oder andere Kinderkrankheit nicht so leicht weggesteckt, wie andere Kinder. Dennoch war ich in meiner Entwicklung nicht zurückgeblieben. Die Idee eines Arztes, meine allgemeine Konstitution in Kombination mit einer Gewichtszunahme durch eine Kinderkur zu stärken, haben meine Eltern unterstützt. Und schon mal vorweg, das habe ich ihnen niemals zum Vorwurf gemacht.
An vieles kann ich mich nicht mehr erinnern oder ich habe es verdrängt. So zum Beispiel, dass die An- und Abreise mit einem Bus erfolgte. Erinnerungen an die Ankunft selbst sind präsent. Der Bus hielt vor einem großen Haus, das ziemlich isoliert umgeben von bergigen Wiesen mit Kühen und Bäumen in der Landschaft stand. Das Haus selbst erschien mir riesig, verwinkelt mit Treppen, vielen Räumen und dunklen Treppenaufgängen. Wir wurden nach Jungen und Mädchen in Gruppen aufgeteilt. Geschlafen haben wir dann in der oberen Etage in einem Zimmer, dass mit vielen Betten zugestellt war. Wir hatten auch jeder einen kleinen Schrank für unsere Sachen.
Plötzlich umgaben mich fremde Kinder und Erwachsene. Ich hatte furchtbares Heimweh und habe mich dort nicht wohl gefühlt. Zum einen war es für mich eine neue Erfahrung, dass Kinder mich nicht mochten. Sie nannten mich Brillenschlange und ich war in kürzester Zeit eine Außenseiterin. Von Kindern abgekanzelt und schikaniert zu werden, kannte ich nicht und das tat schrecklich weh. Zum anderen wurde diese Isolation noch extremer, weil die Erzieherinnen dem keinen Riegel vorgeschoben haben. Ganz im Gegenteil, sie haben dabei noch mitgemacht und die anderen Kinder dadurch noch bestärkt. Ich habe an die Erzieher nicht eine gute Erinnerung. Es gibt aus der Zeit zwei Fotos. Ein Einzelfoto von mir an einem Tisch im Speiseraum und ein Gruppenfoto auf einer geschwungenen Treppe mit den anderen Kindern und einer Erzieherin. Die Fotos waren für unsere Eltern und wir mussten dafür in die Kamera lachen. Zum Lachen war mir nicht zumute, aber was hätte es gebracht, es nicht zu tun. Der Gesichtsausdruck der Erzieherin auf dem Foto spricht Bände. Sie schaut streng ohne einen Hauch von Freundlichkeit, geschweige denn einem Lächeln. Da war nur Kälte. So habe ich es jedenfalls empfunden.
Das Heimweh war allgegenwärtig und ich weiß nicht wie oft ich geweint habe. Ich wollte nur nach Hause und habe mich so verlassen gefühlt. Einmal hatte ich Hoffnung, dass sich an der Situation etwas ändern würde. Dass meine Eltern kommen würden, um mich abzuholen. Denn wir durften nach Hause schreiben. Wir bekamen alle eine Postkarte und ich weiß bis heute, was ich geschrieben habe: „Liebe Mutti, lieber Vati, die Kinder und die Erzieher sind gemein zu mir. Das Essen schmeckt nicht. Könnt ihr mich abholen kommen?“ Der Blick der Erzieherin hat sich bei mir eingebrannt, als sie las was ich geschrieben hatte. Ich bekam eine neue Karte und musste unter Aufsicht schreiben: „Liebe Mutti, lieber Vati, die Kinder und Erzieher sind alle lieb. Das Essen schmeckt gut und es gefällt mir hier.“ Damit erlosch jede Hoffnung, nach Hause zu kommen. Und beliebter hat mich das leider auch nicht gemacht.
Besonders schlimm ist eine Erinnerung an den dunklen Keller. Ich weiß nicht wie oft es war, aber ich kann mich noch genau daran erinnern, dass es dort einen gefliesten Raum gab. Wir mussten uns alle nackig ausziehen und uns mit dem Gesicht zur Wand aufreihen. Ich weiß noch, dass mir furchtbar kalt war und dass ich Angst hatte. Plötzlich schoss ein kalter harter Wasserstrahl von hinten auf mich. Der Druck war so extrem, dass ich mit voller Wucht an die Wand gedrückt wurde. Es war schrecklich. Manchmal frage ich mich, ob ich mir diese Erinnerung nur einbilde. Kann man wirklich so brutal mit wehrlosen Kindern umgehen? Ja, sie konnten es wohl.
Besondere Angst hatte ich auch vor den Mahlzeiten. Das viele Essen empfand ich als Last und hat mich den ganzen Tag über begleitet. Aufstehen, frühstücken, raus an die frische Luft, bewegen und schon gab es wieder zu essen. Es nannte sich zweites Frühstück und bestand aus klebrig süßem Saft oder einer Fruchtschnitte. Irgendwann Mittagessen und die Portionen waren nicht klein. Unter dem strengen Blick der Erzieherin musste immer aufgegessen werden. Würgereize, Tränen und Protest spielten keine Rolle. Sie ließ sich nicht erweichen und hatte uns fest im Blick. Ich saß an einer Säule an einem Vierertisch mit einer Wachsdecke. Und je länger ich dort saß, umso mehr verschwamm das Muster auf ihr. Es gab einfach kein Entrinnen. Besonders schlimm waren fettige Sachen oder Wurst zum Abendessen. Ich habe mich so sehr davor geekelt. Das Gefühl etwas zu essen war nicht mehr positiv belegt. Essen ging nur noch mit puren negativen Stress einher.
Von meiner Mutti weiß ich, dass ich mit weniger Gewicht nach Hause gekommen bin. Beim Kofferauspacken fand sie Scheiben von alter vergammelter Wurst und konnte sich das damals nicht erklären. Ich habe aber wohl auch nichts erzählt. Erst viele Jahre später. So auch die Geschichte mit der Wurst im Koffer. In meinem Schränkchen im Schlafsaal hatte ich ein Versteckt von Essen angelegt, dass ich aus dem Speisesaal schmuggeln konnte.
Die Zeit in Sinnershausen hat mich definitiv geprägt und mich in meiner charakterlichen Entwicklung beeinflusst. Aber das ist eine andere Geschichte.
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Karin aus Willing schrieb am 12.10.2022
Hallo,
ich suche andere Verschickungskinder die auch in Bad Sachsa waren. Ich habe keine Erinnerungen
wenn etwas ganz schrecklich ist verdrängt der Geist ja alles um weiterzuleben. ich war 6,7,8 Jahre alt.und angeblich zu dünn. Welches Heim weiß ich nicht. Ich weiß garnichts.Ich komme aus Kiel und es war wahrscheinlich von der Barmer.
Viele liebe Grüße
Karin Willing
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Karin Grund geb Würfl aus Marktredwitz schrieb am 11.10.2022
Ich war mehrmals mit meiner Zwillingsschwester in verschiedenen Kurheimen. Ich kann mich noch erinnern dass es auf Borkum und im Schwarzwald gewesen sein muss. Aufenthalt war ca 6 Wochen im Sommer. Wegen Übergewicht und Asthma waren wir dort. Ich kann mich an nicht viel erinnern. An viele Tränen und Heimweh, vorgefertigte Briefe die man abschreiben musste für die Eltern, die Kinder mit den Übergewicht waren seperat an Tischen gesessen. Als Süßigkeit gab es Lakritzschnecken. An Fahrradtouren durch die Dünen. Salzkammern zum inhalieren. Habe leider keine Unterlagen und meine Eltern sind schon verstorben.
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Merle M aus Gelnhausen schrieb am 11.10.2022
Als Kind wurde ich in den 70gern ins Kinderkurheim St. Peter Ording geschickt. Wir mussten auf Betten schlafen, die nicht mal eine Matratze hatten. Zu essen gab es Schleimsuppe, da kann ich mich noch genau dran erinnern. In der Zeit des sogenannten Kuraufenthaltes hatte ich Geburtstag. Meine Eltern hatten mir ein Paket mit einem Geschenk und Leckereien geschickt, doch davon habe ich nichts bekommen. Es würde aufgeteilt werden. Doch keiner bekam etwas. Ein Klassenkameraden aus der Grundschule war mit mir dort. Seine Eltern kamen zu Besuch, als sie die Umstände dort sahen haben sie ihren Sohn rausgeholt. Lange Telefonate mit meinen Eltern und der Heimleitung, sie wollten mich auch mitnehmen, brachten nichts. Meine Eltern sollten mich selber abholen. Morgens wurde man mit kaltem Wasser geweckt. Wollte man das Essen nicht, wurde man bestraft. Bei Urin im Bett gab es auch mal Hiebe. Wenn meine Eltern anriefen, dann durfte ich nicht mit ihnen telefonieren. Außer ganz kurz an meinem Geburtstag, da stand jemand dabei. Meinen Schulfreund durfte ich während dem Aufenthalt nur beim Essen sehen.
Meine Mutter hatte für den Aufenthalt neue Unterwäsche, Strumpfhosen, Pullis und vieles mehr gekauft. Es wurde mir alles abgenommen. Zurück kam ich mit alten, kaputten Sachen. Ich sollte damals zunehmend und kam verängstigt und abgemagert zurück.
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Julia aus Dinslaken schrieb am 11.10.2022
Ich wohnte in Bottrop und meine Mutter war Beamtin bei der Stadt Bottrop und die Verschickung lief ihrer Angabe zufolge über die Stadtverwaltung.
Eine Kinderkur der Stadtverwaltung. Organisiert über das Gesundheitsamt der Stadt.

Meine Mutter hat damals den Transport von Bottrop bis Freiburg per Zug begleitet und ab Freiburg ging es im Bus nach Bad Rippoldsau.

Das Ganze hat im Frühjahr oder Sommer 1975 (oder 1976) stattgefunden, ich versuche gerade noch herauszubekommen, wann genau. Ich war jedenfalls erst 5 (oder 6) und konnte noch nicht schreiben. Karten an meine Mutter wurden für mich geschrieben.

Ich habe noch zu einem anderen ehemaligen Verschickungskind Kontakt. Sie war mit mir in Bad Rippoldsau. Sie musste damals wegen einer Windpocken-Erkrankung sogar noch länger bleiben und ist nach eigenen Angaben krank vor Heimweh geworden, da sich niemand um sie gekümmert hat.

Wir erinnern uns beide an Nonnen, waren aber auch gemeinsam zu einer Verschickung in Küstelberg und können nicht mehr sagen, ob die dort oder in dem anderen Heim waren.

Ich würde gern mehr Informationen über die Operation, Medikamentengaben oder ähnliches finden. Mir wurde der Daumennagel gezogen. Meine Mutter wurde damals nicht über die Operation informiert und wurde auch vorher nicht um Erlaubnis gefragt. Ich erinnere mich daran, dass ich eine Vollnarkose bekommen habe und mit dick verbundenem Daumen erwacht bin. Ich erinnere mich, dass mir gesagt wurde, dass meine Mutter das erlaubt hat. Das hat meine Mutter verneint. Mir wurde keine Begründung für diese Operation gegeben. Mir wurde nicht erklärt, was ich habe und warum so etwas nötig ist. Ich erinnere mich an große Hilflosigkeit und Angst. Meine Mutter hat leider nach meiner Ankunft nichts unternommen, um die Verantwortlichen zu befragen.

Darüber hinaus erinnere ich mich an viel Zwang, was Essen angeht. Es gab Stapel mit Broten und eine Belohnung, wenn man möglichst viele davon gegessen hat. Ich musste Dinge essen, die ich nicht mochte und stundenlang allein im Schlafsaal vor einem Teller Rote Bete sitzen. Ich hatte noch jahrelang eine krasse Abneigung gegen dieses Essen.

Ich erinnere mich daran, zum Mittagsschlaf gezwungen worden zu sein. Und an große Angst, entdeckt zu werden, wenn ich nicht geschlafen habe.
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Monika Linn aus St.Ingbert schrieb am 10.10.2022
Ich war 1956 oder 1957 mit 6/7 Jahren für 6 Wochen durch die Kinderverschickung der Deutschen Bahn im Viktoriastift in Bad Kreuznach. Eigentlich habe ich es positiv in Erinnerung. Auch Die Betreuerin „Tante Ellen“ habe ich als nett in Erinnerung. Ich habe nur aus Heimweh damals Nägel gekaut. Später war ich nochmal weg in Bad Tölz im Prinzregenten Kinderheim. Dort gab es für sensible Kinder furchtbare Regeln. Ich war damals schon 13 und weiss noch ganz genau, dass Mädchen ihr Erbrochenes gefüttert bekamen. Grausam, aber dort sollte man in den 6 Wochen zunehmen, warum auch immer. Wie gemästetes Vieh.
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Martha schrieb am 10.10.2022
Gestern erfuhr ich in der Sendung planet wissen in ARD alpha vom Schicksal der Verschickungskinder. Ich war eines davon, denn meine Eltern machten sich Sorgen um ich, weil ich sehr dünn und häufig krank war.
Ich habe weder besonders gute, noch besonders schlechte, Erinnerungen an meinen Aufenthalt in SPO im Heim Quisisana. Ich erinnere Traurigkeit und Heimweh und mein Bemühen möglichst unauffällig im Getriebe des Heimes zu sein.
Nach der Sendung war mir jedoch so schlagartig klar, dass diese Zeit Wunden hinterlassen hat: Nach mich tief berührenden Ängsten habe ich jedes Mal mit nächtlichem Bettnässen reagiert, dessen Auftreten ich mir bisher noch nicht erklären konnte.
Jetzt, plötzlich, kann ich weinen und hoffentlich auch heilen.
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Nadja Hantschel aus Berlin schrieb am 10.10.2022
Ich war wegen Untergewichts 3 Wochen in Berlin-Buch zur Kur und sollte dort zunehmen. Meiner Mutter kann ich das nicht verübeln, sie wusste ja nicht wie schlimm die Heime waren und sie war froh, dass sie als alleinerziehende Witwe mit 3 Kinden mal für 3 Wochen eins abgeben konnte. Ihr mache ich keine Vorwürfe. Ich kann mich noch sehr gut an diese Kur erinnern. Ich war 4 oder 5, das muss also 1986 oder 1987 gewesen sein.
Ich wollte da nicht hin, welches Kind möchte schon in dem Alter 3 Wochen lang von der Familie getrennt werden. Ich habe bei Abreise fürchterlich geweint. Ich war ein gesundes Kind und kam vestört und traumatisiert nach Hause, habe aber meiner Mutter (mein Vater war 1983 verstorben) allerdings nicht erzählt wie es dort war. Vermutlich habe ich mich geschämt.
Die Zeit dort war geprägt von Angst und Traurigkeit. Im Rückblick verstehe ich jetzt warum ich ein Problem habe mit Autorität und mit Vertrauen und warum ich nicht gern gegessen habe.
Wir wurden zum Essen gezwungen, mussten doppelte Portionen essen und das Essen hineinzwingen. Wir durften nachts nicht auf Toilette, was dazu führte, dass mal ein Malheur passierte. Diese Scham, schrecklich. Ich habe in einem Gitterbett geschlafen, das viel zu klein war für mich, ich war ja schon 4 oder 5. Nachts habe ich vor Verzweiflung geweint und wurde dafür bestraft, eine Erzieherin hat mich mit ihren langen Fingernägeln gekniffen und mir gedroht. Man wurde überhaupt ständig bestraft.
Beim abendlichen Sandmannschauen im Fernsehzimmer hatte ich nach draußen geschaut, die Tür stand offen und dort stand ein Aquarium, ich hatte so etwas noch nie sehen und habe den bunten Fischen zugeschaut. Die Erzieherin hat mich daraufhin bestraft und ich musste mich neben sie stellen, die Tür wurde geschlossen und ich wurde zum Fernsehen gezwungen.
Diese 3 Wochen waren sehr prägend für mich und haben nicht dazu beigetragen, dass ich besser gegessen habe und dass ich mich gut entwickelt hätte.
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Katharina aus Bremen schrieb am 10.10.2022
Hallo,
zweimal wurde ich nach St. Peter-Ording in das Frisia (wenn ich das richtig erinnere) verschickt. Es war gruselig. Ich wurde zum Glück nicht so sehr schikaniert, weil ich es von zu Hause gewohnt war, möglichst nicht aufzufallen. Für mich war es einfach nur eine sehr unangenehme Zeit. Aber was ich dort erlebt habe, was an anderen Kindern "verbrochen" wurde, treibt mir heute noch die Tränen in die Augen. Nach dem 2. Aufenthalt habe ich einen derartigen "Zirkus" zu Hause veranstaltet, dass sogar meine sehr autoritären Eltern aufgegeben haben. Im krassen Gegensatz dazu stand das Erholungsheim in Willingen im Sauerland, an das ich nur gute Erinnerungen habe. Also auch damals hat es schon mal ein aus meiner Sicht gutes Erholungsheim gegeben.
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Katharina aus Bremen schrieb am 10.10.2022
Hallo,
in Willingen im Sauerland war ich 1964 und nochmal 1972. Die Heimleitung hatte eine Frau Nolte (wenn ich das recht erinnere). Dort habe ich mich außerodentlich wohl gefühlt! Das muss an dieser Stelle auch einmal gesagt sein. Das war für mich ein vorbildliches Kindererholungsheim. Im Gegensatz zu anderen Erfahrungen, die ich leider in St. Peter-Ording machen musste.
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Harald Blank geb. Karlsch aus Berlin schrieb am 09.10.2022
Hallo,
als ca 5/6-Jähriger wurde ich nach Bad Salzdetfurth verschickt, vermutlich zum Aufpäppeln. Leider konnte ich nicht mit meinen Bruder verschickt werden, der kam nach Wyk auf Föhr. Das war eher entäuschend. Nun war ich alleine dort und es passierte mitten in der Nacht ( Ich werde es nie vergessen )..ich nässte ein, die Nachtaufsicht bekam dies mit. Sie hetzte die anderen Kinder in diesem großen Schlafsaal nun dazu auf, mir wegen der nächtlichen Störung eine Lektion zu erteilen. Ich lag in dem nassen Bett um mich herum ein Bettgitter..und nun um mich herum alle Kinder, die mit allem auf mich einschlugen. Nach der Lektion musste ich noch zur Strafe geraume Zeit im Flur auf einen Holzstuhl sitzen bis, ich wieder ins Bett durfte. Von da an stand ich jeden Tag bis zum Ende der Reise am Fenster und wartete auf meine Mutter. Seitdem ist dieser Vorfall Teil meines Lebens.
Gruß Harry aus Berlin
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MonikaD schrieb am 09.10.2022
Eigentlich hätte der Fernsehbeitrag über die Verschickungskinder vom 7.Okt. 2022 mit einer Triggerwarnung versehen werden müssen, denn ich reagierte augenblicklich mit Herzrasen und massiver Übelkeit darauf. Vom Begriff selbst hatte ich noch nie etwas gehört.

Wegen Neurodermitis an beiden Armen wurde ich 1974 als Achtjährige nach Norderney in Kinderkur geschickt. Beim Anblick des Heimes, dessen Namen ich nicht mehr weiß, dachte ich, es sei ein Dornröschenschloss, innen herrschte aber der blanke Horror.
Ich kann mich nur bruchstückhaft erinnern, mutmaßlich ist noch viel mehr geschehen: Es herrschte ein empathieloses Unterdrückungssystem mit ganz viel Angst und fürchterlichem Heimweh.
Im Schlafsaal und im Speisesaal hatte Ruhe zu herrschen. Wer aus der Reihe tanzte, wurde reglementiert und bloßgestellt. Der Nachtisch war in der Tischmitte in Glasschälchen ungleichmäßig abgefüllt, wer mit der Hauptspeise zuerst fertig war, durfte sich das größte Schälchen nehmen. Als vormals nörgeliger Esser stopfte ich alles widerwillig in mich hinein, um etwas mehr Nachspeise zu ergattern, denn der Teller musste leergegessen werden, da gab es keinen Verhandlungsspielraum.
Ersehnte Briefe aus der Heimat – Schreiben, die nur für mich persönlich waren - wurden öffentlich im Speisesaal vorgelesen, ausgehende Briefe korrigiert und zensiert. Jede Nacht weinte ich lautlos unter der Bettdecke und las mit der Taschenlampe die geliebten Zeilen meiner Familie tausende Male.

Der erzwungene Mittagsschlaf musste ohne einen Mucks vonstatten gehen. Aus Langeweile warfen wir uns meinen Teddy von Stockbett zu Stockbett zu und kicherten so leise wie möglich. Er landete dummerweise in einem mit Wasser gefüllten Kotzeimer und ich zur Strafe für ein paar Stunden in einem Extraraum für Störenfriede, wo ich auf einem Stuhl sitzend auf Erlösung warten musste.

Das nächtliche Toilettenverbot war für mich die schlimmste aller Regeln, denn dadurch musste ich erst recht aufs Klo und mich entscheiden, entweder ins Bett zu machen oder den heimlichen Weg aufs Örtchen zu riskieren. Beides wurde bestraft, so landete ich des öfteren im separaten Raum.

Ungefähr zur Halbzeit wurde von Seiten des Kinderheimes dem Wunsch der Schwester meines Opas nach einem Treffen stattgegeben. Diese kurte gerade auf Norderney, wir trafen uns im Wellenbad, das wir einmal wöchentlich besuchten. Aus Freude über ein bekanntes, vertrautes Gesicht bekam ich kaum einen Ton heraus. Ich hätte nur äußern müssen: „Hol' mich hier raus!“, aber ich war wie versteinert und schwieg, riesengroß war meine Angst. Warum zur Hölle hatte ich ihr nichts gesagt, fragte ich mich bis zum Ende des Aufenthaltes jeden einzelnen Tag.

Nach sechs Wochen kehrte ich ohne Hautekzeme zurück, dafür aber mit völlig abgekauten Fingernägeln und einer demolierten Kinderseele. Ich habe mich jahrelang geweigert, darüber zu reden, alles wurde verdrängt. Lebenslang zurückgeblieben sind eine Toilettenmacke, ein Autoritätsproblem und weitere Verhaltensweisen, die ich erst noch ergründen muss.
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Holger aus Peissenberg schrieb am 09.10.2022
6 Wochen mit 5 Jahren… klingt aus heutiger Sicht etwas schräg, aber: es war eine wundervolle Zeit. Die Anwendungen ( Wandelhallen mit Solenebel, Bäder, Atemgymnastik usw) waren sehr wohltuend. Wir waren alle Freunde und spielten gern draußen. Wir gruben Löcher in die Wiese in welche wir Schnecken, Ameisen, Brennnesseln und spitze Stöcke stopften, in der Hoffnung das irgendeiner in unsere gut getarnten Fallen tritt und sich maximal verletzt. Leider mussten wir vor dem Reingehen alle Internierten Lebewesen befreien und die Gruben zurückbauen.
Bei schlechtem Wetter bastelten wir, spielten Skat oder Brettspiele oder malten.
Ich war sehr glücklich über das gute Essen und kannte viele Dinge die es da gab vorher nicht. (Blattsalate, rote Beete, Gemüse in Aspik)
Damals hatten wir daheim noch kein Badezimmer und nur ein Plumsklo, da war das ständig verfügbare Warmwasser und die Tatsache, nachts nicht übern Hof zu rennen um die Toilette zu besuchen für mich ein Stück vom Paradies. Wir bekamen Unmengen Post, die Kindergärten aller Kinder schickten Massen an gemalten Bildern und jede Post wurde vor allen geöffnet und vorgelesen damit sich alle über die lieben Worte freuen konnten. Da war es schon fast egal wenn man selbst mal keine Post bekommen hat. Ich möchte mich an dieser Stelle bei unserer Erzieherin Frl. Tausche und Herrn Senf bedanken für die schöne Zeit die wir in Bad Sulza verbringen durften.
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Bernd Kalla aus FULDA schrieb am 09.10.2022
1966 hieß es von meinen Eltern, dass es diesmal (nachdem ich davor in Bad Sooden-Allendorf war)„in die Berge“ geht, das kannte ich noch nicht. Und dass es weiter weg ist. Da ich immer noch rappeldürr war, dachte ich wohl, dass das in Ordnung ist. Hierzu habe ich 2 Postkarten, beide vom Juni 1966, da war ich also 8 Jahre alt und es war diesmal Sommer. Auch diese Postkarten wurden vom Heim geschrieben, eine davon ist sehr undeutlich und kaum lesbar – kein Wunder, wenn man für so viele Kinder schreiben muss. Auf der einen Postkarte steht: „Orthopädisches Kinderkurheim Sonnhalde, Wallgau/Obb.“ Auf der Webseite www.verschickungskind.de findet man weitere Infos wie auch zu vielen anderen Kinderkurheimen. Aber warum heißt es „Orthopädisches“? Meine Füße waren doch in Ordnung – glaube ich. Hier war auch meine 6 ½-jährige Schwester dabei und darüber war ich froh. Wir hatten aber getrennte Zimmer, wie auf der Postkarte vermerkt. Sie hatte vorne einen Balkon und mein Zimmer lag weiter hinten mit 2 Fenstern (war also ein größerer Raum). Ihr Raum hieß „Schwalbennest“ und mein Raum „Märchenland“. Es existiert auch ein Foto von uns Kindern, was dort an einem Waldrand gemacht wurde – es zeigt 13 Kinder, keine Erwachsenen. Vielleicht kann ich es hochladen. Meine Mutter hatte mir vor kurzem berichtet, dass die ganze Gruppe wegen Grippe oder so noch eine Woche länger bleiben mussten, wovon wir Kinder vermutlich nichts mitbekommen haben. Das passte meinen Eltern sehr gut, denn sie bereiteten insgeheim den Umzug in ein neues Haus vor und brauchten noch etwas Zeit, weil einige Möbel noch nicht geliefert wurden, da alle Möbel neu gekauft wurden. Die Überraschung, plötzlich ein neues Zimmer in einem nagelneuen Haus (so roch es auch) zu haben, ist Ihnen gelungen und unvergessen.
1968 waren wir zum letzten Mal „zur Erholung“. Ich war 10 und meine Schwester 8 ½. Davon gibt es auch 2 Postkarten. Diesmal habe ich die beiden existierenden Postkarten selber geschrieben. Interessant ist das Datum der Postkarten: 19.05.68; u.a. schreibe ich „Wir sind gut angekommen.“ Das Datum der 2. Postkarte lautet: 18.06.68 und hier schreibe ich u.a. „Das ist die letzte Karte von mir.“ Von den beiden Zeiten in Wallgau habe ich wenig Erinnerungen – vielleicht ist mein „Gedächtnisspeicher“ nicht so groß und es wurde vieles gelöscht. Lediglich 2 Erinnerungen habe ich: Zum einen gab es an einem Tag plötzlich und völlig unerwartet ein so heftiges Gewitter, wie ich es in dieser Lautstärke noch nie erlebt hatte. Dagegen sind die zuhause in Hessen „Gewitterchen“. Ich stand an einem großen Glasfenster (so hat es meine Erinnerung für immer abgespeichert) und zuckte bei jedem Donnerkrachen erschrocken zusammen. Und ich glaube, es gab dann immer das mehrmalige Echo von den Bergen. Die 2. Erinnerung war, als wir beim Mittagessen waren. Meine Schwester saß mir gegenüber, wir alberten herum (keinerlei Bestrafung!) und ich warf ein Bröckchen Essen zu ihr hinüber. Das sah die Aufsicht, schimpfte mit mir und zur Strafe musste ich hoch in mein Zimmer und es gab keinen Nachtisch! Das war besonders schlimm, denn heute gab es wieder meinen Lieblingsnachtisch – eine Quarkcreme. Diese Creme hatte einen Geschmack, den ich nie wieder woanders gefunden habe. Die Creme war unbeschreiblich lecker. Da meine Schwester dies wusste, hat sie es irgendwie geschafft, mir eine Portion aufs Zimmer zu bringen – herrlich! Ich habe sie mal danach gefragt, aber sie konnte sich daran nicht mehr erinnern.
Heute bin ich 64, in meinem Kopf schwirren (wenn ich in mich gehe) viele, viele Erinnerungen kreuz und quer durch alle Jahre herum und manchmal denke ich, dass das alles jemand anderes erlebt und mir erzählt hat – so weit weg sind manche Erinnerungen. Aber dann sage ich mir: Das bin alles ich, das habe ich wirklich alles selbst erlebt.
Ich wünsche allen, die in den Heimen „die Hölle“ erlebt haben (anders kann man es nicht sagen), ganz viel Kraft und Mut, sich anderen anzuvertrauen und hier ebenfalls ihre Erlebnisse niederzuschreiben – denn Schreiben ist auch Therapie – sich alles von der Seele schreiben. Damit die Seele – und damit der Mensch – wieder gesund wird. Soweit dies möglich ist. Die Seele hat Narben davongetragen, die gehen nicht weg. Aber es gibt Hilfe zur Selbsthilfe – es gibt Therapien. Machen Sie den ersten Schritt.
Bernd
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Bernd Kalla aus FULDA schrieb am 09.10.2022
Zum Thema „Verschickungskinder“ kam ich durch Zufall, als ich bei Google fragte: „Darf man Kinder verschicken?“ (Antwort: ja. Das gab es früher tatsächlich bis 1920!). Dann kam ich zu der Seite „www.verschickungskind.de“ (vielleicht findet jemand hier auch Informationen). Übrigens sollte man die Seiten gegenseitig verlinken. Und nachdem ich nun 2 Berichte im Fernsehen über das Thema gesehen habe, bin ich schon den ganzen Tag „neben der Spur“, das viele Leid, das die Kinder erfahren mussten und bis heute nachwirkt, machen mich sehr traurig. Und gleichzeitig bin ich im Nachhinein wahnsinnig froh, dass mir und meiner Schwester dieses Schicksal erspart geblieben ist! Das ganze Ausmaß, was gewesen wäre, wenn… mein Leben wäre anders verlaufen.
Nun zu meinen Erlebnissen: Ich war 3x (für das angebliche 4. Mal gibt es keinen Beleg) „zur Erholung“, wie es bei uns zuhause immer hieß zum Teil auch mit meiner Schwester. Wir waren beide so dünn, dass man, wenn wir uns streckten, die Rippen zählen konnte (dazu gibt es ein Bild, wo wir uns am holländischen Strand strecken). Trotz Kuchen und Süßigkeiten essen, kam „nichts auf die Rippen“. Und um es gleich vorneweg zu sagen: wir hatten 3x Glück, dass uns nichts Schlimmes widerfahren ist! Beide Heime (Bad Sooden-Allendorf und Wallgau) waren in diesem Zeitraum „in Ordnung“, jedenfalls was ich als Kind mitbekommen habe. Und in Bad Sooden-Allendorf war ich genau in dem Heim, an deren Namen sich Christa und Ute (Zitat „…relativ kleines, Villen ähnliches Gebäude…“) nicht mehr erinnern können. Und ich war 1965 dort! Das Gebäude gibt es heute noch fast unverändert: damals hieß es wie auf meiner Postkarte steht: „Caritas Kinderheim Haus Elisabeth“, heute heißt es „Pfarrzentrum Haus Elisabeth“, Am Haintor 24. Wohlgemerkt: ein Heim der Caritas. An den Aufenthalt habe ich nur wenige, aber gute Erinnerungen: Ich erinnere mich an einen Bahnübergang in der Nähe, der mir sagte, dass wir gleich da sind (wichtig, wenn man mal dringend muss und ich ging immer „auf den letzten Drücker“) und an den dunkelbraunen Holzzaun mit einem kleinen Türchen. Und es gab ein großes Treppenhaus in der Mitte des Hauses. Eines Abends mussten wir uns alle ganz oben rundherum am Treppengeländer versammeln. Draußen war es schon dunkel und das Treppenhaus war nur wenig beleuchtet. Wir schauten hinunter. Dann sangen wir alle zusammen „Kein schöner Land in dieser Zeit“ (was grammatikalisch eigentlich falsch ist, aber deutsches Liedgut). Wenn es 1965 gewesen ist (der Poststempel ist leider nicht lesbar), war ich zu diesem Zeitpunkt 7. Natürlich wurde die Postkarte, die ich nun wiedergefunden habe, nicht von mir geschrieben. Darin standen nur wenige Zeilen: „Liebe Eltern! Ich bin gut in Bad Sooden-Allendorf angekommen. Hier liegt viel Schnee. Für heute diesen Kartengruß von Eurem Bernd.“ Wie ich dorthin gekommen bin und wieder zurück, weiß ich nicht mehr. Ich dachte immer, dass mein Papa mich hingefahren und abgeholt hat. Auf jeden Fall war es im Winter.
Heute bin ich 64, in meinem Kopf schwirren (wenn ich in mich gehe) viele, viele Erinnerungen kreuz und quer durch alle Jahre herum und manchmal denke ich, dass das alles jemand anderes erlebt und mir erzählt hat – so weit weg sind manche Erinnerungen. Aber dann sage ich mir: Das war und bin alles ich, das habe ich wirklich alles selbst erlebt. Und es gibt manchmal so kleine „Filmchen“ über ein bestimmtes Erlebnis – aus guten und aus schlechten Zeiten. Das ist das Leben eben.
Ich wünsche allen, die in den Heimen „die Hölle“ erlebt haben (anders kann man es nicht sagen), ganz viel Kraft und Mut, sich anderen anzuvertrauen und hier ebenfalls ihre Erlebnisse niederzuschreiben – denn Schreiben ist auch Therapie – sich alles von der Seele schreiben. Damit die Seele – und damit der Mensch – wieder gesund wird. Soweit dies möglich ist. Die Seele hat Narben davongetragen, die gehen nicht weg. Aber es gibt Hilfe zur Selbsthilfe – es gibt Therapien. Machen Sie den ersten Schritt.
Bernd
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Martin aus Gelsenkirchen schrieb am 09.10.2022
Ich war 1985 mit 6 Jahren in tarnewitz gewesen. Ich kann mich an Situationen erinnern das ich nackt war und auf der Toilette glaube ich unsanft angefasst worden bin. Es war mehrmals täglich gewesen. Ich würde sagen. Es war auch hin bis zur Vergewaltigung. Es wurde auch jetzt nachgewiesen das ich nicht nur unter Depressionen sondern auch unter einer PTBS leide.
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Kerstin Sörbom aus Stockholm schrieb am 09.10.2022
Bin wegen Bronchitis 2 mal im Heim gewesen, 7 und 9 Jahre und habe durch die Separation von meiner Familie furchtbar darunter gelitten. Vor allem beim zweiten Mal, kann mich genau auf die Fahrt ins Heim erinnern, die völlige Panik, ich wusste ja was mich etwartet. Meine Eltern denen mei Geschrei auf die Nerven ging.
Völlig unverstehende Eltern, es war ja wegen der Gesundheit. Sie folgten blind dem Rat der Experten. Das Heim lag am Watzmann.
Kontrollierte Briefe, Essen, Toilettenbesuche, Zwangsimpfung, alles Zwang, kein weiches Wort, kein Trost. Am deutlichsten kann ich mich erinnern an das Zwangsduschen, wir standen nackig nebeneinander und wurden mit einem Schlauch mit eiskalltem Wasser abgebraust. Ohne Ruecksicht. die Sauna, das Eiskallte Becken in dem wir uns abkuehlen mussten.
Wiederstand gabs nicht, der wurde ruecksichtslos bestraft.
Furchtbare Erinnerungen die ich im Terapizimmer bearbeitet habe. Was wurde mir damals alles geraubt.
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Hans-Dieter Otto aus Münster schrieb am 09.10.2022
1961 war ich für 6 Wochen (April/Mai) im Kinderheim Marianne in Obermaiselstein im Allgäu. Da ich sehr dünn und schmächtig war, sollte ich "aufgepeppelt" werden. Es wurde also darauf Wert gelegt, dass alles, was auf den Tisch kam, auch aufgegessen wurde. Häufig gab es dicke, sämige Suppen, die ich überhaupt nicht mochte. Einen Teller habe ich ich meistens mit viel Überwindung geschafft. Das reichte aber nicht! Es musste noch ein zweiter Teller voll sein. Den habe ich nie geschafft, sondern habe regelmäßig erbrochen. Bis zum heutigen Tag kann ich keine Suppen essen, die eine ähnliche Konsistenz aufweisen,wie die in Obermaiselstein. Damals war ich neun Jahre alt.
Briefe, die wir an unsere Eltern schrieben, wurden alle gelesen. Stand etwas darin, was der Heimleitung nicht passte, musste das von uns Kindern korrigiert werden.
Während der Mittagsruhe durfte man nicht zur Toilette gehen. Wer es trotzdem tat, weil er "musste", wurde aufgeschrieben und bekam weniger zu trinken.
Der Aufenthalt in Obermaiselstein wurde meinen Eltern von der Krankenkasse (BEK) empfohlen und auch großzügig bezuschusst. Meine Eltern handelten in der tiefen Überzeugung, daß beste für mich zu tun. Dass dem nicht so war, habe ich Ihnen erst viel später erzählt.
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Stefanie Geiler aus Berlin schrieb am 09.10.2022
Hallo, ich war in den Sommerferien 1978 für 6 Wochen in Sankt Peter Ording im Goldenen Schlüssel. Mit meinem damaligen Schulkameraden wurde ich zusammen aufgrund des Anratens meiner damaligen Kinderärztin dorthin verschickt, weil ich zu dünn war. Dort hatte ich unheimliches Heimweh, auch weil ich wenig Kontakt zu meinem Freund hatte, denn Mädchen und Jungen waren ja getrennt. Ich kann mich auch nur an den Inhalationskeller erinnern und ich wusste eigentlich nicht, wieso ich dort rein sollte. An das Essen kann ich mich kaum erinnern, nur an den Apfelmus mit Sahne, den die unterernährten Kinder als Nachspeise erhalten haben und die traurigen Blicke der Kinder, die das nicht essen durften. Ich kann mich auch an Spaziergänge ins Watt durch die Priele erinnern. Ansonsten habe ich alles verdrängt und weiß nur, dass das für mich keine schöne Zeit war. Der Kontakt zu meinem Schulkameraden lief irgendwie immer nur heimlich ab, so meine Erinnerung. Ich weiß nicht, ob mir Schlimmes wiederverfahren ist. Da ich Jahre vorher bereits mit 7 über 4 Wochen im Krankenhaus gelegen habe, wo mich Krankenschwestern ans Bett gebunden haben, damit ich mir die Schläuche nicht wieder rausziehe, mich andere Kinder beklaut haben, ich Studenten in der Vorlesung einfach mal so vorgeführt wurde und insgesamt keine guten Erlebnisse dort hatte, ausser der, dass ich überlebt habe, wird mir der Aufenthalt im Goldenen Schlüssel wahrscheinlich nichts Schlimmeres zugemutet haben, was ich nicht bereits kannte. Ich weiß nur, dass ich heute öfter daran denken muss und mich rückwirkend sehr allein gelassen gefühlt habe.
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Schäfer Karin - Maria (geb. Leisegang) aus Bayerisch-Eisrnstein schrieb am 08.10.2022
Hallo, ich möchte mich auch ins Gästebuch eintragen, da ich glaube, dass wir Verschickungskinder nur so öffentlich erhört werden.
Ich war mit 5 Jahren im April 1963 oder 1964 nach St. Peter Ording in das Kinderkurheim Köhlbrand, durch einen Amtsarzt in Frankfurt am Main, wegen Kränklichkeit und mangels an Größe, verschickt. Meinen Eltern würde glaubhaft gemacht, dass ich nur so wieder gesünder werden würde, wenn ich zur Erholung führe. Auf der Fahrt vom Frankfurter Bahnhof bis nach St. Peter Ording, habe ich nur geweint. Am Ort angekommen wurde uns das Gepäck weg genommen. Was damit geschah weiß ich nicht. Meine Puppe Maria, durfte ich bis auf Weiteres behalten. Am Abend gab es Brot mit Tee. Ich kaute auf dem Brot herum und trank meinen Tee und dann mussten wir ins Bett. Die Schuhe mussten akkurat vor dem Bett stehen und wir sollten mit dem Gesicht zur Wand liegen und schlafen. Am Morgen gab es komisches Frühstück, eine Schale mit Kaba, Zucker und Haferflocken und eine Tasse warme Milch mit Haut. Ich habe noch nie Milch getrunken und ich musste. Ich musste aufstehen, zu der Wärter kommen und unter Drohung mit der Peitsche, die Milch austrinken. Vor Ekel habe ich mich übergeben und genau über die schöne weiße Schürze, der Wärterin. Dafür bekam ich die kleine Peitsche ins Gesicht geschlagen und musste für den Rest des Tages ins Bett. Ich war oft über den Tag im Bett. Die nächsten Tage haben meine Tischnachbarinnen heimlich mein Essen genommen und ihre leeren Teller und Tassen zu mir gestellt, damit es aussah, als das ich essen würde. So aß ich nichts und trank nur den Tee am Mittag und Abend. In der Nacht wurde ich oft wach, weil mir gegenüber ein Mädel weinte und schrie. Sie wurde fast jede Nacht verprügelt, weil sie ins Bett machte und musste auf dem nackten Fußboden mit nur einer Decke schlafen. Oder im Waschraum, oder stehend im Flur. Den Waschraum habe ich auch böse kennen gelernt. Weil ich klein war, haben sie mir ein kleines Schemelchen vor das Waschbecken gestellt, damit ich meine Zähne putzen konnte und so, aber ich kippte damit um und würde in die de Dusche gezerrt, wo man mich unter die Brause stellte. Es war egal, ob ich schrie und weinte. Die Schläge gingen wieder von Nacht zu Nacht weiter. Als ich einmal mit dem Mädel weinte, bekam ich meine Puppe abgenommen, sie wurde auf das Fensterbrett gesetzt und ich musste am Fussende schlafen. Ich versuchte heimlich meine Puppe zu holen, dafür bekam ich Schläge und die Puppe weggenommen. Wir durften nicht reden und nicht weinen. Auf einem Ausflug ans Meer, sollten wir Muscheln sammeln und diese den Wärterinnen geben. Das Meer war nicht da. Ich fand eine Art Traube mit lauter Muscheln dran und wollte es meiner Mutter mitbringen. Als ich sie aber abgeben sollte, bin ich weggelaufen. Eine Strafe dafür bekam ich später, denn die andere Wärterin schrie, dass das Meer käme und wir sofort zurück gehen sollen. Ich dachte, dass das Meer in einer riesengroßen Welle käme und rannte um mein Leben. Die Muscheltraube verlor ich dabei. Ab da, kann ich mich kaum erinnern. Es war alles schwarz, kalt und unwirklich. Ich erwachte irgendwann dann im Krankenhaus in Heide, wo mich meine Eltern abholten und ich in die Uniklinik Frankfurt kam. Nach Recherchen war ich ungefähr 10 Tage im Heim und 5 Tage im Krankenhaus. Nach vielen Unterhaltungen mit Leidensgenossen und den Sendungen, die man sehen darf, wurde mir klar, dass ich wohl auf einem Dachboden gesperrt wurde. Mein ganzes Leben träume ich, dass ich über altes Sofa und Möbel auf dem Dachboden steige/kletterte und weine. Es ist dunkel, modrig und kalt. Seither war ich ängstlich, noch kränklicher. In der Schule habe ich Konzentrationsprobleme. Angst eher Panik vor Prüfungen und Versagen, ebenfalls vor Obrigkeiten und eine tiefe Abneigung gegen Rehakliniken, Heime und ähnlichen Häusern. Es ist der Geruch dort. Ein Geruch der mich erinnern lässt, obwohl ich das Erlebte tief in mich begraben habe. Nach jedem Reden mit Leidensgenossen, habe ich mehr und mehr Erinnerungen, doch es sind noch viele in mir begraben. Ich möchte so gerne wissen, was mit dem Mädel damals geschah, sie hieß glaube ich, Liane, oder Christiane. Sie hat so gelitten. Ich will kein Geld, auch nicht so viel Beachtung, aber ich will, dass diese schlimmen Taten in ganz Deutschland Puplik gemacht werden, dass man uns erhört und von unserem Schicksal wissen.
P. S. Die Heimleitung wurde nach meiner Verlegung in eine Klinik, von der Polizei verhaftet, es hieß wegen Betruges
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Ingrid B. aus Berlin schrieb am 08.10.2022
Meine ältere Schwester und ich waren 1979 im Haus Nordmark in Westerland auf Sylt. Ohne meine Schwester hätte ich den Aufenthalt dort nicht überlebt. Danach hatte ich schreckliche Esstörungen.
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Schäfer Karin-Maria aus Bayerisch Eisenstein schrieb am 08.10.2022
Nordsee.... St. Peter Ording....Kinderkurheim Köhlbrand, Strandweg 32 in St. Peter Ording.

Ich war 1964 auf Kur für 6 Wochen, im Alter von 5 Jahren, an die Nordsee verschickt worden, nach St. Peter Ording in ein Kurheim, wo ich aufgebaut und kräftiger und gesünder, werden sollte.
Da wollte ich mit 5 Jahren nicht hin. Es war wie ein Schock. Also weinte ich die ganze Zugfahrt und ging den anderen Kindern mächtig auf die Nerven damit. Aber ich habe nur noch weinen können. Weil ich als Kind so klein und schwächlich und kränklich war, hatte man mich dahin gezwungen, das wurde von der Krankenkasse und dem Amt so befohlen. Man nannte das/uns Verschickungskinder. So kam ich da an. Ein großes dunkles Gebäude. Kinderkurheim Köhlbrand. Innen war es halt, wie so Einrichtungen in den 50er und 60er Jahren waren. Meine Mutter hat dort eine Unmenge Haferflocken, Zucker und Kakao mitgesendet und hat denen gesagt, dass ich das mit Milch als Haferflockenbrei esse, was anderes habe ich nicht gegessen. (d. h. Milch wärmen, Haferflocken rein, bissel Zucker und darüber Kakao. So war mein Grundnahrungsmittel, dass ich noch bis 22 Jahre gegessen habe, bevor ich es jetzt nicht mehr sehen kann.) Morgens jedoch gab es dort trockenen Haferflockenmix mit Zucker und Kaba. Die haben eine kleine Schüssel mit etwas Haferflocken, Zucker und Kakao, ganz trocken einem jedem Kind hingestellt und ein Glas kalte, oder eher lauwarme Milch mit Haut, dazu gestellt. Das war jetzt jedem sein Frühstück. Gefühlt waren es ungefähr 30 Kinder. (Wenn ein Paket von den Eltern an das eigene Kind gesendet wurde, war es für alle. Besuchen durften sie auch nicht.) Ich konnte das nicht essen und sollte die Milch trinken, sonst bekäme ich die kleine Rute zu spüren, die die Aufseherin (so nenne ich die Kindertanten, denn lieb waren die nicht, schrien und keiften nur herum.)  in der Hand hatte. Also vor Angst trank ich die Milch und übergab mich gleich darauf über sie und ihrem weißen Kittel (ich trinke ja keine Milch, Heute noch nicht. )  da bekam ich das Ding zu spüren, aber nicht auf den Po, sondern ins Gesicht und ich musste den ganzen Tag ins Bett, ohne Essen und Trinken, was ich nicht schlimm fand, denn das Essen war gruselig. Am Abend, wenn alle ins Bett mussten, war da ein Mädel, ich glaube Liane oder so ähnlich, hieß sie, die musste immer vorm Bett auf dem Boden schlafen, weil sie angeblich ins Bett gemacht hatte und wenn sie weinte, wurde sie verprügelt solange bis sie nur noch wimmerte, das war jeden Abend und Nacht so. Wir würden von dem Krach, wo die Aufseherin dabei machte, wach. Doch wir durften nichts sagen, weinen, oder ähnliches. Weil ich mit ihr weinte, bekam ich meine Puppe abgenommen, wurde auch verprügelt und musste am Fußende schlafen und kein Mucks von mir geben, sonst würde ich auch weiter verprügelt werden, das wurde ich auch, weil ich heimlich meine Puppe holte. Eines Tages haben wir dann einen Ausflug ans Meer gemacht und durften Muscheln sammeln. Ich fand eine Art Traube mit vielen stinkenden Muscheln dran. Das wollte ich meiner Mum mitbringen. Aber die Wärterinnen nahmen den Kindern die Muscheln ab und wollten auch meine Traube. Ich bin weggerannt. Dann sagte eine der Wärterin, dass das Meer käme und wir müssten schnell zurück. Ich dachte das Meer kommt als riesige Welle und ließ die Muscheln fallen und rannte um mein Leben. Dort im Heim bekam ich die Rute zu spüren, weil ich die Traube nicht mitgenommen habe, aber wir hätten das sowieso nicht behalten dürfen. Ich aß nichts, sprach nichts, gab meinen Essensnachbarn mein Essen und die Milch, heimlich, wenn die Wärterin nicht guckte und wurde krank. Wie ich in das Krkh nach Heide kam, weiß ich noch Heute nicht. Plötzlich wachte ich dort auf und man päppelte mich auf. Länger als 10 Tage war ich nicht in dem Heim. Dafür fast 4 oder 5 Tage im Krkh Heide. Meine Eltern erfuhren nun endlich was mit mir geschah (ich war 5 j. und konnte nicht schreiben, bzw telefonieren, hatten das ja nicht) und an meinem Geburtstag, den 15.04.1964 haben Mum, Papa, meine Oma und mein Onkel, dort mich mit dem Auto abgeholt und mit nach Hause genommen, ob es denen Recht war, oder nicht. Ich wusste zwar nicht, dass es mein Geburtstag war, aber an diesem Tag habe ich meine Sachen gepackt, mich angezogen und aufs Bett gesetzt und sagte der Krankenschwester, dass ich jetzt abgeholt werde von meiner Mum. Die sagte nein das wäre nicht so, aber ich berharrte darauf, sie ließ mich in Ruhe und dann kam meine Mum. Es war wie eine Gedankenübertragung. Am nächsten Tag fuhr ich mit nach Hause, in Frankfurt musste ich nochmals ins Krkh, aber seit dem fahre ich in keine Kurklinik/Reha und so ähnliches und meine Kinder, mussten das auch nicht, wenn sie nicht wollten. Selbst solche Ferienlager mied ich, auch für meine Kinder. Nur alleine die Kinder dort, die Aufseher dort und der Geruch in dem Gebäude, war/ist für mich Horror. Nie vergesse ich das Mädel Liane. Lebt sie noch? Was ist aus ihr geworden? Ich hatte dort viele Misshandlungen gesehen, die die Wärterinnen an an den Kindern vollbracht haben. Ich kam ins Krkh nach Heide und würde dort wohl mehr tot, wie lebendig aufgepäppelt. Was ich im Kinderkurheim Köhlbrand  sah, und selbst erlebte ist tief in meinem Unterbewusstsein vergraben, nur bruchstückhaft, kommt da mal was hervor. Nun habe ich mit St Peter Ording nie Frieden geschlossen und würde mir gerne das alles nochmal anschauen. War letztens mit Uli meinem jetzigen Ehemann, im Internet und wir haben etwas aufgestöbert das unglaublich ist. Dort wurden in 50 Kinderkurheimen, Misshandlungen im Sinne von Nazimethoden an den Kindern durchgeführt, man nennt uns, Verschickungskinder. Man wollte den Kindern, den Willen brechen und entweder, verdünnen, oder mästen. Damit man sieht, wie gut es uns ginge, hat man uns hinter Höhensonnen gesetzt. Geglaubt hat den Kindern keiner, oder wenige. Viele schwiegen aus Angst, oder wie ich, die glaubten sie seien eben nur schwierig, oder es ginge nur ihnen so, weil sie es alleine erlebten. Es ist schwer es da aus dem Unterbewußtsein etwas  raus zu holen und ich habe Angst davor, vor dem was ich erlebt habe. Als Mum mich abholte, musste sie ja nochmal ins Heim, meine Sachen holen. Da  wurde ihr mitgeteilt, dass die gesamte Heimführung verhaftet und abgeführt wurde, angeblich wegen Betruges, den wahren Grund sagten die natürlich nicht. Ich sage, die wurden wegen Misshandlungen abgeführt, vlt haben sie Liane totgeschlagen. Vlt war ich der Auslöser, die im Krkh Heide, haben doch gesehen, was mit mir los war.  Musste ja im Gesicht und am Körper die Striemen, der Peitsche gehabt haben. Jetzt möchte ich gerne mal dort, oder in der Nähe, Urlaub machen und das furchtbare Köhlbrand sehen, das jetzt ein Hotelresort ist. Vlt habe ich durch diese Gruppe hier, dann bald Frieden mit St. Peter Ording und kann verzeihen. Aber es kommen weitere Erinnerungen, wie Hausschuhe mit den Fersen an die Seite des Bettes, oder vor das Bett stellen und den Schlafanzug zusammengelegt unters Kopfkissen stecken. Weil ich kaum an Waschbecken reichte, gab man mir ein Schemelchen. Da bin ich heruntergerutscht und würde dafür geschlagen und weil ich nicht duschen wollte (ich kannte das nicht, wir hatten keine Dusche, wuschen uns mit Waschlappen zu Hause, am Becken ab, der saßen in der Badewanne) wurde ich unter die Dusche gestellt und kalt abgeduscht. Im April, darin war die Heizung entweder aus, oder sie hatten keine. Ich bekam durch das Wasser keine Luft  und schrie, wofür ich geschlagen wurde. Es werden mit der Zeit immer mehr Erinnerungen kommen und ich aktualisiere es immer wieder. Dort waren Teufel am Werk, man nennt es auch schwarze Pädagogik. Doch niemand tat etwas dagegen. Die Eltern wurden nicht erhört und Ärzte, Krankenkassen und andere Einrichtungen, nebst die FDP, waren schweigsam. Das dürfte nicht an die Öffentlichkeit kommen. Das Geld war wichtiger.
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Jutta Staudenmayer aus Bei München schrieb am 08.10.2022
Hallo, liebe Mitwisser‘innen, ich war in den 60ern 6 Wochen in Hirsau bei Calw im Schwarzwald und habe dort unerhörtes erfahren. Auch ich dachte damals, ich sei kein gutes Kind, weil ich weine und Heimweh hatte, ich bekam Strafen, weil ich nachts weinte ( ein Mädchen im Nachbarbett hatte mich verraten, aber sie kann ja nichts dafür, sie hatte ja Anweisungen und wollte alle richtig machen) und tagsüber auf der Pritsche zum Mittagsschlaf meine Augen öffnete. Erlebnisse, die Schuldgefühle entwickeln. Es waren dort Schwestern (Kloster oder Kirchenschwestern), die uns sagten was wir wie tun müssen und die uns bestraften. Ich habe aber leider kaum noch Erinnerung über den Rest meines Aufenthalts und hoffe, daß ich nicht mit Medikamenten ruhig gestellt worden bin. Was mir aber in tiefer Erinnerung geblieben ist sind die dunklen Gefühle, die Angst und der Vertrauensverlust, sowie das Schuldgefühl das unartige, weinende Mädchen zu sein, daß seine Gefühle nicht im Zaum halten kann. Ich hab aber andererseits und wahrscheinlich „Zum Glück“ wohl einiges heilsam verdrängen können. Dieser Aufenthalt hat mein Leben geprägt und ich finde es so furchtbar, daß Menschen so mit Kindern umgegangen sind. Ich habe damals wohl aufgehört Kind zu sein und fühle mit all meinen Leidensgefährten‘innen. Danke für die Möglichkeit der Aufklärung. Ich hätte nie gedacht, daß ich nicht in Kur, sonder ein Verschickungskind war.
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Klaus Walbrecht aus Wesseling schrieb am 08.10.2022
Hallo, ich war insgesamt 4 mal im Zeitraum von 1959 bis 1970 in sogenannten Kinder Kurheime. Erinnerungen habe ich nur ganz schwach an die Zeit in Triberg, Murnau, und Bad Wildungen. Ich weiß nicht mehr die Namen der Kurheime, Die schlechtesten Erinnerungen habe ich an Triberg.
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Astrid Förster geb. Köster aus Gmund am Tegernsee schrieb am 08.10.2022
Ich war 8 Jahre alt als ich nach Bad Rothenfelde geschickt wurde. Leider weiß ich den Namen des sogenannten Kinderkurheims nicht mehr. Ich wurde in gut gemeintem Sinne meiner Eltern für sechs Wochen dort untergebracht, weil ich ein Einzelkind bin und unter Kinder sollte, war wirklich gut gemeint von meinen Eltern. Ich kann so viele Erfahrungen was Strafen angeht in diesem Heim mit den Berichten hier absolut bestätigen. Aber das Schlimmste war, dass ich in den sechs Wochen 26 Mal nachts aus meinem Bett gerissen wurde und mit dem Erzieher in sein privates Schlafgemach kommen musste. Es erschüttert mich noch heute...ich bin jetzt 57 Jahre alt. Ich habe es als Kind mitgezählt und weiß es noch ganz genau. Ich habe mit über 30 Jahren eine bipolare Störung entwickelt habe Panikattacken seit ich damals wieder zuhause war und kann schlecht schlafen. Manchmal gar nicht vor lauter Angst im Dunkeln. Wenn ich wieder morgens im Heim in meinen Schlafsaal geschickt wurde, musste ich im Schlafanzug durch den Jungentrackt gehen und wurde von allen Jungen schrecklich ausgelacht. Ich erinnere mich genau an all das, als wenn es vor fünf Minuten passiert wäre. Angekommen im Schlafsaal habe ich jeden Tag vor lauter Einsamkeit und Verzweiflung und Heimweh mit meiner Spucke die Blümchen auf der Blümchentapete neben meinem Bett weggerieben, so dass nach sechs Wochen ein Riesenfleck auf der Tapete war. Ich wurde auch oft bestraft und musste im Dunkeln allein in der Speisekammer sitzen, ich hatte fürchterliche Angst. Ich mache seit etlichen Jahren Therapie um den sexuellen Missbrauch an meiner damaligen Kinderseele zu verkraften. Ich bin froh den Bericht heute morgen auf planet-wissen gesehen zu haben und endlich erhört zu werden. So habe ich endlich das Gefühl, dass ich nicht mehr alleine damit bin. Ich wünsche allen Opfern alles Liebe....
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Ingrid Waldvogel aus St Blasien schrieb am 07.10.2022
Ich war ca. Mitte der 60 Jahre in einem Erholungsheim am Starnberger See. Der Aufenthalt dort habe ich bis heute nicht vergessen. Kinder mussten ihr Erbrochenes wieder essen. Ich selbst musste stundenlang nachts auf dem Flur mit ausgestreckten Armen stehen. Wenn ich die Arme nicht mehr hoch halten konnte wurde darauf geschlagen. Das Essen war nur auf hohen Fettgehalt ausgerichtet, damit schnell zugenommen wird. Mir wird heute nochschlecht wenn ich an das dortige Essen denke. Das Personal war sehr böse.
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Beate S. aus Sprockhövel schrieb am 07.10.2022
Ich war mit ca 5 Jahren, wegen familiärer Schwierigkeiten der Eltern und "Blässe" ca 1972/73 in Bad Wörishofen. Es gibt keine guten Erinnerungen. Wenn ich im Wäscheschrank der Mutter das eine oder andere alte Handtuch mit der roten eingenähten Nummer "5" finde, bekomme ich sofort einen Knoten im Magen. Wir mussten damals Mittagschlaf machen, durften nicht sprechen, nachts saß eine Nonne auf dem Flur. Mir gegenüber am Tisch im Esssaal saß ein Mädchen, welches jede Mahlzeit erbrach und dieses Erbrochene wieder essen musste. Ich war dermaßen verängstigt, dass ich mich in einer Nacht einkotete und versuchte, den Kot im Pyjama zu verstecken. Natürlich flog ich auf und wurde vor allen beschimpft und erniedrigt. Das Sonntagskleid, welches bei Ankunft zu bestimmen war, wurde in den ganzen Wochen nicht gewaschen, trotz Essensfleck vom ersten Sonntagsmittagessen (ich war im Vorschulalter!). Ich habe Erinnerung an lange, schmucklose Flure, einen Schlafsaal mit vielen Liegen für den erzwungenen Mittagschlaf, strenge Ordensschwestern, Angst, Heimweh und das entsetzte Gesicht meiner Mutter bei der Heimkehr. Die "Blässe" hatte sich nicht gebessert, im Gegenteil.
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Silke Balsser aus Pohlheim schrieb am 04.10.2022
Diese Zeit war furchtbar für mich meine Eltern durften mich nicht besuchen kommen jeden Therapie war 6 Jahre alt musste Sonntags in die katholische Kirche obwohl ich evangelisch bin warum das es so war keine Ahnung Mittagszeit musste man den mittagsschaf machen damit diese Tanten mal ihre Ruhe hatten danach immer spazieren gehen das Essen musste mal den Teller leer machen
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Monika Siebold aus Schwalmstadt schrieb am 03.10.2022
Ich war gerade 6 Jahre alt und bei der Untersuchung für meine Einschulung, befand man mich zu schwach und untergewichtig.
Das Gesundheitsamt riet meinen Eltern zu einer 6 wöchigen Erholungskurs.Ihnen war nicht klar, was sie mir damit antun würden, sie glaubten wirklich es wurde meiner Gesundheit gut tun.
Also würde ich an einem Morgen zum Bahnhof gebracht, wo eine Dame vom Kreis oder Jugendamt mich in Empfang nahm und es ging nach Nussdorf am Inn
Ich war bis dahin noch niemals von zu Hause getrennt. Schon im Zug bekam ich Heimweh und ich sagte der Dame ich wolle wieder mit nach Hause, aber das hat niemand interessiert.
Ein ungefähr 4 Jahre älteres Mädchen hat sich schon im Zug meiner angenommen und auch dort im Heim sich um mich gekümmert.
Das Heim, für mich auch wenn ich heute daran denke, das ist jetzt 60 Jahre her, war eine einzige Katastrophe in meinem Leben.
Ich konnte weder lesen noch schreiben noch konnte ich irgendwie sonst mit meinen Eltern in Kontakt treten und das lange 6 Wochen, ich habe ganz viel geweint und immer wieder gesagt, dass ich nach Hause möchte, das hat niemand interessiert. Erst wie geplant durfte ich nach Hause.
Wir mussten 2 mal in der Woche in 2er Reihen anstehen für die Höhensonne, damit wir gesund aussahen.
Meine Kleidung wurde einfach einem anderen Kind, das nicht genug zum Anziehen mit hatte, angezogen.
Gegessen habe ich wenig bis gar nichts und dadurch auch abgenommen statt zugenommen.
Ich bin nicht missbraucht worden aber die psychischen und seelischen Schäden die man mir zugefügt hat, sind nicht zu verzeihen.
Meine Eltern wollten nur das Beste für mich, wenn sie gewusst hätten wie sehr ich gelitten habe, hätten sie dem nie zugestimmt.
In der heutigen Zeit wäre so eine Kur für ein Kind ohne Elternteil undenkbar.
Warum hat man mir das angetan??
Heute darf ein Kind ohne Vater oder Mutter noch nicht mal eine Nacht ins Krankenhaus, wenn es das nicht will.
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Stefanie Gross aus ehemals Wanne-Eickel schrieb am 03.10.2022
Ich wurde in 1971 als Fünfjährige zu 6 Wochen Heimaufenthalt verdonnert. Grund: angebliches Untergewicht, das Städtische Kinderheim musste damals dringend amortisiert werden. Ich war neugierig, auch wenn mir die Trennung von meinen Eltern sehr weh tat. Der erste Aufenthalt am Meer! Heutzutage würde niemand mehr sein Kind sechs Wochen lang "verschicken" lassen, aber damals orientierten sich die Eltern noch stark an Autoritäten und befolgten brav deren Anordnungen. Die sechs Wochen waren eine Hölle. Als sensibles und schüchternes Kind hatte ich keine guten Karten und die "Tanten" tobten sich an mir aus. Von den ekelhaften Proteinschleudern (vor allem viel zu viel Milch), dem Sitzenbleiben bis man aufgegessen hatte, bis zur Zwangsernährung. Ich hatte Angst vor der nächtlichen Dunkelheit, den Erzieherinnen, dem Essen, einfach vor allem. Die versprochenen Strandspaziergänge beschränkten sich auf 2 mal 1 Stunden im Exerzierschritt, Muschelnsammeln verboten. Der Rest: vor allem ruhig sitzen, endlose Langeweile und Furcht vor dem Kommenden. Das Verbot, nachts zur Toilette zu gehen machte mich zur Bettnässerin und damit begann ein Teufelskreis: Unfall, mein Bettzeug waschen, Angst vor der kommenden Nacht, erneuter Unfall etc. Der einzige Effekt war übrigens keine Gewichtszunahme sondern ein Trauma, dass mich eigentlich bis heute begleitet. Erstaunlich, dass die Erinnerungen noch so wach sind und noch erstaunlicher, dass so viele Kinder betroffen waren. Ich hatte mich immer für eine Einzelgängerin gehalten.
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Sascha Hentschel aus Köln schrieb am 24.09.2022
Hallo,

also ich 80er Baujahr war als Kind mit meimer Schweater zweimal dort ca. 1987 & 1988 jeweils 6 Wochen da unsere Eltern auf dem weg zur Scheidung waren und habe sehr schöne Erinnerungen, natürlich auch Regeln hehe aber im Ganzen alles Super.

Ich erinnere mich z.b. an die langen Wandergänge schön ordentlich nebeneinander, durch den Meter Hohen Schnee.. Die Zäune mit Strom am weg zur Österreich, Lang Lauf Ski, Besuch auf der Ski Sprungschanze, die Räume mit dem Nebel bevor es raus ging, schön Vaseline aufs Gesicht geschmiert bekommen..
Warm Kalt Wasser Becken..
Die Spiel Olympiade im Ganzen Haus (Die ich nach Punkten tatsächlich gewann da ich alles zweimal machte hehe) der Auftritt als Vampir im Foyer unten, der Zauberer auf der Bühne in der Halle, der mir das Ei auf dem Kopf zerschlug, und ich nen selten Schein dafür bekam..

Die Besuche in den kleinen Kapellen wo gemeinsam Gesungen wurde..

Die Frische Milch vom Bauern..
Geschlafen wurde in Hochbetten, 4 Kinder ich oben und ich erinnere mich vor dem Schlafen gehen das ich ein Mädchen geküsst habe die sich rübed beugte vom andere Hochbetten.
Das falten unsere Wäsche mit der Betreuerin, Namens Schilder in der Wäschs..

Da gabs Postkarten zum verschicken die wir kauften von unserem Taschengeld, und auch Briefe von zuhause..
Man hatte auch Heimweh aber es war schön, viel uns hoher Schnee...

Der Pudding war dies, den musste man auch tatsächlich auf Essen, und das waren Regeln ohne Hauen o.ä. hehe..

Ich würde sehr gerne diesen Ort nochmals sehen und Erleben..
Leider besitze ich kein Führerschein und habe auch keine eigenen Kinder.


Schade das ich hier so negative Erfahrungen lese..


Grüße aus Köln
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MiriamT schrieb am 23.09.2022
Hallo,
Ich war im Sommer 87 ein Verschickungskind in Berchtesgarden.
Ich war 10 Jahre alt, meine Mutter wollte mir was guten Tun und schickte mich auf diese Kinderverschickung der Barmer Ersatzkasse.
Ich kam nach 6 Wochen Aufenthalt als ein Kind mit einer Angststörung zurück was unter Ticks und wahnsinnigen Angst vorm Schlafen gehen litt.
Meine Erinnerungen an diesen Aufenthalt sind furchtbar:
Wir Kinder wurden auf Bänke und Stühle gefesselt als Bestrafung, nur weil man z.B eine Wiese betrat die man nicht betreten sollte.
Man musste sich in einen Kreis stellen und laut singen oder Gedichte aufsagen um seine Post von Zuhause zu erhalten (ich hatte immer gehofft ich bekomme keine Post).
Als die Magen-Darm-Grippe ausbrach und ich mich als Kind in das Bett übergab, musste ich in meinem Erbrochenen als Bestrafung schlafen.
Das Duschen, Waschen, Zähneputzen erfolgte nur gemeinschaftlich und unter strenger Aufsicht.
Die Mahlzeitenaufnahme war sehr streng, es musste aufgegessen werden ansonsten musste man solange sitzen bleiben bis der Teller leer war.
In einer Nacht wurde ich sexuell Missbraucht. Ich habe Dies nächsten Tag einer Betreuerin erzählt, darauf wurde mir eingeredet ich hätte alles nur geträumt. Ich habe danach eingenässt und wollte nicht mehr in diesem Zimmer schlafen. Ich durfte nach langem Theater das Zimmer wechseln und habe mich versucht mit meiner neuen Zimmernachbarin tagtäglich Nachts einzuschliessen indem wir den Stuhl unter die Türklinke schoben. Dieses Mädchen hatte genauso Angst wie ich, dass ist mir heute bewusst geworden.
Meiner Mutter konnte ich mich nicht mitteilen, die Post die man schrieb wurde streng kontrolliert und man musste positive Sachen in die Karte schreiben.
Ich war wochenlang einer fürchterlichen Angst ausgesetzt.
Ich wurde als glückliches Kind auf diese Kur geschickt und kam als verstörtes und ängstliches Kind nach Hause. Ich habe Jahrzehnte gebraucht um über das erlebte zu reden. Ich leide heute noch unter einer Angststörung und unter Zwängen die sich dadurch bildeten.
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Joseph Siegfried aus Albstadt schrieb am 19.09.2022
Ich wurde 1963 bis 68 nach Scheidegg wegen Lungen Tuperkolose gebracht.Für mich war Die Klinik ein Glücksfall.Mein Bruder war ebenfalls 6 Jahre dort.Wir wurden beide als gesund Entlassen.Wir haben uns in Das Buch Die Kinder von Scheidegg eingetragen.Bin heute 61 Jahre und so was von gesund.Meine Mutter hatte nicht Das Glück und verstarb 1968 da war Die Klinik nicht so gut.Also ich kann nur gute berichten von Scheidegg und mache jedes Jahr eine Wanderung als Erinnerung an diesen Ort.M.F.G. S.Joeph
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Christine B. aus Heiligenstadt (Eisenach/Erfurt) schrieb am 10.09.2022
Hallo,
Auch ich hatte eine heilbehandlung bzw Kur im März und Dezember 1987.
Meine Mutter verstarb.
Alles an was ich mich erinner ist ein großer Waschraum und das ich mir mein Zimmer teilte mit einem Mädchen. Sie war traurig. Sie hatte ein Kuscheltier bzw eine Mond Spieluhr.
Ich weiß nicht warum ich dort war. Evtl weil meine Mutter verstarb in dem Jahr.
Leider fehlen mir weitere Erinnerungen.
Habe aber alles im Impf- bzw. Sozialausweis (DDR) als Eintrag belegt.
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AnjaM schrieb am 07.09.2022
auch ich war ein verschicktes Kind und war in Bad Sassendorf gelandet. Wie ich angereist bin, weiß ich nicht mehr. Es gab auch keinen Abschied in meiner Erinnerung, aber sehr viel Angst. Als sogenanntes Bettnässerkind war die Verschickung mehr eine Bestrafung. So paßte es natürlich auch, dass ich in einem von Nonnen, streng geführtes Haus landete.

Ich war 6 oder 7 Jahre alt, schreiben und lesen konnte ich noch nicht. Es gab 3 oder 4 weitere Kinder mit den Namen Anja (ich war die jüngste).

Ich erinnere mich an Holzwannen, mit salzigen Wasser, mein Aufenthalt war im Winter. So regelmäßig wie diese Wannen sich wiederholten, waren auch die Zeiten, in denen wir mit kleinen Schutzbrillen vor Lampen sitzen mussten. Neben der Kirche mussten wir regelmäßig zu Konzerten. Einmal haben wir übermütig geklatscht, so dass wir unsere Handrücken berührten. Wir durften anschließend, zur Strafe, nicht mehr raus und viel schlimmer, nicht mit den anderen zum schwimmen.
Wer an den Konzerttagen Geburtstag hatte, der bekam von den Musikern ein Plakat/Poster geschenkt.
Ich wusste meinen Geburtstag nicht, wollte aber auch so ein Geschenk. Also hatte ich mich einfach gemeldet, als nach einem Geburtstagskind gefragt wurde. Das war eindeutig nicht meine beste Idee…

Die Mahlzeiten waren sehr streng. In meiner Erinnerung durften wir nicht reden, alles musste aufgegessen werden. Zur Strafe wurde man auch schon einmal auf die Terrasse (oder war es ein Balkon?) geschickt, ohne Jacke, mit der Stulle in der Hand, in die Kälte, bis alle fertig waren. Fertig war man erst, wenn alles aufgegessen wurde.

Die Bettnässerkinder hatten einen Wochenplan, wenn das Bett trocken blieb, dann gab es einen Aufkleber. 1x in der Woche musste man mit diesen Plan zur Oberschwester. In meiner Erinnerung, eine alte und strenge Nonne. Ich bin mir nicht sicher, ob mich meine Erinnerungen da täuschen, oder ob sie tatsächlich 1 großen (oder sogar 2) Hund hatte. Vielleicht haben mir die anderen Kinder es erzählt, weil ich eine große Angst vor Hunden hatte.

Auf jeden Fall gab es von dieser Oberschwester entweder eine Belohnung (in Form von Süßigkeiten), oder eben Strafe/Schimpfe, je nachdem wie viele Aufkleber man hatte.

Ich hatte immer große Angst vor diesen Tagen und viel Süßes gab es für mich nicht.

Strafen waren allgegenwärtig. Einmal hatten die anderen Kinder meinen Teddy geklaut und auf dem Flur geworfen, es war Schlafenszeit. Der dunkle und sehr lange Flur machte mir nicht nur Angst, er durfte natürlich auch nicht, zur Schlafenszeit, betreten werden. Aber ohne Teddy ging auch nicht. Also schlich ich irgendwann raus und wurde natürlich prompt erwischt. Zur Strafe wurde ich ohne Teddy und ohne Decke, in einen Raum gesteckt, der in meiner Erinnerung sehr klein war und nur eine Matratze auf den Boden hatte. Dort musste ich die Nacht verbringen und war am nächsten Tag, für alle die unartige Anja.

Wir mussten regelmäßig spazieren, immer schön ordentlich in 2er Reihe.

Meine einzige schöne Erinnerung war eine liebe Nachtschwester. Diese nähte meinem Teddy neue Augen (mit gelben Stopfgarn). Der Teddy ist heute noch in meinem Besitz. Ich glaube, mein Aufenthalt dauerte 6-9 Wochen.

Sehr lange hatte ich Angst erneut dorthin zu müssen und alleine die Androhung (die es leider gab) reichte aus.

Ich glaube, es gab sicherlich positive Erlebnisse in Bad Sassendorf, leider brennen sich in kleine Kinderseelen die negativen Erinnerungen.
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Susanne Grünbeck aus München schrieb am 04.09.2022
Ich war im Frühjahr 1975 mit 9 Jahren für 6 Wochen im Kindererholungsheim in Glücksburg. Der Kinderarzt hatte die Kur verschrieben, weil ich unter starker Bronchitis litt. Ich fuhr fröhlich dorthin, weil ich noch nie am Meer gewesen war und neugierig und offen war. Ich komme aus der Nähe von Karlsruhe und das war für mich schon eine halbe Weltreise.
Dort aber litt ich unter unvorstellbarem Heimweh.
Ich bekam dort Windpocken und war sehr krank, aber die Betreuerinnen sagten, man sei nach drei Tagen wieder gesund. Also musste ich nach drei Tagen wieder alles mitmachen und durfte nicht länger im Bett liegen. Ich schleppte mich durch die Gegend und traute mich nicht, jemandem zu sagen, wie elend ich mich fühlte, aus Angst, dann am Ende nicht heim zu dürfen, denn es war in der 4. oder 5. Woche meines Aufenthaltes.
Als ich dann wieder Zuhause ankam, fieberte ich stark. Meine Mutter musste mir die Strumpfhosen vorsichtig von den Beinen schneiden, denn die Windpocken waren offen und alles war verklebt. Ich war in einem furchtbaren Zustand. Ich fehlte noch zwei weitere Wochen in meiner Schule, bis ich wieder genesen war.
Es ist mir heute völlig unverständlich, was für eine Atmosphäre von Angst in dem Heim verbreitet wurde, dass man seine Krankheit und sein Elend lieber versteckte, als sich einer Betreuerin anzuvertrauen. Auch mit Heimweh ging man nicht zu eine der Erzieherinnen. Dass mich dort ältere Kinder aufzogen und meiner Barbiepuppe die Kleider zerschnitten, hätte ich nie einer der Damen dort anvertraut!
Ich hoffe sehr, dass solche Kinderverschickungen heute nicht mehr existieren bzw. dass Erzieherinnen in solchen Einrichtungen besser ausgebildet und Kinder ihnen wirklich am Herzen liegen...
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Nils aus 45259 Essen schrieb am 01.09.2022
Nun,
es liegt lang zurück, in Erinnerung blieben gewaltige Erinnerungen.
Ich war bei der Verschickung 5 Jahre alt, und war kurz zuvor erst in den Kindergarten gekommen, ich war also nicht wirklich viele Kinder gewohnt.
In Erinnerung blieb, dass ich mich am Morgen der Abfahrt gewehrt habe, und es nicht wollte. Die Fahrt ging vom Rheinland nach Dagebüll per gecharterten Intercity, voller Kinder, und ich mittendrin, ohne Bezugsperson.
Bei der Ankunft dort herrschte Sturmflut. Als der Busfahrer, es war schon dunkel, am Fähranleger die Tür öffnete, schwappte das Wasser um den Bus.
Ich war in einem mutmasslich Sechsbettzimmer, und ich erinnere mich, dass ich im Dunkeln den Lichtern der ersten ankommenden Fähren zugesehen habe.
Die "bösen" Kinder, die abends auf den Zimmern Unruhe stifteten, mussten eine Etage tiefer auf dem Flur auf einer Matratze vor dem Betreuerzimmer liegen.
Was blieb noch in Erinnerung: Das erkennbare Desinteresse der Betreuerin an den Kindern.
Die gestickten Namensschildchen in allen klamotten, die noch jahrelang später zum Teil im Leben waren.
Das Postkartenschreiben war ein stumpfes Ritual. Einmal bekamen meine Eltern eine Karte auf der Stand schlicht: Nils hat heute keine Lust, eine Karte zu schreiben.

Gegen Ende der sechs Wochen, war soetwas wie Selbstsicherheit gewonnen, denn ich durfte nun auch einmal im Flur auf der Matratze liegen.
Schlimm für meine Mutter war bei der Wiederkehr am Bahnhof, dass ich meine eigene Familie nicht erkannte. Und was den Erholungseffekt anging, ich wer schwer erkältet, mit einer heftigen Mittelohrentzündung.
Alles in allem eine mehr traumatisierende als erholende Erfahrung. ohne Bezugsperson, unter Unmengen fremder Kinder, habe ich schwer gefremdelt.
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Elke schrieb am 30.08.2022
Auch ich bin eine Betroffene und war 1966 im Kinderheim „Frisia“ in St. Peter Ording.
Eigentlich sollte ich dort ein wenig zunehmen und die Seeluft sollte meiner chronischen Bronchitis helfen. Doch das Ganze entwickelte sich zu einem Albtraum für mich.

Ich wurde von meinen Eltern gebracht und wieder abgeholt. Die Trennung war erst in Ordnung. Ich wusste ja, bald bin ich wieder zu Hause. Doch es müssen dort Dinge geschehen sein, die mir fürchterliches Heimweh machten. Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern. Doch einige Bruchstücke sind noch da.

Ich empfand das Haus als sehr dunkel, fast düster. Der Schlafsaal waren ein Graus für mich. Dieser große Raum war für mich mit fürchterlichem Zwang behaftet. Man durfte nicht weinen. Viele taten es heimlich unter der Bettdecke, wenn nicht mehr eine der Tanten dort herumschlich.

Man durfte, wenn man im schon im Bett war, nicht mehr zur Toilette. Wenn dann jemand aufgrund dessen in sein Bett machte, wurde er im Waschraum abgeduscht oder aber auf einen „Pipi-Topf“ mitten in den Schlafsaal gesetzt, so dass alle anderen es sehen konnten. Eine fürchterliche Demütigung. Auch haben mir dort andere Kinder erzählt, dass sie statt abgeduscht zu werden, mit nassen Handtüchern geschlagen wurden.
Jahre später, als mir dies einmal wieder in den Sinn kam, habe ich einmal nachgeschlagen, warum man so etwas tut. Ergebnis: Schlagen mit einem nassen Handtuch hinterlässt keine Spuren.

Ich kann mich auch daran erinnern, dass alles immer ordentlich im Schrank/Regal sein musste. Schuhe mussten auch geputzt werden, auf einer langen Bank in einem langen Flur.

Essen… dieses Thema verfolgt mich noch heute. Es musste immer alles aufgegessen werden, was auf dem Teller war, egal, ob man es mochte oder nicht. Für mich sind für immer und ewig Rote Beete und Rhabarber von meinem Speiseplan gestrichen. Die allerschlimmste Erinnerung ist für mich das Rhabarberkompott, dass ich überhaupt nicht mochte. Erstens einmal sah es für mich aus, wie schon einmal gegessen und zweitens war es vom Geschmack her ganz schrecklich. Ich musste es essen. Ich wurde damit nicht zur Essenszeit fertig und somit in einen extra Raum gesperrt und saß dort so lange vor meinem Kompott bis das Schälchen alle war. Ich musste immer wieder würgen. Ich habe es aber irgendwie geschafft, mich nicht zu übergeben. Das tat ich dann „heimlich“ später auf der Toilette. Andere hatten mir erzählt, dass es ihnen ähnlich und schlimmer ergangen war, so wie viele es hier mit dem Erbrochenen schon beschrieben haben.

Es wurden auch Postkarten nach Hause geschrieben. Mit 5 Jahren konnte ich noch nicht schreiben, also schrieb eine der „Tanten“. Und zwar immer nur positiv. Eine Karte habe ich davon noch. Ich weiß, dass es noch mehr gab, aber Sie sind irgendwann bei meiner Mutter abhandengekommen. Ich kann mich erinnern, dass auf einer dieser Karten stand, dass ich nun nicht mehr so viel weine und mein Heimweh fast weg ist. Von wegen… Ich wollte lieber heute als morgen wieder nach Hause.

Alles in allem war das Fazit für mich und meine entsetzten Eltern, als sie mich wieder in Empfang nahmen: Ziel der Kur absolut verfehlt. Die Fotos (siehe Forum/Regionalgruppe), die gemacht wurden auf der Fahrt dorthin – noch „freudestrahlend“, während der Kur – man sieht schon mein gequältes/erzwungenes Lächeln und auf der Heimfahrt – völlig verstört, verängstigt und mit dunklen Ringen unter den Augen, belegen das oben beschriebene Fazit.
Ich bin froh, dass meine Eltern mich hinterher entsprechend „aufgefangen“ und versucht haben, das Geschehene vergessen zu machen. Mein Misstrauen bestimmtem Essen gegenüber ist jedoch bis heute geblieben.
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Oliver Reinhardt aus Beverstedt schrieb am 28.08.2022
Ich wurde im Alter von 9 und 13 Jahren verschickt. 1972 kam ich mit meiner Schwester ins Kinderkurheim der Freien Hansestadt Bremen auf Wangerooge.
Dort waren Behandlung und Umgangston ganz okay, nur die Belegung mit um die 200 Kinder war für mich traumatisch. Immerhin gab es aber recht kleine Zimmer mit nur vier oder fünf Betten. Da ich zu den unterernährten Kindern gehörte (meine fast 90jährige Mutter schämt sich heute noch), musste ich mit wenigen anderen an einem separaten Tisch essen. Diese Exponiertheit war unangenehm und man wurde gehänselt.
Schlimmer aber war, dass es zum Frühstück zwangsweise Leberwurst und andere Dinge gab, die ich verabscheute. Alles in allem aber war der Aufenthalt in Ordnung.
Deshalb stimmte meine Mutter zu, als ich 1976 noch einmal verschickt werden sollte. Ich kam 6 Wochen nach Boffzen, in das Kinderkurheim das -wie ich mittlerweile weiß- schon von den Nazis betrieben wurde.
Uns Kindern wurde gesagt, das Haus sei privat, die Besitzerin wohne in der 50er Jahre Villa auf dem selben Gelände. Von der sah man nur ab und an einen großen, silbernen Mercedes.
Wir Kinder waren untergebracht in einem schlossähnlichen Gebäude aus dem 19. Jahrhundert (es gibt noch Bilder im Netz). Ich denke, wir waren vielleicht 20 oder 30 in meiner Jungs-Gruppe und genauso viele in der abgetrennten Mädchen-Gruppe. Alle Jungs waren untergebracht in zwei miteinander verbundenen Schlafsälen. Nur neben dem Zimmer der Betreuerin (Name vergessen), die offenbar dort wohnte, gab es ein 3er-Zimmer. Da kam ich nach ein paar Tagen rein, weil ich mit dem Schlafsaal nicht klarkam und dort gehänselt wurde. Die beiden anderen Bewohner meines Zimmers waren wegen Ungehorsam aussortiert worden, weshalb wir unter ständiger Beobachtung standen. Es herrschte ein Klima latenter Angst und Bedrohung. Unter den Kindern bildeten sich Hackordnungen. Da stand ich weit unten. Ich wurde später noch jahrelang von Anrufen eines der Jungen verfolgt, der dann immer seinen Namen nannte und danach auflegte.
Die Tagesbeschäftigung bestand in Zeiten, in den wir auf dem Gelände spielen durften, auf einer Wiese, aber ohne Anleitung, Anregungen oder Spielgeräte. Ich glaube auch, dass es täglichen Frühsport auf dem Hof vor dem Haus gab. Außerdem gab es nahezu täglich Wanderungen. Es ging in die immer selbe Richtung. Zunächst eine steil ansteigende, gerade Straße hinauf, von den Betreuern Himmelsleiter genannt. Mir kam sie unendlich anstrengend und lang vor. Vermutlich war sie das nicht.
In Wald und Feld mussten wir dann Beerenfrüchte sammeln. Die gab's dann auf Pfannkuchen zum Abendbrot.
Das Essen war ausgesprochen mager und eklig. Als ich nach sechs Wochen heimkam, hatte ich mehrere Kilo abgenommen und hatte in der ganzen Zeit nur 2mal Fleisch bekommen.
Ich war als 13jähriger durchaus in der Lage, mal von daheim weg zu sein. Aber die Situation im Kinderheim war so bedrückend und beängstigend, dass ich recht bald einen Hilferuf an meine Mutter schrieb. Den trug ich immer mit mir herum, wurde ihn aber nicht los, weil die ausgehende Post zensiert wurde.
Das für mich schlimmste Erlebnis, dem ich bis heute einige "merkwürdige" Verhaltensweisen verdanke, war das gemeinsame Duschen. Es fand in einem Kellerraum eines benachbarten Remisen-Gebäudes statt. Dazu muss ich erklären, dass ich in einem streng antinazistischen Haushalt aufgewachsen bin und früh mit entsprechenden Bildern und Texten in Berührung kam.
Der Duschraum dort entsprach meinem Wissen von KZ-Ausstattungen. Ein großer, dunkler Raum mit Leitungen unter der Decke, an denen Duschköpfe hingen. Wir wurden zum gemeinsamen Duschen gezwungen. Für mich total belastend, weil ich sehr schamhaft war und immer Angst hatte, wieder wegen irgendwas gehänselt zu werden. (Wegen meiner abstehenden Ohren sowieso) Der Raum machte mir unendlich Angst, zumal die Betreuer einen sehr herrischen Ton drauf hatten und uns immer durch die Gegend scheuchten. Es ist wohl nichts wirklich schlimmes passiert, aber 6 Wochen in einem Klima von Angst, Befehlen und Ungerechtigkeiten waren für einen Heranwachsenden schwer zu ertragen und leider träume ich heute, mit fast 60 Jahren, noch regelmäßig davon.
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Andreas Almstedt aus 37136 Waake schrieb am 27.08.2022
1955 wurde ich im Alter von 5 Jahren in eine „christliche“ Einrichtung im Schwarzwald (Freudenstadt) verschickt.
Mein Vater war wenige Monate zuvor nach einem langen Leidensweg gestorben. Danach hatte ich keinen Appetit mehr, nahm ab und kam zur Erholung.
Gleich nach der Anreise wurde ich von meiner Schwester getrennt, da Mädchen in einem anderen Teil des Hauses getrennt untergebracht wurden.
Ich sollte essen, aber weil ich keinen Appetit und einen riesigen Heimwehklos im Hals hatte, ging gar nichts mehr.
Das mir auf den Teller gelegte musste aufgegessen werden. Ich konnte nichts runter kriegen.
Am ersten Abend waren die Aufseherinnen noch relativ gnädig. "Nur" verbales Drängen galt e.auszuhalten.
Die anderen Kinder hatten schon aufgegessen und waren aufgestanden und gegangen.
So blieb ich schließlich lange allein in dem großen Raum. Ab und zu wurde nachgesehen, ob ich endlich artig gegessen hätte. Schließlich galt ich als bockig und böse. Und sowas zu brechen hatte man ja Methoden.
Vielleicht wollten sie Feierabend machen. Jedenfalls blieben mir weitere pädagogische Bemühungen an diesem Abend erspart .
Ich hatte nicht nur Heimweh, ich war Heimweh. Ich schluchste und schluchste . Ich war vater- und mutterseelen allein.
Weinen (Heimweh) war abends verboten. Wer erwischt wurde, wurde in den kalten Duschraum abgeführt, wo er u.U. Stunden im Kalten verbringen musste. Manche Kinder, die so widerspenstig und ungezogen-böse waren, daß sie mit Weinen und Schluchzen einfach nicht aufhörten, wurden kalt abgeduscht . Das half .......nach einer gewissen Zeit.
In einer religiösen Unterweisung wurde Angst vor der Hölle für unartige Kinder geschürt. Auf welchem Weg, dem guten, steilen , beschwerlichen, oder schlechten, bequemen, nach unten gehenden befindest Du dich ?
Die Wege wurden auf der Tafel veranschaulicht .
Auf dem schlechten Weg wurde ein Punkt eingezeichnet, bei dem eine Umkehr nicht mehr möglich ist. Hat man den erst erreicht, ist man für immer verloren, dann geht es schnurstracks in das Höllenfeuer ewiglich.
Ihr wisst doch , wie es sich anfühlt, wenn man einen Finger in eine Kerze hält? Und nun den ganzen Körper für immer und niemand ist da, der helfen kann !
Böse waren wir ja wirklich:
Abendliches Weinen und nicht aufessen oder gar abnehmen ( ich wurde gewogen und zu leicht befunden ) waren die Hauptsünden.
Bei jedem Wiegen meines Gewichtes wurde auch meine Schuld, mein Ungehorsam mit gewogen. Wieder Gewichtszunahme verweigert. 
Doch für solche Fälle gab es die Methode der Mästung, die zum Gück nur einmal an mir praktiziert wurde. Vermutlich weil es bei mir vermutlich zu zeitaufwendig war und auch diese pädagogischen Massnahmen bei mir nichts fruchteten.
Wieder mal saß ich lange noch nach dem Frühstück allein vor einem für mich ekligen Käsebrot, das ich unbedingt essen sollte.  Schimpfen und Drängen der Aufseherinnen führten zu nicht mehr Appetit.
Diesmal war es nicht nur der Klos im Hals, sondern auch Widerstand, der natürlich gewaltsam gebrochen werden musste.
Ein herrisches ;"Mund auf ! " hatte keinen Erfolg. Es wurde eine zweite Kraft dazu geholt.  
Eine der Aufseherinnen drückte daraufhin meinen Mund auf, indem sie in die Wangen drückte und so den Kiefer gewaltsam öffnete.
Die andere schob mir ein Stück Brot in den Mund. "Kauen! , Schlucken !" Die Befehle hatten nicht den gewünschten Erfolg. Ich kaute und schluckte nicht. Die Prozedur wurde unter verschärften Bedingungen wiederholt. Nun wurden zusätzlich Mund und Nase zu- und ich fest gehalten. Das führte zum Erfolg. Unter Tränen, ein Brocken nach dem anderen.  Sie waren ein eingespieltes Team. Sie hatten es geschafft. Das Brot war drin. Danach war mir der Appetit gänzlich vergangen. Vor diesen Bestien hatte ich nur noch Angst.
Iimmerhin wußte ich nun, wer böse war. Von ihnen nahm ich nichts mehr an.

Was können wir daraus lernen ?
Auch diese Hexen waren Kinder ihrer Zeit. Es herrschte die schwarze Pädagogik über sie.
Unter Ausblendung von Mitgefühl hielten sie sich daran, was allgemein angesagt war, was Mainstream der Pädagogik war, was als richtig und förderlich für die Kinder galt. Die so zu Aufseherinnen gewordenen Frauen waren Täter und und Opfer zugleich . Sie opferten gegenüber den Kindern ihr Mitgefühl.ihre Seele, die den ihnen anvertrauten Kindern verrohte.
So auch wie wir heute verrohen, wenn auch in anderen Zusammenhängen:
Aus heutiger Perspektive kann rückblickend deutlich werden, wie der Zeitgeist, der Mainstream, über Empathie, Mitmenschlichkeit dominieren kann. Es braucht nur "gute", gesellschaftlich getragene Gründe, um Unmenschlichkeit, Gewalt um eines höheren Zieles willen, zu rechtfertigen. Schließlich heiligt der Zweck ja die Mittel. Alles ist gut , wenn es nur einem guten Zweck dient.
Mit dieser Haltung können wir überhaupt das "Böse" bzw. das, was nicht unseren Interessen entspricht, mit bestem Gewissen austreiben, bzw. vernichten.
Eigene moralische Massstäbe, so vorhanden, werden obsolet, wenn sie nicht mit dem Mainstream konform gehen. Und unser Interesse ist es natürlich, auf Teufel komm raus, immer dazu zu gehören.
Dem propagierten Mainstream folgend werden z-B. auch entgegen der ursprünglichen Überzeugung, Tötungsmittel Mit-Morden (damals wie heute mit dem Segnen von Waffen, bzw. mit dem Absegnen der Verschickung von Kindern und "guten" Waffen zum gefälligen Gebrauch. Mit guten Gründen lässt es sich gut morden, seien es Kinderseelen oder die zu Feinden erklärten Menschen.
Das kann man doch nicht miteinander vergleichen?
Doch, muss man sogar !
Der gemeinsame Nenner heißt:
Unterdrückung von Mitmenschlichkeit durch Interessen geleitete Erkenntnis /Ideologien.
 
 

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Christiane aus Göttingen schrieb am 27.08.2022
Ich war fünf Jahre alt, als man befand, dass ich zu dünn sei und meine Mutter mit drei Kindern eine Auszeit zumindest von einem, dem mittleren, haben sollte.

Ich war für sechs Wochen in einem Heim, wo ich an einem Tisch mittig in einem großen Speisesaal Essen immer wieder bekam, das ich nicht essen konnte, bis ich es aß und herunterzuwürgen versuchte.

Ich durfte nachts nicht auf Toilette, nässte deshalb ins Bett ein, es gab Gewalt und sogar Schläge mit der Hand, man nahm mir meinen Bär weg, dem einzigen, woran ich mich festzuhalten versuchte und bekam als einzigen Kontakt die Päckchen von zu Hause nicht, weil ich nicht funktionierte. Diese Päckchen mit bestimmten Süßigkeiten wurden vor meinen Augen an andere Kinder verteilt, weil ich sie nicht verdient hatte.

Man schrieb Karten an die Eltern, dass es mir blendend ginge, weil ich mit fünf Jahren noch nicht schreiben konnte.

Ich kam nach sechs Wochen als gebrochenes Kind mit Alpträumen und abgekauten Fingernägeln zurück. Ich kämpfe bis heute mit den Folgen.

Als ich ca. 10 war, war ich mit den Eltern in der Gegend und meine Mutter wollte das Heim sehen. Sie fanden es und ein verschrecktes Kind tauchte hinter den Gitterfenstern im Erdgeschoss auf. Meine Mutter weinte den gesamten Weg zurück zum Ferienort und entschuldigte sich immer wieder bei mir. Sie hatte mir meine kindlichen Schilderungen nicht abgenommen und war entsetzt zu sehen, dass alles, was ich erzählt hatte, stimmte. Das führte dazu, dass sie mir (erstmals) auch den Rest, den sie nicht überprüfen konnte, glaubte. Bis dahin war man zu Hause der Meinung, dass ich lüge und Aufmerksamkeit wollte.

Während ich das schreibe, habe ich Tränen in den Augen. Ich wünsche mir seit vielen Jahren, es vergessen zu können.

Wenn diese Aktion auch nicht zum Vergessen beiträgt, so ist sie doch trotzdem gut. Danke dafür
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Winfried aus WW schrieb am 25.08.2022
Ich war 1966 mit 8J. zur Erholung im Kinderheim Richardsen in St.Peter Ording. (Auf der Seite der AG OrtsChronik e.V. St.PO ist das Haus abgebildet. Als ich das Bild sah und den Namen laß, wußte ich: hier war ich). Ich hatte immer wieder Bronchitis, war ein schmächtiges Kind und sollte dort abgehärtet werden. Nun ja.
Vorher hatte ich schon mehrere traumatische Erlebnisse in Krankenhäusern: als Frühchen in den 50gern im Brutkasten einer Uniklinik, mit 3J. eine Blindarm OP (bei der die Narkose nicht richtig wirkte), mit 6J. eine Mandel OP ( bei vollem Bewußtsein wurden wir an die Stühle geschnallt, dann den Ätherlappen vors Gesicht, und alles brüllte…). Besuchsverbot für die Eltern.
Nun also St.Peter Ording. Währendessen lag meine Mutter mit Krebs im Krankenhaus (Kinder unter 12J. haben keinen Zutritt. Ich konnte sie also vor Abreise nicht mehr sehen.
Ich wollte nur nach Hause, hatte füchterliches Heimweh. Unter den Kindern ging das Gerücht um, wer ständig weint, wird nach Hause geschickt. Also habe ich die ersten Tage nur geweint, es half nichts.
Morgens der Haferbrei ging noch, das Mittagessen war viel zuviel, ich mußte mit einigen anderen immer solange sitzen bleiben bis ich alles hineingewürgt hatte. Das Abendessen war das schlimmste.
Es gab 5 halbe Brotscheiben, jeweils eine mit Quark m. Schnittlauch (bäh), Wurst, Käse, Bananenscheiben, Schokoraspeln. Ich konnte einfach nicht soviel essen. Andere schon, und noch viel mehr. Also bot ich meine Brote zum Tausch an, wenn du mein Brot isst…Die anderen Jungs wollten natürlich nur das Schoko- o. Bananenbrot. Das hätte ich auch mal gerne gegessen, würgte statt dessen das Quarkbrot hinunter. Natürlich alles heimlich, wer erwischt wurde, daß er nicht seinen Teller leer aß, wurde bestraft. Das klappte nur kurze Zeit, ich habe dann die Brote in die Hosentasche gesteckt und später im Clo entsorgt. Das viel natürlich auf, wurde verpetzt und ich wurde bestraft.
Ohrfeigen waren damals was völlig normales und auch der Lehrer in der Schule wurde nicht müde zu betonen: die Prügelstrafe ist noch nicht abgeschafft.
Briefe nach Hause wurden zensiert, Päckchen von Zuhause wurden geöffnet: Obst kam sofort in die Küche, Süßigkeiten (wenn mehr als 1 Teil) kamen in den Gemeinschaftspool, Briefe und anderes an das Kind.
Dann bekam ich Mumps und mußte auf die Krankenstation. Hier gab es kleine Portionen und ich war froh krank zu sein. Währendessen ist meine Mutter verstorben, was mir nicht mitgeteilt wurde.
Schlimm waren auch die wöchentlichen Untersuchungen beim Haus-Doktor,der in Ermangelung oder aus Sparsamkeit keine Holzspatel sondern Eßlöffel aus der Kücheverwendete und jeden „zur Sau“ machte, der dabei hustete. Manche zitterten schon vorher.
Nach der Mumps-Zeit wurde ich als Langsam-Esser eingestuft und mußte mein Mittagesse alleine im Speisesaal eine halbe Std. vor allen anderen einnehmen. Wie das dann mit den Broten war, weiß ich nicht mehr.
Dann wurden Andenken gekauft (die Händler kamen ins Haus), eine Kleinigkeit für Vater und Mutter, und ab gings nach Hause. Noch auf dem Bahnsteig habe ich gefragt, ob ich endlich meine Mutter besuchen darf, die Antwort: die ist doch schon im Himmel.
Das wars, die Kindheit war vorbei. Verständnis, Gefühle, Reden, das gab es nicht.
Ich habe angefangen zu stottern, Atemwegserkrankungen waren ständige Begleiter.
Folgerichtig kamen in den Folgejahren noch 3 Asthmakuren in Bad Reichenhall hinzu. Manchmal kam ich kränker zurück, als ich losgefahren war.
Im späteren Leben kamen noch Allergien und Süchte und Tinnitus hinzu. Verschiedene Therapien halfen nicht. Ich habe bis heute keine stabile Beziehung aufbauen können. Jetzt mit 65J. ist noch eine Neurodermitis hinzugekommen.
Ich bin nur noch müde, müde, traurig und wütend.
P.S.
Wie ich gehört habe, steht das Haus Richardsen noch. Lange Zeit als Gästehaus etc. genutzt (?)
Ich versuche mal hinzufahren und es mir anzusehen. Vielleicht passiert was.
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Petra Safferthal aus Berlin schrieb am 19.08.2022
Hallo, ich bin gestern auf diese Webseite gelandet und auf die Initiative aufmerksam geworden. Und ich bin froh, dass es sie gibt. Ich bin im Sommer 1969 mit 4 , fast 5 Jahren, auf eine vom Amt gut gemeinte Kur geschickt worden, ich kam aus zerrütteten Familienverhätnissen. Ich weiß nicht mehr, wie der Kurort hieß, bzw. lag. Vor 30 Jahren, als mein Sohn in diesem Alter war, kam mein Leben aus der Bahn. Ich hatte meinen fast ersten 6 Jahre völlig verdrängt. Aber nach und nach kamen Bider, Gefühle aus dieser Zeit wieder hoch. Und es waren sehr schreckliche, traumatiesierende Erinnerungen. Von Schlaf-, Essensverbot und mit dem Kopf in der Wanne unter Wasser gestugt zu werden. Ich bin selber gelernte Erzieherin, aber trotz mehrer Versuche in ein Arbeitsleben zurückzufinden sind gescheitert. Ich habe überhaubt nicht mehr in ein Lebenswertes Leben zurückgefunden. Ich finde sehr gut, dass es diese Initative gibt und ich davon erfahren habe. Ich finde es mehr als an der Zeit, das Schweigen zu brechen und das mir und anderen zugefügten Schmerz und Leid publik zu machen. Es wird keine Wunde heilen, aber ich hoffe Antworten, wie: warum ist das mit mir passiert, was habe ich falsch gemacht? Scham- und Schuldgefühle, Verzweiflung und die ständige Angst, sind Teil meines Leben geworden. Auch wenn der Verstand sagt, ich kann nichts dafür, was mir dort angetan wurde, die leidvollen Gefühle und Selbstzweifel werde ich nicht mehr los.
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Renate Link aus Unterhammer im Karlstal schrieb am 18.08.2022
Ich bin selbst keine Betroffene, möchte aber ehrenamtlich die Geschichte an meinem neuen Wohnort aufarbeiten und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Wir sind gerade bei der Recherche und dankbar für weitere Infos.
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Manuela Litts aus Plön schrieb am 16.08.2022
Ich habe nur gute Erinnerungen an diesen Aufenthalt, Es war sehr nett , bin zwei mal da gewesen das schlimmste war als der Dackel von den Heimleitern auf einem Schäferhund attackiert wurde auf einem Spaziergang
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Wolfgang Hanke schrieb am 16.08.2022
Ich wurde als Eisenbahnerkind mit Kindern weiterer Berufskollegen meines Vaters im Winter 1965 5-jährig nach Schulenberg verschickt. Sicherlich ist nach fast 6 Jahrzehnten nicht alles present, daher beschränke ich mich auf 3 Vorkommnisse, die über die Jahre nicht aus dem Sinn gekommen sind:
1.) Es gab einen Jungen, der nach Angaben der Erzieherinnen ein böser Junge war. Nachdem die üblichen Methoden, in erster Linie Ohrfeigen, bei ihm nicht den gewünschten Erfolg brachten, wurde er in den Keller gesperrt. Wir hörten ihn, wenn wir über die Gänge gingen, unaufhörlich brüllen. Das flößte mächtig Angst ein. Uns wurde gesagt, dass dies mit allen unartigen Kindern geschieht - es waren eindeutige Drohungen. Der Junge war dann eines Tages nicht mehr da.
2.) Es gab Lieblingskinder. Hierzu gehörte ein Junge aus meinem Schlafsaal, vielleicht 3-jährig, der, während wir anderen uns keine Unachtsamkeit erlauben durften, während der Schlafzeiten durch den Saal sprang, hüpfte, turnte und die Erzieherinnen lachten über den süßen Fratz. Eigentlich war strenge Bettruhe verordnet. Auch in der Mittagszeit mussten wir schlafen, auch wenn jemand nicht schlafen konnte. Bei einer Kontrolle mittags versuchte ich, mich schlafend zu stellen. Ich hatte alles versucht, doch ich musste zwinkern und bekam sofort Ohrfeigen, während der kleine süße Junge herumjauchzte.
3.) Beim Mittagessen saß der kleine süße Junge neben mir und spuckte mir plötzlich auf den Teller (Braten mit Rotkohl und Kartoffeln). Ich meldete dies der Erzieherin, die mich dann zwang, meinen Teller inklusive fremder Spucke aufzusessen.
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Doreen Götze aus Berlin (geb. Finsterwalde) schrieb am 15.08.2022
Ich habe erst letzte Woche von der Seite Verschickungsheime erfahren und bin jetzt auf der Suche nach Antworten. Ich habe leider keine Ansprechpartner mehr (Mutter verstorben), um Details zu erfahren. Ich weiß nur noch, dass ich vor der Einschulung (es müsste das Jahr 1989 im Sommer vor der Einschulung gewesen sein) auf der Kur in Rügen (wahrscheinlich Wieck) war. Ich war zu dem Zeitpunkt 5/6 Jahre alt und mein Vater war das Jahr davor, 1988, plötzlich verstorben. Laut meiner Mutter, woran ich mich noch erinnern kann, war ich auf dieser Kur auch, um mich von ihr abzunabeln, da es sonst nicht möglich gewesen wäre, mich einzuschulen. Der Tod meines Vaters hat ein Trauma hinterlassen. Meine Tante, die noch lebt, sagt, ich wäre dort wegen häufig auftretender Bronchitis gewesen. Bei meiner Recherche kam mir der Name Wieck sehr gekannt vor. Ich hatte auch jahrelang ein Gruppenfoto im Album meiner Mutter, aber mit ihrem Tod ist das Foto verschwunden. Ich bin seit geraumer Zeit bei einer Heilpraktikern, um meine Traumata aufzuarbeiten und immer wieder kommt diese Kur in meinen Kopf. Ich habe aber leider keine Erinnerung daran. Das Einzige, was ich weiß: Es war ein Dreibettzimmer (zwei Mädchen, ein Junge), es gab Milchnudeln und jede Woche wurden Briefe von den Eltern vorgelesen. Ebenso kann ich mich an viele Tränen erinnern, die geflossen sind.

Wie gesagt, schätze ich, dass es der Sommer vor der Einschulung gewesen sein muss, 1989. Es kann aber auch sein, dass es 1988. Ich hoffe, dass es noch alte Datensätze gibt und mein Name und Aufenthalt dort irgendwo niedergeschrieben ist. 🙂

Auf dieser Internetseite habe ich ein Foto von 1979 gesehen von Wieck und es sieht mir sehr danach aus, dass es das Kurheim war, wo ich war.
Vielleicht findet sich jemand, der zur gleichen Zeit dort war und ich kann das Mysterium klären.
Vielen Dank fürs Lesen.
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Martina schrieb am 13.08.2022
Ich (geb. 1967) wurde im März 1979 für sechs Wochen in das Kinderkurheim des BSW nach Lindenberg im Allgäu geschickt. Vor Ort wurde ich meiner Altersgruppe (mittlere Mädchen, ca. 10-14 Jahre) zugeteilt. Es gab je drei Gruppen für beide Geschlechter. Unsere Gruppe bestand aus 20 Mädchen und nannte sich zeitgeistgemäß "Discoqueens". Die altersgleiche Jungengruppe nannte sich nach einer bekannten TV-Serie die „PS-Feuerreiter“. Wir hatten zwei Betreuerinnen, die wir duzen durften/sollten. Alle Kräfte waren entsprechend ausgebildet und qualifiziert. Am Tag nach der Ankunft wurden wir von einem freundlichen Arzt medizinisch untersucht. Da ich Übergewicht hatte, sollte ich abnehmen. Im Speisesaal gab es dann aus organisatorischen Gründen drei oder vier separate „Diät-Tische“. Unser Essen war den Plänen entsprechend kalorienreduziert. Nach sechs Wochen hatte ich sieben Kilo verloren. Es gab natürlich auch Kinder, bei denen eine Gewichtszunahme wünschenswert gewesen wäre. Dennoch wurde niemals jemand zum Essen gezwungen. Da ich keine Erinnerung an die Gerichte habe, muss die Küche wohl durchschnittlich gewesen sein. Dagegen erinnere ich mich an den für alle Einrichtungen dieser Art typischen furchtbaren Hagebutten- und Pfefferminztee. Bei einer Führung durch das Haus wurden wir auf den riesigen Teeboiler in der Küche hingewiesen, an den wir uns bei Durst jederzeit bedienen durften. Die Betten waren, wie damals noch allgemein üblich, in Schlafsälen untergebracht. In unserem befanden sich 10 Betten, durch Sichtschutzwände getrennt, auf denen wir Autogrammkarten unserer Idole aufhängten. WCs und Waschräume befanden sich auf dem Gang genau gegenüber. Geweckt wurden wir um sieben oder acht durch Lichteinschalten. Abends um neun oder zehn Uhr wurde das Licht gelöscht. Ein für Gemeinschaften aller Art typisches Verfahren. Aber niemals wurde jemand daran gehindert, nachts zur Toilette zu gehen. Im Gegenteil: nachts war auf dem Gang für diese Fälle immer die Notbeleuchtung an. Der Vormittag war gemeinsamen Aktivitäten gewidmet: Sport, Spiel, Basteln, Spaziergänge, Besichtigungen. Nach dem Mittagsessen hatten wir in der sogenannten Ich-Zeit drei Stunden zur freien Verfügung. Wer wollte, konnte Mittagsschlaf machen. Ansonsten standen zur Verfügung: eine Minigolfanlage, Tischtennisplätze, ein Bolzplatz, ein Hallenbad, eine Bibliothek, ein Musikzimmer mit Instrumenten und Noten, ein Fernsehraum, eine Turn- und Veranstaltungshalle mit Bühne. Darüber hinaus wurden Ausflüge in die Umgebung organisiert, z. B. an den Bodensee oder nach Füssen. Auch waren wir im Zirkus und natürlich im Ort, wohin der Weg leider etwas weit war. Sonntags und Ostern durfte man die katholische Messe in der örtlichen Kirche besuchen. Jedes Wochenende wurde die Turnhalle zur Disco mit Musik- und Lichtanlage. Dann tanzten wir zu den Village People, Leif Garrett, Blondie oder den Teens. Auch führten wir auf der Bühne dort Theaterstücke und Sketche auf. Ab und zu wurde die Halle abgedunkelt, eine große Leinwand entrollt, und Filme wurden gezeigt. Ich erinnere mich, dort zum ersten Mal die „West-Side-Story“ gesehen zu haben. An Ostern durften wir im Fernsehraum Franco Zeffirellis Monumentalwerk „Jesus von Nazareth“ anschauen. Zwang gab es bei alldem nicht. Wir schrieben viele Briefe und bekamen viele Briefe. Zu Ostern auch Päckchen. Weder unsere Eingangs- noch unsere Ausgangspost wurde jemals kontrolliert oder zensiert. Einmal war mein Vater zu Besuch. Er verband eine Wandertour im Allgäu mit einem kurzen Abstecher zu uns, übernachtete aber natürlich im Ort. Elternbesuch war grundsätzlich nicht verboten. Unsere Betreuerinnen, allesamt Erzieherinnen oder Sozialpädagoginnen, die schon die Liberalisierung und Reformen der späten 60er und frühen 70er Jahre in Ausbildung oder Studium durchlaufen hatten (und das im konservativen Bayern!), waren allesamt empathisch und einfühlsam. Wer Heimweh hatte (und das kam trotz allem häufiger vor) wurde getröstet. Während unseres Aufenthalts erfuhr meine Bettnachbarin vom Tod ihres Opas und war den ganzen Tag in Tränen aufgelöst. Unsere Betreuerin (sie hieß Anneliese) saß lange an ihrem Bett und hielt ihre Hand. Mir wurde ähnliches Mitgefühl zuteil, als ich einmal wegen schwerer Verstopfung zur Ärztin in den Ort gefahren werden musste. Gab es Negatives? Ja. Neben dem schon erwähnten Heimweh gab es kleinere Diebstähle, wie sie leider in solchen Einrichtungen immer wieder vorkommen: kleinere Geldsummen, Briefmarken, Süßigkeiten, Stifte. Natürlich gab es auch die üblichen Hänseleien und die Cliquenbildung in der Gruppe. So habe ich mit der schon erwähnten Bettnachbarin eine Kameradin gemobbt, indem wir ihr Stofftier entwendeten, versteckten und behaupteten, es wäre die Toilette heruntergespült. Aus Rache landete dann der Teddy meiner Freundin tatsächlich in der Toilette. Außerdem bekamen einige Idole auf den Autogrammkarten heimlich Bärte, Brillen und schwarze Zähne aufgemalt, was ihre harten Fans in die Verzweiflung trieb. Der Hausmeister beklagte sich lautstark, dass regelmäßig Klopapierrollen aus dem Toilettenfenster der mittleren Mädchen flogen und das Papier den ganzen Hof bedeckte. Gab es Strafen? Ja. Meine Freundin und ich wurden für unseren Schabernack getrennt, d. h. für die letzten zwei Wochen bettentechnisch auseinandergelegt, was wir natürlich furchtbar ungerecht fanden. Dabei war dort wirklich alles okay. Manche von uns waren sogar auf eigenen Wunsch dort. Für einige war es bereits die zweite (freiwillige) Kur. Bei vielen gab es nach den sechs Wochen Tränen und Trennungsschmerz. Im Gegensatz zur Grundschule, die ich einige Wochen nach dieser Kur im Sommer 1979 beendete, erinnere ich mich an keine einzige demütigende Strafe oder Situation.
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Anja aus Aschersleben schrieb am 08.08.2022
Januar/Februar 1980
Ich war damals 10 Jahre alt. Wurde zur Kur geschickt, weil ich zu dünn war.
Viel ist mir nicht mehr in Erinnerung geblieben- nur Fragmente (wie fast alles aus meiner Kindheit. Wahrscheinlich- nein sicherlich ein Schutz meiner Psyche- den Schutz des Vergessens. Denn das ist überlebensnotwendig. Und Erinnerungen sind eh subjektiv

Sorry- ich schweife ab: Wenn ich an Volkersdorf denke, fällt mir Weniges ein, beim Schreiben vielleicht mehr: Daher kann ich nur aus Fragmenten meiner Erinnerung schreiben- mehr hab ich momentan nicht….
Busfahrt: Meine Mutter hat mir zur Abreise eine Tafel Schokolade gegeben (mit Waffelsplitter)- die hab ich nach den 6 Wochen völlig unbrauchbar wieder erhalten… Es gab da einen Raum zur Aufbewahrung (eine Baracke?)
Ich weiß noch: Es gab keine Namen- ich war Nummer 21.
Essen: Es musste gegessen werden, was auf den Tisch kam. Ein Kind hat auf dem Teller erbrochen und wurde gezwungen ihn aufzuessen.
Mittagschlaf musste sein, ich hab mich unter der Decke gewälzt und wurde mit etwas bestraft, von dem ich nicht mehr genau sagen kann womit. (Pittiplatsch- Tafel)
Ausflug nach Dresden- mehr weiß ich nicht.
Morgengymnastik und barfuß laufen im Schnee- mach ich heute noch gerne
Höhnsonne und Laufen im Kreis.
Apfelessen mit samt Griepsch- es durfte nur der Stiel übrig bleiben.
Ich war krank- meine Mutter hat mir Taschentücher per Brief geschickt.
Fasching: Mein „Schwarm“ hat sich beim Tanzen von mir abgewendet, weil ich eine Warze am Finger hatte.
Heimweh.
Briefe schreiben- festes, programmiertes Ritual- und deren Kontrolle.

Ich glaub, für heute reicht's erst mal. Vielleicht gibt es ja Gleichgesinnte? Würde mich freuen
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Silke aus Halle Saale schrieb am 07.08.2022
Ich war 6 Jahre alt und sollte vor der Einschulung wohl aufgepäppelt werden und war "gefühlt" den ganzen Sommer dort.
Ich mag seitdem keine süßen Speisen mehr und warme Milch oder Kakao (schon der Geruch) ekelt mich an.
Meine Mama hat mir, am Tag der Heimkehr, eine Freude machen wollen und Griesbrei gekocht, ich habe mich sofort übergeben und es nie wieder gegessen.
Ich erinnere mich an einen Speisesaal der geteilt war und die dünnen Kinder von den vermeintlich dicken Kindern getrennt hat.
Essen war problematisch, weil immer ein Zwang zum Aufessen bestand und es gab für uns Z.T. nur süße Speisen (Pudding, Milchreis etc.)
Einige Kinder waren oder wurden dort zu Bettnässern und das wurde damit bestraft, daß sie nicht an den Aktivitäten teilnehmen durften und die Post der Familie nicht vorgelesen bekamen.
Ach ja und zugenommen hatte ich nur minimal, habe aber gebettelt, das ich da nicht mehr hin möchte. Musste ich dann auch Gott sei Dank nicht.
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Nadine aus Saarland schrieb am 07.08.2022
Damals kam das gesundheitsamt in die Schule und meinte zu unseren Eltern wir würden doch ein wenig dicklich sein wir müssten sechs Wochen mal in Kur gehen was auch danach geschah meine zwillingsschwester und ich wurden sechs Wochen in den Schwarzwald geschickt der Horror begann es ist heute noch ein Trauma für uns beide wir hatten nichts zu essen bekommen wenn ich sage nichts dann war es auch nichts eine Schüssel voll Quark mit Petersilie oben drauf zum Mittagessen die dicklichen Kinder wurden rechts gehalten und die wo zunehmen sollten Links die bekam Pommes Schnitzel Salat alles was das Herz begehrt nur wir durften nichts essen unsere Päckchen wo wir geschickt bekommen haben von unseren Eltern wurden uns nicht ausgehändigt so vergingen Wochen aus lauter Hunger pflückten wir wenn wir unterwegs waren Sauerampfer und Asen sogar noch Zahnpasta dass der Hunger etwas gestillt war . Man wurde auch mit Schlägen bestraft ich kann mich noch erinnern ich bin die Treppe runter gelaufen und über den Teppich gestolpert mit Fransen und zack hatte ich eine backpfeife musste mit dem Kamm dann die Fransen wieder gerade machen und bin hoch auf mein Zimmer geschickt worden meine zwillingsschwester weinte bitterlich die durfte nicht bei mich wenn wir die Telefonate nach Hause durften führen durften wir nicht sagen was hier passiert ist wenn wir was schlechtes äußerten wurden wir mit dem telefonhörer geschlagen Post nach Hause ist so abgelaufen das was wir auf die grußkarten sollten Schreiben wurde an die Tafel geschrieben und das wurde abgeschrieben meine Schwester und ich war nachher zu dünn richtig abgemagert dass sie uns nach fünf Wochen eine große Schüssel Pommes frites vor die Nase stellten und sagten die ist ihr jetzt unser kleiner Magen konnte das ja gar nicht verkraften unsere Kleider passten uns nicht mehr um unsere Hüften wurden dann Seile gespannt und die Hose drin festgemacht schulisch wurde uns auch nichts beigebracht also waren sechs Wochen kein Unterricht gehalten worden was ja unseren Eltern alles versprochen wurde dass alles gemacht wird die haben Unterricht die werden beschäftigt nichts ist passiert ich weiß nur dass wir nur wandern waren sonst wurde nichts gemacht mit uns außer immer das Schwarzwälder Lied gesungen ich würde mich freuen wenn sich hier drauf jemand melden würde
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Anke schrieb am 06.08.2022
Habe gerade von Verschickung s Kindern in Facebook gelesen! Neugierig kucke ich was das für ein Buch ist und bin wie elektrisiert!!! Selber 3x betroffen!!! ( erste mal mit 5 Jahren)
Ich heule und heule. Obwohl ich soviel wie nix mehr weiß. Meine spontane, nicht endende Reaktion (Heulen) sagt mir Alles!!! Es ist wie eine innere Explosion, endlich darf ich trauern!!! Ich bin 61 Jahre……
Ob sich unter dem Nebel und der Trauer noch Bilder zeigen werden, außer: Unterdrückung, Strenge, Luft anhalten, still sein, verwahrlosen, Postkarte schreiben, strenger bewegungsloser Mittagsschlaf, getrennt werden, freudlos, besonderer Raum mit Sonnenbrille und Licht, Bestrafung,- wird sich zeigen. Das Schlimme ist wahrscheinlich: das Verdrängte, die Ahnung, die verschüttete Trauer, Angst und zurückgehaltenen Tränen Ozeane!!!
Sei lieb, ruhig, nicht vorhanden!!!
So ging es in der Familie dann weiter.
Was für ein Wahnsinn?
Ich muss mich jetzt erst mal wieder beruhigen und schlafen.
Für alle Beteiligten mein tiefes Mitgefühl.
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Mona schrieb am 06.08.2022
Hallo in diesen heißen Sommer hinein, und ich frage mich... war es damals in Rechtis-Weitnau im Allgäu auch so heiß.
An das Wetter so Erinnern kann ich mich nicht mehr.
Ursprünglich stamme ich aus der Goldschlägerstadt Schwabach/Mfr. Wer stand noch mit mir damals am Schwabacher Bahnhof?
Lebe jetzt jedoch im Ldkr. Paf.
Meine Frage nochmalig nach einem 1/2 Jahr war niemand sonst noch in diesem Heim?
Meine letzte Anfrage hatte ich am 23.2. hier geschrieben.
Die Hoffnung stirbt nie, vielleich findet sich doch noch eine oder einer der auch dort gewesen ist.
Alles gute. Namsthe
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Ivonne aus 96247 Michelau schrieb am 06.08.2022
Laut meinem Impfpass war ich im Kinderkurheim "August Berger" Jessen. Ich habe nur noch sehr wenig Erinnerung und würde mich über Austausch freuen. Wir waren wohl zu zweit im Zimmer. An der Wand war ein Pferdebild.
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Nicole aus Hünfeld schrieb am 04.08.2022
Ich bin vor kurzem von meiner Mutter gefragt worden, "aber dir ist nichts Schlimmes passiert?!“. Mit dieser Frage habe ich mich zum ersten Mal mit dem Thema beschäftigt. Und es ist erschreckend, ich erinnere mich an so gut wie gar nichts. Wie ich hinkam, wie die Tage dort waren, was ich gemacht oder getan habe. Ich kann mich nur an eine Sache erinnern, der Tisch für die Dünnen (meiner) und der für die Übergewichtigen. Ich musste immer sitzen bis ich aufgegessen hatte, das dauerte in meiner Erinnerung ein paar Stunden. Aber sonst nicht eine Erinnerung, faszinierend.. Jetzt stellt sich mir die Frage, ich hatte bis ich selbst Mutter wurde, ein ungesundes Verhältnis zum Essen (Ana und Mia lassen grüßen), kommt das daher...
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Lutz aus Ribnitz schrieb am 01.08.2022
Ich bin Jahrgang 58 und war 3 mal in den 60 er Jahren in der DDR auf Kur. Trautenstein, Zinnowitz und Strausberg. Leider vermengen sich Erinnerungen. Es waren die traurigsten Wochen jeweils in meiner Kindheit, Ich bin allein bei meiner Mutter aufgewachsen. In der Diagnose des Arztes stand zu mir: ..."magerer Knabe...". So war die Begründung für eine Kur gegeben. Alle Heime unterschieden sich nicht wesentlich. Ich kann mich an militärische Disziplinierung, unheimliche menschliche Kälte und Erniedrigungen erinnen. Tätliche oder sexuelle Übergriffe gab es nicht. Es gab wenig zu essen. Mich hätte mein Endgewicht interessiert. Gleichzeitig mussten in gemeinschaftlichen, riesigen Speisesräumen kollektiv Tischsprüche aufgesagt werden. Norden, Süden, Osten; Westen doch in Strausberg schmeck's am besten. Ich habe vor mich hin immer ..."zu Hause schmeckt's am besten" gemurmelt. Im Kurheim in Zinnowitz ist beim Spielen ein Puppenkinderwagen zerbrochen. Dieser war nicht für die darin überschwenglich transportierten Kinder ausgelegt. Als der Schaden aufflog, hat ein Erzieher vom Typ Glatzeder ein riesen Fass aufgemacht und die ganze Gruppe tyrannisiert. Uns schwante Polizei, Gefängnis, riesen Schadenersatz vor. Ich hatte Ängste ausgestanden ohne Ende. Einziger Trost waren Mosikcomics mit den Digedags, welche ich Nachts unter der Decke mit der Taschenlampe las. An das Mosaikcover zu der Zeit und Umgebung kann ich mich noch heute erinnern. Gelitten danach habe ich eigentlich nie. Ich konnte die Zeit schnell vergessen. Auch wenn es schwer war und vielleicht selbst die sogenannte "schwarze" Pädagogik vielleicht überbewertet wird, sind vielleicht auch derartige Erinnerungen und Erfahrungen wichtig. Letzlich waren diese auch von Solidarität Gleichaltriger und Zuversicht geprägt, dass die Zeit irgendwann zu Ende geht. Meine Mutter (Jahrgang 30 / in der NS Zeit BDM Führerin) hat sich wirklich nie danach für die Zeit in den Heimen interessiert. Sicher war sie mal froh auch ein wenig Zeit für sich damit gehabt zu haben. Ich denke es muss auch alles immer im Zeitkontext gesehen werden. Die heutige, ich nenne es mal rein "weiße Pädagogik" ist auch nicht unbedingt das Wahre. Disziplin, Wertschätzung von elementaren Dingen kommt heutzutage offenkundig bei Heranwachsenden in einer Blase sozialer Medien nicht vor. Ich sehe (in der Masse )eine entfremdete, allgemeinindividualisierte Generationsmasse junger Menschen vor mir.
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Harald aus Essen schrieb am 30.07.2022
Ich war 1976 vor der Einschulung für 6 Wochen im Haus Ruhreck auf Borkum. Es war eine furchtbare Zeit, die mein Vertrauen in "staatliche Fürsorge aller Art", besonders aber "Jugendamt" und vor allem "Jugendamt der Stadt Essen" sehr nachhaltig zerstört hat.
Es sollte wohl eine "Erholungsmaßnahme" sein, das war es aber natürlich nicht:
* Die Kinder wurden bei geringster Aufmüpfigkeit gerne mal mit Ohrfeigen diszipliniert
* Beliebt (beim Personal...) war auch, vor der Kindergruppe Ewigkeiten rumzustehen und über seine "Vergehen" nachzudenken und dann demütig um Verzeihung zu bitten
* Zu trinken gab es ausschließlich (in der warmen Sommerzeit) heiße Milch und heißen Kakao, Durstgefühl war durchgehend gegeben. Ich weiß noch deutlich, dass ich über dne dauernden Durst in den Postkarten nach Hause, die unsere Betreuer angeblich nach "Diktat" geschrieben haben, geklagt hatte. Jahre später habe ich die Karten gefunden, da stand in höchsten Tönen jubelnd, wie toll es mir gefallen würde- alles gelogen.
* Wir mussten bei Einzug unsere Betten selber beziehen. Soweit kein Problem. Mir kam aber komisch vor, dass alle Kinder eine Gummimatte unter das Laken legen mussten, weil wir Bettnässer seien. War ich (mit 7...) nicht. Wurde ich aber schlagartig in dem Heim, danach hörte es wieder auf.
Ich habe per Zufall Jahrzehnte später gelesen, dass das Personal Valium benutzt hat, damit die Kinder Mittagschlaf halten und Nachts durchschlafen, Einnässen beim Schlafen ist da wohl Nebenwirkung.
* Das Essen war unter aller Sau und die "Tischregeln" rigoros. Ich mochte noch nie fettige Suppen. Ich erinnere mich an einen Tag, an dem es Hühnersuppe gab, auf der Fettaugen schwammen. Einige Kinder, ich auch, wollten das nicht essen. Mit Nackenschlägen und Haare ziehen wurden wir gezwungen. Wer sich (wie ich) in die Suppenschüssel übergeben musste, musste das dann eben mit aufessen

Ich hatte als Kind lange die Phantasiel, als Erwachsener zurückzukehren und mich beim dann anwesenden Personal in einer möglicherweise justitiablen Art zu "bedanken". Darüber sprach ich in der Oberstufe mit einem sehr guten Lehrer, der nur kommentierte: "Ruhreck? Den Laden haben sie zugemacht, da triffst Du keinen mehr an. Da haben wohl Altnazi-Weiber Kinder gequält."
Da fühlte ich mich erstmals verstanden, weil bis dahin die Elternmeinung war "Ach, so schlimm wird es nicht gewesen sein, Du hast ja auch nie darüber gesprochen."

Weiter geholfen hat dann, dass es inzwischen viele Berichte gibt, so auch hier.
Ich habe das Glück, zumindest subjektiv keine allzu großen Schäden mitgenommen zu haben (außer, dass ich weder mich selber noch mein Kind in irgendeiner Form städtischer oder staatlicher Obhut freiwillig aussetze, dazu hätte auch Wehrdienst gezählt), aber es tat dann schon gut zu lesen, dass ich mich offenbar nicht "anstelle" oder "viel zu schlecht" erinnere; es war, wie es war.

Mit bleibt das Bild zurück, dass das Jugendamt (und sicher nicht "einzelne Mitarbeiter ohne Wissen der Amtsleitung", dafür ist der Umfang zu groß!) mit zwielichtigen Firmen kooperiert hat und manche Menschen durch organisierte Kindesmißhandlung viel Geld verdient haben.

Danke für nichts, Jugendamt Stadt Essen.
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Wolfgang aus Tirol schrieb am 28.07.2022
Ich war 3 Jahre alt. 6 Wochen weg, die wie unendlich wirkten. Hände über der Decke lassen, Klosterschwestern kontrollierten und weckten einen sogar auf; nachts nicht aufstehen und was trinken dürfen, Essen notdürftig wie auf einer Hütte, in der Früh eine Scheibe Brot und Marmelade, Hagebuttentee.

Ich hatte Angst vor einer bestimmten Klosterschwester und weiß nicht mehr warum. Ich sah sie später wieder bei einem Ausflug mit meinen Eltern und duckte mich vor ihr in eine Kirchenbank. Meine Eltern lachten. Meine Mutter glaubt bis heute, die Kur war gut, notwendig und erfolgreich, weil ich so nette Lieder sang.

Das Schlimmste war das Gefühl des Verlassenseins.
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Christian Kaiser aus Giesen schrieb am 26.07.2022
Ich hatte hier schon vor ein paar Tagen einen Beitrag über meine Erfahrungen auf Borkum geschrieben. In der Zwischenzeit habe ich hier viele weitere Beiträge gelesen und erlebe das es tatsächlich offensichtlich unendlich viele weitere "Kinder" gibt, die Ähnliches / Gleiches wie ich erlebt haben. Es kommen in mir wieder Erinnerungen, die ich fast alle bis bis heute vergessen/ verdrängt hatte.
Insbesondere sein Erbrochenes wieder auf essen zu müssen, das Verbot von nächtlichen Toilettengängen, den Durst als Druckmittel einzusetzen schien damals wohl "gängige / pädagogische" praxis zu sein.
Heute bin ich bei einem Spaziergang mal wieder mit meiner Frau an einem weiß blühendem Busch vorbei gegangen. Meine Frau schwärmte von dem schönen Sommerduft dieser Pflanze und das er sie an ihre schöne Kindheit erinnern würde. Ich kann diesen "Sommerduft" dieser weißen Blume seit meiner Kindheit/ meinem Aufenthalt auf Borkum nicht mehr ertragen... er erinnert mich nun seit über 50 Jahren an Borkum und dieses Kinderheim und ist für mich unerttäglich.
Aber wie schon im letzten Beitrag geschrieben: Es war eine andere Zeit, aber ob ich das als Entschuldigung gelten lassen kann..... ??? ...
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Michaela Classen aus 45239 Essen schrieb am 24.07.2022
Ich kam mit gerade 5 Jahren, im Februar 1953 in das Kinderheim Vossfänger, für circa drei Monate. Der Aufenthalt begann mit Strafen und Prügel und endete auch so. Toilettenverbot , Zwangsessen, den ganzen Tag mit dem Gesicht zur Wand liegend ohne Essen, bei kleinen Vergehen. Das schlimmste war für mich mitanzusehen wie Kinder nackt verprügelt wurden. Es war nicht mein letzter Heim Aufenthalt, aber der schlimmste.
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Beatrix aus Vorwerk schrieb am 24.07.2022
Hallo
Vertrauen verloren , Ängste um Existenz, Bindungsangst. Toilettengänge können heute noch zum Horrortrip werden.
Es ist peinlich, ich bin inzwischen Inkontinent. Und habe furchtbare Angst alt zu werden ins Heim zu kommen und wieder entblößt zu werden von z.B. Personal aus Pflegeheimen.
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Stefan aus Berlin schrieb am 23.07.2022
Mit 8 Jahren wurde ich zusammen mit meinem drei Jahre jüngeren Bruder als Kinder eines Postbeamten über die Postbeamtenkrankenkasse nach Sankt Peter Ording verschickt. Gleich nach der Ankunft wurden wir getrennt. Ich kann mich an den großen Schlafsaal erinnern, im vorderen Teil gab es vier Betten, im hinteren nochmal ca. zehn. Die "Tanten" führten ein hartes Regime. Besonders krass war der Durst, den ich dort erlitten habe. Wir durften erst nach dem Essen etwas trinken, wobei die verlockenden Becher mit kaltem Tee in der Tischmitte standen. Es war eine Qual. In den Toilettenräumen standen die Tanten Wache, um zu verhindern, dass wir beim Händewaschen "heimlich" Wasser tranken. Wir sollten uns nicht "satt" trinken und dann nichts mehr essen - so die perverse Idee. Schließlich sollte beim regelmäßigen Wiegen unsere Gewichtszunahme bestätigt werden. Das Essen habe ich als fad bis ungenießbar in Erinnerung. Am schlimmsten war der Restetag, wo alle Reste der Woche zu einem braunen, ekligen Matsch zusammengekippt wurden. Wir wurden gezwungen, alles aufzuessen - sonst durften wir nicht an den begehrten Becher in der Tischmitte. Abends habe ich regelmäßig von dünnen Schläuchen fantasiert, die ich heimlich an mein Bett legen würde, um dann in der Nacht unbeobachtet endlich Wasser trinken zu können. Auch andere Aktivitäten waren von Bestrafungen und Belohnungen begleitet - das war "schwarze Pädagogik" wie ich später lernte, durchaus üblich in Postnazi-Deutschland.

Die schönen Erinnerungen verbinde ich mit der Solidarität der Kinder untereinander. Wir hatten Freude beim gemeinsamen Spielen am Strand, beim Spielen von Quartetten mit Autos oder Schiffen, beim nächtlichen Herumschleichen mit Angst vor den Tanten. Und gemeinsam erzählten wir uns, wieviel Tage wir jeweils noch im Heim verbringen mussten und beneideten jene, die endlich frei kamen und nach Hause fahren durften. Als wir in Berlin ankommend aus dem Zug stiegen, fiel ich meiner Mutter weinend in die Arme. Es war eine weitere Kränkung für mich, dass meine Eltern mein Leid nicht hören wollten: Ich solle mich nicht so haben, so schlimm wird es nicht gewesen sein. Doch, das war es. Erst Jahrzehnte später konnte ich wieder darüber sprechen. Wenn ich die Geschichten der anderen lese, bin ich noch gut durchgekommen. Dennoch war es auch für mich das schlimmste Kindheitserlebnis.
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Hetke, Renate aus Domersleben schrieb am 22.07.2022
Ich war im Jahr 1964 im Kinderheim Luisenthal, Thüringen, da war ich 9 Jahre alt. Was ich dort erlebt habe ist für mich auch heute noch erschreckend. Als Kind habe ich das alles immer wieder verdrängt. Heute spreche ich darüber, habe aber immer das Gefühl als glaube mir niemand so richtig. Es klingt heutzutage auch unglaublich. Erbrochenes musste wieder aufgegessen werden, zur Strafe gab es auf unbestimmte Zeit nur Haferschleim oder Griessbrei zu allen 3 Mahlzeiten. (ich war zur Gewichtsabnahme bei dieser Kur) Briefe wurden teilweise kontrolliert. Körperliche Züchtigung jeden Tag.
Bestrafungen für Kleinigkeiten waren an der Tagesordnung. Bei jedem Spaziergang wollte ich eigentlich abhauen. Aber ich hab mich nicht getraut, es war ein sehr kalter Januar.
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Jörg Christian Jakobi aus 50226 Frechen schrieb am 22.07.2022
Eines Tages, ich denke es war im Frühjahr 1971, stand ich mit meinen Eltern und meinem großen Bruder in Köln auf einem Bahnsteig und mein Bruder und ich wurden in einen Zug zur „Kinderkur“ nach Bühl am Alpsee/Immenstadt gesetzt.
Ich empfand das alles als 3 Jähriger als ein großes Abenteuer, aber es wurde ein Aufenthalt, der mein Leben nachhaltig beeinflussen würde.
Morgens gab es Käsebrote. Für mich ein absolutes No Go, da ich unter einer Milcheiweißallergie leide und keine Milchprodukte vertrage. Ich saß am ersten Morgen mit meinem großen Bruder, er war schon 4, am Tisch, sahen uns in die Augen und ließen die Käsescheiben unter dem Tisch verschwinden. Ein paar Tische weiter sah ich, was passierte, wenn ein Kind das Essen erbrach: das „Essen“ musste trotzdem restlos aufgegessen werden. Das empfand ich als so ekelhaft, das ich das um jeden Preis verhindern musste.
Danach gab es Vitamin-Paste aus der Tube, ein Geschmack der mich lange verfolgen sollte.
Meine Gruppe wurde auf eine kleine Wanderung geschickt mit einer netten Erzieherin, die mit uns aus gefundenen Dingen wie Stöckchen und Eicheln Pfeifen bauen lies. Ich fand die Berge so wunderschön und war so glücklich über meine Pfeife.
Im Heim angekommen suchte ich überall nach meinem Bruder. Ich fand ihn in dem Schlafraum seiner Gruppe und ich wollte ihm voller Stolz meine Pfeife zeigen. Zu meinem Entsetzen wies er mich schroff zurück, denn er durfte keinerlei Kontakt zu mir haben.
Das Heim wurde überwiegend von Erzieherinnen und Nonnen geführt, die von uns „Tanten“ genannt wurden. Diese Tanten zeichneten sich durch kurze, nachdrückliche Sätze aus, die keinerlei Widerrede duldete, nur Imperativ, keinerlei Empathie...
Eine von den Tanten erwischte mich und schimpfte mit mir. Als ich sagte, dass ich alles meinen Eltern erzählen werden, drohte sie mir, das ich dass nicht überleben werde.
Am nächste Tag war Turnen angesagt. Leider war ich der letzte beim anschließenden Anziehen, schließlich war ich mit 3 Jahren der Jüngste in der Gruppe. Die Gruppe war bereits weg und ich musste den Weg zurück suchen. Da ich zu spät ankam, musste ich die Schuhe der ganzen Gruppe putzen und bekam kein Essen.
Am nächsten Morgen, das böse Erwachen im Speisesaal, denn die Sache mit den Käsescheiben war aufgefallen.
Ich sollte wieder Käsebrote essen, war jedoch in einem unbeobachteten Moment zu den Toiletten gelaufen und hatte unterwegs eine Tube mit Vitamin-Paste mitgenommen, denn schließlich hatte ich Hunger. Eine der Tanten ist mir hinterher gekommen und hat mich angebrüllt. Danach sollte ich irgendwelche Tabletten schlucken. Habe ich natürlich nicht gemacht. Dann schleifte sie mich zum Arzt, zum „bösen“ Doktor. Der hatte mir eine Spritze auf Recht brutale Art in mein Hinterteil gerammt. Ab da habe ich große Lücken in der Erinnerung. Jedenfalls habe ich dann die Tabletten immer völlig willenlos geschluckt.
Erinnern kann ich mich noch, das Abends immer die Briefe der Eltern vorgelesen wurden und mitgeschickte Süssigkeiten mir irgendwelchen Argumenten nicht verteilt wurden, weil der ein oder andere sich nicht im Sinne der Tanten verhalten hatte. So wurde die ganze Gruppe permanent in Sippenhaft genommen.
Es gab auch einen anderen Arzt, der gab die tägliche Spritze ordentlich in den Arm. Welcher Arzt dran war, konnte man immer an den Schreien der anderen Kinder hören.
Und dann kam ein Filmriss...
Ich wurde wieder wach mit extremen Kopfschmerzen, lag im Keller in einer Art Krankenzimmer und fand als einzige Erleichterung, mit dem Hinterkopf wieder und wieder gegen die Wand zu schlagen.
Hier gab es eine junge Frau und ich empfand, nach der ersten Wanderung, zum zweiten Mal etwas wie Mitgefühl. Sie nahm sich Zeit für mich und kümmerte sich um mich wie eine Krankenschwester.
Dies fand ein jähes Ende, als sie von einer der Tanten erwischt wurde. Sie bekam eine Standpauke und ich fand meine Erfüllung darin, wieder und wieder mit dem Hinterkopf gegen die Wand zu schlagen. Mir erzählte sie, dass meine Eltern Tod seien und ich für immer hier bleiben musste.
In Köln auf dem Bahnsteig nahmen meine Eltern dann meinen Bruder entgegen und waren mehr als erstaunt, dass ich nicht dabei war. Später wurde ihnen am Telefon erst auf massiver Nachfrage mitgeteilt, das ich nicht transportfähig sei. Mein Vater und mein Großvater haben mich schließlich mit dem Auto in Bühl abgeholt.
Ich war erstaunt darüber, sie lebend zu sehen, aber meine Mutter war nicht dabei. Lebte sie noch ?
Meine Mutter kümmerte sich natürlich um meinen Bruder, aber das konnte ich zu diesem Zeitpunkt und in meinem schlechten Gesundheitszustand nicht wirklich glauben.

Später versuchte vergeblich, eine Kontaktaufnahme mit meinen Eltern. Ich war und bin immer noch entsetzt über den Glauben an die „Halbgötter in Weiß“ und die Ansicht, das Kinder das alles ja falsch aufschnappen. Zusammen mit dem Psychoterror der Tanten habe ich über 50 Jahre geschwiegen, wie mein Bruder das auch heute noch tut.
Durch die Dauersedierung und Medikamentierung, die ich ungefragt einnehmen musste, habe ich einen beidseitigen Innenohrdefekt erlitten und war später nie in der Lage, dem Schulunterricht vollständig zu folgen (habe aber viel durch Lesen ausgleichen können).
Der Hördefekt hat meine Schullaufbahn massgeblich geprägt, da ich höhere Stimmlagen kaum wahrnehmen, geschweige denn verstehen kann. Hinzu kommt ein Gleichgewichtsproblem.
Leider gab es damals in Frechen nur einen HNO-Arzt der bei jeder Untersuchung sagte, ich soll mich nicht so anstellen; er führte dann auch die schulischen HNO-Untersuchungen durch.
Später hat man dann noch einen Herzklappenfehler diagnostiziert, der operativ korrigiert werden musste, dessen Ursache möglicherweise auch auf den Aufenthalt in Bühl zurückzuführen ist.
Nachdem ich nun alle 5 Jahre den Kampf mit der Krankenkasse aufnehmen muss, da mein Hördefekt nicht mit Kassengeräten zu lösen ist, ist bei mir das Fass übergelaufen. Warum soll ich für den an mir verübten Medikamentenmissbrauch immer wieder tausende Euro's bezahlen?
Warum werden die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen ?
Ich bin froh darüber, nun endlich mein Schweigen zu brechen.
Jörg J.
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Marlies schrieb am 21.07.2022
Ich war mit 6 Jahren in Westerland auf Sylt und kam völlig verstört zurück. .
Ich musste alles aufessen, auch Gurke, die ich nicht mochte. Ich weiß noch, wie ich nachts dagesessen hatte - die anderen waren längst im Bett - und man mich zwingen wollte, den Bissen runterzuschlucken. Ich konnte nicht! Ich saß lange da mit dieser widerlichen Gurke im Mund ... Bis heute ertrage ich den Geruch davon nicht!
Ich kann mich erinnern, dass eine der "Pflegerinnen" (oder soll ich sagen "Folterknechte"?) zu mir sagte: "Zur Strafe, weil du eingenässt hast, musst du bei den Jungs schlafen!" Und ein Junge sagte zu mir: "Wehe, wenn du noch mal einnässt! Das ist das Bett von (...)!"
Meine Mutter sagte mir Jahre später, sie hätte den Hausmeister des Heims im Verdacht, mich vergewaltigt zu haben.
Es war sehr schrecklich dort, ich würde gern mit anderen reden, die ähnliches durchgemacht haben.
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Christian Kaiser aus Giesen schrieb am 20.07.2022
Ich war mit ca. 7 oder 8 Jahren in einem Kinderheim auf Borkum. Es war tatsächlich schrecklich, so dass ich bis heute (mit 61) klare Erinnerungen daran habe. Tischnachbarn mussten ihr Erbrochenes wieder essen, ein Pups im Bett brachte mir 3 Tage Bettpflicht ein, abends in Reihe auf Toilette... erst die Jungs dann die Mädels.. gespült wurde nach dem letzten Kind, in der Nachtwar Toilettenverbot. Genauso wurde die Badewanne genutzt, Wasser (Dreckwasser) wurde nach dem letzten Kind abgelassen. Mein Tischnachbar bekam eine Ohrfeige weil er den Milchreis erbrochen hatte, musste so lange am Tisch sitzen, bis er sein Erbrochenes wieder aufgegessen hatte. Ein anderer Tischnachbar bekamm eine derbe Ohrfeige mit dem Kommentar er schaue durch seine Brille wie ein Auto. Es fallen mir noch so viele Dinge ein.
Aber nun, es war eine andere Zeit.. ob ich das allerdings als Entschuldigung gelten lassen kann, ich weiß es nicht.
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Reinhold schrieb am 20.07.2022
Im Juni/Juli 1962 wurde ich – gerade sieben Jahre alt – mit meinem jüngeren Bruder (damals vier Jahre alt) wegen eines Krankenhaus-Aufenthalts meiner Mutter nach Langeoog ins Kinderheim geschickt.
Die Zeit in Langeoog haben wir beide in sehr unangenehmer Erinnerung. Mein Bruder fing unter dem Stress wieder das Bettnässen an und wurde dafür bestraft (geschlagen?). Meine Eltern hatten mir aufgetragen, auf ihn aufzupassen, und ich litt darunter, dass ich nichts für ihn tun konnte. Persönliche Gegenstände, auch die „Reiseverpflegung“ von unseren Eltern, wurden uns bei der Ankunft abgenommen. Mittagsschlaf war obligatorisch, auf dem Rücken liegend und Arme über der Decke. Wer sich im Schlaf umdrehte, wurde aufgeweckt und zurechtgewiesen. Etwa zur Halbzeit musste ich einen Brief an meine Eltern schreiben (das konnte ich schon so in etwa, weil ich Ostern 62 eingeschult worden war). Da habe ich geschrieben, dass es mir in Langeoog nicht gefällt. Der Brief wurde vor meinen Augen zerrissen und ich musste den Brief mit positivem Inhalt neu schreiben.
Ich erinnere mich noch ganz gut an das Gefühl der Angst und Ohnmacht, allein mit meinem Bruder weit weg von daheim den Betreuerinnen ausgeliefert zu sein.
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Kerstin aus Berlin schrieb am 20.07.2022
Ich war 1979/80 als 8-9 jährige zur Kur in Wieck Dort sollte ich an Gewicht zunehmen. Für mich ist es bis heute ein traumatisches Erlebnis geblieben. Wir Kinder wurden mit harter Hand geführt. Ich würde dort sehr krank(Lungenentzündung) und landete im Krankenhaus. Auf der Kur wurde ich gezwungen, Milch zu trinken, obwohl meine Eltern die Allergie mitteilten Ich erbrach mich regelmäßig und würde dafür bestraft. Mir wurde mein Kuscheltier entzogen, ich habe keine Post mehr bekommen und durfte auch keine schreiben. Ich würde Nachts in die Ecke gestellt, weil ich mit Husten die anderen Kinder wach machte. Da hatte ich schon Fieber und die Lungenentzündung. Ich kam dann ins Krankenhaus, in dem Kinder sogar geschlagen würden. Schrecklich. Meine Eltern würden nicht informiert, dass ich im Krankenhaus war und waren entsetzt, dass ich nicht im Bus saß. Für mich die Hölle, ich dachte, ich komme nie mehr nach Hause. Das Haus existiert heute wohl nicht mehr. Mein Papa weiß heut leider auch nicht mehr,wo genau die Kureinrichtung war.
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Kerstin aus Berlin schrieb am 20.07.2022
Ich war 1979/80 als 8-9 jährige zur Kur in Wieck Dort sollte ich an Gewicht zunehmen. Für mich ist es bis heute ein traumatisches Erlebnis geblieben. Wir Kinder wurden mit harter Hand geführt. Ich würde dort sehr krank(Lungenentzündung) und landete im Krankenhaus. Auf der Kur wurde ich gezwungen, Milch zu trinken, obwohl meine Eltern die Allergie mitteilten Ich erbrach mich regelmäßig und würde dafür bestraft. Mir wurde mein Kuscheltier entzogen, ich habe keine Post mehr bekommen und durfte auch keine schreiben. Ich würde Nachts in die Ecke gestellt, weil ich mit Husten die anderen Kinder wach machte. Da hatte ich schon Fieber und die Lungenentzündung. Ich kam dann ins Krankenhaus, in dem Kinder sogar geschlagen würden. Schrecklich. Meine Eltern würden nicht informiert, dass ich im Krankenhaus war und waren entsetzt, dass ich nicht im Bus saß. Für mich die Hölle, ich dachte, ich komme nie mehr nach Hause. Das Haus existiert heute wohl nicht mehr. Mein Papa weiß heut leider auch nicht mehr,wo genau die Kureinrichtung war.
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Dorothee schrieb am 13.07.2022
Ich war 1959 als Fünfjährige 6 Wochen lang in Bad Sassendorf (über die Stadt Gelsenkirchen). Es war die Hölle. Kinder mussten ihr Erbrochenes aufessen. Und das kam oft vor, denn das Essen war eklig. Post für mich und Kleidungsstücke sind spurlos verschwunden. Ich war krank, hatte Fieber bis zur Bewusstlosigkeit, aber meine Eltern wurden nicht informiert. Mindestens ein Kind wollte während eines Spaziergang weglaufen, wurde aber wieder eingefangen.. Als ich nach hause kam, war ich völlig eingeschüchtert und hatte meine Fingernägel komplett abgekaut. Da ich mit 5 Jahren noch nicht selber schreiben konnte, diktierte ich beim wöchentlichen Briefeschreiben an meine Eltern ehrlich, was sich dort abspielte. Ich habe nicht verstanden, warum meine Eltern mich nicht abgeholt haben. Ich konnte nicht wissen, dass die Frauen nicht das geschrieben haben, was ich diktierte.
Dorothee
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Beate schrieb am 09.07.2022
Ich wurde im Alter von 10 Jahren nach Borkum verschickt. 3 Mädchen aus meinem Dorf waren auch dabei. Es war 1972. Das Schlimmste war der Hickhack unter den Kindern. Ich habe viel Vertrauen in Menschen verloren. Eine von uns 4 wurde von ihrer Mutter abgeholt. Wir anderen haben durchgehalten. Es war keine schöne Zeit. Dennoch stehe ich überrascht vor dem medialen Interesse um die Verschickungskinder. Mir ist nicht klar, was die Forderungen sind. Und es wird vieles hochgepeitscht, was skandalös klingen soll, aber Verschickungskinder gar nicht betrifft. Ich bin interessiert, was bei der Aufarbeitung herauskommt, finde das alles aber angesichts der wirklichen Probleme beispielsweise der Duogynongeschädigten Menschen duogynonopfer.de eher als Jammern auf hohem Niveau. Einige haben sicher wirkliches Leid erlitten und Schädigungen für ihr Leben davongetragen. Das sehe ich durchaus. Aber Mahnmale für Verschickungskinder So die die Skulpturen für Contergankinder oder Mahnmale für Holocaustopfer Bin gespannt, wie sich die Aufarbeitung entwickelt.
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Jules schrieb am 05.07.2022
Ich war Ende der 80er Jahre auf „Gedeihkur“ auf Langeoog…
Es war schrecklich! Wir wurden zum Essen gezwungen, mussten stundenlang am Tisch sitzen bleiben und durften an Freizeitaktivitäten nicht teilnehmen, wenn wir nicht aufassen. Es gab einige, die am Tisch oder in den Fluren erbrachen und wer zur Schlafenszeit nicht rechtzeitig ruhig war, bekam einen kalten Waschlappen ins Gesicht gedrückt, keine Süssigkeiten aus der Belohnungsbox und musste den kommenden Morgen auf dem Zimmer verbringen.
Ich wollte einen Brief an meine Mutter schicken, die mich dahin abschob, in der Hoffnung, sie würde mich dort herausholen. Ich malte mich auf die Karte, am Weinen…man weigerte sich, diese Karte abzuschicken! Meine Mutter wurde erst Tage später kontaktiert und es wurde ihr mitgeteilt, dass ich jegliche „Behandlung“ welche doch zu meinem Wohl sei, ablehnen und verweigern würde…
Als meine Mutter mich abholte, wurde ich mit bösen Blicken gestraft, dass ich sie so blamierte, dass sie mich vorzeitig abholen musste…
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Claudia H. aus Emmerich am Rhein schrieb am 03.07.2022
Hallo,
ich war 1976 von März bis Juni im Viktoriastift Bad Kreuznach. Ich bin als Einzelkind in einem schwierigen Umfeld aufgewachsen. Habe schlecht gegessen, war zu dünn und hatte oft Bronchitis. Die Lösung: eine Kur ! Bisher dachte ich immer auch meine Anreise war, wie die Abreise, mit dem PKW und Eltern. Heute habe ich dann, auf Nachfrage, von meiner Mutter erfahren, dass auch ich in Duisburg in einen Zug gesetzt wurde für die Reise nach Bad Kreuznach. Ich habe daran und an den ganzen Aufenthalt über die 3 Monate keine Erinnerungen. Den langen Zeitraum erklärt man mir heute mit einer Aussage der Ärzte: "es wären weitere medizinische Maßnahmen nötig gewesen". Meine Eltern stimmten aus der Ferne zu, ohne es zu hinterfragen.
Sie erhielten mehrmals Postkarten mit dem Text, es ginge mir gut. Als sich Windpocken bekam, war ich auf der Isolier-Station.
Nach meiner Rückkehr war ich, nach Erzählungen meiner Eltern, verstört. Habe z. B. Blumenvasen vom Tisch geworfen ohne erkennbaren Grund. Weitere Beachtung schenkte man dem aber nicht.
Geahnt habe ich schon länger, dass diese Kur noch so einiges in sich verbirgt, aber das sie so wesentlichen Einfluss auf viele Bereiche hat, wird mir erst jetzt langsam klar.
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Merle aus Hamburg schrieb am 02.07.2022
ich war 1999, mit 9 Jahren auf einer furchtbaren Kinder- und Jugendreise, die circa Wochen andauerte. Die Reise wurde vom Jugenderholungswerk eV Hamburg organisiert und die Fahrt ging irgendwo nach MV. Schon auf der Hinfahrt, flippte ein älterer Junge im Bus aus und wurde von zwei Betreuern quasi an den Sitz gefesselt. Während der Reise mussten wir jeden Tag stundenlange Wanderungen absolvieren, wie bei der Bundeswehr. Nachmittags wurden wir denn auf unseren Zimmern zum Mittagsschlaf gezwungen und durften bis zum Abendessen, die Zimmer nicht verlassen. Als einige andere Mädchen und ich es gewagt hatten einmal während der Nachmittagsruhe, das Zimmer zu verlassen um Wäsche im Waschraum zu waschen, stürzte ein "Betreuer", wie ein wild gewordenes Tier in den Waschraum, schnappte sich ein nasses Handtuch und verprügelte mich damit eine halbe Stunde lang bis ich nur noch wimmernd in der Ecke lag. Einige Tage zuvor war dieser Betreuer schon ausgeflippt weil ich einmal darum gebeten habe, dass der Typ nicht immer seinen Zigarettenrauch in meine Richtung pustet. Ich wurde zur Strafe für so viel Aufsässigkeit von der Gruppe separiert und musste den ganzen Tag auf meinen Zimmer hocken. Zudem wurde mir dort mein ganzes Geld und Kleidung entwendet, hat die Betreuer natürlich einen Dreck interessiert. Der bereits genannte Betreuer war auch der Gruppenleiter und hatten seine eigene Tochter und seinen verrückten, gewalttätigen Sohn mit auf der Reise. Als seinem Töchterlein einmal Kaugummi ins Kopfkissen gelegt wurde, wurden danach alle Kinder quasi in Sippenhaft genommen und mussten solange Nachts auf dem Flur hockend ausharren, bis jemand freiwillig zugeben würde, der Kaugummi-Übeltäter gewesen zu sein. Der Betreuer hatte insbesondere mich im Verdacht und ich gehörte zu denjenigen, die bis Morgengrauen draußen sitzen durften. Zwischendurch kamen diese Teufel immer und leuchtenden uns Kindern mit Taschenlampen direkt in das Gesicht, wir sollten doch endlich zugeben.. Hinterher hat sich herausgestellt, dass der eigene Bruder des Mädchens, wohl aus Eifersucht, das Kaugummi aufs Kopfkissen gelegt hat. Die Betreuer haben sich jeden Abend volllaufen lassen, die meistens von denen waren Zivis, die haben auch gerne versucht uns Kinder zum Rauchen zu animieren. Zwei anderen älteren Jungen wurden die Koffern von dem verrückten Betreuer-Sohn, zertrümmert. Die durften denn früher abhauen. Leider hat mich meiner Mutter nicht früher abgeholt. Einmal hat mich eine Zivi-Betreuerin gezwungen, ihre ganzen aufgeweichten Cornflakes zu essen. Zudem wurde ich einmal von einem älteren Jungen beim Baden in einem See begrabscht. Richtige Dreckjugendreise, hoffe es gibt sowas wie Karma.
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Ines Weinert aus Eberswalde schrieb am 30.06.2022
Ich wurde wegen Lungenerkrankung zwei mal verschickt. Einmal mit 6 Jahren und dann noch mal mit 7 Jahren ca. 8 Wochen, da ich beide male krank wurde und länger bleiben musste. Einmal mit Windpocken, die Narbe auf der Stirn erinnert mich jeden Tag daran. Traumatische Erlebnisse die ich lebenslang nicht vergessen werde.
Ich war erschüttert, dass andere ähnliche Erfahrungen machen mussten.
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Sabine Baum aus Stuttgart schrieb am 26.06.2022
Hallo zusammen,
es ist einige Jahre her, als ich versuchte über das World-wide-Web herauszufinden, ob andere Menschen in ihrer Kindheit ähnliche Erfahrungen bezüglich sog. Kuraufenthalten gemacht haben. Leider habe ich zu dieser Zeit nichts gefunden und ich fühlte mich sehr alleine mit meiner Geschichte. Zudem krochen immer wieder Zweifel in mir hoch, ob das wirklich alles so passiert ist, wie ich es in meinem Körper und in meiner Seele „wahrgenommen“ habe.
Die Zeit ging ins Land und vor etwa 4 Wochen wurde in der Landesschau vom SWR ein Beitrag über die sog. Verschickungskinder ausgestrahlt. Diese Kinder wurden meist zur Erholung in Häuser bzw. Heime in Baden-Würrtemberg aber auch deutschlandweit „verschickt“. Ich wurde während des Beitrags so sehr angetriggert, daß ich zunächst wie versteinert war.
Es dauerte einige Tage bis dieser Beitrag Raum in mir nehmen konnte und ich begriff, daß ich mit meinen Erfahrungen nicht alleine bin und daß es wichtig ist, diese auch in die Welt zu bringen, sei es wie hier über das Wort, oder über andere Ausdrucksmöglichkeiten.
Danke für diese Plattform hier und die Möglichkeit, das lang verborgene Geschehen endlich ans Licht zu bringen und sich dadurch ein wenig zu erleichtern.
Ich verbrachte zweimal einige Wochen in einem Heim in Baiersbronn. Mein 2 Jahre älterer Bruder war oft krank. Zudem war meine Mutter überfordert und so wurden mein Bruder und ich „verschickt“.
Ich wollte nicht noch ein zweites Mal dorthin, doch ich hatte keine Chance gegenüber meinen Eltern.
Ich habe ebenfalls viele respektlose Situationen gegenüber uns Kindern erlebt, z.B. Essenszwang, nicht angemessene Strafen… Meine Thematik ist jedoch eine andere. Ich wurde während der Aufenthalte sexuell missbraucht. Diese Übergriffe geschahen abends und in der Nacht.
Ich bin in diesen Situationen erstarrt .
Ich habe mir das Symposium über die Verschickungskinder vom letztem Jahr angeschaut, das in Ludwigsburg stattfand. Dabei wurde eine
Auflistung der „Taten“ dieser Einrichtungen gezeigt. Ich habe mich sehr gewundert, daß sexuelle Übergriffe in diesem Zusammenhang noch nichtwirklich thematisiert wurden !!!
Ich fühle mich nun wieder alleine damit. Aber ich bin der Überzeugung , daß ich nicht die Einzige bin, die davon betroffen ist. Ich glaube, daß diese abscheulichen Handlungen viele Kinder traumatisiert haben.
Diese Aufenthalte haben mein Leben und meine Gesundheit bis heute beeinträchtigt. Es ist wichtig, daß sich so viele Menschen wie möglich zu Wort melden, damit dieses Unrecht gesehen, gewürdigt und ein stückweit wiedergutgemacht wird!
Ich wünsche allen Betroffenen den Mut, sich zu zeigen und das „ Unfassbare“ Fassbar zu machen und in die Welt zu bringen.
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Anette schrieb am 26.06.2022
Kinderkurheim des Landkreises Waldeck
Ich dachte lange, meine Erinnerungen an diese Zeit sind wenige, unbedeutende, wenn auch keine schönen. Dass sie traumatisch sind, habe ich erst verstanden als die Erinnerungen nach und nach zu mir zurückkamen. Ich war gerade 6 geworden. Ich war zu dünn für die Einschulung, deshalb schickten mich meine Eltern zur Kur, weil sie soviel Gutes davon gehört hatten. Mein Bruder war ein Jahr alt und meine Mutter mit dem dritten Kind überfordert. Ihre eigene Mutter todkrank. Sie verstarb im folgenden Sommer.
Die familiäre Situation war schon belastend genug für ein sensibles Kind, was aber im Haus Waldeck auf Norderney passierte, verletzte traumatisch meine Kinderseele.

Dunkel erinnere ich mich an kalte, lange Flure. Wir mussten in der Schlange stehen und warten bis wir ins Bad konnten, ich glaube in Unterwäsche. Reden war nicht gestattet. Alle Betreuungspersonen waren angsteinflößend. Wir wurden zum Essen gezwungen. Ich kann bis heute keinen Salat mit Schmand (auf Norderney: Schmand mit 2–3 grünen Blättern) ertragen. Wir mussten alleine sitzen bleiben, bis wir alles aufgegessen hatten. Ich erinnere mich an nicht einen einzigen Aufenthalt am Strand von Norderney. Vielleicht gab es keinen, vielleicht hab ich aber auch nur alle schönen Erlebnisse aus den 6 Wochen gelöscht … Nachts war es besonders schlimm. Wir schliefen in einem großen Saal. Viele Kinder weinten, alle möglichst so, dass es niemand hörte. Leises Wimmern unter den Decken. Niemand tröstete uns. Wenn ein Kind ins Bett gemacht hatte, kam eine Betreuerin und es wurde laut. Ich hörte nicht hin, stellte mich tot und hoffte, dass mir das nicht passierte. Ich wollte immer den Kindern in diesen Situationen helfen, wie ich es zu Hause für meine kleinen Geschwister auch tat, aber es ging nicht. Mir taten die anderen Kinder fast mehr leid, als ich mir selbst. Dabei war es auch für mich echt schlimm. Ich hatte furchtbares Heimweh. Ich dachte, ich sehe meine Familie nie wieder. Fühlte mich verkauft oder weggegeben. Ich weiß noch ganz genau, dass wir Briefe an unsere Eltern diktieren durften. Auch hier wieder Schlange stehen. Endlich war ich dran, konnte die Chance auf einen Kontakt nach Hause nutzen. Eine jüngere, nettere Betreuerin schrieb ihn für mich. Diese Erinnerung ist ganz klar. Ich weiß sogar noch, wie der Schreibtisch stand und wie ich vor ihr stehen musste. Ich vertraute mich ihr an und sagte, sie solle schreiben, dass meine Eltern mich schnell abholen sollen. Dass ich nach Hause will und dass es hier schrecklich sei. Ich weinte fürchterlich. Ich erinnere mich, wie ich mit meinen Händen den Stoff meiner Kleidung zerdrückte. Nachdem ich fertig war mit meinem Bericht, las sie mir vor, was sie geschrieben hatte. Es war reine Folter. Es gibt ihn heute noch. Er lautete:

„Liebe Mama, lieber Papa
Ich habe Eure Karte erhalten und mich sehr gefreut. Oma und Opa haben mir auch geschrieben. Und dann habe ich noch eine riesige Karte von Tante Gundula bekommen. Wenn ich zu Hause bin soll ich meine Erlebnisse auf Tonband sprechen. Ich möchte mal wissen warum Kai und Laura sich immer zanken. Aber wir zanken uns hier auch schon mal. Wir essen hier gar nicht in einer großen Küche, sondern in unserem Gruppenraum.
Viele liebe Grüße sendet Euch (unterschreiben durften wir selbst!) ANETTE“

Danach schwieg ich. Ich gab auf. Es war vorbei. Es gab keine Hoffnung mehr auf ein Wiedersehen. Ich verfiel in Trance, glaube ich. So fühlt es sich jetzt in der Erinnerung auf jeden Fall an.

2003 bekam ich erste Angstzustände. Ich wurde lange Zeit mit Medikamenten behandelt. Heute geht es ohne, aber gut ist es nicht. Ob meine Erkrankung mit dem Kuraufenthalt 1974 zu tun hat, weiß ich noch nicht. Sollte mein Bericht darüber mich persönlich nicht weiterbringen, so hoffe ich, dass er mindestens dazu beiträgt, dass das Leid, welches „Verschickungskindern“ zugefügt wurde, ans Licht kommt. Danke für diese Plattform.
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Lioba schrieb am 19.06.2022
Von Duisburg aus war es eine lange Fahrt, Eisenbahn und Fähre. Im Schloss am Meer, Kinderheim der Barmer Ersatzkasse, so stand es am Haus, angekommen. Da war ich nun, mit meinen 8 Jahren. Heimleitung war eine Fr. Dr. Riepen, Rieper, ist meine Erinnerung richtig, eine Frau immer in einem schwarzem Kostüm und immer mit einem Schlüsselbund in der Hand? ich glaube ich war in den 6 Wochen, nur 3-5 mal am Meer, es war Januar aber Erholung war das nicht. Ich habe zwar immer alles gegessen, dicke Puddingsuppen, das war mästen und alles was *fett'* macht - es gab einen Tisch für die Kleinen und ein Mädchen hat mir immer so leid getan, Heike???, die hat immer gebrochen musste aber immer alles aufessen incl. Erbrochenem, so ekelig, ich wüsste gerne wie sie das verkraftet hat?? Ich habe mich mit einem Mädchen Martina, aus Essen Altenessen, angefreundet und einem Bub auch aus Essen, Günter, der mir eine KreppapierRose geschenk hat, das weiß ich noch. In dem Heim ging es sehr streng zu aber mir hat es jetzt nicht wirklich geschadet, auch mein Kuscheltier wurde mir nicht abgenommen, weißer Teddybär.. Es war allerdings auch 1967 noch sehr streng, sehr drakonisch und nicht wikrlich lustig, ich war wieder sehr froh dahiem zu sein, nicht nach 6 Wochen sondern schon nach 5 Wochen, weil Scharlach ausgebrochen war, dem Himmel sei Dank. In der Schule viel verpasst.
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P. Andrea Steyer aus Groß-Gerau schrieb am 18.06.2022
Hallo ihr Lieben,

ich wurde im Alter von etwa 8 Jahren für 6 Wochen zur Kur nach Friedenweiler geschickt. Eine grausame Zeit.

Ich erinnere mich an schlimmes Heimweh, der Kontakt zu den Eltern war in jeder Weise untersagt. Ich schlief in einem großen Raum mit vielen anderen Kindern. Ich würde es einen Saal mit hellen Metallbetten nennen. Nachts nässte regelmäßig eines der Kinder ein, denn wir hatten Angst zur Toilette zu gehen. Evt war es auch verboten, ich erinnere mich nicht genau. Betreut wurden wir von Nonnen sowie Frauen, die eine Art Krankenschwester - Uniform trugen. An die Nonnen habe ich keine schlechten Erinnerungen, wohl aber an die "Krankenschwestern". Wenn ein Kind nachts weinte oder sich einnässte, kamen sie in den dunklen Schlafsaal und leuchteten einem mit einer Taschenlampe direkt ins Gesicht. Diese Frauen waren unnahbar, gefühlskalt und stellten sich in keiner Weise auf uns Kinder ein. Wir hatten zu gehorchen und die Regeln zu befolgen. Freundlichkeit gab es nicht.

Ich erinnere mich an ein sehr schlankes, blondes Mädchen, das zur Gewichtszunahme in Friedenweiler war. Es wurde zum Essen gezwungen, durfte den Tisch nicht verlassen, bis alles aufgegessen war. Das Mädchen erbrach sich auf den Teller und musste das Erbrochene wieder essen.

Weiterhin erinnere ich mich an ein Badezimmer mit Badewanne. Es wurden immer 2 Kinder gleichzeitig gebadet. Zwei oder drei Mädchen wurden die langen Haare gleich nach ihrer Ankuft abgeschnitten, dann kamen sie in die Badewanne.

In Friedenweiler lernte ich, in der Menge unterzutauchen, mich ganz klein zu machen und möglichst nicht aufzufallen. Die Kinder, denen das nicht gelang, wurden zur Zielscheibe für die "Betreuerinnen".

Ich kann mich noch heute an das Gefühl der ungeheuren Ungerechtigkeit erinnern, welches ich empfand. Mir war bewusst, dass uns Kindern ein großes Unrecht geschah. Dazu gesellte sich das Gefühl der Machtlosigkeit. Man konnte sich nicht wehren.

Ich überlegte mir eine Möglichkeit zu flüchten. Ich wollte es auf einem der Gruppenspaziergänge, die stattfanden, so einrichten, dass ich am Ende der Gruppe platziert wurde (immer 2 Kinder nebeneinander). Dann wollte ich mich bei passender Gelegenheit hinter einem Busch oder Baum verstecken und weglaufen. Allerdings habe ich mich letztlich nicht getraut, den Plan in die Tat umzusetzen.

Nach Kurende waren meine Erlebnisse in Friedenweiler jahrzehnte über kein Thema für mich. Ich erlernte zwei Berufe, gründete eine Familie, zog meine Kinder groß. So weit so gut, bis das Thema Friedenweiler vor einigen Jahren in meinem Kopf recht unerwartet wieder aufploppte. Das tat es immer wieder und die Abstände wurden kürzer. Parallel dazu entwickelte ich eine Angsttsörung, welche mir zeitweise ziemlich zu schaffen macht. Ob das irgendwie zusammenhängt weiß ich nicht. Der Gedanke liegt jedenfalls nahe. Daher habe ich mich um eine Therapie bemüht.
LG und eine herzliche Umarmung für jeden von euch.
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Rudi Weber aus Trier schrieb am 17.06.2022
Landschulheim im Odenwald

Auslöser meiner Gedanken zu meinen Erfahrungen mit der Gewaltausübung an mir durch und mit der ev. und kath. Kirche war ganz banal meine Frage an unsere Chorleitung wie wir es z.Z. mit den Abstandsregeln bei den Chorproben halten wollen.
Es wurde dann ein Schriftstück präsentiert herausgegeben vom Bistum Trier in der sehr merkwürdige Regeln, ganz entgegen den Regeln der Landesregierung RLP, aufgestellt worden waren.
Durch meine frühkindlichen Erfahrungen habe ich mir geschworen, egal welche Kirche auch immer mir irgendwelche Vorschriften machen will das diese nicht für mich gültig sind.

Ich war 11 Jahre, also war das 1968, und wurde für sechs Wochen in ein Landschulheim in Neunkirchen im Odenwald, wahrscheinlich über die (ev.) Kirche Bonn im wahrsten Sinne des Wortes verschickt. Einen Familienurlaub hat es in meiner ganzen Kindheit nicht gegeben. Dieses Angebot Kinder aus kinderreichen Familien einen Ferienaufenthalt zu bieten find ich im Grundsatz gut, aber was die Kirche dann daraus gemacht hat macht mich fassungslos.

Als siebtes von acht Kindern kann ich mich auch nicht an irgendwelche liebevollen Zuneigungen außer der Prügel durch meinen Vater und der Vorwürfe an mein Verhalten erinnern, und auch die Aufmerksamkeit meiner Mutter, die sich hätte schützend vor mich und meinen Geschwistern stellen müssen, ist nur nebulös vorhanden.
Wie immer waren meine Eltern bei wichtigen Abschnitten wie z.B. meine Einschulung nicht dabei, wo ich in Bonn mit anderen Kindern per Bus in den Odenwald verschickt wurde.
Mein gesamter Lebensweg von Schule, Realschulabschluss, Bundeswehr und Berufsausbildung hat ohne ein Interesse meiner Eltern stattgefunden.

Ich glaube, das einer meiner Geschwister mich dann zum Busabfahrplatz für die Verschickung gebracht haben.
Soweit war noch alles ok, aber angekommen merkte ich dass das komplette Bettzeug nicht dabei war, und ich dann, nachdem ich meiner Mutter geschrieben hatte, viele Tage ohne Bettzeug schlafen musste.
Das Landschulheim war ein ehemaliger Bauernhof mit entsprechend hergerichteten Räumen die ich gut in Erinnerung habe.
Es gab natürlich einige Ausflüge (Wanderungen) in der näheren Umgebung und bei einem Ausflug hatte ich mich etwas von der Gruppe abgeseilt und an einem Bach, den wir schon häufiger besucht haben, gespielt.
Man fand mich dann und die „Strafe“ folgte umgehend: zwei ältere haben mich an einem Zaun festgehalten und alle anderen mussten dann auf mich einschlagen mit Fäusten und Tritten.
Die Betreuer haben ihre Machtposition also reichlich ausgenutzt, und ich weis nicht was ein Mensch empfindet wenn er andere zu Gewalttaten auffordert, ich mag mir das auch nicht vorstellen wollen.
Und bis heute kann ich dieses Erlebnis nicht vergessen, schnürt es mir beim Gedanken daran den Bauch zu und auch das kann ich nicht vergessen so habe ich im Heim dann wohl fast zwei Wochen in der Nacht bitterlich geschluchzt und geweint.
Ich glaube das ist auch ein Teil der Bewältigung der Erlebnisse mit meinen Eltern und der Kirche: Zeit meines Lebens habe ich immer daran gearbeitet so unabhängig wie möglich von allen zu sein, der Austritt aus dem Religionsunterricht und der Austritt aus der Kirche war dann folgerichtig.

Was dieses Erlebnis mit meiner Psyche gemacht hat kann ich leider nicht so genau beurteilen, aber einige „Macken“ sind sehr fest in meiner Persönlichkeit verankert; ich muss mich immer noch für alles rechtfertigen was ich eventuell nicht richtig gemacht habe, Vertrauen zu anderen Menschen braucht lange um gefestigt zu sein.

Wenn ich heute sehe wie Bischöfe mit dieser Schuld herumeiern, nur das zugeben was bewiesen ist und keiner hat bisher seinen Rücktritt vollzogen. Nur ankündigen und dann vom Papst den Persilschein bekommen reicht nicht.

Ich gehe sogar so weit zu sagen: kein Mensch auf dieser Welt kann mir vorschreiben an wen oder was und zu welchen Bedingungen und Vorschriften ich zu glauben habe.
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Henrik Gröne aus Adolfin schrieb am 15.06.2022
Als lungenkränkelndes Kind wurde ich von meinen Eltern im guten Glauben ins Adolfinenheim/ Borkum verbracht. 1 Bett, 1 Hocker und das 20 x in einem Raum. Schwester Ester oder Esther, die Cruella von Disney offensichtlich als Vorlage galt, erklärte kurz und bündig um was es ging. Wäsche exakt falten im Gleichtakt mit den Anderen und in bestimmter Reihenfolge auf den Schelmel packen. Alle 20 Wäschestapel wurden kontrolliert. Nicht korrekte Stapel wurden mit einem dünnen Stock oder per Tritt im Raum verteilt, nicht aufrechte Haltung mit einem ordentlichen Stockhieb auf die Unterschenkel oder Rücken. Marsch ins Bett.. O-Ton der Barackenaufsicht. Alle hatten den Kopf nach rechts zu wenden, damit das Reden unterbrochen wurde. Ein Zwillingspaar mit Heimweh zog es zueinander weinend in ein Bett, Schwester Ester stieb in den Saal, verpügelte völlig irrwitzig brutal den einen und schleifte den Anderen aus dem Saal.
Ein Junge sagte er müsse. "WAS?"..."gross"..."NEIN!"
Er wimmerte die ganze Nacht und machte schließlich ins Bett.
Der Drache Schwester E. kam angerauscht..riess ihn aus dem Bett, immer bedacht, möglichst viel von ihm mit seinen Fäkalien zu beschmieren, das Laken wurde runtergerissen, ein Eimer mit Wasser und das Kind sollte das Laken im vollbeleuchtetenen Schlafsaal vor allen auswaschen.
Ein sehr beleibter Junge zu meiner Rechten eine unfassbar sanfte Seele bekam jeden Morgen nach dem Milchreis ein Glas Salzwasser, was er in Gänze austrinken sollte...da nach erbrach er logischer Weise regelmässig. Schwester E zwang Ihn die verschleimte Mischplörre mit der Hand wieder in Teller zu schieben und erneut zu essen....was für eine brilliante Fachkraft.
Toll,... !


Der dicke Junge entschuldigte sich trotz seines Märtyriums bei mir, der ihm gegenüber sass, für sein Erbrechen. Stellen Sie sich das vor, ein 6 jähriges gedemütiges Kind hat so ein unfassbaren Anstand und Grösse.

Geld meiner Familie kam nie an.

Post erfuhr eine Zensur... Dinge wie ich will heim oder es ist schrecklich hier bedeuteten Einzelhaft in einem alten OP Saal...nur mit Laken.

Den hab ich nach meinem Einsperren wirklich völlig zerlegt...man kam und fragte ensetzt, was passiert sei. Ich sagte ruhig und freundlich, es sei "etwas umgefallen"...da nach wurde es für mich besser...meine Eltern holten mich, ich berichtete und mein Vater griff sich die Heimleitung Schwester E. es wurde extrem laut. Ich liebte meine Eltern, weil sie mir voll umfänglich und sofort glaubten. Eine Tradition, die ich im Übrigen fortführte und auch konnte, da meine 4 Söhne mich nicht signifikant anlügen - ...das A und O um soetwas in einem stabilen Umfeld zu verarbeiten.

Henrik Gröne
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Sylvia schrieb am 02.06.2022
Hallo ,

mit Entsetzen habe ich die Berichte der ehemaligen Verschickungskinder gelesen und bin in Gedanken sehr damit beschäftigt, wie man so etwas menschenunwürdiges tun kann. Mein Mitgefühl allen Betroffenen!

Ich selbst habe 1977 eine wirklich schöne Zeit im Marienhof auf Föhr erlebt. Es gab zu dieser Zeit zum Glück keine solchen Ereignisse. Es wurde viel unternommen, die Erzieherinnen wurden auch nicht als „Tanten“ bezeichnet, sondern bei ihren Namen genannt. Ich war allerdings bereits 14 ! Wir haben Strandwanderungen, Besichtigungen, Inselrundfahrt , Nachtwanderung, Fahrt nach Amrum, Stadtbummel in Wyk oder einen Wellenbadbesuch unternommen. Kasperletheater für die Jüngeren aufgeführt, Fasching veranstaltet usw. Es war eine tolle Gruppe (Gruppe VI, Frau Hagen, falls sich jemand angesprochen fühlt) und ich habe keine negativen Eindrücke erhalten. Vielleicht war inzwischen auch eine andere Heimleitung (Herr Tietz) tätig , so dass solche schrecklichen Taten keinen Platz mehr hatten.
Ich finde es gut, dass die Menschen mit Negativerlebnissen austauschen und so ein Stück ihrer Kindheitserfahrung miteinander verarbeiten können . So etwas durfte und darf nie wieder passieren. Leider wird Kindern auch heute noch immer noch zuviel Leid angetan und sogar übers Internet verbreitet , so dass es noch mehr Passivtäter erreicht .

Sollte sich jemand aus der Kur 1977 angesprochen fühlen, um sich positiv auszutauschen , würde ich mich freuen.
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Bernd Thümmel schrieb am 30.05.2022
Ich wurde ca. 1971 in Berchtesgaden im ehemaligen "Kindererholungsheim" Stadlerlehen am Obersalzberg am Stadlerweg untergebracht.
Dort war ca. bis 1971 oder 1972 eine Frau Boot Heimleitung des sogenannten "Kinder-Erholungsheim Stadlerlehen". Ich selbst war ca. 1971 zusammen mit zunächst wenigen anderen Kindern als "Heimkind für immer" ins Kinderheim Stadlerlehen an den Obersalzberg verbracht worden.
Ich erlebte etwa 1 Jahr lang, dass das "Erholungsheim Stadlerlehen" ständig von neuen Kindern belegt wurde, die aus ganz Westdeutschland für je ca. 3-6 Wochen kamen.
Ich gehörte zu den ersten Kinder, die dort "für immer" hin verbracht wurden..wir wurden als "Helfer im Haushalt" eingesetzt durch die Heimleiterin Frau Boot.
Ich erinnere mich, dass Frau Boot eine Gitarre hatte und Abends auf dem Hof immer ein großer Kreis aller Kinder gebildet wurde, und Lieder gesungen wurden. Auch erinnere ich, dass bei Sonnenschein täglich alle Kinder auf, in die Sonne gestellten Bänken sitzen sollten.
Ich erlebte ab 1972/73 regelmäßige gewalttätige Übergriffe durch zwei Heimleiter namens Hennings und Büchter im Kinderheim Stadlerlehen. Die beiden hatten das Erholungsheim Stadlerlehen übernommen und dort fanden ab ca. 1973 keine sog. Kindererholungen mehr statt, sondern wir Kinder wurden von Jugendämtern in ganz Westdeutschland dort "für den Rest unserer Kindheit" untergebracht.
Ich interessiere mich für Betroffene, die das damalige "Kinder-Erholungsheim" Stadlerlehen am Obersalzberg in Berchtesgaden erlebt haben und hoffe, dass vielleicht jemand eines Tages hier her findet und darüber schreiben wird. Die Heimleiterin, Frau Boot hat damals nach meiner Erinnerung ganz viele Filmaufnahmen mit Super 8 gemacht.
Ich kann hier zu dem Thema Kinder-Verschickung nicht mehr beitragen. Meine gewaltvolle Kindheit im ehemaligen "Erholungs- Kinderheim" Stadlerlehen im Berchtesgaden begann, als das Erholungsheim in ein Kinderheim umgewandelt wurde. Das habe ich in verschiedenen Büchern verarbeitet, die ich alle auf meiner Internetseite veröffentlicht habe.
Meine Zeit im Kindererholungsheim Stadlerlehen ist für mich wie ein finsteres Loch, ich war 1971/72 acht Jahre alt.
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Tatjana Schütte aus Hamburg schrieb am 29.05.2022
Mein Name ist Tatjana Schütte. Ich habe eben gerade noch meine Mutter am Telefon gefragt in welchem Jahr das war....In Lüneburg meine Kur. Ich war drei Jahre alt und mit meiner 1 Jahr jüngeren (inzwischen verstorbenen) Schwester dort. Ich selbst habe nur kleine Sequenzen vor Augen. Bis heute allerdings kann ich ein paar Situationen nicht vergessen: Zum einen den Raum in dem ich alleine liege und mir Haare an der Stirn raus reiße. Im Nachhinein weiß man, daß ich fast blind bin (ich sehe auf nur einem Auge und das andere ist auch geschädigt). Meiner Mutter wurde mitgeteilt dass ich wohl einen Gehirntumor hätte. Ich wollte nur Essen wenn meine Schwester auch isst ( und nur das was sie isst, weil ich nicht erkennen konnte was es da gab) Deswegen wurde ich von ihr wohl getrennt. Ich hab zeitweise gedacht dass ich mir das einbilde und bin in den 80 ern mit meiner älteren Schwester (die ihren Sohn dort auch verschickt hatte) hin gefahren um überhaupt mehr zu erfahren. Info gab es nicht. Aber ich hatte sowas von Blitz-Bilder dass ich mir so vieles erklären konnte. Dieser Raum in dem ich da im Bett alleine liege. Die "Badehalle" in die ich nicht mit durfte ( Wer ins Wasser wollte der musste vorher auf die Toilette. Ich musste dringend und ging nicht in der mir zugewiesenen Reihenfolge) Dann das sogenannte (heute autogenes Training ) Man bekam eine Schutzbrille mit Gummi hinter den Kopf (ähnlich den heutigenTaucherbrillen ) , damit sie fest am Kopf saß und lag auf einer Matte und sollte ruhig sein. Später als man herausfand dass ich lediglich eine Brille brauche wars leider vorbei und geschehen. Meine Familie hatte unter mir und meinem Verhalten lange zu leiden ( wie ich mir bis heute auf jedem Treffen anhören darf/muss) Ich hatte sehr lange Magen und Ess probleme, ( War im UKE als Kleinkind und bin dort nach Aussagen meiner Mutter auch behandelt worden) Trennungsangst (durch das Trennen von meiner Schwester und dem Zuhause) Ich habe bis heute Angst vor Ärzten ( viele Jahre Therapie gemacht um wenigstens einfache normale Untersuchungen machen zu können) und Panik bis fast zur Selbstzerstörung vor Narkose ( Kontrollverlust lt Therapeutin) Heute kann ich mir die Ängste erklären, nur ändern kann ich nichts. Und das obwohl ich mit dem Verstand weiß wo das herkommen könnte und ich mir ja damals mit knapp 20 versucht habe Hilfe zu bekommen.
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Wolfram Kurrle aus Winnenden schrieb am 28.05.2022
Ich bin 1967 von Reutlingen aus in ein sogenanntes "Erholungsheim" ins Allgäu verschickt worden. In welches der Heime ist mir heute leider nicht mehr bekannt, da es im Allgäu mehrere gab, es könnte aber Oberstdorf gewesen sein, oder das Haus in Scheidegg. Daher wäre mir der Kontakt zu Andrea aus Reutlingen wichtig, da sie am 28.2.22 auch hier schrieb, dass sie Ende 1967 von Reutlingen mit dem Zug ins Allgäu verschickt wurde, vielleicht saßen wir sogar im gleichen Zug.
"Zug" ist auch das Stichwort:
Es gab 2 Momente an die ich mich eindrücklich erinnere:
1) im wahrsten Sinne des Wortes DIE VERSCHICKUNG, der Moment, als ich im Zug saß welcher sich langsam aus dem Bahnhof Reutlingen in Bewegung setzte, außen am Bahnsteig meine Eltern stehend und ich im Zug mit lauter fremden Menschen, gefühlt der intensivste Moment von Verlassenheit und Einsamkeit. Ich weinte bitterlich, zu dem Zeitpunkt war ich 6 Jahre alt.
Mir gegenüber saß eine Person, ich weiß nicht mehr ob es ein Mann oder eine Frau war. Sie/Er konnte das Elend nicht ertragen, erhob sich und griff in den Koffer über ihr und holte eine Tüte Haribo Gummibärchen raus und schenkte sie mir. Dieser Augenblick, dieses traumatische Erleben hat sich in meine Seele gebrannt.
Die Haribo Gummibärchen waren der Tröster und bis heute findet sich immer wieder eine Tüte in meinem Kühlschrank- ich mag sie nur gekühlt -. Die "Bären" sind tatsächlich zu meinem Lebens-Weg-Begleiter geworden und es zeigt, wie sehr die Seele Leid und Trost gekoppelt hat.
2) über die Geschehnisse Vorort hat sich ein Grauschleier gelegt, vielleicht ganz bewusst. Nur an eine Situation kann ich mich genau erinnern als ich - vermutlich aus Angst - in der Nacht in die Hose gemacht hatte, wurde ich auch noch in der gleichen Nacht in einen Sammelwaschraum - an den ich mich gut erinnere - gebracht, wo ich die Hose selber auswaschen musste.

Quintessenz:
Meine Mutter schrieb in meinem Kinder -Fotoalbum nach den Sommerferien 1967 vor der Verschickung folgendes:
" Bald darf er zu einer Erholungskur weg ins Allgäu, das wurde uns angeboten. Bis jetzt geht er noch gerne, mal sehen wenn es soweit ist."

Meinen Eltern mache ich keinen Vorwurf, mir ging es sicherlich ähnlich oder gleich wie vielen anderen Kindern damals auch. Über die psychischen Schäden die durch diese Erlebnisse bei mir und vielen meiner Mitleidensgenossen entstanden sind, hat man sich in diesen Zeiten im Vorfeld keine Gedanken gemacht. die Meisten Eltern - so möchte ich einmal behaupten - sind von guten Vorsätzen ausgegangen. Dass dahinter aber auch eine profitgierige Maschinerie stand blieb verschleiert. Es war - wie es meine Mutter schrieb - ein schönes Angebot welches von der Kasse finanziell übernommen wurde.

Meine Lebensqualität ist bis heute an verschiedenen Stellen sehr beeinträchtigt auf das ich hier nicht näher eingehen möchte, sehe es aber in engem Zusammenhang mit dem damals erlebten!
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Ilona Lange schrieb am 27.05.2022
Ich war im Februar 1962 im Oldenburger Kinderheim auf Wangerooge. Der Verschickungsgrund war die bevorstehende Einschulung Anfang April. Wegen der Sturmflut im Februar 1962 wurden wir nach nur wenigen Tagen wieder nach Hause geschickt. Hierzu kann ich mich an die Zugfahrt auf der Insel durch Wasser erinnern. Ansonsten habe ich keine Erinnerung an diese Zeit. Als Ersatz musste ich im Sommer nochmals nach Wangerooge reisen. Zunächst wollte ich nicht. Man tröstete mich damit, dass eine Freundin aus der Nachbarschaft zur gleichen Zeit fuhr. Da sie älter war kam sie aber in eine andere Gruppe. Ansonsten habe ich auch an diese Zeit kaum Erinnerungen. Meine Mutter erzählte mir, dass ihr, wie sie den Koffer nach meine Rückkehr öffnete, schlecht wurde, weil er derart nach Urin stank. Auch war kaum etwas der Kleidung benutzt. Ich soll darauf geantwortet haben, dass wir nicht zur Toilette gehen durften und ich immer nur das selbe anziehen musste. Wegen dem Toilettengang kann ich mich noch schwach erinnern, dass wir uns zu einer bestimmten Zeit anstellen mussten.
Bisher habe ich das alles als nicht so wichtig eingeschätzt. Doch, als ich jetzt hörte und las, dass es vielen Kindern so ging. bin ich hellhörig geworden und frage mich, warum ich so wenig Erinnerungen an diese Zeit habe. Meine Mutter lebt noch und ich konnte sie dazu befragen. Es ist ihr damals sehr schwer gefallen. mich reisen lassen und es tut ihr heute noch leid, was ich dort erleben musste.
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Judith Weidenmann aus Pleidelsheim schrieb am 24.05.2022
Hallo, ich war im Jahr 1974 im Malteser Kinderheim Krauchenwies für 6 Wochen angeblich zur Erholung. Was mir von dort in Erinnerung geblieben ist, es war der Ort des Grauens! Im Frühjahr 1974 wurde ich dort hin verschickt um etwas zu zunehmen. Laut Aussage meiner Mutter war ich wohl etwas zu leicht. Auf dem Foto das ich noch besitze sieht das aber anders aus. Ich wurde auch mit der Bahn dort hin gebracht. Am Heimatbahnhof wurde ich von meinen Eltern an eine Schönstetter Marienschwester übergeben die mich mit in den Zug nahm. Wir hatten ein Abteil in dem noch andere Kinder waren. Dort angekommen wurden wir auf verschiedene Zimmer verteilt. Ich war mit mehreren anderen Kinder im Erdgeschoss in einem kleinen Schlafraum mit 8 oder 10 Betten untergebracht.
Alles war sehr kalt eingerichtet mit Metallbetten. Es herrschte ein eisiges herrisches Regiment uns gegenüber. Schwester Richild ist mir bis heute in sehr negativer Erinnerung. Sie hatte wohl die Oberaufsicht bei uns. Sehr streng und eiskalt. Diverse Bestrafungen wie z.B.nicht teilhaben an irgendwelchen Aktivitäten, Fernsehverbot oder Schläge waren an der Tagesordnung. Auch das erniedrigen vor den anderen Kindern war sehr beliebt. Ich verbrachte diese Zeit in panischer Angst. Es musste gegessen werden was auf den Tisch kam. Wenn ich es nicht mochte musste ich so lange sitzen bleiben bis ich es gegessen hatte. Hatte ich es erbrochen gab es kein Pardon und musste es wieder essen. Jeden Nachmittag gleich nach dem Mittagessen war Bettruhe angesagt. Ich musste immer ganz still liegen und die Augen geschlossen haben ansonsten setzte es was. In meiner Erinnerung wollte diese Zeit nicht enden. Während meines Aufenthalts hatte ich Geburtstag und durfte mir das Mittagessen wünschen. Wie so ziemlich jedes Kind wünschte ich mir Nudeln mit Tomatensoße das wurde abgelehnt und so einigten wir uns auf Kartoffeln und Spinat mit der Folge das ich danach von sämtlichen Kinder verhauen wurde weil sie das nicht wollten. An diesem Nachmittag brauchte ich keinen Mittagsschlaf halten und durfte im Spielzimmer alleine unter Aufsicht ein bisschen spielen. Die Schwester die mich beaufsichtigte war noch sehr jung. Es war die einzigste die etwas liebevolles an sich hatte. Doch fühlte ich mich so alleine nicht wohl. Ich fühlte einsam und verlassen.
Im Garten gab es einen Spielplatz. Meistens war ich auf der Schaukel. Einmal hatte ich dort das Erlebnis das ich meinte meinen Vater am Gartenzaun zu sehen. Ich war mir nicht sicher doch im Nachhinein hat mir mein Vater und meine Geschwister versichert das es stimmte. Mein Vater wollte mich für einen Nachmittag abholen um meine Mutter zu besuchen. Sie war im gleichen Zeitraum in der Müttererholung wohl nicht all zu weit von Krauchenwies entfernt. Es wurde ihm schlicht weg untersagt mich zu besuchen da ich so großes Heimweh hatte. Darüber bin ich bis heute fassungslos!
Auch hatte ich im Laufe des Aufenthalts eine Verletzung am Knöchel meines Fußes die nicht ordentlich behandelt wurde. Die Narbe habe ich bis heute. Als ich wieder Zuhause war und berichtete was ich dort erlebt hatte glaubte mir meine Mutter nicht!
Erst als im Fernseher über uns Verschickungskinder berichtet wurde kam ihr in den Sinn das ich wohl mit meinen Schilderungen recht habe.
Meinen Vater flehte ich damals an mich nie wieder in solch ein Heim zu geben und er hat Wort gehalten.
Meine Mutter war noch öfter in Mütterkur und für mich wurde eine andere Lösung gefunden.
2011 bin ich nach Krauchenwies gefahren und habe mir das ehemalige Kinderheim angeschaut. Es ist ein baufälliges Gebäude.
Ich besuchte auch die Schönstetter Marienschwestern in der Hoffnung mich mit Schwester Richild zu unterhalten doch leider ist sie verstorben. Eine andere Schwester zeigte mir ihr Grab.
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Michaela Freiberger aus Kufstein schrieb am 24.05.2022
Ich erinnere mich genau an den Tag der Ankunft in Lenggries. Ich weiss auch noch dass wir zu zweit dort ankamen. Der Sohn eines Arbeitskollegen meines Vaters reiste mit an. Unsere Väter arbeiteten bei der Post und von da aus wurde diese"Erholung " auch organisiert.
Bei Ankunft wurde uns dann erst der große Speisesaal und die schlafsääle für Jungs und Mädchen gezeigt. Im Freien gab es für uns Mädels einen grossen Kaufladen in einer holzhütte zum Spielen. Die Jungs hatten einen fussballplatz.
Die Päckchen die wir von unseren Eltern geschickt bekamen wurden einbehalten. Alles kam dann in eine grosse Schüssel und jeder durfte sich 3 mal in der Woche etwas, rausnehmen.
Ich wurde dahin verschickt weil ich angeblich zu dünn war.... Das Essen war für mich horror... Alles musste leer gegessen werden.... Und wenn es mich noch so würgte... Sitzen bleiben und essen hieß es...... Sonst durfte man nicht raus zum Spielen
Das schlimmste aber war, dass der junge der mit mir war jeden Abend vor Heimweh weinte.... Da holten mich die Betreuer zu seinem Bett und ich musste versuchen ihn zu trösten. So war das jeden Abend.
Das ist was mir so ins Gedächtniss gebrannt hat.
Ich denke mal ganz viel habe ich verdrängt...... Und die Eltern wussten sicher nicht wie es uns dort erging
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Christina Debüser aus Köln schrieb am 22.05.2022
Ich war nach dem Tod meines Vater über die Barmer in einem Kinderheim in Furtwangen/Schwarzwald. Ich war 6 Jahre alt. Ich habe traumatische Erinnerungen an diese Zeit:
- Ich wurde zum Essen gezwungen; wenn der Teller leer war, wurde dieser nochmals vollgeladen und ich musste diesen ebenfalls aufessen (Ziel war Gewichtszunahme).
- Postkarten nach Hause wurden vom Klinikpersonal für mich geschrieben mit fingierten Texten, wie gut es mir gehe und wie wohl ich mich fühle.
- Mittagsruhe: wenn ich oder andere Kinder nicht sofort ruhig waren, wurde uns unser Kopfkissen auf das Gesicht gelegt und wir durften es nicht wegnehmen. Ich erinnere mich, dass ich kaum Luft bekam.
-schlimmstes Erlebnis: ich hatte mir beim Mittagessen aus Stress und Angst in die Hose gemacht und wurde dazu genötigt, mit nasser Strumpfhose unter aller Augen und dem Spott aller durch den ganzen Speisesaal zu gehen, um diesen zu verlassen. Ich weinte und schämte mich fürchterlich, es war ein "Spießrutenlauf"!
- Die Kur war im Winter: Spaziergang über einen höhergelegenen, sehr schmalen, vereisten Pfad am Waldrand entlang. Wir hatten Angst, dort entlang zu gehen und abzurutschen, wurden aber gezwungen, weiterzugehen.
Insgesamt: die Kur war ein Horrorerlebnis für mich. Meine Großmutter erzählte mir später, dass ich meine Großeltern nach meiner Rückkehr angefleht hätte, sie sollten mir versprechen, dass ich NIE wieder weggeschickt würde. (Meine Mutter hatte die Kur über die Barmer für mich veranlasst).
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Iris Averesch aus Bottrop schrieb am 22.05.2022
Hallo, ich habe leider sehr wenige Erinnerungen an meinen Aufenthalt. Ich war 5 Jahre und wurde von der Kinderärztin in dieses Kurheim geschickt. Meine Eltern fanden das zu früh, aber die Ärztin hat sie überredet. Ich hatte als kleines Kind immer Probleme mit Bronchitis und so musste ich in den Schwarzwald. Ich erinnere mich leider nur daran, das Nonnen dieses Haus geführt haben und das ich mein Stofftier abgeben musste. Außerdem bekam ich weniger zu essen als andere Kinder, da ich ein bisschen übergewichtig war. An eine Nacht habe ich eine gute Erinnerung, da ich aufgewacht bin, weil die Balkontür nicht richtig zu war und geklappert hat. Außerdem habe ich gefroren und fürchterliche Angst gehabt. Mein Bett war das einzige im Raum, das keine Gitterstäbe mehr hatte und ich weiß das ich furchtbar traurig war, das mein Bett keine Stäbe hatte. Ich fühlte mich nicht in Sicherheit! Es waren 5 Betten in dem Raum und es war eine Krankenhaus Atmosphäre. Ich musste außerdem 2 Wochen länger dort bleiben als alle anderen, weil ich Scharlach gehabt haben soll. Es hat mir das Herz zerissen alleine dort zu bleiben, und alle anderen Kinder sind in den Bus gestiegen und nach Hause gefahren. Meinen Eltern wurde mitgeteilt, das sie mich eine Woche später abholen könnten. Daraus wurden dann 2 Wochen. Als meine Eltern vor dem Haus standen wurde ich von einer Nonne an der Hand, nach draußen gebracht. Laut meiner Mutter wollte ich nicht ins Auto einsteigen und stand nur starr und steif neben der Nonne. Nachdem sie alles mögliche versucht hatten, haben sie mich mit einer Banane ins Auto gelockt. Ich habe 2 Tage nicht gesprochen und während der Autofahrt den kompletten Reiseproviant ( der für 2 Erwachsene und 1 Kind ausgerichtet war!) alleine aufgegessen. Nach diesem Aufenthalt habe ich meine Eltern gehasst, und tat es bis ich 2019 eine Therapie gemacht habe und verstanden habe, woher meine Ängste, mein Hass und meine Unsicherheit, sowie meine Fressattacken kommen.
Es war mir nie bewusst, das dieser Aufenthalt etwas mit meinem instabilem Seelenleben zu tun hat, bis ich Gott sei Dank! , die Berichte dazu gesehen habe.
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Dr med. Michael Klentze aus Diessen am Ammersee schrieb am 20.05.2022
1951 war für mich die Verschickung von Hamburg ( unterernährt). Ich empfand es als traumatisch: Zwänge : Schlaf, Mittagsschlaf, Zensur der Hilferuf- Briefe an die Eltern nach Hause. viele Briefe wurden nicht rausgeschickt ( angeblich wegen Lügen) . Wanderungen und Bäder . Alles irgendwie nur Zwang . An freies Dpielen war garnicht zu denken. Ab und zu gab es auch Schläge. Im Gegensatz zu Weiler( Sankt Goarshausen) später : spielen, spielen spielen, Freiheit.
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Roy Quilisch aus Berlin schrieb am 18.05.2022
1984 Bad Frankenhausen Helmut Just
An das an was ich mich erinnern kann ist das ich im Zug saß bei einer Fremden Frau die mir erzählte das meine Mutter mit kommt und im anderen Abteil sitzt. Als der Zug los Rollte und ich meine Mutter draußen stehen sah und zu mir Winkte war meine letzte Erinnerung. Keine Erinnerung an die Zugfahrt bzw. Ankunft. Ich wurde wahrscheinlich so oft ruhig gestellt das ich nur noch weiß :Ärztliche Untersuchen grundsätzlich Nackt und betapscht. Dass andere Kinder mit im Raum waren kann ich ausschließen, zumindest habe ich keine Erinnerung das mehrere gleichzeitig untersucht wurden.
Außerdem weiß ich das ich damals noch viel in die Hose gemacht habe und man mich vor anderen Kindern so vorgeführt wurde mit dem Satz der Roy hat wieder in die Hose gemacht. Ich stand auch in irgendeinem Keller und hab aus dem Fenster gekuckt und ich war auf der Suche nach einem WC im Schlafanzug und alle anderen Kinder waren komplett angezogen mit Bommel Mütze und sind raus gegangen.
ich habe gefühlt jede Nacht Erbrochen. 1 mal Sauna und ein Eiskaltes Wasserbecken ..... ich bin der Meinung das Wasser war Salzig. Wir haben Nackt an irgend einem Licht sitzen müssen und man mußte sich gegenseitig mit einer Büste den Rücken bürsten. Dafür das ich 6 Jahre war kann ich mich an viel zu wenig erinnern kein Essen keine Zimmer kein Draußen sein, aber das was ich im Kopf habe war alles, nur nicht schön. Ich kam von der Kur mit 40 Grad Fieber und man hat mich vom Zug aus mit der MSH ins Krankenhaus gefahren wurde mir von meiner Oma berichtet. Mutti und Oma berichteten das ich nicht der Roy war wie vor der Kur.
Ich habe nie eine richtige Feste Arbeit behalten können. (Depression und eine schwere Borderlinestörung)
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Sabine Häuser aus Wetzlar schrieb am 09.05.2022
Ich war 1962 im Alter von 5 Jahren einmal 6 Wochen lang in Hirschegg, in einem Verschickungsheim und im gleichen Jahr noch mal 6 Wochen in Bad Reichenhall. Der Name des Heims dort ist mir nicht bekannt. Es war schrecklich, ich habe mich laut Aufzeichungen meiner Mutter meist auf der Toilette eingesperrt und geweint.
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Karin M. aus Nürnberg schrieb am 08.05.2022
Ich war im August/September 1976 dort, als 12-jährige.
Mir hat es dort prima gefallen. Es wurde viel mit uns Kindern unternommen, Ausflüge, Wanderungen, jeden Tag tolle Spiele draußen auf dem Rasen, so was wie eine Olympiade, abends gab es Theaterstücke die andere Kinder aufgeführt haben oder Indoorspiele bis zum Schlafengehen und auch mal einen “Kinoabend” (Filmvorführung) im Haus. Und dann gab es ja auch noch das Schwimmbad, ein Highlight für mich als Wasserratte ... leider viel zu selten.

Mit einem andern Mädchen durfte ich jeden 2. Abend zum Bauernhof unten am Berg laufen um eine kleine Milchkanne voll frischer Milch vom Bauern für die “Heimleiterin?” (eine nette ältere Dame die im Heim wohnte) holen. Das hat uns immer viel Spaß gemacht.

Im Haus gab es auch in den Gruppenräumen Tiere, Meerschweinchen (vielleicht waren es auch Hamster) und Hasen um die wir uns kümmerten.

Strafen oder Mißhandlungen von denen viele Verschickungskinder berichten, gab es bei uns keine. Betten mussten selbst gemacht werden und die Schränke aufgeräumt werden, wenn das schlampig war, mußte man das noch mal machen (das war aber daheim auch so, von daher keine Strafe).

Einmal die Woche haben wir Briefe/Karten nach Hause geschrieben. Uns hat niemand was diktiert.
Eine Karte haben wir mal beim Aufräumen in meinem Elternhaus gefunden (als meine Eltern umgezogen sind), da berichtete ich von den Kühen die rund um das Heim auf den Weiden standen und dass da immer die Kuhglocken bimmelten .

Auch an einen Zwang irgendwas aufessen zu müssen, von dem aber viele berichten, kann ich mich nicht erinnern (und ich esse durchaus nicht alles). Alle BetreuerInnen die für meine Gruppe zuständig waren, waren sehr nett, verständnis- und liebevoll mit uns Kindern, trösteten auch die, die Heimweh hatten.

Heimweh hatte ich selbst keines, denn ich hatte mich seit vielen Monaten auf den Aufenthalt dort gefreut, weil mein Papa selbst als jüngeres Kind ca. 1946/47, also kurz nach dem Krieg zur Erholung gewesen war und auch nur gute Erinnerungen hatte (er und seine 5 Geschwister waren im Krieg Halbwaisen geworden) und uns oft davon erzählt hat (nichts Negatives).

Hätte dort liebend gerne noch mal einen Aufenthalt verbracht, die nächsten Sommerferien haben wir dann aber mit zwei befreundeten Familien und deren Kindern im gleichen Alter erstmalig in Italien verbracht.
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Karin M. aus Nürnberg schrieb am 08.05.2022
Ich war 1975 als 11-jährige in Schulenberg und habe im Gegensatz zu vielen anderen, wirklich nur positive Erinnerungen.

So kann ich kann mich z.B. noch an viele Ausflüge erinnern, in die Nähe vom Brocken, da konnte man rüber schauen auf den. Da war auch so eine Souvenirbude in der Nähe, da haben wir uns von unserem Taschengeld Kaugummis etc. geholt und auch das eine oder andere Andenken. Ich hab damals eine Brockenhexe auf einem Besenstil gekauft, die an einem Band hing, damit man das Ding irgendwo aufhängen konnte. Die hatte ich noch ein paar Jahre daheim im Kinderzimmer hängen. Viele Spaziergänge/Wanderungen im Wald haben wir gemacht. Besonders gut erinnere ich mich an einen Ausflüge zu einem Kohlemeiler im Wald wo uns der Köhler alles erklärte. Auch ein Besuch der Okertalsperre war ein Höhepunkt. Ansonsten haben wir viel draußen gespielt, sind mit Stelzen gelaufen, haben Fangen und Verstecken gespielt, Völkerball usw. also die typischen Spiele dieser Jahre. Es wurde gemeinsam gesungen, man saß zusammen, die BetreuerInnen haben Geschichten/Märchen erzählt von Hexen auf dem Blocksberg (Brocken) und der Walpurgisnacht und auch bekannte Märchen vorgelesen/erzählt.

Bei schlechterem Wetter wurde auch drinnen gespielt und gebastelt. Die BetreuerInnen waren alle freundlich und trösteten auch die Kinder die an Heimweg litten. Es war wirklich sehr liebevoll und es gab in meiner Gruppe definitiv keine Zwänge. Bettenmachen und Schrankaufräumen mussten die meisten von uns schließlich auch zuhause. Und zur Toilette durften wir auch wenn wir mussten.

Klar gab auch mal Essen das ich nicht kannte von zuhause, wie z.B. Königsberger Klopse oder Labskaus, dass hat man dann halt probiert hat und wenn es gar nicht schmeckte, einem anderem Kind auf den Teller geschoben das es mochte. Da gab es immer genug die neben einem saßen und es gerne genommen haben. Oder hat man einfach die Teller getauscht voll gegen leer. Mich hat nie jemand gezwungen irgend was aufzuessen was mir absolut nicht schmeckte.

Abends im Speisesaal wurde nach dem Essen immer noch das Teekesselchen-Spiel (https://de.wikipedia.org/wiki/Teekesselchen) gespielt bei dem einzelne Gruppen gegeneinander antraten. Das hat uns allen viel Spaß gemacht.

Ich habe wirklich nur positive Erinnerungen an den Aufenthalt. Allerdings wusste ich auch schon Wochen vorher, dass ich dort hin fahre in den Sommerferien (Aug./Sept) und es war für mich das Highlight des Sommers und ich in die Vorbereitungen, Koffer packen etc. involviert. Heimweh hatte ich nicht wirklich, denn ich hatte ein liebevolles Zuhause, wurde also auch nicht einfach weggeschickt und hab auch immer Post von daheim bekommen.

Ich weiß noch als mich meine Eltern und meine jüngere Schwester daheim in Bayern vom Bahnhof abholten und ich übersprudelte und alles auf einmal erzählen wollte was ich erlebt habe. Meine Schwester war ganz fasziniert, aber nicht von den Geschichten, ? sondern davon, dass ich auf einmal Hochdeutsch sprach … ich hatte mich irgendwie automatisch den anderen Kindern dort angepasst, die als ich dort war, überwiegend aus Regionen kamen wo man “ordentliches” Deutsch sprach, statt meinen heimischen Dialekt. Ach ja, das Hochdeutsch war nach kurzer Zeit daheim wieder dahin als ich wieder mit meinem Schulfreunden zusammen war.
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Kerstin Bader aus Teublitz schrieb am 06.05.2022
Hallo, ich war 1979 über die DAK mit 5 Jahren zur Kur. Ich war zu dünn und hatte Bronchitis. Ich kann mich an kaum etwas erinnern und es ist ein richtiger Filmriss. Am Ankunftstag beim Essen begann ein Kind am Tisch zu weinen und ich dann auch. Ich kann mich auch noch erinnern an einen langen Gang mit Treppen, die Tuer wo dann draussen die Kinder schon spielten. Ob es ein Schwimmpool war weiss ich nicht, ich weiss aber, daß Wasser im Spiel war. Eine Betreuerin hat mir die Karten meiner Familie vorgelesen am Bett. Ich glaube ich war in einem 4er Bettzimmer, es war immer dunkel. Ich erinnere mich an die tagelange Angst, als keine Post von meinen Eltern kam. Meine Mutter sagt, sie hätten jeden Tag geschrieben. Auf der Kur bekam ich Roeteln, ich war mit einem Kind in dem dunklen Zimmer. Evtl. war diese auch krank. Bei der Heimfahrt im Zug mit dem Schild um den Hals panische Angst, nicht abgeholt zu werden. Lt. Meiner Mutter sprach ich für fast 9 Monate kaum, war verstört und wich nicht mehr von der Seite meiner Eltern. Auch sagt meine Mutter, mein Gesicht war vom Weinen geprägt. Die Kur sollte wg. Der Roeteln aufgrund mangelnden Erfolgs wiederholt werden, ich musste nicht mehr weg. Ich hab noch 4 Bilder von dem Aufenthalt, auch mit dem Haus drauf. Als ich wie durch Zufall einen Bericht zu dem Thema sah, kamen mir die Tränen und ich fing am zu recherchieren. 4 Tage Leere in mir, so als waere ich depressiv. Es soll ja keine Zufälle geben und somit fang ich an, die Lücken zu finden. Mir wird einiges klar, warum mein Leben bisher so gelaufen ist und möchte es aufarbeiten.
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Bridget Pollock gebürtig Birgitt Bade aus in Paderborn Schloss Neuhaus NRW geboren, jetzt England schrieb am 03.05.2022
Ich bin ein paar Tage nach meiner Kommunion im Alter von 8 Jahren verschickt worden da ich vernehmlich zu dünn war. Meine Erinnerungen waren schon immer sehr nebelig, jedoch erinnere mich dass ich beim Nachmitag und Nachtschlaf im Bett festgeschnallt wurde. Zu Essen gab es dicken Haferschleim, in Sahne gekochte Leber und Brot dick mit Butter bestrichen. Ich erinnere mich dass die Zimmer sehr dunkel waren und die Betreuer trugen weisse Kittel. Ich glaube dass ich mit dem Zug von Paderborn abgefahren bin, kann mich jedoch nicht an die Heimfahrt erinnern oder an die anderen Kinder. Ich glaube das mein Gehirn andere Erlebnisse von der Zeit verbogen hat, trotzdem spielt es seit Jahren mit meinem Kopf. Ich bin so froh dass ich hier mit Gleichgesinnten frei sprechen kann und vielleicht Antworten finde - Danke.
Bitte entschuldigt mein Deutsch, ich habe Deutschland 1976 verlassen und spreche die Sprache sehr selten.
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Mac Bo aus bei Dresden schrieb am 02.05.2022
Hallo,

ich war für 6 Wochen auf Diätkur in besagtem Heim, nicht gerade die schönste Erinnerung aus meiner Kindheit. Das schmale Essen war tatsächlich das kleinste Problem, da gewöhnte man sich dran, sogar daß es (sicherlich absichtlich) kein Genuß sein sollte. Aber: so lange von zuhause weg, teilweise recht autoritäre Erzieher (auch wenn es meines Wissens keine quasi körperlichen Misshandlungen gab oder so, da will ich nicht pauschalisieren, manche waren durchaus nett, aber die Umgebung und die Umstände waren es nicht), 1 "Safttag" pro Woche mit Bettruhe den ganzen Tag und nur 3x einen Becher Orangensaft o.ä., Besuchsverbot, Paketverbot, (viel zu große und unbequeme) Krankenhausbetten, Frühsport bei eisigen Temperaturen, durchaus auch körperlicher Drill. Alles nicht gerade kindgerecht, ganz sicher nicht für dieses Alter und für Kinder, die zur Bewegung erstmal hätten (psychologisch) motiviert werden müssen. Die Zeit kam mir ewig vor, wie eine Strafe für meine (eigentlich noch vergleichsweise moderate) Übergewichtigkeit und die mangelnde Bewegung vorher. Das gnadenlose Heimweh setzte bei mir zwar erst spät ein, aber auch nur weil ich mich am Anfang zusammenreißen konnte. Irgendwann schlug es aber ausnahmslos bei jedem zu. Diesbezüglich gab es mutmaßlich sogar einen Suizidversuch in meiner Gruppe, so wurde gemunkelt (der Junge wurde danach umgehend aus der Gruppe genommen, striktes Kontaktverbot zum Rest). Gerade dieser Vorfall und daß es sich für keinen der Verantwortlichen andeutete bzw. es niemandem vorher auffiel, belegt eigentlich, daß das Kindeswohl in dem Kontext eher nicht im Fokus stand. So wie das Fingerspitzengefühl für eine sanfte Motivation der Kinder zum Abgewöhnen ihrer schädlichen Gewohnheiten fehlte, wurden auch Kinderbefindlichkeiten (Stichwort Heimweh) mehrheitlich mit eher barschem Zurechtweisen und mit Autorität gehandhabt.

Ich müsste im Frühjahr 1987 dort gewesen sein, wenn ich mich jetzt nicht komplett verrechne. Da war ich 10 Jahre.

Da ich Ende der Neunziger mal in der Gegend zu tun hatte, hab ich dort auch mal vorbeigeschaut. War alles noch wie mehr als 10 Jahre zuvor. Ebenfalls eine Kureinrichtung für Kinder, aber wohl nichts mehr zum Abnehmen.

Grüße,
Mac
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Gabriele aus Kempten schrieb am 26.04.2022
Ich war damals 10 Jahre alt und war sehr dünn.
Ich wurde von der Krankenkasse nach Büsum geschickt, um zuzunehmen. Ich wurde immer wieder gewogen und musste Vanille- und Schokoladensuppe essen! Da ich trotzdem nur wenig an Gewicht zulegte, wurde ich zu Liegekuren verdonnert, während andere Kinder spielen durften.
Meine Briefe an meine Eltern wurden nicht abgeschickt, weil ich mich über das Essen beklagte. Da sich meine Eltern Sorgen machten, weil sie von mir keine Post bekamen, riefen sie im Seeschlösschen an und erreichten nach hartnäckigem Nachhaken, dass sie mit mir sprechen konnten. Weil ich am Telefon weinte und bat, dass sie mich nach Hause holen sollten, wurde das Telefonat durch die dabeistehende Kinderheimschwester beendet!
Als ich bei der Rückkehr aus dem Zug ausstieg, waren meine ersten Worte zu meinen Eltern: "Bitte schickt mich nie wieder in Erholung!"
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Regina K. aus hier nicht zuhause, dort nicht daheim schrieb am 25.04.2022
1973 im Sommer ging es im Auftrag der Caritas Rottenburg/Stuttgart per Bus auf den Donnersberg.
Ich war 10, vor mir lagen 6 lange Wochen. Die Erinnerung an die Nonnen hab ich weitgehend verdrängt. Ich erinnere mich an Stundenlang im Speisesaal sitzen und ungenießbares Essen, Schwarzwurzel!, runter würgen.
Ungenießbaren Tee. Immer Durst haben.
Kontrolle, Zerreißen der Post wenn ein falsches Wort drin stand.
Kontrolle beim täglichen Waschen unter Aufsicht.
Stundenlange Wanderungen bei Hitze um Beeren zu pflücken.
Ich wüsste gerne ob meine Erinnerungen stimmen daß Kinder nachts aus dem Zimmer geholt wurden und warum.
Die unangenhmen ärztlichen Untersuchungen.
Ich selbst kam irgendwie noch relativ unbeschadet davon, hab mich vermutlich unsichtbar gemacht.

Ich erinnere mich an eine ganz liebe Betreuerin die mit uns ins Dorf ging und uns bei Ihren Eltern etwas zu trinken und Süßigkeiten gab.

Es gehörte sich damals so daß man seine Kinder zur Kur schickte.
Ich kann mich nicht daran erinnern daß ich darüber nach der Rückkehr geredet habe.
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Eve Wiemer aus 25767 Bunsoh schrieb am 24.04.2022
sehr interessant finde ich den Bericht über den Medikamentenmissbrauch. von 1953 bis 1954 war ich ein Jahr im Alter von 5 Jahren mit Tuberkulose im Haus Schöneberg und habe immer viele Tabletten erhalten. Es hat mich gewundert, dass alle Kinder nach ein oder 2 Monaten wieder nach Hause konnten, bloss ich musste ein Jahr zu meiner grossen Verzweiflung bleiben . Höchstwahrscheinlich war meine Medikamentenstudie noch nicht abgeschlossen. Die Pharmaindustrie, welche Verbrecher ! Ich fordere eine Entschädigung und finde hoffentlich Gleichgesinnte ! Eve Wiemer
.
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Sandra schrieb am 23.04.2022
Ich bin überrascht, dass es diese Seite gibt und über das Thema berichtet wird. Ich wurde mit 6 (1981) vor Beginn der Schule aufgrund von Bronchitis und ähnlichen chronischen Erkrankungen der Luftwege für 5 oder 6 Wochen zur Kur nach Bad Kösen geschickt. Ich kann mich nur an wenige Dinge erinnern. Im Schlafsaal lagen an die 10 Kinder. Während der gesamten Zeit durfte ich nur ein oder zweimal mit meinen Eltern telefonieren. Wenn ich heute daran denke, drückt es mir noch immer die Tränen und den Schmerz in die Augen. Zurückgekommen bin ich mit dem Zug - Ausschlag im Gesicht und in der Seele zerstört.
Gleich ein Jahr später in der 1. Klasse wurde mir aufgrund von Diphterie ein 5 wöchiger Krankenhausaufenthalt in Senftenberg verordnet - kein Besuch im Zimmer. Das Bild werde ich nicht vergessen - meine Eltern und meine Oma standen draussen vor dem Zaun und ich lag drinnen im Bett und durfte von da aus mit ihnen kommunizieren. Mittlerweile habe ich einiges davon aufgearbeitet. Das Verhältnis zu meinen Eltern werde ich nicht schaffen zu reparieren.
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Angelika H. aus St. Peter Ording schrieb am 21.04.2022
Ich war damals mit meinem Bruder im Seeschlösschen.
Ich kann mich an fast nichts mehr erinnern, da war ich ca. 5 Jahre alt.
Ich weiß nur, dass es oft Schokoladenpudding gab. Im Essenssaal gab es auch so Schiebetüren, wo die Kinder mit Übergewicht gegessen haben. Diese Schiebetür wurde dann immer zu gemacht beim Essen, da wir von den anderen Kindern dann getrennt waren.
Ich kann mich auch noch erinnern, dass ich mal von der Düne heruntergeladen kommen musste, um einen Satz zu sagen, der auf Video aufgenommen wurde.
"Kieck ein, wo geid dat denn hier zum Kinderkurheim Seeschloss verdammi no moi?"
Dies hat sich so eingeprägt bei mir.
Eine Nachtwanderung haben wir damals auch gemacht, da musste man mit.
Und ich glaube, oben im Flur gab es so weiße Säcke für die Wäsche...
An mehr kann ich mich leider nicht erinnern.
Ich weiß nur, dass ich unbedingt nach Hause wollte.
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Christina Mayerlen aus Augsburg schrieb am 20.04.2022
1976 schickten mich meine Eltern in das "Kinderkurheim" St. Michael Bühl am Alpsee. Meine Eltern schickten mich dorthin, da ich zu wenig Gewicht für mein Alter hatte und ich ein kränkliches Kind war, ich war damals 8 Jahre alt. Ich wurde in den Zug nach Immenstadt gesetzt, schon im Zug bekam ich Heimweh, obwohl Immenstadt nicht weit entfernt ist Kempten, wo ich geboren wurde und aufgewachsen bin. Ich wurde Knall auf Fall von meinen Eltern getrennt. Die gesamten Sommerferien verbrachte ich in diesem "Kurheim" . Was genau passierte, als ich dort ankam, weiß ich nicht mehr genau. Ich kann mich aber ganz genau an die erste Nacht in diesem Heim erinnern, ich konnte nicht einschlafen vor lauter Heimweh, musste mich mich mehrmals erbrechen, das Kopfkissen war voll mit meinem Erbrochenen, keiner dieser sogenannten Betreuerinnen erbarmte sich, zumindest die Bettwäsche zu wechseln. So musste ich die ganze Nacht in meinem Erbrochenen verbringen.

Das Essen dort war sehr eintönig, so gab es jeden Freitag Hering mit Kartoffeln, seitdem verabscheue ich Fisch.

Im Heim freundete ich mich mit einem anderen Mädchen an. Eines Nachts schoben wir unsere Betten zusammen, damit wir uns besser unterhalten konnten. Eine Erzieherin bekam Wind davon, wir mussten sofort die Betten wieder auseinander schieben. Zur Strafe mussten das Mädchen und ich am nächsten Tag zur Mittagszeit in unsere Betten gehen und dort bewegungslos mit dem Gesicht zur Wand dort verharren, Eine dieser sogenannten Erzieherinnen beaufsichtigte uns und wehe, wenn wir uns bewegten, wurden wir angeherrscht, uns nicht zu bewegen und wir selbst schuld wären hätten an dieser Situation, schließlich wären wir ungehorsam gewesen.

Überhaupt waren die Nächte in diesem Heim sehr schlimm. Wir hatten in unserem Schlafsaal ein verhaltensauffälliges Mädchen, das die ganze Nacht durch den Schlafsaal lief und nicht zur Ruhe kam, keine der Erzieherinnen unternahm etwas dagegen. Auch waren Toilettengänge nachts untersagt, ob ich deswegen ins Bett machte, weiß ich nicht mehr.

Kontakt zu meinen Eltern hatte ich während meines Aufenthalts in diesem Heim nicht, es war nicht erwünscht. Meine Eltern schickten mir lediglich ab und an ein Paket mit Süßigkeiten. Sehr wahrscheinlich wurden die Süßigkeiten von den Betreuerinnen gleich in der Gruppe verteilt, ganz genau kann ich mich allerdings nicht mehr daran erinnern. Es waren aber meine Süßigkeiten, die meine Eltern mir geschickt hatten!!!

Schlimm waren auch diese sogenannten Brombäder, das Badewasser war sehr, sehr heiß, ich habe geweint, weil es sehr schmerzhaft war, in diesem fast kochend heißen Wasser zu sitzen. Die Erzieherinnen, die diese Bäder beaufsichtigen, reagierten sehr ungehalten auf meine Bitten, wenigsten kaltes Wasser in das Bad einzulassen. Ich solle mich nicht so anstellen, kaltes Wasser wurde natürlich nicht eingelassen. Als ich endlich die Badewanne verlassen durfte, war meine Haut am ganzen Körper knallrot.

Auch die Tatsache, dass man splitternackt vor wildfremden Menschen in der Badewanne sitzen musste, fand ich für mich sehr beschämend.

Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass dieser Aufenthalt in diesem Kinderkurheim mir nichts gebracht hat, ich bekomme heute noch eine Mordswut, wenn ich daran zurück denke.
Ich habe mir oft im Erwachsenenalter ausgemalt, wie ich diese sogenannten Erzieherinnen zur Rede stelle.

Als ich endlich wieder daheim war, erzählte ich meinen Eltern nur, dass es einfach nur schrecklich war. Sie haben mit nicht geglaubt und erzählten mir immer wieder, wie sehr ich mich dort erholt habe. Über meinem Aufenthalt in diesem Heim wurde auch später nicht viel gesprochen.

Leider kann ich nicht mehr mit meinen Eltern darüber reden, da sie vor drei Jahren verstorben sind.

Ich habe erst vor kurzem von meiner Schwester erfahren, dass unsere Mutter mit ihr darüber gesprochen hat und unsere Mutter es sehr bedauert hatte, dass ich dort hingeschickt wurde.

Ich weiß, dass es meine Eltern gut mit mir gemeint hatten und nur das Beste für mich wollten, gut gemeint, aber schlecht gemacht.
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Isa Jakob-Pike aus Dillenburg-Donsbach schrieb am 19.04.2022
Ich bin vor zwei Tagen zufällig auf Youtube auf einen Bericht über "Verschickungskinder" gestoßen. Ich wusste bis dato nicht, dass es diesen Namen gibt, geschweige denn, dass es so viele Menschen gibt, die darunter bis heute leiden. Ich dachte immer - wie so viele wie ich jetzt weiß - ich wäre einfach ein komisches Kind gewesen und darum so schlecht behandelt worden. Ich wurde mit 10 Jahren in einen Zug mit anderen Kindern gesetzt, um auf die Insel Borkum zu reisen. Ich kann mich gut erinnern, dass ich das nicht wollte, höllische Angst hatte so allein und schrecklich geweint habe. Meine Erlebnisse dort teile ich mit so vielen, die hier schon geschrieben haben. Nur "Breimahlzeiten" die immer wieder zusammengeschüttet wurden, wenn nicht alles leer wurde. Erbrochenes essen müssen, still sitzen... so lange bis ich alles heruntergewürgt habe, eine ganze Nacht im Nachthemd und Barfuß auf dem Flur stehen müssen, wenn man in den Augen der Tanten etwas falsch gemacht hat. So habe ich zum Beispiel eines Nachts - ich musste so dringend zur Toilette - nachdem ich beim Schleichen zur Toilette erwischt worden bin, meine Zahnspange aus dem Mund geschlagen bekommen, weil ich keine ordentliche Antwort geben konnte. Niemand hat mir zu Hause geglaubt... Meine Mutter war zu der Zeit schon sehr krank und ist dann 1974 gestorben. Zwei Schicksale von so vielen die noch folgen sollten, habe ich in einem Buch festgehalten. Aber auch, wie ich gelernt habe mit diesem Seelengepäck umzugehen. Wer interesse hat: es heißt KOPFimBAUCH und ist derzeit bei Amazon erhältlich. Ich bin froh, diese Seite gefunden zu haben und dankbar, dass sich Menschen so den Schicksalen dieser Zeit damals angenommen haben. Danke.
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Sabine Elender schrieb am 16.04.2022
Ich war ein Verschickungskind. Mein Name war damals Sabine Bärwald.
Eines von den Vielen, die Jahre und Jahrzehnte geschwiegen hatten.
Weil niemand ihnen damals glaubte und auch heute öffnet sich erst langsam die Erinnerung und das Verdrängen des Erlebten. So ähnlich war es auch bei mir. Ich suche nach ehemaligen Mitpatient-Innen oder Betreuerinnen von 1965 aus der Nordsee-Kuranstalt des DRK
"GOLDENE SCHLÜSSEL".
Als 8-Jährige wurde ich vom 6. August bis zum 17. September 1965 in die Nordsee-Kuranstalt des DRK "GOLDENE SCHLÜSSEL" mit einem "Sammeltransport" von der Reise-Organisation "Schneiderhöhn" verschickt. Ein Amtsarzt hatte mir damals die Verschickung verpasst, weil ich zu dünn und zart war. Meine Eltern glaubten ihm.

Im "GOLDENE SCHLÜSSEL" erlebte ich die Hölle. Die Heimleiterin war damals Liesi Gebhardt, genannt "Gebchen". Chefarzt war Dr. Karl-Georg Lexow. Zu dieser Zeit gab es keine Abteilungsärzte und keine Assistenzärzte. Meine "Tanten" - so mussten wir die Betreuerinnen nennen - waren Tante Helga und Tante Annelene (Glashoff).

Diese Zeit wurde die Katastrophe in meinem Leben. Ich wurde von den anderen Kindern verhöhnt, gehänselt, beklaut und geschlagen, verprügelt, auch nachts. Und die Aufseherinnen schlugen, höhnten und straften ebenfalls. Es gab niemanden, dem ich das erzählen konnte, denn es wurde mir nicht geglaubt. Nach diesen vielen Jahren, nachdem ich zahllose Berichte gelesen und gesehen habe, wird deutlich, dass es den meisten Verschickungskindern ähnlich ging. Es herrschte eine Kultur des Schweigens, ein bösartiger Rest des Geistes des Nationalsozialismus.

An die Hinfahrt erinnere ich mich nicht. Am Ankunftstabend wurden die "Neuankömmlinge" im Essensraum einer öffentlichen Befragung unterzogen. Vor Schreck und Angst konnte ich nicht antworten und wurde dann sofort von den Betreuerinnen und den anderen Kindern als "stummes Eselchen" verhöhnt. So ging das tagelang. Mir wurden meine "Tröstetiere" weggenommen, mein kleines Schlafkissen, mein Sonnenschutzkäppi und meine ganze Wäsche.

Ein Päckchen für mich wurde geöffnet und auf den Inhalt geprüft. Die Süßigkeiten wurden entnommen und an die anderen Kinder verteilt. Das sollte als Exempel dienen, dass man keine Süßigkeiten geschickt bekommen darf.

Auf oder an dem Terrain der "Goldene Schlüssel" befand sich ein großes natürlich belassenes Areal, mit feinstem Sand, die große Dünenmulde vor Haus Kiek Ut. Ich schaute den anderen Kindern traurig bei deren Spielen zu, ich durfte nicht mitspielen, als Strafe. Wofür, erinnere ich mich nicht mehr, ich war nicht nur unglücklich, ich war verzweifelt.

Solange ich zurückdenken kann, malte ich gern und viel. Ich bat meine Mutter in einer Karte um Papier und Buntstifte. Was daraus geworden ist, weiß ich nicht. Ich habe nur den Beweis, dass ich auf Toilettenpapier gemalt habe. Einige Karten, die ich mit Bleistift an meine Eltern geschrieben hatte, wurden ausradiert und ich angewiesen, sie "hübscher" zu schreiben. Meine Eltern haben sie alle aufbewahrt.

An die Nächte erinnere ich mich nicht. Ob hier auch Beruhigungs- oder Schlafmittel wie in anderen Verschickungsheimen gegeben wurden, weiß ich nicht. Ich kannte das widerspruchslose Ausführen von Anweisungen - ohne Nachfragen - von meinem Elternhaus, deswegen ist es möglich. Auf einer ihrer Karten wiesen sie mich an:
"Und sei nett zu allen". Zu dem Essen kann ich auch nichts sagen - weder zu dem WAS? noch zu dem WIEVIEL? Von zuhause kannte ich nur: "Was auf dem Teller liegt wird aufgegessen!"

Nachmittags wurden wir in die Betten geschickt und ich erinnere mich an ein Verbot, sich zu rühren. Die wenigen Spaziergänge - exakt in Zweierreihen - waren gespickt mit Piesackereien der Begleiterinnen. Ich erinnere mich an Mädchen, - eine hieß Susi - die schlimme Faulecken hatten, ich sah sie nicht lange. Wohin hatten sie sie gebracht?

Meine Eltern, denen ich von Schlägen und Hänseleien die nicht aufhörten erzählte, als sie mich einmal besuchten, haben mir das nicht geglaubt. Und mich dort gelassen bis zum Ende. Weil sie den Ärzten nicht widersprechen wollten. Und schließlich sollte ich ja auch abgehärtet werden, denn ich war zart und feingliedrig, nicht so robust und hart, wie sie es gern gehabt hätten.

Während ihres Besuches - ich lag wegen Halsschmerzen 2 Wochen lang auf der Krankenstation (hier wurde ich besonders stark gequält) - hat mich meine Mutter förmlich ausgequetscht, ich sollte erzählen, was so schlimm für mich war. Sie saß an meinem Bett und ich war froh, ihr das anvertrauen zu können. Von den Prügeln, dem Arm-umdrehen, dem Füße-quetschen, dem Würgen, dem Mund-zuhalten. Weil ich fest glaubte, meine Eltern würden mich auf der Stelle mit nach Hause nehmen.

Es war ein Sechserzimmer. Alle Betten waren belegt und alle Kinder dort hörten zu. Alle, die mich schlugen und prügelten. Meine Eltern ließen mich dort. Einfach so. Zurückgelassen. Mein Vater filmte bei ihrer Abreise meine Tränen, die ich verzweifelt am Fenster vergoss. Sie waren den Obrigkeiten hörig, die darauf bestanden, mich dort zu behalten. Meine Eltern kannten es nicht anders. Danach kam von Seiten der anderen Kindern erst recht die Hölle an Verprügelungen, weil ich sie verraten hatte.

Ich bin nie darüber hinweggekommen, dass meine Eltern mir das alles nicht geglaubt haben und mich dort ließen. Sie hatten mich im Stich gelassen, als ich sie am meisten gebraucht hatte. Ich entwickelte Stottern und fing an, meine Finger zwanghaft zu verknoten (heute habe ich dort Arthrose) und mich selbst zu verletzen.

Nach meiner Rückkehr war ich verschlossen und in mich gekehrt geworden - meine Eltern nannten es verstockt - und habe kein Vertrauen mehr ernsthaft aufbauen können. Meine Eltern haben das nicht gemerkt oder merken wollen. Ich wäre sonst fortgegeben worden. In ein Heim oder eine Besserungsanstalt. Auch meine Rückkehr auf dem Kieler Bahnhof hat mein Vater auf Super 8 gefilmt. Ich sitze da wie betäubt oder weggetreten statt mich zu freuen, wieder zuhause zu sein. Ich habe mich, als ich den Film nach Jahrzehnten angeschaut habe, fast nicht erkannt. Zuhause im Wohnzimmer habe ich ins Nichts gestarrt und wurde ermahnt, meinen Eltern nicht "so ein böses Gesicht" zu zeigen. Das hörte ich bis in mein Erwachsenenalter. Das Stottern ging weg, aber das Fingerkneten und die Selbstverletzungen sind geblieben.

Ich zog mich ganz zurück in meine Phantasiewelt. Ab jetzt bestimmte die Angst vor anderen Menschen mein Leben in allen Bereichen. Ein Leben im Eisglaskäfig, beherrscht von Vermeidung, Distanz, Kontrolle, Zwang, Perfektion, Angst und Alpträumen. Ich hatte danach eine grauenhafte Angst vor fremden Menschen entwickelt. Mühsam errichtete ich die Fassade, "normal" zu sein, um Himmels willen nicht aufzufallen, damit das Thema "Ins Heim geben" oder "Schleswig" (fürs Irrenhaus) nur nicht wieder virulent wurde. Die schlimmste Drohung bei unerwünschter Lebendigkeit von meiner Seite war: "Dann holen sie dich (fort von hier)". Wer, um Himmels Willen, war das, vor dem mich nicht mal meine Eltern beschützen konnten?

In der Zeit danach habe ich eine Kunstfigur (Conny) erfunden, die die schöne und starke Seite des Lebens erleben durfte. Zu ihr konnte ich mich jederzeit hinbeamen (Dissoziation) und keiner hat etwas gemerkt. Ich hatte mich aufgespalten, das Trauma verdrängt.

In der Schule kam ich mit dem Lernstoff noch einigermaßen gut zurecht (sogar mit dem dissoziieren) und konnte das Verpasste nachholen. Das Zwischenmenschliche aber, die Freundschaften, die geschlossen worden waren, das alles hatte ich verpasst. Das war gelaufen. Ausgelöscht in nur 6 Wochen. Die Freundschaften, die ich vor meiner Verschickung vorsichtig geschlossen hatte, waren zugunsten anderer Kinder aufgelöst worden. Meine Eltern merkten nichts. Nachts hatte ich schlimme Alpträume. Jahrelang. Tagsüber lernte ich zu funktionieren. Notgedrungen.

20 Jahre lang übte ich nach dem schwer erkämpften (Konzentrationsprobleme) Abi einen für mich völlig ungeeigneten, verhassten Beruf aus (meine Eltern: "Mach das mal, dann hast du wenigstens etwas"), bis zu meinem Zusammenbruch, physisch und psychisch. Mein zwanghaft gewordener Glaube, auf immer perfekt funktionieren zu können, schmiss mich von einem Tag auf den anderen um. Nichts ging mehr, wirklich NICHTS. Ich hatte jahrzehntelang meine Grenzen weit überschritten. Reserven hatte ich nicht aufgebaut. Hilfe zur Aufarbeitung fand ich in einer Therapie, die auch meine Verschickung einschloss, und die Hölle von damals musste ich noch einmal durchleben.

Freude am Leben habe ich nicht mehr finden können, das Leben an sich ist für mich beschwerlich geblieben. Denn ich bin hochsensibel, das hat sich nach vielen Jahren herausgestellt.
Diese Eigenschaft hat sehr schöne künstlerische Seiten, die ich auch genossen habe, aber es bringt mich übermäßig oft an meine Grenzen.
Zu laut, zu voll mit Menschen, zu dicht, zu viele Eindrücke, die ein hochsensibler Mensch nicht in dem allgemein verschriebenen Tempo verarbeiten kann.
Vieles, was für andere Menschen selbstverständlich ist, ist für mich überfordernd und undenkbar.
Konzerte, Theater, Kino, Versammlungen, Shopping, Verreisen, all das geht für mich nicht.
Unterstützung bei den schweren Themen fand ich, indem ich meine Freude an der Kunst (wieder) entdeckte. Was ich mit Worten nicht ausdrücken konnte, malte, zeichnete, collagierte ich und ich arbeitete mich in Bildbearbeitungsprogramme ein, um meine zahllosen Fotos zu manipulieren, um in der Veränderung vielleicht irgendein Erinnern einsetzen konnte.

Ich habe nahezu alles aufgearbeitet, aber irgendeine Art von Schuld kann ich bei meinen Eltern trotzdem nicht erkennen, denn auch sie konnten mir nur das geben, was sie von ihren Eltern bekommen hatten. Was ihnen selbst an liebevoller Zuwendung, Vertrauen, Rückenstärkung gefehlt hatte, konnten sie auch nicht an mich weitergeben. Beide waren vom Krieg traumatisiert.
Mein Vater hat niemals etwas erzählt. Nach meiner Bitte, seine Kriegserlebnisse aufzuschreiben, hat er das kurz vor seinem Tod schweren Herzens getan. Er hatte 5 Jahre Krieg und 5 Jahre Kriegsgefangenschaft in Dnipropetrowsk (ehemalig UDSSR) überlebt.

Meine Mutter dagegen hat ständig von erschütternden Einzelheiten über russische Gewalttaten an Frauen erzählt. Da war ich noch ein ganz kleines Kind. Ich habe geweint und gebettelt, sie möge aufhören damit, weil es mich zutiefst schmerzte, was ihr und anderen geschehen war, aber sie höhnte nur: "Wir haben das alles Erleben müssen, und du willst das nicht mal hören?" So wurde mein Bitten, Flehen, Weinen schon früh in den Staub getreten und bot eine solide Grundlage für das Böse, das ich während meiner Verschickung erlebt hatte.

Im Jahr 1998 bin ich mit meinem Mann nach St. Peter-Ording gefahren und habe mir das "Goldene Schlüssel" noch einmal angesehen. Ich empfand eine unendliche tiefe Trauer, die ich mir damals und noch Jahre später nicht erklären konnte.
Es war eine Festschrift zum 75-jährigen Bestehen gedruckt worden, die ich mir fotokopieren konnte. Einige Fotos und Namen habe ich erinnert, und ich dachte, das Ganze wäre für mich abgeschlossen.
War es aber nicht. Die Stacheln im Fleisch schmerzen solange, bis man sich ihrer annimmt und das dahinter Liegende aufarbeitet. Es gibt unzählige Eigenschaften, bei deren Auftreten ich immer (elternseits) gesagt bekam: "DU siehst das völlig falsch!" "DU bist total verkehrt!" und ähnlich Grausames.
Ich fühlte mich unendlich beschämt, tatsächlich "falsch" und entwickelte starke Selbstvorwürfe, dass ich nicht so war, wie sie mich erwarteten.
Erst heute wird mir klar, dass fast alle dieser "falschen" Eigenschaften von mir auf schmerzhafte Erlebnisse während meiner Verschickung zurückzuführen ist. Unter anderem.

HEUTE - da sind 65 Jahre meines Lebens vorbei.
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Manuela Ringel aus Berlin schrieb am 15.04.2022
Ich war für 4 Wochen im Kinderkurheim Hütten. Ich musste dort hin, weil ich so dünn war. Es war noch vor der Einschulung. Ich habe fast keine Erinnerungen mehr, nur dass ich zum Essen gezwungen wurde. Es gab Essen, was ich nicht mochte. Ich kann mich an diese Rotwurst mit ganz viel Fettaugen erinnern. Ich aß schon als Kind kein Fett. Ich wurde gezwungem, diese Wurst zu essen, habe mich immer erbrochen, wurde immer dünner und landete dann auf der Krankenstation, wo ich immer im Bett liegen musste. Ich war dort wohl bis zum Schluss. Mehr Erinnerungen habe ich nicht. Kann sein, dass ich auch geschlagen wurde, doch das kannte ich auch von zu Hause.
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Harald Baron aus 49565 Bramsche schrieb am 14.04.2022
War gegen 1970 im Waldhaus in Badsalzdetfurth.
Ich kann mich erinnern, dass ich meinte, der Heimleiter hat es auf mich abgesehen.
Ich (und andere) wurden dort mehrfach vor Gericht gestellt, dessen Vorsitz er hatte und zu Strafen verurteilt.
Meine Eltern wunderten sich, dass ich ziemlich ungepflegt nach Hause kam.
Es ist schlimm zu lesen, dass dort drei Kinder zu Tode kamen.
Später kam ich in ein Heim in Rinteln, dort fand ich es sehr schön, es war herrlich.
Das absolute Gegenteil von Bad Salzdetfurth
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Katrin schrieb am 13.04.2022
Tja, das Kurheim Dietlas in Thüringen. Meine Eltern meinten es gut, als sie sagten, ich müsse zunehmen, weil ich so dünn bin. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich an diesen sechswöchigen Aufenthalt dort zurück denke. Nachts hallten Schreie durch das Heim von einem Mädchen, dass ins Bett gemacht hatte. Sie wurde vom Heimpersonal mit einer großen Kunststoffspritze bedroht. Es wurde jeden Tag Fieber gemessen. Wie, darauf möchte ich nicht näher eingehen. Täglich mussten wir unter die Höhensonne. Dazu mussten wir nackt durchs ganze Heim laufen. Wenn ich etwas nicht essen wollte, wurde es mir reingestopft. Ich musste einige Nächte im Flur des Heimes auf einem Stuhl am offenen Fenster verbringen, weil ich nicht gefragt hatte, ob ich auf Toilette gehen darf, sondern einfach gegangen bin. Ich habe nach diesem Aufenthalt sehr lange nicht mit meinen Eltern geredet, weil ich einfach nur traumatisiert war. Es war schlimm, was ich dort erlebt habe.
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Sandra aus Schwerin schrieb am 09.04.2022
Ich war 1987 10 Jahre alt und habe eine Nierenerkrankung.Aufgrund dessen bot man eine Kur an.Ich war 3 Wochen auf Rügen im Kinderkurheim und immer wenn ich daran denke,löst es unangenehme Gefühle aus.

Ich habe nur Sequenzen ,erinnere mich daran aber sehr gut.Wir waren im Obergeschoss untergebracht,ich teilte mir ein kleines Zimmer mit einem anderen Mädchen.

Wir mussten jeden Morgen nackt antreten und uns dann komplett mit kaltem Wasser mit dem Schlauch abspringen lassen. Obwohl ich normalgewichtig war,wurde ich auf Diät gesetzt.Alles war abgezählt,ich kann mich an schlimmen Hunger erinnern.Einmal am Sonntag gab es einen Lutscher,das wars.Die Äpfel MUSSTEN wir komplett essen,es durfte nur der Stiel abgegeben werden als,Abfall .Eine Karte dürften wir zwar schreiben, diese wurde Felsen und man musste korrigieren. Tenor musste sein:alles gut.
Ich fand es schrecklich und habe schreckliche Erinnerungen an diese 3 Wochen.Ich habe sehr viel abgenommen und meine Eltern waren sehr erschrocken, als sie mich vom Bus abhalten.

Ich glaube,diese schlimmen Erlebnisse sind tief in mir drin.Ich war 2005 nochmal da,als erwachsene Frau Ich habe es dort nicht ausgehalten.All das wiederzusehen.Es war gruselig dort.
Ich fahre in 1 Woche in den Urlaub und will nochmal dorthin, mir alles anschauen und endlich abschließen.
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Diana Bauer aus Hainichen schrieb am 08.04.2022
Lange habe ich überlegt, wie ich hier am besten schildere was mir passiert/widerfahren ist – wie ich es am besten in Worte fassen kann ohne mir weiterhin einzureden „Du bist bestimmt selbst daran schuld“! Ich hoffe heute kann ich die richtigen Worte finden.
Ich war 1976 8 Jahre alt, meine Eltern, meine Schwester und ich wollten endlich in die langersehnte neue Wohnung umziehen. Dies bedeutete für mich zwar einen Schulwechsel, aber ich war mir sicher auch dort bald neue Freunde finden zu können.
Kurz vor dem Umzug offenbarte mir meine Mutter, dass ich zu krank/zu dünn wäre und ich erst mal für 6 Wochen zur Kur müsste – dass wäre besser so für mich. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei gesundheitliche Probleme – noch war ich zu dünn! Ich war ein völlig normal gebautes 8jähriges Mädchen.
Der Tag der Abreise kam schnell, meine Mutter nur brachte mich zum Busbahnhof – winkte kurz und ich fuhr ins Ungewisse, für wie man mir noch sagte lange 6 Wochen!
Wir waren nur Mädchen alle zwischen 6 – 12 Jahre alt. Es war still während der Fahrt und man sah viele traurige Gesichter.
Im Heim in Trautenstein „Harzland“ angekommen wurden wir empfangen als wären wir schon Wochenlang dagewesen. Jacke aus – Zimmerzuweisung – Koffer auf den Boden bringen, wo man einen kleinen Spind zugewiesen bekam. Man durfte aus seinem Koffer Bekleidung für 1 Woche mit nach unten nehmen. Ich packte also Wechselwäsche für 7 Tage zusammen (wie ich es von zu Hause gewohnt war Unterwäsche also 7mal), als ich damit an der Tür der Bodenkammer ankam, standen dort zwei „Erzieherinnen“ die die Sachen kontrollierten. Kurz gesagt ich musste 6x Wäsche zurückbringen, da ich diese nicht brauchen würde.
Die übriggebliebene Wäsche (nicht viel) wurde vor dem Zimmer an einer kleinen Garderobe abgelegt. Im Zimmer – ein Vierbettzimmer gab es außer 4 Betten nichts – keinen Schrank – keinen Nachttisch – einfach nichts!
Wir durften auch während dieser Zeit nicht sprechen oder uns miteinander bekannt machen – Namen waren nicht wichtig.
Wir wurden dann eingewiesen was wir zu tun und zu lassen hätten und es ging zum Essen. Essen kann man es nicht bezeichnen – es lag immer irgendwie ein Scheußlicher Geruch im gesamten Gebäude – jetzt wusste ich warum!
Ich war eigentlich ein sehr aufgewecktes Kind, hatte nie Probleme damit mit fremden Menschen zu reden und auch zu sagen was mir nicht gefiel oder was mir nicht schmeckte. Ein „Glück“ für mich, dass ich nicht die erste war die dies tat! Nein, ein kleines vielleicht 6 Jahre altes Mädchen sagte „ich esse das nicht“ - ich weiß bis heute nicht ob sie es jemals gegessen hat, denn als wir anderen gingen saß sie noch alleine im Speisesaal und wir sahen sie erst am nächsten Tag wieder.
Wir wurden um 6 Uhr geweckt und mussten uns nur mit Schlüpfer bekleidet im Gang aufstellen – jeder von uns bekam eine Bürste und wir mussten Bürstenmassage machen – Gegenseitig. Es war so peinlich, vor allem ja auch da wir nur eine Schlüpfer für eine ganze lange Woche hatten und jeder sich schämte. Während wir das tun mussten standen „Erzieherinnen um uns herum und schauten zu. Danach durften wir zur Toilette, was wir nur ab und zu durften und nicht wann wir wirklich mussten. Dann ging es in die Waschräume, die ich aus heutiger Sicht nicht als so etwas bezeichnen würde – kaltes Wasser – alles immer unter Beobachtung.
Kämmte man sich nur einmal die Haare zu lange wurde man angeschnauzt, weil man wäre angeblich zu eitel und da man eh ein nichts wäre, sollte man sofort damit aufhören. Worte und Taten die ich mit 8 Jahren nicht verstand.
Jeden Tag das gleiche!
Danach zum Frühstück – danach in den „Schulraum“ es gab noch nicht einmal Lehrer, aber wir mussten alle an einer Holzbank sitzen und irgendeiner „Tante“ vorne zuhören – manchmal schrieben wir etwas von der Tafel ab – manchmal sollten wir rechnen, da wir alle nicht im gleichen Alter waren – aus heutiger Sicht völlig sinnlos. Dann ging es wieder zur Toilette und zum Mittagessen! Das Mittagessen war wie ich finde das schlimmste – es gab Zeug was ich vorher nie gesehen hatte – es roch übel, aber man musste aufessen. Wieder sah ich das kleine Mädchen sich sträuben, diesmal nahmen zwei „Erzieherinnen sie und zerrten sie in eine Tür die sich am Speisesaal befand – ich sah sie auch an diesem Tag nicht wieder.
Nachdem Mittagessen schlafen, dass kannte ich mit 8 von zu Hause nicht, aber irgendwie war man seitdem man dort war irgendwie immer Müde – lag es an dem Tee den man uns verabreichte oder woran sonst? Ich weiß es nicht – ausgepowert waren wir nun wirklich nicht. Nachdem schlafen durften manche Kinder sich anziehen und spazieren gehen – andere nicht. Wir mussten uns jeden Abend nachdem Abendbrot im „Schulraum“ einfinden, dort wurde von einer „Erzieherin“ der Tag von jedem einzelnen ausgewertet und bewertet. An einer großen Pinnwand hing eine große Tabelle wo jedes Kind jeden Tag Punkte verliehen bekam. Rote Punkte waren gut und Du durftest am nächsten Tag mit spazieren gehen und hattest Du die ganze Woche rote Punkte, so durften diese Kinder am Sonntag die Sendung „Telelotto“ im Fernsehen anschauen. Hattest Du das nicht, weil Du eventuell zu oft nach der Toilette gefragt hast, weil Du überhaupt gesprochen hast, weil Du nicht „essen wolltest“ oder ähnliches, dann waren die schlechten Punkte vorprogrammiert. In den 6 Wochen meiner „Kur“ durfte ich lediglich 1x mit spazieren gehen!
1x die Woche gab es für uns auch „Therapie“! Uns wurde dort dann entweder eine Gesangsstunde (wir sollten Jodeln lernen – wer das nicht konnte, bekam abends gleich wieder einen blauen Punkt) oder wir durften ein Geschenk eine „Brockenhexe“ für unsere Eltern basteln – einmal durften wir eine Karte für unsere Eltern schreiben – leider stand der vorgeschriebene Text an der Tafel und wir mussten ihn abschreiben und so wurde die Karte dann an unsere Eltern geschickt.
Lange habe ich beim Mittagessen dieses arme kleine Mädchen (von der ich leider nie den Namen erfahren habe) beobachtet! Um so länger wir da waren, um so seltener sah man sie – man hörte sie auch nicht mehr weinen! Ich wollte es „besser“ machen! Es gab Leber zum Mittag – schon der Geruch war pervers – ich legte mir in Gedanken einen Plan zurecht und hoffte auf Erfolg. Ich aß etwas von dem Kartoffelbrei, passte genau auf das die „Erzieherinnen“ weit genug von meinem Tisch weg waren und rannte zwei Stufen auf einmal nehmend los – um im ersten Stock die Toilette zu erreichen – so zu tun als müsste ich mich übergeben – es ging schief – sie holten mich ein und brachten mich an den Tisch zurück. Resultat ich aß Leber – übergab mich und aß danach das Erbrochene!
Ich hab es nie wieder versucht!
Dann kam der Tag an dem ich dort meinen 9. Geburtstag hatte.
Welches Kind freut sich nicht darauf.
Ich hatte also die Woche vorher beim „Wäschewechsel“ der immer Sonntags in der Bodenkammer stattfand bereits das einzigste Kleid was ich mit hatte mit nach unten genommen und war guter Laune.
Der Tag verlief tatsächlich anders.
Ich wurde nachdem Anziehen in das Zimmer der Heimleitung geführt – also kein Frühstück!
Dort stand ein bereits geöffnetes Paket für mich.
Als erstes wurde mir gesagt, dass dies nicht erlaubt sei und meine Eltern dies scheinbar nicht wüssten.
Als zweites sagte man mir, ich bräuchte mir nichts einbilden, ein Geburtstag sei ein völlig normaler Tag und ich sei nicht wichtiger wie andere an diesem Tag.
Als drittes schickte man mich wieder hinaus und befahl mir das Kleid ausziehen!
Danach musste ich wieder hinein und man zeigte auf das Paket – dies enthielt Süßigkeiten und ein paar Winterstiefel. Die Winterstiefel durfte ich mir nehmen, weil ich ja eh kein ordentliches Schuhwerk dabei hätte – alles andere bliebe im Büro der Heimleitung.
Als ich wieder hinausgehen wollte, kam ein Anruf meiner Mutter (heute empfinde ich diesen als abgesprochen), unter dem mehrmaligen Hinweis, dass ich so absolut nichts besonderes wäre und nichts schlechtes über das Heim sagen dürfte gab man mir den Telefonhörer. Mutter gratulierte – stellte keine Fragen!
Ich nahm meine Schuhe – die ich lediglich auf der Heimfahrt getragen habe und ging.
Für mich als nun mittlerweile 9jährige – war das der schlimmste Tag meines Lebens!
Endlich der Tag der Abreise – alle Kinder waren aufgeregt, dass sah man – reden durften wir nicht!
Im Bus – anders als auf der Hinfahrt – waren wir etwas gesprächiger, aber nicht mehr wie Kinder! Meine Mutter holte mich auch diesmal alleine vom Bahnhof ab – keine Freude – kalt wie immer.
Endlich zu Hause (neues zu Hause – sie waren ja ohne mich umgezogen) wurde der Koffer ausgepackt. Keiner fragte wie war es – hasst Du zugenommen (man war ja angeblich zu dünn vorher), nichts! Das einzigste war „warum stinkt Deine Wäsche so“ - hast Du noch nicht einmal die Unterwäsche gewechselt........ - ich habe mich so geschämt und immer wieder gesagt „ich durfte das nur 1x die Woche“, aber keiner hat mir geglaubt!! Ich verstehe das bis heute nicht.
Zwei Tage später in die neue Schule – neue Klasse!
Eingeschüchtert – Verstört und Wortlos stand ich da, konnte mich nicht vorstellen (man durfte doch nicht reden), ich wünschte mir so sehr im Erdboden zu versinken.
Ich weiß es nicht mehr genau, seit meiner Rückkehr von der „Kur“ hatte ich Durchfall, plötzlich bekam ich auch während des Unterrichts diese Bauchschmerzen konnte mich aber nicht melden um zu fragen ob ich auf die Toilette gehen darf – den dafür bekam man ja 6 Wochen lang einen blauen Punkt – das Resultat behalte ich für mich – Ihr könnt es Euch denken.
Heute bin ich 55 Jahre alt!
Habe Ängste (die ich mir beigebracht habe, gut zu überspielen) es ist soviel Traurigkeit in mir.
Ich kann niemanden sagen „ich habe Dich lieb“ - ich kann es niemanden zeigen.
Tief in mir bin ich ein sehr einsamer Mensch geworden, ich habe Mauern aufgebaut die ich nicht mag, aber zu meinem Schutz dienen.
Ich habe so viele Fragen, die keiner beantworten will.
Ich fühle mich als wäre ich 8 und frage mich anfangs „Warum“ und am Ende sage ich mir „Du hast es nicht besser verdient – warum auch immer“!
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Kathi schrieb am 07.04.2022
Auch ich war im Haus Gutermann in Oberstdorf, und zwar im Januar/Februar 1960 für sechs Wochen. Ich war damals acht Jahre alt.
An viel kann ich mich nicht erinnern, ist ja immerhin 62 Jahre her.
Von den näheren Umstände der Zugfahrt weiß ich nur noch, dass sie wohl nachts gewesen sein muss, denn morgens sah ich aus dem Fenster des Abteils zum ersten Mal in meinem Leben die Berge, schneebedeckt. Ich war überwältigt, wie schön das war.
An das Heim habe ich weder eine gute noch eine besonders schlechte Erinnerung.
Jeden Morgen gab es Haferschleimsuppe, die wir alle essen mussten. An besondere Vorkommnisse bei den Mahlzeiten erinnere ich mich nicht. Kein stundenlanges Sitzen, bis der Teller leer war, oder Erbrochenes aufessen müssen. Nicht bei mir, auch nicht bei anderen.
Auch keine Strafen wegen Fehlverhaltens.
Es war halt eine Zeit, in der die Kinder alle recht brav waren und gehorchten.
An die Betreuerinnen kann ich mich überhaupt nicht erinnern. Kein Name oder ihr Verhalten uns gegenüber- ich weiß es einfach nicht. Ich erinnere mich auch nicht an andere Kinder oder evt. Freundschaften.
Negativ für war nur, dass ich wie immer in meiner Kindheit und Jugend altersmäßig unterschätzt und mir nichts zugetraut wurde.
So sollten die älteren Kinder uns Kleinen beim Waschen helfen, was ich natürlich längst allein konnte. Zum Beweis meiner Fähigkeiten habe ich mir dann die dicksten Bücher zum Lesen genommen.
Die ganzen sechs Wochen lang lag Schnee. Wegen unpassender Kleidung habe ich draußen ständig gefroren.
Heimweh habe ich mir nicht erlaubt, war aber natürlich froh, als es wieder nach Hause ging.
Ob der Erholungsaufenthalt mir gesundheitlich genutzt hat, weiß ich nicht.
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Martina aus Oberstdorf schrieb am 05.04.2022
Ich war als 5- jährige im Heim Gutermann, Oberstdorf.
Ich habe nur unzusammenhängende Bilder aus dieser Zeit im Kopf, Fragmente. Keine meiner Erinnerungen ist positiv.
Ich erinnere mich an den Bahnhof und wie ich anfing zu weinen, als mir klar wurde, dass ich jetzt alleine abfahren muss.
Ich erinnere mich an das Mehrbettzimmer und das wir eine „ Bettnässerin“ im Zimmer hatten, die nachts im Zimmer umherirrte- aber wie die tatsächliche Toiletten-Situation nachts war, weiß ich nicht.
Ich erinnere mich an eine Situation beim Essen, da ich sehr,sehr lange sitzen bleiben musste, bis ich auch das fettige, ekelhafte Stück Fleisch heruntergewürgt hatte und postwendend wieder erbrach. Es beunruhigt mich, dass meine Erinnerung genau an der Stelle aufhört.
Ich erinnere mich, dass ich viel Zeit allein im Bett lag.
Ich hatte laut Abschlussbefund Masern während des Aufenthaltes, was zu der Erinnerung an die Abdunkelung passt. Oder war ich doch nur „schwierig“ und durfte daher nicht an Ausflügen teilnehmen? Ich habe mittlerweile recherchiert und stelle alles in Frage, was meinen Aufenthalt dort betrifft. Warum wurden wir von einem praktischen Arzt untersucht, und nicht von einem Kinderarzt?

Ich erinnere mich, dass in diesem Abschluss Bericht davon die Rede ist, mich nochmals zu einer Kur zu verschicken, was bei mir zu einer Panikreaktion führte.
Lange Zeit „traute“ ich diesen Erinnerungen nicht und fragte mich, ob der Fehler nicht bei mir und meiner Phanatasie/Empfindlichkeit lägen.
Einerseits tut es gut zu erfahren, dass man nicht allein ist, andererseits bin ich erschüttert, wenn ich jetzt lernen muss, welch ein System dahintersteckt und wie wir missbraucht wurden, damit gewissenlose Menschen sich über Jahrzehnte eine goldene Nase verdienen können.

Wenn jmd. meine Erinnerungen im Haus Gutermann ergänzen kann, wäre ich um Kontaktaufnahme sehr dankbar.
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Sonja Graßmann geb.Bobsien aus Furtwangen ehemals Erfurt schrieb am 04.04.2022
Hallo,
ich wurde im Jahr 1960 in Erfurt geboren, wohnte im Dorf Gispersleben und kam ca im Jahr 1966 vor meiner Einschulung in ein Heim nach Bad Frankenhausen. Ich musste ganz alleine ohne Eltern in einem Bus dorthin fahren. Ich weiss noch dass ich sehr geweint habe .
Vom Leben im Heim weiss ich noch dass ich das Essen dort nicht mochte und es erbrach, aber gezwungen wurde das Erbrochene vom Teller wieder aufzulöffeln und nochmals zu essen. Ich sass im Dunklen dort und sollte das essen während die anderen Kinder schon schliefen.
Oft gab es eine Art Milchbrei, sehr eklig.
Ich musste dort auch am Tag viel schlafen, dazu wickelte man alle Kinder in Decken. Meine Eltern haben mich nie besucht. Ich kann mich nicht mehr an vieles erinnern, aber die paar Dinge weiss ich noch. Meinen Eltern war ich Zeit meines Lebens böse dass sie mich einfach so weggegeben haben und das Verhältnis war dauerhaft getrübt. Mein Bruder, 4 Jahre jünger und genauso dünn wie ich musste nie zur Kur.
Wie kann man so kleine Kinder ganz alleine wegschicken und fremden Menschen ausliefern. Das hat mein Leben für immer verändert
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Thomas Rensing aus Duisburg schrieb am 04.04.2022
Thomas Rensing
Brückenstr 90
47053 Duisburg


Duisburg, den 19.2.2022

Nach Lektüre des taz-Artikels von 11./12.Dez.2021 darf ich hier meine Erlebnisse beisteuern.
Ich habe kein Problem damit, an anderer Stelle namentlich erwähnt zu werden. Auch die Weitergabe meines Namens im Rahmen der Aufarbeitung der Verschickungen gestatte ich.

Ich kam im Sommer 1962 in den Genuss der Verschickung. Meinen achten Geburtstag werde ich wohl auf Borkum „gefeiert“ haben.
Ich nehme an, dass die Mannesmann-Werke in Duisburg die Reise für die Kinder ihrer Beschäftigten (Zeit des „Rheinischen Kapitalismus“) organisiert hatten. Jedenfalls wurden wir mit einem Werksbus nach Emden zur Fähre gefahren und ich hatte mich sehr gefreut, ans Meer zu dürfen. Ebenso an Bord mein vier Jahre älterer Bruder, den ich aber auf Borkum nicht so oft gesehen habe, da er in eine andere Gruppe kam.
Wir kamen ins Dünenhaus, in dem „Schwester Allmuth“ Regime führte. (Wieso hieß die eigentlich „Schwester“?)
Gepäck und Geld mussten wir abgeben; das wurde „von oben“ eingeteilt. Da hatte ich zwischenzeitlich ein großes Problem, weiland mich ein Durchfall quälte und ich nicht an eine saubere Unterhose kam.
Nach der Ankunft wurde ich gefragt, ob ich zum zu- oder abnehmen dort sei. Als ich das nicht wusste kam ich in die Zunehmgruppe. Unterkunft war ein Zimmer mit etwa 10 Betten (es könne auch 8 oder 12 gewesen sein). Darin waren 12 (14?)Jungen untergebracht, sodass des Abends noch zwei Feldbetten dazwischen geschoben wurden. Für persönliche Dinge gab es einen Hocker mit einem Fach von der Größe zweier Schuhkartons. Alles andere war unter Verschluss.
Geduscht wurde auf Komanndo von oben; wir mussten je zu viert splitternackt unter den Augen einer Erzieherin duschen, was mich sehr mitgenommen hat.
Schwester A. ging man am Besten aus dem Weg; die Leiterin meiner Gruppe war ein sechszehnjähriges Mädchen, das auf der Insel lebte. Manchmal saß es tränenüberströmt da und musste von uns Kindern getröstet werden – Schwester A. hat…
Manchmal mussten wir Gymnastik machen. Irgendeine weibliche Person kommandierte dann militärisch. Wir mussten antreten und wenn wir nicht ihren Vorstellungen entsprechend gerade standen, ergriff sie von hinten die Schultern und brach einem fast die Schlüsselbeine.
Zweimal muss ich wohl sehr böse gewesen sein. Ich durfte zur Strafe nicht am Besuch des Feuerwerks und an der Wattwanderung teilnehmen.
Ob der nächtliche Gang zum WC reglementiert war, weiß ich nicht mehr. Dass jemand drangsaliert wurde, seinen Teller leer zu essen, erinnere ich ebenso wenig.
Als ich ein Päckchen von meinen Großeltern bekam, vermutlich anlässlich meines Geburtstages, wurde die darin befindliche Schokolade sozialisiert; jeder in der Gruppe bekam ein Stück, ich den Rest. Juristisch natürlich ein Skandal. Hier bin ich aber in meiner sozialen Einstellung hin und hergerissen. Ich genehmige das im Nachhinein – den anderen hätte ja sonst das Herzchen geblutet.
Es hat aber auch nette Augenblicke gegeben, am Strand z.B. oder bei einer Schifffahrt zu den Seehundsbänken oder beim abendlichen Singen zur Gitarre auf der Terrasse.

Ob ich einen bleibenden Schaden davon getragen habe? Ich weiß nicht.
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Tanja Städter aus Hannover schrieb am 04.04.2022
ich war Ende der 70er, Anfang der 80er, ich weiß es nicht mehr genau, im Kinderkurheim Asental, verschickt über VW.
Nachts Toilettenverbot, ein Topf stand im Zimmer. Die Treppe nach oben mit Podest in der Mitte, auf der Nachts der Schäferhund Rex untergebracht war, damit wir nicht weglaufen. Essenszwang, ich habe mich vor Ekel mehrfach erbrochen.
Jeden Morgen zwei Teller Haferscheimsuppe.
BRIEFZENSUR.
Einige Mädchen, darunter ich, mussten uns mit entblößtem Oberkörper auf Gartenstühlen in die Sonne vor das Haus setzen, weil wir Stadtkinder so blass seien. Einwände, dass ich vom Dorf komme und draußen quasi den ganzen Tag verbringe, galten nicht. Wir hatten schon ein wenig Brust und ich habe es sehr demütigend empfunden. Auch starrte ins der Gärtner währenddessen unentwegt an.
Frau Schelper, die Leiterin, hinkte, wohl nach einem Zusammenstoß mit einem Schafsbock. An eine Frau Kaufhold erinnere ich mich auch.
Einige Jungen sperrte man nachts in die Sanitärräume.
Jeden Tag entlose Wanderungen durch den Wald, keine Chance, sich Hilfe zu suchen. Christine Zimmer schrieb heimlich einen Brief nach Hause, sie hatte nie die Gelegenheit, diesen irgendwo in einen Briefkasten zu werfen.
Christine Zimmer, Kerstin Broska, Britta und Margitta John. Doris Ehrlich... Namen anderer Mädchen, die mir in Erinnerung geblieben sind.
Das Gebäude Villenartig, ein Reitstall in unmittelbarer Nähe. Ein langer Kiesweg zum Eingang, hoch gezäunt mit Schmiedeeisen.
Alles in allem noch immer traumatisch, geglaubt hat mir zuhause niemand.
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R.Beck aus Deidesheim schrieb am 04.04.2022
Mein Name ist R.Beck,
ich dachte immer ich sei ein Einzelfall, bis ich diese Seite vor kurzem entdeckt hatte,,,,,,
Ich war mit 12 Jahren 1977 im August im Verschickungsheim Dünenheim in Langeoog,meine Eltern hatten mich hin gefahren weil sie dachten mir was Gutes zu tun,der Skipper der das Boot zur Überfahrt fuhr, wurde von 2 Damen total Besoffen zum Boot gebracht,dem entsprechend war auch die Unvergessliche Überfahrt.In der Pension auf Langeoog ;wo meine eltern 1. nacht blieben sagten mir meine Eltern später hätte die hausherrin gesagt wenn der junge hunger hat soll er zu mir kommen ich gebe ihm was zu essen,ich bekam überwiegend 6 wochen lang Leber mit einem ekelhaften pürre und einer noch schlimmeren sauce zu essen weil damals die Mediziner irrtümlicher weise glaubten, das Leber gut für Asthma sei,ein kind wollte nach den ersten tagen durchs Fenster flüchten, weil es so Heimweh hatte,Besuch war ja verboten,als ich nach Hause kam, hatte ich eine doppelseitige Lungenentzündung, hatte 5 tage lang Blut gebrochen und 41 crad fieber,laut unserem Arzt war ich nicht mehr transportfähig und lag im sterben !der arzt sagte zu meinen Etern jetzt wörtlich"wenn derJunge noch einen Zug bekommt ist er tot"im nachhinein macht es mich richtig sauer was diese "Menschen"mit uns Kindern gemacht haben,was man auch so liest, haben diese Leute auch mit manchen von uns Tablettentests gemacht,,Ich wurde mit 5 Jahren 1970 das 1. mal Verschickt,,,viel zu Jung viel zu lange alleine,,,,,,
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Werner Hein aus 45968 Gladbeck schrieb am 03.04.2022
Ich war im o.a. Zeitraum 6 Wochen im angegebenem
Kinderkurheim als 12Jähriger untergebracht .
---sehr negative Erlebnisse---
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Werner Hein aus 45968 Gladbeck schrieb am 03.04.2022
Ich war im o.a. Zeitraum 6 Wochen im angegebenem
Kinderkurheim als 12Jähriger untergebracht .
---sehr negative Erlebnisse---
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Nadine Müller aus Baesweiler schrieb am 03.04.2022
Ja , was soll man dazu sagen , man wurde jeden Morgen mit Haferflockensuppe gemästet , Briefe und Pakete gab es vorm schlafen gehen und danach blieb man mit seinen Tränen alleine und wurde ausgeschimpft, wenn man zu laut weinte , zur Toilette gehen während der Mittagsruhe oder sobald Bettzeit war , ein No -Go , aber im Gegensatz zu anderen Schicksalen, habe ich wirklich Glück gehabt . Es war die Zeit in der wir vom Elternhaus gelernt hatten zu funktionieren und je nach Alter des Kindes und das Ausmaß der Misshandlung , hat dieser Aufenthalt unterschiedliche Auswirkungen auf das spätere Leben gehabt.
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Iris schrieb am 02.04.2022
Ich wurde damals zwei Mal in den Schwarzwald und einmal in ein Kurheim ins Sauerland geschickt. Diese Zeit dort hat mich geprägt. In erster Linie und vor allem die Zeit in dem Kurhaus im Schwarzwald. Ich war damals zu jung um ich zu wehren, heute würde ich mir das nicht mehr gefallen lassen. Den Namen von demjenigen der damals in charge war, bzw. verantwortlich für dieses Heim war habe ich bis heute nicht vergessen.
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Mona schrieb am 01.04.2022
Hallo hier ist Mona nochmal,
soll ich sagen leider oder Gott sei Dank, habe ich noch keinen weiteren Bericht in Bezug dem AWO - Kinderheim in Rechtis-Weitnau im Allgäu gefunden.
Ich kann mir jedoch kaum vorstellen dass ich dort die einzige gewesen bin. Falls sich jemand doch noch erinnert würde ich mich über den eventuellen Kontakt-Austausch doch freuen. Auch um zu hören ob es denn gesamt in dem Kinderheim genau so ablief wie ich es hier in all - den "zeugnis-berichten" lese.
Weiterhin euch allen, alles Gute und Gesundheit.
Viele Grüße Mona
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Katrin Siggelkow aus Werneuchen schrieb am 31.03.2022
Ich war im Alter von 6 Jahren im Kinderkurheim Clara Zetkin in Halle und habe in den 4 Wochen die Hölle auf Erden erlebt. Ich habe mir viele Erfahrungsberichte angeschaut und bin erschüttert, wie vielen Kindern Ähnliches widerfahren ist. Auch ich möchte meine Erfahrungen öffentlich machen, um bei der Aufklärungsarbeit beizutragen und bin nach so vielen Jahren dazu in der Lage.

Die Erinnerungen an diese Zeit sind eher bruchstückhaft. Ich weiß, dass es eine Kur sein sollte, in der ich zunehme, da ich schon immer untergewichtig war. An Mahlzeiten kann ich mich gar nicht erinnern, was wohl auf Verdrängung hinweisen kann. Allerdings sind die anderen Erinnerungen, die ich noch habe, eher schockierend und decken sich in großen Teilen mit Erfahrungen anderer in diesem Forum. Zum Beispiel durften wir nachts nicht zur Toilette und wer ins Bett machte, wurde bestraft und vor allen Kindern bloßgestellt. Auch an das eiskalte Duschen mit Wasserschlauch kann ich mich lebhaft erinnern. Leider existiert die Postkarte nicht mehr, diese wurde von den Betreuern geschrieben und nach Hause gesendet.

An einem Tag hatte ich etwas wie Kaugummi im Haar und die "Betreuerin" hat mir daraufhin die Haare in großen Teilen abrasiert. Das war sehr schlimm, ich weinte und musste vor allen Kindern zeigen, was passiert war.

Die sogenannte Kur war in der Vorweihnachtszeit und über Nikolaus. Am Abend des 5.12. besuchte der Nikolaus die Schlafsäle mit den Worten "Wer jetzt noch wach ist, bekommt die Rute zu spüren". Wir waren etwa 20-30 Kinder und er ist an jedes Bett gegangen und hat jedem Kind mit einer Taschenlampe ins Gesicht geleuchtet. Ich war wach, habe vor Angst die Augen zugekniffen und ins Bett gemacht. Der Nikolaus hat die Bettdecke weggezogen um mich mit der Rute zu schlagen und hat gesehen, dass ich ins Bett gemacht habe. Am nächsten Morgen gab es für mich kein Pfefferkuchenhaus wie für andere Kinder, mein Platz war leer. Ich wurde zusätzlich wieder vor allen bloßgestellt, weil ich ja ins Bett machte.

Ich kann mich auch noch an eine Situation erinnern, in der mir gesagt wurde, dass ich Spielsteine aus Holz gestohlen hätte. Meine ganzen Sachen wurden durchwühlt, obwohl ich das nicht gemacht habe.

Ich weiß, dass ich mich in der Zeit sehr einsam und allein gefühlt habe, kann mich auch kaum an andere Kinder erinnern. Ich denke, dass ich dort sehr introvertiert war, weil ich auch mehrfach vor den anderen bloßgestellt wurde und Gewalt an der Tagesordnung war.

Nach Hause ging es mit dem Bus. Ich kann mich erinnern, dass ich mich nicht freuen konnte, nach Hause zu kommen. Ich war wohl viel dünner als zuvor, weshalb ich auch denke, dass ich dort eine schlechte Esserin war und die Erinnerungen daran verdrängt habe.
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Heiko Lukait-Beer aus Bremerhaven schrieb am 31.03.2022
Es hieß ja Kinderkur damals und meine Mutter (alleinerziehend mit 4 Söhnen) dachte sicherlich, dass es ihrem kleinsten, mickrigsten Sohn gut tun würde. Die Verschickung ging übers Gesundheitsamt Bremerhaven damals. Ich war gerade 9 geworden, zu klein, zu asthmatisch, zu neurodermitisch.
Dass ich dort nicht ganz allein wäre, wurde meine etwas ältere Cousine mitgeschickt, nur waren Jungs und Mädchen strikt voneinander getrennt. Ich sah sie nur zu den Mahlzeiten hinter einer Glasscheibe.
Ich war zuerst im 'Eselzimmer' untergebracht, dass ich dann aber mit einem älteren tauschen musste, mein neues Bett lag in einem Mehrbettzimmer direkt unter einem permanent offenstehenden Fenster, es war Winter. Morgens standen wir alle nackt um ein rundes Steinwaschbecken herum, dort wurden wir eiskalt abgeduscht und mussten ständig mit Salzwasser gurgeln oder dieses sogar trinken. Ständig musste ich 2 Portionen essen, dem Haferflockenbrei wurde dann noch Kakaopulver untergemischt, dass er noch schwerer war und ich mich eigentlich nur noch übergeben musste. Dieses Wellenbad mit dem höhenverstellbaren Boden habe ich in sehr schlechter Erinnerung, ich konnte noch nicht gut schwimmen und Hilfe war weit und breit keine. Mir war eigentlich permanent kalt. Die Erzieherinnen waren, bis auf eine junge blonde Frau, ziemlich garstig und die Heimleiterin ließ sich 'Tante' Maria nennen. Jahre später fiel mir auf, dass wir mit ihr ständig Nazilieder singen mussten, leider kann ich mich bis heute an diese schrecklichen Texte erinnern.
Wir sind am 20. Dezember nach 6 Wochen dort, wieder nach Hause geschickt worden, es war somit die Vorweihnachtszeit und ich kam als übergewichtiges Kind, ziemlich traumatisiert wieder nach Hause, wurde dann durch das Übergewicht zur besten Zielscheibe von Mobbing in der Schule. Diese Erfahrungen haben mein Leben nachhaltig negativ beeinflusst.
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F.K. aus Schweiz schrieb am 31.03.2022
„Verschickungserfahrung“

Das ging damals – im Jahr 1955 – voraus:
Krankenhaus 1955 (Spitalhaft)
Ich habe wohl von Natur aus sehr trockene Schleimhäute. Und so litt ich schon als Kind sehr oft unter Nasenbluten. Im Spätsommer des Jahres 1955 war das wieder einmal so stark, dass man es nicht mehr stoppen konnte. Inzwischen war wohl fast das ganze Nachttöpfchen voll Blut und man wusste sich nicht mehr anders zu helfen, als mich notfallmässig ins Krankenhaus Remscheid zu befördern. Hier hat man das Nasenbluten irgendwie zum Stillen gebracht. Anstatt mich nachher wieder nach Hause zu entlassen, fanden es die Ärzte wohl interessanter, an meinem Asthma herum zu doktern. „Die Mandeln sind im Weg, die müssen raus, dann kann er viel freier atmen“, so behaupteten die Ärzte. Und sie haben meine Eltern überzeugt, diesen Eingriff bei mir vornehmen zu lassen. Die Meinung der Männer im weissen Kittel traute man sich dazumal nicht in Frage zu stellen...
Ich weiss bis heute noch, wie man mir diese eklige Ätherkappe auf die Nase drückte, ja, wie es roch und man mir nachher die Mandeln, die der Schöpfer doch aus irgendeinem guten Grund auch für mich eingeplant hatte, heraus schnitt.
Was das Asthma betraf, hatte es nicht den erhofften Erfolg – und so probierte man noch eine Massnahme aus. Ich wurde mit Penicillin vollgepumpt (das war damals gerade die Zeit, in der man die Wirkung von Penicillin entdeckt hatte).
Jeden Tag mehrere Spritzen, mein Oberschenkel und mein Arm waren nach einigen Wochen ziemlich lädiert von den vielen Einstichen. Und mein Seelenzustand war auch lädiert, weil Besuch im Krankenzimmer damals noch untersagt war. Am Sonntag-Nachmittag standen dann jeweils für 1 bis 1.1/2 Stunden verschiedene Elternpaare vor einem kleinen ovalen Fensterchen in der Eingangstür und durften uns Kindern im Krankenzimmer winken. Die Türe blieb geschlossen und so konnte man sich nur mit mehr oder weniger gut gemeinten Gesten unterhalten. Und wir Kinder hätten eine Umarmung und ein beruhigendes Wort unserer Eltern so dringend gebraucht. Diese Spitalhaft dauerte volle 6 Wochen. Weil auch das noch nicht den erhofften Erfolg brachte, dachten sich die Ärzte noch etwas aus: der Junge muss an die See.

3 Monate auf Norderney („Erholungshaft“)
- ein Hospiz, das von den ehemaligen pommerschen Krankenschwestern geleitet wurde.
Und so wurde ich entlassen, um die Reise an die See anzutreten. Eine knappe Woche liess man uns, um zuhause die Reise vorzubereiten. Bei alledem wusste ich als 11-jähriger nicht so recht, wie mir geschah. Irgendwie muss es den Eltern wohl gelungen sein, mich zu überreden, so dass ich brav mitgemacht habe. Niemand aus der Familie war jemals am Meer gewesen und so sei ich der Erste, der dieses Vorrecht haben würde. Und dann noch dieses „Privileg“: unser Hausarzt Dr. Neudörfer habe doch dafür gesorgt, dass die Krankenkasse die Kosten übernehme – und so solle ich schön mitmachen und aushalten. Wenn man das Ganze abbrechen müsse, dann müssten die Eltern die Kosten selbst übernehmen und das Geld hätten sie nicht.

Ich habe nur den Abschied auf dem Wuppertaler Hauptbahnhof noch vor Augen – Tante Mariechen (Vaters Schwester) aus Barmen war extra gekommen, um mir Adieu zu sagen – und dann wurde ich von einer Krankenschwester, die ein spezielles weisses Häubchen trug, unter die Fittiche genommen. Wenn man mir damals gesagt hätte, dass dieser Aufenthalt volle 14 Wochen dauern werde, wäre ich wahrscheinlich fortgelaufen. Mit der Dauer des Krankenhauses waren es dann zusammen 20 Wochen, die ich von Daheim fort war. Je näher wir der Nordseeküste kamen, umso mehr Kinder stiegen in den Zug ein.

Und dann kam die eindrucksvolle Überfahrt mit der Fähre Friesia IV.
Und am Hafen in Norderney der geordnete Gang in Reih und Glied zum Seehospiz. Dieses Hospiz bestand aus mehreren Gebäuden, in denen an die 500 Kinder untergebracht waren. In einem riesigen Schlafsaal mit ca. 100 Betten wurde mir irgendwo mittendrin ein Bett zugewiesen, d.h. eher eine Pritsche mit magerem Bettinhalt.

Schläge
Den ersten Abend werde ich für mein ganzes Leben nicht mehr vergessen, denn hier wurde an mir ein Exempel statuiert. Es wurde uns unmissverständlich eingeschärft, dass absolute Ruhe im Schlafsaal zu herrschen habe. Am Schlafsaal angrenzend gab es eine Türe mit einem Fensterchen ins Schwesternzimmer. Dass hinter dem Fensterchen die Spähaugen der Aufsichtsschwester alles mitbekamen, was im Schlafsaal vor sich ging, wurde uns später eindrücklich vor Augen geführt. Jedenfalls war es so, dass ich meinte, irgendjemand von uns Buben verursache Lärm, indem er gegen das Bett schlage. Und so erhob ich mich ein wenig, um zu sehen, wer das sei und rief wohl etwas zu laut: Ruhe.
Ich wusste nicht, dass diese Geräusche Warngeräusche der Aufsichtsschwester waren, die dieses Signal an ihrer Türe an uns weitergeben wollte. Und dann geschah es: nachdem ich es gewagt hatte, umher zu sehen und „Ruhe“ zu rufen, ging diese Tür mit einem Mal auf und spukte eine wütende Krankenschwester aus. Diese kam schnurstracks (d.h. auf direktem Weg) zu mir und verprügelte mich derart, wie es noch niemand in meinem kurzen Leben jemals getan hatte. Sie hat mich an den Haaren aufgezogen und die Schläge prasselten von allen Seiten auf mich – mein Bett sah aus, als hätte man eine Schlacht veranstaltet und überall lagen meine Haare als stumme Zeugen dieser Prügelveranstaltung herum, die übrigens von eindeutigen Drohungen begleitet war.
Ich weiss nicht mehr, wie ich diese Nacht überstanden habe und ob ich überhaupt noch in der Lage war, Tränen zu vergiessen – so sehr war ich geschockt.
Irgendwie muss sich doch mein Heiland über mich erbarmt haben, denn ich bin
erschöpft von der Prügel eingeschlafen. Am nächsten Morgen mussten wir alle neben dem Bett Aufstellung nehmen und dann wurde uns das „Bettmachen“ gezeigt. Zusammenlegen des Pyjamas, quadratisch als Häufchen auf den neben dem Bett platzierten Hocker, glatt ziehen des Leintuches, Einstecken der Bettdecke mit Wolldecke und 20 oder 30 cm aufschlagen etc. Jeden Tag wurde unser Werk begutachtet und wenn irgendwo Falten auf der Bettdecke zu sehen waren, wurde das ganze Bett bis auf die Matratze auseinander gerissen und das Werk durfte von vorne beginnen.
Für den gemeinsamen Waschsaal gab es klare Anweisungen und eine Aufsicht, die alles kontrollierte. Ebenso wurden uns militärische Tischmanieren andressiert und unmissverständlich klar gemacht, dass man alles zu essen hatte, was serviert wurde.
Das war ein Problem für mich, weil ich damals keine Tomaten und demzufolge auch keine Tomatensuppe essen konnte. Und weil ich das dann eben doch musste, fand diese Suppe wieder den Weg nach oben... und das hatte natürlich Folgen, die ich hier aber nicht mehr im Detail beschreiben will.

Der Leser merkt bereits, dass dieser Aufenthalt, der ja als so genannte Erholung bezeichnet wurde (so hiess das damals. Man sagte: er ist zur Erholung fort), für mich keine Erholung war, sondern eher eine Tortur. Ich litt unter starkem Heimweh. Briefe von daheim und unsere Post nach daheim wurde alle gelesen (zensiert). Im Nachhinein bin ich auch überzeugt, dass meine Hinweise, mich hier weg zu nehmen, meine Eltern nie erreicht haben. Ich habe keinen einzigen ungeöffneten Brief bekommen. Päckchen mit gut gemeintem Inhalt wurden für alle verteilt. Ich habe kein einziges Päckchen von daheim selbst in die Hand bekommen – nur einmal wurde mir ein Quartett ausgehändigt, weil eine Tante so clever war, darauf zu schreiben „Eigentum von Friedhelm Kesper“.

Etwas hat sich mir aber damals ganz stark eingeprägt: ich habe nicht nur Heimweh nach daheim gehabt, ich hatte auch Heimweh nach der christlichen Versammlung (so nannte man damals die evangelische Freikirche).
Was hätte ich dafür gegeben, wieder einmal in der Versammlung still sitzen zu dürfen und diese Atmosphäre zu fühlen. Das war nichts Oberflächliches. Ich habe immer und immer wieder darüber nachgedacht und fand es damals schon recht erstaunlich. Denn Versammlung, das hiess zu dieser Zeit: Sonntag-Vormittag und Nachmittag. Das war der normale Sonntag. Am Abend lud man Gäste ein oder war selbst von jemand eingeladen.
Für uns Kinder war es eine ziemliche Herausforderung, so lange still zu sitzen und doch habe ich diese Atmosphäre schmerzlich vermisst.
Ich denke: hier hat mir Gott eine tiefe Liebe zur Gemeinde geschenkt, die mein Leben so stark geprägt hat, die bis heute geblieben ist.

Neben all dem Schweren aus dieser Zeit in Norderney, gab es auch viel Schönes: die Wanderungen am Strand oder in den Dünen, der wöchentliche Besuch im Wellenbad oder der Hafenrundgang. Spannend war auch, mitzuerleben, wie es Sturmfluten oder einmal sogar eine Hochflut gab, wie Teile der Insel überschwemmt waren und so weiter.
Aber auch in jener Zeit hatte ich Asthma-Anfälle. Dann wurde ich im Saal auf eine Pritsche im hinteren Teil verwiesen, wo man mich einfach liegen liess und nach geraumer Zeit wieder holte. Einmal hat man mich total vergessen und ich bin dann wohl eingeschlafen, weil ich mich nicht getraute, einfach alleine aufzustehen.
Jede Woche war Arztvisite, man wurde gewogen und weil ich nach den ursprünglich vorgesehenen 11 Wochen noch nicht zugenommen hatte, wurden mir 3 Wochen Verlängerung aufgebrummt. Das war eine ziemliche Enttäuschung für mich.
Irgendwann kam dann doch das Ende jener „Rekrutenzeit“ und wir durften endlich nach Hause. Ich wusste aber nicht mehr so recht, wie es zuhause in meiner Familie war und so kam ich mit gemischten Gefühlen zurück. Am Abend habe ich meine Kleider (wie in Norderney eingetrichtert) auf einem Hocker als quadratischen Stapel wohlgeordnet gelegt, und alleine dies löste bei Mutter und er älteren Schwester Schwester ziemliches Staunen aus. Daneben muss ich wohl auch einen eingeschüchterten Eindruck hinterlassen haben.
Die Freude, wieder zuhause zu sein, war noch nicht bei mir angekommen.
Als alles still in der Wohnung war, und ich in meinem Bettchen lag, hat man sich am Familientisch noch unterhalten und meinte wahrscheinlich, dass ich schon schlafe.
Aber alles war so ungewohnt für mich, das ich eben noch lange wach lag und dann hörte, wie einer zum anderen sagte, er ist nicht mehr derselbe, was hat man wohl mit ihm gemacht? Ja, ich weiss nicht so recht, wie ich das als 11jähriger alles verarbeitet habe. Jedenfalls habe ich mich sehr auf den nächsten Sonntag und die Gemeinde gefreut.

Aufarbeitung / Vergebung
Die Norderney-Erfahrung war im Jahr 1955. – 47 Jahre danach, also im Jahr 2002 habe ich mit meiner Frau, Louise zusammen eine Ferienwohnung auf Norderney gemietet. Es hatte mich nicht mehr losgelassen. Ich musste nochmals dahin und diesen Ort, das Seehospiz aufsuchen. Und wie es der „Zufall“ will: unsere Ferienwohnung lag schräg gegenüber dieses Heimes, das damals ein Heim für Mütter und Kinder geworden ist.
Ich habe es mir von aussen betrachtet, die Backsteinfassaden waren noch genau wie früher. Wir sind hinein gegangen und ich meinte, den Geruch von damals zu riechen. Ich habe dann jemand gefragt, ob ich mal kurz durch das Gebäude gehen dürfte - aus eben jenen Gründen. Leider hat man es mir nicht gestattet, was mich schon sehr befremdet hat.
Ich wollte das Kapitel jedoch abschliessen und habe dann in einer ruhigen Stunde ganz bewusst den damaligen Schwestern im Gebet Vergebung zugesprochen.
Damit ist Norderney und die Heimerfahrung zwar beendet – doch vergessen kannst du so etwas nicht. Noch Jahre später – wenn ich auf Reisen in Deutschland Schwestern in jener Tracht begegnete wie auf Norderney – lief es mir eiskalt den Rücken hinunter – und wie ein Film lief alles vor meinen Augen wieder ab.
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Claudia Brückner aus Erftstadt schrieb am 31.03.2022
Hallo,
Mein Name ist Claudia Brückner.
Ich wurde im Alter von ca. 5 Jahren für 6 Wochen nach Bad Dürrheim geschickt, weil ich blass und zu "mager" war. Der Kunderarzt hatte es angeordnet. Leider weiss ich nicht mehr, ob ich in Haus Hohenbaden oder im Luisenheim war. Ich erinner mich an Nonnen oder Schwestern . Ich durfte kein Spielzeug mitnehmen, mein Vater kaufte mir am Bahnhof einen Hasen, das war das Einzigste.
Das Essen musste immer aufgegessen werden, manchmal sahs ich bis spät noch alleine am Tisch. Ich erinnere mich an ein Zwillingsgeschwisterpaar...die eine zu dick, die andere zu dünn. Beim Mittagessen, hat die der anderen heimlich beim Essen geholfen, damit die Schwester keinen Ärger bekommt, bis sie sich übergeben musste. Ich glaube sie musste es säubern oder wurde bestraft.
Ich erinner mich an Schlafensräume und einen langen Flur, an den Türen hielten die Schwestern Wache, weil wir nicht sprechen durften. Einmal musste ich lachen und ich wurde in eine Besenkammer gesperrt, mein Hase wurde mir weggenommen, weil ich ihn aus dem Koffer holte.
Ich sehe uns Kinder noch schweigend, in 2-er Reihe zum Sandkasten laufen....
Ich weiss noch, dass es eine kleine Turnhalle gab mit Frühsport.
Ich kann mich nicht an Spielen erinnern, auch nicht an Bäder. Ich möchte meine Lücken füllen und suche Menschen, die zur gleichen Zeit da waren.
Ich habe schon so lange eine tiefe Traurigkeit in mir und Verlustangst, ich habe Angst vor kleinen Räumen und vor unter Wasser getaucht zu werden.
Wenn ihr auch in dem Zeitraum in Bad Dürrheim wart, dann bitte meldet euch....
Und allen Anderen wünsche ich abschließen zu können, durch Aufarbeitung und einen grossen Dank an alle Menschen, die daran mitarbeiten, dass das möglich ist.
Danke, Claudia Brückner
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Patrick Preussen aus Frankfurt am Main schrieb am 29.03.2022
Im März und April 1973 war ich in Mambach mit fünf Jahren zur allgemeinen Erholung und wegen Atemwegserkrankungen. Die Zeit war schrecklich und ich habe mich jeden Tag auf die Rückfahrt gefreut. Allerdings gab es auch Leute – vor allem ältere – die ordentlich Spaß hatten.

Viele litten wie ich unter Heimweh und Einsamkeit. Besonders schlimm fand ich, dass keine Telefonate mit den Eltern erlaubt waren. Die Begründung: Das würde das Heimweh noch verschlimmern. Immerhin durften an meinem sechsten Geburtstag die Eltern mich anrufen.

Die Zimmer waren mit drei oder vier Stockbetten ausgestattet. Auf dem Flur gab es einen Ganglautsprecher. Was dort verkündet wurde, habe ich mit einer Ausnahme vergessen. Eines Abends erzählte der Pfarrer der auf dem Berg gegenüber liegenden Kapelle von Flugzeugen, die Bomben abwarfen und anderen Grausamkeiten. So erfuhr ich - im Kinderheim allein im Bett - völlig unvorbereitet vom Zweiten Weltkrieg.

Irgendwann hatte ich den Bettbezug an den Knöpfen geöffnet und mich darin verkrochen, weil es sich geborgener anfühlte. Dazu lutschte ich mit dem Daumen die Ecken des Textils auf. Die Erzieherinnen – Tante Waltraud und Tante Gudrun – müssen das wohl entdeckt haben. Jedenfalls präsentierte die Heimleiterin den Bettbezug vor allen anderen beim Frühstücksraum und ich musste vor die Gruppe treten. Tränen, Schimpfe und keinen Trost!

Wir mussten viel wandern. Eigentlich keine schlechte Sache, aber die Großen erzählten immer von Blasen und durften dann im Heim bleiben. Ich wusste nicht, was eine Blase war. Nach Frankfurt zurückgekehrt, stellte mein Vater fest, dass ich auch eine hatte. Vielleicht wäre es an den Erzieherinnen gewesen, besser nach den Kindern zu schauen.

Ich erinnere mich noch daran, dass viele Kinder aus dem Ruhrpott kamen. Es gab Leute, die mussten immer zum Wiegen. Am Tag vor der Heimreise mussten wir unsere Pullover linksherum tragen, damit sie nicht schmutzig werden können.
Nach allem was ich gelesen habe, muss es in den Jahren davor noch schlimmer zugegangen sein. Mir bleibt jedoch unklar, wie so etwas noch in den siebziger Jahren existieren konnte nach aller gesellschaftlicher Gegenbewegung in dieser Zeit. Auch würde mich interessieren, was in den Köpfen der jungen Erzieherinnen vorgegangen ist.
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ulla aus nürnberg schrieb am 25.03.2022
Hallo, ich war 1967 im Alter von 3 Jahren für sechs Wochen in der Villa Dürkopp in Bad Salzuflen.
Dann im Dezember 1971 im Alter von 7 Jahren für sechs Wochen in einem Kinderkurheim, von dem ich leider nur Fotos habe.
Ich wüsste anhand der Fotos gerne, wo das gewesen ist 1971.
Hoffe ihr könnt mir helfen. War eine sehr schlimme Zeit für mich (Heimweh, nur "liebe" Briefe schreiben, Psychopharmaka, Esszwang, Wegsperren in den Keller u.a.
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Monika aus Duisburg schrieb am 24.03.2022
Im Alter von 5 Jahren war ich vor Ostern 1963 für 6 Wochen in Mülheim im Kloster Saarn. Wenn ich hier die Geschichten lese, die ich so oder ähnlich auch erlebt habe, frage ich mich, wie unsere Eltern das zulassen konnten. Selbst doch erst gerade dem Krieg entronnen. Meine Mutter hatte immer erzählt, wie sehr sie selbst im Pflichtjahr gelitten hatte. War aber ein großes Mädchen zu dieser Zeit. Und da schickt meine Mutter ihr kleines fünfjähriges Mädchen zur "Kur". Unverständlich.
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Wolfgang Fürstner aus Berlin schrieb am 23.03.2022
Da mein Vater im Juli 1944 gefallen ist, ist meine Mutter nach der Flucht aus Breslau in Mpnchen gelandet. Ich war von 1945 bis 1949 in einem Kinderheim in Greinau (?) oder Oberammergau. Das katholische Kinderheim wurde angeblich vom schlesischen Nonnen geleitet. Wer hat Informationen darüber? Wolfgang Fürstner
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Kallenbach aus Berlin schrieb am 23.03.2022
Wie kann man man herausfinden in welchem Heim man gewesen ist?
Meine Schwester und Cousine waren 1971 auf Kur dort. Beide waren vier Jahre alt und sollten dort aufgepäppelte werden weil beide sehr dünn waren

Wir wohnten damals in Bensberg und Bergisch Gladbach
Welches Heim könnte es gewesen sein.
Krankenkasse war die Barmer

Beide kamen ziemlich traumatisierte zurück und haben sich nicht davon erholt
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Jan aus Hamburg schrieb am 20.03.2022
Hallo ich war ca 1987 im Hochwald Sanatorium, ich habe schreckliche Erinnerungen an die Trennung von meinen Eltern, den Vertrauensbruch, die Bestrafung allein zu sein und ausgeschlossen zu werden, wenn man nicht machte was gesagt wurde, dass Ausgeliefertsein bei Untersuchungen ohne Erklärung was grade gemacht wird. Nur eine Frau dort war nett zu mir, ich tat ihr wohl leid wegen meinem schlimmen Heimweh, bis heute habe ich mit den psychischen Folgen zu kämpfen, LG Jan
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Stefanie Schilling aus Offenbach schrieb am 19.03.2022
Ich Stefanie Schilling war 4 Jahre alt als ich verschickt wurde meine erste Erfahrung hatte ich gleich am 1 Tag einem Montag meine Eltern gaben mich ab und versprachen mir mich Donnerstags wieder abzuholen wären ja nur 3 Tage Donnerstags saß ich dort i. Heim am Fenster und wartete auf meine Eltern sie kamen nicht statt dessen bekam ich eine Puppe Aneliese hatte ich sie genann
Danach 4 Tage später war es abends die Höhle
Ich ging selbstständig aufs Klo und zog natürlich auch ab das hätte ich aber nich gedurft weil man es sich ansehen wollte ich sag einfach nur abartig
Ich wurde ins Bett gesetzt auf einen Topf gestzt mußte natürlich nicht was die Erzieherinnen dann auch merkten man sagte mich mach nicht ins Bett
Sonst versohlen wir dir den Hintern 5 Std. War es passiert hatte vor lauter Kummer ins Bett gemacht
Man versohlte mir den Hintern ich schrie ich geh zur Heimleitung wo ich Nachmittags auch war eine sehr nette Dame sie versprach mir in einer anderen Gruppe wohnen zu dürfen was dann auch am gleichen Abend noch war
Dies war mein Bericht zum Hochlandhaus in Freudenstadt
Würde mich freun über Nachrichten wer soetwas ähnliches dort erlebt
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Regina Goertz aus Ennepetal schrieb am 17.03.2022
Ich war 6 Jahre alt und meinen 7. Geburtstag "erlebte" ich dort in diesem Heim, von dem ich nicht weiss, wie es hiess. Ich kann auch Niemanden mehr fragen. Die Erlebnisse aber sind bis heute präsent an diese schrecklichen 6 Wochen. Ich war zu mager, deshalb wurde ich dorthin geschickt. Aber zugenommen habe ich dort nicht: Zum Frühstück gab es Brötchen, Sardellenpaste oder Buttercreme. Letztere kann ich bis heute nicht mehr essen, genauso wie den Schokopudding mit der dicken Haut. Den Würgereiz spüre ich immer noch in der Erinnerung und auch die Haut vom Geflügel. Alles musste aufgegessen werden, sonst sass man so lange am Tisch, bis der Teller leer war. Ich sah immer wieder ein Kind vor seinem in das Essen Erbrochenen auch noch am Nachmittag da sitzen und ich hatte schreckliche Angst. Deshalb hab ich die dicke Haut immer in die Backen geschoben und wenn man zur Toilette durfte, hab ich sie ausgespuckt. Ein Mädchen hiess Ursula und war, wie ich, aus Wuppertal. An meinem Geburtstag zeigte man mir ein Päckchen, das mir eine Tante geschickt hatte. Da waren Süssigkeiten drin - aber bekommen habe ich Nichts davon. Nach dem Mittagessen in dem riesigen Speisesaal, ich sass immer an der Wand mit vielen anderen Kindern auf einer Holzbank, musste der " Mittagsschlaf " eingehalten werden. Auf dem Rücken still liegen und man durfte nicht sprechen. Und auch nicht aufs Klo! Ein Mädchen machte oft ins Bett und wurde bloßgestellt, als Bettpisser beschimpft und mit nacktem Po musste sie still auf dem kalten Boden stehen, bis sie sich anziehen durfte. Ich war starr vor Angst und Weinen war verboten. Und immer hatte ich schreckliches Heimweh, aber es gab kein Telefon und die eine Postkarte, die in der Woche geschrieben werden durfte, wurde streng zensiert und bei Nichtgefallen zerrissen. Die "Flintenweiber", so habe ich die Wachen in den Fluren bezeichnet später, waren zur Mittagsruhe und am Abend und in der Nacht allgegenwärtig. Man hatte keine Chance unbemerkt zur Toilette zu kommen und es gab kein Pardon: Die Toilettenbesuchszeiten waren streng geregelt. Diese und noch viele, viele schlimme Erlebnisse habe ich erst so richtig realisiert, als ich einige Jahre älter war. Meinen Eltern habe ich all das auch erst erzählt, als ich erwachsen war. Als 7jährige nach diesen 6 Wochen habe ich von diesen Schrecken Zuhause nichts erzählt. Ich war danach noch schüchterner und dünner als vorher.?
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Miriam aus Schwerte schrieb am 10.03.2022
Ich bin dankbar, dass es diese Initiative gibt und hoffe, dass nun endlich hingesehen und verstanden wird, welch furchtbarer Missbrauch da an unschuldigen Kindern von inkompetenten und empathielosen "Erwachsenen" an Schutzbefohlenen ausgeübt wurde.

Ich komme aus Hagen / Westf. und wurde im Alter von 4 Jahren und erneut mit 6 Jahren zur Kur geschickt.
1981 nach Bad Salzufflen und
1983 nach Bayern.
Ich war ein "schlechter Esser" und sollte zunehmen.
Mir geht es wie den meisten hier, hatte meine Erlebnisse für einen Einzelfall gehalten, es gab irgendwie nie den Rahmen sich über das auszutauschen, was passiert ist.
Ich fuhr als aufgewecktes, quirliges Mädchen vom Hagener Bahnhof ab, wollte auf der Bahnfahrt mit allen Freundschaft schließen, teilte fröhlich meine Bonbons und kam nach 6 Wochen verstummt, eingeschüchtert und von mir selbst und meinen Gefühlen getrennt zurück. Ganze vier Jahre alt.

Ich erinnere mich auch an bitteres Heimweh, heiße Tränen und dass ich nicht weinen durfte.
Ich erinnere mich auch an den Tischdienst, Lätzchen, Teller und Becher wurden von den Kindern, die Dienst hatten verteilt, ich konnte mein Lätzchen noch nicht binden, machte einen Knoten und bekam das Ding nicht mehr alleine ab und versuchte verzeifelt das Bindeband abzureißen, mehr weiß ich dann nicht mehr...
Dann der Essenszwang, wir mussten Riesenportionen aufessen, bis zum Erbrechen. Ob ich dann weiteressen musste, weiß ich nicht mehr... Ständig hat ein Kind sich übergeben, das Essen war ekelhaft, komische Suppen mit Klumpen, doch "es gibt kein aber, aufessen!" war eine Pflicht. Wenn wir fertig waren bekamen wir einen Nachtisch, wenn wir einen leeren Teller vorzeigen konnten, ich musste oft bis zum Abedessen vor meinem Teller sitzen und spielte mit den Bindfäden am Lätzchen.
Ich erinnere mich an Trinkverbote, ich sollte mich "satt essen und nicht satt trinken"...die durstige Verzweiflung hat mich dann dazu verleitetet, heimlich beim Zähneputzen, das ebenfalls verbotene Leitungswasser zu schlucken. Mein Mund war so trocken, die Lippen aufgesprungen und geschwollen. Danach habe ich mich ebenfalls tagelang übergeben... Wir wurden regelmäßig gewogen auf einer großen alten Waage nur im Schlüppi, wartend und frierend, bis man an der Reihe war.
Schreiben konnte ich noch nicht, versuchte dennoch alles von der Tafel abzumalen, wie alle anderen auch, nur nicht auffallen.
Nachts musste man auf einer kalten Stufe hocken, wenn man beim heimlichen Klogang erwischt wurde.
Wir wurden verbal erniedrigt und eiskalt abgeduscht und im Keller gab es sehr heiße Bäder, ich sprang immer wieder raus, die Badefrau war aber lieb und hat schnell etwas kaltes Wasser zugefügt.
Mittagsschlaf war pflicht, regungslose Bettruhe und kein nächtlicher Toilettengang.
Es gab so viele Verbote und ich fühlte mich so verloren, so hilflos, so ausgeliefert. Auch die anderen Kinder waren nicht alle nett. Es gab keinen Schutz, keine Gewissheit, ob man die Eltern je wieder sah, nur pure Verzweiflung.
Als ich nach 6 Wochen endlich wieder zu Hause war, hab ich nicht viel erzählt, der Hölle entkommen mit gebrochener Kinderseele. Von meinen Handfächen und Fußsohlen löste sich großflächig meine Haut, ich konnte sie regelrecht wegklappen, darunter lag frische rosa, teilweise rote Haut, was ist da passiert? Allergie auf Sole? Zu heiß gebadet? Kennt das noch Jemand? Ich erinnere mich noch an den entsetzten Blick meines Opas, als ich ihm meine "Klapphand präsentierte. Ansonsten schien meine Veränderung nicht groß aufgefallen zu sein, die Haut wurde als Unverträglichkeit abgetan.

Ich hoffe, dass mit jedem Hinsehen und jedem ehrlichen Mitgefühl endlich Heilung in allen so unnötig verletzten ehemaligen Kinderseelen entstehen kann.
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Andrea aus REutlingen schrieb am 28.02.2022
Ich muss im Spätherbst des Jahres 1967 ins Allgäu verschickt worden sein, weil ich zu mager war.
Ich war auf alle Fälle über den Nikolaustag in der Verschickung, da ich, weil ich "nicht brav" war, nur eine leere Rute bekommen habe.
Ich war wenig zuvor erst eingeschult worden und konnte so gut wie noch nicht schreiben. Bis vor wenigen Jahren existierte eine Postkarte von mir, die nicht zu entziffern war. Leider hat meine Mutter diese inzwischen weggeschmissen. Ich erinnere mich an einen Brief, den ich diktieren sollte, und meine Angabe "ich habe Heimweh" wurde nicht geschrieben. Von diesem Brief weiß ich allerdings auch nicht, ob er jemals meine Eltern erreicht hat. Ich erinnere auch, dass andere Kinder ihre geschriebenen Briefe nach der Korrektur wieder zurück bekamen, weil sie "falsche Dinge" drin geschrieben hatten, wie z.b. Heimweh oder das Essen schmeckt nicht.
Ich weiß auch noch, dass wir Pakete von den Eltern erhalten haben, aber der Inhalt wurde sicher durchgesucht und dezimiert. Vom Nikolaus Paket habe ich dann nachträglich etwas erhalten.
Neben unserem Heim war ein Heim für adipöse Kinder, die uns über den Zaun hinweg um Essen angebettelt haben. Ich erinnere mich noch, das diese Kinder ihre Äpfel gegen unsere Nikolausschokolade eintauschen wollten.
Meine Mutter hat mich auf den Bahnhof in Reutlingen gebracht, von dort aus wurde ich dann mit dem Zug verschickt. Ich erinnere mich noch daran, dass mein Koffer nicht zusammen mit mir angekommen ist und ich zunächst einmal Notkleidung tragen musste, die mich angeekelt hat.
Ich meine mich auch zu erinnern, dass Schnee lag als wir ankamen, und es furchtbar kalt war.
Zur gleichen Zeit war ein Mädchen mit einer relativ frischen Blinddarmoperation mit mir untergebracht. Das weiß ich noch, weil sie einmal auf der Treppe nach oben in den Schlafsaal direkt vor mir zusammengebrochen oder gestolpert ist, und man mir die Schuld daran gegeben hat. Am Abend wurde mir daraufhin der nackte Hintern öffentlich versohlt.
Im Bett neben mir schlief ein Mädchen namens "Cordula" oder mit einem ähnlich klingenden Namen, die "im Balett war" und mir deswegen immer ihren Fuß ins Gesicht gestreckt hat, weil sie Spagat konnte. Ich habe natürlich versucht mich zu wehren, und wurde wiederum bestraft....
Wenn ich an diese Zeit denke, habe ich nicht viel mehr, als die hier geschilderten Erinnerungen, aber ein Gefühl der Angst, des Ausgeliefert und Verlassen-seins legt sich wie ein dunkler Mantel über mich. Jedes Detail, das an die Oberfläche steigt löst Übelkeit und Trauer aus.
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Silke b.... aus Pohlheim schrieb am 27.02.2022
War mit 6 Jahre in Dehrn Hessen ein halbes Jahr dort wegen meinem Spachfehler es hat nicht viel gebracht meine Eltern dürften mich nicht besuchen wegen angeblich dem Heimweh die mitgebrachte Spielsachen wurde mir entzogen und bei Entlassung nicht wieder heraus gegeben frechheit finde ich man musste Mittagschlaf halten da mit diesen gestressten Tanten mal ruhe hatten jeden Tag Therapie furchtbar u Sonntags in die Kirche musste in die katholische obwohl ich evangelisch bin warum weiß ich heute noch nicht warum
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Joachim Finger aus Löhningen schrieb am 27.02.2022
Beim Recherchieren für ein berufliches Treffen in Norddeutschland ging ich mit Google – wie es manchmal so geht – auf die Ostfriesischen Inseln, um mich an schöne Ferienaufenthalte zu erinnern. Ich bin dabei auch ganz nach Westen gerutscht: Borkum. Ungute Erinnerungen. Undeutlich – wo war das noch? Wie hiess das Heim? Kinder mit blau-weiss gestreiften Strickkäppchen. Sprechen verboten. «Ihr sollt ruhig werden». Vorgeschriebene Texte auf Postkarten «alles ist sehr sauber und ordentlich». Und dann stiess ich auf dieses Foto: Kinderheim Concordia – da war es wieder. 1967 schickten mich meine Eltern dorthin, zusammen mit anderen Kindern aus der Firma. Damit es nicht hiesse, «die haben es nicht nötig». Sie selber verbrachten die Zeit auf einer anderen ostfriesischen Insel.
Als ich die Berichte anderer Menschen hier las, kam es wieder hoch. Die Nummer, die man immer sagen musste, ja die man ein Stück weit war. Immer wieder Milchreis mit Dörrobst, den ich zum Glück mochte. Aber dann dieser Linsenbrei! «Jetzt nimmst du auch zweimal, beim Milchreis nimmst du auch immer noch mal!» Das Stehen in Reihen vor den Toiletten. «Fräulein x, ich hab Gross gemacht.» Nachkontrolle mit der Strichliste. Bei mangelndem «Erfolg» gab es Meerwasser zum Trinken.
Oder der erste Abend im Schlafraum, 1 Stock: Ich sprach meinen Bettnachbarn an (der nicht aus unserer Gruppe war) und sofort legte er seinen Finger auf den Mund. (Er sagte übrigens vor seiner Abreise – für mich bis heute unverständlich – «ich freu mich schon auf nächstes Jahr».) Liegeposition auf dem Rücken, Hände auf die Bettdecke, hiess die Anweisung zum Einschlafen. Die Zwickel der Schlafanzughosen wurden morgens kontrolliert, ob sie etwa feucht waren. Ein Knabe, der auf der Nachttoilette kein Papier mehr gefunden hatte, wurde wegen seiner verschmutzten Unterhosen blossgestellt. Ich wurde blossgestellt, weil ich eine Heimwehphase hatte und weinen musste. Das hämische Lachen von Frl. x, begleitet vom Ausschluss vom Amt des Vorlesens (das ich liebte, weil es mich in eine andere Welt brachte – «Die rote Zora und ihre Bande» hiess das Buch) tat weh.
Dann ständig der Druck der angeblichen Berichte, die sie an unsere Eltern schreiben würden. Die Fräuleins unterhielten sich darüber, so dass wir es hörten. «Hast du schon angefangen? Hast du gute Berichte?» «Ja, aber bei mir sind es fast alles schlechte.» (Meine Eltern haben nie ein Wort über einen solchen «Bericht» verloren.)
Anstehen zum Kämmen. Jeden Tag dasselbe Sprüchlein. «Nummer xy – ich heisse nn, wohne in (Ort), bin z Jahre alt und (Konfession)». Abtreten, der Nächste.
Spaziergang. Immer Hand in Hand mit dem Nachbarn, Zweierreihe, Käppchen auf dem Kopf – und ja nicht reden! Nur an einem recht einsamen Strandabschnitt durften wir reden. «Ihr sollt ruhig werden.» An ein Bad im Meer kann ich mich nicht erinnern. Dafür an einen obligatorischen Besuch in einem Souvenirladen mit einem obligatorischen Kauf von etwas. Das Taschengeld musste schliesslich ausgegeben werden, ein Eis oder etwas Ähnliches lag ja nicht drin.
Für mich – ich war etwas rundlich – war es auch demütigend, immer vor dem Mittagessen fragen zu müssen «kann ich bitte meinen Apfel haben?» Der war mir verordnet, damit ich etwas abnehmen sollte. Ich war der einzige. Genützt hat es, glaube ich, nicht so viel – bei so viel Milchreis mit Dörrobst.
Ein Bub begehrte auf. «Das erzähl ich alles meinem Vater, dann kommt hier sooon dicker Brief an.» Wie wurde der vor allen blossgestellt und heruntergemacht! Und natürlich mit dem «Bericht» gedroht!
Das Schlimmste am Schluss war, dass weder die Sozialarbeiterin der Firma noch meine Eltern unsere/meine Erzählungen ernst nahmen. Meine Eltern lachten.
Später hiess es mal, der Leiter des Kinderheims sei halt so ein Oberst aus der Wehrmacht gewesen …..
Borkum ist ja vielleicht eine schöne Insel. Aber mir löst nur schon der Name Abneigung aus.
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Richard Mitschke aus Berlin schrieb am 27.02.2022
Anfang der 50ger Jahre war ich von Hamburg aus im Kinderheim Cuxhaven-Duhnen. An dieses vermutliche Roto-Kreuz-Kinderheim habe nur gute Erfahrungen.
Im Winter 1954 war ich noch einemal in Pollind, OBB. Auch hieran habe ich nur gute Erfahrungen. Wir waren im Olympia-Stadion Garmisch und in der Partnachklamm.
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Dagmar schrieb am 26.02.2022
Ich war untergewichtig, hatte oft Atemwegsinfekte. Heute weiß ich, dass ich schon damals unter Asthma litt.
Ich erinnere mich gut, dass ich fröhlich in den Zug stieg, auf Ausreise in die Kur. Alle hatte mir vorher gesagt, es werde schön mit den vielen Kindern - für mich als Einzelkind klang es nach einem paradiesischen Urlaub. Irritiert war ich über die anderen Kinder, die weinend in Bremen in den Zug stiegen. Ich war ja schon groß, stand mit 8 Jahren "darüber". So dachte ich.
Danach hört meine Erinnerung auf. Sie beginnt mit Vorlesen auf einem langen, kalten Flur, da saß ich im Schlafzeug frierend auf dem Fußboden, links und rechts von kleinern Mädchen gewärmt.
Mitten im Aufenthalt durften wir in neue Zimmer umziehen, mit neuen orangenen Spinden und je zwei nebeneinander stehenden Betten. Die Räume waren wärmer, geschützter vor den Tanten.
Nachts tröstete ich das Mädchen im Bett neben mir, wir hielten uns an den Händen, bis wir die Nachtwache mit ihrer Taschenlampe herankommen hörten - sie durfte die Tränen nicht sehen, die Hände schon gar nicht, wir stellten uns schlafend.
Ich hatte einmal erbrochen und Durchfall. Mein Lieblingsrock wurde kurzerhand weggeworfen. Das Bettzeug abgezogen, ich auf dem kalten Flur abgestellt bis ich Bauchkrämpfe bekam. Ich habe mich niemals vorher so verlassen gefühlt. Grob wurde ich gewaschen, selbst durfte ich es nicht, kontrolliert ob ich sauber war (kein Recht auf Intimsphäre) - das Abtrocknen überließen sie zum Glück mir. Ich kam dann alleine in ein eiskaltes Zimmer, hin und wieder kamm eine Tante zur Kontrolle. Ich hatte Fieber und furchtbaren Durst. Habe Farbe von den gekalkten Wänden gekratzt bis meine Fingernägel ab waren und die Fingerkuppen wehtaten.
Taschentücher gab es nicht, so habe ich nachts Schnotten in das Bettlagen geschmiert. Dafür wurde ich mehrmals vor allen Kindern runtergeputzt.
Dann die Mahlzeiten. Das Essen war fettig und einseitig. Milchreis, eklige Suppen mit widerlicher Kochwurst drin, Erbsensuppe mit dicken wabbeligen Fettstücken aber Fleischfrei, Nachtisch, künstlicher roter Pudding.
Am Nebentisch die Dicken bekamen Salat und Obst, Tauschen war natürlich streng verboten (ein Theater, als ich den Versuch unternahm. Die Schuld bekam die arme Dicke - sie wurde angeprangert. Dass ich gerne Obst/Gemüse bekommen hätte, versuchte ich zu sagen, wurde aber ignoriert.
Wer nicht aufaß, musste sitzenbleiben bis alles aufgegessen war. Ich lernte, schnell zu essen - das Überessen war dann leichter.
Beim Basteln wollte ich mir die Fingernägel schneiden, weil sie zu lang waren. Dafür bekam ich Schläge auf die Hände. Dann habe ich sie abgekaut - das wurde vor der ganzen Gruppe lächerlich gemacht.
Einmal die Woche mussten wir Briefe an die Eltern schreiben lassen. Ich konnte schon ein bisschen schreiben und tat das selbst. Der Brief wurde zerrissen, von der Tante neu geschrieben - mit völlig verändertem Inhalt. Natürlich durften meine Eltern nicht wissen, dass (und warum!) ich unbedingt nach Hause wollte.
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Sylvia aus Bad Königshofen schrieb am 26.02.2022
Hallo,
Ich hatte mich bereits 15.02.22 nach der Sendung auf SWR hier gemeldet.
War noch jemand in Bad Dürrheim, Solebad?
Wohin kann man sich wenden um mehr über die dortige Zeit zu erfahren?
Am schlechtesten sind mir die Zeiten vom Essen in Erinnerung.
Schon fand ich die Spaziergänge durch den Wald, auch wenn es kalt, Maß und regnerisch war, außerdem war es im November oft neblig
Bitte bei mir melden
Freundliche Grüße
Sylvia
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Thomas schrieb am 24.02.2022
Kleine Korrektur meines vorherigen Eintrags: Ich habe eine alte Postkarte meiner Eltern gefunden und gesehen, dass ich im November 1971 dort war.
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Sabine Stiel aus Wuppertal schrieb am 24.02.2022
Sehr geehrte Damen und Herren,
Gerade sehe ich im ZDF ihren Bericht.
Ich war 10 Jahre alt und mein Bruder 8 Jahre.
Wir wurden beide nach Bad Sooden Allendorf verschickt. Unsere Mutter
war im festen glauben uns was gutes zu tun. Mein Bruder und ich
würden nach der Ankunft sofort getrennt und durften keinen Kontakt
zueinander aufnehmen. Ich kann einen Tag nicht vergessen. Ich habe
keine Milch gemocht und bekam zum Frühstück Haferschleimsuppe, da
ich das nicht essen wollte, hat man mich bis nach dem Abendessen vor
dem Teller sitzen lassen. Ich bekam nichts anderes zu essen oder
trinken. Dann wurde ich ins Bett gesteckt. Im Bett durfte Mann nicht
mit anderen Kindern Reden, sonst musste man für Stunden im Flur in
der Ecke stehen. Briefe an zu Hause wurden zensiert, stand was
negatives drin musste man einen neuen schreiben. Es gab noch so vieles
an kleinen Gemeinheiten, das kann man gar nicht alles aufzählen. Mein
Bruder und ich sind als Kinder nie wieder in Kur gefahren.
Als ich mit 42 Jahren eine Reha machen musste war mir ganz komisch.
Als der Brief vom Rentenamt kam wo ich hin sollte, stockte mir der
Atem "Bad Sooden Allendorf".
Das Kinderheim gab es nicht mehr.
Aber es war noch immer ein Schock.
Das musste ich mal eben schreiben.
Mit freundlichen Grüßen Sabine Stiel
--
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Mona schrieb am 23.02.2022
Seit Tagen lese ich nun diese Berichte, und mir stellen sich die Haare zu Berg.
Dennoch, vielleicht findet sich noch jemand anderer, der auch in meiner zeit -siehe Eintrag vom 15.2. 22- in diesem AWO - Kinderheim in Rechtis-Weitnau gewesen ist.
Ich wünsche - uns allen - dass wir weiterhin die Kraft haben, das ganze mit den Jahren unseres gelebten Lebens nun doch auf eine Art und Weise ablegen zu können um unser Leben zu leben, mit all dem was uns erfreut.
Grüße Mona
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Uta Klose geb.Heinz aus Biskirchen schrieb am 22.02.2022
Hallo,
im August 1956 war ich " zur Erholung" nach Bad Reichenhall in den Staufenhof geschickt worden .
Durch eine Fernsehsendung heute wurde ich daran erinnert, was ich seit damals verdrängt
habe. Es war eine schreckliche Zeit - für mich entsetzlich die sogenannten Abhärtungsmassnahmen : nackt in einem gekachelten großen Kellerraum wurden wir mit kaltem Wasser aus Gartenschläuchen kalt abgeduscht und dann mit Zweigen von Birken abgeschlagen. Schreckliches Porridgezum Frühstück. Die Liste ließe sich lang fortsetzen wie z. B.barfuß im Nachthemd in der Ecke stehen, wenn man nach dem Hinlegen abends noch ein Wort gesprochen hat.
Ich habe das alles offensichtlich erfolgreich verdrängt, aber es hatte Auswirkungen auf die Zeit danach!
Leider sind meine Eltern schon vor über 30 Jahren verstorben, ich hätte viele Fragen! Nach langem Suchen habe ich noch ein Foto von dort gefunden. Es würde mich interessieren , ob dich noch jemand aus dieserZeit daran erinnern kann.Ich war damals 9 Jahre alt.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Klose ( geb.Heinz)
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Angelika Sroka schrieb am 22.02.2022
Ich war ca.1961/62 im Haus Seestern in Grömitz . Für 6 Wochen ,an die ich mich so gut wie nicht erinnern kann .Nicht an die Fahrt dorthin , nicht an die Heimreise .
Was ich über die Jahre allerdings nie vergessen habe ,war ein Schlag ins Gesicht ,weil ich während der Mittagsruhe auf der Toilette war . Das Erbrechen von einem Abendbrot , hatte es geschafft vom Tisch zu flüchten , bis in unser Zimmer , da kam alles hoch und ich musste es alles wieder sauber machen . Dann an ein Spiel in der Ostsee : Montag , Dienstag....bei Sonntag sollten wir Abtauchen . Ich kann bis heute nicht mit dem Kopf unter Wasser .
Es irritiert mich schon , daß ich mich an so wenig erinnere . Immerhin war ich ca . 10 Jahre alt .
Es wäre schön , wenn sich jemand zumindest an das Haus Seestern erinnern könnte .
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Barbara Blöcker aus Norderstedt schrieb am 22.02.2022
Auch ich war dabei. Damals mit unter meinem Mädchen Namen Barbara Schiweck.
Durch die N3Sendung 45 Min. kam bei mir die Erinnerung an die Zeit auf Langeoog.
Ich war 10 Jahre alt und wegen chronischer Bronchitis zur Verschickung gekommen.
In schlechter Erinnerung habe ich das Essen, besonders die Milchsuppen, die ich bis heute nicht mag. Der Mittagsschlaf war eine Strafe,
militärisch, ich durfte nicht auf Toilette mit Folgen. Das war schlimm. Post an zu Hause wurde kontrolliert, es durfte nichts negatives drin stehen. Dort kam ich kein zweites mal hin.
Dafür 61 und 62 in den Schwarzwald. Ein Heim hieß Heimbachhof. Daran habe ich keine großen Erinnerungen, offenbar war es dort nicht so streng. Ich fühle mich nicht traumatisiert. Der Verschickungsträger war jeweils das DRK Niedersachsen.
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Birgit Hey aus Seeheim-Jugenheim schrieb am 22.02.2022
Liebe Frau Röhl,
seit 3 Tagen lese ich auf dieser Internetseite.
Ich bin sprachlos, welche Dimension dieses Verschickungskinderleid hat. Ich glaubte, wie wohl wir alle, mein Kurheim sei eben Pech gewesen...
Nein, wir alle wurden gequält und mißbraucht. Ich konnte gar nicht alle Berichte von den Betroffenen lesen, soviel Kinderelend verkraftet man gar nicht.
Vor allem haben mich auch die Zusammenhänge mit Nazi Größen erschüttert.
Das es sogar Jahrzehnte möglich war, das diese Unmenschen Positionen innhatten, wo sie sich massgeblich an den Verschickungskindern bereichern konnten und uns schreckliche, traumatische Kuraufenthalte bescheren...
Unfassbar
Ich finde es großartig, das sie diese Zusammenhänge recherschiert und aufgedeckt haben, herzlichen Dank dafür!
Für ein Kind ist es doch das allerschlimmste, so lange Wochen von den Eltern getrennt zu sein.
Dieses bestialische Kontaktverbot und die Briefzensur, wie
konnte man nur so herzlos sein?
Nachdem man ganuer Bescheid weiß, über die Zahlen des Leids, man fragt sich, wie das soooo lange im Dunkeln bleiben konnte....aber Kindern wird eben nicht geglaubt....
Man muß sich auch mal vor Augen führen, wie viele Betreuer (Tanten) da tatkräftig an dem Mißbrauch beteiligt waren.
Haben diese Einrichtungen geziehlt nach sadistisch veranlagtem Personal gesucht???
Auf jeden Fall bin ich froh, das ich die Kur einigermaßen verkraftet habe und ich meine Eltern überzeugen konnte, das ich das niemals wieder machen muß!
Ich hatte recht schnell begriffen, das es besser ist, sich in der Kur zu fügen, sonst wird es nur noch unerträglicher.
Ich erinnere mich an eine Nacht, wo ich mich heimlich zur Toilette schleichen wollte und ein etwa 4 Jähriges Mädchen halbnackt barfuss vor dem geöffneten Flurfenster stehen sah.
Sie hatte ins Bett gepinkelt.... Ich nahm sie mit in mein Bett und hab sie später im Morgengrauen in ihr Bett zurück getragen. Unsere Nachtschwester hat gott sei Dank auch gerne mal gepennt....
Gemästet wurden wir alle auf jeden FALL, ich hasste das Hühnerfrikassee mit wabbeliger Haut, man mußte ja aufessen, egal wie lange es dauerte...
Also lernte ich, schluck, ohne zu kauen, dann haste es schnell hinter dir...

Nachdem ich den Fragebogen gelesen hatte, stellte ich mir selbst die Frage, ob es wohl ausnahmslos "Arbeiterkinder" waren, die verschickt wurden??
Weil nach den Berufen und der Ausbildung der Eltern gefragt wurde??? Sicher hätten gutbetuchte Akademiker einen riesen Wirbel gemacht, hätte man ihre Kinder derartig misshandelt, oder irre ich mich da????
Meine Eltern waren zwar überrascht, über meine Erzählungen und auch empört, aber das wars dann auch.
Sie hatten schließlich den Krieg überlebt! Was ist dagegen so ein bischen "Ärger" in der KUR....
Hoffentlich schmoren die Verantwortlichen für all dieses überflüssige Kinderleid in der HÖLLE!
Ich wünsche allen Leidensgenossen von Herzen alles Gute
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Thomas schrieb am 22.02.2022
Ich war im Alter von 8 Jahren in Neustift. Weil ich so dünn war, bin ich auf Anraten der Klassenlehrerin dorthin geschickt worden.

Weil sich Erinnerungen im Laufe des Lebens verändern/verfälschen können, möchte ich meine mit Hilfe der Erinnerungen anderer auffrischen/ergänzen/korrigieren und im Gegenzug meine Erinnerungen anderen Betroffenen zur Verfügung stellen.

Abfahrt war in einem Bus vom Bahnhof in München. Ich hatte schreckliches Heimweh und habe daher gleich in der ersten Nacht eingenässt und riesige Angst vor den möglichen Folgen. Die zuständige Nonne ging jedoch sehr freundlich mit mir um. Ich habe die meisten Nonnen zwar als pragmatisch und wenig empathisch erlebt, aber nur eine als ausgesprochen bösartig. Diese hat mich immer beschimpft, was für ein schlechter Mensch ich doch sei, obwohl ich mir meines Wissens nichts hatte zu Schulden kommen lassen. Mein Kuscheltier hatte ich im Nachtkästchen versteckt. Nach der ersten Nacht in einem größeren Schlafsaal mit hohen Glasfenstern war ich dann in einem Zimmer mit 3 oder 4 Betten. Ich erinnere mich, dass ich uns alle abends immer in den Schlaf gesummt habe mit von mir erfundenen Melodien, womit die anderen einverstanden gewesen waren. Bzgl. Essen erinnere ich mich nur, dass die schnellsten Esser sich die größte Portion selbst gemachtes Vanilleeis aussuchen durften. Wir saßen in einem großen Saal, die Mädchen saßen an extra Tischen am anderen Ende. Wir haben ein Liedertextheft "Die Mundorgel" geschenkt bekommen und viel gesungen.
Es gab auch kneipp'sche Güsse (warm/kalt) mit einem Schlauch in einer Wanne stehen. Desweiteren gab es Spaziergänge und Schlittenfahrten im Wald. Tagsüber wurden wir beschult, dazu mussten wir eine Treppe ins Dachgeschoss hinauf steigen. Die Lehrerin war, glaube ich, weltlich.
Wenn ich von anderen geärgert wurde, haben die Nonnen nie eingegriffen. Die regelmäßigen Briefe an die Eltern wurden uns diktiert. Ich habe auch Postkarten von Zuhause bekommen, die für mich emotionale Rettungsanker waren. Wie gerne hätte ich meinen Eltern geschrieben, wie es mir wirklich geht.
An Basteln kann ich mich nicht sicher erinnern, aber ich hatte später jahrelang ein Mobile zuhause, wo Bienen aus Bast um einen Bienenkorb flogen, das wahrscheinlich aus dieser Zeit stammt.
Wir studierten ein Krippenspiel ein, wo ich den Adam spielen musste. Die wurde am Schluss vor den abhlenden Eltern aufgeführt. Ich glaube aber, dass nicht alle von ihren Eltern abgeholt wurden. Ich durfte mir dann als Abschiedsgeschenk einen kleinen Teddy aussuchen, der von den Nonnen gestrickt worden war. Geliebt habe ich ihn nicht.
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Hans-Richard Sliwka aus Trondheim (Norwegen) schrieb am 22.02.2022
verschickt – verdrängt – vergessen

1 warum dieser text?
Vor etwa 2 jahren hatte ich im radioprogramm den titel „verschickungskinder“ gelesen. Ich dachte dabei sogleich an eine neue übeltatvariation der priester, pastoren, lehrer, regisseure und trainer. Wegen der frage: ‚was kommt jetzt neues zum tema‘ habe ich mir die sendung angehört und alsbald überrascht erkannt: man spricht über mich. Die bezeichnung „verschickungskind“ war mir allerdings fremd; ich habe mich deshalb nicht unter dieser indizierung identifiziert. Meine eltern hatten mich seinerzeit 6 wochen zur kur geschickt. „Zur kur gehen“ verband man, damals wie heute, mit einem heilenden aufenthalt. Meine kur-zeit hatte allerdings keinen kurierenden charakter. Das zur kur geschickte kind kam als ein verschicktes kind zurück. Eine bestätigung dieser klassifikation fand ich in den berichten, die die schriftstellerin Anja Röhl gesammelt hat. Anja Röhl hat sich zum ziel gesetzt, die erlebnisse und langzeitschäden von verschickungskindern aufzuzeigen. Auf ihrer webseite appelliert Anja Röhl zum einsenden eigener erlebnisse.[1] Durch Anja Röhls initiative habe ich neue startpunkte für den verlauf meines lebens finden können. Zufällig fragte mich einige wochen nach der entdeckung meiner neuen kindlichen einordnung eine 20 jahre jüngere bekannte, ob ich einst verschickt war.[2] Ich war somit doppelt sensibilisiert, meine ins unterbewusste versunkene vergangenheit hervorzuholen.

2 geschichtlich, persönlicher hintergrund
Mein väterlicher grossvater hatte den sicheren tod in den schützengräben des 1. weltkriegs
mit seelischen verletzungen überlebt. Der mütterliche grossvater amputierte als sanitäts-soldat zerschossene gliedmasse. Die mütterliche grossmutter beobachte die vertreibung einer jüdischen nachbarsfamilie. Mein vater nahm als sanitäter in Amsterdam die deportation der juden wahr. Meine mutter war im arbeitsdienst erfolgreich aktiv und sah in ihrer helfenden tätigkeit einen positiven sinn.
Die grosse synagoge in der innenstadt von Essen, dem wohnort meiner eltern und gross-eltern, wurde gut sichtbar von den einwohnern am 9.11.1938 in brand gesteckt. Die mieter vieler Essener wohnungen bemerkten stumm oder allenfalls mit leisem protest die gewaltsame vertreibung von 2500 juden aus Essen.
Essen erhielt während des krieges von der Royal Air Force den label “primary target area for bombing”. Im märz 1943 begannen die bombardierungen. 242 bombenangriffe zerstörten
90% der innenstadt und 60% des übrigen stadtgebietes. Die explodierenden brandbomben bei nacht, später auch bei tag, deprimierten die bewohner. Die letzten bomben 1945 auf Essen töteten Hedwig, meine grossmutter väterlicherseits. Sie hatte alle hoffnung verloren und war nicht mehr zu bewegen, schutz in einem bunker zu suchen.
Die todesängste der grossväter im 1. krieg, die gestapo und die denunziationen ab 1933, der 2. krieg ab 1939 mit erschossenen ehemännern und brüdern, vergewaltigten müttern und schwestern, flucht und vertreibungen, kriegsgrausamkeiten und bombardierungen schafften ein alltägliches leben, in der gewalt, unsicherheit und lebensgefahr normal war.
Angst und schrecken verschwanden für die überlebenden einwohner Essens am 10.5.1945. Das bemühen brot, wasser, unterkunft und arbeit zu finden bestimmten hinfort den tag. Ein politiker wies den deutschen den weiteren weg: „Wer noch einmal eine Waffe in die Hand nimmt, dem soll die Hand abfallen.“ 85% der deutschen bekräftigten in meinungsumfragen und volksentscheiden diese aussage.[3] Doch trotz des deutlich demonstrierten militärischen pazifismus: gewalt gegen kinder galt weiterhin als eine probate erziehungsmetode.
Die im gedächtnis verankerten gewaltsamen erfahrungen der grosseltern, eltern, lehrer und pädagogen blieben lebendig und wurden weitergetragen auf die nun geborenen töchter und söhne.

3 verschickt
Ich bin am 24.10.1948 in Essen geboren, 3 jahre und 5 monate nach kriegsende.
Die versorgungslage war immer noch kompliziert. Die freuden an ihren mahlzeiten, die meine eltern nach den entbehrungen erlebten, konnte ich nicht mitempfinden. Heisshunger oder bevorzugte lieblingsspeisen sind bei mir kaum aufgetreten. Ich blieb im verständnis der elterngeneration ein dünnes kind. Im frühjahr 1955 wurde ich volksschüler in einer klasse von 45-50 kindern. Wie zu hause so auch in der schule erlebte ich gewaltsames vorgehen gegen kinder mittels körperlicher strafen. In den gesprächen mit spielkameraden hörten wir, wie gewaltig es in anderen familien zu ging. Bekannte und kollegen meiner eltern beschrieben lachend und voller stolz, wie sie ihre kinder verprügelten bis sie nicht mehr sitzen konnten. Schlug man in einer familie weniger, so schlug man in einer anderen familie häufiger. Prügelten einige eltern gar nicht, so prügelten manche um so massloser. Das gewaltniveau gegen kinder war in der nachkriegszeit lange konstant.
Als ich 8 jahre alt war, stellte man endgültig fest, ich wäre zu dünn. Man diagnostizierte zwar keine unterernährung, trotzdem empfahl der hausarzt den aufenthalt in einem heim um mich zu mästen. Die kosten der terapie übernahm die krankenkasse. Krankenkasse? Ich fühlte mich mit meinem gewicht nicht krank. Das beabsichtigte ziel und der wohlwollende wunsch, mich selbstständiger werden zu lassen, veranlassten meine eltern mich „zur kur zu schicken“. Meine meinung zur beunruhigenden trennung von mutter, vater, bruder, spiel- und klassenkameraden war nicht gefragt. Ich erinnere mich, das meine mutter begann, namensetiketten in die kleider einzunähen.
Dann kam der tag der abreise. An die sonderzugfahrt mit vielen kindern von Essen bis Dagebüll kann ich mich nicht entsinnen. Ich war zwar bereits oft mit dem zug gereist, aber nicht so weit. Ein so grosses schiff wie die fähre nach Wyk auf Föhr hatte ich noch nie gesehen; die seereise ist mir völlig entfallen. Ich sah auch zum ersten mal das weite meer. Diese entdeckung hat ebenso keine spuren im gedächtnis hinterlassen. (Den überraschenden, erstaunten weitblick mit dem freudigen ausruf „das meer“ höre ich in meiner erinnerung erst 4 jahre später bei ferien auf Walcheren in Holland). Die ankunft auf Föhr und der empfang im kinderheim Schloss am Meer sind mir ebenso nicht gegenwärtig. Der heimname ist mir erst wieder eingefallen durch berichte von verschickten schloss-bewohnern.
Bei der ankunft wurden mädchen und jungen getrennt einquartiert. Ich teilte meinen raum mit 8-10 anderen jungs, möglicherweise einige mehr. Ich erinnere mich nur schemenhaft an eine kurze untersuchung bei einem onkel doktor, der danach nicht wieder erschien. Im speisesal mussten wir an vorbestimmen tischen platz nehmen, wieder jungen und mädchen getrennt. Ein oder zwei kleinere tische fielen auf, vorgesehen für die kalorienarme diät dicker mädchen. Mir fallen keine dicken jungen ein, denen diese ehre zuteil wurde. Dann kam man bald zum wichtigsten punkt des tages: der namentliche aufruf der anwesenden zur zentral platzierten waage. Das gewicht eines jeden kindes notierte man sorgfältig.
An mahlzeiten war ich nicht sonderlich interessiert. Sie waren wohl meist geniessbar, bei einigen gerichten musste ich erbrechen. Ich erreichte aber stets die toilette ohne vomitale spuren zu hinterlassen. Ob ich darauf einen nachschlag des emeticums bekam, das ich als mittagessen verzehrt hatte, daran kann ich mich nicht erinnern. Später wurde ein tisch in der nähe der toilettentür aufgestellt. Hier sassen nun die nausealen hyperemetiker. Ein mädchen werde ich nie vergessen; es regurgitierte in ihren teller und erhielt darauf den befehl zum verschlingen der kotze. Ich empfand das damals zwar als sauerei, es wunderte mich aber nicht. Es war lediglich eine innovative variation bekannter bestrafungen. Das mädchen mit dem teller voll erbrochenem hat zu meiner grossen bewunderung ihr hervorgewürgtes mahl mit grosser ruhe vertilgen können. Ich kann meine erinnerungsfetzen an weitere vomitale verspeisungsvorfälle nicht zusammensetzen. Es wäre möglich, das solche fälle mit heulen und zähneklappern geendet haben. Das souveräne verhalten des mädchens war allerdings einzigartig und beeindruckte mich sehr; in ihr haben sich in meinem gedächtnis möglicherweise andere kotzereien kondensiert.
An zwei zeitpunkte im täglichen stundenplan kann ich mich gut erinnern. Morgens mussten wir uns im waschraum halbnackt waschen unter distanzierter beobachtung einer einzigen tante. Abends war nacktwaschen vorgeschrieben. Im grossen waschraum standen viele kleine nackte jungs, nun beaufsichtigt von mehreren glotzenden tanten, die auch durch die reihen gingen. War ein kind zu laut, bekam die geräuschquelle einen klaps auf das nackte gesäss. Ich habe mich damals gefragt, warum man abends mehr aufsichtspersonal benötigte als morgens. Erst viel später erriet ich den grund: die zahlreichen tanten eilten freiwillig zum jungenwaschraum. Die sicht auf die vorpubertären unterleibsregionen der jungs erfreute die tanten, wie wir aus ihrem lebhaften gekicher und geflüster hätten feststellen können, wenn wir bereits sinn für solche zusammenhänge gehabt hätten.
Vom übrigen tagesablauf habe ich nur verschwommene anhaltspunkte. Das vorgeschriebene schlafen nach dem mittagessen erlebte ich als zumutung. Ich war hellwach und hatte wie alle 8-jährigen, den drang mich zu bewegen. Ich ruhte also gezwungenermassen auf der liege und schaute umher. Eine tante befahl dann strengstens die augen zu schliessen, was ein sehverbot darstellte. Ich möchte das als ersten übergriff mir gegenüber definieren. In gewissen abständen postkarten oder briefe nach hause zu schreiben war für mich als ein noch schreibenlernender schwierig. Ich war den tanten deshalb dankbar für vorformulierte sätze, selbst wenn sie meine wahrnehmungen nicht wahrheitsgemäss darstellten.
Prügelnde und ohrfeigende tanten habe ich nicht beobachtet. Die strafen waren gemeiner. Mein schlafsaal lag gegenüber der toilettentür. Neben der toilette befand sich der wohn-raum einer tante. Der lokus alten stils wirkte mit einer sehr effektiven wasserspülung, die von grosser höhe mit lautem getöse die hinterlassenschaften verschwinden liess. Die benutzung der toilette und der anschliessende wasserfall störte verständlicherweise die nachtruhe der im zimmer nebenan schlafenden tante. Wir erhielten daher striktes toiletten-benutzungsverbot. Ein eimer wurde notgedrungen als urinoir ins zimmer gestellt. Es gab zwei nächte während unserer heimzeit, in denen wir aussergewöhnlich grosse mengen urin abgaben. Der eimer war also bald vollgepisst. Um ihn nicht überlaufen zu lassen gingen wir zur toilette und benutzten danach intuitiv die wasserspülung. Die schlafgestörte tante kam wutentbrannt aus dem zimmer. Die kollektivpissenden übeltäter mussten sich nun mit dem gesicht zur gangwand aufstellen mit "hände hoch". Demjeningen, dem die erhobenen hände absackten, bekam von der tante einen schlag auf den arsch. Dadurch qualifizierte sich der pisser für eine decke, die die tante dem deliquenten, nun "hände runter", überlegen konnte, denn es war kalt im gang. Das ergebnis dieser pädagogischen massnahme war vor-programmiert. Bei der nächsten polyurie pinkelten wir den eimer voll bis zum rand und darüber hinaus. Die überlaufenden renalen exkretionen verteilte sich gelblich-grossflächig auf dem zimmerboden. Diese sauerei kritisierte indigniert am nächsten morgen die dienst-habende tante. Ich möchte dies als zweiten persönlichen übergriff definieren. Ein 8-jähriger kann rational entscheiden, hat durchaus einen begriff von ursache und wirkung. Das resultat unseres dilemmas (was wir auch tun ist falsch) konnten wir allerdings intellektuell nicht verarbeiten. Von Antigone hörten wir erst später in der schule. Der übervolle eimer und die verbotene toilette verdeutlichen das pädagogische ungeschick der tanten. Ich habe leider vergessen, wie der konflikt zwischen der zürnenden diensttante, der unausgeschlafenen latrinentante und uns jungen mit imperativem harndrang aufgearbeitet wurde. Ich frage mich heute, wie die nächtlichen faeces verschwanden. Der einzig zulässige ort war das WC, denn einen behälter für skatologische gebilde hatte man uns wohl aus olfaktorischen gründen erspart. Da die benutzung der wasserspülung verboten war, müssten sich im laufe der nacht allerlei exkremente im scheisshaus angesammelt haben, was zusammen mit dem lokuspapier sicher zu verstopfungen geführt hat. Ich kann mich aber weder an solche anrüchigen schandtaten noch an folgende bizarre strafaktionen erinnern.
Während eines ausgangs mit versteckspielen zwischen bäumen und büschen packten mich plötzlich zwei heimjungen und führten mich zu einer abgelegenen lichtung. Hier befahl mir eine grossschnauze gegen einen ausgewählten jungen zu kämpfen zur feststellung des stärksten im schloss. Ich protestiere mit dem argument, das bestimmen des stärksten interessiere mich nicht. Kampfverweigerung oder flucht war jedoch nicht möglich. Ich bekämpfte deshalb den mir angewiesenen gegner und verlor. Mit dem ablegen eines gelübdes, nichts über den mannhaft-muskulösen unsinn zu erzählen, entliess man mich aus dem kreis der starken jungs. Ich hielt leider mein versprechen. Irgendein verrückter kerl im heim hetzte andere jungs gegeneinander auf und die tanten ignorierten dieses inhaltslose männlichkeitssritual.
Einer der letzten tage im schloss begann feierlich. Vor versammelter gesellschaft betrat jedes mädchen und jeder junge die waagschale. Lautstark wurde darauf anfangs- und endgewicht des probanden proklamiert und die gewichtszunahme beurteilt, je zahlreicher die kg, desto grösser die fröhlichkeit. Das am meisten zugenommene kind erklärte man mit tösendem applaus zum sieger. Die verkündigung meiner kläglichen zunahme von 50 g[4] notierte man mit verdruss. Ich aber war begeistert. Instinktiv hatte ich mich den zwängen und vorschriften der schlosstanten verweigern können durch unbewusste beschränkung der ohnehin unschmackhaften mahlzeiten. Die öffentlich bekundete minimalzunahme war mein protest gegen das schloss, gegen arzt, eltern und krankenkasse, die mich dorthin verschickt hatten. Diese interpretation habe ich damals als 8-jähriger sicher nicht ausdrücken können. Erinnerungsfragmente lassen jedoch diese schlussfolgerung zu. Die gewichtsabnahme der anfangs zu dicken mädchen vermerkten die dicker gewordenen jungs mit geringem applaus.
Der letzte tag im schloss, die rückfahrt mit schiff und zug nach Essen, die freude zu hause zu sein, eltern und bruder zu sehen, wieder in den klassenverband aufgenommen zu werden, von alledem hat sich nichts eingeprägt. Habe ich meinen eltern, meinem bruder, den klassenkameraden von meinen bedrängnissen erzählt? Ich vermute, ich habe sehr zurückhaltend und wortkarg berichtet.

4 konklusion
Die 6-wöchige, 42 tage lange residenz im Schloss am Meer hat kein angenehmes andenken hinterlassen. Allerdings registriere ich beim nachsinnen 65 jahre später auch keine mich traumatisierenden vorfälle im Schloss am Meer.
Im nachhinein ist mir das fehlen von männern im heim aufgefallen. Wir kinder hatten nur mit frauen zu tun. Ob man sie tanten nannte oder nennen musste ist mir entfallen. Wenn es onkel gegeben haben sollte, so blieben sie unregistriert im hintergrund. Die tanten begegnen mir im rückblick als gesichts- und namenslose wesen. Sympatie oder antipatie konnte sich deshalb nicht entwickeln. Bis auf eine ausnahme: tante Siegrid war etwas älter als die anderen. Mit ihr war es angenehmer, sie zeigte uns eine gewisse zuneigung. Aber auch sie war keine verschweigungspflichtige vertrauensperson, keine ombudsfrau, der man probleme hätte mitteilen können. Hatten die jungen tanten damals eine pädagogische ausbildung? Reichte als qualifikation zum umgang mit kindern möglicherweise nur ihre fertilen fähigkeiten als künftige mütter?
Ich habe keine royale hierarchie im schloss bemerkt. Eine majestätische obertante, verantwortlich für die vorgänge, hat sich nicht offenbart.
Ich schliesse für meine periode im schloss die in anderen berichten vermuteten medikamententests aus. Solche untersuchungen erfordern genaue protokollierung. Ich konnte das nicht beobachten. Gerade das erbrechen hätte genau aufgezeichnet werden müssen als unverträglicheitsindikator eines arzneimittels.
Im rückblick hatte die verschickung einige durchaus wünschenswerte wirkungen auf mein leben. Ich habe gelernt in einer gruppe fysisch anwesend zu sein ohne psychisch dazu-zugehören. Dies hat mir später geholfen, bei langweiligen konferenzen und besprechungen mich von den rednern abzukoppeln und mich gedanklich mit interessanteren dingen zu beschäftigen. Der ringkampf zur bestimmung des stärksten jungen hat in mir eine geringschätzung jeder korporation ausgebildet. An mannschaftssportarten habe ich nie gefallen finden können. Gegen die allergrösste, seinerzeit obligatorische nationale männergemeinschaft entwickelte ich eine starke abneigung. Meine kriegsdienst-verweigerung hat wahrscheinlich zu einem teil mit der kasernierten kur auf Föhr zu tun. Ich habe vermutlich im schloss eine erste vage antwort zur frage gefunden: Ist das, was alle tun, unbedingt richtig? Ist es richtig für mich?[5]
Für den norddeutschen tourismus resultierte meine vorübergehende anwesenheit auf Föhr in einer darauffolgenden fortwährenden abwesenheit. Wenn mir freunde erzählen, sie wollen ferien auf Föhr machen, so reagiere ich instinktiv mit dem gedanken: da fahr ich nicht hin. Föhr hat mir auch die ostfriesischen inseln versperrt. Die westfriesischen inseln Texel, Vlieland und Ameland habe ich dagegen oft besucht. Mit diesen inseln verbinde ich schöne erfahrungen. Als die direktflüge von Trondheim nach Amsterdam eingeführt wurden, sass ich bevorzugt auf der rechten seite und erfreute mich im anflug auf Amsterdam bei klarem wetter im westen Schiermonnikoog, Ameland, Terschelling und etwas weiter entfernt Vlieland zu erkennen. Die direkt unter mir liegenden deutschen inseln von Wangerooge bis Borkum nahm ich nicht wahr. Bei anderen flügen nach Amsterdam, auf der linken seite des flugzeugs sitzend, schaute ich interessiert auf die dänische küste, auf die inseln Fanø und Rømø bis zum gut zu erkennenden Sylt. Meine geografischen beobachtungen waren damit abgeschlossen; Föhr und die nachbarinsel Amrum bemerkte ich nicht.
Als unangenehmer langzeitschaden des heimaufenthalts vermute ich den 6-wöchigen ausfall des rechenunterrichts. Ich habe den fehlenden stoff zwar den regeln entsprechend aufholen können. Es ist aber möglich, das mir die lange unterrichtspause einen ganzheitlichen zugang zur matematik verwehrt hat.
Mein jüngerer bruder ist 1 oder 2 jahre später ebenfalls verschickt worden, nach Bayern.
Ihm haben die 6 wochen als verschickungskind gefallen. Es ging also damals auch anders.
Wir brüder haben allerdings untereinander nie wieder unsere heimaufenthalte erwähnt.
Erstaunlicherweise habe ich, das verschickte kind, aus der unangenehmen residenz im Schloss am Meer einiges positiv prägende mitnehmen können für den darauffolgenden lebenslauf.

5 epilog
Was ist aus dem kleinen mädchen geworden, das gefasst ihre kotze verschlang? Hat sie emotionelle langzeitschäden davongetragen? Sie verhielt sich aussergewöhnlich; ich vermute, sie hat die brechreizeregende dummheit der tanten nicht in ihre seele eindringen lassen. Warum haben wir kinder unser gemeinsames leiden individualisiert? Warum habe ich als 8-jähriger nicht dem gleichaltrigen mädchen geholfen? Ich war zu unterstützender solidarität nicht fähig.
Gewalt gegen kinder hat die kinderbuchautorin Astrid Lindgren (1907-2002) unmiss-verständlich kritisiert. Warum war es eine bewohnerin aus dem vom krieg verschonten Schweden, die gewalt gegen kinder als frevel bezeichnete? Warum entsprang aus dem leidzufügenden und leidenden volk der dichter und denker nach dem krieg nicht sofort eine gewaltfreie pädagogik? Warum gaben deutsche juristen ihren kindern keine besonderen rechte? Die UN-kinderrechtskonvention trat 1990 in kraft. In Deutschland wurden körperstrafen eine generation nach mir, ab etwa 1968 verpönt, dann 2000 unzulässig und 2001 strafbar.[6]
Hätten die tanten im Schloss am Meer wegen "schwarzer pädagogig"[7] angeklagt werden können? Hätten deutsche juristen, die nach dem krieg die beihilfe zum massenmord mit milden strafen verurteilten,[8] erzwungene emetofagie als justiziabel angesehen?
Die naziführer und nazitäter nannten in den gerichten als motivation für ihre mörderischen untaten den befehlsnotstand. Man hätte nach 1970 eltern, erzieher, lehrer und pädgogen nach ihren beweggründen zur gewalt gegen ihre kinder befragen müssen. Ein befehl lag nicht vor. Eine darlegung der gründe hätte die moralische schuld der täter und tanten aufgedeckt, reue und auch die bitte um verzeihung ermöglicht.


[1] https://verschickungsheime.de/ https://anjaroehl.de/ abgerufen am 18.2.22
[2] Ich danke Nike Knoblach für diskussionen, anmerkungen und korrekturen mit einem soziologisch-
pädagogischen blickwinkel.
[3] Jürgen Kuczynski, So war es wirklich - Ein Rückblick auf 20 Jahre Bundesrepublik, Staatssekretariat für westdeutsche Fragen, Berlin 1969, p. 113
[4] Ich kann mich an die genaue gewichtszunahme nicht erinnern. Es war aber sehr wenig im vergleich zu den anderen.
[5] Die beantwortung der frage „Ist das, was alle tun, richtig für mich?“ hat mir früh ermöglicht, gruppenzwängen auszuweichen. Alle rauchten zu meiner jugendzeit. Ich nicht. Einige soffen. Ich
war nie besoffen. Alle trugen bei feierlichkeiten anzug + krawatte. Ich sah keine praktische funktion dieser textilien. Alle assen alles. Ich kaute ab einem bestimmten zeitpunkt keine kadaver mehr. Ein relikt aus dem mittelalter, die deutsche unrechtschreibung, ersetzte ich mit der reformierten, gemässigten kleinschreibung. Die ausgrenzenden konsequenzen, manchmal auch die ermutigende anerkennung als aussenseiter nahm ich in kauf. Bemerkenswert ist eine
beobachtung, die mir während des schreibens zum ersten mal deutlich wurde. Alle machten zu meiner jugendzeit möglichst schnell den führerschein und kauften ein auto. Sie erlebten die neue mobilität als zunahme der persönlichen freiheit. Ich zögerte diese wünsche hinaus, folgte dann aber doch dem trend der altersgenossen. Ich erhielt problemlos meinen führerschein. Ich kaufte ein auto. Wollte es dann aber zu meiner überraschung gar nicht fahren. Ich überwand erfolgreich den fahrwiderstand und bin dann viel gefahren. Von Essen zum studienort Fribourg (Schweiz) und zurück mehrmals im jahr; lange autofahrurlaube führten wiederholt bis Rumänien und Griechenland. Gute erinnerungen mit dem auto haben sich nicht eingeprägt; die lebensgefährlichen episoden sind jedoch präsent. Allmählich verursachte mir das fahren auch von kürzeren strecken eine ungeheuere langweiligkeit. Es erhöhten sich zunehmend die sekundenschlaf-momente. Nachdem ich 10 jahre am steuer sass, beschloss ich eine autopause einzulegen. Auf 10 gute jahre sollten nun 10 schlechte jahre kommen (in anlehnung an die alttestamentliche weisheit: nach 7
reichen jahren folgen 7 hungerjahre). Ich fuhr das fahrzeug zum schrottplatz und erlebe nun seitdem ohne auto die umweltfreundliche unabhängigkeit. Ich habe keine autofobi. Ich fahre gern mit. Doch für mich ist autofahren einfach nicht mein ding. Ich vermute, die verschickung ins Schloss am Meer hat mir den keim gegeben, unannehmlichkeiten und unverträglichkeiten zu erkennen und zu vermeiden.
[6] Bundesgesetzblatt 2000 Teil 1 nr. 48, s. 1479; § 1631 Abs. 2, Bürgerlichen Gesetzbuches 2001
[7] Unter schwarzer pädagogik wird erziehung verstanden, die gewalt, einschüchterung und
erniedrigung verwendet.
[8] Frankfurter Ausschwitzprozesse 1963-1968 und spätere vernichtungslagerprozesse

Trondheim 18.2.2022

Zur person
Hans-Richard Sliwka, deutscher und schweizer staatsbürger, verheiratet mit einer griechin, die ebenfalls schweizerin ist, lebt in Trondheim (Norwegen). Die nachnamensgebenden vorfahren stammen aus Östereich-Ungarn, aus einer gegend, die heute in Polen, Tschechien und der Slowakei liegt. Geboren am 24.10.1948 in Essen, einschulung 1955, dann 1 jahr gymnasium, 6 jahre realschule, 3 jahre ausbildung als chemielaborant (chemieindustrie, berufsschule), arbeit als chemielaborant, danach abiturklassen. Seit november 1972 studium der chemie in Fribourg (CH), abschluss als diplomchemiker, anschliessend promotion. 1984 post-doc in Trondheim (Norwegen), darauf in Trondheim industriechemiker, dann universitätsangestellter mit aufgaben in forschung, lehre und administration. Seit november 2018 rentner.


Hans-Richard Sliwka
Skansegata 26A
7014 Trondheim
Norwegen

richard.sliwka@ntnu.no
0047 73525538
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Brigitte Wagner schrieb am 21.02.2022
Ich habe mit Interesse den Beitrag über die Verschickungskinder am 14.2.22 im TV verfolgt.

Nach Recherchen auf Ihrer Liste der Heime bin ich bisher nicht fündig geworden.
Ich erinnere, dass ich als Kind scheinbar auf Grund von häufiger Bronchitis verschickt wurde. Nach Beratung mit dem Hausarzt ( in Hamburg, Feldstr. oder Karolinenstr.) vermittelte das Bieberhaus (Hamburg / Hauptbahnhof) die Verschickung.

An Hand meiner Postkarten, die ich ins Heim bekommen habe, war ich ca.vom 20.2.1960. - 29.3.1960 letzte Postkarte im Haus Nordmark, Duhnen/ Cuxhaven.

Ich entsinne ebenso wie andere Kinder Schikanen in der Form, dass ich auf den Treppenstufen ( 2-3 kleiner Absatz) vor dem Schlafsaal sitzen musste bis alle anderen eingeschlafen waren, weil ich die Nachtruhe mit reden oder weinen gestört habe. Es war kalt im Treppenhaus und ich bin während der Kur erkrankt (mehrere Tage Fieber/ nachgelesen auf Karten an mich) und durfte nicht mit den anderen Kindern spielen.

Auch erinnere ich selber, dass mein Bett aus der Reihe genommen und an die andere Wand gestellt wurde.( weil ich störte)  Damit fühlte ich mich bestraft, aber es hatte den Vorteil, dass mein Bett nun so stand, dass wir alle von dort rückwärts gehockt ins Waschbecken uriniert haben, da wir nachts nicht zur Toilette durften.

Was das Essen anbelangt steht auf meinen Karten, dass ich nun wohl auch Milchsuppen und Pudding essen mag…. ich hasse diese Gerichte seit Jahrzehnten!

An Hand der Postkarten kann ich eine Tante Und eine Schwester als fürsorglich um unser „Wohlergehen bemüht“ benennen.
Als ich aus der Kur zurück kam hatte ich dann gleich Keuchhusten mitgebracht.

Ich fühle mich nicht traumatisiert, würde aber doch gerne wissen, ob auch dieses Heim dazu gehört und Ihnen evtl. von anderen ehemaligen Kindern bekannt ist.

Zu meiner Person : Mein Name war Brigitte Böbs,
geb. Nov. 1954 - also zur Zeit des Aufenthaltes 5 Jahre und 3 Monate alt.
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Christian aus Düseldorf schrieb am 21.02.2022
Mein kleines Auto hab ich so geliebt. Als Flüchtlingskind, mit den Eltern ein Jahr vorher aus Polen ausgesiedelt, gab es wenig Spielsachen. Dieses kleine Auto war ein Geburtstagsgeschenk zum 7. und ich wollte es unbedingt zur "Erholung" mitnehmen. Mit meiner zwei Jahre älteren Schwester und einer Karte um den Hals haben uns die Eltern in einen Zug gesetzt. In Buchau angekommen, wurden wir von lautem Personal getrennt, Mädels zu Mädels, Jungen zu Jungen (Kontakt während der "Erholungszeit" war nicht möglich). Wir mussten unsere Taschen leeren und durften nichts Persönliches behalten, das kleine Auto auch nicht.
Danach begann ein liebloser Befehl- und Gehorsam-Terror: Reden (und spielen mit anderen Kindern) nur, wenn es ausdrücklich erlaubt war. Essenzwang, egal ob man auf die eklige Puddingsuppe Appetit oder Hunger hatte. Schlafen im Schlafsaal, wenn es angeordnet wurde. Wer nicht sofort parierte wurde durch öffentliche Erniedrigung bestraft. Davor hatte jeder Angst Diese Angst begleitete einen vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Denn jede Kleinigkeit wurde geahndet. Nahezu militärisch durchgetaktet waren die Tagesabläufe. Viele sind dadurch Bettnässer geworden, die einen Socken an das Bettgestell knoten mussten, nächtens rau aus dem Schlaf gerissen wurden und so lange auf der Toilette verbringen mussten, bis das kleine Geschäft erledigt war. Die Zeit war alles andere als erholsam und kam mir wie ein nicht enden wollender böser Traum vor. Nur in der Nacht, in den Träumen, gab es noch eine gute Welt - und mein kleines Auto.
Dann nach sechs Wochen durften wir endlich unsere Sachen packen. Keiner konnte oder wollte mir sagen, wo mein kleines Auto war. Ich sah es nie wieder. Dennoch war ich heilfroh, Buchau auch ohne mein kleines Auto zu verlassen.
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Michelle schrieb am 21.02.2022
Ich war im Jahr 1978 mit sechs Jahren im Kinderheim Waldrennach. Wenn ich heute danach suche finde ich nicht wirklich etwas über das Heim. Aber ich habe den Bescheid des Sozialamtes, den meine Eltern damals erhalten haben. Bei meiner Einschulungsuntersuchung hat man festgestellt, dass ich etwas nervös war. Aufgrund dessen haben mich meine Eltern als Sechsjährige zum Bahnhof gebracht und in den Zug gesetzt. Danach habe ich sechs Wochen von Ihnen nichts gehört und kam zu Nonnen. Ich weiß zwar nicht mehr wie wir sie angesprochen haben aber optisch waren es Nonnen. Jungen und Mädchen waren getrennt. In meiner Erinnerung gab es zwei Haushälften. So war auch der Speisesaal getrennt, so dass sich Jungen und Mädchen nie begegnen (Einmal habe ich mich kurz mit einem im Speiseraum unterhalten können).Wir durften uns nicht unterhalten, durften nur zu bestimmten Zeiten auf die Toilette, mussten alles auf Essen, mussten gegebenfalls stundenlang am Tisch sitzen, wenn wir gebrochen haben mussten wir es entweder aufessen oder wegwischen, wenn wir nachts auf die Toilette mussten und erwischt wurden wurden wir eingesperrt und wenn man Pech hatte musste man dann immer noch. Ich kann mich erinnern dass ich im Duschraum eingesperrt wurde für die ganze Nacht und mein großes Geschäft nicht mehr halten konnte. Am nächsten Morgen musste ich es aufwischen während die anderen Kinder zugeschaut haben. Die Briefe wurden zensiert oder wir bekamen gar keine. Ich kann mich erinnern dass wir einmal bei der Schlachtung eines Schweines zuschauen mussten, dem die Kehle durchgeschnitten wurde und es elendig verbluten musste. Mir wurde der Kopf festgehalten. Wir hatten immer Angst vor Bestrafung und teilweise wurde auch Gewalt angewandt. Von meinem sechs Wochen Aufenthalt kann ich mich nur an kleine Bruchstücke erinnern und weiß, dass ich danach total traumatisiert war. Ich habe jahrelang Albträume gehabt.
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Birgit Hey aus Seeheim-Jugenheim schrieb am 21.02.2022
71/72 Durch Zufall habe ich den TV Beitrag im NDR gesehen und bin so auf diese Internetseite gestossen . Bis heute hab ich gedacht , das es nur in meinem Kinderkurheim so zugegangegangen ist, wie schrecklich, das es allen Verschickungskindern so ergangen ist! Auch ich erinnere mich an das Zwangsessen und das nächtliche Toilettenverbot. Seit damals bekomme ich sofort Kopfschmerzen, wenn ich pinkeln muß und keine Toilette ins der Nähe ist...Ja, viele Berichte sind sich in der Sache ähnlich .
Ich habe seither oft von diesen Erlebnissen erzählt , sogar im Urlaub 2 MAL Menschen getroffen, die im selben Kurheim gewesen sind.
Zwar lange später, aber da hatte sich noch nichts gebessert.
Ich habe sehr darunter gelitten, das ich meinen Eltern nicht "echt" schreiben durfte, sondern man mir jeweils wöchentlich einen Brief diktiert hat.
Pakete von Daheim wurden geplündert, die Sachen mir nicht ausgehändigt.
Nach ca. 3 Wochen habe ich mal geholfen, beim Koffer auspacken der Neuankömmlinge.
Ich durfte Süßigkeiten behalten und andere Dinge, die in den Koffern waren.
Nun wußte ich, wie meine eigenen Sachen verschwunden sind! Die "Tante hat hauptsächlich das Geld an sich genommen....Allerdings muß ich sagen, das dort auch Betreuerinnen waren, die sehr lieb mit uns Kindern umgegangen sind. Aber es gab eben auch die BÖSARTIGEN.
Auch ich wurde in dem Kurheim gemästet, nur dicke Kinder sind ein Kurerfolg....Das täglich ein Kind erbrochen hat, war der blanke Horor
Nachts bloß nicht weinen und um Gottes Willen nicht aufs Klo müssen, das wurde mit Ohrfeigen betraft!
Ich glaube, ich hab 6 Wohen lang Nachts still ins Kissen geweint und gedacht, ich sehe meine Eltern nie wieder...Ich bezeichne diese Zeit immer als "Kinderknast".
Es ist furchtbar traurig, das alles so spät ans Tageslicht kommt, die Verantwortlichen kann man sicher nicht mehr zur Rechenschaft ziehen, weil wohl kaum noch jemand von damals lebt....
Alles was ich aus den ganzen Erfahrungsberichten lesen konnte, es war ein Albtraum für uns Verschickungskinder
Viele haben lebenslang damit zu kämpfen, was sie in dieser Kinderkur erleben mußten. Die Nordsee ist seitdem für mich kein Ort, um einen Urlaub zu verbringen, weil mit viel zu düsteren Erinnerungen verbunden. Im TV Beitrag wird sogar erwöhnt, das in vielen Heimen Medikamentenversuche mit den Kindern gemaht wurden, das ist grauenvoll. Ich war jedenfalls mit 10 also ein Jahr nach meiner Kur bereits schlagartig "Erwachsen" bekam meine Periode, das ist doch nicht normal???? Wüßte heut gerne , ob es da einen Zusammenhang mit dieser Kur gibt????
Nach meiner Rückkehr hatte ich auch ein anderes Verhältnis zu meinen Eltern. Ich konnte es ihnen nicht verzeihen, das sie mir zugemutet haben, 6 Wochen alleine solchen Menschen/Zuständen ausgeliefert zu sein und das ohne jeden Heimatkontakt .
Zuerst haben mir meine Eltern diese "Schauermärchen" gar nicht geglaubt.
Die "Tanten" hatten ja nur positives zu berichten....und Kinder phantasieren sich nur was zusammen....
Erst als wir "Leidensgenossen" besucht haben, wurde klar, das ich mir nichts ausgedacht habe.
Mein Vater hat beim Axel -Springer Verlag gearbeitet und ich wurde von der dazugehöhrigen BKK verschickt.
Vater hat später beim zuständigen "Chef " vorgesprochen und die Zustände geschildert . Angeblich wurde damals dafür gesorgt, das kein Kind eines Betriebsangehöhrigen mehr dort hingeschickt wurde.
Nur traurig zu lesen, das es sozusagen überall in den VERSCHICKUNGSHEIMEN so zugegangen ist und ich nicht nur in einem bedauernswerten "Einzelfall" untergebracht war.
Ich wünsche all den Verantwortlichen von damals , sofern sie noch leben, das sie hoffentlich noch irgendwo und irgendwann eine Strafe erhalten! Schade, das siese Intitiative so lange gebraucht hat, um zu wachsen, wir alle hätten viel früher inseren Mund aufmachen sollen....
Warum haben wir ALLE solange gewartet???
KINDER leiden scheinbar STILL UND STUMM und alles wird Ewigkeiten verdrängt.
Vielleicht finden sich Leidensgenossen aus meiner Zeit, die auch im gleich Heim untergebracht waren???
ALLES GUTE
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Angela aus Bad Dürrheim schrieb am 21.02.2022
Hallo, Dagmar, ich habe deinen Bericht gelesen und mich gefreut, dass du so positiven Bericht geschrieben hast. Natürlich kann man das alles im zeitlichen Zusammenhang sehen. Und viele haben das auch gemacht. Stell dich nicht an, Andere haben schlimmere Erlebnisse gehabt, es war die Zeit, Kindheit wie heute gibt es nicht. So haben wir das Jahre lang gemacht, und vieles ist in Versenkung gelandet. Trotzdem hatten wir eine Seele, trotzdem hatten wir schlimme Dinge erlebt, die , ich spreche von mir, die mich geprägt haben. Einseimkeit, Isolation, kein Vertrauen, immer krank, selbstmordgedanken. Heute, besser seit 2 Jahren, verstehe ich die Zusammenhänge, und mache eine Traumatherapie. Höre auf, alles schön zu reden. Und meiner Familie und Umwelt und mir! tut es gut, zu diesem kleinen verletzten Kind zu schauen. Es war schrecklich. Und es tut gut, dass man nicht allein ist. LG Angela
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Huefler, Christina aus Hamburg schrieb am 20.02.2022
Während des Essens gesprochen. Wurde daraufhin in Unterwäsche mit zugeklebtem Mund zum Schlafappell vor die Tür der Schlafräume plaziert. Nur um ein Vergehen zu nennen. Müsste ich nicht wieder haben und hat mich ich als Kind bestimmt traurig gemacht. Aber nun 50 Jahre später ist mal Schluss. Bis zu Ihrem Bericht habe ich nicht ein einziges Mal dran gedacht und werde es auch so beibehalten. Es tut mir leid für die, die unter den Umständen noch immer leiden. Ich wünsche Ihnen alles Gute
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Sabine aus NRW schrieb am 20.02.2022
Ich bin Sabine, geboren im Mai 1963. Im Frühjahr 68 war ich in Sylt, da war gerade 5 geworden. Ich war immer klein und dünn und verschnupft, da gab man meinen Eltern den Rat mich auf eine Kinderkur zu schicken. Ich kann mich an eine lange Bahnfahrt von BW nach Sylt erinnern und dass ich entsetzlich Heimweh hatte und viel geweint habe, was ich nicht durfte. Ich erinnere mich an ein Gitterbett und dass ich ständig ausgeschimpft wurde, weil ich nachts nicht trocken war. Noch heute fühle ich mich entsetzlich, wenn ich daran denke. Irgendwann durfte ich zum Strand und mit den anderen Kindern essen. Das war fast noch schlimmer. Ich sollte riesige Portionen Grießbrei und Hafrebrei essen, was ich verabscheue und stundenlang am Tisch sitzen, um zu essen. Das mit dem Erbrochenen aufessen kommt mir bekannt vor, hab den Geruch in der Nase. Ob ich das gemacht habe, weiß ich nicht mehr. Meine Eltern haben mir wohl Süßigkeiten und Kleidung geschickt, die ich nie bekam. Nur die Karten, die mir mein Vater geschrieben hat. Daher weiß ich auch das Datum. Vieles ist wie im Nebel und es kommen nur Bruchstücke…es ist, als ob sich etwas in mir an das Erinnern wehrt. Als ich wieder zu Hause war, habe ich meine Eltern und Geschwister nicht erkannt und war teilnahmslos. Eingenässt habe ich zu Hause auch noch. Ich sollte mich deswegen schämen, und das tue ich glaube ich heute noch…Ein Jahr später war ich dann im Schwarzwald zur Kur, ich weiß nicht wo, nur dass es Inhalationen gab. Daran habe ich sehr wenig Erinnerungen. Die Aufenthalte waren jeweils 6 Wochen.
Es tut sehr gut, darüber zu schreiben und sich hoffentlich mit anderen ehemaligen Verschickungskindern auszutauschen zu können um endlich alles aufzuarbeiten.
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Karin schrieb am 18.02.2022
Ich war als 11jährige für 6 Wochen wegen Untergewichts dort und kann Postzensur, Einbehalten von Geschenkpaketen und Zwangsessen (einen großen Teller gewürfelte Möhren nach vorherigem nächtlichen Erbrechen) erinnern. Es gab auch nette junge Tanten, die trotzdem unwürdige bis traumatisierende Umgangsweisen mitgetragen haben. Alles in allem keine besonders schöne Zeit.
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Vicky schrieb am 18.02.2022
Ich war mit 4 Jahren im Kraushübel im Morgenröthe Rautenkranz. Ich habe einige Bruchteile an Erinnerungen. Eher negativer Art. Bürstenmassagen in der Reihe stehend, essen bis zum umfallen. Ich war zu dünn,durfte mehr essen und wurde durch andere Kinder mit kleineren Portionen gemobbt. Nachts war es am schlimmsten. Ich hatte starkes Heimweh. Gefühle von klein sen,allein sein und au h wertlos sein begleiten mich.

Gibt es jemanden,der in dieser Zeit ebenfalls dort war?!
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Monika Dombrink aus Rietberg schrieb am 17.02.2022
Eigndlich liebe ich die Insel und bin Immer wieder von der Insel begeistert. Dennoch wünsche ich mir einfach das ich mich besser an die Zeit erinnern kann. Ich war mit meinem Bruder zur Erholung da. Er wohl in einem Schlafzimmer mit 8 jungen und ich war erst 5 Jahre alt mit zwei kleinen Mädchen. Speiseraum waschkeller lange Spaziergänge nonnen und Erzieher. Bestrafung gab es auch müsste in der Mittagspause in der Ecke stehen im Schlafzimmer der oberin. Nachdem ich mal eingenaesst habe wurde ich nackt auf einem Stuhl gesetzt im Flur bis mein Bett fertig war. Ich durfte erst raus zum Spielen wenn ich es geschafft habe meine Schuhe zu binden. Und da ich zunehmen sollte bekam ich Schmalz Brote zu den Mahlzeiten, die ich essen musste. Ein Päckchen von Oma mussten wir mit allen t eilen...
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Carola Wolff aus Berlin schrieb am 17.02.2022
Aufgrund der Berichterstattung bin ich im Zuge meiner Zraumatherapie auf dieses Thema gestoßen.
Ich muss etwa 8 oder 9 Jahre alt gewesen sein, als ich zur 6wöchigen Kur nach Juist verschickt worden bin. Meine Grundschule war die Zürich- Grundschule in Berlin Neukölln.
Wer war noch mit? Wer kann sich erinnern? Was haben die dort mit uns gemacht?
Seit Jahrzehnten quäle ich mich mit Verlustängsten und absoluter Leere und Traurigkeit.
Ganz kleine Erinnerungen:
Süßigkeiten wurden geklaut
Briefe zensiert

Ich danke für Rückmeldungen
Carola Wolff
aus Rudow
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Elisabeth aus Sehnde schrieb am 16.02.2022
An was ich mich erinnere: Es muss im Jahre 71 oder 72 gewesen sein. Ich kam aus Bergisch Gladbach. Der Kinderarzt hatte meinen Eltern empfohlen, mich in
eine Kur zu schicken, da ich Untergewicht hatte. Ich war ein sehr mutiges, lustiges und intelligentes Kind, dennoch wollte ich nicht alleine fahren. So wurde auch meine gleichaltrige Kousine mitgeschickt.
Wir freuten uns darauf, weil wir sehr befreundet waren. Wir waren 4-5 Jahre alt.
Das Haus war in meiner Erinnerung direkt am Strand, es gab einen Holz-Steg am Meer entlang, auf dem wir spazieren gegangen wurden (wir durften nicht ans
Meer, obwohl so nah). In dem Haus gab es mehrere große Schlafsääle mit Betten in ca 1, 5 m Abstand an einer Seite in dem Saal, wo ich mein Bett hatte. Auf der anderen Seite waren eine Art Wickeltische. Es muss einen weiteren Schlafsaal gegeben haben, denn meine Kousine habe ich die 6 Wochen meines Aufenthaltes nicht gesehen, wir wurden bewußt getrennt. Es gab einen lichten Raum mit großen Fenstern, wo wir Kinderlieder sangen.
In meinem Gehirn ist das Lied, "Es war ein kleines Segelschiffchen" eingebrannt.
Es gab einen Essaal, aber daran erinnere ich mich nicht mehr so genau, nur dass ich dort Stunden über Stunden sitzen musste, bis ich mein Essen aufgegessen hatte.
Dann gab es ein Zimmer mit einem Schrank, in dem die Spielsachen weggeschlossen waren. Einige wenige auserwählte Kinder durften damit spielen, ich war leider nie dabei. Und es gab Toiletten mit mehreren Toilletten nebeneinander abgetrennt
durch Zwischenwände, aber in meiner Erinnerung ohne Türen. Diese
Toilettenanlage war direkt neben den Schlafsäälen, ich konnte sie von meinem Bett aus sehen, das Licht war immer an und nachts wurden Kinder, die einen Strumpf ans Bett gebunden hatten (als Zeichen, dass sie ins Bett machen könnten) mehrfach geweckt und mussten dort unter Aufsicht pinkeln. Kinder, die dennoch ins Bett machten, mussten am Morgen mit
ihrer Bettwäsche an die Wickeltische treten und wurden bestraft (Schläge und Beschimpfungen). Ich hatte große Angst vor den Aufseherinnen, die sehr viel schimpften und schlugen.
Ich konnte bereits ganz gut lesen und schreiben (meine Schwester kam in die Schule,als ich 4 war und ich habe es einfach mitgelernt) Ich hatte mit meiner Mutter verabredet, dass ich ihr jeden Tag schreibe und male, was ich sehe und erlebe und sie mir. Ich habe das getan, ich bat sie, mich abzuholen. Schrieb, dass man uns schlägt und ich nur den ganzen Tag
zum Essen gezwungen werde. Die Briefe gab ich den Aufseherinnen. Diese wurden aber nie abgeschickt. Die Briefe meiner Mutter wurden mir nicht
ausgehändigt. Andere Kinder bekamen Briefe und Pakete von den Eltern, aber ich erhielt nichts. So hörte ich nichts von ihr 6 Wochen lang, sah meine Kousine nicht und habe gedacht, dass ich nie wieder nach Haus komme. Ich dachte, meine Eltern hätten beschlossen, mich für immer in ein Heim zu geben und mich nur angelogen, dass das eine schöne Kur am Meer sei. Ich
fragte nach meiner Kousine, bekam aber keine Antwort. Überhaupt gab es wenig Gesprächsmöglichkeit mit anderen Kindern oder Erwachsenen. Es wurde nicht gewünscht und so verstummte ich mehr und mehr. Nur die
Singstunden sind mir als schön in Erinnerung geblieben, weil ich da einfach singen durfte.
Bei den Spaziergängen mussten wir in Reih und Glied auf den Holzstegen gehen, an Mützen kann ich mich nicht erinnern. Nur das wir komplett angezogen waren und an das Meer in Reichweite, die Muscheln, die ich so gerne angefasst oder gesammelt hätte. Aber wir durften uns nicht aus der Reihe bewegen. Stattdessen wurden wir aufgefordert "Ein Hut ein Stock ein Regenschirm und vorwärts rückwärts seitwärts ran zu sprechen und in diesem Rhythmus zu marschieren.
Am Ende der Kur erhielten wir als Geschenk einen Plastikleuchtturm und gefärbte Muscheln und einem Säckchen. Ich habe das sofort weggeschmissen. Ich hatte mindestens sehr zugenommen, sprach nicht
mehr und wollte auch gar nicht mehr essen (die Kilos waren in Kürze wieder runter. Ich hatte dann Jahre Land ständig Blasenentzündung (psychosomatisch vermute ich, weil ich dort immer einhalten musste und daher so gut wie nichts mehr trank, um nicht ins Bett oder in die Hose zu machen, da ja die Toilettengänge stark eingeschränkt waren und ich mich vor den offenen Toiletten fürchtete. Meine Kousine konnte sich an nicht erinnern, auch sie war stumm, traurig und fett gefüttert worden. Was ihr
passiert ist, weiß ich nicht, als Jugendliche ist sie krank psychisch erkrankt, sprach davon vergewaltigt worden zu sein (wo das sagte sie nicht) und starb mit 40 in der geschlossenen Psychatrie.
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Wilfried Prins aus München schrieb am 16.02.2022
Abspecken im Kinderheim
ei uns Kindern aus´m Kohlenpott bestand ja immer der
Verdacht einer gesundheitlichen Fehlentwicklung, von
Lungenkrankheit über Hautunreinheiten und anderen
allergischen Auffälligkeiten bis zur Mangelernährung. Der Arzt
beim Gesundheitsamt, der meine Schulreife feststellen sollte,
fand aber nur ein Loch in meinem Herzen. So sagte er es
jedenfalls wörtlich meinen Eltern. Die rannten natürlich total
besorgt sofort zu unserem Hausarzt Dr. Spieker. „Der Junge hat
ein Loch im Herz!“ Dr. Spieker setzte sein eiskaltes Stethoskop
auf meine junge Brust und klopfte und horchte das ganze zarte
Oberkörperchen ab, aber so viel er auch horchte und klopfte,
von Loch keine Spur. Statt Lochbehandlung empfahl er aber
ganz dringend einen 6wöchigen Aufenthalt in gesunder
Nordseeluft. So eine Kurmaßnahme bezahlte zum Glück die
Gesundheitsfürsorge der Zeche, bei der mein Vater malochte.
Die wollte ein wenig gutmachen für all die Sauerei, die sie mit
Abgasen aus Gruben und Kokereien anrichtete.
So stand ich dann – bald nach der Einschulung - an einem
trüben Vorsommertag an einem Nebengleis des Essener
Hauptbahnhofs - ein Schild mit meinem Namen um den Hals,
ein Köfferchen aus Karton ins feuchte Händchen geklammert -
und wurde in einen Waggon verfrachtet. Mit 200 anderen
Kohlenpottblagen. Noch nie war ich weiter als mit der
Straßenbahn nach Duisburg gekommen – und jetzt gleich an die
Nordsee! Ans Meer! Vorne pfiff die Dampflok und schleuderte
kleine schwarze Brocken und diesen unvergesslichen Duft nach
verbranntem Koks ins Abteil, wo ich heulend mit vielen
anderen Pimpfen einem ungewissen Schicksal entgegensah.
Tief durchatmen! Es begann ein mich heute noch belastender,
ein alptraumhafter Aufenthalt im „Kinderheim Bremen“ auf der
B
Insel Norderney!
Mein Bett, ein quietschendes Metallgestell, stand in einem
Riesenschlafsaal, zusammen mit zwanzig oder dreißig
weiteren. Meines war rechts vom Eingang aus, gleich das erste.
Das war sehr praktisch für die allabendlich hereinstürmende
Nachtschwester. Die brauchte dann nicht lange nachzuforschen
oder an der Tür zu horchen, wer vielleicht nicht sofort die
Klappe gehalten oder den Witzbold oder Quertreiber abgegeben
hatte. Die diensthabende Tante konnte reinrauschen, mir immer
ganz schnell die Schlafanzughose runterziehen und den nackten
Hintern versohlen, wenn nicht sofort nach dem Zubettgehen
absolute Stille einkehrte. Auf den bloßen Hintern. Mit meinem
eigenen Pantoffel! Der stand praktischerweise gleich unterm
Bett. Immer ich! Fand ich ganz schwer ungerecht, denn nicht
immer ich hatte komische Geräusche gemacht oder dumme
Sachen in den dunklen Schlafsaal gerufen. Da gab es auch
andere. Aber mein Hintern war der nächstliegende. So ist es nun
mal im Leben, lernte ich: Irgendein Arsch muss immer dran
glauben.
Zur Vorbeugung vor Rachitis mussten jeden Abend, vor dem
Abendessen, alle Kinder antreten und einen Löffel mit
Lebertran - purem, reinem Lebertran – schlucken. Nicht dieses
verfeinerte Zeug mit Apfelsinengeschmack und den
strahlenden pausbäckigen Kindchen auf der Flasche, das später
in allen Drogerien auftauchte - nein, reiner unverfälschter
stinkender Tran. Es gab dann zwar ein Eckchen Schwarzbrot
dazu, damit man nicht gleich erbrach, nicht direkt auf den
Löffel. Aber eine Tortur war es dennoch. Ich glaub, die
Walfangflotte lag direkt vor Norderney und lieferte dieses
gelbe, ekelhafte dickflüssige Öl schnurstracks und fangfrisch
per pipeline ins Kinderheim Bremen. Sich vor der Einnahme zu
drücken war schier unmöglich. Auf ewig in meiner Erinnerung
verankert ist, dass sich ein Kind auf einen Teller übergab und
dennoch gezwungen wurde, das Eingebrockte auszulöffeln.
Im Gegenzug zu diesen hartherzigen Kleinkinderquälereien hab
ich die Tanten auf einem anderen Gebiet mit meiner kindlichen
Finesse ausgetrickst. Und zwar so: Alle Mahlzeiten wurden
gemeinsam in dem großen Speisesaal eingenommen und man
saß immer am selben Platz. Meiner war ganz außen an der Ecke.
Zu meinem großen Abscheu gab es häufig eine Eintopfsuppe
mit ekligen dicken fetten Speckstücken drin. Noch heute, als
Erwachsener, puhle ich sorgfältig jedes erkennbare kleinste
Fisselchen Speck aus jedem Essen heraus, schneide bei
Schinken und Wurst jeden Fettrand ab. Keine Ahnung, woher
diese Abneigung schon im zarten Kindesalter kam, denn
eigentlich war es in der ersten Nachkriegszeit bis weit in die
Fünfziger hinein, geradezu erstrebenswert, möglichst fett zu
essen. Da saß ich armer Knirps nun, die barschen Tanten im
Nacken. Die peilten wie die Erdmännchen in der Kalahari und
wachten wie die Geier in den Anden, dass jedes Essen an den
Ort kam, für den es bestimmt war. Und die Speckstückchen in
der Suppe blickten mich an. Und es schüttelt mich vor
Widerwillen.... Ich bin stolz darauf, dass ich gleich zwei Tricks
gefunden habe, den Speck an einen Ort zu befördern, den die
geiernden Schwestern nicht kannten.
Für die erste Trickserei hab ich meine Hosentasche benutzt. Da
hinein ließ ich die kleinen Speckwürfel gleiten. Wenn die
wachsamen Augen der Schwestern mal nicht auf mir ruhten,
flutschte der Speck in meine Hose. Das nenn ich Abspecken!
Wenn das nicht mal raffiniert war! Das ging natürlich nur in
begrenzter Menge, denn irgendwann fetteten die Dinger durch
oder fingen an zu stinken oder zu schimmeln. Das war dann
doch etwas zu verräterisch in der Hose. Also musste ein
weiterer Zaubertrick her.
Das „Kinderheim Bremen“ war ja nun nicht das allerneuste.
Meine heutige Recherche lieferte mir den Nachweis, dass es
bereits in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts als
„Kinderheim Dresden“ und sogar schon 30 Jahre vorher als
„Gasthof Frisia“ auf Norderney geführt wurde. Erst 1954
pachtete es das Land Bremen. Wie da die Drähte zu den
Ruhrgebietszechen gezogen wurden, ist nicht mehr
nachvollziehbar. Wegen dieses Alters war die Bausubstanz
entsprechend ein wenig marode – gerade richtig für meinen
Speck-weg-Trick. Ganz einfach hinter die nächst erreichbare
Fußleiste schieben! Die stand ein Stück von der Wand ab und
nahm bereitwillig alles auf, was mir nicht schmeckte. Dafür den
Ratten um so besser.
Das war´s: Ein neues Abspeckprogramm! Einige Zeit später
wurde das Heim abgerissen: Abspecken in letzter Konsequenz.
Die letzte Stufe meiner Rache

Diese Geschichte wurde entnommen meinem Buch "Bevor ich mich vergesse" von
Wilfried Prins
Boxberger Str. 20            80939 München
Tel. 089 32667725   oder   0178 1562436
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Irene Müller aus Lippetal schrieb am 16.02.2022
Ich war 3 Monate in diesem, von einem Ehepaar geführten Haus, die Familie wohnte mit einer Tochter auf dem Grundstück. Ich war wegen Allergien unanschaulich einer Gürtelrose dort, 3 Monate waren für mich eine schier unfassbare Zeit und ich litt unter entsetzlichen Heimweh! Briefe nach Hause wurden zensiert. Die Frau hatte, nach meiner rückblickenden Einschätzung massive psychische Probleme, die sie an den Kindern ausließ. Beim Essen gab es Kniffe und Kopfnüsse für falsches Verhalten, z. B. Nicht gerade sitzen, Quatsch machen usw. Sämtliches „ Felverhalten „wurde mit Ausgrenzung, Bloßstellung und Entzug von Privilegien ( z. B. Sportlichen Aktivitäten, bestraft und es gab körperliche Züchtigung. Häufig musste ich vor dem Schlafraum alleine auf einer Pritsche schlafen, da ich den anderen Kindern im Dunkeln Geschichten erzählt habe. Mir selbst wurde häufig so stark an den Haaren gezogen, dass ich die büschelweise herausziehen konnte, diese habe ich in einem „gedchmuggelten“ Briefnach Hause geschickt, darauf wurde mir meine Kleidung weggenommen und ich bekam nur einmal die Woche die Gelegenheit mich neu anzuziehen. Das abendliche , gemeinsame Singen wurde mir untersagt, nachdem meine Mutter in dem Heim angerufen hatte.
Ich musste in dieser Zeit dort die Schule besuchen, was eine ziemliche Katastrophe war, da ich das bayrisch kaum verstand.
An meinem 11 Geburtstag bekam ich ein Päckchen und außer derKleidung wurde alles verteilt.
Diese 3 Monate haben mich sehr verunsichert und ich habe , wieder zu Hause vor allem an meinen Eltern gezweifelt, ich konnte nicht glauben, dass Eltern ihrem Kind so etwas antun unshaven nach Hinweisen gesucht, dass sie gar nicht meine Eltern sind… es hat mein Grundvertrauen massiv erschüttert und hatte auch schulische Probleme zur Folge.
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Murzik schrieb am 15.02.2022
Hallo Christoph,
wie alt warst du damals, als du im Ponyhof warst?
Als wir mit dem Zug in Berchtesgaden ankamen, wurden wir selektiert. Alle unter zehn Jahren sollten zum Ponyhof und alle über zehn Jahre an den Königssee. Keine Ahnung, wie, aber ich als 9 10/12 Jahre alter Junge stellte mich einfach für den Königssee an. Und es klappte. Ob das nun gut oder schlecht war, weiß ich nicht. Irgendwie waren die beiden Häuser auch unter einem Dach, jedenfalls haben wir den Ponyhof bei einer Wanderung auch mal besucht, In der Nähe war wohl auch eine Forellenzucht. Jedenfalls hat Herr Hübner dort ein paar Forellen gekauft.
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Jochen schrieb am 15.02.2022
Hallo,
auch ich war für sechs Wochen in diesem Heim, das damals von einem Ehepaar mit dem Namen Hübner geleitet wurde.

Viele Grüße
Jochen
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Thorsten Pfau schrieb am 15.02.2022
Ich war im Alter von 9 Jahren ebenfalls in den Sommerferien 1972 zur Kur im "Haus Lieselotte" in Braunlage. Den Heimleiter, einen Herrn Ramm habe ich noch als feundlich und zugewandt in Erinnerung, anders als die "Tanten", deren Willkür man sich tagsüber ausgeliefert fühlte. An das "Zwangsessen" kann ich mich auch noch erinnern, insbesondere anm eine furchtbar schmeckende Milchsuppe. Ich esse sowas bis heute nicht mehr. Besonders belastend empfand ich die Kontaktsperre zu den Eltern. Wir durften zwar schreiben, aber nur Postkarten, die von den Tanten gelesen wurden. Gefiel ihnen der Inhalt nicht, z.B. weil man sich über die Zustände oder einfach über das Heimweh beklagte, wurden sie nicht abgeschickt. Mir gelang es, eine Postkarte raus zu schmuggeln, auf der ich meinen Eltern schrieb, sie sollen mir keine Pakete mehr schicken, weil diese von den "Tanten" geöffnet und der Inhalt unter allen Kindern verteilt wurde. Darauf hin rief mein Vater den Heimleiter an und beschwerte sich darüber. Es gab einen riesen Ärger für mich.
Die Ausflüge und Wanderungen habe ich allerdings noch positiv in Erinnerung. Auch wenn das Konzept dieser Einrichtung sicher Lichtjahre vom pädagogischen Standard selbst der 70er Jahre entfernt war, kann für mich trotz der negativen Eindrücke nicht sagen, dort in einer Weise traumatisiert worden zu sein, wie dieses andere Kinder schildern. Aber ich hatte wohl nur Glück. Ich kann mich an ein Kind erinnern, dass furchtbar unter Heimweh litt und häufig ins Bett machte. Der Junge wurde von dem Personal beschimpft und erniedrigt, ebenso ein anderesKind, das stotterte. Die dürften den Aufenthalt wohl in ganz anderer Erinnerung behalten haben. Wie falsch und ungerecht das war, habe ich selbst in meinem Alter schon gespürt. Ich war froh, dass man mich in Ruhe ließ.
Das Haus existiert heute nicht mehr, dort steht jetzt eine Wohnanlage mit Ferienwohnungen.
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Bine H. aus München schrieb am 15.02.2022
Ich lese nun schon so lange mit - und denke mir immer, wieso erinnere ich mich nicht an die Zeit im Kurheim Quisisana. Ich war 11 Jahre jung und es war 1978. Es gibt nur Bruchstücke an Erinnerung. Einzelne Szenen.
Ich erinnere mich an die Hinfahrt, die ich sehr aufregend fand. Ich war nicht schüchtern und hatte auch keine Angst für einige Wochen von zu Hause weg zu sein. Ich war begeistert, wir hatten ein Abteil für uns, waren vier oder fünf Kinder und eine Frau als Betreuerin. Vom Münchner Hauptbahnhof ging es nach Hamburg Altona. Dort stiegen wir um und bekamen neue Betreuer.
Verschickt wurde ich über die Postbeamtenkrankenkasse, denn Papa war Postbeamter.
Und ich war angeblich zu dick, ich sollte abspecken. Ich erinnere mich, dass ich zu dieser Zeit das erste Mal überhaupt merkte, dass ich zu dick sei. Und ich erinnere mich, dass mein Abnehmen nicht sehr von Erfolg gekrönt war. Ich nahm gerade mal 3 Kilo ab in diesen 6 Wochen und das war nicht zufriedenstellend. Von wem das nicht zufriedenstellend war, weiß ich leider nicht mehr. Ich finde es heute auch echt interessant, dass ich mich genau daran so sehr erinnern kann.
Aber dieser Gedanke, nicht gut genug an mir zu arbeiten und deswegen zu dick zu sein, der zieht sich durch mein Leben. Heute bin ich sicher, dass ich wegen dieser KUR damals erst meine zeitweise schlimme Adipositas und meine Essensproblematik her habe. Bis heute... immer extrem, entweder extrem viel am Essen mit viel, viel schlechtem Gewissen und Hass auf mich selbst, oder mit überhaupt keinem Essen mehr und schneller Abnahme.
Ich erinnere mich dann aber nicht mehr, wie wir am Bahnhof St.Peter Ording ankamen. Einzige Erinnerung ist das wunderschöne Reetdachhaus, das damals der Inhaberin des Hauses Quisisana gehörte und bewohnte. Dieses Haus fand ich ganz toll und machte schon in den ersten Tagen ein Foto davon.
Und nun hört es schlagartig auf mit Erinnerungen. Es gibt eine, da geht es um Kürbiskompott. Ich dachte, das ist Aprikosenkompott was ich von Zuhause her kannte und mochte und nahm mir davon eine kleine Schüssel. Beim ersten Bissen allerdings war mir klar, dass es etwas ganz anderes sein muss. Es schmeckte widerlich. Ich musste dieses ekelhafte Kürbiskompott aufessen. Seitdem habe ich nie wieder Kürbis gegessen.
Dann erinnere ich mich an eine Krankenphase - wieso weshalb warum weiß ich nicht mehr. Ich weiss aber noch, dass wir zu dritt zu den Dünen durften, was ich genial fand und nahm meine alte Kamera mit, die nur Schwarz/Weiß Bilder machte und auf die ich total stolz war. Ich fotografierte damals dann die beiden anderen. Dieses Bild klebte ich zu Hause dann in mein eigenes Fotoalbum und schrieb die Namen von Beiden dazu. Ich erinnere mich nur anhand dieses Bildes an diese Szene und weiß noch, dass mir dann meine Kamera weggenommen wurde. Man verbot mir auch, das Reetdachhaus zu fotografieren. Komisch finde ich heute, da ich ja mehrere Filmrollen dabei hatte, dass nur drei Bilder etwas geworden waren. Rest war schwarz.
Dann gibt es eine Erinnerung des Zimmers. Denn mein Bett stand nicht wie die anderen in Reihe sondern stand quer, da die Heizung im Weg war. Ich fand, als ich mich mit dem Thema Verschickungskinder auseinandersetzte ein Bild im Netz, was genau dieses Bett zeigt.
Dann erinnere ich mich an eine Plage mit fliegenden Ameisen. Es waren Tausende, gefühlt Millionen von fliegenden Ameisen in unserem Zimmer. Der Boden war übersät damit, die Wände waren voll, unsere Betten - alles. Bis heute weiss ich nicht, war das nur ein Albtraum oder Real. Seitdem habe ich aber Panik, wenn ich ein Insektensummen höre.
Ansonsten ist nichts da an wirklicher Erinnerung. Immer wieder, besonders wenn ich andere Geschichten höre/lese, habe ich das Gefühl da möchte etwas hoch, aber es ist wie hinter einer Nebelwand versteckt.
Ich habe meine Mutter mit dem Thema konfrontiert, die das alles einfach nur abtut. Auch hat sie keine Unterlagen mehr von damals. Sie selbst war allerdings in den 60er Jahren auch in einem Lungensanatorium für fast 2 Jahre und hatte auch dort keine schönen Erinnerungen. Aber bei mir waren es ja nur 6 Wochen. Sie meint, ich würde mich jetzt davon anstecken lassen, weil ich von anderen gelesen habe. Es verletzt mich. Obwohl ich heute 55 Jahre bin und mir eigentlich die Meinung meiner Mutter total egal sein könnte. Ist es aber nicht. Es ist ein Stich mitten ins Herz der kleinen Bine. Denn genau so fühlt es sich an. Ich wieder klein, jung und muss das so hinnehmen.
Ich war nie schüchtern und hatte nie wirklich Selbstwertprobleme als Kind. Meine Mutter erzählt bis heute, dass ich schon immer ein sehr schwieriges Kind war, mit dem sie nicht klar kam.
Schon mit 17 bin ich ausgezogen. Habe früh mit Süchten begonnen... Mein Leben war immer extrem. Was ich auch machte, es war extrem. Bis heute kämpfe ich damit. Es wird besser... vielleicht auch, weil ich heute fast sicher bin, dass mir damals etwas gegeben wurde, damit ich gut zu händeln war. Wieso sonst erinnere ich mich an kaum etwas aus dieser Zeit. Ich war ja auch schon fast 12 Jahre alt und kann mich sonst schon ganz gut an vieles erinnern aus meiner Kinder- und Jugendzeit.
Wieso erinnere ich mich nicht an die Heimfahrt? Ans Heimkommen ?
Ach ja - ich erinnere mich noch an eine Sache: an dieses Reetdachhaus. Ich war darin. Wegen einer Untersuchung beim Arzt. Beim Wiegen. Es ging eine Holztreppe hoch, ein rundlicher Vorraum mit mehreren Türen. Ich erinnere mich nicht genau, es ist wie im Nebel, aber ich erinnere mich an eine Szene, bei der Mann mir in meine Unterhose (sonst trug ich nichts) schaute. Auch wurden die Achseln untersucht. Diese Erinnerung ist - als möchte sie noch weiteres erzählen, kann aber nicht. Ja und an eine Waage erinnere ich mich, eine, die man selbst einstellen musste, so eine alte.
Das sind so meine Erinnerungen... wenige. Ich würde gerne mehr erfahren, denn heute denke ich, dass sich vieles aus meiner Lebensgeschichte danach erklären lässt.
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Monika Hauschild aus Wilhelmshaven schrieb am 15.02.2022
Hallo, ich war 1964 als 6jährige für 6 Wochen zur Kur im Kinderheim Elisabeth Braunlage. Leider habe ich kaum noch Erinnerungen, vielleicht habe ich sie auch verdrängt. Kann mich aber erinnern, das ein Kind mir gegenüber sich beim Essen übergeben hat und es aufessen mußte. Ich mußte mich dann auch übergeben und wir haben eine Ohrfeige bekommen. Die Teller mußten leergegessen werden. Alles andere ist sehr nebulös. Ich mußte zur Kur vom Arzt aus, weil ich oft Mandelentzündungen hatte und nach der Op. wieder zunehmen sollte. Ich habe irgendwann Besuch von meinen Großeltern bekommen, und als sie wieder wegfahren und mich dort zurück ließen, dachte ich, ich sehe meine Familie nie wieder. Ich habe mir immer vorgenommen, das ich das meinem eigenen Kind niemals antun würde. Ich habe mein ganzes Leben darunter gelitten, war immer nervös und puhle bis heute an den Fingern. Es würde mich interessieren, ob ich von Jemandem noch Informationen bekommen kann, der auch dort war. Es würde mich auch interessieren, ob evtl. Medikamente gegeben wurden.
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Mona schrieb am 15.02.2022
Nachtrag zu meinem Eintrag von Die. 15. 2. 2022
Ich denke das ist jetzt doch noch Relevant - der Grund warum ich wohl in dieses Kinderheim ge-verschickt wurde ist der Tatbestand, dass ich mit einer K-L-G- Spalte geboren wurde und Notoperiert wurde nach der Geburt um überhaupt Nahrung aufnehmen zu können.
Und ich zudem doch auf vieles Allergisch reagierte z B. keine Erdbeeren oder Pfirsiche Essen durfte und eben auch kein Hühnereiweiß - - diese Info hatten dann auch meine Eltern in einem Begleitbrief mir mitgegeben. Ich wurde auch mit dem Zug verschickt.
Es war wohl dann auch der damalige Kinderarzt der meinen Eltern das angeraten hatte, da ich sehr blass gewesen bin- man sprach damals von Blutarmut- und auch untergewicht hatte.
Es ist für mich aus meinem heutigen Wissen und Leben das ich gelebt habe, unfassbar was hier uns Kindern angetan wurde.
Und auch in der heutigen Zeit nimmt es ja leider kein Ende.
Mit Dank
Mona
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Mona schrieb am 15.02.2022
Sehr geehrte Frau Röhl,
nun habe ich innerhalb der letzten 5 Monate wiederholt diese Doku gesehen. Und mir ist nun wieder eingfallen ich war ja auch ein "Verschickungskind" . Habe sogar vor ein paar Jahren das Heim selbst nochmal aufgesucht.
Kurz zu mir Jahrgang 1955 - und ich war wohl zwischen 1959 und 1961 - 1x weg für einige Wochen.
Ich bin mir nicht sicher ob meine wenigen Erinnerungen daran, auch relevant sind.
Es ist in Rechtis Weitnau gewesen und wurde von der AWO betrieben soweit ich erinnere, seit einigen Jahren ist es ein Altenwohnheim, das habe ich damals vor Ort dann erfahren, von der Heimleiterin, das ehemalige Kinderheim wurde wohl so um die70ziger Jahre geschlossen, doch genau weiß ich es nicht.
2 Erinnerungen sind mir jedoch geblieben, - einmal dass es wohl irgendwann mal Spinat zu Mittag gegeben hatte mit Spiegelei und Kartoffel, und ich jedoch damals eine Eiweißallergie hatte, was wohl auch von meinen Eltern dann bei meiner Ankunft gesagt wurde. >>Dennoch musste ich das Essen, was ich dann erbrach und ich dann vor diesem Teller bis spät in die Nacht sitzen musste alleine in dem Speisesaal. Ich bekam dann auch kein normales Abendessen wie die anderen Kinder sondern saß nach wie vor vor diesem Teller. Und die anderen Kinder um mich herum, ärgerten mich zudem als ich da so saß.
Das 2. ist dass ich wohl doch öfters in den angrenzenden Wald gelaufen bin und mich dort irgendwie verstecken wollte oder hatte, so dass das personal mich suchen musste. Da ich scheint oft Stunden weg gewesen bin.<<

Vielen Dank -und ihre Arbeit ist immens wichtig.
Mit freundlichen Grüßen Frau M. Detzel
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Sylvia schrieb am 15.02.2022
Das schlimmste war der Zwang die Portionen zu essen die man aufgeladen bekam.
Ich bat auf Toilette gehen zu dürfen und würgte wieder alles heraus, entwickelte eine Essstörung heute sagt man Bulimie dazu, oder so ähnlich.
Zuhause war ich oft erkältet und Halsschmerzen.
Da meine Schwester und ich beide zu dünn waren kam vom Gesundheitsamt und der Krankenkasse die Aufforderung zur Kur.
Wer war 1979 noch in Solebad oder Luisenheim und weiß mehr was damals getan wurde und welche Medikamente man bekam?
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Nicola schrieb am 15.02.2022
Hallo,

ich war Anfang der 80 er Jahre in Polling und vielleicht 7 oder 8 Jahre alt.
Ein Erholungsheim/Kur welches von Nonnen geführt wurde. Mein Vater war bei der Post. Darum lief es auch über die Post. Ich musste mit einer fremden Person den weiten Weg mit dem Zug nach Bayern alleine ohne Eltern fahren. Dort im Heim wurden wir dann abgeliefert. Von strengen Nonnen geführtes Heim.
Ich kann mich noch sehr gut an das Haus und den Spielplatz, Schlafraum und Speisesaal erinnern. Auch die Kirche nebenan wo wir immer hin mussten. In der Kirche war ein durchsichtiger Sarg mit einen Skelett. Gruselig. Ich hoffe es erinnern sich andere und treten mit mir in Kontakt.
Es waren verschiedene Altersgruppen dort. Ich glaube nur Mädchen. Sicher bin ich nicht mehr.
Ich hielt mich gerne an 2 älteren Mädchen. Die haben das häkeln beigebracht bekommen und saßen draußen und häkelten mit Nonnen Kissen.
Wir durften nur positives nach Hause schreiben und es wurde gelesen was wir geschrieben haben. Wenn es nicht in Ordnung war, musste man es neu schreiben.
Ich bat eines der älteren Mädchen, sie durften Post weg bringen, glaube ich, meinen Brief heimlich mitzunehmen. Dort stand drin, das ich nach Hause möchte und es schrecklich ist. Der Brief ist nicht angekommen.
Mir wurde gedroht das meine Eltern die Kur bezahlen müssen wenn ich nach Hause fahre.
Ich war zum abnehmen dort. Musste mit Kindern am Tisch sitzen die normal essen durften. Ich bekam andere Kost. Zum Beispiel haben sie Nutella oder Marmeladenbrote bekommen und ich Beeren . Es war natürlich schrecklich für mich. Die Nonnen haben alles beobachtet. Heimlich gaben mir andere unter dem Tisch etwas von Ihren Broten ab.
Ich war in einen 4 er Zimmer. Die Räume waren recht groß und sauber. Eines der Mädchen aus meinen Zimmer laß Tiergeschichten vor. Ich weinte jeden Abend.
Draußen auf dem Flur waren die Schränke mit unseren Sachen.
Einmal die Woche war wiegen angesagt. Hände zeigen und mein Handgelenk wurde gemessen.
Ich durfte nicht zu Hause anrufen.
Ich bin der Meinung das manche schwimmen gefahren sind und andere mussten aufs Erdbeerfeld Erdbeeren pflücken. Ich auch.
Kann sich jemand daran erinnern und war auch dort?
Alles Gute für Euch, Gruß Nicola
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Bettina Warzecha aus Walsrode schrieb am 14.02.2022
ich war - da hatte ich so viel Glück - schon 10 Jahre alt als ich im Kinderkurheim Wetzel war. Ja, auch hier wurden wir Kinder zum Essen gezwungen. Für die meist sehr kleinen Kinder war das Horror, sie mussten stundenlang sitzenbleiben, bis sie eine eklige milchschleimige Suppe aufgegessen hatten. Besonders furchtbar, in diesem Heim lebten auch 3 elternlose sogenannte "Dauerkinder", 2 Mädchen, ich glaube Irene und Monika, und ein kleiner Junge, Michael, der oft hart bestraft wurde. Als er einmal im Bett gemalt hatte, wurde er mit seinen 4 Jahren unter die eiskalte Dusche gestellt. Besonders brutal der Gegensatz: die Heimleiterin hatte selbst einen Sohn, der wie ein Prinz dort behandelt wurde. Gerne wäre ich bereit, für diese drei Kinder, die hart gequält wurden, auch auszusagen. Aber in der Regel wird sich wohl niemand verantwortlich fühlen
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Uwe Harter aus Raum Offenburg schrieb am 14.02.2022
Bis vor drei Wochen hatte ich keine inhaltliche Erinnerungen. Im Bewusstsein war eigentlich nur dass ich im Alter von 5 Jahren für 6 Wochen in St. Peter Ording war. Als Heimname hatte ich mir „Goldener Schlüssel“ gemerkt.

Die Erinnerungen kamen am helllichten Tag, völlig aus dem Nichts. Als Auslöser habe ich den Tod meiner Mutter vor einem Jahr, eine aktuell bevorstehende Kur und einen Film über „Colonia Dignidad“, den ich einige Tage vorher geschaut habe,im Verdacht.

Es sind nur drei Situationen an die ich mich konkret erinnern kann. Zwei Situationen sind mittlerweile deutlich präsent, eine dritte ist ziemlich undeutlich.

In der ersten Situation habe ich ins Bett gemacht (kleines Geschäft). Es wird entdeckt, ich werde von einer „bösen Frau“ vor den anderen Kindern beschimpft und niedergemacht. Nach meiner Erinnerung waren es ausschließlich Jungen, die meisten älter als ich. Die Frau hetzt die andern Kinder auf mich zu bestrafen, ich werde auf mein Bett gedrückt und verprügelt. Zumindest einer der Jungen benutzt dazu einen Gürtel und ist mit großem Eifer bei der Sache, ich kann sein Grinsen oder Lachen sehen.
Ich empfinde absolutes Entsetzen, weiß gar nicht was mit mir passiert und warum alle so böse zu mir sind.

Die zweite Situation ist zeitgleich mit der ersten ins Bewusstsein gekommen. Es geht wieder um ein Geschäft, diesmal ein Großes. Ich stehe vor der verschlossenen Toilettentüre und versuche einer der „Tanten“ begreiflich zu machen dass ich dringend auf Toilette muss. Weil ich aus einer ländlichen Gegend in Süddeutschland komme kann ich mein Bedürfnis irgendwie nicht so in Worte fassen wie es die Tante gerne gehabt hätte, ich bitte, flehe und gestikuliere, aber es geht in die Hose.

Die Erinnerung an die dritte Situation ist undeutlich. Ich liege in einem Bett mit einem Metallrahmen auf der Seite. Mein linkes Handgelenk steckt in einem Ledergurt und ist am Rahmen befestigt. Im meinem Blickfeld ist nur mein linker Arm. Ich bin nicht panisch, eher gleichgültig.

In welcher zeitlichen Abfolge sich die Situationen abgespielt haben weiß ich nicht und es fehlt auch alles drumherum, also was z.B. nach dem Prügeln passiert ist, wie ich jeweils wieder sauber gemacht wurde, ob das große Geschäft in die Hose eine Strafe nach sich zog usw.

An den Schlafraum in dem sich das Prügeln abspielte kann ich mich einigermaßen erinnern. Ich glaube es war in einem oberen Stockwerk eines Gebäudes, nicht ebenerdig. Es waren ca. 10 Betten und sie waren so angeordnet dass man mit dem Kopf Richtung Wand lag, immer zwei Betten gegenüber, so dass es quasi einen Mittelhang zwischen den Fußsohlen gab. Im Türbogen zum Gebäudeinneren hin war entweder ein Absatz oder es gab ein paar Stufen nach oben und ich glaube da ging es über einen kleinen Gang auch zu der Toilette die mir verschlossen blieb.

Sonst ist da nicht mehr viel habe noch eine ganz schwache Erinnerungen an die Zug-Hinfahrt im Schlafabteil und an einen Spaziergang.
Es gab einen Raum für Inhalationen. Man musste eine Treppe runter gehen, dann war das so ein Vorraum wo man sich um- oder ausziehen musste. Dann ist da noch ein einziger Name: „Udo“. Er war ein bisschen älter als ich, damals vielleicht 7 Jahre alt. Wahrscheinlich auch aus Baden-Württemberg. Dieser Name ist das einzige positive was mir aus St. Peter Ording im Gedächtnis geblieben ist. Ich denke er hat mich ab und zu getröstet oder irgendwie versucht mir zu helfen so gut er konnte.

Diesen Udo hier zu finden wage ich gar nicht zu hoffen, aber vielleicht liest dies jemand der zu der Zeit dort war und sich an den kleinen, verängstigten Uwe mit schwarzen lockigen Haaren erinnert, der vermutlich kein Wort hochdeutsch konnte. Es gibt hier eine Gruppe zum Goldene Schlüssel der ich beigetreten bin und über die man Kontakt mit mir aufnehmen kann. Bin auch an anderem Material interessiert das mir helfen könnte meine Erinnerungen aufzufrischen, alte Fotos, Berichte etc.

Das alles ist jetzt 46 Jahre her und ich fange gerade erst an zu begreifen welche Auswirkungen diese 6 Wochen auf mein weiteres Leben hatten und was da alles in mir kaputt gemacht wurde. Da ist so viel Trauer um den fröhlichen kleinen Jungen der so nicht mehr nach Hause zurückkam. Die Momente in denen die Tränen kommen sind eigentlich noch die guten.

Da ist auch viel Wut in mir. Auf die Täter/Täterinnen, auf das ganze lebensverachtende System in dem so etwas in diesem Ausmaß überhaupt entstehen, gedeihen und über Jahrzehnte durchgezogen und größtenteils vertuscht werden kann. Es hat ja offensichtlich keinen der Träger, Behörden oder sonstigen Verantwortlichen ernsthaft interessiert wie es den Kindern geht. Einfach nur abstoßend dieses Geschmeiß und nicht besser sind diejenigen die heute das Leid der Kinder herunterspielen, das Thema verwässern, bei der Aufarbeitung auf Zeit spielen und nicht mal bei klarer Sachlage so etwas ähnliches wie ein Schuldeingeständnis über die Lippen kriegen.

Auf der Jubiläumsfeier 2013 zu 100 Jahre Goldene Schlüssel wurde dem „guten Geist des Hauses“, der symbolisch für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht, für 100 Jahre Treue und immerwährenden Einsatz zum Wohle der ihm anvertrauten Menschen gedankt. Dem kann ich mich ausdrücklich NICHT anschließen.

Vielen Dank an alle die mitgeholfen haben und weiter mithelfen das Thema ans Tageslicht zu bringen.
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Karin Hinterleitner aus Stuttgart schrieb am 14.02.2022
Da ich als 9 jährige seit Jahren chronisch erkältet war, entschied mein Hausarzt, mich in Kinderkur an die Nordsee zu schicken. Die DAK machte Bad Sassendorf, Haus Hamburg, daraus. Da ich von Geburt an regelmäßig isoliert von der Familie wochenlange Kinderkrankenhaus Aufenthalte absolvieren musste, kannte ich kein Heimweh. Die Fahrt mit dem Zug begann mit einem freudigen Abschied von der Familie. Ich freute mich einfach mal mit vielen anderen Kindern zusammen zu sein, statt wochenlang allein im Krankenhausbett liegen zu müssen. Nun die Euphorie der Zugfahrt, wir tobten die ganze Fahrt und zerfetzten alle Bahn Prospekte im Abteil und bei Halt pflaumten die Passanten auf den Bahnsteigen an, verflog als wir im Heim ankamen. Spartanische Kasernenhof Atmosphäre. Seltsam gezuckertes Essen, so gut wie nie Salat. Ich bekam am Ende den Preis, weil ich am meisten zugenommen hatte in daten 6 Wochen. 
Ich empfand die Atmosphäre im Haus immer als bedrückend. Nachts kontrollierte immer eine Erzieherin mit Taschenlampe, ob man auch wirklich schlief. Ich bekam stundenlang kein Auge zu, erst nach diesen Kontrollgängen. Ein paar mal wurde ich auch ermahnt: ""Schläfst du auch wirklich?"Nun die meisten Erzieherinnen bemühten sich, nett zu uns zu sein. Das Küchenpersonal und vor allem die Heimleiterin und die Ärzte schienen mir aus einer anderen Zeit, Großvaters Zeit, humorbefreit, autoritär. Wir mussten einfach funktionieren und uns total der Heimordnung unterwerfen. Klar bei einem Betreuungsschlüssel von ca. 2:40. Gefreut haben mich immer die Spaziergänge, da durften wir Mädchen uns hemmungslos unterhalten und Spaß machen. Auch die Völkerball Spiele Abends waren ein Highlight. An den Rest erinnere ich mich lieber nicht so gerne. Z. B. Die Inhalationsbehandlungen im Keller. Da wurde von der Decke Solewasser verdampft und wir sollten das einatmen - brrr. Auch wurden wir mit Kalt-Warm Bädern in alten Holzbottichen im Solewasser gebadet und kalt abgespritzt - zweimal die Woche ca. - auch im Keller. Und ich hatte mich auf das Meer und Sonne gefreut. 
Richtig wütend machte mich der "Mittagsschlaf": Da wurden wir streng angehalten gefühlte 2 Stunden brettsteif und ruhig zu liegen - mucksmäuschen still, Augen geschlossen halten.Die Post an die Eltern wurde diktiert und kontrolliert. Ich tauschte keine Adressen aus bei der Heimfahrt. Ich war einfach nur froh, endlich wieder wegzukommen und mich wieder frei und ungezwungen bewegen und sprechen zu  können. 
Meine Mutter war betroffen von meinen Erzählungen, aber noch mehr davon, wie ich gemästet worden war, nichts passte mir mehr. Eine zweite "Kur" wäre für mich nicht mehr in Frage gekommen. Ich habe danach allen Kindern von einer "Kur" abgeraten, meine Eltern anderen Eltern ebenso.
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Roswitha B. aus Wiesbaden schrieb am 14.02.2022
Meine Eltern schickten mich zur "Erholung" weil ich zu dünn und zu klein war, 6 Wochen allein ohne Besuch (über die Krankenkasse AOK)in den Schwarzwald. An die Zugfahrt dahin kann ich mich nicht erinnern, wohl aber an das Zwangsessen, alles aufzuessen. Weil ich beim Essen redete, musste ich vor der Tür stehen, Nachts meine Unterwäsche ausziehen und ein mir fremdes Nachthemd tragen. Ich schlief immer im Schlafanzug Zuhause.
Die Post nach Hause wurde diktiert und als ein Paket kam mit Süssigkeiten, wurde das unter den Kindern aufgeteilt. In diesem Paket war auch meine Puppe, meine Eltern wurden aufgefordert sie zu schicken,
es war eine Sprechpuppe und sie war kaputt als ich Sie erhielt. Ich hatte großes Heimweh. Bei einem Ausflug hat sich ein Mädchen, das mit mir zur Kur geschickt wurde (aus dem gleichen Kindergarten Zuhause aus dem ich kam), den Arm gebrochen. Ich habe Sie so beneidet, sie durfte nach Hause fahren, ist alles bruchstückhaft aber den Namen des Mädchens: Nicole Hundsberger habe ich niemals vergessen. Wie man den Namen richtig schreibt weiss ich leider nicht. Für meine Mutter habe ich einen kleine Schwarzwaldpuppe an einem Kiosk gekauft, mit Kirschen auf dem Hut..
Ich bin froh das Erlebte jetzt aufarbeiten zu können, es belastet mich sehr, dass ich mich nicht an alles erinnern kann, gern wüsste ich was mit dort angetan wurde, habe alles böse und dunkel empfunden, fühlte mich so alleingelassen. Es hat mich für mein Leben geprägt. Zuhause habe ich danach lange bei anderen Menschen nichts gegessen, nur Zuhause oder wenn meine Eltern dabei waren. Mit 10 Jahren wusste ich, dass ich Kinderkrankenschwester werde. Damals unbewusst eine Fürsorge für Kinder zu haben, sie zu beschützen, als Anwalt der Kinder.
Wie ein Puzzle setzen sich jetzt die Dinge für mich zusammen. Es gibt eine Karte mit Bild des Hauses in Farbe, mit Schreibmaschine der Text:
Ihre Tochter Roswitha ist am Donnerstag gut bei uns eingetroffen. Wir hoffen, daß es ihr bei uns gefallen wird und daß sie sich gut erholt. In Zukunft wird Ihnen die Betreuerin, Fräulein Waltraud Schuler, direkt schreiben. Mit freundlichem Gruß,
Gläser
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Dorothea H. schrieb am 12.02.2022
Ich war im Sommer 1968 im Kurheim auf Norderney und suche Menschen, die auch zu dieser Zeit dort waren.
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Dagmar aus Viersen schrieb am 12.02.2022
Wer kann sich noch an das Heim erinnern ?
Ich war erst 4 und die Wochen erschienen mir unendlich
lang. Als mich meine Eltern dort abholten, habe ich sie nicht mehr erkannt. Zu dem Zeitpunkt kam es mir vor, als würde ich schon immer im Kurheim gelebt haben.
Offenbar war ich die Jüngste, war immer zu langsam.
Meine Eltern leben heute noch und berichteten ich habe dann wieder zu Hause fürchterlich geschlungen(wohl weil ich das Tempo der anderen einholen musste) .
Heute gibt es Mutter/Vater Kind Kuren. So ein kleines Geschöpf schickt man nicht alleine weg. Natürlich haben die Eltern es damals nicht besser gewusst, sie wollten uns helfen. Ich sollte zunehmen und hatte schweres Asthma.
In einem großen Schlafsaal stand mein Bett Der Schlafsaal hatte 25 Betten oder mehr und eine Tante saß auf einem Stuhl an der Tür.
Wir wanderten im Winter in der Gruppe am Strand entlang, die Sandkörner peitschten mir ins Gesicht. Eine liebe Tante (Heidrun ? ) nahm mich unter ihren langen Mantel. Die anderen Tanten waren nicht freundlich. Besonders streng war eine Tante Marlies.
Unsanft wurde ich behandelt, als ich wegen Erbrechens die Toilette nicht mehr erreicht habe. Ausgeschimpft und geschüttelt wurde ich.
Laut Kurbericht den ich noch habe, waren es die Röteln.
Nun lag ich in einem anderen Zimmer und wurde im Bett gefüttert mit irgendeinem Brei, das weiß ich noch heute, musste erbrechen und musste den Teller mit Erbrochenem leeren.
Wie wir sonst den Tag verbracht haben kann ich nicht berichten. Haben wir da jemals gespielt ?
Und an einer Tür mit Klappe stand manchmal eine Tante und hat Briefe verteilt. Sie hat die großen Kinder aufgerufen ,die durften nach vorne kommen und ihre Post abholen. Ich wurde nicht nach vorne gerufen.
Im Kurbericht finde ich die Medikamente Soledum Amid Saft und Ditonal-Z. Wogegen genau wurde das verordnet ?
Wenn mir noch etwas einfällt kann ich es später ergänzen.
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Peter B. aus Winkelhaid/Bayern schrieb am 11.02.2022
Hallo,
aufgrund meiner Neurodermitis und meines Asthma "durfte" ich auf Anraten der Ärzte in der Zeit von 1961 - 1967 gleich fünfmal in ein Verschickungsheim. Natürlich musste ich als kleines Kind dieselben negativen Erfahrungen machen wie alle, die im Forum ihre Erlebnisse teils detailliert schilderten. Exemplarisch seien in diesem Zusammenhang der Essenszwang, die Demütigungen durch die autoritären, lieblosen "Tanten"/Schwestern, die Postzensur und die strenge Mittagsruhe genannt, die allesamt mein Heimweh verstärkten. Selbst wenn man die Geschehnisse von damals unter dem Lichte des seinerzeitigen Zeitgeistes betrachtet, wurde an uns m.E. großes Leid verursacht. Ich denke, dass die Erlebnisse durchaus charakterprägend waren und auch noch bis heute (60 Jahre später) ihre Spuren hinterlassen haben. Wenn man rückblickend irgend etwas Positives in den damaligen traumatischen Erlebnissen finden will, vielleicht dass sie (zumindest bei mir) zu einigen positiven Eigenschaften wie stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, gutes Einfühlungsvermögen oder Verachtung von jeglicher Gewalt führten. Mit den negativen Auswirkungen auf meine persönliche Entwicklung möchte ich mich gar nicht mehr auseinandersetzen, weil es sich eh nicht mehr ändern lässt. Hoffen wir zusammen, dass künftigen Generationen ähnliche Erlebnisse erspart bleiben.
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Sabine aus Schweinfurt schrieb am 09.02.2022
Ich war vom Anfang Nov. bis Mitte Dezember dort und suchen Kinder, die auch (ungefähr) zu dem Zeitraum dort waren. Bei mir war es die Barmer Ersatzkasse in Schweinfurt, bei der wir versichert waren. Von dort wird gemauert, keine Unterstützung. Da ich mich an kaum was erinnern kann bin ich für jeden Hinweis an schweinfurt.2021@web.de dankbar. Es waren einige Kinder aus dem Großraum Nürnberg dabei.
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Gaby Meyer aus Walsrode schrieb am 08.02.2022
1971...Ich war mit meinem 2 Jahre älteren Bruder in Bad Orb für sechs Wochen. Wir sind mit dem Zug dorthin gefahren. Ab Bahnhof Hannover kann ich mich an nichts mehr erinnern. Meinen Bruder habe ich nur einmal während der 6 Wochen von weitem gesehen.
Ich kann mich nur an ein paar Fetzen erinnern: Einmal die Woche war Kleidungswechsel auf dem Dachboden. An das Salzwasser tropfen Heugebaeude. Angst vorm Wiegen. Ekel vor Nahrung. Vielleicht wurde ich für 6 Wochen innerlich abgestellt ....PsychoTerror Medikamente Trauma Todesangst...
Einige Jahre später war ich mit meinem 1 Jahr jüngeren Bruder für 6 Wochen in Bonndorf. Auch daran habe ich kaum Erinnerungen.

Vor ein paar Tagen googelte ich einfach so nach "Bad Orb Kinderkur" und stieß auf diese Internetseite. Bei YouTube guckte ich ein paar Dokus zu dem Thema.
Jetzt weiß ich endlich wo die Wurzel des Übels liegt. Schwerst-Trauma-geplagtes Leben.....
Danke Gott für diese wunderbare Internetseite
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Frank Heinrich aus Remscheid schrieb am 08.02.2022
Ich war im Sommer 1976 in Bad Buchau. Ich war damals 14 Jahre alt und leicht untergewichtig. Meine Eltern waren wohl ganz froh, mich über den Sommer loszuwerden. Obwohl es sich um eine Kurheim der Caritas handelte, gab es da, nach meiner Erinnerung, keine Nonnen. Alle Kinder wurden in Gruppen von gleichalterigen unterteilt. Ich war damals in der Gruppe "Sankt Michael". Wir waren etwa 20 Jungs. Das Essen war eigentlich ganz OK (jedenfalls besser als zuhause), nur einmal haben wir Fußnägel im Essen gefunden und unsere Erzieherin (eine Frau Häringer oder so ähnlich) hat dann einen ziemlichen Wirbel in der Verwaltung veranstaltet. Danach gab es keine vergleichbaren Ereignisse mehr.
Was mich damals gestört hatte, war die obligatorische Mittagsruhe. Natürlich schlafen Jungs in diesem Alter nicht um die Mittagszeit, so dass es eher eine Lesestunde wurde. Wir haben uns gegenseitig Bücher und Heftromane ausgeliehen, so dass uns der Lesestoff nicht ausging.
Die Mittagsruhe war auch eine gute Gelegenheit für eine ausgiebige Kissenschlacht oder den gemeinsamen Verzehr der Süßigkeiten, die einige von uns zugeschickt bekamen. Mit einigen Jungs habe ich damals Freundschaften geschlossen, und tatsächlich noch einige Jahre durch Briefwechsel am Leben gehalten.
Wir konnten auch jederzeit, auch nachts, zur Toilette. Auch die wöchentlichen "Badetage" verbinde ich nicht mit dem hier vielfach geschilderten Schrecken. Tatsächlich gab es ein Badehaus mit Badewannen, die allerdings zumindest einen Sichtschutz hatten, möglicherweise aber auch einzeln in geschlossenen Räumen standen. Ich erinnere mich dunkel, dass wir nach dem Baden gewogen und ab und zu ärztlich untersucht wurden.
Ich habe keine Ahnung, ob es in meiner Gruppe auch Bettnässer gab. Sollte dies der Fall gewesen sein, wurde es wohl diskret behandelt.
Gelegentlich gab es organisierte Freizeitaktivitäten aber die meiste Zeit waren wir uns selbst überlassen. Einmal sind wir abends eine längere Strecke zu Fuß gegangen um in einem Kino den Film "Bonnie und Clyde" anzusehen. Damals war man im Allgemeinen der Ansicht, dass Filme in denen Menschen gut sichtbar erschossen werden, nicht so ganz kindegerecht sind. Das war wohl auch unseren Erziehern auf dem Heimweg in den Sinn gekommen, denn wir kriegten dann vor dem Schlafen alle noch einen Löffel Baldrian mit Zucker.

Ansonsten war es schon ziemlich langweilig. Unsere spontanen nächtlichen Exkursionen im Gebäude waren dagegen recht spannend, allerdings glückte es uns nie, in den Schlafsaal einer anderen Gruppe zu gelangen.
Zusammenfassend waren das langweilige aber in keiner Hinsicht traumatische sechs Wochen.
Wahrscheinlich hatte ich einfach Glück.
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Yvonne3012 aus Weilerswist schrieb am 06.02.2022
Durch Zufall habe ich diese Seite im Internet gefunden und weiss seit ein paar Tagen dass es für mein Erlebtes einen Namen gibt. " Verschickungskind ". Prinzregent Luipolt in Scheidegg.
Da ich zum Zunehmen dort war, wurde mir jeden Tag nicht kindgerechtes Essen vorgesetzt. Dieses musste ich unter Aufsicht aufessen , was nicht einfach war und ich mich oft geekelt habe.
Vor dem Essen musste ich eine Tablette schlucken. Ich kann mich erinnern , dass sie sehr gross und weiss war. Ich bekam sie nicht durch den Hals. Ich wurde gezwungen dazu und es stand so lange jemand hinter mir, bis ich dieses Teil ( oft zerbrochen ) durch den Hals hatte. Noch heute habe ich dieses schreckliche Gefühl, wenn ich Tabletten schlucken muss.
Ich hatte keinen Kontakt zu meinen Eltern. Meine Briefe wurden aufgerissen , und da den Nonnen das Geschriebene nicht passte musste ich in einem kleinen Zimmer, nach viel Schreierei, unter Tränen meinen Brief unter Aufsicht neu schreiben. Ein Ostergeschenk von meinen Eltern wurde mir nicht ausgehändigt.
Meine Hände waren als Kind schon immer sehr rauh. Jeden Morgen musste ich in einer Reihe stehen, und die Hände wurden nachgeguckt . Wenn sie rauh waren, wurde darauf gehauen und laut gesagt wie hässlich sie sind. Das war bei mir jeden Morgen.
Über meinem Bett hing ein Kreuz, jemand sagte zu mir, dass es alles sieht, und ich verflucht sei wenn ich mich nicht an alles halte. Ich hatte jeden Abend im Bett sehr große Angst, konnte nicht schlafen, hatte Heimweh. Man durfte nicht mehr aus dem Bett aufstehen. Die Toilette war auf dem Flur. Sobald man den Flur betrat kam die Nachtschwester und hat einen an den Haaren oder Ohren zurück ins Bett gezogen.
Sie gaben mir 6 Wochen mit Bemerkungen das Gefühl, dass meine Eltern mich nicht vermissen und wer weiss ob sie mich so wiederhaben möchten.
Einmal haben sie uns einen Film gezeigt über ein Kind, das Kinderlähmung bekam. Ich habe mir tagelang eingebildet, dass meine Beine schmerzen und ich gelähmt sein werde.
Es wurde sich oft über einen lächerlich gemacht. Die Anziehsachen waren in einem kleinen Fach auf dem Flur. Einmal wollten die Schwestern dass ich ein Kleid trage. Aber ich habe keine Strumpfhosen ertragen, die jucken so schrecklich an den Beinen. Die Schwestern durchwühlten mein Fach bis sie Erfolg hatten. Ich musste auf dem Flur vor allen Kindern meine Anziehsachen wechseln, und musste eine dieser Strumpfhosen anziehen mit Kleid. Danach musste ich das Chaos in meinem Fach beseitigen. Alles unter Aufsicht der sich lächerlich machenden Schwestern. Heute tragen meine Kinder im Winter unter der Kleidung Leggins.
Ich war zum Zunehmen dort und habe über 6 Kilo abgenommen. Ich wog nur noch um die 20 Kilo und wurde nach 6 Wochen total geschwächt und voller Tränen von meiner Mutter in Empfang genommen. Eine schreckliche Zeit , die mich den Rest meiner Kindheit immer verfolgt hat. Die Erinnerungen werden von Tag zu mehr und erklärt so manches , das mich noch im Erwachsenenalter verfolgt.
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Herrmann, Kirsten schrieb am 06.02.2022
Ich kann es gar nicht fassen, dass sich jemand für diese Ereignisse interessiert, dass es dafür einen Namen gibt.

Ich war vom 12.04.1966 bis 24.05.1966 im Kindersanatorium "Waldesruh" in Dausenau an der Lahn. Der Zeitraum müsste stimmen, da ich noch ein paar Briefe von mir aus dieser Zeit habe, 2 davon enthalten Zusatzschreiben an meine Mutter unterschrieben von einer Anne Vogt. Ich war damals 8 Jahre alt und hatte die ganze Zeit fürchterliches Heimweh, worüber ich auch krank wurde. Ich wurde dorthin geschickt, weil ich zu dünn war.

Diese schreckliche Zeit hat Auswirkungen bis heute, hat mein Leben geprägt.

Ich habe viele Jahre Therapie hinter mir, zuletzt während meines Burn Outs. Im Sommer vergangenen Jahres schloss ich sie ab. Es ging mir viel besser und ich dachte, ich hätte es endlich geschafft, aber ich habe weiter zu kämpfen.

Und als ich dann über die Suche nach einem Hörspiel oder einer Dokumentation (ich kann so besser einschlafen) auf den SWR2-Beitrag "Was habt ihr mit uns gemacht? Ehemalige Verschickungskinder fordern Aufklärung" in der "ardaudiothek" stieß, hat es mich wieder gepackt. Meine Arme und Beine wurden eiskalt und ich verspürte wieder eine so große Schwäche in den Beinen. Genau eines der Hauptsymptome während meines Burn Outs. Ich glaube, da sitzt noch was, was unbedingt endlich heraus will.

Einiges erinnere ich noch, anderes liegt unter schwarzen Flecken. Wie schon gesagt, ich hatte fürchterliches Heimweh, was in keiner Weise von den sog. Schwestern aufgefangen wurde. Im Gegenteil, ich wurde unter Druck gesetzt. Man sagte mir, dass ich mich nicht so anstellen solle. Auch sollte ich meinen Eltern davon nichts schreiben, ich wolle sie doch nicht etwa traurig machen. Besonders dramatisch wurde es, als ich Nachricht erhielt, dass mein geliebter Großvater im Krankenhaus war. Und ich durfte nicht zu ihm. Das Gefühl von Hilflosigkeit, das Gefühl gefangen zu sein war übermächtig.

Beim Essen ist mir besonders die eklige Milchsuppe und die große Tasse Kakao in Erinnerung, die wir ja noch vor den Hauptmahlzeiten essen mussten, was für mich regelmäßig zu viel war. Aber es gab kein Erbarmen, es musste aufgegessen werden. Irgendwann habe ich ihnen auf den Tisch gekotzt.

Durch das Heimweh wurde ich krank und musste im Bett bleiben. Mein Bett stand im Gemeinschaftsschlafsaal. Da lag ich krank und fühlte mich verloren. Ich erinnere nicht, ob jemand kam und sich um mich kümmerte. Wird wohl so gewesen sein, dass ich Essen bekam. Aber den Zusammenhang zwischen Heimweh und Erkrankung bemerkte sicher niemand.

Ich weiß noch, dass ich dann irgendwann mal aufstand und durch das stille, verlassene Haus wanderte, es war niemand da, die Türen nach draußen verschlossen. Zu der Zeit waren Jugendliche aus Berlin da, die in einem anderen Trakt ihre Zimmer hatten. Bei ihnen brach ich dann in Tränen aus, weil ich so froh war, jemanden zu finden. Ich hab so sehr geweint und von meinem Heimweh erzählt, dass die Jugendlichen sich rührend um mich kümmerten. Ich kann mich an ihre Betroffenheit noch erinnern.

Es gibt 11 Briefe und Postkarten aus dieser Zeit, die ich nach Hause geschrieben hatte. Sie wurden vor dem Versenden kontrolliert. Bei zwei Briefen finden sich handschriftliche Kommentare von Anne Vogt. Darin beruhigt sie meine Eltern und beschreibt mein Heimweh als „Umstellungsschwierigkeiten“, die sich in den nächsten Tagen legen werden. Später lügt sie einfach und behauptet, ich sei sehr froh und würde gut erholt zurückkommen.

Dieser Aufenthalt hatte definitiv Auswirkungen auf mein Leben. Bis heute habe ich Schwierigkeiten wegzufahren. Es kam und kommt vor, dass ich eine Reise oder einen Ausflug verabrede und kurz vorher überfällt mich Todesangst, dass mir etwas Schreckliches passieren wird, wenn ich die Reise oder den Ausflug antrete. Ich kann dann nicht anders, als abzusagen.

Sogenannte Autoritäten machen keinen Eindruck auf mich. Im Gegenteil, Titel und Ämter erfüllen mich mit großem Misstrauen. Ich habe einen unbändigen Freiheitsdrang und kriege Beklemmungen, wenn ich in geschlossenen Räumen bin. Geschlossene Räume bedeuten für mich auch gedankliche Räume. Ich entwickelte ein feines Gespür für Manipulation und für die Stimmungen meines Gegenübers. Heute weiß ich, dass es meine Überlebensstrategie war und heute noch ist. Ungerechtigkeiten ertrage ich nicht und wo ich nichts daran ändern kann, leide ich darunter.

Von meinen Eltern fühlte ich mich verraten und verkauft. Nach meiner Rückkehr reagierte meine Mutter auf das Thema Heimweh abschließend mit den Worten ab: „Du bist selbst daran Schuld, Du wolltest ja unbedingt dahin. Also stell Dich nicht so an“. Das war es.
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Michael R. aus Bremen schrieb am 06.02.2022
Hallo, ich bin auf der Suche nach dem Heim, in das mich meine Eltern Anfang der 1970er Jahre von Bremen aus verschickt haben.
Ich bin Jahrgang 1964 und muss damals 7 Jahre alt gewesen sein.
Leider habe ich mich erst als Erwachsener mit diesem unschönen Kapitel meiner Kindheit befasst, meine Eltern hatten keinerlei Unterlagen mehr zu dem Heim.
Ich weiß nur noch, dass ich mit dem Zug hin und wieder zurück nach Bremen gefahren bin.
An Einzelheiten des Alltages kann ich mich aber noch gut erinnern. Bei der Ankunft mussten wir alle mitgebrachten Comichefte und Süßigkeiten abgeben. Untergebracht waren wir Jungs in einem großen Schlafsaal. Zwischen meinem und dem Bett meines Nachbarn war ein kleiner Stuhl / Tisch.
Ich erinnere mich an einen Jungen, der mal auf seinem Bett stand und in den Saal gepinkelt hat. Ein anderes Mal hat er ein Lustiges Taschenbuch von mir zerrissen.
Ich erinnere mich, mit anderen Jungs Eimer mit Marmelade aus der Küche geholt zu haben, dass wir für Postkarten nach Hause vorgefertigte Texte von einer Tafel abschreiben mussten, dass wir ekeligen Griesbrei vorgesetzt bekamen - und zwar den selben Teller immer wieder, wenn er nicht aufgegessen wurde.
Ich hatte mich damals mit dem Jungen angefreundet, der im Bett neben mir schlief und meine, dass dieser Junge auch im Zug mit mir zurück nach Bremen gefahren ist. Leider habe ich keine Erinnerung mehr an seinen Namen.
An das Aussehen des Heimgebäudes kann ich mich leider auch nicht mehr erinnern, es lag aber nicht an der See. Ich weiß aber noch, dass ich das Areal mit meinem Heimfreund mal erkundet habe und wir erstaunt waren, dass es dort auch Unterbringungen in Zwei-Bett-Zimmern gab. Wir dachten damals, dass dort wohl die Mädchen wohnten.
Noch eines ist mir in Erinnerung geblieben: Am Tag vor der Abreise wurde bei uns Fieber gemessen, verbunden mit dem Hinweis, dass noch bleiben müsse, wer erhöhte Temperatur habe.
Ich würde mich sehr über jeden Hinweis freuen bei meiner Suche nach dem Heim. Vielleicht gab es ja Heime, in die Kinder aus Bremen bevorzugt geschickt wurden damals. Das würde die Suche eingrenzen.
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Christa Aumiller, ehemals Jansen aus 85253 Kleinberghofen (Bayern) schrieb am 05.02.2022
Ich war damals 5 Jahre, fast 6 (hatte während des Aufenthaltes am 12.03.1956 Geburtstag) Mein mir geschicktes Päckchen mit Inhalt wurde an alle verteilt. Morgens gab es immer dicke Haferflockensuppe. Da ich keine Milch mochte, habe ich mich so geekelt, dass ich immer in die Suppe erbrochenen habe, aber ich musste immer weiteressen bis ich nicht mehr konnte. Nachts waren wir in einem großen Schlafsaal untergebracht, in dem in der Mitte ein großer Ofen stand, der den Raum beheizte. Da ich nachts immer so großes Heimweh hatte, habe ich ins Bett eingenässt. Ich versuchte deshalb an dem Ofen meine nasse Schlafanzugshose zu trocknen. Dabei wurde ich erwischt und musste als Strafe die restliche Nacht mit der nassen Hose neben dem Bett stehen. Ich habe in dieser Zeit angefangen an den Fingernägeln zu kauen, damit habe ich bis heute (71) nicht aufhören können. Nach meiner Ankunft Zu Hause nach 6 Wochen aus Bad Neuenahr waren meine Eltern nur noch entsetzt, wie zerlumpt und verstört ich war. Meine Mutter hatte damals auch Beschwerde bei der Behörde eingelegt, diese diese Verschickungen veranlasste, aber ich kann mich leider nicht mehr erinnern, was dabei heraus gekommen war.
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Bernd aus Hückeswagen schrieb am 04.02.2022
Ich war nach den Osterferien 1958 als 7-jähriger für 6 Wochen auf Amrum. Organisiert wurde die Verschickung durch den damaligen Rhein-Wupper-Kreis (NRW). Viel weiß ich nicht mehr, hängen geblieben sind nur schlechte Erinnerungen. Gibt es jemand, der auch zu dieser Zeit dort war? Angeblich ist das Heim nicht lange nach meinem Aufenthalt geschlossen worden.
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Eva-Maria Kötter aus Münster schrieb am 04.02.2022
ich war in Essen in Schloß Landsberg, ein Haus von der Thyssen AG.
Meine Eltern sind an das Heim gekommen, weil sie Bekannte hatten, die bei der Thyssen AG gearbeitet haben, Ich bin mit 2 weiteren älteren Schwestern in dieses Heim für 6 Wochen gekommen. Ich war 3 Jahre, meine Schwestern waren 4 und 5 Jahre alt.
Schloß Landsberg ist wirklich ein Schloß gewesen, mit den alten dicken Gemäuern.
Ich kann mich erinnern, das man uns sehr viel Angst eingejagt hat, wir waren über Nikolaus dort, da haben die sog. Tanten am Nikolausabend an den heruntergelassenen Rollen mit Stöcken gerappelt, damit wir Angst vor Knecht Ruprecht bekommen sollten. Kleine Koffer, die meine Eltern uns mit Süßigkeiten gefüllt hatten, wurden an alle verteilt. Briefe wurden nicht vorgelesen,
ich hatte große Probleme mit dem Essen, meine Schwester durfte mir nicht helfen beim Essen, sie wollte mich füttern, damit ich das scheußliche Essen aufesse, weil sie wusste, dass es wieder Schimpfe gab. Erbrochenes musste wieder aufgegessen werden. Des weiteren wurden wir in den kalten Waschraum gesperrt, wenn wir beim Einschlafen noch gesprochen haben, meine Schwester war Bettnässerin, sie musste in ihren nassen Sachen in der kalten Badewanne ohne eine Decke schlafen, ansonsten mussten wir auf einen Metalleimer nachts Pippi machen. Als 3 jährige weiß ich nicht mehr so viel, weiß aber, dass man uns in einem sehr ungepflegten Zustand nach 6 Wochen wieder nach Hause schickte, bzw. meine Eltern uns abgeholt haben, meine Mutter hat später erzählt, dass sie über unseren Zustand so entsetzt war, dass sie geweint hat.
Ich muss allerdings sagen, dass wir zu Hause auch schlimme Dinge erlebt haben, wie unter die kalte Duschen gestellt zu werden, mit dem Gummiknuppel geschlagen werden, so lange am Tisch sitzen, bis man das Schlimmste, rohen Speck, und das einen ganzen Haufen, aufgegessen hatte. Also nicht viel weniger schlimme Dinge.
Ich kann heute nichts essen, was mir auch nur im Kleinsten nicht schmeckt, ekel mich vor vielen Gerüchen, die ich in Schloß Landsberg zuhauf gerochen habe. Habe bis heute kein Vertrauen in irgendeinen Menschen, habe deswegen große Bindungsschwierigkeiten.
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Heinz B. aus Kreis Recklinghausen schrieb am 04.02.2022
Hallo zusammen!

Zuerst einmal vielen Dank an Frau Röhl für ihre Initiative in Sachen Verschickungsheime. Ich bin per Zufall auf die Internetseite gestossen und war einfach nur entsetzt über die #Dinge, die ich da gelesen habe. Es hat mir aber auch gezeigt, dass meine Erlebnisse im DRK-Kinderheim auf Amrum kein Einzelfall waren und es wohl in vielen Einrichtungen so aussah.

Ich hatte als Kind häufig Bronchitis, war zu dünn und immer blass. Da schien meinen Eltern die Nordsee gerade richtig zu sein. Obwohl ich damals bereits 12 Jahr alt war, habe ich nur noch wenige Erinnerungen an diese schrecklichen 6 Wochen.

Wir wurden als Kinder zentral gesammelt und in einen Zug gesetzt. Alle hatten eine Pappkarte um den Hals mit Heimatadresse und Zielort. Ich kann mich noch daran erinnern, dass es fürchterlich warm war im Zug und wir bei Zwischenhalten oft von der Bahnhofsmission mit Tee versorgt wurden. Das DRK-Heim lag in Wittün direkt am Strand, eigentlich schön gelegen. Wie vielen anderen ist mir noch die Tortur des Essens im Gedächtnis geblieben, d.h. Teller leer essen bis zum Erbrechen. Immer roten Tee, häufig Froschaugensuppe und Zwieback mit warmem Vanillepudding. Da ich ja zunehmen sollte, war auch immer reichlich Brot auf dem Teller, was ich alles gar nicht essen konnte. Ich habe es mir dann so manches mal heimlich in die Hosentasche gesteckt und versucht es auf den Spaziergängen wieder wegzuwerfen. Als es der Tante einmal aufviel, wurde ich als "Brotmörder" beschimpft. Ich hatte selbst ein schlechtes Gewissen, da ich so erzogen wurde, dass man kein Brot wegwirft.

Abends war der Toilettengang angesagt! In Reih´und Glied aufgestellt, abgezähltes (und limitiertes) Toilettenpapier und eine ganze Reihe von nach vorne hin offenen Toilettenboxen. Eigentlich waren es keine Boxen, sondern mehr Trennwände. Alles stand unter strenger Aufsicht der Tanten. Geradezu tragisch war es , wenn man in der Nacht zur Toilette musste. Heimlich konnte man nicht dorthin gelangen, ohne entdeckt zu werden. Wir Jungens halfen uns damit, in eine Plastiktüte zu pinkeln und dann in die Dachrinne unterhalb des Fensters zu schütten.

Eine Briefzensur gab es auch bei uns. Sie wurde damit begründet, dass viele Schilderungen übertrieben würden und das den Eltern dann unnötig Angst machen würde. Manche Kinder versuchten, Kurzmitteilungen über die Art und Weise wie die Briefmarke aufgeklebt wurde, an die Eltern zu übermitteln. Briefmarke auf dem Kopf hieß "es ist schrecklich hier" oder schräg links geneigt hieß " es geht so". Diese Tricks waren bei den Tanten aber alle bekannt und funktionierten am Ende dann doch nicht.

Ich besitze noch ein Abschiedfoto, wo wir alle mit einer Matrosenmütze auf dem Foto zu sehen sind. Am 6.6.1966 habe ich einen Brief nach Hause geschrieben, wegen des besonderen Datums. Über 30 Jahre später war ich noch einmal auf Amrum. Zu einem Tagesausflug von Föhr aus. Das Haus gab es immer noch, aber es stand leer. Ich habe eine Gänsehaut bekommen und war seitdem nie wieder auf Amrum.
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Katrin Hebestreit aus Koeln schrieb am 03.02.2022
r Lieben,
es ist erschreckend die ganzen Geschichten durchzulesen. Dadurch fühle ich mich bestärkt auch meine Geschichte anzureihen. Ich war 1975 im Alter von 5 Jahren im Heim Marianne in Obermaiselstein und hatte bisher nur zwei bruchstückhafte Erinnerungen, da ich so jung war. Das waren keine guten, es ging um Erbrechen und auf einem harten Boden sitzen und frieren….und natürlich HEIMWEH ohne Ende. Jetzt, da ich Eure Geschichten durchgelesen habe, schließen sich langsam einige Lücken. Nun kann ich mich erinnern, daß es sich bei dem Erbrochenen um Rosenkohl handelte, den ich unbedingt aufessen mußte, und aufessen mußte, und aufessen mußte.
Ich möchte mich so gerne mit jemandem austauschen, der 1975 auch in diesem Heim gewesen ist und bin auf der Suche nach Gleichgesinnten. Liebe Grüße, Katrin
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Ulrich Breitbach schrieb am 02.02.2022
Ich suche Kontakt zu Personen, die wie ich Anfang der 60er Jahre ins Heim "Knabenheilstätte St. Marienwörth“ verschickt worden sind.
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Bernd schrieb am 02.02.2022
Ich erinnere mich daran mit meiner älteren Schwester in Bad Reichenhall gewesen zu sein. Ich stamme aus einer sozial schwachen Familie und unsere Teilnahme wurde von der Stadt finanziert. Woran ich heute noch denke und deutlich vor mir habe, war eine Bestrafung, weil mir der Nachtisch gut geschmeckt hat. Ich kannte sowas gar nicht und hab gefragt, ob ich noch etwas haben dürfte. Die Aufsicht hat dann alle Portionen, die von anderen Kindern nicht aufgegessen waren, einsammeln und vor mich hinstellen lassen. Ich sollte das alles aufessen, weil ich gierig sei. Und ich wurde gezwungen in dem Essensaal zu bleiben und durfte ihn über Stunden nicht verlassen. Meine Schwester hat sich darüber beschwert und dafür einige Ohrfeigen bekommen, so wie ich, weil ich völlig aufgelöst war. Das war das letzte Mal, dass unsere Mutter uns bei solchen ferienfreizeiten angemeldet hat.
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Mabel aus Braunschweig schrieb am 02.02.2022
1954/55 ? wurde ich (Jahrgang 1946) über die Caritas in ein katholisches Kinderheim in Villingen verschickt, fußläufig war es von Bahnhof und Kirche nicht weit entfernt. Es waren katholische Schwestern dort im Einsatz. Ich erinnere mich, daß am Giebel des (modernen) Heimes ein riesiges Christopherus-Bild (evtl. Mosaik) war. 
Meine Frage/Bitte: Kann jemand etwas zu diesem Haus sagen oder evtl. ein Foto beibringen? 
Auch ich habe dort 4 Wochen lang "gelitten" und so einige Erlebnisse gehabt, die man nie vergißt. Es gab auch Gutes durch einen Jungen (evtl. Nähe Hildesheim), der sich mir gegenüber wie ein großer, lieber Bruder verhielt. 
Vielleicht kann jemand etwas dazu sagen. Dank im Voraus, bleibt schön gesund und herzliche Grüße.
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Hank aus Berlin schrieb am 30.01.2022
Ich war als 3! Jähriger, mit meiner 3 Jahre älteren Schwester, für 6 Wochen in Bad Sassendorf und kann mich an so gut wie nichts erinnern. Wenn ich jedoch lese was den vielen Kindern in dieser Zeit (1969) widerfahren ist, wird mir so manches, heutiges Problem im Leben etwas klarer!
Eine nachhaltige Erinnerung, die mich jahrelang begleitet hat und den Gesamteindruck meines Aufenthaltes als positiv verklärt haben könnte, ist die Musikkassette die wir mit unseren Eltern aufgenommen hatten, nach unsrer Rückkehr aus Bad Sassendorf. Zumindest hatten wir sämtliche Kinderlieder gelernt und konnten dies zum besten geben!
Leberwurst, Salatgurke und Tomate war mir bis zum 35. Lebensjahr ein Gräuel. Die kleinen Plastikschiffchen ind den riesigen Holzbottichen erinnere ich noch. Die Tatsache, dass ich sofort nach Ankunft im Heim von meiner Schwester getrennt und separiert wurde, ist ein begleitendes Trauma. Würde gerne weitere Bilder aus der zaghaften Erinnerung zurück rufen, um mehr zu verstehen im hier und jetzt.
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Ursula Löhe aus Overath schrieb am 29.01.2022
Ich war 1965 auch in Bad Sassendorf ! Ich habe wenig Erinnerungen - nur dass ich ständig meinen kleinen Bruder (4) beschützt habe und einmal jeden Tag mein nicht aufgegessenes Brot mit ekelhafter Blutwurst immer wieder und jeden Tag vorgesetzt bekam …. ich aß es aber nicht - bis die Wurst schimmelte ! Pakete von Zuhause wurden an alle anderen verteilt - man fühlte sich als 5jährige total verlassen und meine Eltern waren nach 6 Wochen sehr erschrocken, dass wir anstatt zuzunehmen , wesentlich dünner und kranker nach Hause kamen …. es war grausam ?
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Bianca aus Dachau schrieb am 28.01.2022
Mein Trauma Pausa - 672 Stunden ANGST

Erst durch die Medien bin ich auf Verschickungskinder aufmerksam geworden. Ich war schockiert. Es gibt einen Namen für mich.
Nachdem ich die anderen Berichte über Pausa gelesen habe sind bei mir schlagartig alle verdrängten schrecklichen Erlebnisse hochgekommen. Über 40 Jahre hatte ich keinen Zugang zu diesen Emotionen. Danke, das das jetzt geschehen ist und endlich eine Verarbeitung stattfinden kann.
Auch ich möchte hier meine Geschichte erzählen:

Es war 1981 und ich 7 Jahre alt. Ich war gesund, hab lediglich nicht so gerne gegessen. Das war der Anlass für eine 4-wöchige Kur in Pausa. Im Bus hab ich mich mit einem Mädchen, Kirsten Z. angefreundet. Ich war aufgeregt - vielleicht kommen wir in eine Gruppe.
Gleich am Anfang haben uns die Erzieherinnen alle persönlichen Dinge außer Kleidung weggenommen, die ihnen gefallen haben. Sie haben alles behalten. Wir haben nichts wiederbekommen.
Es war leider kein Platz für mich in der passenden Mädchengruppe. So haben sie mich in die kleinere Jungengruppe gesteckt. Das hieß kein altersgerechtes Spielen für mich und auch, im Jungenschlafsaal zu schlafen! Allein unter ca. 15 Jungen. Warum ich? Ich sehe mich noch im Doppelstockbett liegen. Ich fühlte mich allein und unbehaglich. Keine Freundin, keine Kirsten Z..

Nun das Schlimmste. Um uns Kinder zum Essen zu zwingen ließen sich die Erzieherinnen folgende unaussprechliche Grausamkeit einfallen:

Wir alle wurden am 1. Tag gewogen, das Gewicht notiert. Eine weitere Wiegung wurde für den Tag der Abreise angekündigt. Nun wurde uns tatsächlich erzählt, dass wir nur wieder nach Hause dürfen, wenn wir zunehmen. Wörtlich: „Wenn ihr abnehmt oder das Gewicht gleich bleibt dürft ihr nicht wieder nach Hause zurück. Ihr werdet Eure Eltern 10 Jahre nicht mehr wiedersehen bis Ihr 18 Jahre alt seid. Ihr kommt in ein Lager, wo ihr ununterbrochen essen müßt. Sowie der eine Teller leer ist kommt eine Erzieherin durch die Tür und bringt Euch einen neuen vollen Teller. Am Abreisetag stehen 2 Busse vor der Tür. Der eine bringt die Kinder, die zugenommen haben nach Hause, der andere Bus bringt die anderen Kinder in das beschriebene Heim.“ Ich habe es geglaubt. Wir alle.
Zu jeder Mahlzeit diese Aussage, egal welche Erzieherin! Es hatte System. Wir hatten die ganzen 4 Wochen keine Kontrolle, ob wir zugenommen haben. Die Ungewissheit, die Angst waren unerträglich. Einmal hab ich dünnes Mädchen mittags 9 Teller Bohnensuppe gegessen. Ich habe aus Angst immer weiter und weiter gegessen und mich dann schließlich in einem riesigen Schwall über mehrere Tische hinweg übergeben. AUS ANGST GEGESSEN BIS ZU KOTZEN. DAS WAR PAUSA. Danach hab ich noch den Vanillepudding gegessen, denn ich war verzweifelt, da mein Magen jetzt leer war und ich an diesem Tag nicht zunehmen konnte.
Die Angst vor dem Wiegen am letzten Tag kann ich nicht in Worte fassen.

Nachts durften wir nicht auf Toilette. Es war strikt verboten unter Strafe. Am Abend gab es immer nur einen kleinen Schluck Tee. Ich hatte Durst. Wir bekamen ja fast nichts zu trinken. Unsere Erzieherin Frau Gaumitz, sie war die Schlimmste, hatte aber gern ihre Tochter am Abend da. Diese bekam Tee soviel sie wollte. Sie schnitzte ihr Apfelmännchen vor unseren Augen. Ihre Tochter aß ihn genüßlich. Wir bekamen kein Obst.
Ja, Frau Gaumitz hatte Lust am Quälen und wir waren ihr und den anderen Erzieherinnen hilflos ausgeliefert.

Ein Junge, René, hat fast jede Nacht ins Bett gemacht. Morgen packten ihn dann jedesmal 2 Erzieherinnen, hielten ihn fest, und brüllten ihn an. Er schrie furchtbar, eine dritte drückte ihn mit voller Kraft und Wut das nasse Laken ins Gesicht bis er ruhig war. Wir alle mußten zusehen. Immer wieder. - Nackte Angst vor der Gewalt und dem Zorn der Erzieherinnen, insbesondere Frau Gaumitz.

Eisduschen: Im Keller gab es einen riesigen Waschraum mit meterlangen Waschbecken und mindestens 10 Duschen in einer Reihe. Hier mußten wir jeden Morgen unter allen eiskalt aufgedrehten Duschen auf und ablaufen. Manchmal nur viel mal, manchmal 10 mal. Je nach Belieben der Erzieherin. War man nachts doch mal auf Toilette (um nicht ins Bett zu machen) mußte man hier länger laufen. Es war Januar/Februar, der Waschraum ungeheizt. Normales Duschen mit warmen Wasser und Haare waschen gab es die ganzen 4 Wochen nicht. Ich hatte Angst vor diesem Waschraum.
Alle unsere Briefe wurden von den Erzieherinnen gelesen, so dass eine Schilderung der katastrophalen Zustände an die Eltern unmöglich war.

In den kommenden 6 Jahren mußte ich jeden Sommer 2 Wochen ins Ferienlager. Kein anderes Kind dort hatte solch extremes Heimweh, ständige starke Übelkeit und mußte sogar 2 Mal abgeholt werden.
Ich wundere mich seit 40 Jahren, wo meine tiefe, tiefe Angst in vielen Lebenssituationen und teilweise eigenartige Krankheiten, für die kein Arzt eine Erklärung hat, herkommen. Die Antwort heißt Pausa und die sadistischen Erzieherinnen.

Ich habe noch ein Foto von allen Kindern und den Erzieherinnen in der „Drachenhöhle“ in Syrau, einschließlich Frau Gaumitz.

Bianca
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Angela aus Pfullingen schrieb am 28.01.2022
Ich bin mit 4 Jahren nach Bad Dürrheim geschickt worden, warum, weiß ich nicht genau. Ich hatte Allergien und war klein und zart. Uns hat man in Ludwigshafen/Rhein in einen Bus gebracht, meine Mutter gab mich in Händen eines großen Jungen, der auf mich aufpassen sollte, wir kannten ihn. Als wir ankamen, wurde ich von ihm getrennt und ich weinte fürchterlich.
Wir kamen dann in einen Saal mit Wannen, mussten uns ausziehen und baden, was ich nicht verstand, da ich zu Hause schon gebadet hatte . Man untersuchte auch unsere Haare auf Läuse. Ich war 6 Wochen da, und sehr einsam. Ich dachte, falls ich jemals da raus komme, sind meine Eltern bestimmt tot.
Ich kann mich an fürchterliche Esskultur erinnern, sehr harsch und im Befehlston. Ich weiß nicht viel, aber ich sollte 1 Apfel ganz aufessen, mit allem und Stil, und ich weigerte mich. Ich kann mich noch an eine Kammer mit Nebel erinnern, in der wir sangen. Und an eine Kindergärtnerin, die mit uns draußen Gruppenspiele machte.
Am 1. Tag sollten alle ein Mittagsschlaf halten, es war ein Saal mit Stahlbetten, und ich sollte mit 4 Jahren die Aufsicht machen. Ich hatte 1 rotes Kleid an und helle Strumpfhosen. Ein Kind weinte, es mußte Pipi, also ging ich zu den Schwestern und klopfte, und niemand meldete sich, ich hörte aber jemand, nach erneutem lautem klopfen, öffnete ich die Türe, und bat um Hilfe. Ich wurde sofort barsch von Schwester Ursel? angepflaumt, sofort zu gehen und nicht zu stören. Worauf ich laut schrie: das Kind muß Pipi! Sie muß kommen, und niemand kam, sie tranken Kaffee und aßen Kuchen! Was aus dem Kind wurde, weiß ich nicht.
Ich kann mich dunkel an einen Flur erinnern, nachts, in dem ich stehen musste, ganz allein im Dunkeln, weiß aber nicht, ob das stimmt, eher eine Erinnerung.
Ich hatte dort Geburtstag, und Schwester Ursula, Ursel? las den Brief meiner Eltern vor, dass sie sehr enttäuscht sind von mir, weil ich nicht brav bin, und sie nichts mehr von mir wissen wollten. Das war während eines Essens vor allen Kindern. Ich war wütend. Wie können meine Eltern so was schreiben, wenn sie nicht wissen, wie es hier ist?
Es gab ein Paket. Meine Mutter fragte mich, als ich heim kam, nach den Geschenken. Es waren auch Schuhe drin. Und Süßes und einen lieben Brief. Ob sie reagiert hat, weiß ich nicht.
Meine Mutter holte mich vom Zug ab, und wollte mich in den Arm nehmen. Ich drehte mich weg und wollte nie wieder Körperkontakt mit ihr haben. Wir hatten bis zu ihrem Lebensende eine sehr schwierige Beziehung .
Zeitlebens bin ich ein sehr schlechter Esser, und bei Problemen wird mir übel und kann nichts essen.
Ich hospitalisiere, ich wackle mich in den Schlaf, seit Kindheit. Ich habe kein Vertrauen, nehme alles selbst in die Hand. Und zeitlebens habe ich immer mal wieder verlassenheitsängste, dass ich schreie. Nicht einfach für meine Familie, für Kinder und Mann.
Jetzt mache ich eine Traumatherapie, und bin dankbar, für die tolle Therapeutin, und den Verein für Verschickungskinder. Ich will mich begreifen und das bewältigen, und nicht mit dieser Einsamkeit leben, vertrauen lernen.
Ich wache jeden Morgen mit Tränen und selten mit Schluchzen auf.
Und ich weiß, das hat mit Bad Dürrheim zu tun. Dass die Nazizeit so lange regiert hat, erschüttert mich, so grausame Erziehungsmethoden.
Ich weine
Angela
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Ulrike Götz-Suzuki aus Mönchweiler schrieb am 28.01.2022
Ich wurde im November 1971 für 6Wochen nach
St.Peter-Ording in den goldenen Schlüssel verschickt.
Als ich eure Reportage gesehen habe, hat mich das sehr berührt, eigentlich war das alles keine Thema für mich.
Und nach und nach kommen auch die Erinnerungen wieder, es scheint ich war ein Meister des verdrängenden.
Ja das Thema Essen war auch bei mir das Problem, ich wurde zur Gewichtszunahme dahin geschickt, aber vor Heimweh konnte ich nichts Essen, und irgendwie ist da etwas gründlich schief gegangen, denn seither kann ich keine Bananen und nichts undefinierbares Essen (Suppen usw. Smothies) gut damit kann man Leben.
Ich kann mich noch an den großen Schlafsaal erinnern, ein Kleinkind im Gitterbett hat jede Nacht unendlich lange geweint, und da war ein Mädchen ungefähr 11/12 Jahre alt, sie hat sich immer gekümmert.
Auch musste ich immer in einen Gruppeninhalationsraum,
da hing eine Art Lampe an der Decke und ein kleines Tuch/Lumpen hing herunter.
Am liebsten habe ich mich in einem kleinen Wäldchen aufgehalten, der Boden war ganz sandig, da war es schön.
Zu Nikolaus gab es dann ein Packet von meiner Tante, leider wurde es konfisziert, gut später wurden die Inhalte mit allen geteilt. An eine Kontaktaufnahme mit meinen Eltern, kann ich mich nicht erinnern.
Aber für mich war immer klar, das ich so etwas niemals meinen Kindern antun werde!
Ich bin heute Familien-Gesundheits-Kinderkrankenpflegerin und gehe in belastete Familien, vermutlich hat mich dieser Aufenthalt mehr geprägt als ich dachte.
Ich begrüße diese Homepage, und hätte nie gedacht was es in mir auslöst diese Zeilen zu schreiben, ich habe wohl eine Überlebensstrategie der Verdrängung entwickelt,
Es wäre interessant ob sich jemand findet der zur gleichen Zeit im goldenen Schlüssel war, ein Austausch würde mich freuen.
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Christine Buchmann aus Bielefeld schrieb am 28.01.2022
Im Alter von 6 Jahren wurde ich wegen Neurodermitis "zur Kur" geschickt. Von Anfang an war die Vorstellung beängstigend für mich, 6 Wochen alleine von zu Hause weg zu sollen. Es wurde mir schmackhaft gemacht: Mensch, du kannst ans Meer. Dennoch wurde die Zeit am Meer schrecklicher, als ich es mir vorstellen konnte:
Es begann damit, dass die nette, zugewandte Begleiterin aus dem Zug (Heidelberg - Husum) nicht mit ins
Heim kam - hier war der Beziehungsabbruch schon komplett, die letzte Verbindung zu meinen Eltern (mein Vater
hatte mit dieser freundlichen Diakonisse ja noch selbst gesprochen, sie kannte ihn und war damit noch eine
Verbindung nach Zuhause). Ab jetzt war ich alleine, ich erinnere das als einen Schock. Meine nächste
Erinnerung ist, dass ich die ersten 2 Tage weinend im Bett verbracht habe, im gleichen Zimmer war noch
ein Mädchen, dass ebenso lange durchweinte - in dieser Zeit hat niemand versucht, echten Kontakt zu uns
aufzunehmen. Von Zeit zu Zeit kam eine Betreuerin, schaute nach, ob wir aufgehört hatten zu weinen. Ich
erinnere , dass es bei diesen "Besuchen" nur darum ging, ob wir jetzt endlich bereit waren, zu den anderen
zu kommen. Trost, Ansprache, Zuwendung gab es nicht. Das war ich nicht gewöhnt; ich empfinde im
Nachspüren heute noch meine damalige bodenlose Verwunderung, mein tiefes Entsetzen über das
distanzierte Verhalten der Betreuerinnen. So empfand ich mich von Stunde zu Stunde einsamer, verlorener,
verlassener. Ab dann habe ich nur Erinnerungen an einzelne Begebenheiten, kurze Momente: ein
Strandspaziergang in 2-er Reihen, die Kinder durften dann ins Wasser, ich habe ich unter meiner Jacke
versteckt. Ein Spiel im Garten, bei dem eines der größeren Mädchen mich einmal in den Arm nahm - ich
glaube, das war der einzige freundliche Körperkontakt während der ganzen 6 Wochen. Der erste Posttag:
Briefeschreiben gab es für alle zu bestimmten Zeiten. Meine Eltern hatten mir ein Schreibheft mit
Erstklässler-Linien mitgegeben, darauf konnte ich schon ganz gut schreiben. Abgesprochen war: ich
Seite 16 / 30
schreibe da hinein, reiße dann die Seite aus dem Heft und stecke sie in einen Umschlag. Ich schrieb: "ich
habe Heimweh...". Das musste ich vorzeigen. Und durfte es natürlich nicht so verschicken. Begründung
war: ich könne doch keine rausgerissene Seite als Brief verschicken - meine Absprache mit meinen Eltern
wurde also weggewischt. Außerdem solle ich nicht von Heimweh schreiben, die Eltern sollten sich doch
keine Sorgen machen. Also bekam ich Linien auf ein weißes Blatt und einen diktierten Brief, dass ich mich
gut einlebe und Spaß habe. Ich belog bewusst meine Eltern - das hatte ich vorher nie gemacht, ich hatte
das bei meinen Eltern nicht nötig (nach der Kur konnte ich das übrigens ganz gut, auch wenn es weiterhin
nicht nötig gewesen wäre, meine Eltern konnten für diese Zeit ziemlich gut mit ihren Kindern über alles
reden). Das schlimmste Erlebnis passierte eines Nachts: ich musste zur Toilette, hatte dringenden Bedarf,
meinen Darm zu entleeren. Ich weiß nicht mehr genau, warum das so schwierig war, ich erinnere mich an
Not, entweder ich suchte und fand die Toilette zuerst nicht, dann war ich aber dort, ich vermute, ich wurde
"erwischt" und musste sofort zurück ins Bett, vielleicht hab ich auch nur geträumt ... jedenfalls entleerte ich
mich ins Bett. Das war dann morgens natürlich verschmutzt. Es gab ein Riesentheater, ich wurde
beschimpft, mit dem Bettzeug nackt im Waschraum an ein niedriges Becken gesetzt, wo ich ohne
Hilfsmittel das Laken reinigen sollte. Ich weinte die ganze Zeit, ich fühlte mich verlassen, hatte Angst, fühlte
mich auch ungerecht behandelt. Ich wurde weiter beschimpft, weil ich ins Bett gemacht hatte, weil ich das
Laken nicht sauber bekam. Währenddessen wuschen sich zunächst die Mädchen in dem gleichen großen
Waschraum, sie wurden wiederholt durch die Betreuerin darauf hingewiesen, was passiert, wenn man das
Bett beschmutzt. Dann waren die Mädchen fertig, die Jungen kamen, mir wurde gesagt, dass ich weiter
machen muss (normalerweise war es streng untersagt, dass Mädchen und Jungen gleichzeitig im
Waschraum waren), auch den Jungen wurde erklärt, dass ich ins Bett gemacht hatte und nun meinen
angerichteten Schaden wieder gut machen musste. Die Kinder wurden angestiftet, sich lustig zu machen
und mich auszulachen, Da ich an dem niedrigen Wasserhahn auf dem Boden saß, nackt, schauten alle auf
mich herunter. Das war die am schlimmsten erniedrigende Situation in meinem ganzen Leben. Kurz
nachdem die Jungen dann den Waschraum verlassen hatten, wurde ich weggeschickt und durfte mich
anziehen. Insgesamt erinnere ich mich an diese Zeit als eine Phase, in der ich von meinen Gefühlen
letztlich sehr abgeschnitten war, vielleicht, weil sie im Außen auf keine Resonanz gestoßen sind. Wenn ich
weinte, Angst hatte oder unsicher war, bekam ich keine Aufmerksamkeit, keine Zuwendung, keinen Trost.
So zog ich mich immer mehr in mich zurück. Bei der Rückreise wurde noch eins drauf gesetzt: die
Begleiterin diesmal war nicht so freundlich. Es gab eine klare Aufforderung, auf dem Bahnsteig bei Ankunft
auf keinen Fall los zu rennen, wenn wir unsere Eltern sahen. Ich stieg aus, sah meine Eltern und meinen
Bruder, ging langsam auf sie zu, reichte ihnen die Hand und sagte: Guten Tag. Ich empfinde heute diese
Szene als ein für sich sprechendes Bild für das, was in mir passiert war. Keine spontane Freude, kein
Widerstand, keine Äußerungen von Emotionen, Verhalten wie ferngesteuert.
Meine Eltern konnten in der folgenden Zeit zum Glück ganz gut zuhören, die Bindung verheilte, wenn auch mit langwierigen Narben. Eine ganz eindeutige Veränderung an mir jedoch war, dass ich kurz nach dem Aufenthalt in St. Peter Ording wieder zur
Bettnässerin geworden war, was etwa 2 Jahre angehalten hat. Meine Neurodermitis war übrigens nach der
"Kur" schlimmer als jemals vorher - ein Naturheilkundler, zu dem ich dann mit 9 Jahren gemeinsam mit
meinen Eltern gefahren war, dessen Salbe meine Mutter mir über 2 Monate liebevoll täglich aufgetragen
hat, hat das Abklingen aller Symptome erreicht.
Es hat mich lange beschäftigt, dass ich eine Zeit erlebt habe, die für mich absolut schrecklich war - von
anderen dafür oft wenig Verständnis zu bekommen war. Ich habe als Kind und Jugendliche davon wenig
erzählt, weil es dafür keinen Rahmen gab, es war einfach nirgends Thema. Ich vermute, es hat sich ein
Muster eingeprägt, das es mir schwer gemacht hat, meine eigenen Gefühle und Bedürfnisse ernst zu
nehmen, ihnen zu trauen. Im Studium stieß ich auf einen Artikel von Terre des Hommes: Das Kind im
Krankenhaus. Das war 1980. Da habe ich zum ersten Mal beginnen können, mir selbst zu glauben, WAS ich
und WIE ich es erlebt hatte.
Zusammengefasst kann ich sagen: der Heimaufenthalt hat dazu geführt, dass meine Bindungen lange von
Verlustangst geprägt waren. Und er hat dazu geführt, dass ich nur schwer Zugang zu meinen Gefühlen
bekommen habe. Und ich habe lange daran gearbeitet, für meine Gefühle und Bedürfnisse einstehen zu
können.
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Ingrid schrieb am 26.01.2022
Im Oktober 1973 wurde ich mit 5 Jahren von der Barmer für 4 Wochen nach Lenggries in das Kindererholungsheim Sankt Georgi Haus verschickt.
Die Reise nach Bayern ging vom Stuttgarter Hauptbahnhof aus mit vielen anderen Kindern, die alle einen orangefarbenen Rucksack tragen mussten, los.
Die schlimmste Erfahrung war das Heimweh. Im Kindergarten hatte ich viele Freunde, dort fühlte ich mich mutterseelenallein. Ich erinnere mich an wöchentliche Telefonate mit meiner Mutter, die von einer Betreuerin mitgehört wurden. Ich durfte nur Positives berichten, nicht wie es mir wirklich ging...
Es gab Berge von Nutellabroten zu essen, beim Essen war mir immer schlecht, weil es mir nicht schmeckte.
Als meine Erzieherin aus dem Kindergarten mir eine Tafel Schokolade schickte, wurde sie mir weggenommen.
Ich erinnere mich an Spielenachmittage im Speisesaal, wo ich immer verlor, weil ich noch so klein war, an Hänseleien der anderen Kinder und an organisierte Toilettengänge.
Irgendwie war ich danach eine andere, ich hatte meine Unbefangenheit und das Vertrauen in meine Mitmenschen ein Stück weit verloren.
Landschulheimaufenthalte und Ferienfreizeiten waren mir in meiner Schulzeit ein Greuel.
Auch ich war der Meinung ein Einzelfall zu sein und völlig überrascht von der Tatsache, dass es noch so viele andere Verschickungskinder gibt.
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Bettina Bracht aus Nentershausen-Süß schrieb am 25.01.2022
Hallo zusammen, als ich den Bericht "Kinderkur wurde zum Trauma" in der Zeitung las, wurde mir bewusst, dass es ganz viele Betroffene gibt, denen es genauso ging wie mir. So habe auch ich endlich den Mut gefunden, mich hier zu melden. Ich war klein und ziemlich dünn, worauf die damalige Kinderärztin(Frau Dr. Holzapfel aus Rotenburg a d Fukda)meinen Eltern vorschlug mich zur Kur zu schicken, dass ich etwas zunehmen sollte, weil ich 1971 eingeschult werden sollte. Meine Eltern wollten ja auch nur das Beste für mich...verständlich...also wurde der Koffer gepackt und ich von meinen Eltern nach Bebra zum Bahnhof gefahren. Dort waren ganz viele Kinder...wir wurden von Ordensschwestern mit dem Zug nach Bad Karlshafen gebracht....Es war einfach nur schrecklich... und in einem großen Saal mit ca 30 Kindern zusammen schlafen zu müssen. Ich hatte schreckliches Heimweh und war sehr verängstigt. Der Kontakt zu den Eltern war verboten. Ich war damals 6 Jahre alt. Ich weiß noch, mein Papa war damals LKW Fahrer und viel unterwegs..So kam er einmal vorbei um mich dort zu besuchen...und er hatte Glück, wir waren gerade draußen zum spazieren gehen..Ich sah Papa und lief zu Ihm hin...das war fatal für mich...ich wurde sofort von einer Ordensschwester ins Heim gebracht und bekam meine Strafe. Ich war zur Kur, weil ich zunehmen sollte, und nun wurde ic hauch noch seelisch misshandelt...habe kaum was Essen können...also habe ich Strafen bekommen, nicht mit zum Eis essen, oder zum Ausflug auf die Weser...musste alleine im Schlaafsaal bleiben usw.. Nach ca 1 Woche musste ich dann zur Mutter Oberin... und diese Worte klingen mir heute noch im Ohr..."Mein liebes Kind, wenn du jetzt nicht langsam mal anfängst zu Essen, dann kommst du nicht nach Hause." Ich bin eingeschüchtert und seelisch misshandelt worden. Deshalb habe ich aus Frust sämtliches Essen, was ich bekommen habe in mich reingeschlungen. Nur dass ich wieder nach Hause komme. Dann waren die scheiß 6 Wochen um, und wir wurden wieder mit dem Zug nach Hause gebracht....Das allerschlimmste ist, dass du das alles mit dir alleine ausmachen musst...du hast Angst kannst dich aber keinem anvertrauen, weil dir vermutlich eh nicht geglaubt wird. Ich habe mich halt durchgekämpft...ich bin Löwin...Ich kann meinen Eltern keinen Vorwurf machen. Es war damals eine andere Zeit..Meine Mama hat oft erzählt, dass ich früher sehr schwierig war....Ich habe es Ihnen erzählt, da war ich schon fast 40...solange hatte ich geschwiegen...meine Eltern sind aus allen Wolken gefallen..und ich bin froh, dass ich endlich den Mut gefunden hatte, es Ihnen zu erzählen..
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R aus Berlin schrieb am 25.01.2022
Im Sommer 1971 wurde ich auf Anraten einer Kinderärztin in die Obhut eines sogenannten Kindererholungsheims gegeben. Die Intention meiner Eltern war, mich vor der Einschulung körperlich zu stärken. Ich war gerade sechs Jahre alt geworden. Gegen Ende des Aufenthaltes, der fünf oder zehn Wochen dauerte, wurden Fotos gemacht - ein Gruppenfoto sowie von jedem Kind ein Portrait. Tatsächlich sehe ich auf dieser Aufnahme fröhlich und gut erholt aus. Dieser Eindruck war gewünscht. Aber trügerisch. Wie von anderen Ehemaligen beschrieben, waren die "Erholungswochen" für mich ein Martyrium. Kinder haben ein anderes Zeitempfinden als erwachsene Menschen. Entsprechend erinnere ich, dass dieser Aufenthalt seinerzeit nie zu enden schien.

Da meine Familie nur etwa eineinhalb Autostunden entfernt von St.Peter-Ording lebte, waren es meine Eltern, die mich dorthin chauffierten. Die Institution erinnere ich als zweigeschossiges Nachkriegsgebäude, bevölkert von einer Schar von Kindern. Nach Ankunft wurde ich unter dem Vorwand eines Aufnahmegesprächs mit meinen Eltern von selbigen getrennt. Schon diese Wartezeit erschien mir unbehaglich. Als ich schließlich nach meinen Eltern fragte, wurde mir mitgeteilt, dass sie schon abgereist seien - den Abschied von ihnen hatte man bewusst unterbunden. Für mich war dies ein Schock. Ein Jahr zuvor hatte ich mehrere Wochen im Krankenhaus verbringen müssen, die Erinnerungen an Gefühle starker Einsamkeit und Verlassenheit hatten sich mir eingeprägt. Ich musste gehofft haben, so etwas nie wieder zu erleben. Nun wiederholte es sich. Als dann zwischenzeitlich (aufgrund eines Unfalls meiner Mutter) mein Aufenthalt in St.Peter noch verlängert wurde, brach eine Welt für mich zusammen, so unglücklich war ich. Kinder, deren Gesundheit weniger stabil als erwartet gewesen sein mochte, hätten besonderer Achtsamkeit und Zuwendung bedurft. Was wir damals stattdessen erfuhren, war autoritäre Härte und Drill. Diesen Zuständen mit sechs Jahren ausgeliefert und jeder Möglichkeit beraubt, den Eltern zu berichten, war - genau genommen - grausam. Wem die Schilderungen Einzelner im Nachgang lapidar erscheinen mögen, der vergisst, wie zerbechlich Kinderseelen sind.

Die Entscheidung, mich in Obhut zu geben, war primär auf das Votum meines Vater zurückzuführen, der in seiner im Nationalsozialismus verbrachten Kindheit selbst in ein "Erholungsheim" im Schwarzwald verschickt worden war. Gemäß seiner Erfahrung war eine Verschickung sehr zu befürworten. Da die Region Schwarzwald meiner Mutter aber als zu weit entfernt erschien und das ärztliche Anraten auf "Luftkurort" lautete, wurde für das näher gelegene St.Peter entschieden.

Mein Gefühl aus der Zeit der Anbahnung dieser Entscheidung - die Tatsache, dass über mich "beratschlagt" wurde - erinnere ich als eine Form von Entmündigung, denn zu meiner eigenen Haltung betreffs einer Verschickung befragt wurde ich nicht. "Folgsam und tapfer" zeigen wollte ich mich dennoch, im guten Glauben daran, dass über mein Wohlergehen entschieden werde. Dieses Gefühl manifesterte sich in mir und hielt sich beständig: Die Eltern nicht enttäuschen zu dürfen, weil sie mir vermeintlich Gutes angedeihen lassen würden - dieser Eindruck lenkte mich. Erst Jahre später, nach wiederkehrenden nächtlichen Alpträumen und zeitweiligen Angstzuständen teilte ich meinen Eltern
Andeutuungen dessen, was ich in St. Peter tatsächlich erlebt hatte, mit. Ihre Verwunderung darüber überraschte mich nicht - mir war längst klar geworden, dass sie nicht im Entferntesten in Betracht gezogen hatten, dass mein Aufenthalt ihre Intentionen komplett verfehlte. Genau genommen verstärkte diese Tatsache in mir die Fortsetzung eines Gefühls von Vereinsamung. Hätten sie nachgefragt, sich interessiert, mein Leid mit mir geteilt, offenes Bedauern bekundet, wäre die dunkle Erinnerung weniger nachwirksam für mich gewesen. Weitere Jahre vergingen, ehe mir bewusst wurde, dass es unmittelbare Bezüge zu den Kindheitsmustern meiner Eltern geben musste - zur schwarzen Pädagogik der NS-Zeit, die beide erfahren hatten, meine Mutter unter anderem während mehrerer Jahre in der sogenannten Kinder-Landverschickung.

Manche der Schilderungen Ehemaliger ähneln dem von mir Erlebten, doch ich war erst sechs Jahr alt, daher sind meine faktischen Erinnerungen rudimentär. Zurückgeblieben aus jenem Sommer sind vor allem Eindrücke von Ohnmacht, Beklemmung und Düsternis. Übereinstimmend mit den Erinnerungen anderer Ehemaliger hatten wir die Betreuer und Betreuerinnen mit "Tante" oder "Onkel" sowie deren jeweiligen Vornamen anzureden - erwachsene Personen im Alter von Mitte zwanzig bis etwa fünfzig Jahren, die mit großer Strenge über uns wachten, jede unserer Regung reglementierten, Fehlverhalten sanktionierten.

Jungen und Mädchen waren voneinander getrennt untergebracht. Nachts schliefen wir in Sälen, die Tür zum Gang blieb weit offen stehen. Wenn ich nicht zur Ruhe kommen oder regungslos in meinem Bett verharren konnte, wie es verlangt wurde, musste ich stundenlang, nur mit Nachtwäsche bekleidet, auf kaltem Steinboden, ganz allein, barfuß und schweigend draußen auf dem Gang stehen. Keines der Pakete, die mir regelmäßig geschickt wurden, erhielt ich. Darin waren Geschenke, Süßigkeiten und etwas Geld für mich verpackt worden, waren, wie meine Mutter mir später berichtete. Briefe wurden nicht ausgehändigt, sondern im Beisein anderer Kindern verlesen. Selber schreiben konnte ich noch nicht, und so wurde wöchentlich von einer der "Tanten" ein sonniger Bericht an meine Eltern verfasst und verschickt, von mir mit meinem Vornamen, den ich immerhin schon zu Papier bringen konnte, unterschrieben. Wie andere Ehemalige erinnere ich einen viel zu langen, täglich verordneten Mittagsschlaf (ein bis zwei Stunden), meist im Schlafsaal, vereinzelt auch im Hof des Hauses, wenn die Sonne schien. Selbstverständlich durfte auch hier nicht gesprochen werden, jegliche Aktivität in dieser Zeit der totalen Ruhigstellung wurde unterbunden. Überhaupt habe ich die Wochen in St.Peter-Ording insgesamt wie eine Freiheitsberaubung erlebt: Marschieren in Zweierreihen, beim Essen den Teller leeren, ob es einem schmeckte oder nicht, Folgsamkeit als oberstes Gebot in jeder Hinsicht.

Während eines Sommerfestes, das mir als einziges Ereignis deutlich erinnerlich ist, wollte ich von einer der Speisen, die aufgetischt worden waren, probieren und wurde dafür von "Onkel Eduard", einem sehr groß gewachsenen Menschen, dessen Kopf und Gesicht ich noch andeutungsweise erinnere, mit einer Orfeige bestraft, die so heftig war, dass mir schwarz vor Augen wurde. Ich entsinne, dass ich nicht nur nach diesem Vorfall, sondern häufig während meines Aufenthalts des Nachts in mein Kissen weinte. Das Gefühle von Verlassenheit war schier grenzenlos, zumal es niemanden gab, der uns Kindern liebevoll oder spürbar fürsorglich begegnete. Erholung war hier lediglich als Pflichtprogramm deklariert, die Kinder kamen und gingen allwöchentlich - kleine Menschen ohne Emotionen oder Identität, deren einzige Aufgabe vom ersten bis zum letzten Tag darin bestand, sich in die Heim-Maschinerie einzureihen und zu fügen.

Als nach vielen Wochen meine Eltern kamen, um mich abzuholen, war etwas in mir zerbrochen. Genauer ausdeuten kann und möchte ich es an dieser Stelle nicht. Aber der Aufenthalt in jenem "Heim" war eine seelische Zäsur in meinem noch so jungen Leben. Ich erinnere, dass wir vor der Rückfahrt in die Stadt meiner Kindheit noch gemeinsam im "Wellenbad" von St.Peter-Ording schwimmen gingen. Nicht gefasst auf die tatsächliche Wucht der dort künstlich erzeugten Wellen und noch nicht imstande, allein zu schwimmen, rang ich plötzlich um Luft, verlor den Halt und sank in die Fluten. Meine ältere Schwester bemerkte es und zog mich zurück an die Wasseroberfläche. Für mich unvergesslich, weil es mich eigenartig und sehr stark berührte: Aus Lautsprechern erklang durch die Schwimmhalle Musik - ein Song von Daliah Lavi: "Wer hat mein Lied so zerstört?". Mit seinen rätselhaften Metaphern sprach dieser Song zu mir, so als wurde er - in seiner seltsamen Mischung aus Trauer und Fassungslosigkeit über unerwartetes Entborgensein - nur für mich gesungen.
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bert schrieb am 24.01.2022
Durch einen Artikel in der heimischen Tageszeitung über das Buch, das Elend der Verschickungskinder von Anja Röhl, wurde ich als selbst Betroffener auf das Thema aufmerksam.

Ich bin als sechs Jahre alter Junge im Sommer 1962 für mehrere Wochen zur Erholung nach Cuxhaven geschickt worden.

Bei der Internetsuche nach dem Heim, in dem ich war, wurde ich auf der Seite cuxpedia.de fündig.
http://cuxpedia.de/index.php?title=Druiden-Kinderheim_Duhnen
Sofort war bei mir diese riesige Verärgerung über diesen Aufenthalt wieder da.
Dort waren einige Fotos von dieser Einrichtung veröffentlicht. Eins davon zeigte die Liegehalle, einen Raum auf der Sonnenseite hinter großen Glasflächen, die viel Sonnenschein rein lassen.

An Hand des Fotos konnte ich nun endlich das Kinderheim in Cuxhaven ausfindig machen, in dem ich diese Horrorwochen verbringen musste. Die Adresse ist: Kindersanatorium Am Meer, Wehrbergsweg 63, 27476 Cuxhaven (Duhnen). Genauso steht es noch in einem Onlinetelefonverzeichnis, obwohl es nach langem Leerstand vollständig abgerissen wurde.

Das war der Raum in dem ich wegen ein paar Unartigkeiten einen ganzen Tag, allein bei voller Sonne und Hitze, eingeschlossen wurde.

Unartig war man in diesem Heim ganz schnell: reden beim Essen, reden bei der Mittagsruhe im Schlafraum, wenn man seine Suppe nicht fertig essen wollte oder konnte, wenn man außerhalb der festgelegten Zeiten auf die Toilette musste und während der Nachtruhe auf das Klo zu müssen, das war Gipfel der Unartigkeit.

Beim morgendlichen Toilettengang mussten wir schön in der Reihe stehen und uns zwei Blatt Klopapier abholen, mehr gab es grundsätzlich nicht, und abwarten bis eine Kabine frei geworden ist.
Als besonders ekelhaft empfand ich es, wenn am wöchentlichen Badetag,
Unterhosen die „Bremsspuren“ hatten, von den Tanten wie Trophäen in die Höhe gehalten wurden, um sie allen im Raum zu zeigen.

Alles was da geschah, war extrem nach dem Prinzip Bestrafen und Belohnen aufgebaut, um Kinder abzurichten wie Hunde.
Alles was von den Eltern mit auf die Reise gegeben wurde, wurde eingezogen und belohnend verteilt. Das ging so weit, dass einige nie sommergerecht eine kurze Hose oder ihre mitgebrachten Sommerschuhe anziehen durften oder etwas von ihren eigenen Mitbringsel abbekamen, sogar das Sammeln von Muscheln war nur den immer Artigen zum Ende des Aufenthalts erlaubt. Von mitgegebenen Geldmünzen haben wir Kleinen keinen Groschen bekommen. Hin und wieder gab es mal ein Eis, bezahlt von unserem eingesammelten Taschengeld, aber niemals für jeden. Ich musste während des ganzen Aufenthalts mit langer Lederhose, Socken bis zu den Knien und Seitenbindern, wie beim Herbsturlaub in den Bergen, rumlaufen.

Nie im ganzen Leben habe ich mich so ausgeliefert und gedemütigt gefühlt wie in diesem Kinderknast!

An etwas Positives, das man so am Meer und mit andern Kindern gemeinsam erleben kann, kann ich mich nicht erinnern. Mädchen und Jungen hatten keinen Kontakt und junge und ältere Kinder auch nicht.
Die Gruppen waren nach Altersgrenze streng getrennt.

Das waren schreckliche Wochen, an die ich oft in den letzten fast 60 Jahren denken musste. Zum Glück aber meine erste und letzte Kinderkur.
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Petra Hollstein aus Lohmar schrieb am 23.01.2022
Mit 5 Jahren wurde ich, völlig gesund, aber angeblich zu dünn und blass, vom Kinderarzt nach Bad Herrenalb zur "Erholung" geschickt. Dort erwartete mich eine kasernenartige Atmosphäre, in der jedes Kind zu funktionieren hatte. Pampige Breis wurden solange in die Kindermünder gestopft, bis sie wieder erbrochen wurden. Gitterbetten, an die man uns, wenn wir nicht brav darin liegen blieben, festgebunden hat. Ständige Drohungen, dass böse Kinder der "schwarze Mann oder die Nachtmuhme" holt. Nachdem ich eines morgens meinen Frühstücksbrei wieder erbrochen hatte, wurde mir der Mund kreuzweise mit Leukoplast zugeklebt, so dass ich an diesem Tag gar nichts mehr essen konnte. Einziges Spielzeug waren Säcke voller Holzröllchen, die Abfall bei der Nutzung von Rollfilmen waren. Man schrieb Karten nach Hause, die ich nicht lesen konnte, aber ungelenk mit Blockbuchstaben unterschreiben musste. Jahre später las ich darauf, wie wohl ich mich gefühlt haben sollte. Ich kam nach 6 Wochen klapperdürr und total verunsichert wieder nach Hause. Einziges Ergebnis des Horroraufenthaltes waren jahrlange Alpträume und die Weigerung ohne meine Mama irgendwo alleine hinzugehen
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Roswitha Janning-Mackenberg schrieb am 22.01.2022
Vor einigen Wochen wurde über die Aufarbeitungsbemühungen in unserem "Blättchen" geschrieben. Ich war baff, wie umfassend die Problematik war und habe seitdem mit mir gerungen, ob ich etwas schreiben soll, denn anderen scheint es noch viel schlechter gegangen zu sein als mir.

Im Sommer 1970 wurden meine 2 Jahre jüngere Schwester und ich für die letzten 3 Wochen der Sommerferien und die ersten 3 Wochen des Folgeschuljahres nach Juist in Kur geschickt. Bei einer Vorstellung im Gesundheitsamt der Stadt Münster hatte man wohl gemeint, wir seien zu dünn. Ich war damals fast 12 und mit meinen 38kg eigentlich ganz zufrieden.

Da meine Mutter uns vor der Abreise eingeschärft hatte, dass unsere Familie, sollte es zu einem Abbruch des Kuraufenthaltes kommen, die gesamten Kosten selbst zu tragen hätte, war ich entsprechend eingeschüchtert, was meine Verhaltenalternativen auf Juist grundsätzlich stark einschränkte.
Dem, was hier bereits andere über das Heim berichtet haben, kann ich mich nur anschließen. Ich weiß von keinen direkten körperlichen Misshandlungen, aber von vielen diffusen Drohungen. Allerdings halte ich 14 Stunden "Bettruhe" am Tag eigentlich für ein bewegungsfreudiges sportliches Kind auch für eine Art von Misshandlung. Zudem herrschte Leseverbot, außer für das "älteste" Mädchenzimmer, wo das Lesen in der "Mittagsruhe" dann allerdings auch verboten wurde, nachdem sich einmal auf dem Fußboden benutzte Taschentücher befunden hatten. Leider konnte ich aber ohnehin nicht in dieses Zimmer, weil ich mit meiner jüngeren Schwester zusammenbleiben sollte.
Das passive Daliegen war schwer zu ertragen. Als ich einmal zur Abwechslung meine Brille trug, um mir wenigstens die Strukturen an der Decke anschauen zu können, wurde mir diese mit Gewalt von einer aufsichtsführenden Nonne aus dem Gesicht gerissen. Das übermäßige Zubettliegen war auch eine Gelegenheit, den eigenen Körper etwas besser kennenzulernen. Glücklicherweise kam dabei keine Aufsicht.

Der Begriff Mastkur ist sehr treffend. Einmal die Woche mussten wir uns auf der langen Treppe hintereinanderstellen und wurden gewogen. Dass ich in den 6 Wochen so gut wie nicht zunahm empfand ich dabei als sehr befriedigend. Und, ja, das Essen war miserabel, insbesondere wegen des Schwerpunkts Milchreis und "Oppst". Wenn danach Singzwang herrschte, wurde die Sache noch schlimmer, geade auch in Hinsicht auf den klebrigen Milchreis im Hals. Es wurde auch aus der Nähe kontrollierr, dass wir wirklich Töne von uns gaben Auch war es ärgerlich und scheinheilig, wenn uns etwas von dem gutenesunden Essen erzählt wurde, das uns angeblich gegeben wurde, während im Híntergrund ansehnliche Gemüseplatten für die Hausherrinnen vorbeigetragen wurden. Auch bei einem Kontrollbesuch eines Mitarbeiters aus Münster schien die Merkwürdigkeit der Situation nicht aufzufallen. Wir waren lediglich angewiesen, uns noch braver als sonst zu verhalten, und, natürlich, kräftig zu singen. Kinder, die nicht zu- sondern abnehmen sollten, bekamen übrigens statt des dauernden Milchreis klare Suppe.
Auch das Kloverbot kann ich bestätigen. Das wurde bei uns so dargestellt, dass man nichts hören dürfe, wegen der angesagten Ruhezeit. Falls etwas zu hören sei, komme sofort jemand. Was dann passieren sollte blieb unklar, aber die Einschüchterung funktionierte. Wer also mutig war, ging mit beträchtlicher Angst aufs Klo
ohne abzuziehen.

Der Heimaufenthalt hatte wohl bereits früheren Teilnehmern nicht gefallen. Im Rahmen eines Bildervortrags über die Kureinrichtung wurde uns unter anderem erklärt, dass es den Fall gegeben habe, dass ein Junge versucht habe zu fliehen und dabei ertrunken sei. Es wurde eindringlich klargemacht, dass man einfach nicht abhauen konnte.
Und, ja, Briefe nach Hause wurden kontrolliert. Ich versuchte mir dadurch zu helfen, dass ich auf Englisch schrieb, was das nütze weiß ich nicht.

Allerdings war nicht alles schlecht. Die für uns zuständigen Erzieherinnen machten mit uns Spaziergänge; als in diesem Rahmen eine "Mitbewohnerin" beim Bockspringen an einem Pfahl hängenblieb und sich wehtat, wurde das hernach von einer der Nonnen aufgebauscht, dass da etwas was ganz Wichtiges kaputtgegangen sei, Also gab es gleich ein weiteres Verbot.
Ab und zu ging es ins Wellenbad oder auch an den Strand. In dem Zusammenhang konnten wir auch die Bekanntschaft einer humorvollen und freundlichen Nonne machen, die zu unserem Leidwesen aber nur im Jungenhaus tätig war. Umso erstaunter war ich, nach der Kur zu hören, dass meiner Mutter von der Mutter eines Jungen erzählt wurde, die schrecklich das war. Sie hatte das, was wir erzählten, nicht geglaubt, und wir hatten eigentlich den Eindruck, im Mädchenhaus war es schlimmer.
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Maria aus Bonn schrieb am 21.01.2022
Wir , zwei Verschickungskinder: 2 Schwestern aus dem Altkreis Schleiden Ort : Caritas Haus Nordmark Westerland/ Sylt Zeitraum : Sommer 1961 oder 62, 6 Wochen

Anfang der 1960 iger Jahre wurden meine 6 jährige Schwester und ich, 8 jährig für mehrere Wochen in das Heim Westerland auf Sylt geschickt. Aufgrund familiärer Situationen ging es uns zu dieser Zeit nicht gut, wir waren zu dünn, d.h. wir hatten zu wenig Gewicht dem Alter gemäß. Uns verging beim gemeinsamen Essen n der Familie jeweils der Appetit, so dass wir nicht zunahmen. So sollten wir also „gemästet“ werden bei einer „Erholung“ am Meer. So waren wir zum ersten Mal in unserem Leben wochenlang ohne unsere Eltern. Nach einer langen Zugfahrt kamen wir auf Sylt an. Das erste, was uns präsentiert wurde, war eine dicke, graue Graupelsuppe, die die meisten von uns nicht essen wollten. Wir mussten es aber tun. So begann eine ungute Zeit. Für meine Schwester war sie traumatisch. Uns wurde erklärt, es gäbe nur Nudeln zu essen. Kartoffeln könnten mangels Zügen nach Sylt nicht geliefert werden. So bekamen wir täglich Nudeln vorgesetzt. Das Essen schmeckte vielen von uns nicht, es war nicht ansprechend, oder lecker zubereitet. Meine Schwester mochte keine Nudeln, sie wurde gezwungen, sie zu essen, sie musste sich danach jeweils übergeben. Auch andere Kinder wurden beim Essen, was sie erbrachen, gezwungen, dies wieder zu essen. Es war also grauenhaft. Wir sollten nur über das Wetter an unsere Eltern schreiben. Wir durften nichts über das Heim schreiben. Unsere Briefe , oder Karten wurden gelesen. Wenn sie nicht den Anforderungen entsprachen, bekamen wir Kinder sie zurück, und mussten neu schreiben. So konnten wir nicht mit unseren Eltern korrespondieren. Telefonieren war unmöglich. In dieser Zeit gab es für uns beide nur eine Freude: es kam einmal ein Päckchen mit Handstofftieren und ein wenig Süßigkeiten von unseren Eltern. Diese wurden uns rationiert einmal am Tag ausgeteilt. Auch die Zeit am Meer , oder in den Kindergruppen habe ich in eher düsterer Erinnerung. Das Leid meiner Schwester lastete sehr auf mir Älteren. Aber auch meine Bitten, dass ihr anstelle von Nudeln ein Butterbrot gegeben werden könnte, wurde harsch zurückgewiesen. Natürlich nahmen wir nicht zu, sondern wir fühlten uns auch darüber hinaus so von unseren Eltern im Stich gelassen. Als wir ihnen nach unserer Rückkehr von unseren Qualen berichten wollten, hörten sie uns nicht zu, oder wollten es nicht glauben. Sie konnten sich unsere Nöte in dieser „doch finanziell geförderten Situation“ nicht vorstellen.
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Petra Fechner, 57 Jahre schrieb am 21.01.2022
Guten Tag, zur Überraschung meinerseits habe ich festgestellt, dass ich nicht die Einzige bin, die solch üble Erfahrungen während dieser 'Kinder-Kur' gemacht hat. Meine Mutter ging damals in Kur und ich wurde nach Bad Dürrheim geschickt, angeblich um zuzunehmen. Ich konnte mit 6 Jahren noch nicht richtig lesen und schreiben und aufgrunddessen wurde mir der Aufenthalt im Heim schon schwer gemacht. Kaum Unterstützung, unfreundliches Personal (eine Nachtschwester mit einem Hund, die aufgepasst hat, dass nachts Niemand aufgestanden ist, sodass ich irgendwann anfing, nachts ins Bett zu machen. Was mir zu Hause schon lange fremd war.) und unendliches Heimweh, da kein Kontakt zu den Eltern (meine Mutter hatte keien Ahnung und hat geglaubt, mir würde es gut gehen - mit all den anderen Kindern.) Das Essen war eine Zumutung. Brei aus einem großen Kessel für mehrere hundert Kinder. Einmal durften wir für eine Woche das Haus nicht verlassen, da in einem anderen Haus eine Krankheit ausgebrochen war. Ich war dort für 6 Wochen und noch etwas länger, da ich zum Schluss selber noch krank geworden bin. Zum Glück hat mich mein Vater irgendwann abgeholt. Diese Erfahrungen wünsche ich keinem Kind.
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Manfred Hinz aus I-50129 Firenze/Italien schrieb am 21.01.2022
Ich wohnte Anfang der 60er Jahre mit meiner Mutter in Hagen/Westf. und war extrem mager. Daher wurde ich im Winter 1963 (oder 64) in das Heim Luginsland im Schwarzwald (den Ort habe ich vergessen) geschickt, die Anreise erfolgte per Bahn.
Ich habe an diese Zeit nach wie vor schreckliche Erinnerungen: die Kinder wurden "zwangsernaehrt", muessten u.U. ihr eigenes Erbrochenes ausloeffeln (was mir zum Glueck nicht passiert ist) und wurden systematisch erniedrigt (was auch mir passiert ist). Bei meiner Mutter befinden sich noch einige Fotos aus dieser Zeit, die ich heraussuchen koennte.
Ich freue mich, dass dieser ganz offenbar systematische Missbrauch jetzt endlich aufgearbeitet wird und moechte diese Initiative gerne unterstuetzen.
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Lotte schrieb am 21.01.2022
Mein Name ist Lotte und ich bin im März 1939 geboren.
Es muss 1950 gewesen sein, als ich zur Kur in Bad Sachsa war.
Mit den jüngeren Kindern in meinem Haus habe ich gerne gespielt und ihnen aus Büchern vorgelesen.
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Angelika Bäumer-Schumacher aus 50735 Köln schrieb am 20.01.2022
Bettnässer-Kinder wurden öffentlich gedehmütigt
Wie ich jetzt erst von meiner jüngeren Schwester erfuhr, wurden 2 unserer jüngsten Geschwister, ein Bruder und eine Schwester, regelmäßig morgens vor ihrer ganzen Gruppe vorgeführt und gedehmütigt, weil sie Bettnässer waren. Das bepinkelte Bettzeug wurde ausgebreitet und öffentlich gezeigt. Wir waren mit 5 Geschwistern dort. Ich war 10, meine Schwester, die mir von diesen Dehmütigungen berichtete, war 8,5 Jahre alt. Die beiden gequälten Geschwister waren demnach 6,5 und 4,5 Jahre alt. Ich selbst habe davon nichts mitbekommen, ich war in einer ganz anderen Gruppe unter dem Dach untergebracht. Im Nachhinein finde ich es auffällig, dass man Geschwister so auseinandergerissen hat. Ich kann mich gar nicht erinnern, dass ich in diesen Wochen irgendetwas mit meinen jüngeren Geschwistern zu tun hatte. Die beiden schikanierten Geschwister waren beide noch vor dem 20 Lebensjahr in Therapie, sprachen aber nie darüber. Die betroffene Schwester brach später den Kontakt zu der gesamten Familie ab. Das ist bis heute so. Mein Bruder ist auf solche Themen nicht ansprechbar, er würde wahrscheinlich mit massiven Aggressionen reagieren. Aber an Traumata soll man bekanntlich auch nicht rühren. Ich habe in Erinnerung, dass etliche der sogen. Erzieherinnen sehr jung waren, wahrscheinlich dann um die 20 Jahre alt. Wenn ich damals 10 war, dann sind diese ehemaligen sogen. Erzieherinnen jetzt Mitte bis Ende 70. Viele leben also noch. Einen sehr unfreundlichen Gruß von mir an diese Damen und: "Schämen Sie sich dafür, was Sie vielen Kindern angetan haben. Es war menschlich widerlich!"
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Annegret Schindler geb. Schade. 07.02.53 aus 58089 Hagen schrieb am 19.01.2022
Ich war im Winter 57/58 dort und es war die Hölle. Jeden Tag mussten wir das Mittagessen aufessen. Wenn wir brechen mussten, wurde es vom Teller geschippt und wieder wurde der Teller vor uns hingestellt. Nachts durften wir keinen Ton von uns geben anderenfalls wurden wir vor die Tür gesetzt. Morgens mussten wir unser Bett ganz glatt ziehen, beim Mittagsschlaf auch. Wenn wir aufgestanden sind, mussten wir unsere Schuhe anziehen. Leider konnte ich mit meinen 4 Jahren noch keine Schleife binden. Sofort wurde wieder lauthals geschimpft. Manchmal hat eine Mitbewohnerin die Schleife bei mir gebunden. Da war ich ganz glücklich. Spielzeug war nur sehr wenig vorhanden. Es interessierte ich auch nicht, weil ich nur an zu Hause dachte. Nach 4 Wochen bekam ich dann eine starke Erkältung und musste im Bett bleiben. Es befand sich auf der Krankenstation. Ich habe jeden Tag gehofft, dass die Tage bald vorüber gehen und ich wieder nach Hause komme. Dort mit dem Zug nach 6 Wochen angekommen, musste ich meiner Mutter wohl in die Arme gefallen sein. Ich war sehr abgemagert und noch sehr krank. Meine Mutter hat danach keines ihrer Kinder mehr in die Kinderlandverschickung gegeben. Und die Frau Dr. Pellengahr, die diese Verschickung befürwortet hat, musste sich von meiner Mutter einiges anhören. und wurde später vom Dienst in der Behörde enthoben. Ich würde gern die Elke, die mit in Bad Sassendorf war, sprechen.
Liebe Grüße
Annegret Schindler
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Bodo Jakob aus Burscheid schrieb am 19.01.2022
Bereits als damals 10jähriger konnte ich es nicht ertragen, dass meine Post kontrolliert und zensiert wurde. Postkarten und Briefe wurden zerissen, wenn sie nicht den Vorstellungen der Erzieherinnen entsprachen. Ich musste dann eine neue Karte schreiben, deren Text mir vorgegeben wurde.
Wir Kinder bekamen die Suppe zugeteilt, nachdem sich die Erzieherinnen das Fleisch zuvor für sich selbst raus gefischt hatten. Manche mussten so lange vor ihrem Teller sitzen, bis der leer gegessen war.
Nachdem ich mehrfach nachts eingenässt hatte, musste ich einen ganzen Tag allein im Schlafsaal verbringen, während die anderen Kinder eine Wattwanderung machten.
Positiv bleibt mir in Erinnerung, dass ich mit dem DRK-Einsatzwagen zum Zahnarzt nach Wilhelmshafen gebracht wurde, der Sonntagsdienst hatte. Der Name Schillig ist bei mir noch heute negativ besetzt.
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Sabine Müller-Ebbers aus 58332 Schwelm schrieb am 19.01.2022
Ich wurde im Vorfeld der Schule wegen meines Untergewichtes zur Kur dorthin geschickt. Der Aufenthalt ist bis heute im Gedächtnis verblieben, weil ich verschiedene Dinge erleben musste, die ich als Kind gar nicht fassen konnte, im Einzelnen:
- Übermäßiges Nahrungsangebot, das aufgegessen werden musste,
-Erbrochenes musste gegessen werden (meine Tischnachbarin)
-Briefe wurden kontrolliert und korrigiert an die Eltern verschickt.
-Persönliche Wäsche wurde an die KInder verteilt, die keine mitgebracht oder aber zu wenig hatten.
-Wenn das bett eingenässt war, mussten die Kinder es morgens selbst abziehen und säubern.
-Es gab wenig bis kein Spielzeug.
-Es herrschte eine autoritäre Atmosphäre. Ich war von Gewalt verschont , war aber auch ein fügsames und an Autorität gewöhntes Kind. Ich musste erleben, wie widerspenstige Kinder bestraft wurden, z.B. beim Essen. Einmal habe ich erlebt, dass ein Kind geschlagen wurde. Es waren große Schlafräume, in die man sich tagsüber nicht zurückziehen konnte. Insgesamt habe ich diesen Aufenthalt nicht vergessen können.Das Heimweh, das ich hatte, wurde überhaupt nicht gesehen . Ich kam zurück als extrem untergewichtiges Kind und habe den Teuteburger Wald bis heute vermieden.
Ich bin froh, dass ich das jetzt einmal aufschreiben konnte.
Sabine Müller-Ebbers
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Nadine Chotrov aus Unna schrieb am 19.01.2022
Hallo, ich heiße Nadine und bin im Alter von 6 Jahren in Bad Sassendorf zur Kur gewesen. Ich bin schon mein Leben lang sogenannte Bettnässerin. 6 Wochen waren geplant, 9 Wochen waten es dann.Ich habe leider auch viel verdrängt. Ich erinnere mich das meine Mutter am Bahnhof ganz schlimm geweint hat. Auf der Fahrt musste ich zur Toilette und habe mich nicht getraut was zu sagen. Das ist dann in die Hose gegangen. Konsequenz war dann das ich jeden Tag nach dem Mittagessen solange auf der Toilette sitzen musste bis ich was gemacht hatte. Das wurde natürlich kontrolliert. Wäsche war eingeschlossen, auch Süßigkeiten die meine Mutter mir mitgegeben hatte. Jeden Morgen bekam ich einen Aufkleber wenn ich nicht ins Bett gemacht hatte. Noch heute erinnern mich bestimmte Gerüche, z.B. von Fa Seife an die Kur. Aber die meisten Erinnerungen sind weg.
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Birgit Schneider schrieb am 19.01.2022
Meine jüngere Schwester und ich - damals 7 und 6 Jahre alt - wurden wegen Infekten der Luftwege zur Kur geschickt. Gleich bei der Ankunft bekamen wir farbige Karten ausgeteilt und dauerhaft getrennt. Sie kam in die Krankenstation, obwohl sie gesund war. Mir wurden alle persönlichen Gegenstände abgenommen und eingeschlossen. Ich durfte nur einmal in der Woche meine Kleidung, incl. Unterwäsche wechseln, was mir sehr fremd und unangehm war. Zum Mittagessen gab es oft Suppen mit Ölaugen, die ich fast nicht herunterbekam. Ich musste solange davor sitzen, bis ich sie gegessen hatte. Nach dem Mittagessen mussten wir ruhig "Mittagsschlaf" halten. Das empfand ich als eine Qual, da ich als 7-Jährige lieber aktiv etwas gemacht hätte. So kam es wie es kommen musste, ich lag nicht still im Bett, sondern war außerhalb des Bettes. Am Ende der Mittagsruhe wurde uns allen unangenehm Fieber gemessen und wer auffiel - wie auch immer sie dies feststellten - hatte mit Strafen zu rechnen.
Wir wurden dazu verpflichtet, nette Karten nach hause zu schreiben und hatten keine Chance, der Familie zu sagen, wie elend wir uns fühlten.
Abends musste ich einige Male alleine im Dunkeln im kalten Waschraum hinter der Tür als Strafe ausharren, bevor ich auch ins Bett durfte.Warum, daran kann ich mich leider nicht mehr erinnern.
Die Betreuerinnen brachten uns ein positives Lied über die Kur bei. Ich hatte aber immer das Gefühl, dass es falsch ist. Musste es aber trotzdem lernen.
Am Ende der Kur durften wir mit unserem Taschengeld zu einem Kiosk gehen und uns ein Erinnerungsstück kaufen. Ich kaufte mir ein Eichhörnchen. Die Erzieherinnen bekamen etwas dafür geschenkt.
Am Heimreisetag kam meine Schwester mit über 40 Grad Fieber und ich mit über 38 Grad Temperatur zuhause an. Meine Mutter empörte sich darüber, wir man uns so reisen lassen konnte. Sie informierte unseren Kinderarzt darüber. Leider glaube ich nicht, dass sie unsere Erfahrungen erfragte und entsprechend weitergab.
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Sybille Jünger aus 63667 Nidda schrieb am 18.01.2022
Ich war erst vier Jahre, als ich wegen Husten und „zu dünn „ für sechs Wochen nach Berchtesgaden kam. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich nur geweint habe. Das Essen war entsetzlich und ich habe wieder eingenässt. Die Erzieherinnen haben uns nur gedemütigt.

Ich wünsche allen Anderen alles Gute
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Klaus Heidorn aus Berlin schrieb am 18.01.2022
Betr.: Asthma-Kindersanatorium von Dr. Braun in Bad Reichenhall (1954)
Ich bin erstaunt über die vielen Zuschriften, in denen über die Klinik von Dr. Braun in Bad Reichenhall berichtet wird. Auch ich habe Erinnerungen daran, die trotz der inzwischen vergangenen 67 Jahre noch sehr präsent sind. In meiner frühen Kindheit habe ich unter starkem Asthma gelitten. Aufgrund meines Gesundheitszustands empfahl man meinen Eltern, mich zur Behandlung für sechs Wochen in ein Kindersanatorium zu schicken. Ich war damals erst 7 Jahre alt.
Anfang Juli 1954 wartete ich am späten Abend mit meinen Eltern am Bonner Bahnhof auf den Zug, der mich und andere Kinder nach Bayern bringen sollte. Ich war aufgeregt, aber auch ein wenig neugierig. Schließlich fuhr der Zug in den Bahnhof ein, vorne eine mächtige Dampflok. Ich sehe noch die riesigen Räder der Lokomotive vor mir und den weißen Dampf zwischen den großen Rädern, der mit lautem Zischen entwich. Nachdem meine Eltern mich mit einigen Ermahnungen verabschiedet und einer Betreuerin übergeben hatten, stieg ich in angstvoller Erwartung in den Zug. Ich wurde zu einem Abteil geführt und nahm dort meinen Platz ein. Mit mir saßen mehrere Kinder und eine ältere Frau im Abteil, einige Kinder weinten, manche heftig. In den anderen Abteilen war es wohl ähnlich, denn wenn ich mich richtig erinnere, handelte es sich um einen Sonderzug, sozusagen den „Zug der Tränen“. Die ganze lange Nacht über dauerte die Fahrt.
Ich erinnere auch noch schemenhaft unsere Ankunft am nächsten Morgen in der Klinik von Dr. Braun in Bad Reichenhall, vor allem das Hauptgebäude der Klinik, eine ansehnliche alte Villa, aber auch das schicke Mercedes Cabriolet davor, das wohl Dr. Braun gehörte. Selbst die in den Kotflügeln eingelassenen Scheinwerfer erinnere ich noch. Ältere Modelle hatten nämlich aufgesetzte Scheinwerfer. Es muss also ein neues Modell gewesen sein. Hinter der Villa gab es einen größeren freien Platz mit einigen Bäumen und ein längeres, relativ schmuckloses Gebäude gab, in dem wir untergebracht wurden. Vielleicht waren es auch zwei Häuser. Die Schlafräume befanden sich im Obergeschoss. Jeder Raum hatte 6 oder 8 Betten.
Ferner erinnere ich, dass es zum Frühstück oftmals eine Art Haferschleim mit Früchten gab, öfter mit matschigen Erdbeeren. Die halb verdorbenen Früchte schmeckten schrecklich, aber wir wurden gezwungen, die uns vorgesetzten Gerichte aufzuessen.
Die Vormittage verbrachten wir mit Gymnastik und einer Inhalationstherapie, die zunächst so beängstigend war, dass sie sich fest in mein Gedächtnis eingebrannt hat. Der Inhalationsraum muss sich im Untergeschoss befunden haben. Zu ihm führten eine oder zwei Flügeltüren. Dahinter befand sich ein riesiger weiß gekachelter Raum ohne Fenster oder nur mit sehr kleinen Kellerfenstern. Überall an der Decke waren Duschköpfe installiert. Der erste Anblick dieses riesigen kalten Raums war unheimlich und bedrohlich. Wenn alle Kinder sich im Raum befanden, wurden die Türen geschlossen; nur zwei Betreuerinnen blieben bei uns. Kurz darauf strömte weißer Rauch aus den Duschköpfen und wenig später war der ganze Raum vernebelt. Die Prozedur wirkte auf mich bedrohlich, zumal der Rauch einen Hustenreiz bei mir auslöste.Nach einer längeren Zeit wurden die Türen wieder geöffnet und wir durften den Raum verlassen. Wenn ich mich später daran erinnerte, kamen mir immer die Gaskammern in den Vernichtungslagern im dritten Reich in den Sinn. Dieser Vergleich war natürlich unfair gegenüber den Therapeuten in der Klinik, die sicherlich alles taten, um unser Asthma zu heilen, aber man muss sich einmal vor Augen halten, wie diese Prozedur auf ein kleines Kind wirkte.
Weiter erinnere ich mich, dass wir unseren Eltern nur mit Bleistift schreiben durften, dass unsere Korrespondenz also „zensiert“ wurde. Ich besitze noch eine Karte an meine Eltern aus der Zeit, auf der in ungelenker fehlerhafter Kinderschrift zu lesen ist: „Es gefält mir hier............“. Das „nicht“ hatten die Betreuerinnen ausradiert, aber der auffällige Zwischenraum spricht Bände.
Eine weitere sehr unschöne Erinnerung hat sich mir in besonderem Maße eingeprägt. Im Verlauf meines sechswöchigen Aufenthalts in der Klinik erkrankte ich an Masern, musste also zwingend von den anderen Kindern getrennt werden. Hierfür habe ich heute volles Verständnis. Allerdings war die Art und Weise, wie dies geschah, wenig einfühlsam, um nicht grausam zu sagen. Für derartige Fälle hatte die Klinik zwei Räume vorgesehen, eine „Akut-Zelle“ und eine Zelle für Rekonvaleszenten. Eigentlich handelte es sich nur um ein Zimmer, das mit rohen Stroh-Zement-Platten, den Vorgängern der heutigen Rigips-Platten, in zwei kleine geschlossene Zellen unterteilt war. Die rechten Zelle in der zwei Pritschen für die Rekonvaleszenten standen, verfügte über ein reguläres Fenster. Mich steckte man die ersten Tage in die linke Zelle für akute Fälle. Diese hatte kein Fenster, nur ein Loch in etwa zwei Meter Höhe in der Außenwand, für mich unerreichbar. Im Raum stand nur eine alte klappbare Militärpritsche, wohl noch aus dem zweiten Weltkrieg. Daneben stand ein kleiner Kasten mit Bauklötzen aus Holz. Das war alles! Die Zelle war ständig abgeschlossen, wohl um meine Flucht zu verhindern (hahaha)!! Dreimal am Tag schloss eine Beschließerin (Betreuerin) die Zellentür auf, stellte mir mein Essen in den Raum und verschloss anschließend wieder die Tür. Einmal am Tag schaute auch ein Arzt vorbei. Was tut man also in solch' einem Fall vor lauter Einsamkeit und Langeweile? Man sucht den Kontakt zu den Zellennachbarn. So nahm ich also einen schmalen Holzklotz und bohrte mühsam ein Loch in die Trennwand zur Rekonvaleszenten-Zelle. Durch dieses Loch konnten wir uns wenigstens unterhalten. Damit wurde die“Infektionshaft“ erträglicher. Nach einigen Tagen wechselte ich in die Nachbarzelle und fand dort einen Zimmernachbarn, mit dem ich mein Schicksal teilen konnte. Nach etwa 8 – 10 Tagen durfte ich schließlich mein „Gefängnis“ wieder verlassen.
Ich muss aber zugeben, es gab auch schöne Momente in den sechs Wochen in Bad Reichenhall. Ich denke da an unsere Ausflüge, die wir gelegentlich unternahmen. So fuhren wir mit der Seilbahn auf den Predigtstuhl und besuchten eine Alm, außerdem haben wir den Königssee und den Hintersee besucht.
Allerdings hatten meine Erlebnisse in der Asthma-Klinik zur Folge, dass ich über viele Jahre eine Aversion gegen Bayern hatte. Erst ein erneuter Besuch ca. 20 Jahre später mit meiner Frau hat dies geändert.
Abschließend möchte ich fairerweise erwähnen, dass ich nach 6 Wochen geheilt aus der Asthma-Klinik entlassen wurde. Mein Zustand hatte sich dort so verbessert, dass ich später einen Beruf ergreifen konnte, für den eine gute gesundheitliche Verfassung eine Grundvoraussetzung ist. Der allgemeine Gesundheitszustand musste so gut sein, dass auch ein mehrjähriger Aufenthalt in schwierigen Ländern mit unzureichender medizinischer Versorgung problemlos möglich war. Das verdanke ich letztlich auch der erfolgreichen Asthma-Therapie in Bad Reichenhall.
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Klaus schrieb am 18.01.2022
Auch ich war im Jahr der Sturmflut auf Borkum, da war ich sechs. Ich erinnere mich nur noch, dass das Wasser über die Promenade bis ans Fenster gekommen ist. Die lange Mittagsruhe mit kratzenden grauen/braunen Decken sind mir ebenso in Erinnerung, wie das kleine Mädchen, dass bis spät nachmittags an ihrem Teller voll Hühnerfrikassee saß, sich über die gekochte Hühnchenpelle geekelt hatte und dann kam das, was nicht kommen sollte: Sie hat sich soweit geekelt, dass das Mittagessen wieder herauskam, sie musste solange sitzen bleiben, bis der Teller leergegessen war. Ich habe meine Portion mit Widerwillen aufgegessen, Seit dem mag ich kein Hühnerfrikassee mehr. Ach ja, Briefe wurden selbstverständlich geschönt, es war immer alles in bester Ordnung. Ja so waren die lieben „Schwestern“ eines städtischen Essener Kinderheimes. Gut, dass das Heim dann irgendwann geschlossen wurde.
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Renate R. aus Bielefeld schrieb am 18.01.2022
Hallo, meine 2 Jahre jüngere Schwester (ca. 6 Jahre alt) und ich wurden in den frühen 60er Jahren für mehrere Wochen ins Kinderheim Lensterhof geschickt. Meine Eltern hatten noch 2 weitere jüngere Kinder und wollten wohl mal in Ruhe Urlaub machen. Böse Absicht möchte ich nicht unterstellen. Da meine Schwester untergewichtig und eine schlechte Esserin war, war schnell ein passender Grund gefunden, den der Hausarzt auch attestierte. Da sie nicht alleine fahren sollte wurde auch für mich ein Grund gesucht. Ich war zu der Zeit völlig gesund und hatte Normalgewicht, der Arzt hat aber Übergewicht als Grund angegeben. Ich kann mich nicht an viele Situationen erinnern, aber einige sind bis heute voll gegenwärtig. Obwohl wir so völlig gegensätzliche Gründe für den Aufenthalt hatten, haben wir immer das gleiche Essen bekommen, auf unsere „Krankheiten“ wurde nie eingegangen. Meine Schwester hat sehr lange am Essen rumgekaut und wurde erst erlöst, wenn der Teller leer war. Später stellte sich raus, dass sie diese Probleme nur aufgrund einer starken Fehlstellung der Zähne hatte. Ich erinnere mich, dass wir alles mit dem Löffel essen mussten, so auch eine dickhäutige Bockwurst, die sich nicht zerteilen ließ und nicht angefasst werden durfte. In diesen Wochen sind jeden Tag viele Tränen geflossen, nicht nur wegen der Wurst. So wurde uns das Klopapier zugeteilt, für „klein“ gab es 1 Blatt, für“ groß“ 2 Blatt. Es gab feste Klozeiten . In meiner Erinnerung befanden sich die Plumpsklos in einem Gebäude gegenüber. Da wir aus einem Elternhaus kamen, in dem wir den Umgang mit Besteck und Klopapier durchaus kannten, waren wir beide sehr geschockt. Meine kleine Schwester habe ich oft trösten müssen, weil sie sehr viel weinte. Telefonate nach Hause gab es nicht und unsere Briefe wurden nur freigegeben, wenn nichts Schlechtes drin stand. Morgens mussten wir mit Salzwasser Gurgeln, was ich bis heute nicht beherrsche und mich täglich verschluckt habe. Obwohl das Haus so dicht an der Ostsee lag, beschränkten sich unsere Besuche auf wenige Spaziergänge, bei denen wir uns alle an den Händen halten mussten und manchmal durften wir auch nur so für 2—3 Minuten ins Wasser. An schwimmen oder spielen war nicht zu denken. Insgesamt waren diese Wochen für uns die schrecklichsten in unserem Leben. Es herrschte dort eine Eiseskälte, es gab keine tröstenden Worte und es wurde mit Angst regiert. Zuhause hat uns keiner geglaubt und es wurde belächelt, wenn wir davon berichteten, nach dem Motto: da seht ihr mal, wie schlecht es anderen Kindern geht und wie gut ihr es hier habt. Bisher hat nur meine Schwester meine Erfahrungen geteilt und ich kann mich nur bruchstückhaft erinnern, aber es war grauenvoll und hat uns beiden bis heute geschadet. Völliger Vertrauensverlust und Essstörungen halten bis heute an. Habe vor einigen Jahren bei einem Besuch an der Ostsee den Hof noch gefunden. Das Haus stand schon leer, beim Anblick kamen alle schlimmen Gefühle wieder hoch.
Ich hoffe, dass es so etwas nicht mehr gibt, und wünsche allen Mitleidenden viel Glück beim Verarbeiten des Erlebten
Renate
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Angelika Bäumer-Schumacher aus 50735 Köln schrieb am 18.01.2022
DER SCHNEE HAT UNS VOR DEM ERDURSTEN GERETTET
Ich war mit meinen Geschwistern im Allgäu, von denen ich getrennt untergebracht wurde. Ich war entweder 9, 10 oder 11, also muss es zwischen 1964 - 1966 gewesen sein. Wir waren im Winter dort. Wir Geschwister wurden getrennt untergebracht. Was richtig schlimm war: DURST! 24 Stunden jeden Tag! Die sogen. Erzieherinnen wollten nicht, dass wir ins Bett machten (was bei mir Empörung auslöste, denn ich war keine Bettnässerin). Aber vorsichtshalber bekamen wir alle kaum etwas zu trinken.... morgens 1 Glas Milch und abends 1 Tasse Tee. Das Wasser auf den Fluren war kein Trinkwasser (was ich sehr ernst nahm, denn am Land hatten wir auch solche Anschlüsse und einige Kinder sind krank geworden, die trotzdem aus diesen Hähnen tranken). Wir Mädchen waren ganz oben unterm Dach untergebracht und ich kletterte fast jeden Abend auf das Vordach und reichte den Schnee ins Zimmer. Wir haben Berge von Schnee gegessen vor lauter Durst. Das Dach ging schräg abwärts. Ein Wunder, dass ich nicht abgestürzt bin. Allerdings habe ich daran als Kind keinen großen Gedanken verschwendet, der Durst war ja auch drängend. Ich erinnere mich noch, dass ich die Mädchen auf dem Zimmer drängte, dass wir alle an den Wanderungen teilnahmen. Dafür wurden wir sogar gelobt. Allerdings war das alleinige Motiv, dass wir Schnee essen konnten soviel wir wollten. Keine der "Erzieherinnen" hat überhaupt richtig hingeschaut, was wir machten, niemand von denen hat das durchschaut. Auch hat niemand je aus dem Zimmerfenster geschaut, sonst hätten meine Schnee-Ernten auffallen müssen. Noch heute MUSS IMMER eine Flasche Wasser an meinem Bett stehen, denn sonst kann ich nicht einschlafen. Trinken muss ich allerdings selten nachts. Das 2. Übel von dem ich berichten kann ist die Folter mit der Milch. Ich habe schon als kleines Kind wohl keine Milch getrunken. Heute weiß ich, dass ich eine Milchunverträglichkeit habe und mir das Enzym Laktase fehlt. Auf jeden Fall wurden wir gezwungen morgens das Glas Milch zu trinken. Nach wenigen Tagen war ich richtig krank und konnte gar nichts mehr bei mir behalten. Ich habe mich ständig erbrochen. Als in der Mitte dieser Folter-"Kur" ein Arzt vorbeikam und uns untersuchte wurde festgestellt, dass ich erheblich abgenommen hatte. Ich kann mich noch daran erinnern, dass er eine Schreierei mit den sogen. Erzieherinnen anfing. Diese hatten nicht einmal bemerkt, dass ich so viel abgenommen hatte. Danach durfte ich mir morgens das Getränk aussuchen, meistens Caro-Kaffee. Allerdings war es zu spät: Ich kam rappeldünn zu Hause an und hatte statt einer Milchunverträglichkeit ein Milchtrauma! Bei mir ging das so weit, dass ich mein Kind mit Wasser großgezogen habe. Ich konnte mich nicht dazu durchringen, meinem Sohn Milch zu geben. Ich bin also mit 2 handfesten Traumata wieder aus dieser sogen. "Kur" zurückgekommen. Übrigens waren ich oder meine Geschwister nie mehr im Allgäu. Manchmal sehe ich im Fernsehen, wie schön die Landschaft ist, allerdings möchte ich dort nie mehr sein....... Ich weiß nicht was passiert wäre, wenn wir den Schnee nicht gehabt hätten......
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karl Werner aus Vellmar schrieb am 18.01.2022
Der Schmerz sitzt tief..fast vergessen..nach über 60 Jahren..aber wenn man dran denkt ist er wieder da..
Diese unmenschliche Behandlung..von Menschen..Erziehern und sogenannten Kinderschwestern.
In allen drei Heimen war es fast gleich..sicherlich wusste man es nicht besser..Essen wurde reingezwungen.. wenn es wieder raus kam.mußte man es wieder essen..bis der Teller leer war und wenn es 2 Std dauerte..
Nachts mussten wir im Treppenhaus mit einer umgegangen Wolldecke und barfuß 2 Std Strafe stehen.wenn wir beim zubettgehen geredet haben..beim Mittagsschlaf ..2 Std..durften wir nicht auf die Toilette..dann haben wir in unsere Socken gepinkelt..beim Mittagsschlaf auf der Gartenwiese haben wir uns ins Gras gerollt und laufen lassen.Und dabei alles ohne einen Laut zu machen..dann wurde man richtig bestraft..Briefe wurden geschrieben.aber nicht versendet..auch bekam man keine Post..
Da waren dann die kleinen Stockschläge noch das erträglichste.
Aber am schlimmsten war dann die Heimkehr..Unsere Erzählungen bei den Eltern..keiner hat uns geglaubt..wir sollten uns nicht so anstellen..schließlich hatten wir eine schöne Zeit..
Wenn ich dies alles meinen Enkeln erzähle ist es für sie unverständlich..
Wir mußten ja harte Männer werden..
Ein Trauma bis heute
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Rosemarie aus Gescher schrieb am 18.01.2022
Oh-Gott, ich habe erst jetzt gelesen dass es dieses Forum gibt. Es ist schrecklich was ich damals im Kinderverschickungsheim(Juist) mit 9 Jahren erlebt habe. Es wurde mit einer Brutalitaet mit uns umgegangen die noch heute, nach 59 Jahren, unvergessen geblieben ist. Zudem kam 1962 noch die grosse Sturmflut die das Grauen noch vertiefte Vielleicht findet sich jemand hier, der das Schicksal mit mir teilt.....?!
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Uwe Kleinemas aus Bonn schrieb am 18.01.2022
Hallo zusammen,
auf Anraten der Gütersloher Hausärztin Frau Dr. S. wurde ich 1971 zur Abmagerungskur in das Sanatorium Ide auf Amrum verschickt. Am Tag nach der Ankunft wurde die Untersuchung durch den leitenden Arzt Dr. Ide durchgeführt. Er hatte dabei die Angewohnheit, die zu untersuchenden Kinder an der Haut unterhalb des Kinns zu greifen und zu sich heranzuziehen. Der allgemeine Umgang war militärisch streng und wir Kinder mussten zu verschiedenen Anlässen in Reihen "antreten". Als Abnehmkind wurde ich mit anderen Kindern, die "gemästet" werden sollten, an einen Tisch gesetzt. Da ich offenbar im Schlaf gesprochen hatte, wurde ich mehrfach aus dem Bett geholt und stundenlang in eine Decke gehüllt auf den Dachboden gestellt. Die verordnete "Diät" war grauenhaft - so gab es zum Frühstück sechs Wochen lang eine dünn bestrichene Vollkornbrotscheibe und ein hartgekochtes Ei, das im Inneren grün war. Ich habe diese Eier in die Tasche gesteckt und an die Möwen verfüttert. Als das herauskam, musste ich unter Aufsicht frühstücken. Meine Briefe nach Hause wurden vor Absendung gelesen, angeblich um "Lügen" vorzubeugen. Päckchen wurden gefilzt und "ungesunder" Inhalt konfisziert. Zwei Mal pro Woche mussten die Abnehmkinder im Keller antreten und aus einem Tank gefiltertes Seewasser trinken, was das Abnehmen fördern sollte. Jegliche (vermeintliche) Verstöße wurden durch die "Tanten" (Gruppenleiterinnen) der Heimleitung gemeldet, worauf wir beim Heimleiter (Bruder des Chefarztes) antreten mussten und streng zurechtgewiesen wurden. Als Abnehmkind musste ich Mittags, während die "Mastkinder" zwangsweise Mittagsschlaf hielten, alleine spazierengehen. Ich habe in dieser Zeit Grabsteininschriften auf dem Friedhof in Nebel gelesen oder auf einem großen Stein im Watt in die Ferne gestarrt. Ein Halt war mir mein Schulfreund Rupert, der mir Briefe schrieb und Päckchen mit Comic-Heften schickte. Über die Erlebnisse im Sanatorium Ide konnte ich lange nicht sprechen. Sechs Jahre später war ich mit meiner Eltern und Geschwistern auf Föhr, wo wir eine Familienfreizeit verbrachten. Gemeinsam mit meinem Ferienfreund Peer habe ich einen Ausflug nach Amrum unternommen (da war ich 16 Jahre alt) und bei der Gelegenheit auch das Sanatorium Ide aufgesucht. Wir haben das Gelände betreten und sind gleich in den großen Speisesaal vorgedrungen. Dort kam gerade eine Gruppe von Kindern an, und weil das wohl nicht so recht klappte, wurden sie von der zuständigen "Tante" im Kasernenhofton angeschriehen. Da bin ich dann ebenfalls laut geworden und gerufen "Das ist ja immer noch der reinste Kinderknast hier!". Wir wurden dann des Geländes verwiesen, aber es war mir eine echte Genugtuung, ebenso wie die Beobachtung, dass der verhasste Chefarzt inzwischen auf den mir wohlbekannten Friedhof bei der Inselkirche Nebel "verzogen" war. Bei der Rückkehr nach Föhr habe ich dann mit meiner Mutter ausführlich über meinen Kuraufenthalt und natürlich den just zurückliegenden Besuch des Sanatoriums gesprochen. Sie war entsetzt und hat beteuert, dass sie von den Zuständen nichts gewusst und "nur das Beste" für mich gewollt habe. Ich hege gegenüber meiner inzwischen verstorbenen Mutter keinen Groll, finde aber, dass ihre übersteigerte Autoritätsgläubigkeit entscheidend dazu beigetragen hat, Beschädigungen ihres Kindes durch diese Art von "Kur" schlicht zu übersehen.
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Ina schrieb am 17.01.2022
Hallo zusammen,
mit fünf Jahren, im Herbst 1975, kam ich nach Freudenstadt. Dort gab es ein „Kindererholungsheim“ von der Post. Ich sollte sechs Wochen bleiben. Ich war zusammen mit der Tochter einer Kollegin meiner Mutter mit dem Zug angekommen. Von meinen Eltern war mir versprochen worden, dass wir zu zweit die „Kur“ machen würden. Nach der Ankunft wurden wir aber ganz bewusst getrennt und der Kontakt wurde unterbunden.
In dem Zimmer in das ich kam mussten wir uns in der Nacht zu zehnt einen Nachttopf teilen. Am Morgen war er aber oft voll bis zum Rand und die Türe wurde am Abend abgeschlossen. Deshalb geriet ich eines frühen Morgens in die Verlegenheit mich daneben setzen zu müssen. Von den Tanten wurde ich geschimpft und als Schmutzfink dargestellt. Fortan wurde ich von den Kindern verspottet und wo es ging gequält. Jeden Morgen sah ich beim Erwachen, dass meiner Puppe der Kopf abgerissen worden war und musste weinen (zum Glück konnte ich ihn selbst wieder aufstecken). Das Zwillingspärchen, das im Nebenbett schlief, lachte mich dann aus. Ich wusste, dass sie es waren, und ich traute mich natürlich nicht etwas zu sagen. Ich hatte großes Heimweh aber es dauerte einige Zeit bis ich den Mut zusammen hatte dies den Tanten zu sagen und darum zu bitten nach Hause zu dürfen. Meine Bitte wurde mit einer Handbewegung weggewischt. Bei meiner Familie kamen nur gute Berichte über meinen Aufenthalt an. Das Päckchen, das mir geschickt wurde bekam ich nicht. Auch über meine Zeit auf der Krankenstation wurden meine Eltern falsch informiert. All dies las ich viele Jahre später im Tagebuch meiner Großmutter.
Auch die Essenszeiten waren schrecklich. Nicht nur, dass ich, wie alle Kinder, Dinge essen musste vor denen ich mich ekelte oder die mir gesundheitliche Beschwerden verursachten. Es war für mich fast noch schlimmer meine sprachliche Identität verleugnen zu müssen. Uns wurden Wörter verboten, die nicht dem Sprachgebrauch der Tanten entsprachen. Ich wurde zum Beispiel immer wieder verhöhnt wenn ich statt „Rapunzel“ „Feldsalat“ sagte, wie ich es von zu Hause gewöhnt war.
Es war an einem Abend in der großen Halle mit den hohen Fenstern. Nach dem Abendessen (ich glaube es war Erntedank) sang ein Chor von älteren Kindern „He-Jo spann den Wagen an“ im Kanon. Dieses Leid traf mich zutiefst, weil es meine Sehnsucht nach Freiheit und Gemeinschaft im gleichen Maße ausdrückte. Das kann ich heute so beschreiben. Damals war es nur ein diffuses sehnen nach etwas, das mir verwehrt wurde. Ich dachte, wenn ich mit den älteren Kindern singen dürfte, wäre ich frei. Als Erwachsene entdeckte ich die englische Version dieses Liedes, die mein damaliges Gefühl noch genauer auszudrücken vermag:
Heiho – nobody at home!
Meat nor drink, nor money have I none.
Yet will I be merry.
Yet will I be merry.
Als sehr beschämend habe ich auch die Rotlichtbehandlungen empfunden bei denen wir Kinder splitternackt (nur mit einer Schutzbrille bekleidet) in den Rotlichtraum gehen mussten.
Nach drei Wochen in diesem Erholungsheim wurde ich krank und kam auf die Krankenstation. Ich hatte hohes Fieber. Es kam immer wieder, wenn ich zurück in den Alltag des Heims sollte. Auf der Krankenstation war ich sehr isoliert. Aber das Fieber half ein wenig um die Schrecken dieses Ortes, das Heimweh, die Scham und die Lügen hinter einer Nebelwand verschwinden zu lassen. Ich vermute eher zum Ende meines Aufenthaltes kam ein Junge in mein Zimmer, der auch krank war. Vielleicht ging es ihm aber körperlich ein wenig besser als mir. Er war wohl etwas älter als ich, denn: er konnte lesen! Es geschah das Unglaubliche - er las mir vor! Es war für mich wie ein Wunder. Dieser fremde Junge, der nicht viel älter war als ich, schenkte mir die Nähe und Zuneigung, die mir von all den Erwachsenen verwehrt worden war. Ich werde ihm mein Leben lang dankbar sein für sein tätiges Mitgefühl, das mir damals half psychisch zu überleben. Und ich habe in all den Jahren immer wieder an ihn gedacht. Hoffend, dass er selbst so viel Hilfe erfahren möge, wie er sie mir geschenkt hat.
Ich weiß nicht, ob ich selbst jemals einem Menschen so hilfreich zur Seite gestanden habe, wie dieser unbekannte Junge es für mich getan hat. Ich würde mich sehr freuen ihn auf diesem Weg zu finden. Auch wenn das sehr unwahrscheinlich ist.
Als meine Eltern mich abholten nahm mein Vater mich auf seinen Arm. Ich spüre heute noch diesen Zwang mich von ihm wegdrehen zu müssen, obwohl ich mir all die Wochen nichts sehnlicher gewünscht hatte, als dass sie mich abholen würden. Ich verstand mich selbst nicht, es war schrecklich mich nicht zu meinem Vater flüchten zu können, sondern mich nur seltsam fremd zu fühlen.
Bis zu meinem 18. Lebensjahr hatte ich Albträume die sich um die Zeit in Freudenstadt drehten. Ich hatte es bald aufgegeben meiner Familie von meinen erlebten Schrecken zu erzählen, denn meine Mutter unterband meine Erzählungen damit, dass sie mir erklärte, das sei alles nicht wahr. Ich hätte mir das alles nur ausgedacht. Also schwieg ich.
Mit Anfang 30 machte ich mich auf die Suche nach dem Ort dieses Schreckens. Ich bat meine Mutter mir die Adresse zu geben. Aber sie verwehrte mir ihre Hilfe. Ich fand das Haus indem ich im Touristenbüro danach fragte. Es war ganz einfach. Und es war sehr heilsam diesen Ort zu besuchen. Es gab ihn wirklich. Ich erkannte das Fenster wieder, hinter dem unser Schlafraum war, den Park, die Säulen vor dem großen Speisesaal. Und dieses Haus war alt und drohte zu verfallen. Ich spürte ganz direkt: „Dieser Ort kann mir nichts mehr antun!“. Seither besuche ich das Haus jedes Mal, wenn ich durch Freudenstadt fahre. Und es ist interessant zu beobachten wie wir beide uns mit den Jahren verändern.
Mein Aufenthalt im Posterholungsheim in Freudenstadt (Landhausstr. 69) war zwischen dem 14.10. und 25.11.1975. Von der Mitarbeiterin im Touristenbüro wurde mir mitgeteilt, dass dieses Haus nur sehr kurz als Kindererholungsheim diente. Die meiste Zeit waren hier Erwachsene zur Kur. Wer sich Bilder des Hauses ansehen möchte findet unter dem Stichwort „Posterholungsheim Freudenstadt“ auf der Internetseite „oldthings“ alte Postkarten.
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Ulrike Bergmann-Seifert aus Bremen schrieb am 17.01.2022
Ich wurde mit gerade 6 Jahren ins Adolfinenheim verschickt, um für die Einschulung ins Winterkurzschuljahr "aufgepäppelt" zu werden. Ich habe diese Zeit in grausamer Erinnerung. Niemand war da, mich mit meinem entsetzlichen Heimweh zu trösten. Zuwendung bekam ich keine - ich erinnere mich daran, dass ich mich morgens zum Kämmen in die Reihe stellte und von der Erzieherin nur ein verächtliches "ach du mit deinen 5 Haaren" zu hören bekam. Ich hab's heute noch im Ohr. Für alle möglichen "Vergehen" musste ich am helllichten Tag zur Strafe ins
Bett und durfte noch nicht mal meine Puppe, das einzig vertraute, was ich hatte, mitnehmen. Ich sehe sie noch auf der Fensterbank sitzen. Die Betten waren mit durchgelegenen dünnen Matratzen ausgestattet. Viele meiner Zimmergenossinnen haben eingenässt, mir ist es nur einmal passiert, was ich irgendwie vertuschen konnte.
Das Essen war grauenhaft. Wie oft habe ich in einem düsteren Essensraum vor vollen Tellern mit süßlicher Milchsuppe, in der Nudeln schwammen, sitzen müssen, bis ich sie irgendwie heruntergewürgt habe. Noch heute wird mir beim Geruch von warmer Milch schlecht. Ich kann mich daran erinnern, dass es mal eine Kugel Vanilleeis zum Nachtisch gab, das war ein absolutes Highlight.
An Spiele mit anderen Kindern oder Basteleien habe ich keine Erinnerung. Irgendwie sehe ich mich immer nur herumstehen oder -sitzen. Ob wir oft an den Strand gegangen sind? Ich weiß es nicht...
Eine der Erzieherinnen hieß Tante Barbara. Sie betreute eine Jungengruppe und ich habe einmal gesehen, dass sie mit ihren Jungs abends gesungen hat und alle einen Becher Tee zu trinken bekamen. So etwas gab es bei uns Mädchen nicht.
Als endlich die verordneten 6 Wochen herum waren, erkrankte ich an Windpocken und musste noch 2 Wochen länger bleiben. Auf der Krankenstation war es etwas besser, ich glaube, es waren nur vier Betten in einem Zimmer. Außerdem gab es hier etwas Spielzeug und wir durften Weißbrot essen. Ich bekam während meiner Windpockenzeit einmal ein Paket von meinen Eltern, darin befanden sich nur 2 selbstgenähte Blusen "aus kühlendem Stoff". Keine Schokolade, kein Bonbon, keine Kleinigkeit zum Spielen, über das sich ein 6-jähriges Mädchen gefreut hätte... Das war eben von vornherein verboten und die Eltern hielten sich, autoritätshörig wie sie waren, daran. Das habe ich ihnen irgendwie übel genommen. Als diese ganz Zeit überstanden war, gingen wir in einen Andenkenladen und ich habe einen drehbaren Leuchtturm, eine große Muschel und einen stinkenden Seestern ausgesucht.
Ich war nie ganz sicher, ob ich auf Borkum tatsächlich im Adolfinenheim gewesen bin, bis ich vor einigen Jahren ein paar Tage im November auf der Insel verbracht habe, um mein Trauma zu verarbeiten. Im kleinen Heimatmuseum ließ man mir sehr viel Zeit, viele Ordner über dieses Heim zu durchforsten. Anhand der Fotos war mich mir dann ganz sicher, dass ich im Adolfinenheim war.
Das Haus existiert schon lange nicht mehr, das Grundstück wurde zu einem Teil mit einem Kindergarten bebaut. Da dort die Freiwillige Feuerwehr einen Bau plante, wurde neben dem Kindergarten das ganze Grundstück ausgebaggert. Schutt und Scherben des alten Adolfinenheims kamen wieder zu Vorschein und ein Stück einer gelben Waschsaal-Fliese ging als "Trophäe" mit nach Hause.... Nach Borkum werde ich sicher nie wieder zurückkehren.
Ich bin interessiert an Erinnerungen von LeidensgenossInnen, die vielleicht auch Mitte der 60er Jahre ins Adolfinenheim verschickt wurden.
Gräßlich, was man damals uns Kindern angetan hat.
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Dörte Fristedt aus Ängelholm schrieb am 17.01.2022
Hallo!
Ich kam mit meiner älteren Schwester das erste Mal auf den Seehof, der von der Heilsarmee geleitet wurde. Ich war damals 5 Jahre. Meine Mutter war 2 Jahre zuvor gestorben und ich wohnte mit 4 Geschwistern beim Opa. Klar, dass die ersten Tage schwer waren aber ich habe meine Zeit dort in guter Erinnerung. Badewiese, toller Spielplatz, der Heimleiter hat mit uns täglich gesungen und mit seinem Akkordeon begleitet, es gab Esel und Wildschweine auf dem Gelände. Klar es war streng aber trotzdem freundlich. Für mich eine humane Einrichtung. 40 Jahre später habe ich den Seehof wieder besucht. Ich wollte meiner Familie den Ort, der mir so gut getan hat, unbedingt zeigen.
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Karin S. aus Unterschleißheim schrieb am 17.01.2022
Hallo in die Runde.
Ich werde dieses Jahr 60 Jahre alt und Zeit meines Lebens habe ich Erinnerungen an diesen Kuraufenthalt und bin bis heute wütend, dass ich so behandelt wurde. Ich war sehr dünn und meiner Großmutter ( bei der ich aufgewachsen bin) wurde nahe gelegt, mich zur Kur zu schicken. 1. Erinnerung: viele Kinder am Bahnhof und eine Frau nimmt mich in Empfang mit den Worten " Du bist ja niedlich. Dich behalte ich mal". Ich hatte panische Angst nicht mehr zu meiner Oma zu kommen und habe auf der Zugfahrt viel geweint. Bis heute habe ich Schwierigkeiten mit dem Zug zu verreisen. Angekommen ( ich erinnere mich an Berge) bin ich in einem Kloster oder ähnliches. Da waren Nonnen, große Schlafsäle und ein strenges Regime. Nachts saß eine Nonne vor der Tür und passte auf dass kein Kind auf die Toilette geht und Ruhe herrscht. Essen musste aufgegessen werden. Ich war eine schlechte Esserin und habe bis dahin nie Zwang beim Essen gekannt. Ich kann mich erinnern erbrochen zu haben und wie ich dann vor dem Teller saß da man mir sagte ich müsste es auf esse. Ich kann mich nicht erinnern das ich das gemacht habe.
Aber an die Verzweiflung kann ich mich erinnern. Auf einem Spaziergang habe ich einen meiner neuen Handschuhe verloren habe( es lag Schnee). Daraufhin wurde ich ins Gesicht geschlagen. Das war schrecklich für mich, da ich über den Verlust schon so traurig war. Statt Trost Schläge. Körperpflege wurde an langen Waschtrögen durchgeführt. Ich habe mich dabei sehr unwohl gefühlt da alle geschaut haben. Dann bin schwer erkrankt ( es könnten die Windpocken gewesen sein). Mir ging es zunehmend schlechter, so das ich frühzeitig nach Hause geschickt wurde. Ich würde heute noch am liebsten jeder Nonne eine runter hauen. Leider weiß ich nicht wo dieser Aufenthalt war. Das Bild von dem Haus, die Berge, dem Schnee und den Nonnen werde ich aber nie mehr vergessen. Danke das ich hier die Möglichkeit bekommen habe, mich endlich nicht mehr so alleine damit zu fühlen und sage Danke für diese Platform.
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Barbara Balk aus Winsen/Aller schrieb am 17.01.2022
Ich habe nicht viele Erinnerungen an den Heimaufenthalt. Hingekommen bin ich, weil "aus dem Kind nichts wird". Einzige konkrete Erinnerung: Ich wurde morgens, mittags und abends mit Milchbrei und Haferschleim vollgestopft. Und ich mochte das Zeug nicht. Ich musste solange vor dem Teller sitzen, bis er leer war. Seitdem kann ich warme Milchsuppen nicht mehr sehen und riechen. Kommt mir sofort der Magen hoch. Und ich bin während des Aufenthalts 10 Jahre alt geworden. Mein Geburtstagspäckchen habe ich nie zu Gesicht bekommen. Mir wurde nur gesagt: "Du hast ein Päckchen gekriegt. Das wird auf alle aufgeteilt." Gesehen habe ich nie was. Und es herrschte ein fürchterlichen Ton. Wir auf dem Kasernrnhof.
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Thomas Müller aus Neu Isenburg schrieb am 17.01.2022
Das erstemal war ichmit 5 Jahren in Berchdesgaden im Kurheim, da kann ich mich aber nicht mehr so daran erinnern.
Das zweitemal ich war als 6 jahriger Junge, in einer Kuranstalt in Buhlbron im Schwarzwald geschickt worden, für 6 Wochen und es war die Hölle auf Erden.
Es war eine Tortur beim Essen, bei der Freizeit - gestaltung und Abends ins Bett gehen. Beim Essen mußte man so lange am Tisch sitzen bleiben bis man aufgegessen oder gekotzt hatte. Die Freizeitbeschäftigung war meistens spazieren gehen oder auf dem Gelände war ein na sagen wir mal so eine Art Spielplatz. Abends war sehr früh Bettruhe, es war ein sehr großer Schlafsaal mit ca 15-20 Betten ( Zeit kann ich nicht nennen) aber es war sehr früh, mit der Androhung wer Nachts nicht schläft bekommt Schläge (AUCH WENN MAN AUF TOILETTE MUSSTE )und so machten viele Kinder in ihr Bett, was wiederum dazu führte, daß man sein Bett selber frisch machen mußte. Mein Bettnachbar hatte Rückratverkrümmung und wurde Nachts in so eine Gipsform gelegt und fixsiert ich mußte Nächte lang mit anhörern wie jemmerlich er geweint hatte und sehr oft ins Bett gemacht hatte, da er Angst hatte jemand zu rufen. (ich muß weinen wenn ich hier schreibe). Hatte jemand ein Päckchen bekommen, so ist das einfach aufgemacht worden und was die Heimleitung für nicht gut hielt wurde einbehalten oder unter allen Kindern aufgeteilt, egal ob das Geburtstag war oder einfach so. Meine Mutter schickte mir 2x in der Woche einen Brief mit einem streifen Kaugummi drinn, den durfte ich behalten. Ich wünsche allen Betroffenen, daß sie diese Ereignise gut verkraften aber niemals vergessen sollen, denn sowas sollte keinem Kind der Welt passieren.
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Sascha schrieb am 17.01.2022
Ich habe leider nur einige Erinnerungsfetzen an die Zeit, die mich aber doch sehr nachhaltig geprägt hat.
Ich wurde zu Hause beim Kinderarzt ständig geröngt, weil ich Asthma und Allergien hatte und mir damals keiner so richtig helfen konnte.
Dieser hat dann irgendwann die Einweisung in die Spezialkinderklinik veranlasst.

Per Bus ging es 1980 vom Schweinfurt Hauptbahnhof nach Bad Reichenhall in die Spezialkinderklinik für Asthma und Bronchitis in der Kurfürstenstraße 26.

Der Bus war voll mit Kindern von ganz klein bis ca. 14 Jahren (lt. meiner Mutter).

Meinem Teddy wurde gleich in der ersten Nacht der Kopf abgerissen von älteren Jungs.
Diesen älteren Jungs waren wir Kleinen schutzlos ausgeliefert.
Die Älteren Jungs befriedigten sich ganz offen vor allen Kindern...

Zum Frühstück gab es Marmelade und Malzkaffee was ich vorher noch nie gegessen hatte zu Hause. (Beides bis heute ein absolutes NO GO)

Ich musste im Federbett schlafen (Ich war damals hochgradig allergisch darauf und es wurde extra drauf hingewiesen)
Das ging natürlich nicht gut und ich hatte viele Anfälle...

Es gab keinen Kontakt per Telefon oder Besuch.

Die Karten wurden von Erzieherin geschrieben - natürlich nur Gutes. Leider hat Sie meine Mutter nicht mehr.

Ich kann mich vage daran erinnern, das ich irgendwo in einer Druckkammer war, im Solebad, im Inhalierraum, in einem nebligen Raum, oder auch unter der Höhensonne.

Beim Schwimmen, wurde ich in ein Becken gestoßen wo ich nicht stehen konnte als Nichtschwimmer (Bis heute habe ich Angst im Wasser und schwimme nur in reichweite vom Beckenrand)

Ich bin aus Scham Tagelang/Wochenlang (Weiß nicht mehr wie lange - es war sehr lange) nicht auf Toilette, weil die Türen offen bleiben mussten, bzw keine Türen dran waren (das weiß ich nicht mehr genau) Ich hatte dann natürlich eine extrem schlimme Verstopfung...

Ich wurde lt. meiner Mutter sehr Krank (Welche Krankheit ist nicht mehr bekannt) und war 14 Tage auf einer Krankenstation (Meine Eltern wurden darüber erst nach der Kur informiert)

Meine Zähne waren wohl 6 Wochen kaum geputzt worden, meine Mutter sagte dass meine Zähne sehr schlimm/schwarz aussahen.

Das einprägsamste war die Ankunft in Schweinfurt.
Ich blicke erwartungsvoll und voller Sehnsucht aus dem Busfenster und konnte meine Eltern nicht am Bahnhof entdecken und geriet in Panik...
Als ich ausgestiegen war, sah ich mich panisch um und mir liefen die Tränen übers Gesicht. Ich glaubt in dem Moment fest daran, dass mich wirklich niemand mehr abholt. - Absolute Panik -
Plötzlich kam ein Mann und eine Frau freudestrahlend auf mich zu, es waren meine Eltern! Sie standen nur ein paar Meter entfernt von dem Bus und ich konnte Sie nach 6 Wochen nicht mehr erkennen. Ich fühlte mich völlig entwurzelt, fremd und leer...
Meine Mutter war völlig entsetzt und erschrocken über meinen Gesundheitszustand :

Ich war kränker nach den 6 Wochen wie vorher - und nicht mehr das gleiche Kind...

Bis heute plagen mich Verlustängste, Angstzustände im Dunkeln, Minderwertigkeitskomplexe, Gewichtsprobleme, Magen- Darm Probleme usw.

Es ist eine Schande für dieses Land, dass so lange diese Zustände gebilligt wurden und wir Kinder der ganzen Heimmaschinerie schutzlos ausgeliefert waren.

Ich würde meine Tochter NIEMALS alleine auf eine Kur verschicken...
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Sascha aus Schweinfurt schrieb am 15.01.2022
Ich habe leider nur einige Erinnerungsfetzen an die Zeit, die mich aber doch sehr nachhaltig geprägt hat.
Ich wurde zu Hause beim Kinderarzt ständig geröngt, weil ich Asthma und Allergien hatte und mir damals keiner so richtig helfen konnte.
Dieser hat dann irgendwann die Einweisung in die Spezialkinderklinik veranlasst.

Per Bus ging es 1980 vom Schweinfurt Hauptbahnhof nach Bad Reichenhall in die Spezialkinderklinik für Asthma und Bronchitis in der Kurfürstenstraße 26.

Der Bus war voll mit Kindern von ganz klein bis ca. 14 Jahren (lt. meiner Mutter).

Meinem Teddy wurde gleich in der ersten Nacht der Kopf abgerissen von älteren Jungs.
Diesen älteren Jungs waren wir Kleinen schutzlos ausgeliefert.
Die Älteren Jungs befriedigten sich ganz offen vor allen Kindern...

Zum Frühstück gab es Marmelade und Malzkaffee was ich vorher noch nie gegessen hatte zu Hause. (Beides bis heute ein absolutes NO GO)

Ich musste im Federbett schlafen (Ich war damals hochgradig allergisch darauf und es wurde extra drauf hingewiesen)
Das ging natürlich nicht gut und ich hatte viele Anfälle...

Es gab keinen Kontakt per Telefon oder Besuch.

Die Karten wurden von Erzieherin geschrieben - natürlich nur Gutes. Leider hat Sie meine Mutter nicht mehr.

Ich kann mich vage daran erinnern, das ich irgendwo in einer Druckkammer war, im Solebad, im Inhalierraum, in einem nebligen Raum, oder auch unter der Höhensonne.

Beim Schwimmen, wurde ich in ein Becken gestoßen wo ich nicht stehen konnte als Nichtschwimmer (Bis heute habe ich Angst im Wasser und schwimme nur in reichweite vom Beckenrand)

Ich bin aus Scham Tagelang/Wochenlang (Weiß nicht mehr wie lange - es war sehr lange) nicht auf Toilette, weil die Türen offen bleiben mussten, bzw keine Türen dran waren (das weiß ich nicht mehr genau) Ich hatte dann natürlich eine extrem schlimme Verstopfung...

Ich wurde lt. meiner Mutter sehr Krank (Welche Krankheit ist nicht mehr bekannt) und war 14 Tage auf einer Krankenstation (Meine Eltern wurden darüber erst nach der Kur informiert)

Meine Zähne waren wohl 6 Wochen kaum geputzt worden, meine Mutter sagte dass meine Zähne sehr schlimm/schwarz aussahen.

Das einprägsamste war die Ankunft in Schweinfurt.
Ich blicke erwartungsvoll und voller Sehnsucht aus dem Busfenster und konnte meine Eltern nicht am Bahnhof entdecken und geriet in Panik...
Als ich ausgestiegen war, sah ich mich panisch um und mir liefen die Tränen übers Gesicht. Ich glaubt in dem Moment fest daran, dass mich wirklich niemand mehr abholt. - Absolute Panik -
Plötzlich kam ein Mann und eine Frau freudestrahlend auf mich zu, es waren meine Eltern! Sie standen nur ein paar Meter entfernt von dem Bus und ich konnte Sie nach 6 Wochen nicht mehr erkennen. Ich fühlte mich völlig entwurzelt, fremd und leer...
Meine Mutter war völlig entsetzt und erschrocken über meinen Gesundheitszustand :

Ich war kränker nach den 6 Wochen wie vorher - und nicht mehr das gleiche Kind...

Bis heute plagen mich Verlustängste, Angstzustände im Dunkeln, Minderwertigkeitskomplexe, Gewichtsprobleme, Magen- Darm Probleme usw.

Es ist eine Schande für dieses Land, dass so lange diese Zustände gebilligt wurden und wir Kinder der ganzen Heimmaschinerie schutzlos ausgeliefert waren.

Ich würde meine Tochter NIEMALS alleine auf eine Kur verschicken...
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Martin M. aus Saarbrücken schrieb am 09.01.2022
Wer von den folgenden Personen war mit mir in dieser Einrichtung, kann sich erinnern und möchte sich mit mir austauschen?

Die möglichen Patienten, die während dem Essen mit mir an meinem Tisch saßen, waren:
Udo Meier, ca. 6 Jahre und kräftig
Stefan Wagner, ca. 5 Jahre und blond
Achim Hans ca. 7 J. und braun

Die möglichen Jungen, die mit mir in einem Zimmer untergebracht wurden, waren:
Stefen Schmitt/ Schmidt, ca. 7 Jahre
Jürgen Schreiner, ca. 9 Jahre
Andreas Hof, ca. 5 Jahre

Viele Grüße
Martin M.
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Kerstin aus Mittweida schrieb am 09.01.2022
Ich war auch in einem *Kurheim*. Leider weiß ich nicht mehr wo. Irgendwo in der Berliner oder Brandenburger Ecke. Ich war 5 Jahre alt. Angeblich war ich zu dünn und ich müsste diese sogenannte Erholungskurs antreten.
Viele Erinnerungen habe ich nicht,ich war zu klein.
Ich weiß noch das da die Windpocken waren und ich mich abgesteckt habe. Den ganzen Tag saß ich allein in meinem Bett, während die anderen draußen spielten. Um mich hat sich keiner gekümmert und ich habe viel geweint. Der Essenszwang war auch furchtbar. Jeden zweiten morgen gab es Haferflockensuppe mit Rosinen. Der Geruch von Milchreis, Grießbrei und Haferflocken löst bei mir immer noch einen Würgereiz aus.
Egal ob fettes Fleisch in der Suppe, der Teller musste leer sein.
Vielleicht weiß jemand wo das war. Meine Erinnerung sind kleine bunte Holzhütten im Garten, in denen wir gespielt haben
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Lisa schrieb am 09.01.2022
Ich wurde 1980 mit 8 Jahren nach St. Peter Ording verschickt. Es war keine angenehme Erfahrung (wenn ich mich - zum Glück- auch nicht traumatisiert fühle).
Vor mir war ein Junge aus unserer Nachbarschaft im selben (?) Kurheim verschickt. Meine Mutter hat mir erzählt, dass dessen Eltern meine Eltern im Vorfeld gewarnt hatten, mich nicht zu verschicken, weil die Zustände im Heim so katastrophal seien. Daraufhin haben sich meine Eltern nochmal bei der Krankenkasse vergewissert, die ihnen zugesichert hat, dass das Heim super wäre. Da haben viele Stellen lange Zeit die Augen verschlossen.

Mir sind einige Dinge in Erinnerung geblieben, von denen ich schon damals dachte "das geht nicht/das dürfen die nicht". Das waren einfach Dinge, die in einem vollkommenen Widerspruch zu dem standen, was ich aus meinem Umfeld, aus meiner Grundschule etc, kannte. (Ich schreibe dies, um zu verdeutlichen, dass diese Erziehungsmethoden auch damals nicht "normal" oder "akzeptiert" waren.)

-Die Standardbestrafung (auch für Nichtigkeiten) war über Nacht in den Keller eingesperrt zu werden. Mir selber ist das nie passiert. Es gab aber Kinder, denen es während meines Aufenthalts zu passieren schien. D.h. denen es angedroht wurde und die dann zur Schlafenszeit tatsächlich nicht da waren.
Bestrafungen und Demütigungen vor der Gruppe waren relativ häufig. Ich kann mich an keinen konkreten Fall erinnern, vermute aber, dass es häufig um Bettnässen ging.

- Die Toilettenzeiten waren streng reglementiert und wir durften insbesondere nachts und während des Mittagsschlafs die Toiletten nicht nutzen. Eines Nachts hatte sich eins der Kinder rausgeschlichen, die Toilette benutzt, sich aber wohl nicht getraut, die Spülung zu betätigen, um niemanden zu wecken. Die Toilette wurde dementsprechend am nächsten Morgen dreckig vorgefunden. Daraufhin mussten wir als ganze Gruppe in den Toilettenraum kommen, wurden gemaßregelt und der/die "Schuldige" wurde aufgefordert, sich zu stellen. Als dies nicht geschah, musste die ganze Gruppe stundenlang die Toiletten putzen.

- Auch wir mussten alles aufessen. Ich aß damals schon kein Fleisch und musste daher nach dem Mittagessen oft lange alleine (unter Aufsicht) im Esssaal bleiben, bis ich alles aufgegessen hatte. Ich habe mir oft Fleisch in die Hosentasche gestopft und später entsorgt, weil ich es einfach nicht runter bekam. Ich kann mich allerdings nicht erinnern, mich jemals übergeben zu haben oder Erbrochenes essen zu müssen. Und ich wurde manchmal nach einer Stunde oder so "erlöst", selbst wenn ich nicht alles aufgegessen hatte. Zudem ersparte mir das Nachsitzen im Speisesaal zumindest den verhassten Mittagsschlaf.

- Die Post wurde auch bei uns überwacht. Die jüngeren Kinder durften ihre Briefe nicht selber schreiben, selbst, wenn sie schon schreiben konnten. Ich durfte selber schreiben, das Geschriebene wurde aber kontrolliert, offiziell, um Rechtschreibfehler etc. zu beseitigen. Es war aber allen klar, dass es nicht erwünscht war, Negatives zu schreiben und, dass das auch zensiert werden würde. Wir mussten die Briefe in einen Korb auf dem Flur legen, wo sie dann von den Betreuern (ich kann mich an den Ausdruck "Tanten" nicht erinnern, es ist aber gut möglich, dass auch wir diesen verwendet haben) eingesammelt und zur Post gebracht wurden. Ich schrieb neben meinen Eltern auch regelmäßig einer guten Freundin, die aber keinen einzigen Brief bekommen hat. Ich bin mir ziemlich sicher, dass alle Briefe, die nicht an die Eltern adressiert waren, von den "Tanten" aussortiert und weggeworfen wurden. (Der Grund war, glaube ich, dass sie sich nicht die Mühe machen wollten, diese auch zu zensieren.)

- In einer anderen Kindergruppe brachen während meiner Zeit im Heim die Windpocken aus. Zunächst wurde diese Gruppe isoliert, kam nicht mehr zu den Essenszeiten in den Speisesaal etc. Nach 1-2 Tagen gab es aber offenbar ein Umdenken und meine Gruppe musste einen Nachmittag lang mit dieser Gruppe zusammen drinnen spielen (wir hatten vorher nie etwas mit der anderen Gruppe zu tun gehabt). Prompt hatten wir natürlich fast alle die Windpocken. Das war sozusagen eine Windpocken-Party. Dass wir die Windpocken hatten, kümmerte dann aber keinen mehr und wir wurden auch mit Windpocken auf die Menschheit losgelassen.

- Während des Mittagsschlafs mussten wir die Augen geschlossen halten und durften uns nicht bewegen. Eine Betreuerin patroullierte ständig auf und ab, um das zu kontrollieren, und man wurde bestraft, wenn man sich nicht dran hielt. Wir mussten sogar ein Lied lernen, in dem das erwünschte Verhalten beim Mittagsschlaf und die Bestrafung bei Nichtbeachten besungen wurde. Einmal hatte ich mir ein Comic von einem anderen Kind ausgeliehen. Ich musste relativ lange darauf warten, weil alle es haben wollten. Ich bekam es schließlich eines Mittags. Es lag beim Mittagsschlaf auf meinem Nachttisch und weil ich so neugierig war, habe ich --ohne den Kopf zu heben-- kurz die Seiten durchgeblättert, als ich dachte, es schaut niemand. Die Aufseherin hat es mir sofort weggenommen und ich war wahnsinnig enttäuscht, habe mich aber nicht getraut, es nochmal auszuleihen.

- Ich bin ziemlich sicher, dass auch bei uns der Inhalt von Paketen der Eltern an alle Kinder verteilt wurde, kann mich aber nur noch vage erinnern.

Leider kann ich mich nicht konkret an Personen erinnern, weder an "Tanten" noch an andere Kinder. Ich glaube, das liegt daran, dass mein gesamter Fokus in der Zeit darauf lag, nicht aufzufallen und nicht anzuecken, und kein Platz für irgendwas anderes war. Ich kann mich allerdings auch erinnern, dass wir Kinder uns manchmal untereinander solidarisiert haben, aber nur im Geheimen.

Nach meiner Rückkehr wollte mir niemand glauben, wenn ich von der Zeit im Kurheim erzählt habe, was mich geärgert hat. Ich habe dann ziemlich schnell aufgehört, davon zu erzählen. Ich war meinen Eltern nicht böse, dass sie mich verschickt hatten, habe mich aber immer gefragt, wofür das Ganze gut sein sollte. Tatsächlich habe ich keine einzige positive Erinnerung und St. Peter Ording wird für mich immer negativ konnotiert sein.

Ich habe immer gedacht, ich hätte einfach ein besonders schlechtes Kurheim erwischt. All die Jahre habe ich immer damit gerechnet, dass das irgendwann auffliegt, und dass ich irgendwann in den Nachrichten lese "Skandal im Kinderkurheim Köhlbrand: Kinder im Keller eingesperrt!". Ich habe regelmäßig gegoogelt, aber nichts gefunden, und immer gedacht, "dass kann doch nicht sein, dass da nichts über diese Zustände raussickert". Ich habe schon fast an meiner Erinnerung gezweifelt. Dann habe ich den Bericht von Report Mainz gesehen und realisiert, dass meine Erfahrungen nur die Spitze des Eisbergs waren und das "mein" Heim (zumindest zu der Zeit als ich da war), vielleicht sogar eins der besseren war.

Herzlichen Dank an alle, die mithelfen dies Kapitel aufzuarbeiten!
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Alexandra aus Kaiserslautern schrieb am 07.01.2022
Vor ein paar Tagen hatte ich die spontane Idee (vielleicht Intuition) zu googlen ob ich ein Bild der Kurklinik finden kann, in welcher ich im Frühjahr 1984 für 6 Wochen untergebracht war.
Die Klinik hieß Haus Hamburg, Bad Sassendorf.

Kaum in Google eingegeben springen mir einige Einträge entgegen mit den Titeln “Kinderqualen im Kurheim”, “das Leid der Verschickungskinder” etc. entgegen.
Seit ich diese Einträge und Berichte gelesen habe, ist mir eiskalt. Seit Tagen kann ich gar nicht mehr warm kriegen. Ich bin total im Schock und habe keine Worte, die Spirale an Emotionen, die an mir zieht, zu beschreiben. Mir brennt die Seele und es tut mir so unendlich leid zu lesen, was Ihr teilweise aushalten musstet. Das ist so furchtbar.
Es gehen mir soviele Gedanken durch den Kopf, und ich habe das Bedürfnis mich zu melden und auszutauschen, auch wenn ich vielleicht eine “der Glücklichen” bin, die im Vergleich mit all den schrecklichen Berichten hier noch mit relativ harmlosen Methoden “davon gekommen” bin und zumindest bis eben noch der Meinung war, dass meine Erlebnisse in der Kur keine dauerhaften negativen Folgen für mich hatte.
Irgendwie bin ich jetzt aber nicht mehr so sicher und schaue zurück auf Momente, Fetzen der Erinnerung, bei denen ich denke: “das ist es also, was da passiert ist und was die da gemacht haben” und so weiter.

Ich habe gesehen, dass darum gebeten wird, so viele Details wie möglich zu beschreiben, da auch der Alltag in den Kliniken nachvollzogen werden möchte. Daher schreibe ich so ausführlich wie möglich und bitte die Länge zu entschuldigen 🙂

Gerne ist hier mein Zeitzeugnis:
Als Kind war ich sehr aktiv und dünn. Ich war oft krank. Ende 1983 war ich an Pfeifferschem Drüsenfieber erkrankt und damals wusste man noch nicht viel davon. Es ware eine “Neuerscheinung”. Heute wissen wir, wie wir damit umgehen: Quarantäne.
Ich lag also ganze sechs Wochen im Krankenhaus in Quarantäne. Damals war ich 9.

Danach fand meine Mutter es eine gute Idee mich, in Zusammenarbeit mit dem Kinderarzt, in eine Kur zu schicken, damit ich wieder auf die Beine komme. Meine Mutter war selbst eine überzeugte Kurgängerin.
Ich war gerade 6 Wochen weg und fand es eine Zumutung, dass ich nochmal solange weg musste. Ich habe mehrfach gesagt, dass ich nicht weg möchte. Aber meine Mutter hat entschieden, dass es besser für mich ist.
Bereits an der Stelle fühlte ich mich irgendwie “entmündigt”, habe als Kind nicht über mein eigenes Leben bestimmen können. Sie hat entschieden und hat mich nicht mit einbezogen in die Diskussion was ich denke, was das richtige für mich ist. Das hat in der Nachsicht etwas mein Verhältnis zu meiner Mutter getrübt. Man kann sagen, dass mein Urvertrauen sowohl in sie als auch in meine Autonomie etwas gelitten hat.

Das erste Anzeichen dafür dass ich nicht drumherum kommen würde war, dass ein Satz Stofffetzen mit meinem Namen ankamen, die meine Mutter in alle Kleidungsstücke genäht hat (für die Wäsche, damit man wusste wem was gehört).
Auch hat sie mir einen silbernen Kugelschreiber geschenkt, extra für die Briefe von der Kur nach Hause - diesen habe ich heute noch, die Briefe nicht mehr.
Ein paar Wochen später dann stand ich am Bahnhof mit meiner Mutter, mit einer Karte um den Hals. Ein Zug fährt ein, eine Frau steigt aus, stellt sich als Beauftragte der DAK vor, und ich muss mit ihr einsteigen. Ich habe mich an meiner Mutter festgekrallt und habe so geheult, ich wollte nicht weg und hatte Angst vor der Fremde und dem Unbekannten. Im Zug saß noch ein Mädchen, das auch ganz verheulte Augen hatte. Die Begleitperson habe ich eigentlich noch in ganz guter Erinnerung, die war verständnisvoll, hat mich ausheulen lassen und uns versucht mit einem Gespräch abzulenken.
Auf dem Weg zum Kinderheim haben wir an diversen Bahnhöfen noch mehr Kinder abgeholt. Alle hatten den gleichen Gesichtsausdruck. Trauer und Angst.

Bei der eigentlichen Ankunft hat uns die Begleitdame “übergeben”, es waren viele Kinder im Hof. Die Kinder vorm Haus waren noch fröhlich und sind rumgerannt. Es war laut und hektisch. Wir wurden schließlich beim Namen gerufen, in Gruppen geteilt und ins Haus geführt.

Wir waren im zweiten Stock (glaube ich), ein langer Gang, eine lange Fensterfront auf der einen Seite, lange Einbauschränke (ich glaube die waren orange) auf der anderen Seite und die Türen zu den Schlafräumen.
Mir wurde ein Schrank zugewiesen und mein Schlafraum gezeigt. Ich war positiv überrascht davon, dass der Schlafraum kein steriles Krankenhauszimmer war, sondern dass es eher wie in einer Jugendherberge aussah. Einfach Holzbetten und rote Vorhänge. Es waren 6-8 Betten in einem Zimmer. Eigentlich fand ich es ganz gemütlich.

Wir konnten unsere Koffer auspacken und uns dann im Aufenthaltsraum treffen. Ich erinnere mich noch daran, dass fast kein Kind gesprochen hat. An diesem Teil war es ganz still. Wir waren alle total verunsichert, traurig und nervös, und die Erwachsenen wirkten sehr mechanisch, beschäftigt und unnahbar.
Da saßen wir in dem Zimmer und sahen uns alle mehr oder weniger hilflos und unsicher an. Das änderte sich auch später beim ersten Essen nicht.

Nach dem Essen wurden wir in den Keller (ich glaube dass es der Keller war) geführt und waren in einer Art Badeanstalt - es roch nach Chlor - da waren Bottiche an denen wir vorbeigelaufen sind und sind an eine Art Umkleidekabine gekommen wo wir angewiesen wurden, einen Gummimantel, ich glaube es war ein Cape mit Mütze, anzuziehen. Dann sollten wir auf der Treppe warten. Ich erinnere mich, dass ein Mädchen so bitterlich geweint hat, sie war auch sehr laut dabei und hat fast geschrieen. Die Erzieherin hat nur auf sie geschaut und sie komplett ignoriert. Wir anderen Kinder haben uns um sie gekümmert und versucht sie zu beruhigen.
Einige Momente später wurden wir in einen riesigen “Duschraum” geführt und angewiesen uns auf die Bänke, die an der Wand entlang liefen, zu setzen. Das sah fast aus wie eine Gaskammer und ich bekam richtig Panik (das Thema hatten wir gerade in der Grundschule durchgenommen, daher hat meine kindliche Vorstellungskraft leider spontan diese unglückliche Assoziation hergestellt). Ich habe eine Erwachsene sehr ängstlich gefragt was wir hier machen und sie meinte nur “Wart’s ab und setz dich hin” und hat mich mit meiner Angst stehen lassen. Auch wenn mein Verstand wusste, dass die uns doch eher nicht umbringen werden, fand ich es sehr schwierig meine Panik zu beruhigen, ich hatte eine kleine Version von Todesangst in dem Raum.
Als sie die Tür zu machten war es dann dunkel (aber nicht ganz, mit Nachtlicht), einige Kinder haben sich laut erschrocken, und dann kam was aus den Düsen. Es war eine Salzlösung, die wir ab dem Tag zwei- bis dreimal die Woche einatmen sollten.

Die erste Nacht war sehr herausfordernd. Fast alle Kinder haben geweint und so haben wir alle angefangen uns zu unterhalten und gegenseitig, auch mit kleinen Späßen, zu beruhigen. Wir wurden dafür nicht beschimpft oder bestraft, einfach nur ignoriert.
An einigen Abenden saß die Erzieherin zwischen unseren Schlafräumen auf dem Boden und hat noch was vorgelesen.

Dann begann eigentlich schon der Alltag, begleitet von, so wie ich mich deutlich erinnere, dem täglichen mehrfachen “Gedudel” des Schlagers “Jenseits von Eden” von Nino de Angelo (das ist schon im nachhinein betrachtet eine grausame Ironie), aus dem Radio, das auf der Fensterbank stand und fast den ganzen Tag lief.

Alle zwei Tage war Frühsport,
zweimal die Woche Schwimmen (ich erinnere mich, dass ich das mochte. Ich habe dort auch mein Seepferdchen gemacht hat.)
Einmal die Woche Arztbesuch und Wiegen (habe keine Erinnerung mehr an Arzt oder Umstände, nur dass ich es immer kalt fand)
Zwei- bis dreimal die Woche in den Sole - Raum
täglicher Mittagsschlaf in dem berühmten Schlafraum.
tägliches Spazierengehen - immer züchtig in Zweierreihen marschiert, wir sind immer in der Umgebung vom Kurhaus geblieben oder in die Saline in der Stadt

Besonders in Erinnerung ist mir der Einsatz der bereits erwähnten Sanduhr geblieben.
Die kam vor allem zum Einsatz beim Zähneputzen (man musste solange schrubben bis die abgelaufen war) und beim Telefonieren mit zuhause.

Einmal die Woche, ich glaube bei uns war es Montags, zwischen 19-20 Uhr. Wir standen alle vor einem Büro im Warteraum. In diesem Zeitpunkt durften unsere Eltern anrufen und versuchen durchzukommen.
Alle paar Minuten kam sie raus und holte ein Mädchen dessen Vater oder Mutter es geschafft hatte ins Büro. Dann konntest du mit Mama oder Papa reden, für genau 3 Minuten, die Sanduhr stand daneben, und die Erzieherin ebenfalls. Sie hörte mit. Ich erinnere mich, dass ich mich davon total gestört gefühlt habe. Ich fand das unverschämt, dass ich nur drei Minuten mit meiner Mama reden durfte und dann auch noch unter “Bewachung”. So konnte ich gar nicht frei sein und damit auch nicht den sehr nötigen Trost oder Mut Zusprache von Mama bekommen.
Sobald die Sanduhr abgelaufen war, wurde das Telefonat beendet.
Wenn ein Elternteil es nicht geschafft hatte durchzukommen, hat das Kind Pech gehabt und musste auf die folgende Woche hoffen, denn nach uns kam bereits die nächste Gruppe.
Wenn das betreffende Kind dann geweint hat, wurde nur kühl reagiert mit einem “dann hätten sich deine Eltern halt beeilen sollen”.

Was Briefe angeht, so wurden diese ungeöffnet abgegeben, und ich erinnere mich, dass einmal eine Erzieherin kam und mich fragte ob ich denn sicher sei, dass ich das so meiner Mutter schicken wolle, da ich sie damit doch sehr traurig machen würde. Ich solle doch schönere Sachen schreiben um meine Mutter zu schonen. Ich habe das umgeschrieben, da ich natürlich meiner Mutter nie Kummer machen wollte.

Ich selbst kann mich nicht daran erinnern, dass ich “gemästet” wurde, obwohl ich zur Gewichtszunahme da war. Aber…ich erinnere mich, dass sie mir Margarine servierten und ich mochte die nicht. Ich habe einmal gefragt, ob ich Butter haben könnte, die Antwort war “es wird gegessen was auf den Tisch kommt”. Ich war ein sehr schüchternes und gehorsames Kind, daher habe ich es einfach gegessen, habe aber seit der Kur einen Ekel vor Margarine, bis heute.
Ich erinnere mich daran, dass wir des öfteren den Speisesaal verlassen haben und ich gesehen habe, dass einige Kinder nicht mitgekommen sind. Auf die Frage warum die nicht mitkommen, wurde nur geantwortet “die müssen erst den Teller leer essen”.
Ich weiß nicht was mit ihnen gemacht wurde als wir weg waren oder wie lange sie da sitzen mussten. Nur einmal betraf es ein Mädchen von unserer Gruppe und mir war aufgefallen, dass sie erst so ca. 5 Minuten vorm Schlafengehen zurückkam, mit verheulten Augen und dann ohne weitere Worte ins Bett ging und sich die Decke über die Ohren gezogen hat.

Auch ist mir aufgefallen, dass fast jeden Tag von der Gruppe der kleineren Kinder - unter 6 - (die ein Stockwerk unter uns wohnten, aber noch im gleichen Speisesaal saßen) mindest ein bis zwei verheulte Augen hatten.

In unserem Stockwerk war ein Junge, der war etwas geistig zurückgeblieben und kam auch offensichtlich aus einer ärmeren Schicht. Die Erzieherinnen waren oft sehr ungeduldig mit ihm, haben ihn mehrfach laut angeschrien und ihm gesagt wie dreckig er ist und waren physisch und psychisch sehr grob mit ihm.
Sie haben ihn oft vor uns bloß gestellt, haben die schmutzigen Kleidungsstücke hochgehoben und uns gezeigt und ihn gezwungen unter diesem Schimpfen “Stellung zu nehmen”. Der arme Junge hat immer beschämt unter sich geguckt und hat die ganze Kur über fast nicht gesprochen.

Eines Tages bin auch ich negativ aufgefallen: Ich musste mich nachts übergeben und die Nachtschwester hat mich auf dem Weg zurück abgefangen und gesagt ich solle sie in Zukunft rufen bevor ich abspüle. Am nächsten Tag durfte ich nicht mitschwimmen, aus Vorsicht. Das fand ich schlimm, weil Schwimmen das einzige war, was mir dem ganzen System wenigstens etwas Freude gemacht hat.
Zum Mittagessen saß ich zunächst alleine im Esszimmer an unserem Gruppentisch. Ich musste auf die anderen warten. Ich war ein sehr schüchternes Kind, das sich schnell geschämt hat und dass ich da alleine saß war mir total unangenehm. Meine Gruppe kam etwas später vom Schwimmen und als sie dann reinkamen ist mir deswegen auch ein leises “endlich” über die Lippen gerutscht. Die eine Erzieherin saß auf der Fensterbank, von wo aus sie immer das Essen bewachten, und fing auf einmal an, mich anzuschreien. Vor dem gesamten Speisesaal schrie sie mich an, was mir einfiele, und ich sei doch so anstrengend und nervend und mein Kleiderschrank wäre immer ein Schweinestall (ich war unordentlich, das stimmte wohl). Sie hat sich bestimmt 5 Minuten über mich “ergossen”, vor dem gesamten Saal. Ich habe mich so geschämt und auch geweint vor Scham und Angst, und ich habe überhaupt nicht verstanden, was passiert ist.
Die anderen Erzieherinnen haben nichts getan. Sie haben sie einfach wüten lassen und mich dabei amüsiert und verurteilend angesehen.

Als wir später am Nachmittag spazieren waren, hat die Frau mich angehalten, in letzter Reihe zu laufen, mit dem oben besagten Jungen. Als sie gesehen hat, dass ich das aber mehr oder weniger so hinnahm, hat sie alle mit eiskaltem Lächeln aufgefordert, dass wir “heute” alle Hand in Hand laufen müssen. Sie war erst dann zufrieden als sie meinen Widerwillen gesehen hat und ihre Macht zur Genüge demonstriert hat.
Das war demütigend, sowohl für mich als für den armen Jungen, der sehr wohl verstanden hatte, dass er als “Strafmittel” missbraucht wurde.
Nach diesem Tag wurde ich ganz still. Ich hatte so viel Angst etwas falsch zu machen, ich hatte Angst vor der Frau und ihren Launen. Ich wollte nur nach Hause. Ich bin ihr aus dem Weg wo es ging und habe mich total in mich zurückgezogen und habe darauf gewartet, dass es vorbei ist.

An Details war es das an was ich mich erinnere. Wie auch andere berichtet haben, erinnere ich mich kaum an Momente in denen wir spielten und wenn ja, was. Ich kann mich nicht erinnern ob wir einen Fernseher hatten oder ob wir längere Ausflüge gemacht haben. Nur einmal an eine Gruppentherapiestunde in der wir gespielt haben, da haben wir auch viel gelacht.
Aber von den Stunden im Aufenthaltsraum habe ich keine Erinnerung ausser an das Briefeschreiben.
Wir waren nie alleine. Es war immer irgendjemand im Raum dabei. Es haben sich nicht wirklich gute Freundschaften entwickeln können, da du ja nie mit jemandem alleine reden konntest. Du hattest keine Privatsphäre. Die haben alles mitbekommen und sie haben auch über uns geredet, gelästert und gekichert. Sie haben sich untereinander über uns lustig gemacht und nicht mal versucht das zu verstecken.

Alles in allem war es für mich keine gute Erfahrung. Ich bin nicht per se gequält worden, aber die Erzieherinnen haben durch ihre schroffe, abgeklärte und absolut uninteressierte Art keinen Zweifel daran gelassen, dass wir ein Job sind. Die Atmosphäre war abgeklärt, durchkalkuliert, kalt, raubauzig und herzlos, fast militärisch.
Und auch ich verbinde Gefühle von Eingeschüchtert Sein, Alleinsein, Angst und Ausgeliefertsein mit diesem Aufenthalt und schaue nicht gerne zurück.
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Ilona aus Seligenstadt schrieb am 07.01.2022
Ich war ca.1973 in Berchtesgaden auf dem bichlhof der hof stand ganz alleine auf einem Berg ein Swimmingpool war irgendwie mit Bäume umrandet es gab ein Pferd Ponys ein cockerspaniel und Katzen ich kann mich nur mit Freude daran erinnern.
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Claudia aus Berlin schrieb am 06.01.2022
Ich war mit meiner Schwester an der Rhön, ich meine, es war im Taunus. Es erinnere eine Tagestour zum Rhönbob und der ist in Gersfeld. Meine 2 Jahre ältere Schwester hatte ein furchtbares Heimweh und ich hatte Angst. Eines nachts flüsterten wir im großen Schlafsaal, weil sie weinte. Dann kam so eine Heimleiterin und zerrte mich aus dem Bett. Sie führte mich ohne eine Wort aus dem Saal und setze mich auf eine Holzpritsche. Sie hat mir zur Strafe den Schlaf verboten und so saß ich die ganze Nacht auf dieser Pritsche. Ich wusste, dass meine Schwester noch mehr Angst hatte. Meine Schwester versuchte sich, in wenigen Telefonaten mit meiner Mutter, geheim zu verständigen, durch Umschreibungen. Das funktionierte aber nicht wirklich. Schlimm waren wirklich die Erinnerung an den Ess-Drill. Man musste als Kind genau überlegen, wie voll der Teller sein durfte, denn man musste alles aufessen. Einmal kotzte ein Junge, weil er gezwungen wurde, den zu vollen Teller komplett zu leeren. Er musste dann das Erbrochene essen. Vorher durfte er nicht den Saal verlassen. Ich weiß noch, dass mir diese "Wärterinnen" meine Kleidung herauslegten. Meine Mutter legte uns zum Beispiel weiße Kniestrümpfe zu unseren blauen Sommerkleidern. Die Leiterin wollte, dass ich braune Kniestrümpfe zum Kleid trug. Sie mich und wohl auch meine Mutter lächerlich machen. Jedenfalls hatte Angst davor, dass ich dort nicht mehr rauskomme. Also verhielten meine Schwester und ich uns ruhig, weil wir auch Angst hatten, dass man uns trennt. Ich kann seither keine Touren oder Pilgertouren mit Freunden machen, die in diesen Pilgerhütten schlafen.
Es ist so lange her, aber diesen Scheiß vergisst man einfach nicht. Ich bin heute wütend, weil ich damals zu klein war, um mich zu wehren. Eigenartig. Naja, ich grüße alle Leidensgenossen.
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Sabrina aus Wetter schrieb am 05.01.2022
Erstmal jin ich sehr froh das es endlich alles ans Licht kommt

Ich wurde nach Samaberg mit meiner Zwillingsschwester geschickt .
Wenn es so meine erinnern wieder zeigt war es ein kinderheim laut der alten Postkarten und bilder dort drauf
Ich kann mich sehr gut erinnern das es sehr schlimm für uns war .
Ein langer Flur mit stockbetten waren dort und auf der andren Seite des langen flures waren die Toiletten
Aber wehe wir mussten auf clo kahm die nonnen und wir mußten für lange Zeit mit nackten Hintern auf der im Flur stehende Truhe sitzen.
Die Treppe hatte ein dunkles eisengelende ich vergesse die nie wegen der Angst die Nonne kommt jeden Moment wieder...
Ich wurde dort sehr krank (mums,das wurde ert zu hause behandelt den Geruch der grauen paste vergessen ich auch nicht ) aber niemand nicht mal ein artz war dort um mir zu helfen
Mein Schwester brachte mir einmal was zu essen
Es war schlimm für sie sie musste sich beilen sonst gab es Bestrafung
Sie hat oft betrafungen erfahren welche weis ich aber ich konnte sie oft nicht finden eine nonne hat sie weggeholt weil sie auf Toilette musste aber nicht durfte ,ich versuchte ihr zu helfen aber es wurde nur schlimmer
Ich erinnere mich sehr gut was ihr passiert war bis heute mache ich mir Vorwürfe selbst
Obwohl ich nichts dazu konnte
Details lasse ich aus
Ich kann mich an eine rote Brühe oder sowas erinnern und das widert mich an
Die Altersunterschied waren groß es war auch ein kleines Kind dabei vieleicht um die 3 Jahre etwa
Am Schwimmbad das direkt am Haus war mittig von dem hausausgang
Wurde mal eine Ausführung gemacht wo sich welche als Babys verkleidet hatten und sagen das,,Baby wugi Lied ,,
Meine Schwester währe fast ertrinken darin
Jedeb morgen wurden wir nackt gewogen auch von Nonnen

Warum wir dort waren ind mit wehm weiß ich nicht mehr nur Nonnen das weiß ich sehr genau
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Deutz Gerda aus Lindlar schrieb am 04.01.2022
Auch ich war 1952 oder 1953 in der Heilstätte Maria Helferin in Kaldenkirchen. Es hieß ich hätte einen Schatten auf der Lunge, später stellte sich heraus dass das garnicht stimmte. 9 Jahre war ich alt.
Wir mussten unbedingt zunehmen, wer bei der wöchentliche Gewichtskontrolle nicht zugenommen hatte durfte den einzigen Nachmittagsspaziergang nicht mitmachen und durfte nicht laufen sondern nur gehen.
Kinder neben mir im Speisesaal erbrachen in den eigenen Teller und mussten trotzdem weiteressen.
Klarer Speck ist mir bis heute ein Gräuel.
Nachmittags mussten wir 2 Stunden draußen in einem länglichen carportähnlichen Schlafsaal auf der rechten Seite ohne uns zu bewegen liegen mit einer grauen Filzdecke und das im November.
Erinnern kann ich mich auch dass einem Kind das uringetränktes Nachthemd um die Ohren geschlagen wurde weil beim Putzen die Ordensschwestern nicht gesehen hatten, dass der Nachttopf im Nachtschränkchen stand und sie diesen aufs Bett gehoben hatten.
Wer nicht brav war, musste eine Nacht auf einem eiskalten dunklen Speicher nur mit einer Filzdecke schlafen.
Ich kann bis heute niemand neben mir seinen lockeren Husten abhusten hören, ich halte mir immer noch die Ohren zu weil es mich fürchterlich ekelt. Der Grund sind diese weissen Emailletassen mit Schnappdeckel die wir wenn wir erkältet waren mitführen mussten und das abgehustete hineinspucken mussten.
Die Ordensschwestern verströmten nicht das leiseste Gefühl von Wärme sondern waren unerbittlich streng.
Meine Briefe nach Hause mit dem Flehen mich abzuholen sind nie angekommen.
Furchtbar leid taten mir die noch jüngeren Kinder die sich an mein Bein klammerten vor Angst.
Besuch durften wir haben, das ging jedoch bei mir nicht aus finanziellen Gründen.
Bis heute kann ich nicht begreifen wie man Kinder in solche Einrichtungen bringen konnte, heute wäre sowas gottseidank nicht mehr möglich.
Jetzt habe ich mir alles was mir spontan einfiel von der Seele geredet. Das hat mir nach der langen Zeit trotzdem noch gutgetan.
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Sven aus Lamstedt schrieb am 02.01.2022
Eigentlich hat mir es dort ganz gut gefallen. Ich muss aber auch sagen, dass ich damals ein sehr introvertiertes Kind war und somit wahrscheinlich sehr Pflegeleicht der nie widersprochen hat. Ich hatte nie Probleme mit Heimweh oder so.
Aber auch bei mir waren einige Vorgehensweisen meiner Meinung nach nicht OK.

Auch ich habe zum Beispiel 2 Nächte (von 8 Wochen) ohne Decke auf einem Stuhl sitzend verbringen müssen weil ich mich Nachts aufs Klo geschlichen habe und dabei "erwischt" worden bin.

Ich kann mich noch daran erinnern dass "nicht so brave!" Kinder von z.B. Ausflügen ausgeschlossen wurden.

Briefe wurden gelesen und wenn Sie es nicht positiv genug fanden, musste man es Umschreiben. (Ich war damals 11 Jahre alt, da habe ich mir darüber keine Gedanken gemacht.)

Ich muss aber auch sagen, geschlagen wurde ich nie, kann mich auch nicht erinnern das andere Kinder geschlagen wurden.

Die Leiterin (?) Hiess damals Tante Marlies
ein typischer Hausdrache und es gab noch eine Tante Gugu (?) Die war wesentlich jünger aber ganz nett. An die anderen "Erzieherin" kann ich mich nicht mehr erinnern.

Soviel erinnerungen an die Zeit habe ich leider (oder zum Glück) nicht mehr. Habe es scheinbar erfolgreich verdrängt.
Ich würde aber meine Kinder niemals in so einem Heim schicken. Ich habe meinen Entlassungsbericht von dort, in dem steht wie toll ich mich doch entwickelt habe. Ich weiß das ich nach dem Aufenthalt im Erholungsheim noch introvertierter war. Was für ein Quatsch, aber was sollen die auch sonst schreiben.

Vielleicht gibt es ja jemand der auch 1982 dort war. Kannst mich gerne kontaktieren wenn du magst. Einige Namen habe ich noch im Kopf.
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Inge Stoffers aus Kiel schrieb am 01.01.2022
Ich habe den Fernsehbericht über das Leid der Verschickungskinder gesehen und war erschüttert von den Berichten. So kam bei mir auch alles wieder hoch. Jetzt habe ich mich entschieden, meine Geschichte auch aufzuschreiben, soweit ich mich noch erinnern kann.

Im 1. Schuljahr wurde bei der Schuluntersuchung festgestellt, dass ich zu dünn sei und in eine Verschickung müsse. So kam ich im Februar/März 1962 mit 7 Jahren von Wilhelmshaven aus in das Oldenburger Kinderheim in Bad Rothenfelde. Ich erinnerte mich nicht mehr an den Namen des Heims, habe es jedoch auf den Bildern im Internet anhand des düsteren Gemäldes im Speisesaal wiedererkannt, welches sich über die eine ganze Wand entlangzog.

Kurz nach der Ankunft wurden wir versammelt, und jeder bekam eine Nummer zugewiesen, unter der wir dann später aufgerufen und auf unsere Schlafsäle verteilt wurden. Ich hatte vor lauter Aufregung meine Nummer wieder vergessen und mich bei Aufruf nicht gemeldet, woraufhin ich den ersten Anschiss bekam.
Ich erinnere mich nicht mehr, ob wir die ganze Zeit nur mit der Nummer angesprochen wurden, oder ob dies nur der Zimmerzuordnung diente.
Im Schlafsaal waren wir mindestens mit 10 Kindern. Die Kleiderschränke befanden sich außerhalb der Zimmer. Wegen meines jungen Alters durfte ich nie selber an meinen Schrank, nicht mal ein Taschentuch durfte ich mir rausholen, als ich stark erkältet war.
Mein Bett stand nahe an der Tür. Abends saß eine „Tante“ solange neben meinem Bett, bis vermutlich alle eingeschlafen waren. Wir durften uns im Bett nicht bewegen, was bei mir dazu führte, dass ich mich erst recht bewegen musste, mich jedoch nicht traute, so dass ich meist erst nach ihrem Verlassen des Zimmers einschlafen konnte.
Nachmittags mussten wir für 2 Stunden ins Bett, mussten die Augen schließen und durften uns nicht bewegen. Ich glaube, ich habe nicht ein einziges Mal schlafen können.

Ich erinnere mich an lange Spaziergänge, bei denen wir in Zweierreihen marschieren und uns an die Hand fassen mussten. Wir hatten immer denselben Partner. Die Hand des anderen Kindes durfte nicht losgelassen werden, was ich sehr unangenehm fand, weil die Hände dann immer sehr schwitzig wurden. Wir durften auch weder reden noch etwas aus der Reihe treten, sofort wurden wir angeschnauzt. Ich hatte das Pech, mit einem sehr zappeligen Mädchen laufen zu müssen, was zu häufiger Ermahnung führte. Wie ich diese Spaziergänge gehasst habe!

Die Mahlzeiten waren das Schlimmste. Es mussten immer 2 Portionen gegessen werden. Alles musste aufgegessen werden. Manches kriegte man einfach nicht runter. Einmal konnte ich nicht mehr und musste mich am Tisch übergeben. Ich fand das so furchtbar, dass ich in Tränen ausbrach. Daraufhin wurde ich in eine Toilette eingeschlossen. „Hier kannst du dich auskotzen du Heulsuse“. Ich schätzte, dass ich dort ca. 1 Stunde ausharren musste. Danach wurde ich raus geholt und in die Küche gebracht, wo ich im Stehen nochmal einen Teller voll des Essens hinein gewürgt bekam.

Einmal pro Woche wurden uns die Fingernägel geschnitten. Die schnitten so weit runter, dass man hinterher vor Schmerzen kaum noch etwas anfassen konnte. Nach einer Woche war natürlich kaum etwas nachgewachsen. Es nützte nichts, die Nägel wurden wieder bis zur Schmerzgrenze runter- geschnitten.

Auf die Toilette durften wir auch nicht gehen, wenn wir mussten, sondern wir gingen alle gemeinsam zu vorgegebenen Zeiten. Solange musste man eben einhalten.

Ich weiß nicht mehr, wie oft das war, aber ich erinnere mich, dass wir in den Kureinrichtungen von Bad Rothenfelde in ein Solebad gingen. Dort mussten wir in einer Badewanne mit Salzwasser ca. 1 Stunde sitzen, uns nicht bewegen und die Arme gerade ausgestreckt halten. Ich weiß nicht, womit sie uns gedroht haben, aber ich habe mich die ganze Zeit nicht getraut, die Arme unter Wasser zu tauchen, warum auch immer.

Einmal haben meine Eltern mir ein Paket mit Süßigkeiten und Obst geschickt. Dies wurde mir nicht ausgehändigt, sondern der Inhalt wurde verteilt. Für mich blieb nur eine braune Banane. Das war sehr enttäuschend.

Ich erinnere mich auch, dass wir ein paarmal abends mit einem eiskalten Wasserschlauch abgespritzt wurden, wobei ich nicht mehr weiß, ob das in Bad Rohenfelde war oder evtl. auf Wangerooge, wo ich später auch nochmal zur Verschickung war. An den dortigen Aufenthalt habe ich nicht so viele negative Erinnerungen. Aus dem Oldenburger Kinderheim In Bad Rothenfelde kann ich jedoch keine einzige positive Begebenheit erinnern.
Meine Mutter erzählte mir später, dass ich völlig verstört wieder zuhause angekommen sei. Ich hätte nur geweint und konnte zunächst gar nicht sprechen.
Würde heutzutage so etwas passiere, würden die Eltern sicher Alarm schlagen. Zu der Zeit wurde das anscheinend alles so hingenommen.
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Frank Neumann aus Essen schrieb am 30.12.2021
Ich war im Sommer 1971 im Kinderkurheim Haus Sonnenhang in Niedersfeld bei Winterberg untergebracht. Der Aufenthalt dort dauerte sechs Wochen. Soweit ich mich erinnere waren mit mir noch viele andere Kinder (etwa. 50) im Alter von 6 bis ca. 14 Jahren dort. Ich habe sehr gemischte Erinnerungen an die Zeit dort. Die guten Erinnerungen:
Wir waren fast jefen Tag draussen. Es wurde viel gewandert und gesungn. Auch wurde oft und viel gesungen.
Das sind aber auch schon fast alle positi en Erinnrrungen.
Wir wurden in Gruppen zu ca. 10 - 12 Kindern aufgeteilt - Jungs und Mädchen voneinander getrennt. Geleitet wurden diese Gruppen xon Fraurn, die wir "Tante" nennen mussten. Das waren durchweg sehr strenge Damen mittleren Alters. Nur meine "Tante" war noch sehr jung - schätzungsweise Anfang 20 (Frl. Michael). Sie war sehr freundlich und human im Umgang mit uns - im Gegensatz zu den anderen Gruppenleiterinnen. Irgendwann wurde ihr dann eine Helferin an die Seite gestellt - wahrscheinlich war sie zu nachsichtig und zu lasch mit uns.
Die Leitung - eine sehr gestrenge Dame im Alter von etwa 50 Jahren war von allen gefürchtet. Wir sind ihr so gut es ging aus dem Weg gegangrn.
Das Essen wurde in einem riesigen Speiseraum eingenommen. Dieses Essrn bestand zum großen Teil aus Speisen, die mir völlig unbekannt waren und die mir oft nicht schmeckten.Das half mir aber bicht - es musste aufgegessen werden.
Für viele Kunder war das sehr schlimm.
In diesem Speiseraum wurde auch nach Hause geschrieben - unter Aufsicht!!!
Wir durften nichts Negatives schreiben - das wurde kontrolliert! Jedes Wort wurde mitgelesen.
Nach dem Mittagessen mussten wir uns für zwei Stunden zum Mittagschlaf ins Bett legen.Während dieser Zeit durfte niemand aufstehen - auch nicht, um auf die Toilette zu benutzen. Im Flur saß eine dieser Tanten und überwachte das. Während des gesamten Aufenthaltes durfte ich einmal ein Telrfongespräch mit meiner Mutter führen. Natürlich wurde auch das überwacht und mitgehört.
Ich bin dort nie geschlagen worden. Auch Misshandlungen hat es - was mich betrifft nicht gegeben.
Aber ich hatte ständig großevAngst vor diesen "Tanten". Es gab auch Strafen. Ich musste z.B. wegen einer Bagatelle 150 mal den Satz schreiben, dass ich das nie wieder tun werde.
Zusammenfassend muss ich sagen,, dass sich der Erholungsfaktor, der eigentlich im Vordergrund stehen sollte, leider nicht eingestellt hat. Aufgrund der Umstände war das wohl auch kaum zu erwarten.
Zu Hause habe ich nie etwas davon erzählt. Natürlich hatte man uns eingeschärft, den Mund zu halten.
Das sind meine Erinnerungen an meinen Aufenthalt dort.
Ich war damals 11 Jahre alt.

F. Neumann
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Sindt Ingrid aus Lübtheen schrieb am 29.12.2021
Hallo, ich war vor meiner Einschulung 1958 in Bad Elster wegen „ zu dünn“ und Haltungsschwächen.
Nach meiner Erinnerung war ich aus den gleichen Gründen in der 4. Klasse nochmal, bin mir aber nicht sicher und kann meine Eltern nicht mehr fragen. Ich habe an den Aufenthalt kaum Erinnerungen, ich weiß jedoch dass wir immer aufessen mussten, sehr viel Gymnastik gemacht haben, auch mit Zwang ( ich war immer unsportlich) . In Erinnerung ist mir , dass ich erst verspätet eingeschult wurde, wahrscheinlich wegen Krankheit. Ich erinnere mich auch, dass ich während eines Aufenthaltes Windpocken hatte und deshalb allein in einem Zimmer war, und das bei einem kleinen Kind. Ich erinnere mich noch, dass ich anfangs riesiges Heimweh hatte und sehr viel geweint habe. Woran sich meine 2 Jahre jüngere Schwester erinnert sind Gebete , die ich ständig nach der Rückkehr gesprochen habe. Das hat meine Mutter auch meiner 12 Jahre jüngeren Schwester erzählt , es muss sie sehr belastet haben. Sie sagte , wir mussten sie ja hinschicken, weil die so dünn war. Ich habe mit meiner Mutter über dieses Thema kaum gesprochen.
Ich bin jetzt Rentner und man versucht sich mit seiner Vergangenheit zu beschäftigen. Und da beginnt mein Problem. Ich habe nicht nur sehr wenige Erinnerungen an den/die Kuraufenthalte sondern an meine gesamte Vergangenheit einschließlich Ausbildung, Studium und dem Aufwachsen meiner Kinder. Wenn ich Verwandten, Freunden über diese Zeiten spreche, merke ich immer wieder, was ich alles nicht weiß. Das empfinde ich allmählich als sehr belastend. Ich frage mich, ob meine Erinnerungslücken diesem Kuraufenthalt geschuldet sind und würde gern erfahren, ob andere ähnliche Beschwerden/Erfahrungen haben.
Ich würde mich gern mit anderen austauschen.
Ingrid
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Ulrike Schmitz aus Euskirchen schrieb am 29.12.2021
Ich war damals 9 Jahre alt, kränklich, schwach und unterernährt und sensibel. Meine Eltern glaubten, mir mit dieser Kur etwas Gutes zu tun. An den Namen des Kurhauses kann ich mich nicht mehr erinnern. Das Ergebnis nach diesem Aufenthalt war, dass ich psychisch und körperlich noch schlechter dran war, als vorher; die Erlebnisse waren für eine Kinderseele entsetzlich; bin jetzt 68 Jahre alt und zur Zeit wieder in Therapie wegen PTBS mit Angst und Panikattacken. Durch meine ständigen , von Kind an beginnenden körperlichen Krankheiten und vielen Krankenhausaufenthalten und schließlich dieser Verschickungskur, bin ich dauerhaft psychisch krank geworden. War auch noch in der Kur akut krank geworden und bekam schmerzhafte Spritzen...........auf weitere Quälereien möchte ich nicht eingehen; vieles weiß ich nur noch verschwommen. Ich wünsche allen anderen hier, die in solchen Heimen Qual erlebt haben, alles alles Liebe und ein gutes Jahr 2022.
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Kalkstein aus Hildesheim schrieb am 29.12.2021
Hallo, wir Zwillinge sind 1988 geboren.Meine Schwester meint,dass wir vor der Einschulung auf ,,Kur” waren. Obwohl wie viel später geboren sind als andere hier,haben ähnliche Erfahrungen erlebt.wie kann das sein?
Damals waren wir unterernährt und blass.
Im Kurheim mussten wir uns jeden morgen mit Unterwäsche anstellen.Uns wurde jeden Morgen in den Finger gestochen und wir mussten uns auf die Waage stellen. Dort haben wir auch eine Lichttherapie bekommen und waren regelmäßig im Solebad baden. Es war wichtig die Mahlzeiten ordentlich zu essen! Wir haben in einem Schlafsaal mit Trennwänden geschlafen.Toilettengänge waren nachts verboten. Beim einnässen gab es Ärger.Für uns war es kein schöner Aufenthalt.
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Gerlinde schrieb am 29.12.2021
Ich war als 8-Jährige in Bad Münster am Stein (Kinderkurheim St. Antonius).
Zunächst hatte ich mich auf den Aufenthalt gefreut, es wurden jedoch die schlimmsten 6 Wochen meiner Kindheit.
Bei jedem Mittagessen wurde ich gezwungen alles aufzuessen, oft auch in der Form, dass eine der Betreuerinnen sich neben mich setzte und mir den gut gefüllten Löffel immer wieder in den Mund schob. Jeden Tag musste ich mich deshalb übergeben, manchmal auch das mit dem restlichen Essen vermischte Erbrochene noch einmal essen.
Abwertende Behandlung, Ausgrenzung, Heimweh und Tränen bestimmten diese Wochen.
Kontakt zu meiner Familie gab es nur in der Form, dass wir von einer Tafel vorformulierte Texte abschreiben mussten, die meine Eltern glauben ließen, dass es mir dort gefiel und ich mich wohl fühlte.
Das Verhalten der Betreuerinnen (ausnahmslos junge Frauen) war an Lieblosigkeit und Gleichgültigkeit kaum zu überbieten.
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Katrin schrieb am 28.12.2021
Ich war ca 1980 mit 3 Jahren in Bad Salzungen und 1983 in Luisenthal bei Suhl. Meine PTBS wurde so gravierend, dass ich nun diese Teile meines Lebens aufarbeiten muss. War jemand ebenfalls an diesen Orten? Würde gerne in einem Austausch gehen.
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Ingrid aus Olfen schrieb am 27.12.2021
Norderney: Ende 1968 oder Anfang 1969 Alter: 5 Jahre
Amrum (Wittdün): November/Dezember 1971 Alter: (gerade) 8 Jahre

Im Alter von 5 und 8 Jahren wurde ich jeweils für 6 Wochen wegen Bronchitis zur "Kur" an die Nordsee geschickt. Das Wort "Verschickung" ist bei uns nie gefallen. Meine Mutter hatte die Angewohnheit, alles freundlich zu umschreiben. Wenn es bei uns beispielsweise Kaninchenbraten (mein Vater züchtete Kaninchen) gab wurde uns gesagt, es sei Hähnchen. Wir Kinder sollten nicht merken, dass die niedlichen Tiere aus dem Kaninchenstall auf unseren Tellern landeten...... Ansonsten war mein Elternhaus liebevoll, der Vater verdiente den Lebensunterhalt und die Mutter kümmerte sich um Kinder, Haus und Garten. Die klassische Rollenverteilung zu dieser Zeit. An den Wochenenden haben meine Eltern viel mit uns unternommen. Wir wohnen ländlich und ich würde mein Elternhaus durchaus als liebevoll bezeichnen.
An den Aufenthalt auf Norderney kann ich mich so gut wie gar nicht erinnern. Meine Mutter ist verstorben, die kann ich nicht mehr fragen. Als ich meinen 87jährigen Vater kürzlich fragte, ob er sich erinnere, meinte er: "da hattest du doch Krieg mit den Nonnen". Heißt, es muss etwas vorgefallen sein, woran ich mich nicht erinnern kann. Genaueres hätte eventuell meine Mutter gewusst. Leider wurde in all den Jahren dieses Thema, wie bei so vielen anderen auch, nicht angesprochen. Ich selbst hatte die Erfahrungen größtenteils verdrängt, bin jedoch im Besitz eines Gruppenfotos, auf dem hinten sämtliche Namen meiner Gruppe vermerkt sind, auch die von den Gruppenfräuleins: Fräulein Anita und Fräulein Regine, die ebenfalls auf dem Foto zu sehen sind.
Durch einen Artikel im Internet auf diese Seite aufmerksam geworden beschäftige ich mich momenten sehr intensiv mit dem Thema. Tatsächlich ist mir von dem Aufenthalt auf Amrum noch einiges in Erinnerung, nach und nach kommt immer mehr dazu. Ich erinnere mich an:
die Vorabuntersuchung beim Vertrauensarzt der Krankenkasse
das Einnähen der Namensetiketten in Kleidung etc.
die Zugfahrt mit einer Begleitperson,
den Schlafsaal,
Mittagsschlaf mit absoluter Ruhe, sonst Strafe,
Erniedrigung und Bestrafung von Bettnässern,
Essenszwang,
das Aufteilen eines erhaltenen Nikolauspäckchens,
zensierte Post,
Bestrafungen durch Isolation,
die insgesamt sehr kalte Atmosphäre, aber leider an nichts Schönes.
Meine Mutter meinte einmal, andere Kinder hätten meine Kleidung getragen (vielleicht habe ich das aber auch nur behauptet, um beispielsweise stark verdreckte Unterwäsche zu erklären).
Es gab eine junge Praktikantin, die sehr nett zu uns war, wenn es die Heimleitung nicht mitbekam. Sie ging mit uns zu einem Krabbenkutter, wir haben Krabben gepuhlt und diese gegessen. In meinem ganzen Leben habe ich keine Schalentiere und Meeresfrüchte mehr gegessen, ob ein Zusammenhang besteht weiß ich nicht, könnte es mir aber durchaus vorstellen.
Die schlimmste Erfahrung war jedoch folgende: die Leiterin hatte der Praktikantin hinter dem Rücken einen Vogel (vielleicht auch Scheibenwischer) gezeigt und ich hatte das gesehen. Da ich die Praktikantin angehimmelt habe, habe ich es ihr erzählt, also sozusagen "gepetzt". Kurze Zeit später mussten wir uns alle im großen Saal im Kreis aufstellen und die Leiterin wollte wissen, wer zu der Praktikantin gesagt hätte, sie habe ihr einen Vogel (o.ä.) gezeigt. Aus Angst vor Bestrafung habe ich mich nicht gemeldet. Natürlich wusste die Leiterin, wer es gewesen war, und ließ mich vortreten. Vor allen anderen wurde ich beschimpft und gedemütigt, als Lügnerin bezeichnet. Danach wurde ich für mehrere Stunden in eine kleine dunkle Kammer gesperrt. Es war einfach nur grausam. Trotzdem habe ich mich völlig verheult in die Arme der Praktikantin geworfen, als diese mich endlich befreite. Ich habe die Zusammenhänge nicht verstanden und sie weiterhin angehimmelt, obwohl ja eigentlich sie mich verraten haben musste...... Vermutlich war das so eine Art Schutzfunktion meines Gehirns, da ich sonst völlig ohne Bezugsperson gewesen wäre.
Seitdem bin ich als Kind nur ungern von Zuhause weggefahren, einige Tage bei Verwandten war okay, Urlaube mit den Eltern ebenfalls, Klassenfahrten trat ich mit ungutem Gefühl an, Ferienlager o.ä. kam für mich gar nicht in Frage. Ich habe ein extrem ausgeprägtes Bedürfnis nach Harmonie und große Probleme, mich auf fremde Personen und Situationen einzulassen, bin oft unsicher und versuche, dieses möglichst zu überspielen. Weiterhin habe ich Zeit meines Lebens mit Übergewicht zu kämpfen, mal ab- und dann aber auch wieder zugenommen........... Für meine Eltern war ich auch nie so perfekt wie meine kleine Schwester (die nicht zur Kur musste), bin immer angeeckt und habe vieles nicht recht gemacht.
Mein verstorbener Mann war als kleiner Junge ebenfalls verschickt an die Nordsee, er konnte sich nicht erinnern, weil er zu klein war. Er litt Zeit seines Lebens an Angstzuständen, traute sich als Kind nicht alleine in den Keller und hatte als Erwachsener noch extreme Platz- und Höhenangst. Die Ursachen hierfür wurden leider nie erforscht.
Bereits als Jugendliche, bevor ich selbst Kinder hatte, habe ich immer gesagt, dass ich niemals ein Kind alleine zur "Kur" schicken würde, was ich dann auch nicht getan habe.
Froh, dass dieses Thema endlich öffentlich gemacht wurde, danke ich ganz herzlich für die Möglichkeit der Erinnerung und Aufarbeitung und wünsche allen die nötige Kraft. Wie so viele andere habe ich lange an Einzelschicksale geglaubt und hätte nicht gedacht, welches Ausmaß das alles hat.
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Joachim Siller aus Schwäbisch Gmünd schrieb am 25.12.2021
Hallo, ich wurde 1975/76 vom Bahnhof in Schwäbisch Gmünd in ein Verschickungsheim irgendwo in die Berge ,ländliche Umgebung verschickt. Vielleicht ist ja auch jemand aus Schwäbisch Gmünd, Aalen, Göppingen , Schorndorf oder Umgebung dort hin verschickt worden, oder kennt jemand der da war oder sogar einen Ort oder eine Adresse hat. Vielen Dank.
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Katrin Sperrle aus Krefeld schrieb am 25.12.2021
Ich bin von Berlin aus nach Glücksburg verschickt worden. Mit meinem Cousin. Ich glaube ich war so 5 oder 6 Jahre. Ich kann mich nicht mehr an viel erinnern. Aber ich musst auch in einem Gitterbett schlafen.
Ich weiß noch , das ich mal die halbe Nacht auf der Toilette verbracht habe, weil ich seit ein paar Tagen kein „Groß „ gemacht habe.
Meinen Cousin haben sie auch nach ein paar Tagen nach Hause geschickt, weil er wohl frech war.
Ich habe lange überlegt, ob ich hier schreiben soll. Ich kann mich ja nicht mehr so viel erinnern. Aber ich hab viele Sachen gelesen und einiges kam wieder hoch.
Meine Mutter war mit drei Kindern alleinerziehend. Ich war die jüngste. Ich weiß nur noch das ich mich sehr einsam und alleine gefühlt habe. Mit meiner Mutter kann ich darüber nicht reden. Sie hat es ja nur gut gemeint. Ich mache ihr auch keine Vorwürfe.
Aber ich würde gerne wissen, wieso ich so bin wie ich bin
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Peter schrieb am 23.12.2021
Ich war im Alter von 4 Jahren in einem Kindererholungsheim auf Juist. Ich habe nur noch wage Bilder im Kopf, riesige Schlafsäle, Essenszwang, Zwang sich nackt zu Waschen. Höhensonne nackt in einem eiskalten Raum. Strenge und Psychoterror.
Meine gesamte Schulzeit hatte ich Angst vor Gewalt und Autoritäten, konnte mich nicht wehren. Ich habe das Thema nie aufarbeiten können, zu unkonkret sind meine Erinnerungen.
Selbst nach 60 Jahren kommen mir noch Bilder aus dieser Zeit hoch. Es war so schlimm, dass diese alten Wunden immer noch nicht verheilt sind.
Ich finde es gut und wichtig, dass dieses Thema endlich in die Öffentlichkeit gebracht wird.
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Silvia Janze aus Petershagen schrieb am 22.12.2021
Silvia Janze

Auch ich habe mich entschieden, nachdem ich die Sendung im NDR am 27.10.2021 mit Anja Röhl, gesehen habe und auch in der örtlichen Presse Berichte über Verschickungskinder in den 70er Jahren gelesen habe, mein Erlebnis (Geschichte) zu veröffentlichen.
Im Sommer (Sommerferien) 1970 wurden meine Schwester Martina, 7 Jahre und ich, Silvia 9 Jahre, vom Träger Preußen Elektra/Kraftwerk Heyden für 6 Wochen nach Kinderheim “Wenzelhof”, Westmarken 41, St. Peter-Ording geschickt. Meine Schwester hat nur sehr verblasste Erinnerungen an diese schreckliche Zeit.
Wir wurden am Bahnhof Minden/Westf. von Nonnen in Empfang genommen und unsere Reise begann tränenreich.
Am Kinderheim angekommen mussten sich alle Kinder bis auf die Unterhose ausziehen und die im Koffer mitgebrachte Kleidung wurde uns abgenommen und haben diese auch die ganzen 6 Wochen nicht wiedergesehen. In wirklich ekeliger Erinnerung ist mir geblieben, dass ich mir gleich am ersten Tag die Unterhose beim Spielen beschmutzt habe, diese aber in der gesamten Zeit nicht wechseln durfte. War nur eklig.
Auf der Rückfahrt nach Hause durften wir dann wieder Kleidung anziehen.
Das eigentliche Trauma, was mich bis heute begleitet ist aber Folgendes:
gleich im Anfang der Kurzzeit bekam ich die Windpocken und wurde
wegen der Ansteckungsgefahr 14 Tage von allen Kindern und Betreuern
isoliert. Ich wurde in ein kleines Zimmer (ein Bett, Waschbecken, Kleiderschrank, kleines Fenster, keine Toilette), welches ich heute noch vor mir sehe, gebracht und mir wurde strikt unter Strafe
verboten, dieses zu verlassen. Aus dem Fenster konnte ich den anderen Kindern beim Spielen zuschauen und ab und an kam eine der Betreuerinnen in mein Zimmer, um nach mir zu schauen. Irgendwann in diesen 14 Tagen, wollte ich meine immer noch verdreckte Unterhose
gegen eine neue tauschen und bin aus dem Zimmer zu den Schlafräumen im Dachgeschoss geschlichen. Prompt wurde ich von einer Betreuerin erwischt und habe ordentlich Prügel bezogen, die Unterhose durfte ich immer noch nicht wechseln. Sofort wurde ich wieder in meine Isolation gebracht und die Zimmertür hinter mir verschlossen. Übrigens, meine Eltern wussten davon und haben nichts dagegen unternommen.
Seit dieser Zeit bin ich traumatisiert was Krankenhäuser und REHA Einrichtungen betrifft.
Ich kann mich dort nur einen sehr kurzen Zeitraum aufhalten oder aber verweigerte mich diese zu betreten. Da ich aus gesundheitlichen Gründen, vermehrt stationäre Behandlungen gehabt habe und noch habe, gerate ich dort sehr schnell in Panik und versuche so schnell wie möglich diese auf eigene Verantwortung zu verlassen. REHA Einrichtungen trete ich ausschließlich nur ambulant an.-
Zum Essen im Kinderheim ist mir lediglich in Erinnerung, dass es morgens immer den gleichen Haferbrei gab, der komplett aufgegessen werden musste.
Als dann endlich die 6 Wochen vorüber waren und wir endlich nach Hause durften, natürlich hatten wir ordentlich zugenommen, was ja das Ziel dieses Aufenthaltes war, kam die zweite große Enttäuschung. Unsere Mutter beschimpfte uns, warum wir alle Kleidungsstücke ungebraucht wieder mit nach Hause brachten, wo sie doch in mühevoller Arbeit alle mit Namen versehen hatte.
Als wir ihr erzählten, dass wir die Kleidung nicht anziehen durften, glaubte sie uns nicht, was mich sehr enttäuschte. Und auch nicht, dass ich 14 Tage eingesperrt war.
Die Bindung zu meinen Eltern leidet bis heute, ich kann ihnen nicht verzeihen.
In meinen Unterlagen (Briefe) habe ich Namen herausgefunden, die mit mir zur gleichen Zeit in St. Peter Ording waren.


Namen: Heike Emrich
Elke, Sabina, Heidi, Christel, Marion, Gelinde Es wäre schön, wenn sich diese Personen erinnern können, und evtl. Kontakt entstehen könnte. Sommerferien NRW 1970).
Jetzt bin ich etwas erleichtert, meine Geschichte, die mich bis heute negativ begleitet öffentlich machen zu können. Ich kann nur hoffen, dass Kindern so etwas nie wieder angetan wird.
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M. schrieb am 21.12.2021
Hallo, das Thema treibt mich seit Jahrzehnten um, allerdings glaubte ich bis vor kurzem, nur einfach Pech gehabt zu haben.
Meine Mutter wich Fragen immer aus, bis sie im Jahr 2006 Farbkopien zweier Ansichtsbilder mit folgenden Zeilen schickte: "Dies ist die Asthma-Klinik in Scheidegg/Allgäu 1964. Knapp 4 Jahre ist M. alt, sie mußte 6 Wochen dort bleiben. Doch genutzt hat es nichts. Sie wollte weder essen noch spielen, die Nonnen ignorierten sie deswegen. Ganz apathisch holte ich sie von dort wieder ab. Ein ganzes Jahr dauerte es, bis M. überwunden hatte, was wir ahnungslos mit ihr gemacht hatten. Der nächste schlimme Anfall ..."
Eben erst fällt mir auf, welch spezielle Bedeutung die später oft wiederholte väterliche Drohung für mich hatte: „Wenn … dann stecken wir dich ins Heim!“
Meine Erinnerungsbruchstücke:
Niederdrückende Stimmung, dunkle Räume, die riesigen Flügelhauben der Nonnen, oft wird jemand geschlagen und weint ...
Fremde Kinder reißen meiner Puppe Arme, Beine und Kopf ab, werfen die Teile ins Klo; eine Nonne beschuldigt mich, das selbst gewesen zu sein, und schlägt zu ... (Ich wollte und besaß nie wieder eine Puppe.)
Die Kinder müssen in zwei Reihen vor einem Kreuz stehen und beten, eine Reihe mit gefalteten Händen, eine Reihe mit verschränkten Fingern; da ich das von zu Hause nicht kenne, stehe ich mal in jener Reihe, mal in der anderen und mache es mal so, mal so: das gibt richtig Prügel!
Sehe den Kindern aus weiter Ferne beim Spielen zu: "Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann ..."
Schleiche allein durch das gewaltige, düstere Treppenhaus ...
Ich sollte abgeholt werden, aber es kommt niemand, es folgt eine ewig lange, eiskalte Nacht in der Badewanne in einem verschlossenen Badezimmer ohne geringste Lichtzufuhr ...
Anders als auf den frühlingshaften Ansichtsbildern habe ich Dunkelheit in Erinnerung, es herrschte ein Angstregiment, es gab keinen Zusammenhalt zwischen den Kindern.
Heute bin ich 61, chronisch soziophob und chronisch depressiv.
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Petra schrieb am 20.12.2021
Tatsächlich habe ich lange überlegt, ob ich meine bruchstückhaften Erinnerungen hier teilen soll: Ich hielt diese Episode meines Lebens für mein Einzelschicksal, das ich halt, als ich es konnte, bearbeitet habe. Es hat etwas gedauert zu begreifen, dass ich diese einschneidenden und prägenden Erfahrungen aus einer Zeit von vor über 50 Jahren mit anderen, mit euch, teile. Die Vereinzelung, wir waren ja Kinder, die sich damals nicht mitteilen oder vernetzen konnten, endet durch diese Art des Öffentlichmachens, zusätzlich öffnet sich eine gesamtgesellschaftliche und politische Dimension, an die ich noch nie gedacht habe.
Beim weiteren Nachdenken kam mir auch der Gedanke, bestimmte Strukturen aus einer schrecklichen Zeit können in verschiedenen Institutionen unbemerkt weiterbestehen, oft auch, weil es noch keine neuen gibt. So wird dann einer nachkommenden Generation etwas in ihr Leben mitgegeben, was eigentlich überholt ist (sein sollte) und was ja etwas mit uns Menschen und unserem weiteren Leben macht, gemacht hat. Es ist mir wichtig, dafür ein Bewusstsein zu schaffen.
Deshalb also erzähle ich:
Ich war vier Jahre alt, als meine Mutter mir eine Kur beim hiesigen Gesundheitsamt "besorgte". Es wurden Vorbereitungen getroffen, wie kleine Etiketten mit Zahlen zu versehen und in die Kleidung und sogar in meine Brille zu kleben, damit später alles mir zugeordnet werden konnte. Als ich begriff, dass eine Kur bedeutete längere Zeit von der Familie getrennt zu sein, bat ich meine Mutter NICHT fahren zu müssen. Ich erinnere mich deutlich, wie sie mir erklärte, es wäre gut für mich, weil ich Keuchhusten hätte. (Das glaubte ich vierzig Jahre lang, bis ich auf Nachfrage von meiner Mutter zu hören bekam: "Du hattest doch keinen Keuchhusten!" Ich wurde also aus einem mir unbekannten Grund verschickt.) An die Eisenbahnfahrt mit einer der Tanten und weiteren Kindern erinnere ich mich vage, Auch die Ankunft im Heim in Bad Sooden-Allendorf ist eher undeutlich und ich kenne den Namen des Heims auch nicht. Meine Erinnerungssplitter von dort sehen so aus:
Ein Mädchen sitzt beim Essen vor einem Vanillepudding und hat Nasenbluten. Ein Tropfen fällt genau auf den Pudding und sieht aus, wie eine rote Kirsche. Es riecht nach Gulasch. Die Wände sind weiß.
Wir sind in einem Mehrbettzimmer untergebracht. Im meinem Bett liegt eine Art Leder, als Schutz für das Bett falls ich einnässen sollte, was ich tat. Ein Mädchen hat dieselbe Brille wie ich. Wenn sie ihre nicht findet, nimmt sie meine. Ich hole sie mir zurück und erkläre ihr, dass ja meine Nummer innen am Nasenbügel klebt. Sie versteht das aber nicht, weshalb ich die Brille öfter bei ihr einfordern muss, was mich sehr verzweifeln lässt. Wir gehen viel im Wald spazieren, ich habe ein "Hänsel-und-Gretel"-Gefühl. Auf einem Spielplatz gibt es ein Spielgerät, an das man sich hängen und drehen kann, es sieht aus, wie ein Fliegenpilz. Wir sitzen in riesigen Holzbottichen beim Baden, es schwimmt ein Köddel an der Oberfläche. Es riecht nach süßlicher Kinder-Zahnpasta. Ich bekomme Windpocken und muss zwei Wochen länger auf Kur bleiben. Ich werde in Quarantäne zu den Nonnen in einem Nebenhaus gesteckt und liege später mit mehreren älteren Jungen in einem Zimmer. Wir hören jeden Tag Lieder von Heintje. Es strengt mich mit Fieber alles sehr an. Mein fünfter Geburtstag fällt in diese Zeit – es muss also Sommer 1967 gewesen sein. Eine Glückwunschkarte meiner Eltern steht auf dem Nachttisch, die Süßigkeiten aus ihrem Päckchen werden geteilt. Ich finde das ungerecht. Eine Nonne wäscht mir die Haare, ich sitze in einer Wanne. Die Nonne wäscht mich, weil ich endlich nach Hause darf. Bei der Ankunft an meinem Heimatbahnhof erlebe ich eine große Ernüchterung: Ich hatte mir meine Rückkehr in meiner Sehnsucht in schillernden Farben ausgemalt, ein warmes Willkommen und das Gefühl wieder geborgen zu sein, bleiben aber aus. Wir gehen durch die Bahnhofsunterführung, wo sich eine große Pfütze gesammelt hat. Und ich denke, das sind all die Tränen, die wir nicht weinen können … Meine Mutter erzählte, ich wäre sehr verschlossen und seit der Kur ihr gegenüber ablehnend gewesen. Mein eigenes Gefühl war, nicht mehr wirklich in die Familie zurückfinden zu können, seither einen Außenblick auf sie zu haben und ein Außenleben zu führen. Diese Abseits-Stellung hat mich später wiederum vor vielen anderen Dingen in der Familie bewahrt.
Da ich vor der Kur mehrere hochtraumatische Erlebnisse mit Ärzten und bei Operationen hatte, habe ich klaustrophobische Attacken in engen Räumen, das Gefühl von Gefangenschaft, sobald ich in fremden Wohnungen schlafe, immer dorthin verortet, Anders Alpträume in denen Nonnen eine Rolle spielen …
Diese und weitere Erfahrungen haben im meinem Erwachsenenleben zu einem Interesse daran geführt, wie Traumata sich körperlich auswirken, im Körper gespeichert werden und der Körper aus diesem Grund oft nicht "ganz bewohnt" wird. Mir hat – nach langem Suchen und ausprobieren – Atemarbeit sehr geholfen wieder leiblich zu werden und ich habe mich zur Atemlehrerin ausbilden lassen.
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Michael aus Düsseldorf schrieb am 20.12.2021
Ich wurde im Alter von ca. 7 Jahren zusammen mit einer Schulfreundin zur "Kur" in ein Heim nach Berchtesgaden geschickt. An das Heim selbst kann ich mich kaum noch erinnern, nur nach an relativ vieol dunkles Holz, einen Schlafsaal und den großen Esssaal. Es gab Esszwang und wer nicht aufaß musste so lange alleine vor seinem Teller ausharren bis er das Essen heruntergewürgt hatte. Meine Mutter schreib mir täglich eine Postkarte oder einen Brief. Die Post wurde mir häufig vorenthalten. Wenn ich zurückschrieb wurde dies auch kontrolliert. Ein Päckchen mit Süssigkeiten wurde mir bis auf einen Schokoriegel vorenthalten. Als ich mich eines Nachts erbrach wurde ich in dem Erbrochenen liegengelassen und musste es selbst wegmachen. Die Schwestern waren alle sehr streng, unfreundlich und hart. Es gab eine nette Schwester die den Kindern auch mal half und liebevoll mit ihnen umging wenn die anderen Schwestern nicht dabei waren. Sie hieß Rita. An mehr kann ich mich nicht erinnern. Es wäre toll, wenn sich weitere Betroffene aus dem Heim finden würden, die evtl. zur gleichen Zeit dort waren und sich eventuell auch an Schwester Rita erinnern.
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Gabi E schrieb am 20.12.2021
Ich war für 6 Wochen im Sept/Okt 1962 im Erholungsheim Dr. Ewald in Wüstensachsen/Röhn. Unsere Krankenkasse war die Barmer Ersatzkasse BEK. Eigentlich mußte ich nur dort hin, weil meine Mutter für 4 Wochen zur Kur kam und mein Vater arbeitete und nicht einen Erstklässler versorgen konnte. Daß ich zu dünn war, wurde als offizieller Grund genannt.
Das Essen war unheimlich viel: 1 Teller Suppe und 2 Teller Hauptgericht am Mittag. Das war natürlich viel zu viel und so erbrach ich Vieles, mußte aber alles aufessen und so lange am Tisch sitzen bleiben, bis der Teller leer war. Das Erbrochene mußte ich selber aus meiner Kleidung waschen, was mir mit dem kalten Wasser wohl nicht gut gelang, denn mein Koffer stank noch sehr danach, wie mir meine Mutter später erzählte. Gut schmeckte mir das Bircher Müsli und der Zwiebel-Quark, schrecklich war die Schokoladen Suppe und die Buttermilch, die es nachmittags im Garten gab. Einmal wagte ich es, die Tasse mit Buttermilch in den Bach zu kippen und kam mir ganz großartig vor, daß es keiner gemerkt hatte.
Mr. King, ein Engländer, der eigentlich für die Jungen zuständig war, kam immer wieder zu uns Mädchen und drohte, wir müßten zu den Jungen auf die Etage zum Schlafen, wenn wir nicht mucksmäuschenstill blieben. Das hat mir große Angst gemacht und ich überlegte mir, wie ich mich wehren könnte, wenn ich geholt würde. Einmal war es so weit und ich schrie aus Leibeskräften, so daß ich in meinem Zimmer bei den anderen Mädchen bleiben durfte.
Ich meine auch, daß wir im Waschraum mit einem Schlauch kalt abgespritzt wurden, was für ein dünnes Kind nicht gerade schön ist.
Zu meinem 7. Geburtstag kam ein Päckchen von meinen Eltern, aus dem mir nur Einzelnes zugeteilt wurde. Ob ich alles bekommen habe, weiß ich nicht. Einmal in der Woche wurde nach Hause geschrieben, nicht immer gefiel dem Personal was ich schrieb und so mußte ich mehrfach neu schreiben. Trotzdem kamen meine Briefe mit Anmerkungen vom Personal an, wie meine Mutter später erzählte. Es wurden viele größere Spaziergänge gemacht, die mir Freude machten, da ich eine Freundin in der Zeit gewonnen hatte mit der ich Spaß hatte.
Weitere Erinnerungen habe ich nicht an diese Zeit. Ich weiß nicht, ob mich diese Zeit geprägt hat, aber vielleicht bin ich dadurch aufmüpfig geworden und lasse mir nicht alles gefallen.
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Tanja aus München schrieb am 19.12.2021
Ich war im Jahr 1972 oder 1973 für 6 Wochen im Winter im Kinderkurheim Lorenzen. Ich war 6 oder 7 Jahre alt. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, allerdings wirklich nur positiv. Die Anreise war lang, aber auch von sehr netten Betreuerinnen begleitet (ich weiß nicht mehr, ob das auch die selben Damen waren, die dann im Kurhaus für uns da waren). Wir hatten sehr nette und lustige "Tanten" (Namen weiß ich nicht mehr), die größeren Mädchen, die auch in der Kur waren, haben uns keinere Kinder auch verwöhnt und ich habe mich sehr wohl gefühlt. Wir hatten sehr gutes Essen. Ich war eine schlechte Esserin (Kurgrund) und habe dort zum ersten mal wirklich sehr gerne und ausreichend gegessen. Man durfte immer nachnehmen, ich habe nie hungern müssen dort. Wir wurden nicht zum Essen gezwungen und ich kann mich auch nicht erinnern, dass ein anderes Kind in meiner Gegenwart, wie auch immer, misshandelt wurde. Der Umgangston war sehr freundlich und lieb. Ein paar mal hatte ich Heimweh, dann durfte ich auch daheim anrufen und wir durften auch telefonieren, wenn die Eltern/ Großeltern uns angerufen hatten. Wenn Post von daheim kam wurde sie den Kleineren vorgelesen und wenn wir nach Hause schreiben wollten, hat man uns dabei geholfen, denn es waren viele Erst- und Zweitklässler dabei. Ich habe noch meine Briefe und Karten, die allesamt sehr froh klingen. Die Zimmer waren hübsch. Das Wasser zum Waschen und duschen war zwar kalt, aber wir hatten Spaß und lachten, wenn wir uns duschten. Niemand wurde zwangsweise unter kaltes Wasser gehalten. Es sollte wohl der Abhärtung dienen, kalt zu duschen, also das wäre vielleicht das einzige, wo ich sagen könnte, es könnte in Richtung Misshandlung gehen, aber wie gesagt, eigentlich war es eine lustige Stimmung im Bad. Mein Taschengeld durfte ich ausgeben. Ich weiß zwar nicht mehr, was ich gekauft hatte, aber ich weiß sicher, dass wir alle zusammen beim "shoppen" waren, in den Läden und am Markt in St. Peter Ording. Als nach 6 Wochen die Kur zu Ende war, war ich wehmütig, weil ich mich dort so wohl gefühlt hatte. Natürlich freute ich mich auch auf zu Hause. Auch heute noch denke ich gerne an die Zeit dort zurück, an die tollen Ausflüge ans Meer, durch Wälder und den Ort. Also, zumindest zu dieser Zeit war das Haus Lorenzen spitze! Es tut mir für alle Kinder, die vor oder nach mir dort waren leid, die evtl. auch dort schlimme Erfahrungen machen mussten. Ich bin sehr froh darüber, dass es mir dort sehr gut erging, denn ich war ein sehr unsicheres und schüchternes Kind. Eine schlechte Behandlung wäre für mich bestimmt sehr schlimm gewesen.
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Jo aus Schwäbisch Gmünd schrieb am 19.12.2021
Ich wurde 1975 oder 1976 vom Bahnhof in Schwäbisch Gmünd mit einem Bus, in ein Heim verschickt .Denke das die fahrt nach Berchtesgadener Land ging. Wahrscheinlich damals über die Arbeiterwohlfahrt. In meiner Erinnerung war das Haus alleine auf einer Wiese gestanden sehr ländlich. Abends hatten wir mal um ein Feuer herum gesessen und das Lied gesungen :Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad. Vielleicht ist ja auch jemand von Schwäbisch Gmünd oder Umgebung mit dem Bus in ein Heim verschickt worden. Hoffe es findet sich jemand der mehr über den Aufenthalt oder das Haus berichten kann. Vielen Dank
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Michael Di aus Fulda schrieb am 19.12.2021
Meine Erfahrung mit Karlshafens Kuraufenthalt 1961/62. Da war ich 6 Jahre alt.

Ich sollte unbedingt zur Kur so hatte es meine Mutter gewünscht, denn ich war nach ihrer Meinung einfach zu dünn und wog nicht viel für mein Alter. Was man mir oben reinstopfte blieb einfach nicht in den Hosen drin, wie man so sagte. Da meine Mutters Eltern damals damit gute Erfahrungen gesammelt hatten an solch einer Aufpeppelkur, tat man sich’s einfach und fragte nach wo denn in der Nähe von Sontra ein solche wäre. Karlshafen wurde so für mich 4 Wochen die Hölle auf Erden. Es sollten ursprünglich 6 Wochen werden, die dann aber wegen meines Naturells sehr Fettes Fleisch auszubrechen. Dabei stromerte ich zu Hause den ganzen Tag im Wald herum. Hatte einen mächtigen Hunger aber es nutzte nix. Die Kalorien die ich oben rein stopfte blieben nicht bei mir. Also, wurde hier nachgeholfen, auch weil es der damalige Arzt so betrachtete denke ich. 4 Wochen Erbsensuppe mit Speckzulage. Fettes Essen was es an Masse scheinbar jeden Tag in Karlshafen gab. Ich konnte diese Erbsensuppe schon von weitem riechen. Selbst draußen auf dem Exerzierplatz vor dem wir immer antreten mußten vor dem weißen großen Haus. Ich ekelte mich einfach zu sehr an der Schwabbelmasse, am Speck, an dem man noch hin und wieder die Haare zählen konnte. Einfach nur ekelhaft! Zum Frühstück schon Leberwurst zum Abwinken und dann immer und immer wieder diese erbärmliche Erbsensuppe, die ich massig wieder rausbrach sobald ich nur ein wenig von aß. Irgendwann ging dann gar nix mehr. Ich kotzte mich fast zu tode. Den Flur zur Toilette war voll vom Gebrochenen das ich dann auch noch aufputzen mußte und mich garantiert nochmals erbrach. Zur Strafe gab es am nächsten Tag wenig bis nüscht. Nur zu trinken, so viel ich mich noch erinnern kann. Irgendwann knipste ich mein Bewußtsein hierfür aus. Ich wurde nach ca. 4 Wochen untherapierbar wieder nach Hause geschickt. Dort machte mein Vater meiner Mutter schwere Vorwürfe wegen meines Zustandes und wir besuchten erst mal unseren Hausarzt. Der war ebenfalls entsetzt und wollte mich in ein nahegelegendes Krankenhaus einweisen, weil man dachte ich würde sterben, so dünn muß ich damals wohl gewesen sein. Durchs Mutter’s Hausmannskost und intensives Handeln meiner Oma, die auf mich mit Argusaugen aufpasste, dass ich immer was zu futtern bekam ging’s dann mit der Zeit. Viele Einträge die ich hier lese decken sich mit denen die ich auch gemacht habe deswegen möchte ich nicht nochmals drauf eingehen. Ich verdränge diese Zeit immer noch und es ist auch gut so!!! Dunkelkammer lernte ich auch kennen! Einmal in der Woche gab es diesen Badetag. In Holzfässern ähnliches Bad in dem man geschruppt wurde. Ich fand es damals als sehr unangenehm so nackig mit zig anderen sich die Haut zu schruppen. Mehr weiß ich leider oder gottseidank nicht mehr. Die Ordensschwester waren nicht gerade zugänglich, eher eiskalt, sympathisch wie ein Stein. Das alles machte mir als 6 Jähriger doch recht viel Angst. Ich glaube auch öffters in die Hose gemacht zu haben. Dafür wurde man natürlich bestraft. Ich war froh wieder zu Hause zu sein!
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Viney aus Bad Kreuznach schrieb am 19.12.2021
Es war das Jahr 1972 als ich wegen meines Bronchialasthmas nach Bad Kreuznach verschickt wurde. Ich war 7 Jahre alt. Teils erinnere ich mich an die Hin- und Rückfahrt der Verschickung und an das Salamibrot, was als Proviant mitgegeben wurde.
Am meisten aber erinnere ich mich in bestimmten Momenten an die Grausamkeiten, die mir durch die Schwestern widerfuhren.
Als ich z.B. wegen Heimweh weinte, wurde mir mit Schlägen gedroht. Aber das war nur der Anfang am ersten Tag meiner Ankunft abends. Als ich beim Essen vor Angst erbrach, weil ich in dem Speisesaal dem Jungen, der mit seinem Rücken zu mir saß und sich fröhlich zu mir drehte und plötzlich von einer Schwester aus Wut, weil er offenbar für sie nicht still genug da saß, an den Haaren gezogen und auf seinen Kopf gehauen wurde bis er heftigst zu weinen anfing, musste ich zugleich als Strafe mein Erbrochenes aufessen, sonst drohten weitere Strafen, auch mit Schlägen. Allerdings gab es eine Schwester an der ich mich „festhielt“ und die, wenn sie Dienst hatte sich um mich schützend kümmerte. Jeder Tag an dem diese Schwester nicht anwesend war, war ein Tag voller Angst.
Diese Traumatischen Erlebnisse deckten sich in meiner Ausbildung zum Kurzzeit Therapeuten auf. Einen Teil dieser Kur konnte ich mittlerweile verarbeiten, aber es gibt immer noch Momente aus dieser Zeit, selbst nach knapp 50 Jahren, die mich mit ihrer entsprechenden Wirkung heimsuchen. Vielleicht gibt es hier noch andere, die auch in Bad Kreuznach in diesem Jahr waren. Und die auch noch mit ihren Erinnerungen zu tun haben. Über einen Austausch würde ich mich freuen.
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Jana aus Potsdam schrieb am 19.12.2021
Bisher dachte ich, meine mittlerweile über 40 Jahre zurückliegenden Kur-Erinnerungen seien eine Einzelwahrnehmung. Durch einen Artikel über „Verschickungskinder“ wurde ich darauf aufmerksam, dass meine Erfahrungen alles andere als ein Einzelschicksal sind.
Mir bzw. meinen Eltern wurde vor meiner Einschulung zweimal aufgrund einer chronischen Bronchitis von der Kinderärztin eine Kur empfohlen. Die zweite Kur war vom 25.06. bis 20.07.1979 (ich war 6 Jahre alt). Es existiert sogar noch ein Gruppenbild aus dieser Zeit - die darauf zu sehende „Betreuerin“ ruft noch heute ein großes Unbehagen in mir hervor.
Ich erinnere mich an schreckliche Nächte voller Heimweh mit vielen Kindern in einem großen Schlafsaal, in dem wir uns absolut still zu verhalten hatten. Sogar weinen war untersagt. Keine persönlichen Worte, keinerlei Zuwendung. Wir mussten unsere Bettdecken in Form einer offene Halbkugel über den Kopf ziehen, damit wir die beiden jeweils in den Betten neben uns liegenden Kinder nicht sehen und mit ihnen reden konnten. Die gesamte Nacht saß eine Aufsichtsperson im Saal, die regelmäßig Kontrollgänge zwischen den Betten durchführte.

Gegessen wurde in einem großen Speisesaal und es musste IMMER alles aufgegessen werden. Nie werde ich vergessen, dass ich gefühlt unendlich lange allein am Tisch sitzen bleiben musste, weil ich keine Tomaten aß, meine Eltern dies aber angeblich nicht vorab mitgeteilt hatten. Mir wurde wortwörtlich gesagt, dass ich erst aufstehen dürfe, wenn ich die auf dem Teller befindliche Tomate gegessen hätte.
Insgesamt erinnere ich mich an ein extrem starkes Heimweh, viel Angst und insgesamt das Gefühl, dass die Kur nicht Hilfe bei einer Erkrankung, sondern „Bestrafung“ war.
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Silvia aus Stuttgart schrieb am 18.12.2021
War jemand aus Baden-Württemberg dort.
Ich lebte damals in Rottenburg am Neckar.
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Christoph schrieb am 18.12.2021
Das Leben ist kein Ponyhof!
Viel ist mir nicht in Erinnerung geblieben von damals. Einzelne Begebenheiten sind gestochen scharf und so präsent, als wären sie gestern passiert. Vieles bleibt als vages Gefühl, sehr vieles ist verschwunden, vielleicht verdrängt?
Außer der Erinnerung bleiben vier gestellte Fotos und zwei von den „Tanten“ geschriebene Postkarten. Das, und ein lebenslanges Gefühl, dass ich irgendwie anders bin, ist das, was mir von diesen sechs Wochen im Februar und März 1972 im Kindererholungsheim Ponyhof in Schönau im Berchtesgadener Land geblieben ist. Mein einziger Kommentar zu den wenigen Fotos und Postkarten war fast 50 Jahre lang, dass es in dieser Kur ganz schrecklich war. Mehr habe ich nie erzählen wollen.
Aber der Reihe nach. Eine Ahnung ist noch da, dass ich aufgeregt und voller Vorfreude war, als meine Eltern mir die 6 Wochen auf dem Ponyhof ankündigten. Die Idee 6 Wochen ohne Eltern oder Geschwister zu sein, hat mir wahrscheinlich keine große Sorge gemacht. Pferde und Ponys waren meine erklärten Lieblingstiere. So wie andere Kinder ihren Stoffteddy mit sich herumschleppen, hatte ich ein kleines und ziemlich abgewetztes Stoffpferdchen.
Die lange Reise von NRW bis nach Berchtesgaden, die Ankunft im Kinderheim, die anderen Kinder, die „Tanten“, die Schlaf- und Essenssäle, an all das habe ich keine Erinnerung mehr. Es fehlt auch jede Erinnerung an gemeinsames Spielen mit anderen Kindern. In der ersten Nacht hatte ich mich eingenässt und wurde am Morgen dafür laut von der „Tante“ beschimpft und vor allen Kindern bloßgestellt. Das passierte leider noch öfter und ich wurde immer wieder bloßgestellt und immer weiter isoliert. 
Irgendwann bin ich wohl krank geworden, Mumps hieß es später. Tatsächlich hatte ich einige Jahre später nochmals Mumps und wäre damit eines der wenigen Kinder, die diese Krankheit zweimal bekamen. Das habe ich bis vor Kurzem auch nie angezweifelt, mir fehlt aber jede Erinnerung ans krank sein. In einer der Postkarten schrieb die „Tante“ allerdings, dass ich jetzt wieder gesund sei.
Die anderen Erinnerungen sind schnell erzählt. Ein Ausflug auf dem Königssee zum Watzmann ist mir in Erinnerung, ein Trompeter und das Echo seiner Trompete . Diese Momente habe ich genossen, still für mich und komplett alleine. Keine Erinnerung an ein anderes Kind, mit dem ich Gedanken darüber ausgetauscht hätte.
Dann erinnere ich mich an ein Paket von meinen Eltern und Geschwistern. Süßigkeiten waren darin und auch 10 DM Taschengeld. Beides wurde aber gleich von den „Tanten“ eingezogen. Ich erinnere mich an einen Spaziergang durch einen Ort, bei dem wir an einer Bäckerei vorbei kamen. Es ging auf Ostern zu und die Auslage im Schaufenster war voll mit Ostergebäck. Ein knallroter Osterhase ist mir in Erinnerung geblieben. Den hätte ich mir mit meinen 10 DM Taschengeld kaufen können und ich habe mich sehr geärgert, dass ich an dieses Geld nicht ran kam. Das Geld habe ich natürlich nie wieder gesehen, den Inhalt des Päckchens auch nicht. Auf einer der mir verbliebenen Postkarten bestätigt die „Tante“ trotzdem, dass ich das Paket und das Geld erhalten habe und mich sehr darüber gefreut habe. Kein Wort, wie diese Freude gleich zerstört wurde indem beides konfisziert wurde.
Sehr klar erinnere ich mich noch an die gestellten Fotos, die aus heutiger Sicht den Eltern zu Hause wohl vorspielen sollten, dass alles in Ordnung war. Es hieß, wir gehen zum Fotografieren, Farbfotos sogar, und jeder solle sich etwas Rotes anziehen, weil das besonders gut auf Farbfotos wirke. Zum Foto auf dem Schlitten habe ich dann meinen blauen Lieblingspullover mit rotem Muster angezogen. Beim Fotografieren wurde ich ausgeschimpft, weil es zu wenig rot sei und bekam kurzerhand die rote Pudelmütze eines anderen Kinds aufgesetzt.
Für die drei Fotos mit dem/den Pony(s) habe ich dann einen eigenen knallroten Pullover getragen, den ich eigentlich nicht mochte. Alle Fotos wurden nach dem selben Schema fotografiert, außerhalb des Sichtbereiches eine lange Schlange Kinder, auf dem Foto dann nur ein Kind, das ein Pony hält, auf ihm sitzt, oder auf einer Kutsche sitzt. Das waren in 6 Wochen die einzigen Kontakte mit einem Pony auf dem „Ponyhof“. Trotzdem erinnere ich mich an diese Momente, so nah bei meinem Lieblingstier war ich vorher noch nie und auch lange danach nicht mehr. Auf den Fotos wirke ich glücklich und war es in diesem einen kurzen Moment tatsächlich.
Rückblickend und in dem neuen Wissen, dass ich die Verschickung nicht alleine so erlebt habe, sehe ich heute, wie mich dieses Erlebnis meinen Eltern entfremdet hat und in mir dieses Gefühl verursacht hat, anders zu sein, nicht richtig zu funktionieren, selber schuld an meiner Situation zu sein.
Das Leben ist halt kein Ponyhof, aber vielleicht war der Ponyhof eine Weichenstellung fürs Leben...
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Annie aus Sylt schrieb am 18.12.2021
Ich war mit 10 Jahren auf Sylt. An sich erinnere ich sehr viele gute Sachen daran, aber es gibt Dinge die mir jetzt im nachinein aufgefallen sind, die mich als jetzt junge Erwachsene schockieren.

Wir hatten sehr strenge Betruer, in einer Gruppe die nur aus Mädchen bestand. Von zu Hause kannte ich es zar angeschriehen zu werden, aber diese strenge war ich nicht gewohnt. Wir mussten uns exact zu verhalten wie man es uns sagte, sonst wurden wir vor der Gruppe Angebrüllt.

Beim Essen durfte es keine Reste geben, wir mussten so lange sitzen bleiben bis alles gegessen war. Was auch immer wir erzählten wurde ins lächerliche gezogen. Wir mussten in Gruppen in der selben Dusche duschen, während wir dabei beobachtet wurden. Lange zeit hielt ich das für normal, wir waren ja alle weiblich. Das stößt mir erst jetzt sauer auf.

Dazu drei sachen an die ich mich erinnere als wären sie gestern passiert. Wir hatten einen Wanderweg, in den dünen, der, so hat man es uns erzählt, ob es stimmt weiß ich nicht, an einem Minenfeld vorbei ging. Um das Gelände war ein Zaun, und ich erinnere mich bis heute an diese panische angst die in mir aufstieg. Ich wollte dort nicht hingehen, also wurde ich gezwungen.

Das zweite: Ich hatte ein Zeckenschutzmittel mit welchem ich mich natürlich eingeschmiert hatte damit ich keine Zecken bekomme. Dieses wurde als "zu stark riechend" empfunden und mir dann weggenommen. Ich meide bis heute hohes Gras und Bebüsche, da ich in den Wochen wo ich mich nicht darauf verlassen konnte geschützt zu sein, konstant auf der Hut war nicht in irgendwelche Gebüsche zu gehen, mich nicht ins Gras zu setzten, etc.

Das was ich bis heute am schlimmstem empfinde, jedoch: Eines der Mädchen mit denen ich befreundet war bekam Fieber und durfte deswegen nicht an einem Ausflug teilnehmen. An stelle einen Erwachenen da zu lassen, wurde darum gebeten das eines der Kinder auf sie aufpasst. Durch das oben genannte war ich diejenige die sich meldete. Wir waren alleine im Gebäude, ohne anlaufstelle, niemanden den man hätte rufen können falls etwas passiert wäre. Wir waren 10 und 11. Die zeit haven wir damit verbracht gesellschafst spiele zu spielen, und bis heute habe ich furchtbare angst davor mit jemandem alleine zu sein der krank ist.

Und jetzt wo ich es so lese, unsere Postkarten wurden uns auch diktiert. Wir mussten sie alle vorlegen damit sie kontrolliert werden konnten. Wenn dort etwas "schlechtes" drauf stand mussten wir sie neu schreiben.
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Ernst aus Osnabrück schrieb am 18.12.2021
Ich war mit 9 Jahren in von Osnabrück aus in dem o. g. Verschickungsheim. Mit mir war damals zufällig (!) ein Mitschüler aus der Grundschulzeit (Björn W. - den Nachnamen möchte ich hier besser (noch) nicht nennen). Vielleicht meldet er sich ja bei mir, denn ich habe leider keinen Kontakt zu ihm.

Leider weiß ich auch nicht, wie das Heim hieß. Ich meine mich daran zu erinnern, dass es in einem Ortsteil (?) Mittelstadt in der Nähe oder eben in Freudenstadt lag. Wer hier weiter ließt und eine Idee hat, wo der genaue Ort gewesen ist, mag mir gerne schreiben.

Ich kann mich noch an eine schöne Zugfahrt dorthin erinnern. Auch war in dieser Zeit sicher nicht alles grauenhaft. Im Gegenteil, ich habe sehr wohl auch, vielleicht überwiegend, positive Erinnerungen. Grauenhaft war ein Erlebnis dahingehend, dass wir bei einer Mahlzeit gezwungen wurden eine Suppe zu essen, in der offensichtlich Maden (!) in großer Menge waren. Nachdem erste Kinder davon tatsächlich gegessen hatten und der erste sich queer über den Tisch hinweg übergeben hatte, wurde uns erlaubt nicht weiter zu essen.

An den Vornamen einer der "Erzieher", der dabei war, kann ich mich (ganz sicher bin ich mir nicht) erinnern, weil es ein französisch klingender Name war. Nach meinem Wissen von heute, würde man den Namen wohl "Henry", oder ähnlich schreiben. Ausgesprochen haben wir den Namen damals ungefähr wie folgt "Aunrie"! Wir haben uns nämlich einen Spaß aus dem Namen gemacht und wenn wir unter uns waren gesagt: Aunrie, Aunrie, kauf dir einen Baggie, Baggie (wie gesagt, hier so die Lautsprache!).

Grauenhaft waren auch die Bestrafungen, wenn wir nachts nicht ruhig waren. Ich kann mich daran erinnern, dass ich selbst mindestens einmal (der o. g. Björn häufiger) mit Schlägen ins Gesicht aus dem Bett geholt wurde und ich dann im Flur mit meiner Bettdecke über dem Kopf sehr lange dort stehen musste. Nach gefühlten Stunden durfte man dann irgendwann wieder zurück in sein Bett.

Auch ich würde mich gerne austauschen, mit Menschen, die sich hier angesprochen fühlen.
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E. Steiner aus Müllheim / Baden schrieb am 18.12.2021
Ich kam zusammen in einem Zug voller hustender, schniefender Jungs mit meinem um 4 Jahre älteren Bruder in das Kinderheim nach Norderney, wurde aber sofort von ihm getrennt. Nach drei Wochen kam ich in das gleiche Haus wie er, war aber in einer anderen Gruppe und sah ihn aus der Ferne dreimal am Tag beim Essen.
Zunächst weinte ich sehr und so lange, wie nie wieder seitdem und bekam so hohes Fieber, dass der Notarzt kommen musste. Ich war aber offensichtlich in einem Haus für "schwere Fälle", aus dem ich drei Wochen (oder zwei?) später in eine "normale", größere Gruppe verlegt wurde. Ich durfte nicht mit meinen Eltern telefonieren, weil ich dann ja noch größeres Heimweh bekommen würde. So sagte man mir.
In meiner Gruppe war ich der einzige Viert- unter Drittklässlern. Die Heimschule war ca. an zwei Vormittagen/Woche. Ich bearbeitete langweilige Arbeitsblätter, weil die Lehrerin sich um die anderen Jungs kümmerte. Immerhin behandelte sie mich - ich würde heute sagen - lieb und respektvoll. Ich gab ja auch Ruhe. Das war dort etwas Besonderes. Ich fehlte meistens, weil ich minimal Fieber hatte. (Über 37,2°C - in meiner Erinnerung - mussten wir den ganzen Tag im Bett bleiben, wo sich niemand um uns kümmerte. Hier lernte ich ganze Asterix-Hefte von anderen Jungs auswendig. Bücher, geschweige denn Fernsehen, gab es nicht. Die Comics kursierten unter den Jungs, wurden aber recht heimlich aufbewahrt, weil wir nicht wussten, was die Schwestern zu Blueberry usw. sagen würden. Wir hatten Sorge, dass man sie wegnehmen würde. Ich - aus "gutem Hause" - hatte natürlich keine und bekam keine geschickt. Auch keine Haribos.)
In meinem Zimmer, dem hausbekannten Lieblingszimmer der Oberschwester, deren Büro nebenan war, lagen nur 6 bis 8 Jungen. Die anderen Zimmer waren sehr viel größer.
In dem Heim waren lauter Kinder aus dem Rheinland, niemand aus Nordwestdeutschland, wie ich. Die meisten kamen wegen Krupphustens und Asthma einmal im Jahr, für etwa 6 bis 8 Wochen. Sie waren alle alt-erfahren. Ich war 13 Wochen am Stück da. Als ich nach Hause kam, sprach ich Kölsch: "Dat jibbet doch jarnich!" Meine Familie lachte mich aus. Ich traute mich tagelang nicht zu reden.
Ich erinnere mich nicht an Freunde, wohl aber zumindest an einen Jungen aus unserem Zimmer, den wir anderen mobbten (Johann Neesen, wenn ich mich richtig erinnere). Das schien niemand zu bemerken, wir anderen hatten unseren "Spaß", Johann dienerte sich uns an. Auf dem Zimmer ging es, aber in der Schule oder dem großen Saal (Essen u. "Spielen" mit kaum vorhandenem Spielzeug) fühlte ich mich einsam. Von meinem wenigen "Taschengeld" kaufte ich mir einen Liter Apfelsaft, den ich so sparsam trank, dass er zu zwei Dritteln verschimmelte. Die Flasche lag in meinem kleinen privaten Fach. Ich dachte viel nach, kam aber zu keinen Ergebnissen. In meiner Erinnerung hielt ich den ganzen Tag den Mund. Wir mussten alle zwei Wochen nach Hause schreiben. Ich wusste nie was. Ich bekam auch Briefe meiner Eltern, kann mich aber nicht an Inhalte oder Emotionen erinnern. Es war ein komisches Gefühl Briefe zu bekommen. Das war etwas für Erwachsene.
Die Schwestern waren streng und autoritär, zu uns aber lieb und lustig, weil wir ja auf dem Lieblingszimmer waren. Alle anderen hatten Furcht, wir aber lebten in der Sonne des glücklichen Schicksals und durften uns mehr erlauben (Vor dem Einschlafen bei ausgeschaltetem Licht noch etwas schwatzen und kichern, morgens als letzte geweckt werden, aber bei der Medikamentenausgabe vorne in der Schlange stehen.
Ich erinnere mich an Unmengen von Medikamenten, Inhalationen und vielen Spritzen.
Wenn es irgend ging, (Aufenthalt von Neujahr bis in den März hinein), gingen wir in Reih und Glied jeden Tag am Strand entlang und durch die Dünen zurück. Ich liebte den Strand und das wilde Meer, durfte aber oft wegen Fiebers nicht mit. Noch heute liegen in meinem Elternhaus die Austernschalen, die ich für die Familie sammelte. Manchmal spielten wir Völkerball. Auch das liebte ich, weil ich so gut war, dass ich mit den Großen mithalten konnte. Die kleinen Jungs wurden sofort abgeworfen und verbrachten das Spiel frierend und oft nass am Rand. Ich war bis zum Schluss drin und stolz darauf.
Nach 9 Wochen fuhr mein Bruder nach Hause. Ich bekam eine Verlängerung von zwei Wochen, weil ich noch nicht gesund wäre. Nun war ich ganz alleine. Nach 11 Wochen wurde beschlossen, dass ich noch zwei Wochen dableiben solle. Die Oberschwester teilte mir das in ihrem "Büro" mit. Und weil man antizipierte, dass ich weinen würde, durfte ich gleich mit meiner Mutter telefonieren. Das war eine absolute Ausnahme, wie mir beteuert wurde. Nun wurde mir hoch und heilig versprochen, dass ich dann nach Hause dürfe (gerade rechtzeitig zu meinem Geburtstag) Ich beschloss, die letzten 14 Tage auch noch zu überstehen. An meinem letzten Tag wurde ich von einem Arzt untersucht. Mein Entlassungsformular lag auf dem Schreibtisch. Niemand ahnte wohl, dass ich auch recht gut kleine Buchstaben auf dem Kopf lesen konnte. Auf dem Formular gab es fünf Kategorien zum Ankreuzen: geheilt, verbessert, gleichbleibend, verschlechtert, verstorben. Bei mir war "verschlechtert" angekreuzt. Ich dachte, dass ich ja noch Glück gehabt hätte, wenn man auch sterben könnte. Ich hatte nicht geahnt, dass ich so kurz davor gewesen bin, erinnerte mich aber an mein Fieber zu Beginn der Zeit.
Bei meiner Abreise, - von den Jungs konnte ich mich nicht verabschieden - , war ich wie benebelt. Ich fühlte nichts, vor allem keine Dankbarkeit, aber irgendwie auch keine Freude auf zu Hause. Ich konnte mir irgendwie gar nicht mehr richtig vorstellen, wie es da war und was mich erwartete und ob ich auch wieder im nächsten Jahr nach Norderney müsse. Man brachte mich auf den Zug, in dem ich alleine fuhr. Ich musste allerdings nicht umsteigen, nur richtig aussteigen.
Ich musste dann nie wieder nach Norderney, weil sich ja glücklicherweise mein Zustand dort angeblich verschlechtert hatte. Tatsächlich ließen meine Beschwerden dann nach etwa 1,5 Jahren von alleine nach. Das war die Zeit, als ich begann in Kaufhäusern Spielzeug und Schokolade zu klauen...
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Marcel schrieb am 18.12.2021
Am prägnantesten und gruseligsten ist eine Erinnerung an die Zeit dort die mir vorkommt als hätte man mit meinem Gehirn und meiner Sexualität experimentiert. Wir mussten den gesamten Zeitraum unseres Aufenthaltes dort uns täglich im Gemeinschaftsraum auf den Boden vor eine große Leinwand setzen. Dann hat man uns ein Musikvideo mit nackten Menschen gezeigt. Wenn ich heute das Lied im Radio höre durchschießt mich ein wahnsinnig schlimmes Gefühl. Es handelte sich dabei um das Lied von „The Beloved - Sweet harmony“. Täglich mussten wir und das ansehen und ich weiß bis heute nicht was das mit meinem angeblichen Asthma zu tun gehabt haben soll.
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Christina aus Niederbayern schrieb am 18.12.2021
Einarmig - das erste woran ich mich erinnere… die Erzieherin mit nur einem Arm… hier als Suchbegriff eingegeben sehe ich sofort zwei Berichte: ja Ute hieß sie, ja Lorenzen war das Kinderheim - ich erinnere mich - noch nicht an alles, aber alles was ich lese, stimmt! Ein Kind hat nachts im Schlafsaal geweint - die einarmige Erzieherin kam herein, konnte das weinende Kind nicht ausmachen - mein Bett war das nächste an der Türe… ich wurde von ihr auf den Flur gezerrt und mußte mich auf die Stufen im Treppenhaus setzen. Es war eiskalt, zugig… die ganze Nacht… ich durfte nicht aufstehen, nicht zur Toilette. Erst als am Morgen am die anderen geweckt wurden, durfte ich aufstehen. Die Duschen waren eiskalt. Ich hatte lange Haare, die nicht schnell genug trockneten - wenn ich etwas sagte, drohte man mir die Haare abzuschneiden. Dann mit nassen Haaren nach dem Frühstück spazieren gehen… In Unterwäsche im kalten Flur in der Schlange anstehen zum regelmäßigen Check, messen und wiegen - Tabletten Einnahme (wofür? Ich hatte zuhause nie regelmäßig Medikamente bekommen…?) … Meine erste Mittelohrentzündung… der Arzt war nett, gab mir Ohrentropfen und einen Wattebausch (aber es gab wohl keine Nachuntersuchung, denn ich erinnere mich noch gut dass ich panisch Angst vor Strafe hatte, als ich nach zwei Wochen den schon leicht angegrauten Watte-Pfropfen irgendwo verloren habe). Ostern - Päckchen von zuhause - was es war weiß ich nicht, denn es wurde unter den Kindern aufgeteilt. Zwangspostkarten nach Hause schreiben - man musste solange Schreiben, bis der Text positiv genug war, damit man sie verschicken durfte… Permanente Angst vor Strafen, physische Gewalt…
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Michael aus Fulda schrieb am 18.12.2021
Karlshafen meine Odyssee mit 6 Jahren

Ich sollte unbedingt zur Kur so hatte es mehr meine Mutter gewünscht, denn ich war nach ihrer Meinung rappeldürr und was man mir oben reinstopfte blieb einfach nicht in den Hosen drin, wie man so sagte. Da meine Mutters Eltern damals im Jandtjalager gute Erfahrungen gesammelt haben, damals noch unter der Reichsflagge, tat man sich’s einfach und fragte nach wo denn in der Nähe ein solche wäre. Karlshafen wurde so für mich 4 Wochen die Hölle auf Erden. Es sollten ursprünglich 6 Wochen werden, die dann aber wegen meines Naturells alles auszubrechen was einfach zu fett und zu wabbelig ausschaute man mir trotzdem versuchte einflößen zu wollen. Dabei stromerte ich den ganzen Tag im Wald herum. Hatte einen mächtigen Hunger aber es nutzte nix. Die Kalorien die ich oben rein stopfte blieben nicht in den Klamotten hängen. Also, wurde hier nachgeholfen, weil man sich vielleicht auch schämte für so ein mageres Kind. 4 Wochen Erbsensuppe mit Speckzulage. Fettes Essen was es an Masse scheinbar jeden Tag gab. Ich konnte diese Erbsenmaschine schon von weitem riechen. Selbst draußen auf dem Exerzierplatz vor dem weißen großen Haus. Ich ekelte mich einfach zu sehr an der Schwabbelmasse am Speck, an dem man noch die Haare zählen konnte die nicht richtig abgebrannt waren. Einfach nur ekelhaft! Zum Frühstück schon Leberwurst zum Abwinken und dann immer und immer wieder diese erbärmliche Erbsensuppe, die ich massig wieder rausbrach sobald ich nur ein wenig von aß. Irgendwann ging dann gar nix mehr. Dann sollte ich zur Strafe auch noch diese ausgebrochene Masse aufessen. Grausam! Ich kotzte mich fast zu tode. Den Flur zur Toilette war voll vom Gebrochenen den ich dann auch noch mühsam aufputzen mußte. Zur Strafe gab es am nächsten Tag nüscht. Nur zu trinken, so viel ich mich noch erinnern kann. Irgendwann knipste ich mein Hirn aus. Ich wurde nach ca. 4 Wochen nicht therapierbar wieder entlassen. Kehrte nach Hause zurück und dort machte mein Vater meiner Mutter schwere Vorwürfe wegen meines Zustandes. Zuerst wollte man mich in ein Klinik stecken, weil man dachte ich würde sterben, so dünn muß ich damals gewesen sein. Durchs Mutter’s Hausmannskost und intensives Handel meiner Oma die aufpasste auf, dass ich immer was zu kauen bekam ging’s dann mit der Zeit. Viele Einträge die ich hier lese decken sich mit denen die ich auch gemacht habe deswegen möchte ich nicht nochmals drauf eingehen. Ich verdränge diese Zeit immer noch und es ist auch gut so!!! Dunkelkammer lernte ich auch kennen!
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Christian aus Hattingen schrieb am 18.12.2021
Ich war als Fünfjähriger im Dezember 68 im "Kinderkurheim Gutermann" weil ich bei der Schultauglichkeitsuntersuchung im Kindergarten als zu schmächtig beurteilt wurde und "Daumenlutscher" war . 6 Wochen weg von zu Hause und nieh wieder in der Familie angekommen.
Abgewöhnen konnten sie mir das Daumenlutschen nicht, auch wenn sie es mit allen Mitteln versucht haben. Bittere Salbe, Fäustlinge bis zu mit beiden Händen am Bett fixiert im Einzelzimmer - stockdunkel. Da war ich dann auch wieder "Bettnässer".
Es gibt blitzartige Bilder und wenige davon sind schön.
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Marianne Schmidt aus Düsseldorf schrieb am 18.12.2021
Ich komme aus Mannheim und wurde im Frühjahr 1958 in das Kindersolebad Haus Hohenbaden in Bad Dürrheim verschickt. Ich habe sehr unschöne Erinnerungen an diesen Aufenthalt, der von Angst und Drill geprägt war. Es war wie ein Kindergefängnis. Wie sollte man da gesund werden. Besonders eine "Schwester" habe ich in Erinnerung wie eine KZ-Aufseherin. Natürlich wusste ich damals noch nicht, was das ist, aber heute steht sie für mich als eine solche, voller Kälte und Hass. Wir waren dem Heimpersonal völlig ausgeliefert. Die Post nach Hause durfte nicht zugeklebt werden - aus gutem Grund! Bin froh, diese Seite gefunden zu haben.
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Michael Dierl aus Fulda schrieb am 18.12.2021
Karlshafen meine Odyssee mit 6 Jahren

Ich sollte unbedingt zur Kur so hatte es mehr meine Mutter gewünscht, denn ich war nach ihrer Meinung rappeldürr und was man mir oben reinstopfte blieb einfach nicht in den Hosen drin, wie man so sagte. Da meine Mutters Eltern damals im Jandtjalager gute Erfahrungen gesammelt haben, damals noch unter der Reichsflagge, tat man sich’s einfach und fragte nach wo denn in der Nähe ein solche wäre. Karlshafen wurde so für mich 4 Wochen die Hölle auf Erden. Es sollten ursprünglich 6 Wochen werden, die dann aber wegen meinem Naturell alles auszubrechen was einfach zu fett und zu wabbelig ausschaute man mir trotzdem versuchte einflößen zu wollen und das mit Gewalt. Ich sollte ein Wonneproppen werden, so, wie das damalige Abbild eines jungen Mädchens auf einer Apfelsaftflasche mit dicken, fetten Backen, so, dass sich meine Eltern sich nicht schämen müßten wenn ich draußen zu gange war. Denn ich würde ja nie richtig was werden, weil ich so ungesund und mager ausschaute und in der kommenden Schulzeit bestimmt auch gehänselt weden. Dabei stromerte ich den ganzen Tag im Wald herum. Hatte einen mächtigen Hunger aber es nutzte nix. Die Kalorien die ich oben rein stopfte blieben nicht in den Klamotten hängen. Also, wurde hier nachgeholfen, weil man sich vielleicht auch schämte so ein abgehungertes Kind zu haben. 4 Wochen Erbsensuppe mit Speckzulage. Fettes Essen was es an Masse scheinbar jeden Tag gab. Ich konnte diese Erbsenfressmaschine schon von weitem riechen. Selbst draußen auf dem Exerzierplatz. Für Andere war das sicherlich was nur für mich eben leider nicht. Ich ekelte mich einfach zu sehr an der Schwabbelmasse am Spreck, an dem man noch die Haare zählen konnte die nicht richtig abgebrannt wurden. Einfach nur ekelhaft! Und zum Frühstück schon Leberwurst zum Abwinken und dann immer und immer wieder diese erbärmliche Erbsensuppe, die ich massig wieder rausbrach sobald ich nur ein wenig von aß. Irgendwann ging dann gar nix mehr. Dann sollte ich auch noch diese ausgebrochene zu meiner Schuld wieder aufessen. Grausam! Ich kotzte mich fast zu tode. Den Flug zur Toilette war voll von meinem Unrat den ich dann auch noch mühsam aufputzen mußte. Zur Strafe gab es am nächsten Tag nüscht. Nur zu trinken, so viel ich mich noch erinnern kann. Irgendwann knipste ich mein Gehirn aus. Ich wurde nach ca. 4 Wochen nicht therapierbar wieder entlassen. Kehrte nach Hause zurück und dort machte mein Vater meiner Mutter schwere Vorwürfe wegen meines Zustandes. Zuerst wollte man mich in ein Klinik stecken, weil man dachte ich würde sterben, so dünn bin ich gewesen. Dann aber gab’s Mutter’s Hausmann’skost und das nicht zu knapp und Oma hatte Argusaugen und passte auf, dass ich immer was zu kauen bekam. Bald schon kam ich wieder zu Kräften. Viele Einträge die ich hier lese decken sich mit denen die ich auch gemacht habe deswegen möchte ich nicht nochmals drauf eingehen. Ich verdränge diese Zeit immer noch und es ist auch gut so!!! Dunkelkammer lernte ich auch kennen!
lg Michael Di
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Michaela aus Kempten schrieb am 17.12.2021
Ich war mit 5 jahren und dann nochmal mit 7 Jahren in einem Heim auf Norderney (großes rotes Backsteingebäude). Ich mochte nie Milchreis oder Grießbrei (hatte ich in der Kur erbrochen). einmal war ich ohnmächtig geworden, lag dann bei der Oberschwester im Büro auf dem Boden, warum weiß ich nicht, denke aber dass es nicht normal ist für ein Kind ohnmächtig zu werden.Ich hatte schreckliches Heimweh. Ich war wohl zu blass und zu dünn und litt an Bronchialasthma, deshalb hat man mich dort fett gefüttert. Ich habe heute noch Ess-störungen und Gewichtsprobleme. Die Erinnerungen sind nur bruchteilhaft.Wenn ich hier Einträge lese kommen kleine Erinnerungen wieder, wie an den Schlafsaal, Speisesaal, die Ordensschwestern....
Ich würde mich gerne austauschen mit Menschen, die vielleicht (ca.) zur gleichen Zeit auf Norderney waren. Habe keinerlei Namen in Erinnerung.
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Manuela aus Forthweg 3 schrieb am 17.12.2021
Liebe Beate,
Ich bin die Heimortkoordinatorin für die Region Tegernsee. Bitte melde Dich bei mir, wenn Du Infos und Austausch zu Gmund am Tegernsee suchst. Es gibt bereits einige Berichte zum Tegernsee von anderen ehemaligen Verschickungskindern. Dir vorerst alles Gute! Manu
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Herfurth-Schällig, Anke aus 42579 Heiligenhaus schrieb am 17.12.2021
Hallo, gibt es jemanden, der auch in diesem Heim untergebracht war? Auch ich hatte schlimmes Heimweh und habe mich vor dem Essen immer sehr geekelt, aber ansonsten sind die Erinnerungen eher diffus. Ich erinnere, dass ich eine "Tante" namens Rosemarie sehr mochte.
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Michael schrieb am 17.12.2021
Ich war im oben angegebenen Zeitraum im Sommer in so einem Kinderheim auf Norderney, für 6 Wochen glaube ich. Meine Mutter war Alleinerziehende und ich hatte lange geglaubt, dass sie mich da hin geschickt hat, weil ich etwas Ungezogenes gemacht habe, denn das Ganze passierte recht plötzlich für mich, ohne Vorwarnung. Ich hatte wahnsinniges Heimweh, schon auf der langen Zugfahrt dahin. In dem Heim passierte vieles, was mir nicht gefallen hat, z.B. das Teller leer essen von Dingen die ich nicht mochte. Wir hatten aber auch viele nette Ausflüge an den Strand, zum Leuchtturm, etc. Zwei sehr schlechte Vorfälle blieben mir in Erinnerung:
1. wir mussten Mittagsschlaf machen. Ich musste groß auf das Klo, hatte aber Angst, mich zu melden. Da beschloss ich, einfach in die Unterhose zu machen und es später auszuleeren. Das hat aber die Aufsichtsperson offensichtlich gerochen - was für mich total verwunderlich war, denn wie sich mir später offenbarte habe ich keinen Geruchssinn (!) - , mich aus dem Bett gezerrt, in die Dusche gestellt und mit einem Schlauch von oben bis unten abgespritzt. Kann gut sein, dass es auch ein paar - nennen wir es mal vorsichtig - Klapse gab.
2. Es gab eine Frau als Aufsichtsperson, die hatte an einer Hand nur drei Finger. Sie hat uns erzählt, dass ihr Vater die anderen abgehackt hat, weil sie ungezogen war ... das hat mich natürlich total geschockt.
Soweit mein Bericht, diktierte Postkarten gab es übrigens auch.
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Katja schrieb am 17.12.2021
Ich war, zusammen mit meiner Zwillingsschwester in Greiz, 1991, da wir zu dünn waren für die Schule. Uns kam es beiden vor, als wären wir nur 1 Tag dort gewesen. Unsere gemeinsame Erinnerung ist nur, dass wir eingenäßt haben und dann vor Heimweh geweint haben und wieder nach Hause durften. Meine Erinnerung ist schwarzweiß, obwohl ich andere Erinnerungen aus diesem Alter alle in bunt habe, wir waren 6 Jahre alt und ich erinnere mich an viele lange Szenen sogar von Jahren davor ... also wieso denken wir, dass es nur 1 Tag war und warum ist es nur ein schwarzweiß Bild in unserer Erinnerung. Meine Mutter weiß nur, dass wir nicht -wie geplant- zugenommen, sondern abgenommen haben und mit vielen uringetränkten Strumpfhosen wieder zurück kamen. Außerdem las ich nun schon in einigen Berichten von Milchreis, den man zu Hauf essen musste und ich habe einen ganz schlimmen Ekel vor diesem Gericht und mag auch sonst nichts mit Milch, am schlimmsten warme Milchspeisen. Ich habe noch den Geruch in der Nase, manchmal erinnere ich mich an das gruselige Gefühl dort, wenn ich ihn in alten Krankenhäusern rieche zum Beispiel. Vielleicht war es in dieser Zeit nicht mehr so heftig, wie in den Jahren davor, traumatisiert hat es aber sicher. Ich bin ein Mensch mit gravierenden Angststörungen und war auch schon in Therapie deswegen. Bisher hatte ich es eher auf meine frühkindlichen Operationen mit Krankenhausaufenthalten 1990 und 1992 geschoben. Doch nach den vielen Berichten glaube ich, dass es auch mit diesem Erlebnis zusammen hängen könnte. Mit Verlustängsten habe ich auch stark zu kämpfen, als Partnerin uns Mutter. Ich erinnere mich fast immer an meine Träume und habe mindestens 1 mal die Woche Albträume mit Gewalt oder Verlust als zentrales Thema. Vielleicht findet sich jemand mit mehr Erinnerungen an diese Zeit an diesem Ort...
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Geg schrieb am 17.12.2021
Danke Frau Röhl für die Möglichkeit, dass ich mir von der Seele schreiben kann, was ich schon fast ein Leben lang mit mir rumschleppe. Ich habe einige Zeit gezögert alles aufzuschreiben.

Meine Eltern sind verstorben und ich bin allein auf meine Erinnerung angewiesen, die teils sehr klar, teils auch verschwommen ist.

Es war etwa 1963 und ich war 10 Jahre alt, ein normaler Junge mit normalem Elternhaus. Seit mehreren Jahren litt ich an einem juckenden Hautekzem, im Winter an Hals, Armbeugen und Handgelenken, im Sommer an den Kniekehlen durch Wiesengräser. Häufig kratzte ich mich blutig. Heute würde man es vielleicht als Neurodermitis diagnostizieren. Unser Hausarzt riet schließlich zur Kur in einem Reizklima, entweder in den Alpen oder an der Nordsee. Die Wahl, auch meine, fiel auf die See.

Ich kam ins Christliche Seehospiz Norderney, etwa sechs Monate, einen gesamten Winter, eine gefühlte Ewigkeit. Meine Mutter brachte mich hin. Anfangs ging es nur um zwei oder drei Monate.

Das Seehospiz lag an einer Straße, die längs über die Insel führte, östlich außerhalb der kleinen Stadt. Die Wohngebäude, links von der Straße zum Meer hin, waren zweigeschossige Backsteinbauten. Die Fenster im Erdgeschoss waren vergittert.

Als erstes bekam ich meine Fix-und-Foxi-Hefte abgenommen. Comic-Hefte waren strikt verboten. Die Betreuerinnen musste ich „Tante“ nennen, ziemlich übergriffig wenn ich an meine liebe Tante zu Hause denke. Die ranghöheren Aufseherinnen wollten Schwester genannt werden.

Der Speisesaal war im Erdgeschoss. An das Essen kann ich mich nicht erinnern. Es muss wohl weder besonders ekelhaft noch besonders lecker gewesen sein. Während der Mahlzeiten herrschte Sprechverbot. Wer beim Plappern erwischt wurde, musste zur Strafe stundenlang Kirchenlieder auswendig lernen während die anderen Abendfreizeit hatten. Während meiner Zeit habe ich keine Prügelstrafen beobachtet oder ich kann mich nicht daran erinnern.

Die Schlafsäle waren im Obergeschoss, entlang eines Mittelgangs an dessen Ende sich das Aufsichtsbüro befand. Alle Zimmer waren nachts offen. Die Aufsichtstante konnte so die Kinder kontrollieren, wenn sie verbotenerweise nachts auf die Toilette schleichen wollten. Gepinkelt wurde in Nachttöpfe. Jeder hatte seinen eigenen unter dem Bett. Ich lag anfangs in einem Sechsbettzimmer. Alle hatten Heimweh, die Älteren weinten nachts nur manchmal. Mein Bettnachbar war etwa vier Jahre jünger, weinte nachts stundenlang und pinkelte häufig ins Bett. Er sagte auch mal, dass er nicht mehr leben wolle. Er tat mir herzzerreißend leid. Ich versuchte ihn zu trösten.

Die Fenster im Schlafgeschoss ließen sich nachts nicht öffnen. Wohl damit niemand auf die Idee käme nachts auszubüxen, also sich irgendwie abzuseilen. In Stadtrichtung links gegenüber dem Jungentrakt war der Mädchentrakt. Sie waren ebenso eingeschlossen wie wir. Manchmal winkten wir uns abends zu. Auf dem Gelände wurden wir strikt getrennt gehalten.

Es gab nur eine Ausnahme. Das war die Klippschule, die in einem kleinen Haus zwischen den Quartieren und den Dünen lag. Dort wurden wir mit den Mädchen gemeinsam unterrichtet. Es gab nur eine Schulklasse für alle Altersstufen, etwa zwei Stunden lang am Vormittag. Vielleicht täglich, vielleicht zwei Mal pro Woche, ich weiß es nicht mehr. Die Lehrerin war nett, anders als die Aufseherinnen. Gelernt habe ich fast nichts. Sie beschäftigte sich hauptsächlich mit den Jüngeren und Zurückgebliebenen. Schulisch für mich reine Zeitverschwendung. Ich machte mir Sorgen um meine Versetzung nach der Rückkehr. Hat aber dennoch geklappt. Ich war halt schon vorher gut in der Schule.

Täglich wurden wir in Zweierreihen zu Fußmärschen ausgeführt, bei jedem Wetter, gemeinsam mit den Mädchen. Wenn es in die Stadt ging wurde die Route so gelegt, dass wir nicht nahe an Briefkästen vorbeikamen. Es war strengstens verboten Briefe einzuwerfen. Wer dabei erwischt wurde, musste abends Kirchenlieder auswendig lernen. Es herrschte praktisch Kontaktverbot mit der Außenwelt. Wir durften nur von der Anstaltsleitung zensierte Briefe verschicken und empfangen. Jede JVA ist heute nachrichtendurchlässiger als damals diese Kinderinternierung!

Die Einheimischen im Städtchen konnten beobachten wie Kinder beim verbotenen Posteinwurf gemaßregelt wurden. Von ihnen konnten wir keine Hilfe erwarten. Ihr Schweigen ist für mich eine Mittäterschaft. Mein Groll auf diese „braven Bürger“ begleitet mich nun schon seit Jahrzehnten.

Vor einigen Jahren lernte ich unfreiwillig eine Gruppe älterer Norderneyer näher kennen. Sie fragten mich, warum ich denn nicht mal auf ihre schöne Insel kommen wolle. Ich sagte ihnen, dass ich schon mal da war, in meiner Kindheit und erzählte ihnen von meinem schlimmen Heimweh damals und wie ich inhaftiert war. Sie taten das als belanglos ab, es sei ja schon so lange her. Vielleicht sind heute nicht alle Norderneyer so kaltherzig, jene die ich kenne aber schon.

Die (pseudo?)medizinische Versorgung fand täglich durch Eincremen statt. Wir wurden einzeln nackt auf einen Hocker gestellt und mit einer Salbe behandelt, möglicherweise Zinksalbe. Die aufgekratzten Stellen wurden verbunden. Nach etwa drei Monaten zeigte sich bei mir kaum Besserung. Mein Aufenthalt wurde um drei Monate verlängert. Meine Mutter durfte mich besuchen. Sie konnte mir aber nicht helfen. Dazu war sie zu autoritätsgläubig. Später zu Hause plagte sie offenbar ein schlechtes Gewissen. Ich wurde ziemlich verhätschelt.

In der zweiten „Halbzeit“ wurde ich auf ein Siebenbettzimmer am Ende des Aufsichtsflurs verlegt, zu den etwas älteren Jungs. Wir konnten dort nachts ungehört miteinander tuscheln und Schabernack treiben. Manchmal lagen wir zu dritt in einem Bett und rieben uns aneinander. Der Körperkontakt tat uns gut in dieser kalten Einöde.

Fairerweise berichte ich auch von zwei positiven Dingen. Im Salzwasser-Wellenbad, das wir etwa wöchentlich besuchten, bin ich das erste Mal geschwommen. Die Bewegungen konnte ich schon vorher, war aber zu Hause im Süßwasser-Schwimmbad immer untergegangen.
Mein Hautausschlag war nach einem halben Jahr geheilt. Ich durfte nach Hause. Vor meiner Zeit im Heim war ich ein fröhlicher, herumtollender Junge, danach eher ein vorsichtiger Duckmäuser, der Auseinandersetzungen aus dem Weg ging.

So früh wie möglich, nämlich mit 14 Jahren, bin ich aus der Kirche ausgetreten. Mein persönlicher Protest dagegen, dass eine grausame Kinderhaftanstalt sich „christlich“ nennen durfte. Wäre ich religiös, wäre das für mich Gotteslästerung. Manchmal stelle ich mir vor, dass ein Orkan die Teufelsinsel in zwei Teile teilt, genau an der Stelle vom Seehospiz. Ja, so kalt kann es einem im Herzen werden, wenn man sich an diese grausamen Menschen erinnert.
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Anne schrieb am 17.12.2021
Hallo, ich war in meiner Grundschulzeit mit Gewalt nach Berchtesgaden in eine graue Burg / auf einem Berg verschickt worden. Ich weiß keinen Namen. Es war so furchtbar wie die meisten hier schreiben, dass ich einfach nur schreien könnte. Wer war auch in Berchtesgaden auf einem Berg weg gesperrt? Ich erinnere mich nur, dass es auswärts war, oben, wie eine Burg. Es waren haufenweise Kinder dort gefangen, Terror, Angst, Schläge, Schreien, Wegsperren etc. Traumata den ganzen Tag und die ganze Nacht. Es war ca. 1986, ich war ca. 7 Jahre alt. Wem sagt dieses Heim etwas? Ich habe so viel Schlimmes dort gesehen als Kind.
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Aksel Brandt aus Kiel schrieb am 17.12.2021
Durch Zufall las ich im web von dieser Initiative. Bis dato dachte ich, das würde nur mich betreffen - aber es gibt mehr von uns ...
1979 fand in unserer Dorfschule eine schulärztliche Untersuchung statt. Die alte Schulärztin fertigte uns im Akkord ab, ich war ihr zu dünn ->ab nach Weilheim.

Ich war 11 Jahre alt und der Wechsel aufs Gymnasium stand bevor, als ich meiner Sommerferien und -schlimmer- meiner Menschenwürde beraubt wurde.
Die Aufseherinnen mußten wir mit "Tante" anreden. Mein skandinavischer Vorname wurde 6 Wochen lang verhohnepipelt. Die Briefe nach Hause wurden erzwungen, aber zensiert. Las die "Tante" etwas, was ihr ehrenrührig erschient, so wurde man zur Anstaltsleiterin geprügelt. Die schlug zwar nicht, hatte aber andere Methoden kleine Kinder unbarmherzig unter Druck zu setzen.
Es gab auch eine Art Nachtwächterin, die alles hasste, was nicht katholisch war. Schlechte Aussichten für einen norddeutschen Jung. Diverse (unzählige?) Nächte, die ich im Schlafanzug frierend auf einer Holzbank hockend neben ihr verbringen mußte. Schlafentzug. Fielen mir doch die Augen zu, so schlug sie ohne Vorwarnung zu.
Und für das richtig Grobe gab es noch Toni, einen jungen Jugoslawen (<- der Ausdruck war damals noch politisch korrekt) der auf dem ehemaligen Gutshof arbeitete.
Eine "Tante" mußte bloß Toni rufen und auf ein Kind zeigen und er schlug mit einer Mischung aus Karateschlag und Ohrfeige zu, daß man das Gefühl hatte, es würde einem der Kopf abgerissen. häufig war man minutenlang besinnungslos und nicht ansprechbar. Ich war von zu Hause aus die typische familiäre Gewalt der 70er Jahre gewöhnt - Weilheim toppte alles!
Wir wurden kaserniert in Schlafsälen untergebracht, mußten in 2er Reihen marschieren und dazu im Takt alberne bayrische Volkslieder singen. Freie Zeit, freie Bewegung oder gar freies Reden mit den "Mitgefangenen" war nicht vorgesehen und wurde bestraft.
Bayern ist für mich eine No-Go-Area, wenn ich bayrischen Dialekt hören muß, schrillen alle Alarmglocken, ich verlasse fluchtartig den Raum - wenn es geht ...
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Efried schrieb am 17.12.2021
Gibt es zu diesem Heim Erfahrungsberichte? Anscheind erfolgte dort eine Maserninfektion und die Trennung von den Eltern war traumatisch.
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Melanie aus Berlin schrieb am 17.12.2021
Ergänzung:
Ich habe bis heute kein Sättigungsgefühl. Vielleicht hängt es mit der Zeit als Fünfjährige im Schwarzwald zusammen.
Eine weitere Erinnerung ist, dass dort ein Mädchen war, das ebenfalls 5 war, von den anderen Kindern als Hexe bezeichnet und immer geärgert wurde, keine Ahnung, warum. Ich wüsste so gerne, wie es ihr heute geht, weil ich damals dachte, sie ist egtl. wie ich, nur dass es sie schlechter als mich getroffen hat. Dieses Mädchen geistert immer noch in meinem Kopf. Und ich weiß, dass ich sehr, sehr viel, nachdem meine Mutter mich am Zug abgegeben hatte, geweint hatte, die großen Mädchen sich aber um mich kümmerten. Namen? Alle weg!
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Anja aus Hamburg schrieb am 17.12.2021
Ich bin mit 6 Jahren nach Sylt verschickt worden, an den Namen des Heimes erinnere ich mich nicht mehr. Irgendwo gibt es, glaube ich sogar noch ein paar Fotos. An manche Dinge erinnere ich mich nur noch sehr schwach, aber ein paar Situationen sind mir sehr lebhaft in Erinnerung geblieben. Bis jetzt habe ich das unter "so-war-das-halt-damals" abgetan. Erst die aktuelle Berichterstattung macht mir klar, dass auch ich irgendwie ein Opfer bin.

Angefangen hat es eigentlich mit Kleinigkeiten. Bei der Ankunft packten die Betreuerinnen meinen Koffer aus und amüsierten sich lauthals über die Art und Weise, wie meine Mutter den Koffer gepackt hatte. Als Kind hat mich das durchaus getroffen. Immerhin wurde in meinem Beisein meine Mutter lauthals ausgelacht.

Vom Ankleideraum (den ich ähnlich einem Grossankleideraum im Schwimmbad mit Spinden in Erinnerung habe), gingen die Schlafräume ab. In jedem Schlafraum standen mehrere Betten. Sobald das Licht ausging, durften wir nicht mehr reden oder uns sonstwie bemerkbar machen. Überwacht wurden wir von einer älteren Betreuerin (ich erinnere noch immer an ihren Gipsarm). Wurden wir beim reden erwischt oder hatte wir gar aus Spaß unsere Betten getauscht und wurden erwischt, mussten wir zur Strafe im Schlafanzug alleine auf der Holzbank im Ankleideraum sitzen. Meist solange, bis jemand anderes "erwischt" wurde und die "Deliquenten" quasi gegeneinader ausgetauscht wurden. Wir saßen dort nie zu zweit, immer einer alleine.

Wir mussten mit 6 Jahren Mittagsschalf halten. In einem großem Raum waren diverse Pritschen untergebracht. Jeden Tag habe ich auf einer dieser Pritschen gelegen und versucht mich nicht zu bewegen (am liebsten nicht mal Luft holen). Die ganze Zeit habe ich auf das Geräusch geachtet, dass die Schlaghosen der Betreuerinnen machte, das durch den aneinander reibenden Stoff entstand, während sie zwischen den Pritschen ihren Kontrollgang machten. Sobald das Geräusch näher kam, habe ich krampfhaft die Augen verschlossen und so getan, als ob ich schlafen würde. Als ich neulich im Damen Gambit die Anfangsszene im Schlafsaal des Heims gesehn habe, kam bei mir sofort diese düstere Atmosphäre wieder hoch, die meine Erinnerung an diesem Schlafsaal beiwohnt. Noch heute kann ich mich in Perfektion schlafend stellen.

Das Essen wurde in einem großen Raum ausgegeben. Ich erinnere vor allem an eine Situation mit einem Jungen an meinem Tisch. An dem Tag gab es eine Fruchtkaltschale. Wir alle saßen am Tisch und zuerst wurden die Teller mit dem Essen ausgeteilt. Das Besteck war noch nicht ausgeteilt. Ein Junge an meinem Tisch wollte die Kaltschale aber schon probieren, er beugte sich vor und leckte mit seiner Zunge drüber. Ich erinnere mich nicht mehr an den genauen Wortlaut, aber die Betreuerin, die dies bemerkte meinte, wenn er schon wie ein Hund essen würde, dann müssse er das auch draussen vor der Tür machen. Ich meine mich zu erinnern, dass die Betreuerin ihm zwar noch einen Löffel gab, aber nichts destotrotz musste dieser Junge, auf dem Boden im Flur, vor der verschlossenen Tür des Speisesaals alleine essen und durfte erst wieder reinkommen, als er aufgegessen hatte. Mich hat das als Kind unglaublich schockiert.

An einem anderen Tag hatte ein Mädchen in meiner Gruppe massive Zahnschmerzen und wohl auch schon etwas Fieber. Sie traute sich nicht, das einer Betreuerin zu erzählen. Ich wollte ihr helfen, fand aber so schnell keine der Betreuerinnen. Aber ich wusste dass der Zahnarzt ein oder zwei Stockwerke über uns war. Also habe ich meine damalige "Freundin" an die Hand genommen und selber zum Zahnarzt gebracht. Weil ich keiner Betreuerin bescheid gesagt hatte, bekam ich für die Aktion richtig Ärger. Es interessierte auch keinen, dass ich keine Betreuerin gefunden hatte und dass ich die Situation als Notlage empfunden habe. Ich wurde vor allen heruntergeputzt. Zur Strafe durfte die gesamte Truppe, an diesem Tag weder Schaufeln noch Eimer zum Strandspaziergang mitnehmen. Damit war ich für alle anderen Kinder ganz klar der Ar*** der ihnen den Tag versaut hatte. Meinetwegen durften sie nicht am Strand spielen und das haben sie mich natürlich auch merken lassen. Ich wurde für eine Weile komplett von allen ausgegrenzt und zum Teil auch beschimpft. Diese Gruppenbestrafung habe ich als unfassbar ungerecht empfunden, vor allem, weil ich nur einem anderen Kind in einer Notlage helfen wollte.

Natürlich bekamen wir auch irgendwann Post von unseren Eltern. Da wir selber noch nicht lesen konnten, wurden uns die Briefe von den Betreuerinnen öffentlich vorgelesen. Mir ist nur ein einziger Brief in Erinnerung geblieben. In diesem Brief fragt meine Mutter mich, wie mir der gestiefelte Stoffkater gefallen hätte, den sie in einem Paket an mich verschickt hatte. Ich war total schockiert. Niemand hatte mir ein Päckchen ausgehändigt, das Stofftier habe ich nie erhalten und es hat sich auch keine der Betreuerinnen dafür interessiert, wo dieses Paket geblieben sein könnte, obwohl ich natürlich unbedingt wissen wollte, wo mein Paket geblieben ist. Ich hatte auch keine Chance irgendwo nachzufragen oder meine Eltern kurzfristig zu informieren. Bis heute glaube ich, dass jemand von den Betreuerinnen oder der Poststelle, dieses Stofftier mitsamt Paket gestohlen hat. In unserem Familienalbum gibt es ein Foto davon, wie meine Mutter dieses Paket packt. Wenn immer ich dieses Foto sehe, habe ich auch heute noch das diffuse Bedürfnis, nach dem Verbleib des Pakets zu forschen.
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Melanie aus Berlin schrieb am 17.12.2021
Tja, ich wurde mit fünf Jahren wegen meiner damaligen Sprachbehinderung in den Schwarzwald verschickt und war eine der Kleinsten. Weil ich am Esstisch lachen musste, sollte ich gefühlt stundenlang alleine im Schlafzimmer bleiben, ohne Nachtisch und ohne, dass ich mein Mittag fertig gegessen hatte. Bis heute esse ich am liebsten zuerst den Nachtisch, damit man ihn mir nicht wegnehmen kann... Ich habe auch in Erinnerung, dass man 1x entweder eine Nachtwanderung oder einen Vorleseabend haben durfte. Ich entschied mich für das Vorlesenbekommen. Leider war das nicht einfach ein Zuhören, sondern ein Drill des Nacherzählens. Wir wurden böse beschimpft, wie, weiß ich nicht mehr. Auf jeden Fall ist es für mich bis heute kein Vergnügen, Leuten beim Vorlesen zuzuhören und Nacherzählungen sowie Inhaltsangaben sind mir bis heute verhasst. Ich glaube, unsere Verschickung wurde vorzeitig abgebrochen, weil Scharlach/Mumps ausgebrochen ist.
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Joachim Kick schrieb am 17.12.2021
Hallo,
ich war nicht in Engelsbrand. Allerdings ist Engelsbrand jetzt eine geschlossene gerontopsychiatrische Einrichtung. Ich habe dort meine Ausbildung gemacht von 2006-2009.
In der Verwaltung werden noch die ganzen Belegungsbücher der Patienten aufbewahrt die in Heilklinik waren. Ich hatte selbst Einblick in diese.
Ich denke, dass man dort bezüglich weiterer Infos bestimmt Einblick bekommt.
Liebe Grüße
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Joachim Kick schrieb am 17.12.2021
Ich war als Kind Asthma gefährdet und ein starker Allergiker. So wurde ich im Winter 1971 nach Lenggries zur Kur geschickt. Es war das Georgi Haus. 6 Wochen von Zuhause weg bis kurz vor Weihnachten. Dort herrschte ein sehr strenges Regiment. Nachts Toilettenverbot! Wer sich nicht daran hielt, musste in der Strafecke die ganze Nacht verbringen. Was es zu Essen gab weiß ich nicht mehr, ich kann mich lediglich an so eine Grütze erinnern, die widerlich schmeckte. Die musste ich aufessen, auf Teufel komm raus. Ansonsten gabs Strafecke. Kontakt mit zuhause war erlaubt, schriftlich und telefonisch. Die geschriebenen Briefe und Karten wurden kontrolliert und mussten auch noch mal neu geschrieben werden, wenn sie nicht den Vorschriften des Hauses entsprachen. Telefongespräche wurden nur unter Bewachung erlaubt, nach vorheriger Instruktion was zu sagen ist und was nicht. Eingehende Post wurde vorher gelesen. Ob ich alle Briefe bekam weiß ich nicht. Auf jeden Fall ging aus einem Brief hervor, dass ich zu Nikolaus ein großes Paket bekomme mit ganz vielen süßen Sachen, die ich dann mit meinen Mitinsassen teilen sollte. Ich bekam aus dem Paket, soweit ich mich erinnere, nur einen kleinen Weihnachtsmann. Der Rest wurde fürs Personal in einem abgesperrten Raum aufbewahrt. Ein Mitinsasse, er kam aus der Nähe meines Heimatortes, war auch gierig auf Süßes. So haben wir alles ausspioniert und uns unerlaubten Zugang zu diesem Raum verschafft. Dort haben wir uns die Taschen voll gemacht und sind dann auf die Toilette gegangen.
In der Nacht, soweit ich mich da noch erinnere, gab es eine Person, die nicht immer dort war. Sie war sehr nett, hat mir auch mal für meine verklebten Augen Tropfen gegeben. Sie sagte uns auch immer, dass wir nichts sagen sollen über ihr freundliches Verhalten uns gegenüber.
Da ich nicht so dünnhäutig war, ist dieser Aufenthalt doch ziemlich spurlos an mir vorbeigegangen, aber halt nur ziemlich. Immer wieder kommen die Gedanken an diesen Aufenthalt in mir hoch. Ich versuche zu rekonsturieren, mich an mehr zu erinnern. Es wäre toll hier noch mehr Leidensgenossen/innen zu finden um sich auszutauschen.. Meldet euch einfach bei mir wenn ihr auch dort wart.
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Elke schrieb am 17.12.2021
Ich war 10 Jahre alt und wurde wegen Untergewicht von meinen Eltern in Wittgenstein mit einem Schild/Zielort um den Hals ganz alleine in den Zug Richtung Niendorf/Ostsee gesetzt. Der Schaffner/Kontrolleur wurde gebeten, ein "Auge auf mich" zu haben. Es waren sonst keine anderen Verschickungskinder im Zug, jedenfalls keine, an die ich mich noch erinnere. Angekommen in Niendorf fand ich es erst spannend und toll; ich hatte ja noch nie das Meer gesehen. Die anfängliche Begeisterung wich schnell dem brennenden Heimweh, das mir täglich die Brust zuschnürte. Dieses bohrend schmerzhafte Gefühl hatte ich während der fast gesamten 6 Wochen dort, irgendwann zum Ende hörte es jedoch einfach auf...Während der Zeit wurde ich nicht geschlagen oder körperlich mißhandelt, musste jedoch auch vor dem Teller sitzen bleiben. Ich musste kein Erbrochenes und hatte mich auch nicht erbrochen. Ich saß nur den ganzen Tag vor diesem Teller; gegessen habe ich aber trotzdem nichts. Zum Wiegen hatten wir alle unsere Unterhosen an. Um es für uns Kinder etwas leichter zu machen, spielten die Betreuerinnen nachts Märchenplatten in den Fluren ab. Das hat das schreckliche Heimweh etwas abgemildert. Wir haben viele Spaziergänge am Stand unternommen und dabei Robben beobachtet. Viele Erinnerungen sind auch nicht mehr da - einfach gelöscht. Ich wurde während dieser Zeit sehr krank (es stellte sich heraus, dass es Windpocken waren) und isoliert. Ich dachte damals, noch schlimmer kann es nicht mehr kommen und dass alles irgendwie egal sei! Ich hatte hohes Fieber und habe phatasiert. Plötzlich konnte ich mich nicht mehr an das Gesicht meiner Mutter erinnern und wurde panisch. Danach habe ich sehr lange geschlafen - vermutlich habe ich ein Medikament zur Ruhigstellung bekommen. Als ich dann nach 6 Wochen vom Bahnhof zu Hause abgeholt wurde, hatte ich nichts zugenommen, aber mein Leben war dadurch geprägt worden und ich hatte mich verändert. Erstaunt bin ich, wie viel ich verdrängen konnte! So etwas hätte ich meinen eigenen Kindern niemals angetan - das steht für mich fest. Oft wird das Verhalten der Eltern mit "ach, das war eine andere Zeit" zu rechtfertigen versucht. Das kann ich nicht gelten lassen!
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Ingrid Mages schrieb am 17.12.2021
Ich war 8 Jahre alt, als ich nach St.Peter Ording verschickt wurde. Mit dem Zug ging es von meinem Heimatort unter Aufsicht einer "Tante" nach Stuttgart. Es waren mehrere Kinder, die verschickt wurden, es war halt damals die große Lösung für Neurodermitiker wie mich. Salzluft wurde verordnet. In Stuttgart wurden wir in einen anderen Zug gebracht, der nach Hamburg Altona fuhr. Ich weiß noch, dass ich mit den anderen Kindern in einem Abteil war. Allerdings weiß ich nicht mehr, wie wir von Hamburg anch St. Peter Ordning kamen. Ich war in der Gruppe der Meerkatzen; ich habe heute noch die Karte mit dem Foto der Mädchen, mit denen ich im Haus zusammen war; auf dem Rücken der Karte habe ich auch damals alle Namen geschrieben. Die 3 Betreuerinnen sind ebenso darauf und ich habe eine Postkarte, die mir von einer Betreuerin (Studentin der Hochschule) geschickt wurde, und darauf ist zu sehen, wie Köhlbrand damals aussah. Im Mai diesen Jahres war ich wieder dort und habe das Haus, in dem ich gewohnt habe, sofort wieder erkannt. Es sind einige Gebäude dazu gekommen, aber mir liefen die Tränen, denn ich habe eine gute Erinnerung an die 6 Wochen. Es kann auch sein, dass ich die bösen Einnerungen verdrängt habe, denn das, was viele hier als Erfahrungen im Heim erzählen, hatte ich zuhause mit meiner Familie. Eingesperrt im Dunkeln, stundenlanges Sitzen am Tisch mit Essen, das ich nicht mochte, verprügelt zu werden wegen kleiner Vergehen, war bei mir der Alltag und vielleicht habe ich meinen Kuraufenthalt deshalb als etwas Gutes in Erinnerung. Ich habe Rock 'n Roll gelernt mit Lieder der Flower Power "If you'r going to San Francisco" , habe meinen ersten Kuss beim "Abschiedsball" bekommen, viel Zeit mit Völkerball, Volleyball und anderen Spielen verbracht. Allerdings kann ich mich auch noch an den grünen Wackelpudding erinnern, den mochte ich nicht. Obwohl ich auch zu dünn war, wurde ich nur angehalten, mal zu probieren und nach einem Löffel, gab ich meist wieder auf. Auch ich habe meiner Mutter ein Muschelkästchen gekauft, das sie heute noch besitzt. Ich kann mich auch daran erinnern, dass ich viel Post von meiner Oma bekommen habe, die in Sütterlin geschrieben hat, das ausser mir niemand lesen konnte. Ob meine Briefe gelesen und korrigiert wurden, weiß ich nicht mehr. An den Mittagsschlaf kann ich mich auch noch erinnern. Die meisten von uns konnten nicht schlafen, aber wir mussten still in den Betten liegen. An das wöchentliche Wieden im Flur, an die Namensschildchen in den Kleidern, auch an meinen Wäscheschrank draußen im Flur kann ich mich erinnern und wie der Schlafsaal ausgesehen hat. In der Mitte am Fenster stand ein Tisch mit 3 Stühlen. Ich glaube, es waren 8 Betten, vielleicht auch 9. Zum Essen sind wir immer in 2er Reihen zum Haupthaus gelaufen. An den Strand von St.Peter, an die Dünen und das Baden in der Therme kann ich auch noch erinnern. Und dass meine Eltern in St.Peter warten mussten, bis sie mich abholen durften. Mit Monika habe ich viele Jahre noch Briefe ausgetauscht, ich wüßte gerne, was ihr und den anderen Mädchen wie Nicole, Marion, Edith, Sylvia, Dagmar und Eva geworden ist. Vielleicht wird mein Beitrag erkannt und es meldet sich eine von euch.
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Silke schrieb am 17.12.2021
Meine Eltern hatten Angst ich sei zu dünn. Zudem war ich sehr gross, deshalb wurde ich auf eine Kinderkur geschickt. Die Schwestern waren streng, ich kann mich an lange Tische im Speisesaal erinnern. Hier wurde aufgegessen. Nach dem Essen mussten alle Bettruhe halten. Dazu hatte ich keine Lust, aber ich blieb im Bett liegen. Die Schwestern kontrollierten. Die schon länger da waren, hatten die Augen zu, auch wenn sie zwei Sekunden zuvor noch getuschelt hatten. Meine Augen war auf, daraufhin erhielt ich von der Schwester eine Backenschelle, die sich gewaschen hatte. Meine Lektion hatte ich gelernt, anpassen und Augen zu. Nach 14 Tagen bekam ich Scharlach. Daran erinnere ich mich besonders deutlich. Die Schwester zerrte mich hinter sich her und brachte mich ins Kinderkrankenhaus. Da ich zuerst in Quarantäne musste, lag ich allein in einer Art Abstellkammer (um mich rum nur abgedeckte Krankenbetten), sonst niemand.v Das war gruselig, alles grau. Die Ärzte kamen einmal morgens, hielten mich zu viert fest und nahmen Blut ab. Die einzige dic sich mit mir kurz unterhalten hat, war die Putzfrau. Die war nett. Meine Eltern durften mich nicht besuchen, nur aussen am Fenster hochwinken. Das sehe ich heute noch vor mir. Ich weiss noch, dass ich in meiner Verzweiflung alles anstellte, damit nur jemand kam. Einmal hat mir eine Schwester etwas vorgelesen. An die Geschichte erinnere ich mich nicht mehr, nur an das Gefühl. Dunkel, düster, angstmachend. Irgendwann durfte ich aus der Quarantäne raus und lag mit anderen im Zimmer. Alle meine Kuscheltiere die ich von zu Hause mitgenommen hatte, waren vernichtet worden, aus Angst vor Ansteckung.
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Siegfried Maier aus Stuttgart schrieb am 17.12.2021
Ich war mit meinerasthmakranken Schwester als "Beilage" 1966 im Wigwam in Kampen/Sylt.An Zwei Erlebnisse kann ich mich noch heute erinnern: Das Erbrochene wieder zu Essen war an der Tagesordnung. Wenn ein Kind unangenehm aufgefallen ist, wurde es von der Betreuerin mit den Fingernägeln so fest in den Oberarm gezwickt dass tagelang ein Bluterguss zu sehen war. Ich habe es nicht so schlimm in Erinnerung da ich zu dieser Zeit schon abgehärtet war durch einige Jahre in einem katholischen Kloster in Bayern, heute würde man Gulag zu so einer Einrichtung sagen. Als "Belohnung" durfte ich dann mit 15 eine Metzgerlehre machen, da ging es gerade so weiter. Volles Programm also, aber ich habe immer versucht, mit Optimismus durchs Leben zu gehen. Ich denke, für unsere Elterngeneration, die in der NS Zeit aufgewachsen ist, war das nichts besonderes, die kannten es ja auch nicht besser. Trotzdem Gruß an alle "Geschädigten" und immer dran denken, es gibt ja auch so viele positive Dinge im Leben und die machen es lebenswert.
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Gaby schrieb am 17.12.2021
Ich war 7 Jahre alt als ich wegen immer mit hohem Fieber auftretender "schwerer Bronchitis" vom Kinderarzt in eine sechswöchige Kur nach Borkum ins Adolphinenheim geschickt wurde. Vieles ist natürlich verblasst. Aber erinnern kann ich mich noch an unsere Betreuerin "Tante Gisela", an die alle zwei Tage stattfindenden "Salzbäder" und ich immer Angst hatte in der Badewanne zu ertrinken. Alle 2 Tage wurden die Haare nach Läusen abgesucht. Die bis heute andauernde große Abneigung gegen Milch, weil es entweder Milchsuppe mit Nudeln, Milchsuppe mit Pflaumen, Grießbrei etc. etc. gab. Und wofür es einen Eßlöffel mit Lebertran gab, weiß ich bis heute nicht.
Das ist im Vergleich zu den anderen Berichten nichts Schlimmes - dennoch hat mich diese Zeit auch "geformt".
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Thomas aus Hamburg schrieb am 17.12.2021
Ich wurde auf Grund einen chronischen Bronchitis als Kind bzw. Jugendlicher 3 x verschickt, da wir in Hamburg-Bahrenfeld direkt neben den Phönixhöfen wohnten, wo zu der damaligen Zeit noch die Schwerindustrie sass und die Schornsteine qualmten. Ich wurde Ende der 60'er-Jahre im Alter von 5 Jahren zunächst nach Bad Sooden-Allendorf verschickt - da führten Nonnen ein strenges Regiment und ich erinnere mich nur schwach - woran ich mich allerdings erinnere ist, dass es, wie damals nicht unüblich, Toiletten in den Zwischnetagen gab, die nicht abgeschlossen werden konnten, was zu allerlei unerfreuclichen Störungen bei der Verrichtung der Notdurft führte. Und dass einmal ein Junge, der sich ins Essen erbrochen hatte, tatsächlich von den Nonnen genötigt wurde, sein Erbrochenes aufzuessen. Da meine ältere Schwester auch mit von der Partie war, war dass aber alles für nicht so schlimm - allerdings war ab diesen Zeitpunkt die Kirche für mich erledigt. Ganz andere und sehr positive Erfahrungen habe ich einige Jahre später bei der Verschickung in das Jugendheim Vogelkoje auf Sylt gemacht, da war ich ungefähr 10 oder 11 Jahre alt und es hat mir wesentlich mehr Freude bereitet - den ganzen Tag im Freien, Fussball spielen und das Essen war nach meiner Erinnerung auch in Ordnung bzw. ist mir nicht negativ im Gedächtnis verhaftet geblieben - zudem hat mir die gute seeluft gut. Ich war allerdings irritiert, als irgendwann Kinderdiso angesagt war und auf einmal 3 'ältere' Mädchen mich bestürmten und ich mit ihnen tanzen sollte. Ein paar Jahre später war ich wieder an gleicher Stelle und während des zweiten Aufenthalts hatte ich irgendwann Heimweh - aber ein junges Mädchen hat mir darüber hinweg geholfen.
Ingesamt fällt somit mein Fazit positiv aus!
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Dr. Martin Rosebrock aus Friedberg schrieb am 17.12.2021
Hallo zusammen,
erschütternd, was man da liest ... aber ich habe in zwei Verschickungen gute Erfahrungen gemacht. Ok, die Erinnerung ist nicht mehr richtig da, aber so Momente, bspw. gemeinsam Blaubeerensammeln (und essen) im Schwarzwald, leckeren Blumenkohl, den ich mir nachgeholt habe, so ein paar Dinge sind noch ein bisschen präsent. Also es war nicht überall schlimm.
Grüße Martin Rosebrock
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Markus schrieb am 17.12.2021
Ich wurde dreimal wegen Asthma auf Kur geschickt.
In meiner ersten Kur als 3 oder 4-jähriger in Gaißach war es streng verboten, nachts das Zimmer zu verlassen um die Toilette aufzusuchen. Eine Nachtschwester hat den Gang wütend bewacht. Ein Kind hat sich Verzweiflung in die Ecke unseres Zimmers erleichtert.

Meine Aufenthalte in Norderney waren überwiegend positiv. Beim zweiten Aufenthalt in Norderney waren wir mit ein paar wesentlich älteren Kindern untergebracht.

Ein Jugendlicher vergriff sich mehrfach an den Genitalien anderer männlicher Kinder. Beschwerden an die Schwesternschaft blieben ohne Reaktion: Man könne nichts machen, "normalerweise" würde der Jugendliche heimgeschickt, aber da der Vater des Jugendlichen die Kurz privat bezahlt, seien ihnen gegenüber der Klinikleitung die Hände gebunden.
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Silvia schrieb am 17.12.2021
Mein Mann mag unheimlich gerne Germknödel mit Vanillesoße. Was das mit meiner Kur als Bettnässerin zu tun hat? Mir wurde regelmäßig schlecht und teilweise wurde ich völlig überraschend zornig, wenn ich den Geruch in die Nase bekam.
Und dann kam mir die Erkenntnis, dass mich dieser Geruch an die Frühstückssuppe im Kinderkurheim Reinhardshausen erinnerte.
So nach und nach kamen aus meinen Hinwindungen die Erinnerungen ans Tageslicht:
Ganz besonders der Durst, der mir in den 6 Wochen abtrainiert wurde (bis heute habe ich große Probleme mit ausreichendem Trinken),
mein Geburtstagspaket (ich wurde 7), das ich zwar öffnen durfte, aber weder vom selbstgebackenen Lieblingskuchen noch von den Süßigkeiten, die mir meine Mutter einpackte, anschließend etwas essen durfte,
wie wir Bettnässer von der Heilquelle zurückgedrängt wurden (nach einem Fußmarsch nach Bad Wildungen) und zusahen, wie die Nierenkranken ein ums andere Glas Wasser im Hochsommer trinken durften,
die Scham, wenn es abends für uns, die wir wieder das Bett eingenässt haben, nur ein halbes Glas Tee bekamen mit dem wohlmeinden Rat: Einfach drei Nächte hintereinander trocken, dann gibt es ein volles Glas.
Wenn ich das hier schreibe, spüre ich meiner damaligen Verzweiflung nach.
ABER: Ich lernte dort auch meine langjährige Brieffreundin kennen. Wir hielten zusammen und tauschten unser Wissen über Beeren und Sauerampfer aus. Sauerampfer lässt einen den Durst vergessen.
Was mir geblieben ist: Meine Abneigung zu trinken, die ich immer noch nach fast 50 Jahren bekämpfe.
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Regina aus Bochum schrieb am 17.12.2021
Ich wurde als sechsjährige allein wegen Heuschnupfen zur Kinderkur geschickt. 2 Jahre später ging es wieder weg. Trennung von den Eltern, von Zuhause....., kaltes Klima, unendliches Heimweh, das aber auf keinen Fall mitgeteilt werden durfte und beide Male schreckliche Erlebnisse, die ich noch nie aussprechen konnte (unendliche Scham).
Ich dachte immer, das seien individuelle Erfahrungen gewesen... und bin erstaunt, erschreckt, dass es vielen damals ähnlich ergangen ist. Deshalb schreibe ich ...
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Marion Nutz aus Nürnberg schrieb am 17.12.2021
Ich war damals auf Amrum, ich weiß nicht mehr wie alt ich war, doch an nichts kann ich mich mehr erinnern, nur das Essen musste ich aufessen. Ich war viel zu dünn. 6 Wochen sollten es sein. Ich weiß nur noch, dass ich so schreckliches Heimweh hatte. Und wieder kommen mir die Tränen. Heute bin ich 54 Jahre und habe gerade durch Zufall diese Seite entdeckt. Vielen Dank dafür. Ich weiß jetzt das ich nicht alleine bin.
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Markus schrieb am 17.12.2021
Ich war damals im Jahr 1984 auch in solch einer Kinderkur.Und es macht mich betroffen,daß es solche Berichte gibt.Denn ich habe ganz andere Erfahrungen gemacht.Ich war damals in Wyk auf Föhr wegen meiner Bronchitis.Wir haben dort tolle Wattwanderungen gemacht,Ausflüge zu Robbenbänken und auf Krabbenkuttern.Schnitzeljagden und Lagerfeuer mit Stockbrotessen.Wir haben Museen und Teestuben besucht und Fahrten mit der Fähre zu den umliegenden Inseln gemacht.Tagsüber haben wir viel Fußball oder Tischtennis gespielt und sind in die Nordsee schwimmen gegangen.An das Essen kann ich mich gar nicht mehr erinnern,was wahrscheinlich positiv ist,denn an schlimme Dinge erinnert man sich wahrscheinlich auch nach so vielen Jahren noch.Ich fand es insgesamt klasse!Ich kann mich sogar noch an die nette und liebevolle Betreuerin unserer Gruppe erinnern.Sie hieß Frauke und dürfte heute um die 70 sein.Ich möchte ihr an dieser Stelle für das schöne Erlebnis danken.
Ich denke,daß diese Berichte eher von Ausnahmen erzählen,aus Häusern in denen "gute katholische" Nonnen gehaust haben,die ähnlich wie in manchen Krankenhäusern noch der spanischen Inquisition nachgetrauert haben.
Meine Bronchitis hatte sich übrigens nach den 6 Wochen erledigt.Dazu dürften die Inhalationskuren erheblich beigetragen haben.Es tut mir leid für alle,die andere und schlechte Erfahrungen gemacht haben.
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Sonja schrieb am 17.12.2021
Sehe heute rein zufällig diese Seite!
Ich glaube, ich war 1958 und 1962 in der Kinderkur auf Borkum.
Meine erste Kur war in "Marienhof" auf Borkum. Das Haus war die Hölle!!!
Erinnere mich ganz genau, dass im "Marienhof" auf Borkum Kinder wahnsinnig Heimweh hatten, beim Essen erbrochen haben und das auch wieder aufessen mussten!! DAS sehe ich heute noch lupenrein vor mir! In diesem Haus gab es Nonnen, stimmt. Von denen waren einige unerbittlich!! Millitärisch, kaltes Regime!
Später war ich in "Haus Ruhreck", das der Stadt Essen gehörte. Dort war es viel, viel besser! Die "Tanten" waren zwar auch sehr verschieden.... aber doch recht erträglich. Es gab in "Marienhof" und auch in "Haus Ruhreck" freitags häufig Walfischfleisch. Außerdem täglich 1 Esslöffel echten Lebertran (Pfuiteufel!!). Jedes Kind musste seinen Kopf nach hinten beugen, die "Tante" ging hinter den Stuhlreihen her und ließ in jeden Mund 1 Löffel Lebertran laufen.
Erinnert sich jemand an "Tante Christel" von Haus Ruhreck? Die war doch ganz okay!
Stimmt auch, dass die Schlafsäle nachts abgeschlossen waren bzw. man nicht zur Toilette gehen durfte. Komme, was da wolle...
JAAA, das war echt schlimm.
Stimmt auch, dass die "Tanten" für die kleineren Kinder die Postkarten geschrieben haben. Die älteren durften selber schreiben, aber den Brief nicht zukleben..... und manchmal neu schreiben!
Aber ich habe auch schöne Erinnerungen an Borkum und an Haus Ruhreck.
Ich glaube nicht, dass ich Schaden genommen habe, aber es war schon schräg, jetzt im Nachhinein gesehen. Das Beste war, möglichst unauffällig und angepasst zu sein. Dann vergingen die 6 Wochen ganz passabel.

Ich liebe aber seitdem die Insel, war schon öfter dort und habe die positiven Erinnerungen aufgefrischt.

Heute denke ich, was Borkum angeht, die meisten Betreuerinnen haben ihren Job gerne gemacht. Es war eine andere Zeit mit einem völlig anderen Umgangsverständnis mit Kindern! Man wusste es vielleicht nicht besser und dachte, man müsse Kindern Räson beibringen??

Mal ehrlich, heute gibt es auch Lehrer, Erzieher, Erwachsene überhaupt, die ihre Macht über Kinder ausspielen, mobben, verletzen usw. OBWOHL sie heute eine entsprechende pädagogische Ausbildung haben!
Als Eltern muss man seine Kinder von klein auf stärken und schützen, Dazu gehört bedingungslose Liebe zum Kind und Mut!
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Siegmund Heimann aus Köln schrieb am 17.12.2021
Meine Erfahrungen sind durchweg positiv.
In den Zug im Nachbardorf (Südniedersachsen) gesetzt, abgeholt und das gleiche bei der Rücktour.
Das Wetter spielte keine Rolle. Man war immer draussen, hat gespielt (auch unter Anleitung).
Im Sozialkontakt musste man sich einfügen, oder hat selbst die Gruppe beeinflusst.
Zu jeden Teller Linsensuppe gab´s ein Würstchen. Einmal schaffte ich derer sieben. Im Kreis, mit freiem Oberkörper und den dicken Brillen um die "Höhensonne" laufen. Ein riesiges Aquarium trennte zwei Säale voneinander. Die Jungs hingen vor dem Glas, um die Mädels bei "Höhensonnengang" zu beobachten. Alles kindlich normal und mit klaren Direktiven durch das Personal.
Würde heute dem einen oder anderen wohlstandsverwöhnten Fridayshüpfer auch gut tun.
Hat´s mir geschadet? Eher nicht! Habe einen Handwerksberuf gelernt, mit Auszeichnung, Psychologie mit Note 1 und auch ansonsten, mit jetzt 70 Jahren, ganz "gut drauf.
Ach so! Bei der Sturmflut 1962 (Norderney) wurden wir mit den letzten Schiff (Ich glaube "Frisia 6") ans Festland gebracht. Der Keller stand schon unter Wasser. Für uns schon dramatisch aber man hat sich verantwortungsbewusst um uns gekümmert.
Bei meinem zweiten Einsatz auf Spiekeroog traf ich einige Jungs vom Vorjahr wieder. Großes Hallo und ab gings sofort zu Räuber und Gendarm in die Dünen.
Negativ: Die dicken Bandnudeln in einer Milchsoße.
Aber - man muss ja nicht alles mögen.
Bleibt normal und sozial.
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Rüdiger aus MeckPom schrieb am 16.12.2021
Weil ich angeblich zu dünn war wurde ich später eingeschult und hatte das zweifelhafte Vergnügen Büsum kennenzulernen. Wie ich viel später erfahren habe, gibt es eine Anomalie, ich habe Gallengänge die es sonst nicht gibt. Ich konnte als Kind nur unter großen Schmerzen essen und habe fette Nahrung nicht vertragen. Das Sättigungsgefühl und Ekelgefühl wurde damals abtrainiert, im Ergebnis führte das zu Adipositas und auch wahrscheinlich zu meinem Crohn. Die Entscheidung später eingeschult und in die Kinderverschickung zu gehen kam von dem Amstarzt, ein bekannter Nazi mit sehr zweifelhafter Vegangenheit, ein Stengel von Rutkowski. Meine Eltern fragten nochmal nach, als ich weinend von einem 6 Wochenaufenthalt ohne Eltern erfuhr. Man solle sich nicht aufregen, wir wären doch nicht an der Rampe. erst später habe ich die Bedeutung verstanden...
Im Büsum angekommen wurde ich als einer der Jüngsten permanent unterdrückt, ich musste täglich fette Suppe mit fettem Fleisch essen, Nachmittags wurde ich bei den Spaziergängen nach dem angeordneten Mittagschlaf am Deich spazieren gehen. Regelmäßig wurde ich von den Größeren in die Schafsch... geworfen und angemessen dafür bestraft, weil ich angeblich nicht gut laufen könnte. ich erinnere mich an vieles Essen, wie Fisch in Senfsoße, ich musste ständig Dinge essen die ich nicht mochte. einmal wöchentlich schrieb eine tante einen Brief, der nicht meinen Worten entsprach. ich bekam nur einmal ein Paket, ich glaube zum Geburtstag. Die Eltern sollten nichts schicken wegen der Gleichheit angeblich. Ich erinnere mich noch, das die wenigen Süßigkeiten zu 90% an andere verteilt wurden. Die anderen kinder erhielten oft Pakete, auch das wurde verteilt. Ich erhielt manchmal etwas davon, das wurde von den älteren einkassiert. Unterdrückt wurde ich ständig. Ich konnte nichts mehr, warf die fettigen Fleischbrocken unter den Tisch, oder sammelte sie im Mund und tat sie in mein Taschentuch. ich wurde immer erwischt, oder verpetzt. Das gab dann Strafen, so bekam ich weniger Süßigkeiten, keinen Pudding und auch nichts zu trinken wenn ich Durst hatte. Alle mussten auf mich warten und mir beim essen zusehen. Sie wurden zu Spitzeln gemacht um zu kontrollieren ob ich alles Fette esse. erst dann gab es für die anderen Süßigkeiten. Ich war sehr starkem Druck ausgesetzt. Meine Eltern glaubten mir nicht. Als ich nach Hause kam, war ich sehr krank und tramatisiert. Ob ich daher bleibende gesundheitliche Probleme davon getragen habe könnte verneinten alle Ärzte, ich bin mir da aber nicht so sicher. Es ist lange her, aber ich hätte Interesse am Austausch mit anderen. ich war der Junge mit dem roten Parka von meiner Schwester, den ich auftragen musste 😉
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Bresser, Barbara aus Bremen schrieb am 16.12.2021
Ich wurde aus meiner Erinnerung im Jahre 1959/60 in einem Heim in Wyk auf Föhr zur "Erholung" untergebracht. Dort wurden die Kinder mit Lebertran bis zum Erbrechen gefüttert, das Erbrochene wurde unter das Essen gerührt und musste aufgegessen werden! Bettnässer wurden im Schlafsaal vor allen Kindern angeprangert! Als ich mich dort im Heim erkältet hatte (weil ich in meinem vollgenässten, kalten Bett sehr lange liegen musste), wurde ich für einige Tage isoliert. Es war für mich ein traumatischer Aufenthalt, an den ich noch heute mit 67 Jahren sehr oft denken muss:-(
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Linde Gärtner aus Vaals schrieb am 16.12.2021
Hallo Jürgen, ich war 5 Jahre vor dir dort, 1958, und "nur" 3 Monate lang, was mir schon viel vorkommt für eine 3-Jährige. 8 Monate ist ja unglaublich! Leider habe ich keine wirkliche Erinnerung daran, ich weiß nur, dass meine Eltern mich 1x besuchen durften, davon gibt es Fotos mit dem Krankenhaus im Hintergrund. Hast du Erinnerungen?
Viele Grüße Linde
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Albrecht Werner aus Frankfurt schrieb am 16.12.2021
Ich wurde wegen angeblichem Untergewicht mit 5 Jahren verschickt.
Ich kann mich genau an die Stunden vor Milchsuppe mit Polenta zum Frühstück erinnern. Noch heute wird mir übel wenn ich nur an Milch denke...
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ab schrieb am 15.12.2021
Ich war während meiner Grundschulzeit Anfang der 70ger in Pelzerhaken - ich galt als "zu dünn". Andere Kinder waren"zu dick". Es gab ausgiebige Märsche an der Ostsee - zugenommen habe ich nicht. Nachts durfte man das Zimmer nicht verlassen, es wurde auf dem Flur patrolliert. Nach einem Einbruch, bei dem ein Mann sich Mädchen ( in anderen Zimmern) genähert hat, wurde uns verboten, etwas darüber an unsere Eltern zu schreiben. Karten und Briefe wurden kontrolliert. Das hat mich damals sehr empört. Aus Angst haben wir uns dann "bewaffnet" mit Steinen und Schleudern und gern auch zu zweit in einem Bett geschlafen. Darüber gesprochen wurde nicht, auch nach der Zeit war es kein Thema.
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ute bölling aus bremen schrieb am 15.12.2021
ich war 3, 4 und 5 jahre alt und wurde wegen neurodermitis und asthma bronchiale je 6 wochen im sommer in ein kinderheim auf borkum verschickt. mit 3 jahren war ich die jüngste im heim und stand in der hiearchie ganz unten. ich durfte nichts. jede nacht habe ich mich in den schlaf geweint. mein erbrochenes essen mußte ich auch im speisesaal allein zurück geblieben essen. kein kontakt zum elternhaus für mich, aber hinter meinem rücken berichte über mein angeblich renitentes verhalten im heim. zuhause wurde mir dann gesagt, sie könnten durch wände schauen und hätten es so mitbekommen. habe ich als kind jahrelang geglaubt und mich nie unbeobachtet gefühlt.
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Beate schrieb am 14.12.2021
Gmund war furchtbar. Ich war fünf Jahre alt und konnte nicht schreiben. Meine Schwester, sie war sechs, hat versucht nach Hause zu schreiben damit die Eltern uns holen kommen aber der Brief wurde zensiert. Ich erinnere ich daran wie ein Mädchen öffentlich beschämt wurde weil die in die Hose gemacht hatte. Sie wurde im Speisesaal vor allen Kindern lächerlich gemacht.
Man durfte nicht alleine duschen und wurde viel zu kalt abgebraust.
Ich erinnere mich, dass ich Hunger hatte und dass wir heimlich Tempotaschentücher aßen.
Wenn jemand ein Päckchen von zu Hause bekam, machten die Betreuerinnen es auf und nahmen die Süßigkeiten heraus. Die durfte man nicht essen.
Ich erinnere mich an das Holzkreuz über der Tür des Schlafsaales.
Gmund hat mir eine lebenslange Abscheu für Reisbrei und Religion beschert.
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Hans-Joachim Kreisel aus Reutlingen schrieb am 13.12.2021
Hallo, ich war 1963 als 7-jähriger 4 Wochen zur "Erholung" im Haus Schönsicht. Ich kam 2kg leichter (eigentlich sollte ich zunehmen) zurück. Am ersten Tag wurde ich bereits geohrfeigt, weil ich vor der Mittagsruhe zur Toilette gerannt war (man rennt nicht im Haus!), die regelmäßigen Gewaltmärsche führten zu blutigen Blasen an den Füßen und in der Nacht nach einem Fischessen hatten alle Kinder Brechdurchfall, saßen jammernd in den Gängen und erleichteretn sich, weil die wenigen Toiletten belegt waren. Zum Schluss musste man den sauberen Po den netten "Tanten" die rauchend im Aufenthaltsraum saßen zeigen. Es war der Gipfel der Würdelosigkeit! Wir durften Briefe schreiben, diese wurden gelesen und bei Missfallen (so geschehen bei mir) zur "Bereinigung" zurückgegeben. Das alles war schlimm. Schlimmer allerdings war die absolute Lieb- und Freudlosigkeit mit der wir Kinder behandelt wurden. Bis heute ein traumatisches Ereignis!
PS: beei Bedarf gerne ausführlicher
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Helmut aus Köln schrieb am 13.12.2021
Hallo Wolfgang, ich war auch im Kloster Polling. Melde dich bitte mal.
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Udo Beckmann aus Tönisvorst schrieb am 12.12.2021
Ich wurde Ende 1961 geboren und bin als Kind dreimal in Verschickungsheimen gewesen. Dort sollte mein Bronchialasthma auskuriert werden. Die ärztlichen Gutachten von damals habe ich noch. Denen zufolge gab es folgende Aufenthalte

21.02.1967 – 04.04.1967 Kindersanatorium Sommersberg, Bad Rippoldsau
24.04.1968 – 02.07.1968 Kindersanatorium Sommersberg, Bad Rippoldsau
03.03.1971 – 16.04.1971 Kinderheim Ludgeristift, Norderney

Meine Eltern hatten Wert darauf gelegt, dass ich wegen der Kuraufenthalte die Schule nicht verpasse. Daher fanden die ersten beiden Aufenthalte statt, bevor ich überhaupt in die Schule kam. Ich hatte mich sogar auf die Fahrt in den Schwarzwald gefreut, denn das hieß, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben Zug fahren durfte. Von Rheine oder Münster aus startete die aufregende Fahrt – damals noch mit einer Dampflok. Meine Eltern hatten mir am Bahnhof sogar noch ein Micky-Maus-Heft gekauft. So etwas gab es sonst nie! Man kann sich jedoch vorstellen, dass die lange Fahrt dann doch meine kindliche Geduld überstrapaziert hat.

Ich erinnere die medizinischen Behandlungen in Bad Rippoldsau. Kurz nach der Ankunft mussten alle Kinder zum Allergietest. Das ging auch damals schon mit dem Pricktest. Dazu wurden kleine Wunden in die Haut geritzt und mögliche Allergene darauf geträufelt. Bei einer allergischen Reaktion schwillt die entsprechende Stelle an. Wir Kinder mussten uns mit freiem Oberkörper in mehreren parallelen Reihen aufstellen. So konnte man genau beobachten, wie dem Kind am Anfang der Reihe zahlreiche kleinere Wunden in den Rücken geritzt wurden. Selbstverständlich flossen dabei Tränen. Und die Tränen flossen nicht nur bei den Kindern, die gerade behandelt wurden, sondern auch bei denen, die genau wussten, dass sie diese Prozedur in wenigen Minuten auch über sich selbst ergehen lassen müssen.

Regelmäßig wurde ein Gruppe von Kindern abkommandiert, um neue „Krätzerchen“ zu bekommen. Wozu diese Behandlung gut war, weiß ich bis heute nicht. Dazu wurde ein Instrument ähnlich einer Gabel benutzt. Aber anstelle der Zinken hatte dieses mehrere scharfe Zähne, ähnlich wie bei einer Säge. Damit wurde die Haut am Arm aufgeritzt, so dass man aus mehreren parallelen Streifen blutete. Anschließend wurde an gleicher Stelle quer dazu nochmals geritzt. Es entstand so ein blutendes Schachbrettmuster in einer Größe von etwa 1,5cm x 1,5cm. Darauf wurde dann eine bräunliche Flüssigkeit geträufelt, die sehr unangenehm roch. Wenn man später zum Mittagessen ging, versuchte man den Arm möglichst weit von sich weg zu halten. Allerdings beschwerte sich dann der Nachbar über den Geruch. War so ein „Krätzerchen“ halbwegs verheilt, so gab es ein neues.

Im Ludgeristift wurden keine medizinischen Behandlungen durchgeführt. Ich habe sowohl positive, wie auch negative Erinnerungen. Dort habe ich etwas über das Inselleben und über Landgewinnung gelernt. Auch hatte ein Junge aus meiner Gruppe total spannende Geschichten über ein Schloss bei ihm zu Hause in Höxter zu berichten. Angeblich gebe es dort unsichtbare Wände, die man in einer Richtung (unbemerkt) durchschreiten kann. Anschließend sei man dahinter eingesperrt und müsse elendig verhungern. Er hatte versprochen, mich nach dem Kuraufenthalt mit seinem Kettcar zu Hause abzuholen, um mir das Schloss einmal zu zeigen. Er ist natürlich nie gekommen.

Weit hinten im großen Schlafsaal lag ein Junge, der nachts ins Bett machte. Ich sehe ihn noch heute mit Tränen in den Augen an allen Kindern vorbeilaufen, um den verkoteten Schlafanzug hinauszutragen. Eine andere Szene in diesem Schlafsaal: Ich lag nachts wach. Im Bett neben mir schlief ein Junge, der seinen Arm aus dem Bett heraus hängen ließ. Ich begann den Arm anzustupsen, hatte aber die Nachtschwester nicht bemerkt, welche mir daraufhin kräftig eine scheuerte. Damals war es auch üblich, dass ein Teller leer gegessen werden musste. Ich hatte mir zum Mittagessen – trotz Vorwarnung - zu viel auf den Teller geben lassen. Der Speisesaal war längst leer und alle Stühle hochgestellt. Ich musste den Rest des Essens in mich hineinstopfen.
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Sandra aus Oberkrämer schrieb am 09.12.2021
Hallo liebe Gleichgesinnte,
ich bin am Wochenende durch Zufall auf diese Seite gestoßen und war erst einmal sehr ergriffen. Ergriffen von den Berichten der Anderen, von der Tatsache, dass es tatsächlich so viele Kinder gab, welche verschickt wurden und solches Leid ertragen mussten. Ich bin nicht allein!!

Ich war dreimal zur Kur, immer 8 Wochen, weil ich Untergewicht hatte:

1882 mit knapp 6 Jahren - in Pausa
1984 mit 8 Jahren - im Postkinderheim Blankenburg "Hanno Günther" Harz
1985 mit 9 Jahren - im Kinderkurheim Marienthal Eckartsberg

Ich mache zur Zeit (mal wieder) eine Therapie und kam dabei auf die 3 Verschickungen zu sprechen und habe gemerkt, dass diese Zeiten mich sehr geprägt haben. Ich habe schon immer gespürt, dass es etwas geben muss, etwas passiert sein muss, warum ich so bin, wie ich bin.

Ich kann mich nur wage an die Zeiten der Verschickungen erinnern.  Es kommen immer vereinzelt Situationen hoch. Jedoch kann ich nicht genau zu jeder Erinnerung sagen,  zu welcher Einrichtung sie gehört.

Ich kann mich an die großen, kalten Schlafsäle erinnern. Die Waschräume mit den meterlangen Waschbeckenreihen und den Essenssaal. Ich kann mich aber nicht mehr an Gesichter der anderen Kinder oder der Erzieherinnen erinnern. Alles weg.

Ich weiß noch genau, dass ich nachts immer im Schlafsaal die Kinder leise weinen gehört habe. Ich bin dann irgendwann unter dem Weinen eingeschlafen.  Am nächsten Morgen waren viele Betten nass gepullert.  Jede Nacht die Kinder weinen hören, hat mich ganz schön traurig gemacht. Furchtbar. Es gab keinen Trost von den Erwachsenen, im Gegenteil.

Zum Mittag gab es fast täglich Milchnudeln. Ich habe noch immer, nach fast 40 Jahren die Szene und die Stimmen vor mir, als wir mal wieder Milchnudeln essen mussten. Viele Kinder konnten nicht mehr und mussten es trotzdem aufessen. Danach sind sie zur Toilette gerannt, weil sie sich übergeben mussten.

Einem Mädchen wurden die Nudeln mit Gewalt rein gestopft. Ich sehe es deutlich vor mir. Sie saß am Nachbartisch und ihr Gesicht wurde von der Erzieherin zwischen ihren Fingern fest gehalten, sodass der Mund aufgedrückt wurde und sie ihn nicht wieder schließen konnte. Die Erzieherin hatte die Milchnudeln in ihrem Mund gestopft und alles lief ihr über das Gesicht. Das Mädchen weinte und schluchzte. Dann sagte sie unter Tränen " ich habe die Nase voll..", weil das Essen nicht nur in den Mund gestopft wurde, sondern auch in den Nasenlöchern . Die Erzieherin hörte nicht auf zu füttern, sondern antwortete in einem wütenden Ton nur" ICH AUCH!! "

Ich war so erschrocken und sehe das Bild mit dem Mädchen noch heute vor mir. Auch die Kinder, wie sie nach dem Essen zur Toilette rannten.

Wir mussten uns täglich nackt unter die kalte dusche stellen und uns anschließend gegenseitig mit einer Bürste abstriegeln. Es gab keine Privatsphäre. Wir standen in einer Reihe und schrubbten uns den Rücken ab. Nach einer Weile mussten wir uns umdrehen und das gleiche Spiel beginnt von vorn, damit auch der Letzte in der Reihe seine Abreibung erhielt.

Alle zwei, drei Tage wurden wir gewogen. Dazu mussten alle Kinder im Flur in reih und glied stehen. eine lange Schlange von Kindern. Jedes Kind wurde nacheinander gewogen und das Gewicht laut vorgelesen, dass es Jede/r hören konnte. Es wurde uns Angst gemacht, dass, wenn man nicht zugenommen hat, nicht wieder nach Hause kommt.  Schreklich. Wir hatten immer Panik vor dem Wiegen, " Komme ich wieder nach Hause??"

Waschen mussten wir uns täglich in einem großen Waschraum. Alle Kinder nebeneinander, nackt, mit einem Waschlappen und vor den prüfenden Augen der Erzieherinnen.

Die Post wurde immer kontrolliert, dürfte nichts nach draußen gehen. In Pausa war ich noch zu jung, um selbst zu schreiben. Da wurde die Post von den Erzieherinnen geschrieben.
Kontakt nach Hause zur Familie gab es nicht.

Als kleines, hilfloses Kind, 8 Wochen allein,  ohne Liebe und Bezugsperson. 

Ich weiß nun, warum ich diese Ängste und Panikatacken entwickelt habe, warum ich depressiv bin und  sehr schwer Vertrauen zu anderen Menschen habe. Ich sehne mich immer nach Harmonie und einer liebevollen Familie.

Ich bin so froh, dass es diese Seite/ diesen Verein gibt. Sich für uns "Verschickungskinder" eingesetzt wird und ich endlich meine Vergangenheit aufarbeiten  kann.

Sandra
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André schrieb am 09.12.2021
Ich habe mich bisher nie damit beschäftigt, bis meine Mutter mich darauf aufmerksam gemacht hat, bzw erzählt hat wie ich mich nach der "Verschickung" verhalten habe. Zu dem Zeitpunkt der Kur war ich 6 Jahre alt. Wo genau die Kur gewesen (wie die Kur Einrichtung hieß, ist nicht mehr bekannt)war sind wir uns leider nicht mehr bekannt. Es handelte sich um eine ehemalige DDR Kur Einrichtung und die alten "Hasen" waren noch aktiv dort. Aus der Zeit selber kann ich mich nur wage erinnern und schreibe deswegen nur kurz und knapp wie ich mich laut meiner Mutter und ihrem Freund nach der kur Verhalten habe. Man muss vorher erwähnen das ich vor der Kur ein ruhiges Kind war. Habe selten gerne Geredet. Nur damit nicht bei den nächsten Zeilen das Gefühl aufkommt das meine Mutter mehr hätte machen können oder so.

An was ich mich selbst erinnern kann ist das wir als Strafe wenn wir nicht artig waren uns nackt an die Wand stellen mussten und mit kaltem Wasser abgespritzt worden bis man angefangen hat zu frieren oder der Rücken anfing zu bluten aufgrund des Waserrstrahls. Zudem wurde jeglicher Versuch sich anders als gewünscht zu Verhalten, sofort mit körperlicher Strafe unterbunden. Ich kann mich auch daran erinnern das es sowas wie steh Strafen gab, wenn man nachts Geredet hat musste man wenn man erwischt worden war den Rest der Nacht neben seinem Bett stehen.

Meine Mutter hat mir unter Tränen, nachdem sie durch eine Dokumentation erfahren hat was den Kindern auf solchen kuren wieder fahren ist, erzählt das ich seit ich dort war keine emotionale Bindung zugelassen habe. Sachen die mir vorher Spaß gemacht haben wurden unwichtig und direkt nach dem Aufenthalt habe ich mich wohl wie ein Zinn Soldat benommen, Kleidung abends akkurat hingelegt, genau wie die Bettwäsche. Dazu kam eine panische Angst vor Wasser, Baden war laut meiner Mutter okay, aber soweit das Wasser aus der Dusche kam oder es geregnet hatte war ich sehr panisch. Dies zu überwinden hat wohl fast 3 Jahre gedauert. Meine ersten worte zu meiner Mutter waren "Sie haben mich nicht gebrochen".

Im Endeffekt haben sie es wohl doch. Ich bin wegen ads in Therapie und dabei kam die Theorie auf, nach dem ich ihr das mit der verschickung erzählt habe, das die Probleme der emotionalen Bindung, Vertrauen und auch andere emotionale Ausdrücke wie Freude, Wut usw für mich nicht möglich sind weil ich wohl aufgrund der Erfahrung dort einfach aufgehört habe emotionales zu zulassen. Mit 33, aber auch schon früher, merke ich es an meinem Umfeld das dieses irgendwie anders tickt.

Nachdem ich hier einige Berichte gelesen habe, bin ich froh das dies anscheinend endlich aufgehört hat kleine Kinder alleine auf die Kur zu schicken.

Danke für eure tollen Beiträge, den diese habe mir geholfen dies hier zu schreiben.
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Stefan aus Kassel Hessen schrieb am 08.12.2021
Ich war 1972 für 6 Wochen im Taunus-Wiesbaden Ich glaube Haus Taunusfreude. Damals 9 Jahre alt.
Durch ein Bild, dass ich neulich zufällig auf dieser Internetseite gesehen habe ( Forsthaus) und einen Bericht über Quarzsammeln glaube ich den Ort wiedererkannt zu haben.
Bisher war das Thema Verschickung eher Verdrängung oder dem nicht zu viel Gewicht geben. Tatsächlich sind in meinem Leben einige Dinge immer wieder zum Vorschein gekommen oder tief verwurzelt. Darunter der nicht endende Mittagsschlaf, das Essen von Erbrochenem, sitzen bleiben bis spät abends am Tisch wenn noch nicht aufgegessen wurde. Aufgemachte Pakete, Kalte Duschen mitten in der Nacht, wenn man ins Bett gemacht hat, Heimweh, Ängste. Quarzsuchen, wobei die Fundstücke einbehalten wurden,Äpfel essen samt Kerngehäuse und Stiel und anderes. Geblieben ist die Angst.
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Anke schrieb am 08.12.2021
Ich war im Sommer 1973 im Kinderkurheim „Frohe Zukunft“ in Kröchlendorff, weil ich vor dem Schulanfang noch etwas an Gewicht zulegen sollte. Nur soviel - ich war einfach groß und schlank. Aber eben nicht moppelig genug für meine Eltern. Meine Erinnerungen an diese Zeit sind wie ausgelöscht - außer entsetzliches Heimweh, ständig wahnsinnige Angst, besonders vor der Nachtwache (eine böse Frau in weißem Kittel - welche nachts immer im Türrahmen saß - im Flur brannte ein Licht - und uns bestrafte wenn wir nicht das taten was sie befahl- linksherum- rechtsherum - ), die Betten standen immer ein Junge, ein Mädchen nebeneinander. Neben mir lag ein böser Junge erinnere ich mich… Karten nach Hause wurden diktiert… das blanke Entsetzen die ganze Zeit… alles wie ausgelöscht…keine Namen oder Fotos… ich erinnere mich nur noch an die Ankunft am Heimatbahnhof - ich sehe mich als 6jährige, allein am Bahnsteig auf dem Koffer sitzend - zurückgelassen - meine Mutter war nicht gekommen und die haben mich da einfach sitzenlassen… ich trug ein oranges Frotteekleid und dicke Strumpfhosen - das sehe ich vor mir - irgendwann kam meine Mutter… Ich habe nie darüber geredet, meine Eltern lenken bis heute immer ab und es interessiert auch keinen. Ich leide seit dem an Asthma, Depressionen, Panikanfällen, Essstörungen, Angstzuständen, Platzangst, meine hochsensibel zu sein und würde am liebsten nicht da sein. In all den Jahren der permanenten Trauer um… ??? hatte ich das Gefühl dass da in mir etwas verborgen ist was herausgefunden werden will - ich spüre das sehr stark. Was ist dort passiert? War jemand da in der Zeit? Es war einmal ein Mann dort der mit Zigarettenrauch Seifenblasen machte - weiß das noch jemand… mein ganzes Leben ist zerstört dadurch…
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Helga Hauschild aus Bad Homburg schrieb am 07.12.2021
Ich war im Mai/Juni 1959 im Kinderkurheim Stauffenhof in Bad Reichenhall-Nonn für 6 Wochen und 1962 im DRK Kinderheim Nieblum/Insel Föhr auch wieder für 6 Wochen. Von beiden Häusern besitze ich noch die Befundberichte im Original.
Ich habe nicht viele Erinnerungen.
Erste Kur:
Ich weiß noch, dass ich von Giessen aus mit einem Sammeltransport nach Bad Reichenhall kam. Im Heim sehe ich noch den großen Schlafsaal und den Essraum mit blanken Holztischen und -Stühlen vor mir. Da ich von Haus aus durch entsprechende Erziehung ein besonders angepasstes Kind war, kann ich mich nicht an besondere Erziehungsmassnahmen erinnern, von denen andere berichten. Eine Situation bleibt aber mit Scham verbunden auf ewig in mir. Aufgrund ererbter Schwerhörigkeit konnte ich die Texte der morgendlich gesungenen Volkslieder nicht verstehen. Beim Versuch das zu vertuschen und nur Mundbewegungen zu machen, fiel ich auf. So musste ich vor den vollbesetzten Saal treten und sollte allein vorsingen. Da das nicht klappte, wurde ich heruntergeputzt und lächerlich gemacht. Das hat sich eingebrannt, denn ich konnte ja nichts dafür. Mir wurde aber auch nicht geholfen. Ich hab mich unendlich geschämt und bloßgestellt gefühlt. Noch heute bin ich ein Gerechtigkeitsfanatiker. Ansonsten erinnere ich einen Gottesdienstbesuch in einer Kath. Kirche, wo eine von uns ohnmächtig wurde wegen dem Geruch des Weihrauches. Eine gute Erinnerung habe ich an einen Ausflug nach Salzburg. Ich besitze ein kleines Album mit gesammelten Ansichtskarten aus Bad Reichenhall und Fotos von Salzburg.
Was auch schlimm war, wenn man zu den ärztlichen Untersuchungen in Reih und Glied nackt im Flur warten musste auf die Untersuchung. Die ein-und ausgehende Post wurde kontrolliert.
Wenn ich heute lese, dass viele Heime von ehemaligen Stasioffizieren geleitet wurden, wundert mich das alles nicht.
Mein zweiter Kuraufenthalt in Nieblum auf Föhr, auch da erinnere ich mich an wenig. Aber ich habe keine so drastischen Bilder vor Augen wie von Bad Reichenhall. Es gab täglich Haferflocken mit Kakao, Zucker und Milch zum Frühstück. Einmal in der Woche musste es trocken gegessen werden, also ohne Milch. Wir haben viel Turnübungen gemacht, Bürstmassagen und waren wohl auch am Strand. Da es im Herbst war, erinnere ich mich an ein schweres Gewitter am Strand, wo man das Gefühl hatte, der Himmel bzw. die Wolken fallen ins Meer. Ich liebe heute noch die Nordsee und das ostfriesische Flair.
Ansonsten verstehe ich nicht, wieso ich keine anderen Erinnerungen habe, obwohl ich doch schon 13 Jahre alt war zur Zeit des Aufenthaltes.
Ein Mädchen aus einem Ort in der Nähe war zeitgleich mit mir dort. Wir haben uns jetzt mal ausgetauscht, da ich ihren Namen und Adresse wieder fand.
Was mir immer bewusst ist, ist meine früher schlechte Bindungsfähigkeit und Vertrauen in die Menschen.
Helga Hauschild
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Antoni Knigge aus Hamburg schrieb am 06.12.2021
Ich hatte solches Heimweh, dass ich ausser Stande war mit den andern Kindern in Kontakt zu treten. Das Heimweh nahm ich als stechenden Schmerz in der Brust wahr. Ich habe viel geweint und wurde dafür beschimpft. Eines Morgens, kurz vor Ende der Zeit dort war der Schmerz wie weggeblasen, betäubt. Ich habe es als Erleichterung wahr genommen. Als mich meine Mutter abholte, habe ich sie nicht mehr erkannt. Ich habe auch nicht mehr damit gerechnet, dass ich abgeholt werde. Während der gesamten Zeit sonderte ich mich ab und beschäftigte mich mit einem kleinen Schiebespiel. Ich erinnere mich immer abgesondert auf einer Bank sitzend. Rückblickend würde ich es als hospitalisierendes Verhalten beschreiben. An tröstende Zuwendung kann ich mich nicht erinnern. Ich hatte furchtbare Angst nachts aufstehen zu müssen um aufs Klo zu gehen. Ich blieb sehr lang liegen, bis es gar nicht mehr anders ging und schlich mich dann an allen Betten entlang zum Klo in großer Angst ertappt zu werden. Ich mochte kaum atmen. Eines Nachts habe ich dann doch ins Bett gemacht. Beim Frühstück wurde dann gefragt wer heute nacht ins Bett gemacht hat. Ich musste vor allen Kindern im Speisesaal aufstehen und sagen: Ich wars! Tagsüber durften wir nur alle zur gleichen Zeit zur Toilette. es waren zwei Holzkabinen, die hellhörig waren und alle Kinder standen davor. Ich musste dringend, stand in der Schlange und wenn ich dran war, konnte ich nicht, denn es warteten so viele und hörten zu.
Der einzige Lichtblick war mein 6. Geburtstag. Ich fieberte hoffnungsvoll darauf hin. Ein anderes Kind hatte an seinem Geburtstag ein Geschenk bekommen. Als der Tag endlich kam, passierte einfach gar nichts. Keine Gratulation, kein Lied, kein Geschenk. Es war ein Tag wie alle anderen schrecklichen Tage auch. Diese, mit jedem Moment des Ausbleibens einer persönlichen Ansprache, wachsende Gewissheit, dass ich völlig bedeutungslos bin, war ein vernichtendes Gefühl und ich schämte mich sehr dafür, dass ich überhaupt etwas erwartet hatte. Es war mir unendlich peinlich. Bei einem Spaziergang blühte der Löwenzahn und dazwischen standen die Pusteblumen auf der grünen Wiese. Ich pustete eine Pusteblume in die Luft und freute mich, dass die kleinen Fallschirme durch die Luft segelten... bis eine Betreuerin auf mich zu kam und vehement schimpfte, sie müsse sich nun ihre schönen langen Haare abschneiden, weil die Samen in ihr Haar geflogen waren! Bis heute spüre ich die Schuldgefühle.
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Norbert Lutz schrieb am 05.12.2021
Ich wohnte in Langenhagen und war ca. 1967 zusammen
mit meinem Bruder in Bad Salzdetfurt.
Bei den Mahlzeiten wurde wir gezwungen auch das zu essen, was wir nicht mochten. Was übrig blieb bekam man im besten Fall später wieder vorgesetzt.
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Susanne Mvuyekure aus Stuttgart schrieb am 05.12.2021
Da ich ein schlechter Esser war, wurde ich auf Anraten unseres Hausarztes für eine mehrwöchige Kur nach St. Peter Ording verschickt, ins "Kinderheim sonnenschein". Ich erinnere das es eine verdammt lange Zeit war, bis mich meine eltern wieder abholten. Ich war erfolgreich mit Haferbrei dicker geworden. Es war nichts Schlimmeres passiert, ich weiß nur noch, eine Schwester Edeltraut u. evtl. eine Rosemarie waren grob, und eine Betreuerin Wiebke angenehmer. Größere Kinder hatten mir Stress gemacht und es gab keinen Schutz dann.
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anonym schrieb am 04.12.2021
Haus zur Sonne, oder an der Sonne. Inhaberin eine Frau Lydia Pilgram. Erinnerungen kommen wieder, nachdem ich eine Doku im Fernsehen gesehen habe. Neben dem Schrecken gab es dort auch einen Stall mit Esel und anderen Tieren. Dorthin habe ich mich manchmal weggestohlen.
Wir haben mit Spaten stundenkang im Sand nach Grundwasser graben müssen. Außerdem sollten wir alles aufessen, weul man sonst unsere Hände mit der Gabel am Tisch befestigen würde. Habe mehrfach ins Vett genäßt, und wurde wochenlang unter Hausarrest gestellt. Hatt e einmal sehr hohes Fieber. Es gab eine Betreuerin die nett zu uns war. Wir nannten sie Tante Marianne.
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Birgit Boye aus Hamburg schrieb am 03.12.2021
Ich wurde kurz nach meinem 5. Geburtstag nach einer langen Keuchhustenerkrankung für 6 Wochen nach Sylt, Westerland verschickt.

Die erste Erinnerung ist die Zugfahrt vom Hamburger Hauptbahnhof ,wo meine Eltern mich hinbrachten und an die dort anwesenden Betreuungspersonen übergaben. Es war ein Sonderzug ausschließlich für Verschickungskinder . Aus heutiger Sicht fühlt es sich wie eine Deportation an.

Mir ist in Erinnerung geblieben, das ich ein fröhliches und aufgeschlossenes kleines Mädchen war. Obwohl ich
bis dahin nie Nägel gekaut habe, wurden mir einmal in der Woche die Nägel so kurz geschnitten, dass nichts weißes mehr an den Nägeln zu sehen war. Ich habe das nicht verstanden . Es tat sehr weh und die Nägel bluteten weil sie so kurz geschnitten wurden. Ich habe gefragt warum das gemacht werden muss, aber keine Antworten erhalten.

Täglich hat man mir abends einen eklig riechenden Nagellack auf die Nägel gestrichen damit man nicht an den Nägeln kaut. Ich habe aber bis dahin nie an denn Nägel gekaut. Einmal habe ich daran gerochen und den Finger in den Mund gesteckt und wurde erwischt und musste deshalb für viele Stunden in einen Isolierraum. Man sagte mir, dass ich dort wieder hinkommen werde, wenn ich nochmal die Finger in den Mund nehme.

Nach dem Mittagessen mussten wir täglich einen langen Mittagsschlaf in einem großen Schlafraum machen. Dort waren viele Etagenbetten aufgestellt. Man durfte nur mit dem Gesicht und Körper zur Wand liegen. Im Raum anwesend war eine " Schwester " , die uns beobachtete. Es war nicht erlaubt, sich umzudrehen und die Position zu wechseln. Als ich das einmal machte, wurde ich von der "Schwester" sofort aufgefordert, mich wieder zur Wand zu drehen. Sie fasste mich an und drehte mich grob wieder zur Wand. Ein anderes Mal musste ich dringend zur Toilette während des Mittagsschlafes und konnte deshalb nicht in Ruhe einschlafen. Es war mir nicht erlaubt auf die Toilette zu gehen, so dass ich ins Bett machen musste, was mir sehr unangenehm war. Jedenfalls hatte ich fürchterliche Bauchschmerzen weil ich Wasser lassen musste und nicht durfte bis es nicht anders ging und ich ins Bett machte. Ab dem Tag habe ich zum Mittagessen nichts mehr getrunken, damit ich die drei Stunden erzwungenen Mittagsschlaf durchhalte. Ich war ja auch gerade erst 5 Jahre alt und hatte noch nicht so eine Kontrolle über meinen Körper wie vielleicht ältere Kinder.

Ich erinnere mich daran, dass wir an einem Tag Bilder für unsere Eltern malen sollen. Ich habe mein gemaltes Bild noch visuell vor mir. Ich malte gelbe Küken und verzierte das Bild mit bunten Herzen, Sonnen, Monden und Sterne. Darunter schrieb ich in großen Druckbuchstaben meinen Namen. Ich war sehr stolz auf dieses Bild und fand, dass es mir gut gelungen war und freute mich , es meinen Eltern schicken zu können. Da ich noch nicht schreiben konnte mit gerade 5 Jahren, ich war gerade einen Monat zuvor 5 geworden, schrieb ich die Buchstaben B und G meines Vornamens unbeabsichtigt spiegelverkehrt. Die " Schwester" ging umher und sah sich die Bilder an. Zu mir sagte sie, ich müsste das Bild neu malen und meinen Namen richtig schreiben. Es gab so und so nie ein Lob und nie einen liebevollen oder anerkennenden Zuspruch. Die anderen Kinder durften rausgehen zum spielen. Ich musste bleiben und wusste nicht was ich verkehrt gemacht habe. Auch das zweite gemalte Bild sah genauso aus. Die " Schwester" wurde grob und ärgerlich und steckte mich in eine Besenkammer, in der ich das Bild nochmal malen sollte. Ich war völlig verzweifelt und musste dort mehrere Stunden isoliert von den anderen Kindern im Dunkeln verbringen. All diese " Behandlungen " haben dazu geführt, dass man sich als Kind nur noch möglichst unauffällig verhält um diese lange Zeit zu überstehen.

Die für mich allerdings schlimmsten Erlebnisse , die sich tief eingebrannt haben, waren das Baden gehen. Ich war im Sommer auf Sylt. Wir waren oft baden. Ich hatte gerade mein Seepferdchen kurz zuvor gemacht. Für die Verschickungskur hat meine Mutter mir einen neuen Bikini gekauft. Er war rot/weiß kariert und ich hatte ihn noch nie zuvor getragen . Auf meinen Wunsch nähte meine Mutter kurz vor der Kur noch das Seepferdchen-Abzeichen auf die Bikinihose. Ich durfte jedoch kein einziges Mal meinen Bikini am Strand und beim Baden anziehen. Wir kleinen Kinder mussten immer nackt sein ! Obwohl wir alle unser Badezeug dabei hatten. Obwohl ich mich selten getraut habe, Fragen zu stellen, habe ich am Strand gefragt, warum ich nicht wie die größeren Kinder mein Badezeug am Strand anziehen darf. Die Antwort war : Das musst du nicht, du bist noch klein. Alleine weil es mir verboten wurde, fühlte ich mich unwohl. Es fühlte sich nicht richtig an und es kam ein unnatürliches Schamgefühl in mir hoch. Ich war immer ein unbefangenes und natürliches Mädchen gewesen. Aber in diesem Falle wusste ich, dass das nicht richtig ist. Wir wurden von den Betreuern beguckt und auch vor den größeren Kinder war es kein schönes Gefühl am Strand und in Gegenwart der Betreuer und größeren Kinder nackt sein zu müssen.

Diese Verschickungskur nahm mir den natürlichen Umgang mit Nacktheit schon im Kindesalter. Außerdem kam ich als Nägelkauerin zurück nach Hamburg und habe das erst mit Anfang Zwanzig wieder ablegen können.

Jedoch sind mir meine Eigenarten und Probleme erst jetzt klar geworden, nachdem ich im Fernsehen den schockierenden Bericht über das Leid der Verschickungskinder gesehen habe. Die Erinnerung und Bedrückung war sofort zurück!
Es ist gut, dass wir Verschickungskinder durch unsere Berichte etwas zur Aufklärung beitragen können und ich möchte hiermit meinen Beitrag leisten.
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Julia aus Hamburg schrieb am 03.12.2021
Guten Tag und herzliche Grüße,
ich hatte diese Verschickung jahrzehntelang nicht als Trauma im Blick. Lediglich mein Unfall dort (beim Fangenspielen aufs Gesicht gestürzt) der mich meine Schneidezähne gekostet hat, erinnert mich täglich daran, da ich die Kronen ständig spüre. Die Schwester (Herrmann Frieda?) hat mich vor allen Anwesenden ausgelacht, ob der fehlenden Zahnstücke...ich sehe ja nun aus, wie ihre Großmutter. Mein Körper hatte zudem viele Abschürfungen vom Sturz auf den sandbedeckten Betonboden.
Ich war 9 Jahre alt beim Aufenthalt im August und September 1977. Für 4 Wochen in 'St. Maria'. Erinnere mich an herzlose Schwestern und eine liebevolle Pflegerin, Frl. Helga. Durfte nicht mit auf eine Nachtwanderung, weil ich geweint hatte (Heimweh aufgrund eines Briefes meines großen Bruders). Ich kann mich darüber hinaus an so gut wie nichts erinnern, spüre aber, dass mich irgendetwas von damals bis heute - bin knapp 54 Jahre alt - blockiert. Ich irgendwie nicht in meine Lebenskraft komme. Ich lese die Berichte anderer Betroffener und spüre kaum, dass es auch mir ähnlich ergangen sein muss. Komplett verdrängt. Das erschreckt mich zutiefst.
Beim kürzlichen Aufräumen fand ich 2 Postkarten, die ich an meine Eltern schrieb. In recht fröhlichen Worten schildere ich, was wir so erleben. Z.B. Kinofilm geschaut (Onkel Toms Hütte). Wurden wir medikamentös ruhig gestellt?
Ich wäre sehr froh, wenn es Jemanden gibt der mit mir vll sogar zur gleichen Zeit da war und mir 'auf die Sprünge helfen' kann.
Liebe Grüße aus Hamburg.
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Julia Arendt aus Hamburg schrieb am 03.12.2021
Guten Tag und herzliche Grüße,
ich hatte diese Verschickung jahrzehntelang nicht als Trauma im Blick. Lediglich mein Unfall dort (beim Fangenspielen aufs Gesicht gestürzt) der mich meine Schneidezähne gekostet hat, erinnert mich täglich daran, da ich die Kronen ständig spüre. Die Schwester (Herrmann Frieda?) hat mich vor allen Anwesenden ausgelacht, ob der fehlenden Zahnstücke...ich sehe ja nun aus, wie ihre Großmutter. Mein Körper hatte zudem viele Abschürfungen vom Sturz auf den sandbedeckten Betonboden.
Ich war 9 Jahre alt beim Aufenthalt im August und September 1977. Für 4 Wochen in 'St. Maria'. Erinnere mich an herzlose Schwestern und eine liebevolle Pflegerin, Frl. Helga. Durfte nicht mit auf eine Nachtwanderung, weil ich geweint hatte (Heimweh aufgrund eines Briefes meines großen Bruders). Ich kann mich darüber hinaus an so gut wie nichts erinnern, spüre aber, dass mich irgendetwas von damals bis heute - bin knapp 54 Jahre alt - blockiert. Ich irgendwie nicht in meine Lebenskraft komme. Ich lese die Berichte anderer Betroffener und spüre kaum, dass es auch mir ähnlich ergangen sein muss. Komplett verdrängt. Das erschreckt mich zutiefst.
Beim kürzlichen Aufräumen fand ich 2 Postkarten, die ich an meine Eltern schrieb. In recht fröhlichen Worten schildere ich, was wir so erleben. Z.B. Kinofilm geschaut (Onkel Toms Hütte). Wurden wir medikamentös ruhig gestellt?
Ich wäre sehr froh, wenn es Jemanden gibt der mit mir vll sogar zur gleichen Zeit da war und mir 'auf die Sprünge helfen' kann.
Liebe Grüße aus Hamburg.
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Sabine aus Duisburg schrieb am 02.12.2021
Hallo mein Name ist auch Sabine.
Ich war 1973 mit 5 oder 6 Jahren auf Borkum.Ich habe fast keine Erinnerung doch meine Kindheit hatte wohl durch diese Ereignisse negative Auswirkungen.Kurzgefast ich war immer ein sehr ängstliches Kind hatte Angst vor Menschen mochte keine Kindergeburtstage weil man durch Spiele vorgeführt wurde habe mich vor Respektpersonen versteckt.....Später mit 14 begann ich dieses Problem mit Alkohol zu ertränken.Meine Mutter gab mir immer zu verstehen das ich unfähig bin mein eigenes Leben zu führen.Mit 18 bin ich ausgezogen "worden" versank ganz dem Alkohol....1986 lernte ich meinen Mann kennen gründete eine Familie aber die Ängste waren immer da vor allen Dingen Angst vor meiner Mutter.2016 der Zusammenbruch Psychosomatische Klinik Diagnose Postraumatische Belastungsstörung Ängste Panikattacken... durch Therapien fand ich dann heraus das dieser sechswöchige Kuraufenthalt auf Borkum wohl der Grund mitunter ist.Deshalb suche ich Gleichgesinnte die auch zur gleichen Zeit auf Borkum waren und noch Fotos haben auf denen ich mich vielleicht erkennen kann.Das alles ist mir sehr wichtig weil ich davon überzeugt bin das mein Leben anders verlaufen wäre.Meine Mutter weiß angeblich von nichts. LG Sabine aus Duisburg
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Beate aus Bremen schrieb am 30.11.2021
Ich war im Adolfinenheim auf Borkum. Das muss so 1969 oder 1970 gewesen sein. Bin 1961 geboren und ich konnte Briefe schon selber schreiben.
Esszwang, Toilettenverbot und an kalte Flure, wo man nackt warten musste bis man an der Reihe war zur Untersuchung, duschen oder baden. Ich weiß es nicht mehr. Aber mir kommen jedesmal Tränen, wenn ich Berichte lese. Es ist soviel Zeit vergangen. Warum hat uns damals keiner geglaubt? Meine Eltern leben nicht mehr...ich hätte noch viele Fragen ?
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Krieger Thomas aus 22145 Hamburg schrieb am 29.11.2021
Hallo, mit Erschrecken und auch Freude habe ich den Betrag im Fernsehen gesehen. Ich war auch dort und kenne die Gewaltmärsche nis zum umfallen, den ekligen Geruch von lauwarmen Tee in den Metallkannen und Haferschleim. Ich wurde täglich geschlagen und ans Bett gefesselt. In meinem Fall also wie mein bisheriges existieren zuhause.
Meine Erziehung bestand aus täglichem auspeitschen mit dem Rohrstock, einsperren ohne essen in der Gästetoilette im dunkeln (kein Fenster), einsperren bis zu drei Tagen im Keller, Kopf in die Toilette drücken und die Spülung betätigen, mental wurde ich nur als Idiot oder Missgeburt gerufen nicht beim Namen, ich bin nicht mal den Dreck unter den Fingernägeln wert und lande in der Gosse. Das alles war täglich. Ca. 30 Selbstmordversuche hat niemand aufgerüttelt, auch nicht mehrfaches weglaufen. Immer wieder wurde ich zurück geführt da ich minderjährig war. Immer habe ich gedacht das ich doch irgendwas gemacht haben müsste, aber mein Fehler war nur geboren worden zu sein.
Bis heute habe ich gedacht das sie mir doch etwas gutes tun wollten als sie mich unter dem Vorwand Gesundheit nach Borkum und Bad Tölz verschickt haben. Jetzt weiß ich aber das es Heime für Schwererziehbare waren. Also vom Regen in die Traufe. Bis heute habe ich null Selbstwertgefühl oder Vertrauen, ich weiß nicht wie trauern geht oder lieben oder überhaupt Gefühle. Ich möchte einfach nur mein Leben hinter mich bringen..
LG Thomas
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Christoph schrieb am 29.11.2021
Das Leben ist kein Ponyhof!

Viel ist mir nicht in Erinnerung geblieben von damals. Einzelne Begebenheiten sind gestochen scharf und so präsent, als wären sie gestern passiert. Vieles bleibt als vages Gefühl, sehr vieles ist verschwunden, vielleicht verdrängt?

Außer der Erinnerung bleiben vier gestellte Fotos und zwei von den „Tanten“ geschriebene Postkarten. Das, und ein lebenslanges Gefühl, dass ich irgendwie anders bin, ist das, was mir von diesen sechs Wochen im Februar und März 1972 im Kindererholungsheim Ponyhof in Schönau im Berchtesgadener Land geblieben ist. Mein einziger Kommentar zu den wenigen Fotos und Postkarten war fast 50 Jahre lang, dass es in dieser Kur ganz schrecklich war. Mehr habe ich nie erzählen wollen.

Aber der Reihe nach. Eine Ahnung ist noch da, dass ich aufgeregt und voller Vorfreude war, als meine Eltern mir die 6 Wochen auf dem Ponyhof ankündigten. Die Idee 6 Wochen ohne Eltern oder Geschwister zu sein, hat mir wahrscheinlich keine Sorge gemacht. Pferde und Ponys waren meine erklärten Lieblingstiere. So wie andere Kinder ihren Stoffteddy mit sich herumschleppen, hatte ich ein kleines und ziemlich abgewetztes Stoffpferdchen.

Die lange Reise von NRW bis nach Berchtesgaden, die Ankunft im Kinderheim, die anderen Kinder, die „Tanten“, die Schlaf- und Essenssäle, an all das habe ich keine Erinnerung mehr. Es fehlt auch jede Erinnerung an gemeinsames Spielen mit anderen Kindern. In der ersten Nacht hatte ich mich eingenässt und wurde am Morgen dafür laut von der „Tante“ beschimpft und vor allen Kindern bloßgestellt. Das passierte leider noch öfter und ich wurde immer wieder bloßgestellt und immer weiter ausgegrenzt.

Irgendwann bin ich wohl krank geworden, Mumps hieß es später. Tatsächlich hatte ich einige Jahre später nochmals Mumps und wäre damit eines der wenigen Kinder, die diese Krankheit zweimal bekamen. Das habe ich bis vor Kurzem auch nie angezweifelt, mir fehlt aber jede Erinnerung ans krank sein. In einer der Postkarten schrieb die „Tante“ allerdings, dass ich jetzt wieder gesund sei.

Die anderen Erinnerungen sind schnell erzählt. Ein Ausflug auf dem Königssee zum Watzmann ist mir in Erinnerung, ein Trompeter und das Echo seiner Trompete . Diese Momente habe ich genossen, still für mich und komplett alleine. Keine Erinnerung an ein anderes Kind, mit dem ich Gedanken darüber ausgetauscht hätte.

Dann erinnere ich mich an ein Paket von meinen Eltern und Geschwistern. Süßigkeiten waren darin und auch 10 DM Taschengeld. Beides wurde aber gleich von den „Tanten“ eingezogen. Ich erinnere mich an einen Spaziergang durch einen Ort, bei dem wir an einer Bäckerei vorbei kamen. Es ging auf Ostern zu und die Auslage im Schaufenster war voll mit Ostergebäck. Ein knallroter Osterhase ist mir in Erinnerung geblieben. Den hätte ich mir mit meinen 10 DM Taschengeld kaufen können und ich habe mich sehr geärgert, dass ich an dieses Geld nicht ran kam. Das Geld habe ich natürlich nie wieder gesehen, den Inhalt des Päckchens auch nicht. Auf einer der mir verbliebenen Postkarten bestätigt die „Tante“ trotzdem, dass ich das Paket und das Geld erhalten habe und mich sehr darüber gefreut habe. Kein Wort, wie diese Freude gleich zerstört wurde indem beides konfisziert wurde.

Sehr klar erinnere ich mich noch an die gestellten Fotos, die aus heutiger Sicht den Eltern zu Hause wohl vorspielen sollten, dass alles in Ordnung war. Es hieß, wir gehen zum Fotografieren, Farbfotos sogar, und jeder solle sich etwas Rotes anziehen, weil das besonders gut auf Farbfotos wirke. Zum Foto auf dem Schlitten habe ich dann meinen blauen Lieblingspullover mit rotem Muster angezogen. Beim Fotografieren wurde ich ausgeschimpft, weil es zu wenig rot sei und bekam kurzerhand die rote Pudelmütze eines anderen Kinds aufgesetzt. Dieses Kind war sicher nicht glücklich, dass der Ausgegrenzt seine Mütze auf hatte.

Für die drei Fotos mit dem/den Pony(s) habe ich dann einen eigenen knallroten Pullover getragen, den ich eigentlich nicht mochte. Alle Fotos wurden nach dem selben Schema fotografiert, außerhalb des Sichtbereiches eine lange Schlange Kinder, auf dem Foto dann nur ein Kind, das ein Pony hält, auf ihm sitzt, oder auf einer Kutsche fährt. Das waren in 6 Wochen die einzigen Kontakte mit einem Pony auf dem „Ponyhof“. Trotzdem erinnere ich mich an diese Momente, so nah bei meinem Lieblingstier war ich vorher noch nie und auch lange danach nicht mehr. Auf den Fotos wirke ich glücklich und war es in diesem einen kurzen Moment tatsächlich.

Rückblickend und in dem neuen Wissen, dass ich die Verschickung nicht alleine so erlebt habe, sehe ich heute, wie mich dieses Erlebnis meinen Eltern entfremdet hat und in mir dieses Gefühl verursacht hat, anders zu sein, nicht richtig zu funktionieren.

Das Leben ist halt kein Ponyhof, aber vielleicht war der Ponyhof eine Weichenstellung fürs Leben...
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Doreen aus Halle (Saale) schrieb am 27.11.2021
Hallo, ich bin leider unsicher über den genauen Ort des Kurheimes. Es war Bernburg / Eisleben / Köthen. An diese 3 Ortsnamen kann ich mich erinnern. Ich habe in Freital gewohnt und war dort im Kurheim 4 Wochen lang bis knapp vor meinem 8. Lebensjahr. Die Kinderärztin riet meiner Mutter zu dieser Kur, da ich eine schlechte Esserin war und mich überwiegend von Milchgerichten ernährt hatte, aber ich habe Joghurt in der DDR verabscheut. Ich ging zur Kur nur mit meiner besten Freundin Anke, ohne sie wäre ich nicht dahin gefahren. Die ersten Nächte ging es mir schlecht, bis ich es hingekriegt hatte, meine Mutter telefonisch auf der Arbeit zu erreichen, damit sie es organisiert, dass meine Freundin zu mir in dieses 4-Bett-Zimmer verlegt wird. Ich habe damals stark unter Trennungsangst gelitten. Es ging mir nachher dort nicht schlecht. Ich wurde zu Hause in der Schule gemobbt, dort war eine andere das Mobbingopfer, wobei ich sogar manchmal ein bisschen mitgemacht habe. Nachher ging das Mobbing in meiner Schule weiter, bis zum Ende der Schulzeit trotz 2er weiterer Schulwechsel. Wir hatten 2 verschiedene Erzieherinnen im Heim, die eine war nett, die andere nicht. Diese andere wollte uns immer zum Essen zwingen, bzw. alles aufzuessen. Ich verabscheute Käse, meine Freundin auch. Sie zwang sich den hinter, ich nicht. Ich mogelte, indem ich den als letztes in den Mund steckte und dann gleich aufs WC ging und ihn ausspuckte. Es gab dort einen selbstgemachten Kirschjoghurt zu essen, ich habe von dem zu Hause geschwärmt. Ich erinnere mich leider gar nicht an die Umgebung, ob wir einen Ausflug nach Naumburg gemacht haben, vermute ich nur. Aber ich musste in der Kälte und Nässe raus in Gummistiefeln wandern, das habe ich gehasst. Die Waschprozeduren waren schon sehr soldatenmäßig: alle hintereinander anstehen waschen mit Waschlappen und Zähneputzen, das hat mir nie behagt. Ansonsten fand ich es ne gute Zeit, die zwischenmenschlichen Kontakte waren schön.
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Barbara H. aus Buchloe schrieb am 26.11.2021
03.11.2021 09:00 Uhr

Das Telefon klingelt, …. Mama ist am anderen Ende, sie weint. Frägt ob ich den Bericht gestern
im BR gesehen habe.
Es ist ein herrlicher sonniger Herbsttag. Die helle Stimmung die mich durchflutet hat, stirbt abrupt ab. Seelenfensterläden die sich blitzschnell schliessen und mit festem Riegel sichern.
Nein, ihre Tränen werden dieses Schloss nicht öffnen, keinen Weg nach innen finden. Das ist zu spät, diese angebliche Reue wäre zu billig. Ich weiß genau von was sie spricht, antworte aber nicht.
Meine Mutter (82) merkt es nicht. „Ach, vielleicht ist es gut, dass du die Sendung nicht gesehen hast. Was diese Kinder mitgemacht haben. Davon hatte ja niemand eine Ahnung. Wir dachten euch geht es da gut.“ Ja, klar. Es müssen knapp 40 Jahre vergehen. Sie sieht eine Sendung über die Verschickungskinder, um tiefes Mitleid und Tränen für diese fremden Kinder zu vergiessen.
Da war nie Mitleid und Bedauern für mich. Nie. Das war und ist der größte Schmerz, die nachhaltigste Kränkung und Verletzung. Meinen Erzählungen haben sie nie geglaubt. Im Gegenteil. Papa hat immer hellauf gelacht. „Jaja, deine Kinderkur, die hat dich kuriert, hahahahahaha.“ Urkomisch.

Es ist noch alles da. Alle Unterlagen – Papa der Beamte hat alles aufgehoben. Papa war damals Sozialbetreuer bei der Post. Er hat die Kinderverschickungen organisiert. Oft begleitet.
Der Elternbrief, die Kinderverschickungsliste mit allen Namen der Kinder aus dem Bezirk , Kofferverzeichnis, Briefe, 2 Bilder, Kassenbuch-Abrechnungsliste usw. klebt in meinem Kinderalbum.
Alle meine Geschwister waren Jahre zuvor auf Kinderkur verschickt worden. Also mußte auch ich. Kamen ja alle so selten brav wieder davon zurück – klappte auch bei mir.
Interessanterweise wollte ich überhaupt nicht weg, egal in welch bunten Farben mir die Eltern davon vorschwärmten. Schon 1981 hätte ich die Reise antreten sollen, bekam einen fürchterlichen Ausschlag, konnte die Fahrt nicht antreten.
Aber ein Jahr später am 12.08.1982-09.09.1982 mit 11 Jahren war es dann so weit Zielort St.-Peter-Ording Haus Quisisana.
Als Begleitperson war mein Papa dienstlich auf der Zugfahrt mit dabei. An die aufregende Fahrt im Sonderzug mit all den vielen Kindern erinnere ich mich gerne. Die 14 Stunden Fahrt im Sonderzug kamen mir unglaublich lang vor.
Direkt am Bahnhof St. Peter Ording wurden wir von den Zugbegleitpersonen getrennt, in Kombies zur Unterkunft gebracht. Ich hatte keine Möglichkeit mich von meinem Vater zu verabschieden, dachte er käme in einem der nächsten Fahrzeuge zum Kurheim. Er sah sich das Heim nicht einmal an. Mit den anderen Betreuern war er in einem Hotel untergebracht. Keiner der Betreuer vergewisserte sich an welchem Ort wir untergebracht wurden. So weit reichte das Interesse an uns nicht.
Ich sah meinen Vater erst bei der Abreise im September wieder.
Am Kurheim angekommen mussten wir sofort mit einer Betreuerin in einer Gruppe loslaufen. Ohne etwas zu trinken, ohne zu essen – nach dieser langen Anfahrt. Es war ein warmer Tag – gefühlt der letzte Sonnentag von meinem Aufenthalt.
In meiner Erinnerung ist die Zeit dort nur regnerisch, grau in grau. Vielleicht war es so ein kalter verregneter Sommer?
An die Anlage und Häuser kann ich mich sehr gut erinnern. Am Eingang links stand das schöne Reetdachhäuschen. Das war im Katalog als Gasthaus abgebildet gewesen. Dort lebte die Leiterin Schwester Cilli Jeve. Ihr bin ich nur einmal begegnet.
Etwas hinter dem Reetdachhaus war ein Flachbau in dem ein großer Raum und im hinteren Teil der Speisesaal/Küche lagen. Vorn rechts war ein einstöckiger Bau. Und ein weiteres Haus im Innenhof.
Meine Unterbringung war in dem vorderen Haus zur Deichseite. Im Schlaftrackt im EG waren die Buben untergebracht. Oben die Mädchen. Es gab ein hübsches 2er Zimmer gleich vorn am Ende der Treppe. Dieses Zimmer hatte Irene P.mit einem anderen Mädchen zugeteilt bekommen. Ich war ganz hinten im großen Schlafsaal mit weiteren 10 Mädchen untergebracht. Ganz hinten gegenüber dem Stockbett. Ich hatte Glück - mein Bett war das letzte und stand an der Wand.
Die anderen Betten direkt neben mir waren Patrizia Sch. und Brigitte S. Im Stockbett war Tanja G. an das andere Mädchen kann ich mich nicht mehr erinnern. Ganz vorne lag Tanja T. (sie hätte gar kein Bett gebraucht, sie saß die meisten Nächte weinend draußen auf dem kalten Flurboden) . In der Fünferbettenreihe kann ich mich nur noch an Cordula J. und Anja S. erinnern. Nur dass wir uns alle in den Schlaf weinten. In den Betten und auf dem Fußboden war immer überall Sand. Ich glaube im Keller waren die Waschräume und dort fand auch das wöchentliche wiegen statt. Der letzte Raum hinter uns war nur noch eine extrem stinkende 3er Kabinen Toilette.
An die anderen Zimmer vor uns habe ich keine Erinnerung mehr.
Nur an die kleinen Zimmer gegenüber. In denen waren viele, sehr kleine Kinder untergebracht. Die Kinder waren zwischen 3-5 Jahren. Früher haben mir alle widersprochen und gesagt es könne nicht sein, dass dort so kleine Kinder untergebracht waren. Das hätte ich mir eingebildet. Heute durch die Berichte weiß ich, dass ich mir die Qualen der Kinder nicht ausgedacht habe – wie auch. Noch heute kann ich mich an ihr weinen erinnern. Nächte in denen sie ohne Zudecke weinend und frierend auf dem kalten Gang sitzen mussten. Die Türen zum Flur waren ja immer geöffnet.
Jeden morgen standen die Kinder an die Wand gelehnt auf dem Flur. Wir halfen den kleinsten Kindern beim anziehen, kämmten ihre verfilzten Haare. Die Kinder waren dreckig im Gesicht und wir eckelten uns vor ihnen, weil wir Läuse in den Haaren vermuteten. Viele sprachen nicht. Weinten nur. Diese Bilder vergisst man nicht. Wo die Kinder untertags waren, weiß ich nicht. Ich vermute in dem Raum neben dem Speisesaal. Auch woher sie kamen weiß ich nicht. Damals sagte man uns aus dem Osten od. Berlin. Wir hatten alle selbst mit unserem eigenen Heimweh zu kämpfen, dass wir uns nicht weiter um diese Kinder kümmerten.
Die beiden Mädchen die mit mir im Abteil angereist waren hatten noch mehr Pech. Sie waren im Innenhofhaus untergebracht. Die Zimmerkolleginnen piesakten die Mädchen, beide wurden vor Heimweh sehr krank. Sie hingen furchtbar an mir. Ich wollte mich aber nicht immer um sie kümmern.
Eines Tages wurde ich abends von der gefürchteten Aufsicht Fr. Büssen abgeholt. Sie erklärte mir, dass am Telefon der besorgte Vater der Zechmädchen sei und was ich am Telefon zu sagen hätte. Ich wurde in das Reetdachhaus geführt. In einem unordentlichen Wohn-Arbeitszimmer saß eine ältere unsympatische Dame (Cilli Jeve) und gab mir den schweren Hörer. Hr. Z. war am Apparat und fragte mich was da vor Ort los sei. Hinter mir Fr. Büssen – ich konnte, traute mich nicht sagen was wirklich los war. Die einzige Chance vertan. Noch heute schäme ich mich den beiden Mädchen nicht geholfen zu haben.

Tagein tagaus liefen wir in 2er Reihe den Deich auf und ab. Einzige Abwechslung - ein entfernt gelegener alter Spielplatz mit einer Sitzbank.Ich bin die ganzen Wochen dem Meer kein einziges Mal näher als ein Blick aus der Ferne gekommen. Nicht ein einziges Mal wenigstens den Zeh in´s Wasser gehalten. Ich kann mich auch nur an einen einzigen Tag erinnern, an dem wir auf dem harten Strand den Strandseglern aus dern Nähe zusehen durften und dabei den Strand betraten.Wir liefen nur den ganzen Tag auf dem Deich entlang und sangen.
Ja, singen macht fröhlich hieß das Motto. Noch heute kann ich diese Lieder auswendig. „Der Globus quwietscht und eiert….., „Nehmt Abschied Brüder….“, .. .
Wenn ich Filme aus der NS Zeit mit der Hitlerjugend sehe muss ich umschalten, es erinnert mich an den Stil und die Art, wie wir behandelt wurden.
Wir begegneten oft Gruppen von Kindern aus anderen Kurhäusern, die fröhlich lachend aufgepackt mit Badesachen vom Strand kamen. Wir waren kein einziges Mal dort.
Auf der Kassenabrechnung wurden mir 3 Besuche im Wellenbad berechnet. Ich war nur 1x dort. Es war das erste Mal, dass ich in Salzwasser schwamm. Es wurde auch ein Zaubererbesuch abgerechnet und eine Fahrt nach Büsum. Daran habe ich keine Erinnerung ob das wirklich stattfand.
Wer Mittags- oder am Abends als Gruppe als erstes zurückkam, half beim aufdecken der Tische und hatte evtl. die Chance etwas vom guten Essen od. Saft abzubekommen. z.B. Spaghetti mit Hackfleischsoße. Denn wenn die Hackfleischsoße aufgebraucht war, gab es stattdessen Apfelmus auf die Nudeln drauf. Ich bin/war nie heikel, doch das Essen war grauenhaft. Pures Pflaumenmus zum Frühstück. Für jedes Kind je nur ein Glas Saft und das aus Zinnbechern. So ein Glück, wenn man vom guten roten Saft etwas abbekam. Kein Wasser. In einem Brief an meine Eltern schreibe ich, dass mein Papa beim Abholen doch bitte etwas zu trinken mitbringt.
Wir beneideten sogar oft die Kinder am „Dicken Tisch“, die in der Mitte an einem extra Tisch saßen – und die abnehmen sollten. Sie bekamen abends meist Knäckebrot mit Streichwurst und frischen Gurken drauf. Wir beneideten sie so darum. Manchmal gaben sie uns etwas ab.
Einmal hatte ich großes Glück und blickte freudig auf den Teller mit Hackfleisch Spaghetti vor mir.
Es saß eines der kleinen 3-4 Jährigen Mädchen mit am Tisch. Es erbrach sich fürchterlich im hohen Bogen über den ganzen Tisch. Ich wurde sofort aufgefordert das Kind in sein Zimmer zu bringen und auf es aufzupassen. Damit war auch mein Essen gelaufen. Dann ging man halt ohne Abendessen ins Bett. Niemand hat sich um das kleine Mädchen gekümmert. Ich weiß noch es war tagelang krank.
In der Mittagsruhe und nach Rückkehr vom Waschsaal abends durfte man nicht mehr auf die Toilette. Einmal in der Mittagsruhe war es soweit – ich musste einfach. Ich schlich auf die Toilette. Hielt die Türe, die nach außen aufging, mit Fingerspitzen zu. Kaum drauf, riß es fest an der Türe und Fr. Büssen zog mich von der Schüssel. Ich weiß heute noch, dass ich panische Angst hatte, bekomme noch immer Herzklopfen, wenn ich zurückdenke. Sehe diese große starke blode Frau über mir und ich „Entschuldigung, Entschuldigung , Entschuldigung“ stammelnd.
Sie war gnädig an diesem Tag und zur Strafe musste ich vor allen Kindern im Speisesaal ein Lied singen. Sie wußte ja nicht, dass das für mich keine Strafe war. Ich sang gerne und hatte keine Scheu. Zudem kam es täglich mehrfach vor, dass ein Kind gestraft wurde, ein Gedicht aufsagen, in die Ecke stehen musste usw. – nach kurzer Zeit nahm eh kaum jemand mehr davon Notiz.
Vor dem einschlafen schmiedeten wir Pläne, wie wir die Bettlaken aneinander knoten und uns daran abseilen könnten. Wir überlegten ob wir den Weg zum Bahnhof finden würden. Aber ohne Geld wie eine Fahrkarte kaufen? Flucht war unser einziger Gedanke. In einem Brief an meine Eltern, schreibe ich auf der letzten Seite an meine Schwester, sie soll Geld von meinem Sparbuch abheben und mich bitte holen.
Schreibt das ein Kin, das eine glückliche Zeit erlebt?
An einem der letzten Tage, den Deich auf und ab spazierend, treffe ich plötzlich Freunde meiner Eltern, die zufällig Urlaub im Ort machen. Sie fragen ganz erstaunt was ich hier mache, wo doch meine Eltern mit meinem Bruder in Urlaub gefahren sind. Bis zu diesem Tag hatte ich nur den Wunsch irgendwie alles auszuhalten und die Zeit zu überstehen, nach Hause zu kommen.
An diesem Tag ist in mir etwas zerbrochen. Dieses bittere Gefühl, die Klarheit - meine Eltern wollten mich loswerden. Die innere Verletzung, das Abgeschoben werden, eine plötzliche kalte innere Versteinerung. Das verlorene Vertrauen in alle die mir am nächsten stehenden Menschen. Keinem Menschen zu vertrauen ist mir zum Selbstschutz seit dieser Zeit geblieben.
Ob es wirklich an dieser damals durchlebten Zeit liegt, dass ich generell äußerst Mißtrauisch bin, weinenden Menschen oft nicht das gegebene Mitgefühl entgegen bringen kann, ich weiß es nicht.
Noch heute ist ein mir entgegengebrachter Vertrauensbruch eher eine Bestätigung als eine Enttäuschung.
Auf der Kassenauflistung ist ein Kinobesuch abgerechnet. Der Besuch bestand darin, dass wir im Speisezimmer einen Film vorgespielt bekamen. „Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung“.
Keinem von uns gefiel dieser eigenartige Film und doch war es eine große Abwechslung.
Da ich keinen Pfennig Taschengeld dabei hatte, verdiente ich mir etwas dazu, in dem ich aus meinen mitgebrachten Perlen Armbänder knüpfte und an die anderen Mädchen verkaufte. So hatte ich die Möglichkeit mir auch mal ein Softeis od. eine Cola zu kaufen. Ich beneidete die Kinder die etwas Taschengeld mitbekommen hatten sehr. Ich kam mit allen Kindern gut aus und war noch jahrelang mit Brigitte aus Augsburg eng befreundet. Sie hatte in der Kur einen Waschzwang entwickelt, der sie jahrelang belastete.

Ich kenne seither kein Heimweh. Die von meiner Familie immer ins lächerliche gezogene, in St.-Peter-Ording erlebte Zeit, hat mich auch von meinen Eltern seelisch entfremdet. Ich fühlte mich bei der Rückkehr auch zu Hause nicht mehr wohl. Bin mit 16 Jahren ausgezogen.
Vielleicht spielt die Erinnerung mir einen Streich, es sind ja nur Bruchstücke aus dieser im Rückblick kurzen Zeit. Ich erinnere mich nur an schlechte beklemende Momente in der Kinderkur.
Auch heute, wenn ich meinen Vater auf diese Zeit anspreche, ist keinerlei Einsicht des Fehlverhaltens von seiner Seite als Betreuer erkennbar.
Zumindest hat mein Vater kein Kind mehr nach uns nach St.-Peter-Ording „verschickt“.
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Gabriele J. aus Mannheim schrieb am 26.11.2021
Da ich ein schlechter Esser war, wurde ich auf Anraten unseres Hausarztes für eine mehrwöchige Kur von meinem Vater nach Dannenfels in Rheinland Pfalz gebracht. Dort erwartete mich Nonnen, die ein strenges Regiment führten.
Man bekam zum Frühstück appetitanregende Tropfen, die man nehmen musste. Wir waren nur Mädchen und wurden ständig zum Essen genötigt.
Nach dem Mittagessen mussten wir auf einer überdachten Terrasse stundenlang unter einer Decke mucksmäuschenstill ruhen und stillhalten. Schläge gab es auch. Ich fiel einmal auf einen Nachttisch der zerbrach. Die wütende Nonne ergriff ein Holzbein und schlug auf mich ein. Ich schützte Kopf und Körper mit meinen Händen. Ein weiteres Mädchen aus ärmlichsten Verhältnissen kam verschmutzt und zerlumpt an. Sein Koffer wurde ausgeschüttet und der Inhalt vor unseren Augen kommentiert. Es war Bettnässer und wurde bei einem Malheur zwischen den Betbänken schreiend an den Haaren auf dem Boden aus der Kapelle gezogen, während wir beten mussten.
Die Briefe, die wir nach Hause schreiben mussten, wurden zensiert und bei Nichtgefallen einfach zerrissen. Alles musste fehlerfrei und schön beschrieben werden.
Ich habe viele schlimme Erinnerungen, und bin froh, dass es diese Aufklärungsaktion gibt.
Ich, ein Einzelkind, konnte mich gut anpassen, nahm zu und hatte dadurch wohl Nachsicht. Meinen Eltern habe ich nicht viel erzählt. Meine Mutter hatte sich in meiner Abwesenheit einer Gallenoperation unterziehen müssen und mich deshalb weggeschickt.
Ich besitze noch Postkarten und Photos, die die Nonnen machten, um zu zeigen, dass alles gut ist. So verlogen. Mit Erreichen des 14. Lebensjahres bin ich sofort aus der (evangelischen) Kirche ausgetreten.
Das Haus am Donnersberg wurde anscheinend abgerissen.
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Manu schrieb am 24.11.2021
Lieber Christoph,
Danke für Deinen Eintrag zum Ponyhof. Ich war ebenfalls mit 5 Jahren in einem bayerischen Kinderkurheim, und habe dort erlebt, wie ein Junge - ähnlich wie Du - wegen Bettnässen ausgegrenzt und bestraft wurde. Damals wie heute bin ich völlig schockiert von dieser Brutalität der "Tanten" und Kinder. Meine Hochachtung an Dich, wie Du Dich durchgekämpft hast.
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Christiane schrieb am 24.11.2021
Ich wünschte, ich wüsste noch, in welchem Heim ich 1967 die 6-wöchige Kur verbracht habe. Damals war ich 5 Jahre alt und kann mich nur an ganz wenige Details erinnern. Ich erinnere mich an eine lang Zugfahrt mit einem Zettel um den Hals, ohne meine Mutter und ganz viel Angst.
Der Aufenthalt fand im Winter statt, es lag Schnee und war kalt. Das Heim hatte Fensterläden aus Holz, was ich bis dahin noch nie gesehen hatte. Ich erinnere mich an Schlafräume mit vielen Betten und andere Kinder. An Gespräche, Spiele, Lachen oder Spaß kann ich mich allerdings nicht erinnern. Ich war zu dünn, sagte meine Mutter. Also sollte ich viel essen. Aber ich hatte einfach keinen Appetit. Grießbrei "ohne alles" brachte mich zum würgen und es war eine Tortur, den Teller leer zu essen. In einer Turnhalle mit Sprossenwand wurde geturnt und irgendwas war nicht richtig mit meinem Sportzeug (falsche Farbe oder so).
Besonders schlimm fand ich es, wenn wir ins Bett musste und uns nicht mehr bewegen durften. Die Betten hatten Sprungfedern, die schlimm quietschten, wenn man sich drehte. Das hörte das Fräulein nebenan und es gab Schimpfe, wenn sie jemanden erwischte. Ich weiß noch, dass ich nicht schlafen konnte, weil ich unbequem lag und Angst hatte, mich zu bewegen.
Angst und Heimweh sind die stärksten Gefühle, die aus dieser Zeit noch vorhanden sind.
Als ich nach 6 Wochen wieder nach Hause kam, waren mir die Eltern und Geschwister so fremd, aber ich habe die Kur weggesteckt und weitergemacht.
Viele Jahre habe ich nicht mehr an diese Erfahrungen gedacht. Jetzt tut mir das Kind von damals so leid. Ich war erst 5 Jahre! Was wurde uns damals zugemutet? Es ist gut, die anderen Lebensberichte zu lesen, von Menschen, die ähnliches erlebt haben. Es ist gut, dass wir nicht alleine sind.
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Werner Braun aus CH 3063 Ittigen bei Bern schrieb am 24.11.2021
Hallo. 1951 verbrachte ich, nach schweren Scharlach- und Masernerkrankungen, fast sechs Wochen in einem grossen Heim in Bad Rothenfelde. Der Name des Heimes ist mir leider entfallen. Es tut mir sehr leid für alle, denen es als Verschickungskind sehr schlecht ergangen ist, Menschen die heute noch traumatisiert sind. Zur Ehrenrettung von Bad Rothenfelde , respektive den Heimen, kann ich sagen, dass ich nur positive Erinnerungen an die Erholungszeit habe. Wir wurden gut umsorgt und gepflegt. Mir hat es, abgesehen von Heimwehmomenten (Familie damals in Troisdorf) gut gefallen. Allen Betroffenen wünsche ich alles Gute und viel Mut bei der Geschichtsbewältigung. Herzlich grüsst Werner Braun, Ittigen. (3.1.43)
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Dirk Grundmann aus 37186 Moringen schrieb am 24.11.2021
Hallo liebe Leute, ich war als 10-Jähriger für 6 Wochen im Adolfinenheim auf Borkum. Keine schöne Zeit! Ich nenne dafür ein paar Beispiele: * Schlafen in einem 16er-Saal mit vorgeschriebener Einschlafrichtung. Die Tür zum Flur weit geöffnet, weil die Nachtschwester ihre Kontrollgänge machte. * Mein Sitznachbar am Abendessens-Tisch sagte der Aufsicht, dass er seine Milchsuppe nicht essen könne. Er musste es trotzdem. Dann übergab er sich und wurde gezwungen, das Erbrochene noch einmal zu essen. * Einmal pro Woche schrieben wir eine Postkarte nachhause. Die Betreuerinnen sagten uns, dass sie die Postkarten hinterher nochmal durchlesen würden, "um Rechtschreibfehler zu korrigieren". Deshalb fing jede meiner Karten mit dem Satz an "Liebe Mama, hier ist es sehr schön. Gestern waren wir wieder in den Dünen ..." * Ich bin Pastor und habe davon mal in einem Gottesdienst erzählt. Anschließend kamen zwei Besucher zu mir und erzählten, dass sie als verschickte Kinder ganz ähniches erlebt hatten. *** Also: Das waren mit Sicherheit keine "Ausrutscher", sondern das hatte System.
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Horst P. aus Samerberg schrieb am 23.11.2021
Hallo Verschickungskinder,

habe heute einen Artikel in der ARD über die Heime gelesen und mir ist schlagartig
klar geworden das ich eines dieser Kinder war und das was ich erlebt habe keine
Halluzination oder verworrene Erinnerung war, sondern wahr. Wir wurden gequält.

In dem frühen 80ern (82 oder 83) hatte ich Keuchhusten und zu niedriges Gewicht und wurde
deshalb für sechs Wochen in eine Kur nach Samerberg/Bayern geschickt. An den genauen
Ort oder Einzelheiten kann ich mich nicht mehr erinnern, ich muss 5 oder 6 Jahre alt
gewesen sein. Erinnern kann ich mich noch daran wie meine Mutter nachts Namensschildchen
in die Klamotten eingenäht hat und das ich große Angst hatte. Am Tag der Abreise, es
ging mit dem Zug nach Bayern, habe ich viel geweint und kaum war ich in einem der Waggons packte mich eine alte Betreuerin und erklärte mir das ich böse war und deshalb in ein Heim kommen würde und meine Mutter niemals wiedersehen würde. Das werde ich niemals vergessen und ich habe meiner Mutter, die inzwischen verstorben ist, nie etwas davon erzählt. Das ich in diesen sechs Wochen im Glauben gelassen wurde nie wieder nach Hause zu kommen nehme ich der Betreuerin persönlich übel.

Von diesem Erlebnis am ersten Tag wurde es eigentlich noch schlimmer, ich war permanent verängstigt und die Betreuer haben immer wieder mit mir geschimpft, aber ich wusste nie was ich falsch gemacht hatte und bis heute Morgen, im Jahr 2021, dachte ich das ich einfach ein verhaltensauffälliges Kind war oder sowas.

An das Essen erinnere ich mich nicht, nur an die vielen "Schläfchen", wir wurden oft ins Bett gesteckt. Dann gab es die Wanderungen wo große Kanister mit Wasser aus einem Brunnen und ein Pulver zu einer violetten Flüssigkeit zusammengemischt wurden und ich sah das erste mal Berge mit Schnee
auf den Gipfeln.

Nachts bin ich manchmal aufgewacht, weil ich mit schmerzendem Gesicht auf dem Boden lag, ich bin wohl aus dem Hochbett gefallen und weil ich alleine nicht mehr ins Bett klettern konnte und so Angst vor den Betreuern hatte bin ich einfach auf dem kalten Boden liegen geblieben und habe mich nicht mehr bewegt. Irgendwann kam dann aber doch einer und hat wieder geschimpft.

An ein Ritual erinnere ich mich noch. Es wurde ein Schokoweihnachtsmann in kleine Stücke zerbröselt und jedes Kind kam nach vorne und durfte sich ein Stück nehmen. Die braven Kinder ein größeres, die bösen Kinder ein kleines.

Da waren auch noch andere Dinge aber meine Erinnerung ist zu ungenau, um es sicher zu beschreiben. Aber es war schlimm.

Ich weiß nicht inwiefern dieses Erlebnis in dem bayrischen Horrorcamp meine späteren Probleme
beeinflusst hat, aber ich weiß mit Sicherheit das man so nicht mit Kindern umgehen darf.

Außerdem habe ich beschlossen im Alter niemals so ein hasszerfressener Mensch zu werden wie die alte Betreuerin. Die Hippies hatten recht, trau keinem über 30.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei den Freiwilligen bedanken die für das Forum und die
Initiative Verschickungskinder arbeiten. Vielen Dank.
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Gabriela aus Mörfelden-Walldorf schrieb am 23.11.2021
1957/58 mit 5 oder 6 Jahren wurde ich wegen Unterernährung in Schwarzwald Titi See verschickt, (Name d. Einrichtung nicht bekannt) Die kirchliche Einrichtung wurde von äußerst gefühllosen Nonnen geführt. Dieser Aufenthalt war ein einziger Horror für mich und prägte mich mein ganzes Leben. Ich hatte Tag und Nacht panische Angst, wurde regelrecht gequält, da ich immer mehr an Gewicht verlor. Das Essen wurde mir oft mit Gewalt von zwei Nonnen (eine hielt im mich fest) eingetrichtert, was zur Folge hatte, daß ich ständig erbrach. Neben meinem Teller lag eine überdimensionale Spritze, mit der mir ständig gedroht wurde, falls ich weiter abnehmen sollte. Ich hatte Angst einzuschlafen, da ich mich regelmäßig nachts einässte. Das hatte zur Folge, daß ich morgens vor sämtlichen Kindern bloß gestellt wurde, in dem ich mit dem eingenässten Betttuch auf dem Bett stehend ausgelacht und geschlagen wurde. Danach wurde ich mit einem Schlauch kaltem Wasser traktiert. Da ich noch nicht richtig schreiben konnte, war es unmöglich mich meinen Eltern mitzuteilen, was ohnehin unter ständiger Beobachtung stehend nicht möglich war. Ich hatte Tag und Nacht Angst und fühlte mich ständig verfolgt. Nach 4 Wochen hoffte ich inständig nach Hause zu kommen, bekam jedoch nochmal einen Nachschlag von 2 Wochen, da ich nicht zunehmen "wollte", mir wurde Vorsatz unterstellt. Rückblickend war dieser Aufenthalt für mich ein nicht enden wollender Albtraum.
Angstzustände und chronische Schmerzen begleiteten mich mein ganzes Leben, diverse Therapien konnten nur gelegentlich Linderung bringen.
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Agnes H. schrieb am 22.11.2021
Ich habe letzte Woche die Sendung über die Verschickungskinder im NDR gesehen und bin immer noch entsetzt. Als "zu dünne Asthmatikerin" wurde ich 1971 mit 5 Jahren von meinem Arzt zur Kur in den Mittenwald geschickt. Ich konnte mich bis jetzt nur noch an die fürchterliche Zugfahrt von Nordfriesland in den Mittenwald erinnern (wir wurden wie Vieh in die Liegewagen gepfercht) und daran, dass ich Schimpfe bekommen hatte weil ich die Adresse meiner Eltern nicht kannte. Sonst nichts. Bis letzte Woche. Bei den Bildern kam plötzlich nach 50 Jahren alles wieder hoch. Ich sitze vor dem ekligen Essen und muss kotzen... und trotzdem essen. Ich darf nicht weinen, wir spielen nicht. Es ist einfach nur fürchterlich.Wahnsinn, dass nach so langer Zeit plötzlich Erinnerungen hoch kommen. Die ganze Sache ist wirklich ein Riesenskanal und ich stehe regelrecht unter Schock. Toll dass es Ihre Webseite gibt und endlich darüber gesprochen wird. Danke
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Martina aus Norderney, Marienheim 1969 schrieb am 22.11.2021
Hallo Miteinander,
nach weiterer Recherche bin ich darauf gekommen dass ich mich in meinem früheren Beitrag bzgl. der Jahresangabe geirrt habe - ich war ein Jahr später als vormals angegeben, also tatsächlich im Jahr 1969 im Marienheim auf Norderney. Dass es aber um den Februar herum war, ist korrekt.
Über Zuschriften würde ich mich sehr freuen 🙂
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Kerstin aus Altentreptow schrieb am 22.11.2021
Ich wurde zur Kur geschickt, weil ich zu dünn war und oft krank. Es war kurz vor meinem siebenten Geburtstag für sechs Wochen. Viele Jahre habe ich die Erinnerung verdrängt und erst die Berichte über ähnliche Schicksale haben die Erinnerung mit Macht wieder aufleben lassen. Es geht mir, wie vielen hier, denn es sind nur noch Erinnerungsfetzen übrig.
Die lange Busfahrt.
Ein Raum wo wir begrüßt wurden und uns alle mitgebrachte Süßigkeiten abgenommen wurden.
Der Schlafsaal der großen Mädchen, wo ca. 20 Betten standen und ich als einziges kleines Mädchen schlafen musste. Den Tag musste ich jedoch mit den Kleinen verbringen, so dass kein Mädchen wirklich etwas mit mir anfangen konnte und ich in der Zeit keinen Anschluss fand.
Nachts war das Aufstehen verboten und wenn ich weinte wurde mir mein einziger Freund, mein Teddy , von den Schwestern weggenommen.
Kalte Duschen mit harten Bürsten abgeschrubbt, bis die Haut heiß und rot war.
Reingezwungenes Essen.
Die Karten die wir schrieben wurden kontrolliert, damit sich auch ja niemand zu Hause beschwerte. Ankommende Briefe wurden laut vorgelesen und mein Geburtstagspaket verschwand. Ich durfte davon sogar einen Bonbon essen.
Ich kann mich an Winterwanderungen erinnern, aber an keine Spiele und an keinen Schneemann.
Wenn wir brav waren, durften wir ab und an Sandmännchen sehen.
Am letzten Abend wurde uns unser mitgebrachtes Taschengeld gegeben und wir mussten es für irgendwelche Souvenirs ausgeben, die die Schwestern (Nonnen?) aufgebaut hatten. Wechselgeld gab es nicht.
Ich wurde am nächsten Tag von meinen Eltern mit dem Schlitten vom Bahnhof abgeholt. Ich saß hinter meinem Koffer und hab irgendwann zu meiner Mutter gesagt : "Schau mich nicht an, sonst muss ich weinen." Ich habe lange weder ihren Blick, noch ihre Nähe ertragen können.
Ich war danach ein anderer Mensch. Immer bemüht nicht aufzufallen, immer im Hintergrund, ohne Selbstbewusstsein und ohne Vertrauen.
Jetzt weiß ich warum.
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Ulrike Giesen aus Brühl schrieb am 22.11.2021
Hallo, ich wurde 1975 als Vierjährige mit meiner sechsjärigen Schwester nach Alpirsbach verschickt. Sie hatte regelmässig Bronchitis und so hat man mich einfach auch dorthin gebracht, "damit die Anja nicht so allein ist"...
Was dann kam, war für mich ein absoluter Alptraum. Es ist immerhin nun schon 46 Jahre her, aber ich hab diese Demütigungen nie vergessen können. Ich wurde gezwungen, Rote Bete zu essen! Morgens mussten wir in einen grossen Waschraum mit Betonwaschbecken, und uns mit eiskaltem Wasser waschen. Mädchen und Jungs zusammen. Ich war damals schon ein bisschen schenant, und daher dauerte mein Waschen der Aufseherin zu lange .
...Wir mussten uns die Gesichter mit Creme einreiben, das Gesicht sollte nicht gewaschen werden, warum auch immer....Eine der Aufseherinnen nannte sich Schwester Margarete, die war besonders gemein....Ich erinnere mich, das es spätnachmittags vor den einzigen beiden Toiletten lange Warteschlangen gab. Als ich dann endlich an der Reihe war, hing kein Toilettenpapier mehr dort. Ich hatte Not, mich zu säubern und hab das an der Wand hängende Handtuch kurzerhand benutzt. Hab aber sofort Bescheid gesagt, es sei kein Klopapier mehr da.
Fräulein Margarete hat mir daraufhin kurzerhand das beschmutzte Handtuch im Beisein der anderen Kinder mehrmals um die Ohren geschlagen, das tat ganz schön weh! Ich dachte einfach nur, warum darf ich nicht nach Hause? Hatte furchtbares Heimweh. Zuhause hab ich alles erzählt, aber man hat mir nicht geglaubt. Ich hatte oft im Nachhinein Albträume und hab als Kind dann und wann auch ins Bett gemacht...und immer der Vorwurf meiner Mutter, ich sei an allem schuld...bis heute habe ich nicht das beste Verhältnis zu meiner Mutter, weil sie mir nicht geglaubt hat.
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morri schrieb am 22.11.2021
Ich hatte ausser von den Kriegsverschickungen gar nicht davon gehoert das es den Namen gibt. Als 5 jaehriges Kind war ich alleine in Cuxhaven zur Kur, mir war selber nichts wiederfahren, so 90er hoffentlich besser als 70 oder 60er. Aber das traumatistische war wohl das ich ohne meine Mutter in den Zug gesteckt wurde. und das ich frenetisch geheult hatte. Das einzige woran ich mich dort erinnere war das ich mit meinem Kopf im Spielzimmer in der Treppe zum spielgeruest haengegeblieben bin, und das wir in einem Art dampfraum war in dem man sitzen musste zum Inhalieren. Es gab rollaeden die abends manuell heruntergelassen wurden und dann wurde man mit so einem vaporub eingeschmiert.
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Wittkopp Jürgen aus Berlin schrieb am 21.11.2021
Ich wurde 1962 im Alter von 9 Jahren für 6 Wochen zur Abmagerungskur nach Bad Kreuznach geschickt und musste 6 Wochen hungern. Ich war nach 6 Wochen nur noch Haut und Knochen. Meine Mutter sowie meine Großmutter haben mich bei der Abholung am Bahnhof nach 6 Wochen nicht wiedererkannt. Der Aufenthalt war eine Tortur. Prügelstrafen für alle Kleinigkeiten waren an der Tagesordnung. Ich habe seitdem bis heute Magenprobleme.
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Ursula aus Norddeutschland schrieb am 21.11.2021
Ich bin mit 10 Jahren im Frühsommer 1965 oder 1966 mit meiner 1.5 Jahre jüngeren Schwester nach Langeoog zur Kinderkur geschickt worden.
Warten auf die Fähre: 100e Kinder standen und saßen und warteten. Irgendwann wurde man aufgerufen und musste an Bord.
Ankunft im Kurhaus. Man stand in langen Reihen und wurde nacheinander aufgerufen. Wir waren kleine Kinder und das erste Mal allein unterwegs. Wir wussten nicht, wie wir uns verhalten sollten. So nervös bin ich nie wieder in meinem Leben gewesen.
Alle Kinder wurden von einem "Fräulein" abgeholt. Nur unsere Gruppe von ca 20 Kindern stand und stand dort auf der Wiese.
Bis dann mein Name aufgerufen wurde.
Ich wusste, ich muss nun nach vorne treten...meine Schwester fing an zu weinen. Da pfeift mich so ein Fräulein an: nimm gefälligst deine kleine Schwester mit!
Zum Glück kamen wir in eine Gruppe. Zum weiteren Glück noch ein Mädchen aus unserem Dorf. Wir 3 kamen sogar zusammen in den Schlafsaal. Insgesamt waren wir sicherlich 6 oder 7 Mädchen in dem Schlafsaal.
Es wurden viele Spaziergänge gemacht. Auch einzeln durfte man spielen. Das Haus lag irgendwie am "alten Flugplatz".
Morgens musste man ein Glas Salzwasser trinken (würg) wozu auch immer. Später dann kalt mit Salzwasser abreiben. Ich meine, sogar zweimal täglich.
Zwischendurch "musste" den Eltern geschrieben werden. Wir durften in den Briefen nicht jammern...da sonst die Eltern traurig wären.
Mittagsschlaf mit absoluter Ruhe. Ich meine von 12.00 bis 15.00 Uhr.
An ein einziges Mittagessen kann ich mich erinnern....ekelig! Irgendeine lila aussehende Suppe (Heidelbeeren/Fliederbeeren) die gegessen werden musste.
Mir war so schlecht. Ich konnte das nicht essen....ich musste aber! Bis nachmittags 17.00 Uhr war ich allein im Speisesaal und musste diese Suppe aufessen
Ich bin mit 26 kg Gewicht, ( 10 Jahre alt und ganz klein) in diese Kur gefahren und sollte zunehmen
Nach 6 Wochen 400 g zugenommen.
Aber seit dieser Zeit nur schnell und viel gegessen. Jahrelang! Irgendwann dann völlig übergewichtig....aber seit über 4 Jahren endlich Normalgewicht.
Aber Essen und Kontrolle darüber ist mir immer noch wichtig
Das " Fräulein" hieß übrigens Anneliese. Eigentlich war sie nett ....aber sie musste sich an die Vorgaben ihres Arbeitgebers halten.
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Andreas J. aus Bremen schrieb am 21.11.2021
Ich war Ende der 1960er Jahre in Bad Salzuflen,
Zu meinem Geburtstag erhielt ich ein Paket von meinen Eltern das mir auch gleich morgens an Bett gebracht wurde, es war voll mit Süßigkeiten die mir aber sofort mit den Worten das willst du doch nicht alleine essen weg nahm. Bis auf 2 Schokoriegel die man mir gab, verschwand der Rest im Schwesternzimmer. Wenn ich da nach fragte wurde ich an den Ohren in die Ecke gezogen wo ich dann lange stehen bleiben musste.
Aber das schlimmste was mir angetan wurde vergesse ich bis heute nicht! Zum Mittagessen gab es Rosenkohl, den ich noch nie mochte, diesen sollte ich aufessen, und wenn ich bis zur Heimfahrt am Tisch sitze den ist du auf. Nach ca. 2 Sud. habe ich diesen vom Tisch geschoben so das dieser auf den Boden viel. Da für bekam ich Schläge. Am Abend während die anderen Kinder Brot bekamen wurde mir der Rosenkohl wieder vorgesetzt. Dieses wiederholte sich drei Tage, Morgen, Mittags und Abends.. meine Rettung war der Kinderarzt der bemerkte das ich völlig neben mir stand vor lauter Angst.

Wenn ich heute noch Rosenkohl sehe bekomme ich noch ein mulmiges Gefühl.
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suse sattler aus berlin schrieb am 21.11.2021
Hallo,
ich war als 5-jährige für 6 Wochen im Kinderkurheim Gutermann in Oberstdorf. Ich habe leider keinerlei Erinnerungen an diesen Aufenthalt. Gibt es hier andere, die zu dieser Zeit dort waren und mir erzählen können, wie es dort zuging? Ich kämpfe mit diversen psychischen und physischen Schwierigkeiten und versuche dahinter zu kommen, ob dieser Aufenthalt vielleicht dazu beitragen konnte.
Viele Grüße
Susanne Sattler
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Monika W. aus Berlin schrieb am 20.11.2021
Ich war 1956 während der Sommerferien f. 3 Wochen in der Eifel in einer Einrichtung m. Nonnen zur Verschickung. Leider weiß ich den Ort nicht, er muss aber in der Nähe zu Bergheim gewesen sein. Meine traurige Erinnerung habe ich an ein Mädchen im Nachbarbett, welches nachts einnässte, von dem Betreuungspersonal sehr böse und unfreundlich aus dem Bett geholt und in die Dusche gebracht wurde. Man hörte das Mädchen laut weinen und schreien und Wassergeräusche. Mir passierte nichts weiter, außer das ich einmal ewig allein vor meinem Teller mit Spinat saß. Ich mochte keinen Spinat und er war auch sehr sandig. Nach langer Zeit aß ich ihn um endlich vom Tisch aufstehen zu dürfen, musste aber erbrechen. Soweit ich mich erinnere, gab es darauf zum Glück keine Konsequenzen.
Wie ich beim Aufenthalt erfuhr, kam meine Tante an einem Tag aus Ahe vorbei und brachte für mich ein Päckchen. Sie durfte mich aber nicht sehen und musste das Päckchen abgeben. Der Inhalt sollte an alle aufgeteilt werden. Aber nichts von den Sachen gab es für uns Kinder.
Nach meiner Rückkehr nach Hause beschwerte ich mich über den Aufenthalt in diesem Heim bei meiner Mutter (nie wieder wolle ich verschickt werden) und bei der Vorstellung / Nachsorge beim Arzt des Gesundheitsdienstes. Mein eindrücklichstes Erlebnis dort war halt der Umgang mit dem Mädchen nachts. Es tat mir so leid und ich konnte nicht helfen, war erst 6 Jahre alt.
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TH. Louis aus Rostock schrieb am 20.11.2021
Nur einige meiner Erlebnisse als Sechsjähriger, während eins sechswöchigen Aufenthalts, /im Kurheim in Tutzing am Starnberger See 1969: Jeden Freitagabend Fingernägel schneiden, auch wenn diese in der Vorwoche bereits soweit zurück gestutzt worden waren, das es anfing zu bluten. Tagelanger Essenentzug weil ich an einem Abend den grossen Teller mit Gurkenbroten nicht leer gegessen hatte. Nächtliches Toilettenverbot, das eines Nachts zu einem “Malheur” führte, da der Pfefferminztee vom Vorabend nicht mehr zurück zu halten war.
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Oliver aus Hameln schrieb am 20.11.2021
Ich war im Frühjahr(März/April)auf Langeoog.Gerade 7 Jahre alt und habe nur schlechte/schlimme Erinnerungen daran.Schlafen mit Gesicht zur Wand,jeden Abend nach dem Waschen mussten wir nackt in einer Reihe stehen und wurden "untenrum"auf sauberkeit kontrolliert...Da ich nie der dickste war musste ich teilweise bis zum erbrechen essen.Da mein Geburtstag in die 6 Wochen "Kur"fiel,schickte meine Mutter mir ein Geschenkpacket,welches ich nie erhalten habe.Alles in allem habe ich mich dort allein gefühlt und bin seit dem nie wieder an der See gewesen....
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Stefan aus Bremen schrieb am 19.11.2021
Ich war im Alter von 8,5 mit meinem 2 Jahre älteren Bruder für 6 Wochen in dieser Anstalt. Es herrschte ein rüder Umgangston der durch Schläge untermauert wurde. Man durfte erst aufstehen, wenn man aufgegessen hatte, egal ob man es mochte oder nicht. Federführend war eine blonde Dame, stämmig mit großer Oberweite. Ich erinnere aber nicht mehr genau den Namen (vielleicht Gerland o.ä.). Sie führte ein strenges, über Ängste gesteuertes Regime.
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Dieter Bourwieg aus 26835 Hesel schrieb am 19.11.2021
Ich habe in der Zeitung die vielen schrecklichen Erlebnisse verschickter Kinder gelesen, die ich auch für glaubhaft halte. Mir ist es aber anders ergangen, zumindest kann ich mich nicht mehr an Schlechtes erinnern, wohl aber daran, dass die Kuren mir zu einem gesunden Leben verholfen haben.
Ich (JG 1940) war 4 x verschickt: Nach Bad Salzuflen, Bad Rothenfelde und 2x nach Langeoog, da ich an einer schweren, chronischen Bronchitis litt. Wir wohnten damals in Lingen/Ems, und es ging mir wirklich schlecht.
Auf Langeoog waren wir (meiner Erinnerung nach) in den Baracken des ehemaligen Flugplatzes untergebracht. Ich lernte, über den Bauch zu atmen. Da ich auf der Insel absolut beschwerdefrei war, zogen meine Eltern nach Wilhelmshaven um und der Kinderarzt meinte, wenn ich bis 18 Jahre keine Beschwerden mehr bekäme, könnte die Krankheit überwunden sein. Ich habe keine mehr bekommen, welch ein Segen.
Ich kann mich an keinerlei Zwang erinnern, nur auf den obligatorischen Mittagsschlaf hätte ich wohl verzichten können.
D. Bourwieg
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Ulrike R. schrieb am 19.11.2021
Meine Verschickung durch die AWO erfolgte im April - Mai 1973. Ich sollte in diesen 6 Wochen zunehmen.
Die Anfahrt nach Braunlage erfolgte mit dem Zug. An diese Fahrt kann ich mich nur noch schemenhaft erinnern.

Die 6 folgenden Wochen waren ein reiner Alptraum.

Die verbotenen Toilettenbesuche nach der Bettruhe, mästen mit Essen, Abduschen mit eiskaltem Wasser im Keller - man wurde währenddessen festgehalten - ,zur Strafe in der Ecke stehen wenn man etwas falsch gemacht hatte, nie ein liebes Wort.

Es waren auch größere Kinder in dem Heim, die die Kleineren und auch mich drangsalierten.

Ich glaube auch, dass ich dem Heimleiter Herrn F. immer abends einen Kuss auf die Wange geben musste, da sind meine Erinnerungen aber total verschwommen.

Die Betreuerinnen - eine davon hieß Ramona - nahmen auch mein Geld, welches ich heimlich in unserem Schlafsaal versteckt hatte an sich und haben es einfach behalten.
Die Ein- und Ausgangspost wurde vom Personal gelesen, so dass ich heimlich einen Brief bei einem Ausflug ins Dorf in den Briefkasten schmuggelte, der total zerknittert war und meine Mutter musste auch noch Nachporto bezahlen, da ich nicht mehr genug Geld für eine ausreichende Frankierung hatte.

Mein ganzes Denken drehte sich nur noch darum, wie ich es schaffen konnte abzuhauen um nach Hause zu kommen.

Als ich dann endlich wieder zu Hause war, wurde ich sehr krank. Ca. 2 Wochen lang habe ich fast alles was ich zu mir nahm, wieder erbrochen. Ich sollte schon ins Krankenhaus um künstlich ernährt zu werden. Dann konnte ich jedoch langsam wieder etwas schwarzen Tee und Haferflocken mit Wasser bei mir behalten.

Der Erfolg der Verschickung war also, dass ich viele Kilos weniger wog als vor der Kur und ein gestörtes Verhältnis zum Essen entwickelte.

Ich konnte nach dieser Verschickung auch nirgend wo anders mehr Übernachten und habe auch an keinen Klassenfahrten teilgenommen. Mein Zuhause zu verlassen, war für mich ganz schrecklich, das war auch noch Jahrzehnte später so. Länger als ein paar Tage konnte ich nie von Zuhause fort sein.

Einige Jahre später entwickelte ich eine Angststörung, die mein Leben bis heute prägt.

Meine traumatischen Erfahrungen habe ich auf meine Söhne vererbt. Beide haben in Ihrer Kindheit nicht bei Freunden oder Verwandten übernachtet, obwohl ich Ihnen nie von meinen negativen Erfahrungen erzählt habe.

Ich hoffe, dass diese Dinge heutzutage keinen Kindern mehr angetan werden. Da ich aber auch bei meinem jüngeren Sohn im Kindergarten ähnliches erlebt habe und auch Lehrer/innen in den Schulen ähnlich handeln. Deshalb können wir nur unsere Kinder nur dazu ermutigen, immer alles erzählen zu können, was Sie erlebt haben und Sie vor allem Ernst zu nehmen.
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Heinz K. aus Friedrichsdorf schrieb am 19.11.2021
Ich bin 1947 geboren und mein Bruder 1950 wir waren beide an Ostern 1954 im Erholungsheim bei den Nonnen
in Bad Soden Saalmünster.Es war dort sehr streng.
Beispiel: zum Frühstück gab es oft Haferschleim und
Heilquellwasser man durfte nicht eher aufstehen und spielen bis man alles gegessen und getrunken hat und wenn es lange gedauert hat.Das schlimmste für mich
war die Abreise.Wir mussten unsre Koffer selber packen
ich war damals 6 Jahre und mein Bruder 3 Jahre.
Ich bekam meinen Koffer nicht zu alle andern Kinder
waren schon beim Frühstück da bad ich eine Nonne mir
zu helfen die bekam ihn auch nicht zu.Ich sah dann das Kleidung rausragte und er dadurch nicht zu ging.
ich probierte sie darauf aufmerksam zu machen aber sie
reagierte überhaupt nicht sondern gab mir eine feste
Ohrfeige und lies mich alleine. Ich machte dann mein Koffer zu und ging viel verspätet zum Frühstück.
Von dieser Aktion hatte ich ein blaues Auge und wurde
1 Woche später mit einem blauen Auge eingeschult.
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Henne aus Cuxhaven-Duhnen schrieb am 19.11.2021
Ich (63) wurde ab ca ab 1966 bis 1971/72
regelmäßig, zunächst alleine, später zusammen mit meinem 6 Jahre jüngeren Bruder für mehrere Wochen im Kinder Kurheim "Sonnenhof" abgeschoben. Es lag keine medizinische Indikation vor. Meine Eltern wollten uns wahrscheinlich temporär los sein obwohl ängstliche, brave und geknechtete Kinder. Mein Vater war ein elender Choleriker, meine Mutter immer auf oberflächliche Ruhe bedacht.
So wie man eben in den 60ern erzogen wurde.
Viel schlimmer war aber der Aufenthalt in diesem Heim:
-Schlafzwang auch mittags,absolutes Redeverbot!!! Toilettengang untersagt
-das gleiche zur Nacht. Hatte man. geredet oder getuschelt , müsste man aufstehen und im Stillgestanden vor der Zimmertür stehen
- ekelhaftes Essen, einmal die "Schweine"-Graupensuppe ausgekotzt gab's zur Belohnung einen fetten Nachschlag.
Das schlimmste aber waren Aussprüche wie: Ihr seid hier, weil Eure Eltern Euch nicht lieb habt(tat damals wie heute sehr weh, entsprach aber den Tatsachen)
oder :Ihr müsst immer hier bleiben.
Dieses Ausgeliefertsein und Hoffnungslosigkeit waren entsetzlich.
Ich habe mehrfach über Jahre versucht mit meinen Eltern dieses Geschehen aufzuarbeiten leider ohne Verständnis.
Sie waren der Meinung uns etwas gutes getan zu haben.
Ich habe für dieses Verhalten, das nur ein Teil unserer "Erziehung" war nur Verachtung über. Keine Einsicht, noch nicht mal im Angesicht seines Todes.
Der"Sonnenhof" war aber noch "Deluxe":
Das Kinderheim "Am Meer" war noch fieser.
Immerhin ich wohne mit meiner Frau und früher auch unserer mittlerweile erwachsenen Kinder in Cuxhaven.
Und beide Heime sind mittlerweile abgerissen. Eine kleine Genugtuung!!!
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Stefan Ebmeyer schrieb am 18.11.2021
Warum ich eigentlich verschickt wurde weiß ich nicht mehr. Ich war 9 oder 10 Jahre alt und meine Mutter war alleinerziehend.
Ich habe auch nur noch eine einzige Erinnerung an diese Zeit. Es geht um das Essen. Es gab Sauerkraut - heute wie damals mein größter Alptraum. Ich habe nichts gegessen. Das war ein NoGo dort. Mir wurde gesagt, dass ich erst aufstehen dürfe, wenn der Teller leer ist. Mir war es nicht möglich, das Sauerkraut zu essen ohne mich zu übergeben. Das kalte Sauerkraut war noch ekliger als das warme.
Ich weiß nicht mehr genau, wie lange ich als einziges Kind in einem leeren Essensraum vor meinem Teller saß. Gefühlt war es damals für mich eine Ewigkeit. Ab und zu kam eine Erzieherin rein und animierte mich zum essen. Ich weiß nicht mehr, wie die ganze Geschichte an dem Tag endete - gegessen habe ich auf jedem Fall nichts.
Ich habe keine weiteren guten oder schlechten Erinnerungen an die Zeit meiner Verschickung. Ich gehe davon aus, dass bis auf diese Sauerkrautgeschichte - an die ich bis heute immer wieder denken muss - eine gute Zeit dort hatte.
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Bischof Sabine schrieb am 17.11.2021
Hallo Martina Uhl,
Finde Deinen Beitrag leider nicht. War von Ende September. Du suchst mich, weil ich Dich suchte. schweinfurt.2021@web.de. Bitte kontaktiere mich bald. Ich freue mich, eine von den Mädchen gefunden zu haben, die damals mit mir in Wyk waren. Hier noch mal die anderen Namen: Gabriele und Brigitte Wittmann, Elke Gründer, Ellen Höfler, Eva-Maria Neumann, Sabine Stubner, Sabine Heindl.
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Martin M. aus Saarbrücken schrieb am 14.11.2021
Ich war 6 Wochen in der Asthma-Heil in der Kurfürstenstraße 26 in Bad Reichenhall von Mai - Juni 1967. Ich suche noch weitere Zeitzeugen, die auch sexuellen Missbrauch in diesem Haus durch Angestellte dieser Klinik und klinikfremden Personen erlitten haben. Ich habe einen Antrag nach dem OEG beim Landesamt für Soziales gestellt. Dazu brauche man weitere Zeitzeugen, um das uns zugeführte Leid beweisen zu können. Durch weitere Zeitzeugen wird eine Anerkennung nach dem OEG positiv beschieden. Ich spreche von schwerem wiederholtem sexuellem Missbrauch durch eine, zwei oder drei Tätern in einer Nacht mit anschließender Sedierung durch intravenöse Spritzungen, Körperverletzungen, Schlägen, Tritten, Fesselungen, Einsperren in eine Kiste, Drohungen mit dem Tod....
Weitere Einzelheiten finden Sie in meinen früheren Beiträgen. Auch beim Stadtarchiv Bad Reichenhall Herrn Dr. Johannes Lang findet man weitere Anhaltspunkte zu der Zeit. Die Kath. Jugendfürsorge hat damals dieses Haus mit dem Chefarzt Dr. Franz Braun geführt. Ich kann mich an weiter Jungen, die mit mir das Zimmer teilten oder mit mir am Tisch im Speisesaal saßen, erinnern.
Bitte melden Sie sich, dann könnten wir uns gemeinsam über die Heimortvernetzung austauschen .

Herzlichste Grüße
Martin
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Peter Masloch aus Koeln schrieb am 11.11.2021
Ich bin 1961 in Köln geboren und habe dort 37 Jahre gelebt, bin dann in 1997 in die USA ausgewandert und lebe immer noch dort. Ich habe erst vor einigen Monaten über die Geschichte der Verschickungskinder gelernt und begonnen mich damit auseinanderzusetzen was mir ziemlich schwer fällt.
Meine Eltern haben mich Anfang 1966 oder 1967 für 6 Wochen zur Kur nach Bad Nauheim geschickt weil ich kein Fleisch essen wollte. Ich kann mich nicht mehr an sehr viel erinnern. Die Zug fahrt, das ankommen, die grossen Schlafzimmer und der grosse Raum wo wir gegessen haben. Da gab es auch eine "Kranken Station" mit "Einzel Zimmern" wo ich auch eine Nacht verbracht hatte kann mich aber nicht erinnern warum. Ich kann mich daran erinnern, dass wir jeden Abend Medikamente bekommen. Wir habe da aufgereit in einer langen Schlange gestanden und dann die Medikamente bekommen haben. Ich kann mich noch daran erinnern, dass mir meine Eltern ein Paket geschickt haben mit einem Karnevals Kostüm (Ich war über die Karnevals Zeit in Bad Nauheim).
Vor rund 15 Jahren (2005 oder 2006) hat mein Doktor hier in den USA immer "Anxiety" (grob übersetzt bedeutet es Angst) in meine Akte unter Diagnose geschrieben. Ich habe damals nie viel darüber nach gedacht bis ich dann ende 2015 einen längeren Bericht über "Anxiety" (auch die neben form "social anxiety") gelesen habe. Ich habe mich (und mein verhalten) in dem Bericht 100% wiedergefunden. Ich habe dann auf mein Leben zurück geblickt und es ist mir klar geworden, dass ich mein ganzes Leben unter "Anxiety" und "Social Anxiety gelitten habe. Ich habe jetzt damit angefangen darüber nach zudenken ob meine "Anxiety" von der Kur in Bad Nauheim stammt.
Ich wünschte, ich hätte die Möglichkeit gehabt all das vor 30 oder 40 Jahren zu lernen. War aber leider nicht so. Jetzt hoffe ich, endlich mein Leben auf zu arbeiten und antworten zu finden.
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Peter Speck aus Kiel schrieb am 10.11.2021
nach weiteren Recherchen habe ich mit einiger Mühe diverse neue Aspekte hinsichtlich der Verschickung erinnert:
Zuerst ist es wichtig, zu erwähnen, dass ich aus meiner Sicht komischerweise innerhalb Schleswig-Holsteins verschickt wurde. Ich wurde zu meinem Leidwesen an der Westküste geboren und "sozialisiert". Der Landstrich war eine der frühen Nazi-Hochburgen. Dieses ganz besonders wegen der Idealisierung des Bauernvolks als Arier reinsten Kalibers und der dazu passenden Blut und Boden-Ideologie. In der Nachkriegszeit lebten hier überdurchschnittlich viele Flüchtlinge aus den östlichen Regionen des ehemaligen Deutschen Reiches wie z.B. Pommern oder Ostpreußen. Viele dieser Menschen hatten auf der Flucht Traumatisierungen erlebt, waren so manches mal Täter und Opfer in "Personalunion" und wurden in den "asylgewährenden" Regionen alles andere als freundlich empfangen, wie es hierzulande bei Refugees ja schon Normalität ist. Traumatisierte Flüchtlinge wurden auch keineswegs damals therapeutisch oder psychiatrisch behandelt , was wohl sicherlich auch kaum möglich gewesen wäre sondern ihrem Schicksal überlassen. Die Strukturen in diesen Landstrichen (ich verweise hier auf den Begriff "Rattenlinie Nord- bitte nachschlagen) waren gegenüber der Nazizeit fast unverändert und das Gedankengut sowie die Erziehungsmethoden waren dem angemessen. Leider: denn in dieses "Ambiente" wurde ich 1955 hineingeboren. Meine Schwester war 5 Jahre älter als ich und wir erlebten in dieser Region (Nähe Heide/Holstein) eine klassische (post)faschistische Erziehung. In der Volksschule des 600-Seelendorfes wurden die Kids noch mit herkömmlichen Methoden traktiert :Stockschläge mit 6 Jahren vom Lehrer , Backpfeifen vom Zahnarzt, diffuses und nicht berechenbares Verhalten der Eltern und anderer Dorfbewohner. Mutter mit spät erkannter aber nur mit Valium (hohes Abhängigkeitspotential) medikamentierter Borderlinepersönlichkeits- sowie Zwangsstörung sowie Vater mit Kriegsverletzungen aus britischer Gefangenschaft heimgekehrt spielten Kleinfamilie, was aus meiner Sicht gründlich misslang.
Als Kind hatten wir trotz durchaus vorhandener emotionaler Zuwendungen aber auch hoher Ambivalenz sowie weiter wirkender versuchter Nazifizierung durch das Umfeld keinerlei klare Leitlinien für unsere Primärsozialisation und auch keine Skills für das Leben mitbekommen.
Wik auf Föhr war meine erste Verschickungsstation ; danach bin ich jährlich mit Jugendgruppen unterwegs gewesen, was ich ab 1967 gar nicht so schlecht fand.
Obwohl ich schon 11 Jahre alt war, fühlte ich mich eher wie 8, war ziemlich mangelernährt und unruhig. Mir fiel später auf, dass ich wohl auch früh vom Links- zum Rechtshänder "umgeschult" wurde; bedeutet, dass hier eine weitere Entwicklungsverzögerung wahrscheinlich war. Auch hier fehlt mir die klare Erinnerung, aber ich konnte feststellen, dass im Sport weiterhin z.B. beim Werfen und beim Fußball (wie auch im Leben) links orientiert war.
Diesen Prolog habe ich angeführt, um erschreckenderweise zu dokumentieren, dass mir die extrem rigide "Pädagogik" im Heim gar nicht so normabweichend vorkam;, sondern die Unberechenbarkeit in den Handlungen des Personals mir durch meine Herkunftsumgebung vertraut war.
Heute weiß ich durch meinen Beruf als Pädagoge in der sozialen Psychiatrie ja wesentlich mehr über die multiplen und transgenerationalen Traumata- ein sehr ernstes Thema. Nicht umsonst kamen traurige Momente mit diffusen Suizidgedanken . Weinen half: Aber ich entwickelte auch eigene Methoden zur Überwindung solcher Situationen.
Ich erinnere, dass ich ein Foto meiner Mutter unter dem Kopfkissen versteckt hatte und einen Stoffhund. Gedanken an meine Eltern waren trotz alledem positiv.
Dazu hatte ich ja noch John Lennon als Seelentröster (früher Fan populärer Musik, bis zum heutigen Tage) sowie die legendäre WM in England (remember Wembley). Wer spurte ,durfte abends länger aufbleiben, der Rest: ab in die Koje- Augen zu und Schlaf befohlen. Jawoll!
Ich kann mich nicht an Schläge erinnern, auch nicht an Zwangsernährung und-medikation.
Hier bleiben Fragen offen (das Fotomaterial, das ich habe , sagt da nicht viel aus): Wurden wir zwangsmedikamentiert und wenn ja, womit?
Wie war die personelle Struktur des Heimes, wer Kostenträger usw.
Nach besagten Sommerferien kam ich direkt auf das Gymnasium in Heide (heute Heisenberggymnasium- alter Parteigenosse) und ich litt stärker als je zuvor unter starken Konzentrationsstörungen und schnellem Leistungsabfall trotz verbriefter hoher kognitiver Fähigkeiten.
1974 absolvierte ich ein über 4-monatiges Vorpraktikum (später Studium an der FH Kiel sowie der evangelischen
Fachhochschule Berlin-Schöneberg) im Kinderheim Seeschloß in St-Peter-Ording. Hell on earth! wie ich heute weiß. Damals aber auch die erste Zeit außerhalb des Elternhauses (für immer) und insofern Praktikum und Partysommer zugleich.
Die Strukturen und Essensrituale waren wohl ähnlich wie in den anderen Berichten beschrieben; allerdings fiel mir die"spezielle Essenskultut" auf, die ich schon in dem Heim auf Föhr erlebt hatte: Adipositas und Anorexie in einem Raum- das war absurd und ultrafies , Die Qualität der Nahrung auch nach damaligen Standards ziemlich schlecht (ich erinnere das nicht so genau). Bei Erwähnungen der Probleme wurde auf die räumlichen Bedingungen verwiesen.


Das Heim selbst wurde von einem Mitglied der Leibstandarte Adolf Hitler und seiner Frau , einer BDM-Lehrerin geleitet (bitte Wikipedia unter Hugo und Sünne Kraas- das ist realer Horror)In der Nähe wohnte übrigens der letzte Lagerkommandant von Auschwitz; es ist abartig aber es war die Norm oder zumindest die Spitze des Eisberges.
Da ich der Zeit ultralange Haare hatte und insofern nicht besonders SS- kompatibel wirkte (heute gibts auch langhaarige Rechte)`musste ich von vorn herein draußen in einem Zelt kampieren (ich bin nicht sicher, aber es war die überwiegende Zeit (Praktikum Mai bis September).
Da ich mit Sicherheit mit dem Personal und mit Kraas über meine Einstellung sprach, wurde ich in anderen brisanten Bereichen , in denen es ja laut der Beschreibungen von vielen Verschickungskindern zu Zwang und Gewalt kam, gar nicht eingesetzt. Ich war häufig bei Außenaktivitäten, Spielen und bei Mahlzeiten anwesend. Ob ich Nachtbereitschaft machen musste, kann ich nicht erinnern.
Mit Sicherheit war ich aber wegen des Zeltaufenthaltes und eines monatlich ausgezahlten Taschengeldes eine billige Hilfe. das Praktikum endete mit der Zulassung zum Studium in Kiel im Nachrückverfahren.
Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis, wundere mich deshalb aber sehr, wie bruchstückhaft(vielleicht unbewußt selektiv meine Wahrnehmung war und ist)
und wie viele dunkle Flecken auf der ganzen Phase meiner kindlichen und schulischen Sozialisation liegen und wie mich die Beschäftigung damit in echte Ängste stürzt (auch jetzt), wenn ich zugleich die große Sturmflut, die uns in Lebensgefahr brachte und die Übertragungen meiner Eltern z.B. während der Kubakrise(ich erlebte während der Krimbesetzung einen Retraumatisierungseffekt) denke, läuft es mir den Rücken runter.
Für alle Heimkinder war der Aufenthalt bittere Kosequenz einer nie vollzogenen Entnazifizierung. Hilflos den alten Peinigern ausgeliefert. das war`s Puh!
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Susanne schrieb am 10.11.2021
Susanne aus Baden-Baden
Verschickungsheim Bad Dürrheim
Zeitraum Oktober bis Dezember 1963

Mit 3 ½ Jahren wurde ich wegen Asthma bronchiale auf ärztliches Anraten über die Caritas nach Bad Dürrheim verschickt.
Ich erinnere mich, wie wir vorher extra ein Kuscheltier für die Kur kauften, das ich aussuchen durfte. Ein kleines Kätzchen namens Schnuckiputzi , welches meine Mutter samt Kleidungsstücken mit Namensetiketten versah. Ich begriff, dass ich wegen des Asthmas irgendwo hinfahren müsste und bis das Christkind käme wieder zu Hause sein würde. Ich erinnere mich an das Einsteigen in den Zug und die freudige Aufregung- war es doch meine erste Zugreise. Ein weiterer Junge aus meinem Wohnort und eine Frau von der Caritas saßen mit mir im Abteil. Merkwürdigerweise habe ich an die restliche Fahrt und die Ankunft, das Haus, die Umgebung keinerlei Erinnerungen. Wie mir meine Mutter später sagte – sie lebt noch – hatte ich während der Kur den Mumps, ebenso mein Bruder zur selben Zeit zu Hause. Wahrscheinlich befand ich mich zumindest zeitweise auf der Isolierstation.
Folgende Momente sind mir in Erinnerung:
Ich liege am Tag ganz allein in einem abgedunkelten Schlafsaal mit vielen Gitterbetten.
Ein andere Szene: Wir wurden gebadet. In einem Baderaum standen mehrere emaillierte und eine Badewanne aus Holz, in welcher ich mit einem weiteren Kind saß. Es passierte mir, dass ich Pippi ins Wasser machte. Das war mir schrecklich peinlich und ich schrie fürchterlich. Es kamen mindestens zwei „Tanten“ und fragten was ich hätte. Ich gestand schluchzend, was mir passiert war und dass das andere Kind jetzt in meinem Pippi sitzen müsste. Ich hatte große Angst und war sehr überrascht, dass die „Tanten“ das rührend fanden und erinnere mich an keine Strafe.
Ein weiteres Erinnerungsblitzlicht war eine gemeinsame Brotmahlzeit in einem Flur. Wir saßen auf Holzbänken, die entlang der Wände standen und hatten Brot mit Ei in der Hand.
Dann erinnere ich erst wieder die letzte Phase der Heimfahrt im überhitzten Zug und draußen war es schon dunkel. Mein Vater und mein Bruder holten mich ab. Alle erinnern sich, dass ich unbeschreiblich glücklich war, wieder zu Hause zu sein, ein dickes Lippenherpes hatte, plötzlich Hochdeutsch sprach und mein erster Satz war: „das hat aber sehr lange gedauert, bis das Christkind kommt!“ Ich konnte ein lateinisches Lied singen:“ Santa, santa Maria virgo…“

Soweit die Erinnerungen, doch schon lange vermute ich, dass es psychsomatische Zusammenhänge und Folgen dieser so frühkindlichen Trennung und „Behandlungen“ gibt, die nicht unerheblich sind und sich bis jetzt auswirken. Ich bin in einem sehr behüteten Elternhaus aufgewachsen.
Z. B. ging ich als Kind viele Jahre nur 2xtägl. zum Wasserlassen auf die Toilette, hatte bis vor wenigen Jahren auf Reisen schlimme Verstopfung. Autoimmunerkrankung, Erschöpfungssyndom, Schlafstörungen, kaum belastbar, so dass ich seit 10 Jahren meinen geliebten Beruf nur noch minimal ausüben kann.

Als ich Anfang dieses Jahres (2021)durch einen Bericht in der Presse und durch Videos auf ihre Internetseite und Initiative stieß, schienen sich Puzzlesteine zu finden und Ahnungen wurden zu aufwühlenden Emotionen. Dass solche Einrichtungen besonders bei so kleinen völlig schutzlosen Kindern mit Beruhigungs-, Schlaf- und Schmerzmitteln arbeiten mussten liegt auf der Hand. Es graust mir bei diesem Gedanken und all den Berichten.

Vielen herzlichen Dank für Ihr großes Engagement dies alles ans Licht zu bringen!
Mir liegt sehr an Aufarbeitung und vor allem an Erkenntnissen zu den psychosomatischen Folgen und Spätfolgen, die man sicher im Bereich der posttraumatischen Belastung ansiedeln kann, wie Depressionen, Ängste, Fatigue, Erschöpfungszustände, hormon. Dysbalancen, Autoimmunerkrankungen, Nebennierenschwäche etc. Hier ist uns meines Erachtens der Staat schuldig, Verantwortung zu übernehmen, bei unabhängigen Studien unterstützend mitzuwirken, damit wir mit den offensichtlich weitreichenden Folgeschäden ernstgenommen werden und angemessene Hilfestellung erhalten.

Unsere Eltern, die damaligen Tanten, Ärzte und Betreuer waren ebenso wie wir Kinder und Opfer ihrer schrecklichen Zeit und Verirrungen. Auch in den Schulen, Krankenhäusern, Entbindungsstationen, Kinderheimen, waren die Auswirkungen der Ideologie des dritten Reiches z.T. noch bis in die 80er Jahre wirksam.
Hoffen wir, dass wir die Gefahren der Ideologien unserer gegenwärtigen Zeit einzuschätzen lernen und nicht wieder finanzielle, wirtschaftliche, technische und ideologische Zwänge die physische und psychische Gesundheit unserer Kinder nachhaltig gefährden. Ich beobachte u.a. den rasanten Druck, die frühkindliche Fremdbetreuung immer mehr auszubauen, mit großer Sorge.
Ich glaube die Wahrheit wird letztlich ans Licht kommen.
Ich hoffe dass aufrichtige Bekenntnisse, Vergebung und Heilung stattfinden können!
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Janine aus Altmark schrieb am 09.11.2021
Hi! Mein Name ist Janine und bin 1982 geboren. Im Alter von ca. 5 Jahren wurde ich am Bahnhof Stendal (Altmark) gebracht, um von dort an mit dem Bus nach Tarnewitz zu fahren. Dort war ich in der Kureinrichtung >>Neues Leben<< untergebracht. Das muss ca. 1987 von bis...es war warm. Ich war wohl wegen meiner Neurodermitis da. An so viel kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Heimweh hatten wohl viele. Ich kann mich noch waage an der Aussenansicht des Gebäudes erinnern. In der Nähe oder vor dem Gebäude stand ein Boot. Womöglich zum drauf rum klettern. Im Gebäude standen auf dem Flur Spinnte. Dort habe ich auch eine Tüte mit mehreren Nuckels versteckt, denn diese wahren für mich immernoch aktuell. In dem Schlafraum standen mehrere Betten. Meins stand gleich rechts vorne an der Wand. In einem Aufenthaltsraum stand ein Fernseher und es war ein Puppentheater aufgebaut. Beim Abendprogramm durften wir den Sandmann sehen. Ich kniff am Ende der Sendung immer meine Augen zusammen, da ich den Schlafsand vom Sandmann nicht in meinen Augen haben wollte. Ich wurde dabei ermahnt, die Äuglein auf zu lassen. Das schlimmste Erlebnis war bei einem Ausflug an dem Strand. Ein paar ältere Kinder wollten mir meine Nunnis wegnehmen und haben mich am Strand hin und her gehetzt, da ich davon lief, um die Nunnis zu verteidigen. Letztendlich habe ich sie wieder im Spinnt versteckt. Aus gnatz am Abend bei der Bettruhe, hatte ich an der Wand die Tapete abgerissen. Unbemerkt kam die Nachtschwester und schlug mir ins Gesicht. Am nächsten morgen war eine andere Aufseherin. Sie fragte mich, warum mein Kopfkissen voller Blut war. Ich hatte wohl Nasenbluten durch den Schlag der Nachtschwester. Ich hatte mir nicht getraut was zu sagen. An einem anderen Tag, auch bei einem Ausflug, flog mir eine Biene ins Auge. Ich kam dann zur Beobachtung auf die Krankenstation. Ein paar Kinder kamen mich besuchen und durften von aussen durch die Scheibe schauen. Und dann weiß ich nur noch, dass ich endlich wieder nach Hause ging. Wieder mit dem Bus nach Stendal. Als der Bus hielt und ich Ausstieg, kam eine ältere nette Dame auf mich zu und fragte, ob ich Janine sei. Sie nahm mich an der Hand und wir gingen in einem Laden wo ich mir eine Süssigkeit aussuchen durfte. Anschließend fuhren wir mit dem Zug in meinem Heimatort, wo ich dann von meiner Mutter abgeholt wurde. Als wir zu Hause waren, sagte ich zu ihr, dass ich meine Nunnis nicht mehr brauche. Ich hatte es zwar bereut, aber hatte es durchgezogen. Meine Mutter fragte, warum Ich zuckte nur mit den Schultern. Ich wollte dort nie wieder hin.
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Martina aus Norderney, Marienheim schrieb am 07.11.2021
Erst in den letzten Tagen bin ich auf diese Seiten gestoßen...
Auch ich war einst für 6 Wochen im Marienheim, und zwar von Mitte Januar bis Ende Februar 1968. Damals war ich 9 Jahre alt.
Daheim wurden zuerst noch Namensetiketten in all meine Kleider genäht, dann wurde ich gemeinsam mit einem Mädchen aus unserem Nachbardorf (Zufall!) in den Zug gesetzt, der die 7 Stunden bis Norddeich-Mole durchfuhr. Dort ging es auf die Fähre, und auf Norderney direkt ins Marienheim. Mein Bett in dem großen Schlafsaal stand mittendrin. An den Waschraum mit den nebeneinander liegenden Waschbecken habe ich zwar Erinnerung, nicht aber an die Toiletten, Badewannen oder Duschen.
Die dicke Oberin hat mir immer sehr große Angst bereitet. Sie überwachte alle Mahlzeiten im Speisesaal und achtete darauf, dass die Teller leergegessen wurden. Wer tatsächlich einmal eine zweite Portion wollte, musste mit seinem Teller vor sie hintreten und um Nachschlag bitten. Dies ist bei mir nur ein einziges Mal vorgekommen: ich hatte aber solche Angst, dass ich die von ihr aufgefüllte Suppe prompt über ihre Ordenstracht geschüttet habe. Was dann geschah, weiß ich nicht mehr.
Richtig eklig war für mich die immer nur lauwarme Milch mit der dicken Hautschicht obendrauf. Manchmal gab es aber auch Tee, der war okay, irgendwie halt Wasser mit Geschmack.
Ansonsten war es so, wie es auch die Anderen beschreiben: mittags 2 Stunden Zwangsruhe im Bett, davon die erste Stunde schlafen (oder sich schlafend stellen), nur dann durfte man in der 2. Stunde lesen. Alles natürlich völlig mucksmäuschenstill und mit Bewachung. Wer sich in der 1. Stunde bemerkbar gemacht hatte, durfte nicht lesen und musste "weiterschlafen". Auch eine Nachtwache gab es, die saß immer auf einem Stuhl neben der Saaltür.
Wegen der eisigen Jahreszeit waren wir kaum draußen, aber der Kirchgang am Sonntag war obligatorisch, und einige wenige Besuche im Wellenbad wurden auch gemacht. Nur einmal waren wir am Strand - daran erinnere ich mich gut, weil die Landschaft aus Schnee und verwehtem Sand so aussah wie Milchreis mit Zimt und mich fasziniert hat. Die jungen "Tanten" waren zwar recht nett, aber wenig ideenreich, auch was die Beschäftigung der Mädchen anging. Meist haben wir uns deshalb selbst was ausgedacht, vor allem habe ich sehr viel gezeichnet.
Ausgehende Post wurde von der Oberin diktiert bzw. zensiert, eingehende Post und Päckchen geöffnet. Mein Heimweh war grässlich und musste von mir stets geheim gehalten werden. Aber viele liebevolle Briefe meines Vaters haben mich durch die Zeit gerettet...
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Elisabeth schrieb am 06.11.2021
Mein Name ist Elisabeth und ich bin im November 1944 geboren.
Es muss 1949 gewesen sein.
Ich war so 4 ¾ Jahre alt, als ich zur Kur in Bad Sachsa im Harz war.
Mein Vater, zweifach in Hannover's Innenstadt ausgebombt, war im Nachbarort, in Bad Lauterberg zur Kur geschickt worden.
Von den zwei Läden, die meine Eltern vor dem Kriege hatten, war jetzt nur ein Blech-Kiosk geworden, wo sie nun verkauften.
In der Zeit, wo wir beide zur Kur waren, hielt meine Mutter alles mit dem Geschäft am Laufen.
Mir war gesagt worden, ich könnte dort im Harz mit Kindern schön spielen und Papa wäre gleich nebenan, um gesund zu werden.
Ich war sehr, sehr dünn und schüchtern, als mich mein Vater am Glaseberg 3 bei Camilla Böttcher-Ramdohr ab gab.
Und nun begann das, was von so vielen beschrieben wird.
Viele schlimme Bilder habe ich, wie kurze Blitze, vor Augen.
Kaltes Wasser aus einem dicken Schlauch auf meinen Körper, falle um, Ohrfeige.
Böse knappe Ansagen.
Durst ohne Ende.
Lange in der Ecke stehen, mit dem Kopf zur Wand, schwindelig.
Nicht auf die Toilette dürfen.
Fieses klebriges Essen.
…........
Ich sehnte mich nach einem Briefkasten und dachte, ich würde so von meinem Vater geholt werden, wenn ich mein gemaltes Bild einwerfe.
Ich war Nachzügler,hatte zwei große Brüder, die 20 und 14 Jahre älter waren.
Die hatten mir etwas Schreiben beigebracht.
Einmal waren wir nun vom Heim zu einem Bäcker eingeladen, wo es eine so leckere Rosinenschnecke gab.
Und da sah ich einen Briefkasten!
Aber ich wurde entdeckt und mein zusammen geknicktes Bild musste in meiner Jackentasche bleiben.
Es wurde für mich im Heim immer schlimmer und mein Vater kam, weil er nicht durfte,überhaupt nicht zu Besuch.
Viele Kinder haben nach ihren Eltern geweint.
Irgendwann bin ich dann weggelaufen.
Den Namen Bad Lauterberg konnte ich ja lesen.
Das muss schief gegangen sein.
Ich sehe mich dann in einem Gitterbett im Büro von der „Tante“ Camilla, böse Stimmung, mein Vater ruft plötzlich an.
Sie sagen, es ginge mir sehr gut, ich wäre fröhlich und spielte schön im Garten.
Ich wollte schreien, bekam aber nichts heraus.
Fort an sehe ich mich alleine beim Essen, irgendwas ist mit meiner Hand, habe einen Verband um....
Gebrochenes muss ich nochmal essen.
Bin am Stuhl festgebunden.
Will zu meinem Papa.
Habe Angst nie wieder nach Hause zu kommen.
Habe Zuhause dann gesagt, ich will nie wieder weg.
Brauchte ich dann auch nie wieder.
Seit dem Horror habe ich, mein ganzes Leben, diese Zeit nicht vergessen können.
Bin vor allem Neuen erst mal sehr vorsichtig und ängstlich.
Habe mit 18 Jahren geheiratet und bin 1963 mit meinem Wolfgang und meinen Eltern noch einmal nach Bad Sachsa gefahren.
Mein Mann wollte denen wohl mal sagen, wie man mit Kindern umgeht.
War aber keiner mehr da....,soll 1951 ein Ende gehabt haben.
Wir sind seit 58 Jahren verheiratet, haben Kinder, aber diese nie in eine Kinderkur schicken wollen.
Warum wohl?
Eine schöne Erinnerung habe ich doch noch:
Mittagszeit, wir Kinder liegen im Garten und ein junges Mädchen liest uns vor.
Eine warme Stimme und nicht so ein Geschrei wie von den „Tanten“.


P.S.: Habe mich einmal mit einem Nachbarn unterhalten.
Er war auch ein „Verschickungskind“ und musste eine halbe Nacht über seinem Fischbrot sitzen, was er nicht herunter bekam.
Er hat es gegen Mitternacht hinter dem dort stehenden Schrank geklebt.
Ein schöner Gedanke, finde ich....
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Britta aus Köln schrieb am 05.11.2021
Ich war im Sommer 1974 für sechs Wochen im Kindersanatorium Hochwald wegen spastischer Bronchitis. Ich war 5 Jahre alt und hatte meinen sechsten Geburtstag in der Kur.
An diesen Geburtstag habe ich keine Erinnerung.

Ich erinnere mich an folgendes:
Meine Mutter brachte mich zur Kur, wir saßen bei der Chefin im Arbeitszimmer vor ihrem großen Schreibtisch. Meine Mutter erklärte, dass ich ab und zu noch ein wenig in die Hose pinkelte. (War also doch nicht so trocken: siehe mein Bericht über Bad Sachsa)

Ich hatte sechs Wochen lang das schrecklichste Heimweh.

Wenn es nachts im Schlafsaal nicht sofort still war, dann mussten die "Ruhestörer" raus.
Man saß dann allein im Schlafanzug in einem der dunklen Aufenthaltsräume. Ein Stuhl wurde vom Tisch herunter genommen. Darauf saß man im Dunkel bis im Schlafsaal alle schliefen. Eine Ewigkeit später öffnete sich die Tür und man durfte frierend in sein Bett.

Gemeinsame Toilettengänge nach den Mahlzeiten. Immer bei offener Tür. Ich habe mich geschämt. Irgendwann der genervte Ton der Aufpasserin: habt ihr endlich ausgeschissen?

Entwürdigendes gemeinsames Duschen. Alle Kinder standen in zweier Reihe, nackt nebeneinander. Es gab zwei frei stehende Duschtassen. An jeder eine der Frauen. Wenn man an der Reihe war, trat man vor in die Duschtasse und wurde von einer Frau gewaschen. Die Frauen feixten miteinander über die Köpfe der Kinder hinweg. Machten sich lustig über Körper, "wackelten" an den Kinderpopos.

Schlimme Momente im Esssaal. Brötchen mit Margarine. Ich ekel mich stark vor Margarine.
Immer sitzen und kauen. Kauen, kauen, kauen. Angst vorm Schlucken.

Regelmäßige Besuche beim Arzt. Blutentnahme. Dabei gab es wohl ein Bonbon. Erinnere mich daran, dass wir das Bonbonpapier zum Drücken auf die Einpiksstelle benutzten.

Ein Junge der Gruppe war so renitent und schrie viel, das er nach Hause geschickt wurde. Ich habe ihn so schrecklich beneidet. War selbst aber immer höchst angepasst.
Der Junge schrie unter anderem immer, dass er auf den Spielplatz wolle, den man vom unserem Flur aus sehen konnte.
An dem Tag als er fort war, gingen wir zum ersten Mal auf diesen Spielplatz.
Ich wusste damals schon und weiß es bis heute, was für eine Gemeinheit das war.

Bei einem Spaziergang verletzten ein Junge und ich uns ein wenig an einer unfallenden Sitzbank. Zum "Trost" durften wir diese Chefin in ihrem Arbeitszimmer besuchen und sie tat sehr nett mit uns.

Nach Abschluss der Kur fuhr ich mit Zettel um den Hals mit der Bahn wieder zurück nach Hause.

Ich konnte meinen Eltern meine insgesamt vier Kuren nicht wirklich verzeihen. Habe nie verstanden warum ich eigentlich weg musste. Es hieß ich sei krank gewesen, aber ich erinnere mich nicht daran. Ich glaube die Praxis dieser Verschickungen hat weit mehr damit zu tun, dass unsere Eltern in dieser Zeit, selbst durch Krieg und Nazis traumatisiert waren. Am Mythos Wiederaufbau wurde gearbeitet und die Eltern hatten genug mit sich selbst zu tun.
Dass immer so getan wurde, dass es ja an mir lag, dass ich weg musste und mich niemand beschützt hat, tut mir bis heute weh.
("...und wir hoffen, daß du ganz gesund einmal nach Hause zurück kommen kannst zu deinem lieben Vati und zu deiner lieben Mutti" Zitat aus einem Brief meines Vaters an mich als dreijährige in der Kur.) Zur Erinnerung, ich hatte Husten. Aber darf man nur ganz gesund bei Mutti und Vati sein?

Nicht ich war krank, sondern die Idee kleine Kinder von den Eltern zu trennen ist krank.
Britta
I
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Britta aus Köln schrieb am 05.11.2021
Ich wurde in den Jahren 1969 bis 1973 dreimal nach Bad Sachsa zu den Diakonissen im Borntal verschickt. Man hatte mir eine spastische Bronchitis diagnostiziert.
Ich erinnere mich selbst an keine der drei Kuren. Dafür war ich zu jung. Erst meine letzte Kur im Hunsrück (siehe anderer Bericht) ist mir in schlimmer Erinnerung.

Beim ersten Mal in Bad Sachsa war ich etwa 1 einhalb Jahre alt und trug noch eine Windel.
Wie meine Mutter immer stolz erzählte, kam ich trocken und ohne Schnuller aus der ersten Kur zurück. Nach den drei Monaten holten mich meine Eltern und mein älterer Bruder in Bad Sachsa ab. Ich erkannte meine Eltern nicht und wollte mit diesem Paar nicht mitgehen. Nur zu meinem Bruder fasste ich Vertrauen und ging schlussendlich ohne Weinen mit.
Es existieren ein paar Fotos aus diesen Aufenthalten, welche die Diakonissen meinen Eltern schickten, sowie zwei Briefe.
Ich habe meinen Eltern das unbekümmerte Erzählen über meine Angst vor ihnen beim Wiedersehen immer übel genommen. Ich kann bis heute nicht verstehen wie es allgemeiner Brauch sein konnte, sein Baby vollkommen fremden Menschen an einem Bahnhof in die Hand zu drücken.

Ich habe Bad Sachsa vor drei Jahren besucht und mich an den mittlerweile leerstehenden und teilweise abgerissenen Häusern aufgehalten. Diese deutsche 'Märchenwald-Architektur' löst immer vertrauten Kummer in mir aus.
Wie himmelschreiend traurig, dass so viele Kinder dieses deutsche Elend ertragen mussten (gab es diese Verschickungstradition eigentlich auch in anderen Ländern?).
Auch in meinem Elternhaus herrschte diese Vorstellung von Erziehung: kleine Kinder sind irgendwie noch wie Tiere. Man weiß nicht was in deren Köpfen vorgeht. Müssen erst erzogen werden um ein richtiger Mensch sein zu können.
Britta
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Joachim Ratzel aus Wissembourg schrieb am 05.11.2021
Im Dezember 2019 habe ich, bedingt durch die Reportage im "Report Mainz", begonnen mich mit meiner Situation als ehemaliges Verschickungskind tiefergehend auseinanderzusetzen. Woher kommen meine grossen Verlassenheitsängste? Warum bin ich so wenig konfliktfähig? Warum bin ich so oft traurig? Warum tue ich mich so schwer in Beziehungen und kann mich nur schwerlich öffnen und anderen vertrauen? Langsam nur mache ich in einer begonnenen Therapie Fortschritte. Das heisst, ich kann mich selbst inzwischen besser verstehen und habe Achtung vor mir. Der Schmerz sitzt aber soooo unendlich tief.... Gerne wäre ich zum Kongress nach Borkum gekommen. Ich traue mir das Ganze aber noch nicht zu. Ich habe Angst davor, dass es mich zu sehr "verspulen" würde.
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Karl-Heinz H König aus Sulzbach Rosenberg schrieb am 04.11.2021
Ich wurde im August 1966 für 4 Wochen ins Kloster Metten bei Degendorf gebracht. Am Bahnhof Sulzbach durften wir uns für 4 Wochen von unseren Eltern verabschieden. Ich bin damals 7 Jahre gewesen. Unser Pfarrer hat meinen Eltern gesagt, der Karl Heinz ist Unterernährt. Der muss auf Kur, damit er das Essen lernt. Wenn ich heute Bilder von mir, von damals anschaue, sage ich. Ich habe ein normales Gewicht gehabt. Ich kann mich nur mehr ans Essen erinnern. Große Portionen die Aufgegessen werden mussten. Sonst gab es ärger. Und das Nachts in unseren Schlafsaal ältere Jugendliche gekommen sind. Und den einen oder anderen Unsittlich berührt haben. Mich nicht. Wo die hergekommen sind weiß ich nicht. Dazu kommt noch das es nicht leicht für einen 7 jährigen gewesen ist. Von den Eltern weg zu kommen. Mehr weiß ich über diese Zeit nicht mehr. Muss aber oft negativ über diese Zeit denken. Hat es im Kloster Metten solche Fälle gegeben? Sie können gerne per Email mit mir Kontakt aufnehmen. Glück Auf KH König
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Ursel Lechtenberg aus Braunschweig schrieb am 04.11.2021
Hallo Armin,
danke für all die Informationen!
Ich würde auch gern Kontakt aufnehmen
zu "Ehemaligen", fürchte aber, dass es ist zu spät ist.
Ich war 1943/44 in Katzenelnbogen im Tbc
Kindererholungsheim und erinnere mich an
die "Braunen Schwestern".
Ein Ort des Grauens.
Vor vielen Jahren bin ich nach K. gefahren und habe
das Haus gesucht, leider nicht gefunden.
Ich habe an das Haus nur wenige Erinnerungen,
aber dafür um so mehr erinnere ich,
was da Schlimmes täglich passiert ist.
Gern bleibe ich im Kontakt mit Ihnen.
Herzliche Grüße
Ursula Lechtenberg
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Eva Fröhlich aus Sondheim Rhön schrieb am 03.11.2021
Ich bin durch Zufall auf den Artikel gestoßen. In diesem Moment dachte ich ebenfalls an meinen "Kuraufenthalt" als 7jährige zurück und musste lesen, dass die Einrichtung in Pelzerhagen "dazu gehört". Meine Erfahrungen sind glücklicherweise sehr positiv und ich denke gerne an die Zeit zurück. Ich - und alle weiteren Kinder im engen Umfeld - wurden dort jederzeit gut betreut. Vielleicht hatte ich einfach Glück oder Mitte der 80er hat bereits teilweise ein Umdenken stattgefunden. Mein Mitgefühl gilt allen Kindern der vergangenen Zeit, die heute noch traumatisiert sind , aufgrund ihrer Erfahrungen.
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Nadine schrieb am 03.11.2021
Ich war 1988 mit 7 Jahren für 6 Wochen zur Kur in Gaißach bei Bad Tölz.
Es sind nur Bruchstücke an die ich mich erinnere. Wir schliefen mit 4 Mädchen in einem Zimmer, wenn man sich nach der Nachtruhe unterhielt wurde man ausquartiert und musste mit seiner Matratze auf dem Flur schlafen.
Einmal hab ich mir Nachts in die Hose gemacht, weil ich Angst hatte bei Nachtruhe zur Toilette zu gehen. Auch danach wurde ich ausquartiert. Päckchen die von Zuhause kamen und Süßigkeiten enthielten, mussten geteilt werden. Es durfte nur Montags telefoniert werden, da konnten die Eltern für 5 Minuten anrufen. Auch wenn man Heimweh hatte, gab es keine Ausnahmen. Wenn es was zu Essen oder zu trinken gab was man nicht mochte musste man so lange sitzen bis es aufgegessen war, ansonsten dürfte man an Veranstaltungen, wie Ausflüge, nicht teilnehmen.
An körperliche Sachen erinnere ich mich nicht, nur an psychische.
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Manu schrieb am 02.11.2021
Liebe Sabine Callsen,
bitte melde Dich bei mir (Heimortkoordinatorin Tegernsee-Region) unter verschickungsheime-tegernsee@gmx.de. Es gibt noch weitere ehemalige Verschickungskinder aus diesem Heim.

Herzliche Grüße,
Manuela
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Thomas Schläger aus Magdeburg schrieb am 02.11.2021
Ich war im Frühjahr 1983 für 6 Wochen im Kinderkurheim Ettersverg bei Weimar. Es war sehr schön, vormittags Schule, Mittagsschlaf, nachmittags Ausflüge. Viele Wanderungen in die schöne Natur, auch mal zu Goethe und Schiller nach Weimar.
Natürlich auch viele Geschichten aus dem nahegelegenen KZ Buchenwald erzählt bekommen, wobei es dabei politisch motiviert natürlich immer nur um Kommunisten, Antifaschisten und Ernst Thälmann ging. Judenverfolgung wurde nie auch nur ansatzweise erwähnt.

Die Erzieherinnen waren DDR-typisch streng, aber nicht ungerecht. Ich war einer von den Flegeln, der Soohn einer Kollegin meiner Mutter war ein Jahr nach mir dort und die Erzieherinnen konnten sich noch an mich erinnern "der war ein lauter Rabauke"
Die einzige Strafe: Ich und ein paar andere Rabauken durften nicht mit zum Besuch ins KZ Buchenwald, was uns mit unserer mangelhaften Disziplin begründet wurde. Das kann ich auch heute noch sehr gut nachvollziehen. Eine KZ Gedenkstätte ist kein Ort an dem man 8-10 jährige Kinder rumtoben lassen möchte die nicht hören können.

In meiner Erinnerung war es eine schöne Zeit, wir haben dort viel Blödsinn gemacht. Alle Kinder und auch die Erzieherinnen sind fair mit uns umgegangen.
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Christine Eschbach aus Köln schrieb am 01.11.2021
Liebe Frau Röhl,
vorerst möchte ich mich bei Ihnen bedanken, dass Sie die Initiative
für uns Verschickungskinder übernommen haben und ein  Forum bieten,
das Schweigen zu durchbrechen.
Auch ich war nach diesem sechswöchigen Kuraufenthalt für Jahre verstummt.
Mein ganzes Leben lang habe ich versucht möglichst den Aufenthalt im
Krankenhäusern oder Institutionen zu vermeiden.
Als mir meine Ärztin mir mit 46 Jahren einen Kuraufenthalt ans Herz
legte, veranlasste ich alles Notwendige.
Zwei Tage vor der Abreise überkam mich Panik und ich thematisierte mit
meiner Ärztin die Erfahrungen , die ich als Fünfjährige in Bad Buchau
gemacht hatte.
Sie reagierte wunderbar und sagte, dass ich nun eine erwachsene Frau
sei, die sich zu wehren wüsste, und ich konnte erleichtert die Kur
annehmen und geniessen.
Meine Eltern hatten mich 1970 in Kur geschickt, da ich sehr schmächtig
war und regelmässig ins Bett machte.
Meine Mutter war sehr fürsorglich und liebevoll, mein Vater jedoch
sehr autoritär.
Also eine ständige Anspannung in einer Familie mit fünf Kindern.
Alle Kinder wurden von der DAK in Kur geschickt.
Wir alle haben unter der Trennung von unserer Mutter sehr gelitten.

Meine Erinnerung:

In Oktober 1970 wurde ich von Köln aus für sechs Wochen in die
Kinderkur geschickt. Meine Schwester und meine Mutter brachten mich an den
Bahnhof nach Deutz. Ein langer Zug mit Kindern die winkten ist mir
in Erinnerung geblieben,mein kleiner karrierter Kulturbeutel, und der
Mittagsschlaf im Zug auf ausgezogenen Samtpolstern.
Das Kurheim befand sich in einem Schloss mit vielen Gängen.
Vorerst war ich mit grösseren Kindern in einem Schlafraum untergebracht.
Es war immer recht kalt und nachts rasselte die  Nachtschwester mit
ihrem grossen Schlüsselbund.
Zum Essen wurde ich gezwungen, die Erbsen habe ich einmal auf der
Toilette ausgekotzt(sorry).
Einmal habe ich mich in der Toilette eingesperrt und kam nicht alleine
raus. Ein älteres Mädchen kletterte über die Toilettenwand und
befreite mich.
Dann kam ich zu den kleineren Kindern im Souterain, dort waren weniger Kinder.
Die Holzstühlchen hatten eine Herzform und sahen aus wie im Märchen.
Zu Beginn der Kur waren uns die Süssigkeiten abgenommen worden, jedoch lag jeden Sonntag ein Katjeskätzchen auf dem Tellerrand. Wir haben im Park gespielt, Kastanien gesammelt und ich habe meine erste Laterne gebastelt.
Es gab einen Laternenumzug im Park.
Wir habe auch den Wackelwald besucht( Moor).
Ich bekam Tabletten und Lebertran.
Von dem Paket meiner Mutter durfte ich die Postkarte und das Papier
( Schuhreklame von Ara ) behalten.
Gymnastikstunden fanden in einem grossen Raum unter dem Dach statt.
Zum Ende hin wurden wir durch viele Gänge und Treppen zu Badezimmern
geführt. Dort badete ich das erste und einzigemal in sechs Wochen.
Meine Mutter liess mich nie alleine im Badezimmer- hier war ich
alleine!
Als ich wieder in Köln am Bahnhof ankam holten mich meine Schwester und meine Mutter wieder ab. Meine Schwester
erzählte, dass meine Mutter bei meinen Anblick sehr weinte! Ich sagte
zu ihr:" Mutti, du musst nicht weinen, der Koffer ist im Gepäckwagen...!"
Das ganze ist nun 51 Jahre her.
Die Worte meiner Ärztin haben mir geholfen diese Leere, Hilflosigkeit,
Lähmung und Angst zu überwinden.
Heute kann ich NEIN sagen!
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RPetzinger aus Bad Camberg schrieb am 01.11.2021
Hallo guten Tag,
ich wusste bis heute nicht, dass es eine Initiative Verschickungskinder gibt.
Durch Zufall habe ich den Hinweis im Programmheft gelesen und mir die
TV Sendung im NDR angeschaut.
Ich bin 1952 geboren und wurde im Oktober 1955, also mit 3 Jahren, für 6 Wochen in den Schwarzwald geschickt.
Es war für mich ein einziger Horrortrip. !
Schläge, Zwangsessen, Schlafen im Waschraum auf dem blanken Fußboden ohne Bettzeug.... war normale Tagesordnung.
Ich glaube es war ein Heim "am Tittisee". Unterlagen darüber habe ich keine. Meine Eltern haben mir darüber nie Auskunft gegeben. Erst mit ca 30 Jahren kam ich mit meinen Eltern eines Abends auf dieses Thema zu sprechen. Sie sagten mir nur: "... stell dich nicht so an, du warst ja nicht alleine in Kur"
Ich habe dort gelernt, "die Klappe zu halten und nur das zu machen was verlangt wurde" - dann war alles gut.
Die Bilder dieser "Kur" haben mich mein ganzes Leben lang verfolgt. Bis heute.
Ich hatte immer das Gefühl, ... ich bin nichts... ich kann nichts... die Großen können alles besser als ich.... ich brauch nicht selbst zu denken....
Diese Gefühle konnte ich teilweise mit Freunden besprechen und eine selbstbewusstere Haltung entwickeln.
Aber es blieb immer ein Rest übrig, den ich mir nicht erklären konnte. Es war alles sehr anstrengend und die Erinnerungen klebten wie Blei an mir.
Durch die TV Sendung, waren die "Bilder vom Schwarzwald" in meinem Kopf direkt wieder aktiv und erzeugten ein unangenehmes Kribbeln am ganzen Körper.
Viele Grüße Rudolf Petzinger
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Sabine Callsen aus Norderstedt schrieb am 31.10.2021
ich wurde im Sommer 1966 verschickt in das Kinderkurheim von Siemens, mein Vater arbeitete bei Siemens. Ich war fünf Jahre alt. Ich erinnere mich an mein schreckliches Heimweh. Meine Mutter schrieb mir Karten mit dem Mecki Igel, die wurden dann laut vorgelesen beim Essen vor allem anderen Kindern, es war mir schrecklich peinlich, die nur für mich gedachten Kosenamen und Worte meiner Mama, die ich so schlimm vermisste, vor allen anderen vorgelesen, die anderen haben gelacht...Ich war immer hungrig, andere auch, wir haben die Teller abgeleckt...als ich das dann zuhause auch gemacht habe, hieß das scherzhaft "der Tegernsee-Teller"...Es gab wenige Toiletten, vor denen alle Kinder abends Schlange standen, ich konnte da mit den schon an die Tür hämmernden KIndern nichts machen und lag dann in meinem nassen Bett. Ich war krank und hatte eine Mittelohrentzündung, ich erinnere mich an den gelben Eiter auf dem Kissen. Bei den Spaziergängen an rauschenden Bächen habe ich festgestellt, dass ich den Bach auch dem einen Ohr gar nicht hören konnte. Eine Zeit lag ich dann in einer Krankenstube, dort war auch eine anderes Mädchen und es war die beste Zeit, ich hatte meine Ruhe und ein wenig Gesellschaft. Die stärkste Erinnerung ist das heftige Heimweh und immer traurig zu sein.
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Annette H schrieb am 31.10.2021
Ich war mit 7 Jahren in der Kinderfachklinik Satteldüne auf Amrum. Ich habe keine schönen Erinnerungen an diese Zeit. Ich kann mich noch genau an diese Kälte von den Betreuern erinnern. Ich war komplett auf mich alleine gestellt und hatte auch dort keine Freunde gefunden. Ich kann mich an kein Gesicht der Betreuer erinnern, sondern nur das mit mir nicht liebevoll umgegangen wurde.

Am ersten Tag habe ich ein Blatt Papier von einer Frau in die Hand gedrückt bekommen mit der Aufforderung ich soll zum Arzt gehen. Dann verschwand sie wieder. Sie hat mir nicht gesagt wohin ich gehen soll und hat mich nicht begleitet. Ich war total verloren und hatte Angst. Ich habe dann meinen Mut zusammengefasst und eine weitere Person gefragt. Diese erklärte mir kurz den Weg. Irgendwann habe ich den Behandlungsraum gefunden, kann mich aber an die Untersuchung nicht erinnern.

Wenn ich mich versuche zurück zu erinnern, dann fällt mir der Speiseraum als negative Erinnerung ein. Ich weiß, dass ich morgens nur eine Wahl zwischen Brot mit Käse oder Brot mit Schinken hatte. Das Essen hatte mir nicht geschmeckt und getrunken habe ich auch nicht viel, da mir nur Tee in Erinnerung geblieben ist.

Meine Eltern haben mich persönlich hingefahren und mir Süßigkeiten da gelassen. Die wurden aber von den Betreuern weggenommen. Ich konnte aber ein paar Süßigkeiten in meinem Bett verstecken und habe meiner Bettnachbarin ein paar geschenkt. Das verschickte Paket von meinen Eltern mit den vielen Süßigkeiten und Geschenken hat die Betreuung auch einbehalten und mich erst gar nicht darüber informiert.

Im Waschsaal hatte ein Junge Seife auf dem Boden verteilt und mich geschubst. Ich bin ausgerutscht und mit den Kopf gegen das Waschbecken gestoßen und hatte dadurch eine Beule erlitten. Die Betreuer haben meine Eltern nicht informiert.

Ich habe fast täglich Abends ins Bett gemacht. Ich verstehe nicht, wieso ich das gemacht habe. Es muss was passiert sein, dass ich nicht auf die Toilette konnte/durfte.

Was ich am schlimmsten fand, war halbnackt im Badeanzug früh morgens in der Kälte eine Runde laufen.
Ich hatte telefonischen Kontakt zu meinen Eltern. Allerdings nur unter Aufsicht der Betreuer. Ich muss wohl am Telefon viel geweint haben und habe die negativen Geschehnisse auch erzählt. Ich musste auch ständig den Betreuern den Hörer geben, weil meine Mutter nachfragte, ob das alles tatsächlich passiert ist.
Als die Betreuerin meinte, dass meine Beule ja nicht so schlimm ist und sie deswegen meine Eltern nicht angerufen hat, ist meine Mutter ausgeflippt und hatte gesagt, dass sie mich am nächsten Tag holen kommt. Ich hatte das Glück und wurde von meinen Eltern eine Woche nach Anreise wieder abgeholt. Die Zustände waren katastrophal. Ich wurde mit meinen ganzen Sachen am Eingang abgeladen und sollte dort auf meine Eltern warten. Als sie ankamen, haben sie ein verwahrlostes Kind aufgefunden. Ich war dreckig und habe gestunken. Von dem Aufenthalt Satteldüne habe ich mit 7 Jahren eine Blasenentzündung bekommen. Meine Eltern hatten danach einen Beschwerdebrief an die AOK geschickt. Es kam ein böser und uneinsichtiger Brief zurück. Den Brief sucht meine Mutter noch.
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Birgit Lehne aus Celle schrieb am 30.10.2021
Nach dem Fernsehbericht fing meine Mutter, 87 Jahre, plötzlich an zu erzählen! Sie war vor der Einschulung mit ihrem kleinen Bruder irgendwohin verschickt. Das Haus lag auf einem Hügel, unten flossen die Aller und irgendein anderer Fluss. Die Tanten haben immer gesagt sieh mal, da ist die Aller, Du bist doch aus Celle, da fließt sie auch durch. Sie wurde von ihrem Bruder getrennt. Beide hatten dort Keuchhusten. Sie erinnert sich an ein Bett mit Gittern wie ein Zaun aus dem sie nicht heraus konnte. Sie hat die ganze Nacht gehustet und erbrochen. Irgendwann kam eine Tante, hat sie ins Bad getragen und gewaschen. Als sie da zurückkamen war das Bett frisch bezogen, darüber hat sie sich dann wohl sehr gefreut. Am nächsten Morgen wurde sie nach draußen geholt, da war ein Krankenwagen. Sie sollte sich von ihrem Bruder verabschieden der ins Krankenhaus musste. Mehr weiß sie nicht mehr und mein Onkel erinnert sich an gar nicht mehr. Das Ganze ist ca 83 Jahre her und nun durch diesen Bericht im Fernsehen ist es wieder da. Diesen Bericht hat sie sich angesehen weil ich ein Verschickungskind bin und wir schon viel darüber gesprochen hatten.
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Hain-Hermann Weede aus Hildesheim schrieb am 30.10.2021
Mein Name ist Hain-Hermann Weede, Jahrgang 1960 und ich hatte vergangenen Donnerstag bereits über meinen dreiwöchigen Aufenthalt in einem Lüneburger Kinderheim im Jahr 1962 berichtet. Bitte erlaubt mir ein paar Ergänzungen. Meine acht Jahre ältere Schwester erzählte mir folgendes: Die Eltern hatten ein quiteschvergnügtes zweijähriges Kind in die Obhut des Kleinkinderheimes gegeben. Als sie mich später wieder abholten, schlich ein total verängstigtes, eingeschüchtertes und blasses Kind wie ein Gespenst langsam die Treppe herunter. Besonders erschütternd sei mein stumm-vorwurfsvoller Blick gewesen als ob ich sagen wollte, ach euch gibt es auch noch? Offensichtlich hatte ich resigniert und mich ganz meiner Situation überlassen. Offensichtlich hatte ich schwere Verhaltensauffälligkeiten erlitten, möglicherweise durch eine Traumatisierung. Auffallend war noch dass ich nach dem Heimaufenthalt schlagartig trocken war, obwohl es eine Binsenweisheit ist, dass ein dreijähriges Kind sauberer als ein zweijähriges ist. Wurde ich etwa gewaltsam zur Sauberkeit gezwungen? Mir fehlt an diese Zeit jegliche Erinnerung und alles was ich berichte, weiß ich nur aus Erzählungen, wie z.B. die schlagartige Sauberkeit und die deutlichen Verhaltensauffälligkeiten- und veränderungen durch Schüchternheit und Überängstlichkeit. Woran an mich deutlich erinnere ist ein quälender und bedrückender Albtraum: Ich sehe mich in einem großen Raum mit weißen hohen Wänden. Gegen meinen Willen schiebt mich eine unsichtbare Kraft gegen die gegenüberliegende Wand. Verzweifelt und vergeblich stemme ich mich die unsichtbaren Hände die mich erbarmungslos vorwärtsschieben, erst langsam und dann immer schneller werdend. Die Wand wird größer und kommt bedrohlich immer näher. Verzweifelt und vergeblich versuche ich mich die Kraft zu stemmen. Die Wand kommt noch und schließlich werde ich gewaltsam an die Wand gedrückt und zerdrückt. Jahre später, erzählte mir meine inzwischen verstorbene Mutter dass der Schlafsaal ein großer hoher Raum mit weißen Wänden war. Waren die unsichtbaren Hände in meinem Rücken, die Hände einer überforderten Mutter die ein Kleinkind von sich wegschiebt? Natürlich ist meine Frage Spekulation. Allerdings zerbreche ich mir schon seit langem den Kopf darüber, was ich möglicherweise gesehen oder erlebt hatte, dass zu den gravierenden auffallend Verhaltensänderungen kam. Wurde ich möglicherweise gar traumatisiert, z.B. dadurch dass icg Gewaltanwendungen am eigenen Leib oder bei anderen Kindern gesehen habe? Ist es denkbar, dass ich im Unterbewusstsein "gelernt" dass alles im grünen Bereich ist wenn ich mich korrekt benehme und alles "richtig" mache? Fakt ist, dass ich bis heute unter einer schweren Zwangsneurose leide und nach wie vor zwanghaft bemüht bin es anderen soweit möglich recht zu machen, bloss nicht anezuecken und keinesfalls negativ aufzufallen. Fakt ist ebenfalls, dass ich im späteren Kindesalter und während meiner gesamten Teenagerzeit den Spitznamen "der Musterknabe" hatte, da ich stets ein ungewöhnliches braves, stets höfliches und zuvorkommendes Kind und Jugendlicher war, der stets bemüht war sich korrekt und richtig zu verhalten. Auch heute noch trage ich noch den Spitznamen "der Musterknabe" da ich mich stets höflich, zuvorkommend, aufmerksam und stets korrekt verhalte und weiterhin zwanghaft bemüht bin auf gar keinen Fall negativ aufzufallen. Meine Fragen sind selbstverständlich Spekulation aber meine Verhaltensauffälligkeiten müssen doch irgendwo eine Ursache haben. Ist es denkbar, dass neurotische Störungen "erlerntes" Fehlverhalten sind, die eventuell durch eine Verhaltenstherapie wieder "verlernt" werden können. Ich wäre sehr dankbar wenn ich von einem Fachmann Antworten auf meine spekulativen Fragen bekommen könnte
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Gordian aus Oftringen (CH) schrieb am 29.10.2021
Ich habe den Beitrag im NDR gesehen und meine Erinnerungen kamen langsam wieder. Schrecklich, dass ich das so verdrängt habe. Mir standen sofort die Tränen in den Augen, als ich sah dass es anderen genau so ergangen ist wie mir.

Wir waren in einem alten grossen Haus, Schloss ähnlich, mit grossem Speisesaal oberhalb oder in der Nähe der Loreley. Vielleicht war es das Jagdhaus Dr. Staeckel in Weisel, bin mir aber nicht sicher. Bilder davon kann man ja im Internet ansehen. Als Kind hat man eine andere Wahrnehmung. Es muss 1965 gewesen sein, ich war da 6 Jahre alt und sollte bald in Bad Salzuflen eingeschult werden. Ich weiss nicht mehr wie lange ich dort war, aber es müssen 4-6 Wochen im Frühjahr gewesen sein. Wir waren ca. 50-60 Kinder. Es ging vor allem darum uns das Essen hinein zu würgen oder hinein gewürgt zu bekommen. Und das Essen war schlecht und wurde auf billigen Plastiktellern serviert. Wer das Essen nicht essen wollte, morgens gab es Haferschleim, wurde vor der versammelten Mannschaft runter geputzt und als „Krank im Kopf“ bezeichnet und man musst sich wieder ins Bett legen. Man war ja „krank“ weil man nichts essen wollte, da musste man im Bett bleiben. Die anderen machten bei schönem Wetter Ausflüge und Wanderungen. Das passierte mir mehrmals. Später kamen dann drei Frauen zu mir in den Schlafsaal, zwei hielten mich rechts und links fest und die Dritte stopfte mir den Haferschleim in den Mund. Das was ich ausspuckte, weil ich gar nicht so schnell essen konnte, landete wieder auf dem Teller, den ich leer essen musste. Wenn was auf die Decke fiel, wurde der Teller noch einmal voll gemacht, weil, ich sollte ja die richtige Menge essen. Erbrach ich mich, wurde das auch wieder auf den Teller geklatscht. Den Rest des Tages musst ich wieder im Schlafsaal verbringen. Ich hatte am nächsten Tag blaue Flecken an Armen und dem Körper vom Festhalten der drei Frauen. Ich fühle mich heute noch vergewaltigt. Wie kann man einem kleinen Jungen so etwas antun? Dazu muss man wissen, dass ich gekappte, entzündete Mandeln hatte, die bei leichtester Berührung einen Brechreiz auslösten. Aber das haben weder die Ärzte damals noch die Aufsicht bemerkt und auch niemanden interessiert.
Abends dann wurde ich wieder den anderen vorgeführt. Nach dem Motto, hier kommt der Abtrünnige, er darf jetzt mit uns Abendesse, aber dann wieder ins Bett, er ist ja krank. Anderen ging es auch so, aber die wurden von mir getrennt gequält. Nachts durften wir nicht auf die Toilette. Ich konnte das aushalten, aber andere nicht. Die machten dann ins Bett. Die Bettwäsche wurde nur einmal die Woche oder so gewechselt, also lagen sie mehrere Tage im dreckigen Bett. Generell war der Ton der Frauen, Männer habe ich keine wahrgenommen, sehr brutal bis militärisch. Mittleid, Zuneigung, Herzlichkeit, Freundlichkeit all das gab es nicht. Ich hatte das Gefühl von meinem Zuhause in eine Hölle gekommen zu sein und verlor da wohl das erste mal das Vertrauen zu Erwachsenen und anderen Menschen. Ich habe heute noch und die letzten zwanzig Jahre mit psychischen Problemen zu kämpfen, die mich mein ganze Leben am Erfolg, einem erfüllten und einem freien Leben gehindert haben. Ich wünsche den Verantwortlichen von Damals alles erdenklich Schlechte! Ich hoffe ihnen sind ihre Taten auf dem Sterbebett durch den Kopf und das Herz gegangen. Meinen Eltern mache ich keinen Vorwurf, denn die wurden ja in dem Glauben gelassen, dass sie mir was Gutes getan hätten. Tiere behandeln ihre Jungen besser.
Einmal bekam ich einen Brief von meinen Eltern, da wurde mir die gesamte Tragweite erst richtig bewusst. Mein Heimweh und meine Situation wurde dadurch noch schlimmer und ich heulte den ganzen Tag. Viele andere heulten auch regelmässig, das interessiert keinen von den Aufseherinnen im Gegenteil, die wurden dann erst richtig grob. Stell Dich nicht so an, etc. Ich kam nach der Heimkehr zu meinen Eltern garnicht auf die Idee etwas darüber zu erzählen, da ich glaubte, so müsse die Welt eben sein. Erst viel später habe ich meinen Eltern von den Erlebnissen erzählt, die dann masslos erschüttert waren. Am schlimmsten war eigentlich, dass man den Erwachsenen dort hilflos ausgeliefert war. Man kam sich hilflos, klein, minderwertig und unnütz vor. Im Nachhinein habe ich meine ganze restliche Jugend in solch einem Licht betrachtet gesehen. Wir sollten gebrochen und klein gemacht werden. Mir tun alle die das mitmachen mussten schrecklich leid und freue mich auf Kontakt zu ihnen.
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Wolfdieter Wedekind aus 38518 Gifhorn schrieb am 28.10.2021
Hallo zusammen,
habe am 27.10,21 die NDR 3-TV-Sendung zum Thema Kinderverschickung mit dem Titel "Was ist damals passiert" gesehen. Dabei kamen bittere Erinnerungen an meinem Aufenthalt von Juni bis ca. Ende August 1960 im Kinderheim "Haus Hapke" in mir hoch. Ich weiss nicht, ob sie bei mir tramatische Langzeifolgen wie Entwicklungsstörungen oder soziale Defizite ausgelöst haben. Ich bekam damals aber zu spüren, welche inhumanen bis zerstörerischen Auswirkungen dieses jahrzentelang lukrative Geschäftsmodell der Gesundheitsindustrie names"Kinderverschickung" auf dessen wehrlose Opfer (geschätze 10 Millionen) hatte, die diesen Horror igendwie durchstehen mussten.
Meine Erfahrungen decken sich in velen Punkten mit denen anderer Betroffener, die sich hier dazu schon geäußert haben: In Erinnerung bleiben ekliger Haferbrei, der unter Androhung von Gewalt restlos verzehrt werden musste, der Zwang, verschmutzte Unterhosen und Bettwäsche selbst mit kaltem Wasser zu reinigen, die total repessiven Disziplinierungsmehoden, der menschenverachtende Nazi-Kasernenhofton, die systematische Unterdrückung persönlicher Bedürfnisse und Gefühlsregungen zu Gunsten des Profits.
Was ist mit Verantwortung und Wedergutmachung?
Zurück zu Hause musste meine Mutter mit mir Enlisch pauken, weil das neue Schuljahr (5. Klasse) schon längst ohne mich begonnen hatte und ich erst wieder Anschluss finden musste, was dann aber ganz gut gelang und gefühlt ohne Dauerschäden gelang.
Ich erntete damals im Familienkreis übrigens viel Beifall für meine Parodien über Frau Hapke . . .
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Hain-Hermann Weede aus Hildesheim schrieb am 28.10.2021
Mein Name ist Hain-Hermann Weede und ich bin 1960 in Hildesheim geboren. Von 1962 bis 1966 lebten meine acht Jahre ältere Schwester und ich mit unseren Eltern in Lüneburg weil mein Vater als Beamter von Hildesheim nach Lüneburg versetzt wurde. 1966 zogen wir wieder zurück in meine Geburtsstadt wo ich heute noch lebe. Im Jahre 1962 kam ich auf Anraten eines Lüneburger Kinderarztes in einer Lüneburger Kinderheim wo ich dann drei Wochen blieb, während meine Eltern in den Urlaub fuhren. An die Zeit im Heim habe ich keine Erinnerung mehr. Meine Schwester erzählte mir später, dass ich nach dem Heimaufenthalt deutliche Verhaltensauffälligkeiten zeigte. Aus einem quietschvergnügten 2-Jährigen Jungen der ins Kinderheim gekommen war wurde ein schüchterner, überängstlicher Junge, der nachts nicht mehr im dunkeln schlafen und nicht mehr allein im Kinderzimmer schlafen konnte. Auch wurde mir von nächtlichem Schaukeln und von unruhigem Schlaf mit wiederholten schweren Albträumen erzählt. Auffallend waren auch Kontaktstörungen gegenüber Gleichaltrigen. Soviel konnte ich den Erzählungen entnehmen. Angst, Depressionen, Schlafstörungen, Kontaktstörungen habe ich bis heute noch. Mir fällt es auch jetzt noch schwer, Vertrauen zu anderen aufzubauen. Ich weiß nicht ob meine Geschichte von Interesse sein wird. In diesem Fall bitte ich um Löschung. Mich würde allerdings interessieren, was möglicherweise in der Zeit passiert sein könnte, denn die Verhaltensauffälligkeiten die nach dem Heimaufenthalt auftraten haben mich mein ganzes Leben lang begleitet und auch heute noch sind Ängste, Depressionen, Schlafstörungen und Albträume aktuell. An die drei Wochen selbst habe ich keinerlei Erinnerung mehr. Könnte es sich eventuell bei mir um eine Traumatasierung handeln?
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Ralf Kunstein aus Kiel schrieb am 28.10.2021
Ich wurde mit ca 9 Jahren wegen Übergewicht nach Sylt verschickt. Obwohl ich bereits Jahre vorher in Skt.Peter Ording gelitten hatte. Aber meine Eltern meinten es gut. Ich bekam kaum zu essen, musste aber mit den Kindern zusammen essen, die zunehmen sollten. Beratung oder gar Unterstützung gab es nicht. Nur zotige Sprüche von den Heimdamen. Als es Abends mal laut im Zimmer wurde, kam die Heimtante rein, schnappte mich und sperrte mich im dunklen , feuchten Waschraum ein. Ich durfte kein Licht machen und wusste nicht wann und ob ich wieder raus durfte. Ich traue heute noch fast niemandem und habe Ängste eingesperrt oder fremdbestimmt zu werden. Ich war doch sowieso unglücklich dort. Die großen Kinder klüngelten mit den Wärterinnen. Wir Kleinen Sensiblen hatten keine Rechte.
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Annika aus Steinhude schrieb am 28.10.2021
Auch ich gehören zu der Generation der Verschickungskinder und leide noch heute unter den traumatischen Erlebnisse auf diesen "Kuren"....ich verstehe nicht wieso die Bundesregierung dies bis hin in die 90ziger geduldet hat....echt unglaublich...
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Ingrid aus Berlin schrieb am 27.10.2021
Im Foyer gab es einen Käfig mit Affen. Meine beiden älteren Schwestern waren mit mir zusammen verschickt. Die Älteste kam in eine andere Gruppe. Ohne meine drei Jahre ältere Schwester hätte ich das nicht überlebt, so ist mein Gefühl. Ich bekam Panik, als sie von einem stärkeren Kind mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen wurde. Ich war fünf Jahre alt. Ein Mädchen aus unserer Gruppe wurde besonders gequält, weil sie sich öfter „weigerte“. Sie wurde an einen Stuhl gefesselt und musste das Essen und ihr Erbrochenes aufessen. Das erschütterte mich sehr. Die Briefe meiner Schwester an unsere Mutter wurden zensiert. Mein Heulen half nichts, ich musste ein stinkendes Ei essen, welches ich (zum Glück!) ins Klo erbrochen habe. Ich brauchte fast 15 Jahre, um wieder Eier essen zu können. Ich habe sehr oft nachts ins Bett gemacht. Ich sah bei den anderen Kindern, was mir blühen wird und deshalb drehte ich die Matratze einfach auf die andere Seite und ließ die verpinkelten Unterhosen an. Ich hatte danach eine ganze Weile schlimme Essstörungen und das Verhältnis zur Mutter war gestört und sehr schwierig. Auch machte ich einen großen Bogen um Nonnen!
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Gabriele Franke schrieb am 27.10.2021
Durch einen TV-Bereicht im NDR wurde ich darauf aufmerksam, dass nicht nur ich gelitten habe, sondern viele Kinder neben mir auch, teilweise noch sehr viel schlimmer als ich selbst. Viel habe ich vergessen oder sollte ich schreiben verdrängt, aber einiges ist mir immer in Erinnerung geblieben, aus diesem Kuraufenthalt, der dazu gedacht war, dass meine Schwester und ich etwas zunehmen sollten. Aus unserem Blickwinkel kamen wir in die Hölle und die Hölle sollte 6 Wochen dauern. Die Verzweiflung kann man nicht in Worten ausdrücken, die ein Kind empfindet, wenn es weiß, dass es dieser Schikane und Willkür sechs Wochen ohne Schutz ausgesetzt sein wird. Ich bin mir nicht sicher, wie das Heim hieß. Sollte sich hier jemand auch in dem Kinderheim in Hirschegg aufgehalten haben und er den genauen Namen, wäre ich daran sehr interessiert. Vielleicht weiß der oder diejenige sogar noch den Namen der Heimleiterin und von der netten Praktikantin oder Mitarbeiterin. Ich glaube, dass ich mich erinnern könnte, wenn ich die Namen hören würde. Nun zu meinem Bericht, der sicher sehr lückenhaft ist, denn tief in meinem Innern habe ich das Gefühl, nicht alles gesagt zu haben, aber es will nicht an die Oberfläche. Da meine Mutter inzwischen an Alzheimer erkrankt und mein Vater tot ist, kann ich nur schätzen, wann meine Schwester ich in Hirschegg waren, ich vermute dass es ca. 1970 war und ich ungefähr 8 Jahre alt: Direkt nach unserer Ankunft bekamen wir von der Heimleitung (eine für uns damals älteren Frau, ich schätze vielleicht um die 50 Jahre) alle Süßigkeiten, die uns unsere Eltern mitgegeben hatten, abgenommen. Das war für uns Kinder gleich zu Beginn der erste Schock. Am ersten Morgen nach unserer Ankunft gab es zum Frühstück, wie - ich meine es so zu erinnern - jeden anderen Morgen auch - Haferflocken, eine saure Milch (Buttermilch oder etwas Ähnliches) und Honig. Für mich - wie für fast alle Kinder - war dies ein furchtbares Frühstück, die saure Milch war kaum herunterzubekommen, aber man musste es aufessen, man bekam auch nichts anderes. Ich erinnere mich daran, dass Kinder, die nicht gerade am Tisch saßen, unter jeden Arm eine zusammengerollte Zeitung geschoben bekamen, die sie mit Druck der Arme dann während des Frühstückens festhalten mussten. Meine Schwester und ich hatten sofort großes Heimweh, ich erinnere, dass ich während einer Malstunde eine Art Kalender malte, von dem ich jeden Abend ein Kästchen, für einen vergangenen Tag, durchstrich.
Wir schliefen mit mehreren Mädchen (ca. 5, genau weiß ich es nicht mehr) in einem Zimmer. Da wir im Winter verschickt wurden, war es immer sehr kalt in diesem Zimmer. An folgende einschneidende Dinge erinnere ich mich bis heute:
An einem Nachmittag hatten wir in einem Zimmer mit Bauklötzen spielen dürfen, dann ging es ans Aufräumen und ich hatte versehentlich Bauklötze, die in bestimmte Kästen verteilt werden sollten, falsch sortiert. Die Heimleiterin kam auf mich zu und schlug mir ins Gesicht.
In einer Nacht litt ich unter furchtbarem Durst, nach langem Ringen, weil ich große Angst hatte, erwischt zu werden, stieg ich doch aus meinem Bett, ich schlief oben in einem Hochbett und ging zum Waschbecken in unserem Zimmer und trank einen Schluck Wasser. Ich lag gerade wieder im Bett als die Tür aufschlug und die Heimleiterin im Zimmer stand. Sie bestand darauf, sofort zu erfahren, wer hier eben am Wasserhahn war. Da sich keiner, ich auch nicht, freiwillig meldete, zog sie meine Schwester, die unter mir schlief und am nächsten zum Wasserhahn lag aus dem Bett , schrie auf sie ein und wollte sie mitnehmen. Ich meldete mich dann und gab zu, dass ich es gewesen sei. Sie ließ von meiner Schwester ab, riss mich aus dem Bett und nahm mich mit. Sie schloss mich für Stunden in eine Besenkammer unter einer Treppe ein, besonders schlimm war diese Bestrafung, da in dieser Nacht ein Gewitter in den Bergen niederging und von überall her warfen die Berge den Schall des Donners zurück. Ich hatte schreckliche Angst. ich glaube, dass mich dort Stunden später eine Mitarbeiterin oder Praktikantin herausholte und ins Zimmer zurückbrachte. Diese junge Frau war unser einziger Lichtblick, sie war immer freundlich zu uns und versuchte uns vor der Heimleiterin zu beschützen. Da sie aber selbst in großer Angst vor ihrer Vorgesetzen lebte, funktionierte dieses Beschützen nur in geringem Maße.
Wenn wir Kinder Pakete von unseren Eltern bekamen, wurden diese geöffnet und alle Süßigkeiten herausgenommen. Es wäre ungerecht, dass einige Pakete bekämen und andere nicht, das war die Erklärung. Ich erinnere mich an ein Mädchen in unserem Zimmer, dass fürchterlich weinte, als man ihr ihr Paket wegnahm. Ich schenkte ihr dann etwas von den Süßigkeiten, die ich an dem Tag gewonnen hatte. Die Post unserer Eltern an uns war geöffnet und gelesen worden.
Wir wurden von der Heimleiterin aufs Schärfste darüber informiert, dass wir nichts Negatives in ausgehende Post schreiben dürfen, alles soll sich positiv anhören, damit sich unsere Eltern nicht beunruhigen. Ansonsten drohten Strafen, aber ich weiß nicht mehr, mit was sie uns drohte, auf jeden FAll wirkte es, denn niemand traute sich, die Wahrheit nach Hause zu schreiben. Es wäre ja auch vergeblich gewesen. Die Post musste geöffnet bei ihr abgegeben werden. Ich weiß noch, dass ich über einen Plan nachsann, wie es mir gelingen könnte, einen Brief an ihr vorbeizuschmuggeln und ihn dann evtl. Einwohnern von Hirschegg während eines Spazierganges zuzustecken mit der Bitte, diesen Brief auf den Weg zu bringen, aber das gelang leider nie. Ich war überzeugt, dass uns mein Vater sofort nach Hause geholt hätte., aber ich war einfach zu klein und hilflos.
Weiter erinnere ich einen Ausflug mit der Heimleiterin an einem sonnigen Tag im Schnee. Wir Kinder hatten keine Sonnenbrillen und so stellte sich nach einiger Zeit eine Schneeblindheit (damals wussten wir nicht, was los war) ein, wir hatten starke Schmerzen in den Augen, unsere Augen tränten und wir konnten sie gar nicht mehr öffnen. Die Heimleiterin befahl uns dann, uns alle gegenseitig an die Hand zu nehmen und sie, die eine Sonnenbrille trug, führte die Gruppe dann unter Geschimpfe zurück ins Heim. Einen Arzt haben wir nicht gesehen.
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Rüdiger Grewer aus Hamburg schrieb am 27.10.2021
Durch der NDR-Sendung 'Meine Kinderverschickung' am 27.10.2021 um 21 Uhr bin ich auf diese Seite aufmerksam geworden.
Ich bin mit etwa 6 Jahren für einige Wochen in ein Heim auf Norderney verschickt worden, weil ich untergewichtig war und aufgepäppelt werden sollte.
Das Einzige, woran ich mich erinnere, sind die täglichen Quarkbrote, die ich essen sollte, aber nicht mochte (Brechreiz), so dass ich so lange am Tisch sitzen bleiben musste, bis ich sie aufgegessen hatte. Ich bin dann schnell auf die Idee gekommen, eine dicke Schicht Zucker auf den Quark zu streuen, um ihn herunter zu bekommen.
Seit dem mag ich überhaupt keine Milchprodukte, insbesondere, wenn sie weiß sind!
Ansonsten kann ich mich nur schwach daran erinnern, dass ich immer sehr auf Post von zu Hause gewartet habe (die auch kam).
Ich vermute mal, dass meine lebenslange 'Fähigkeit', Unangenehmes in den Hintergrund zu schieben, damals seinen Ursprung hatte...
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Anne Völker aus Braunschweig schrieb am 27.10.2021
Im Sommer 1965 wurde ich, damals fünf Jahre alt, von Braunschweig aus für sechs Wochen nach Borkum verschickt. Ich hatte eine schwere chronische Bronchitis, die durch das Reizklima geheilt werden sollte.
Für mich war das Schlimmste daran, dass ich dachte, ich hätte etwas verkehrt gemacht und wäre von meiner Familie weggegeben, also verstoßen worden.
Ich hatte die ganze Zeit schreckliches Heimweh und Schuldgefühle und panische Angst, dass meinen Eltern etwas Schlimmes passiert, wenn ich nicht bei ihnen bin.
An Borkum habe ich nur sehr verschwommene Erinnerungen. Die schlimmste Zeit war, als ich nachts aufwachte; ich hatte mich erbrochen, und das Erbrochene war in meinen Haaren. Darum hat sich wohl mehrere Tage lang niemand gekümmert. Ich war ab dieser Nacht lange krank, durfte nicht hinaus und lag allein in einem Bett. Da mir die Zeit endlos schien, kann ich schlecht einschätzen, ob ich eine oder zwei Wochen oder sogar noch länger allein in dem Zimmer liegen musste.
Daraus schloss ich, dass ich auch hier nicht gut genug, sondern wiederum ausgestoßen war.
Das Elendsgefühl dieser Tage ist unbeschreiblich intensiv und immer noch in mir abrufbar.
Von der sonstigen Zeit im Heim sind nur einige vage Bilder und Eindrücke geblieben, vom Muschelsammeln am Strand, dem Schreiben einer Karte an die Eltern und einem Wechselbad von einigen schönen Augenblicken beim gemeinsamen Singen zu vielen schrecklichen Momenten, die jedoch nicht mit konkreten Erinnerungen verknüpft sind.
Als ich von Eltern und Großeltern am Bahnhof abgeholt wurde, konnte ich es nicht fassen, wieder daheim sein zu dürfen. Zwei Fotos zeigen meine ungläubige Freude in diesen Augenblicken.
Ich habe es meine ganze Kindheit hindurch nicht verstanden, wofür ich eigentlich so hart bestraft worden war und was genau dazu geführt hatte, dass mir meine "Strafe" erlassen wurde. Ab da und bis ins Teenageralter habe ich immer versucht, alles richtig zu machen, was schwierig ist, wenn man den Fehler nicht herausgefunden hat.
Ich war nachhaltig eingeschüchtert und lebte immer in der Angst, neuerlich verstoßen zu werden.
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Martina Wegener aus Rostock damals Siebenbäumen schrieb am 27.10.2021
War noch jemand in Klappholttal? Ich glaube Sommer 1970. Über einen Austausch würde ich mich freuen.
Ich habe mich mein Leben lang gefragt, warum ich auf der Grundschule eine aufgeweckte, aktive Schülerin war und auf der Realschule plötzlich bockig und in mich gekehrt. Ich wäre nie darauf gekommen, dass die Verschickung und der Essenszwang die Ursache waren. Erst als ich einen Artikel gelesen habe, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich erinnere mich, dass ich wie gelähmt im Speisesaal 3 Stunden am Tisch saß und erst aufstehen durfte, als ich die gebratene Leber aufgegessen hatte, auch das Stück, was ich ausgespuckt hatte. Andere Kinder fegten um mich herum, alle anderen waren in der Mittagsruhe, nur ich saß alleine vor meinem Teller, fühlte mich hilflos und ausgeliefert. Als keiner im Raum war, habe ich mir die Leberstücke in den Mund gestopft, bin ganz schnell auf Toilette gerannt und habe es ausgespuckt. Dann habe ich mich wieder auf meinen Platz gesetzt. Bis heute ertrage ich den Geruch von Leber nicht. Um 15 Uhr kam die Tante und sagte: geht doch.
Ansonsten erinnere ich, dass wir nie gelacht haben, eher geflüstert und im Hof gab es einen hohen Bretterzaun, da konnte man nicht drübergucken. Ich erinnere nur ein einziges Mal wo wir kurz in die Dünen durften, ein wenig spazieren, unter Aufsicht. Ein Stück weiter war das Jungenheim, da war einer aus meinem Dorf, aber ich durfte ihn nicht sehen. Vielleicht habe ich Ereignisse ausgeblendet, da ich mich nicht erinnere, dass wir Spiele gespielt, gesungen oder im Meer gebadet haben.
Meine Mutter war geschockt, als ihr vor Kurzem von dem Artikel und den Dokus erzählte. Sie hat mir jetzt erst erzählt, dass sie sich damals gewundert hat, weil ich so still zurückgekommen bin und gar nicht auf ihre Fragen geantwortet habe, wie es mir gefallen hat und wie das Essen war. Sie meint, damals kam eine Frau in unser Haus und meinte vorwurfsvoll, ich wäre in der Schule untersucht worden und wäre ja völlig unterernährt, ob sie mir nicht genug zu essen geben würde. Ich war normalgewichtig. Weil meine Eltern dachten, es wäre wie Urlaub, willigten sie ein. Ich weiß jetzt, dass diese Demütigung mich mein ganzes Leben verfolgt hat, bis heute.
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Rita Schüttler aus Kiel schrieb am 26.10.2021
Ich war 2x verschickt, mit 6 Jahren an der Ostsee in Schönhagen und mit 7 Jahren in der Satteldüne auf Amrum. An beide Verschickungen habe ich diverse Erinnerungen.
In Schönhagen wurden Kinder gequält, indem sie Erbrochenes wieder aufessen mussten und Bettnässer wurden vorgeführt und angeprangert.
Die Toiletten hatten keine Türen, diese Albträume verfolgen mich bis heute noch nach fast 60 Jahren.
Wir wurden fast nackt in Reihe untersucht, was endlos lange dauerte. Morgens und abends mussten wir in der Reihe stehen um Zahnpasta auf die Zahnbürsten zu bekommen.
Es gab keinerlei Zuneigung und Mitgefühl für Kinder, die unglücklich waren.
Auf Amrum wurden 2x täglich Versuche mit Sonnencreme durchgeführt. Später habe ich entdeckt, dass es ein Produkt der Firma Nivea war, da ich den Geruch wieder erkannt hatte.
Weinen wurde nicht geduldet und Freundschaften durften auch nicht aufgebaut werden.
Wir wurden gezwungen, nachts mit dem Kopf zur Wand zu schlafen und weinen wurde bestraft.
Ich kann noch 1000 Erinnerungen wiedergeben. Die Zeit hat mich für mein Leben geprägt durch Verlustängste und anderem.
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Ebeling schrieb am 26.10.2021
Hallo,
ich habe gestern im TV von dieser Seite erfahren. Ich selbst war - vermutlich Mitte - Ende der 1960er in der Verschickung - auf Langeoog. Ich würde gerne wissen, welche der Erinnerungen wohl war sind, und vielleicht auch einige Dinge, welche ich wohl verdränge.
Da gibt es zum Beispiel noch eine Erinnerung daran, dass wir unsere Oberkörper mit dem kalten Meerwasser einreiben mußten. Man zum Essen gezwungen wurde, Briefe diktiert wurden.
Über einen Austausch würde ich mich freuen.
Schöne Grüße
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Thorsten aus Emden schrieb am 25.10.2021
Mein Name ist Thorsten, ich war Anfang der 70er Jahre wahrscheinlich 1972 in Verschickung. Es muss das Haus Warteberg in Bad Sachsa gewesen sein ( war schon da, habe mir alles genau angesehen, - passt !!! ). Leider habe ich nur sehr wenige Erinnerungen. Ich erinnere mich an Waldspaziergänge, das einzige Highlight. An Milchsuppe die ich heute noch absolut ekelig finde, ebenso Kirschkaltschale. Seitdem esse ich - bis heute - keine Kirschen mehr.
Unsere Postkarten wurden gegengelesen, wir durften nur schreiben wie toll und schön alles ist. Aus lauter Angst und Heimweh habe ich Nachts eingenässt. Konnte es aber irgendwie die ganze Zeit über geheimhalten. Jeden Tag geweint und immer diese Ungewissheit nie wieder nach Hause zu kommen.
Es war unerträglich !
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Alexandra Mozelewski aus Freising schrieb am 25.10.2021
Ich wurde damals als 2- oder 3-jähriges Kind (Jahrgang 1966) aus West-Berlin verschickt, weil ich ständig starken Husten hatte. Mein älterer Bruder wurde mit mir verschickt, damit ich nicht so alleine wäre. Tatsächlich hat man uns aber sofort getrennt (ich glaube schon im Zug) und in unterschiedlichen Häusern untergebracht. In den 6 Wochen habe ich ihn einmal zufällig bei einem Spaziergang durch die Dünen von Weitem gesehen, weil auch er mit seiner Gruppe unterwegs war. Ich wollte zu ihm, habe fürchterlich geweint, aber ich durfte nicht hin und wurde sehr geschimpft. Wir Kinder mussten uns an einem Seil mit Knoten in Reih und Glied festhalten und ich hielt mit meinem Weinen den Ablauf auf. Ich kann mich nicht mehr an Vieles erinnern, aber das Winken meines Bruders an dem Tag habe ich noch heute vor Augen.
Auch weiß ich noch, wie der Speisesaal aussah und dass die meisten Kinder laut weinend an den Tischen saßen, so wie ich. Wir bekamen Suppen und Brei und mussten immer alles aufessen. Die Tanten stopften uns die Löffel in den Mund und hielten diesen dann zu, wenn wir nicht mehr konnten. Noch heute habe ich eine Abneigung gegen Suppen und Honig (wir bekamen auch täglich einen Löffel Honig in den Mund gestopft).
Was ich auch noch vor Augen habe, ist der Schlafraum mit Gitterbetten und dass es dort immer nach verpieselter Wäsche roch und sehr kalt war. Ich glaube, wir haben uns viel in dem Schlafraum aufgehalten und geweint und gespielt.
Der Waschraum mit seinem typischen Geruch, den ich auch noch förmlich in der Nase spüre und vor dem wir uns in Unterwäsche anstellen mussten, ist mir auch in Erinnerung. Jedes Mal wurde in die Unterhosen geschaut und es gab großen Ärger, wenn sich dort auch nur eine "Bremsspur" befand.
Da ich noch so klein war, habe ich sonst nicht mehr viel in Erinnerung, aber ich weiß, dass ich wochenlang einfach nur Heimweh hatte, ganz viel geweint habe, ausgeschimpft wurde, in der Ecke mit dem Gesicht zur Wand stehen musste und panische Angst vor den Tanten und dem Arzt hatte, der uns oft untersucht hat.
Durch das Buch "Das Elend der Verschickungskinder" bin ich auf diese Seite aufmerksam geworden und je mehr ich darüber lese, desto mehr kommen in mir ganz schreckliche Erinnerungen hoch.
Ich arbeite heute als Sonderpädagogin mit Kindern und der Wunsch nach einem solchen Beruf entstand bei mir bereits im Kindesalter, etwa mit 12 oder 13 Jahren. Vielleicht hat das ja mit meinen Kindheitserlebnissen zu tun...
Meine Eltern gehören leider zu der Kategorie "das war eben damals so, es kann also nicht schlimm gewesen sein". Ich bekomme von Ihnen leider nicht sehr viele Informationen, weshalb ich den Namen des Heimes nicht sicher weiß und auch der Zeitraum nicht ganz sicher ist. Es muss aber um meinen 3. Geburtstag am 15. November 1969 gewesen sein.

Kurz darauf hatte ich nochmal ein ähnlich traumatisches Erlebnis: Mir wurden kurz nach dem Heimaufenthalt die Mandeln operativ entfernt, ich war dafür für 3 Wochen in einem Berliner Krankenhaus, natürlich ohne Eltern. Sie durften mich auch nicht in direktem Kontakt besuchen, sondern mich nur durch eine Glastür sehen. Auf beiden Seiten waren je ein Telefonhörer, über die wir sprechen konnten. Da ich die ganze Zeit nur geweint habe, sollten meine Eltern lieber gar nicht mehr kommen, was sie dann auch so gemacht haben. Ich fühlte mich einfach nur verlassen und verzweifelt, so wie auch schon kurz zuvor bei der Verschickung.
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Monika Theby schrieb am 24.10.2021
Nachdem ich ein Hörbuch beendet habe mit dem Titel....die Schweigende...ein Geschwisterpaar in einem Erziehungsheim, kamen die Erinnerungen vom Aufenthalt im Erholungsheim in Bühl am Alpsee Nähe Immenstadt, wieder hoch.
3x war ich dort. Der erste Aufenthalt war der Schlimmste. 4 Jahre alt war ich wohl. Nach dem Zu Bett gehen, durfte kein Kind mehr aufstehen. Ich musste aber dringend zur Toilette.
Aber ich sagte nichts und versuchte meinen Stuhlgang einzuhalten. Das misslang. Der Geruch hat mich natürlich verraten und ich wurde beschimpft, aus dem Bett gezerrt. Meinen Schlüpfer unter Tränen ausgeleert und per Hand ausgewaschen. Danach viele Stunden im Flur stehend verharren müssen.
Bis heute habe ich mit Verstopfung zu tun. Auf Reisen ist es immer ein Thema....wann ich,vor allem ungestört, zur Toilette gehen kann.
Auch das Päckchen zum Geburtstag wurde verteilt.
Der 2. Aufenthalt nicht mehr in Erinnerung. Beim 3. Aufenthalt war ich 12. Mein Bruder war auch mit. Meine Mutter war damals schon krank und viel im Krankenhaus. Da mussten die Kinder verteilt werden.
Mein Bruder, 8 Jahre alt, hatte dermaßen viel Heimweh, dass die "Weiber " dort ein Erbarmen hatten und ihn tagsüber zu mir in die Gruppe gebracht haben.
Ich kann mit dieser Gegend und dem Ort überhaupt nichts mehr anfangen. Nie eine Reise oder ein Urlaub dort.
Doch noch eine Erinnerung....beim zweiten Aufenthalt war meine Schwester mit. Sie wurde krank mit irgendwas Ansteckendem. Kam ins Krankenhaus nach Immenstadt. Ich durfte sie nicht besuchen! 🙁
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Silke Ottersbach aus 53842 Troisdorf schrieb am 22.10.2021
Auch ich sah, wie viele von Euch, am Dienstag, den 10 September 2019 die Sendung Report Mainz mit dem Thema Verschickung. Das war kurz vor meinem 50. Geburtstag.
Danach hat sich sehr viel in meinem Leben verändert. Ich bekam Flashbacks, Schlafstörungen, litt oft an Lethargie und depressiven Episoden. Ich beantragte gemeinsam mit meinem Hausarzt eine psychosomatische Reha, die innerhalb weniger Tage bewilligt wurde. Daran anschließend besuchte ich die Rehanachsorgegruppe Psyrena und befinde mich zur Zeit in einer Traumatherapiebehandlung, um mit den Erlebnissen von meiner Verschickung zurecht zukommen.
Kurz vor meinem 10. Geburtstag, in den NRW Sommerferien 21.06.-29.08.1079 wurde ich gemeinsam mit meiner Schwester Heike, damals 12 Jahre alt, nach Borkum verschickt.
Unsere Reise begann in Deutz. Durch den Austausch in der Kölner Selbsthilfegruppe Verschickungskids, weiß ich heute, dass die Verschickungen von Deutz-Tief stattgefunden haben. Dort erhielten meine Schwester und ich die rosafarbenen Umhängekarten. Den Abschied von meinen Eltern habe ich als nicht so traurig in Erinnerung. Ich war neugierig und aufgeregt und fühlte mich an der Seite meiner Schwester sicher.
An die weitere Fahrt habe ich wenig Erinnerung, ich erinnere mich an einen alten Zug und Holzbänke, meine Schwester erinnert sich an furchtbare Übelkeit während der Fährfahrt.
Bei unserer Ankunft auf Borkum am Adolfinenheim, wurden meine Schwester und ich getrennt. Ich musste mit anderen Kindern und zwei Nonnen (Schwester Lina oder Schwester Ilse, trug eine weiß-graue Diakonissentracht, hatte eine Gehbehinderung und benutzte einen Stock, Schwester Johanna trug eine braune Tracht und war in ihrer ganzen Art und im Wesen viel „milder“) in einen Altbautrakt, meine Schwester ging mit einer jungen Gruppenleiterin und anderen Kindern in eine andere Richtung zu einem Neubau. Wir haben uns in der ganzen Zeit nur einmal sehen dürfen, als Belohnung für „artiges Aufessen“. Immer wurde ich hingehalten, habe viel geweint und bin vertröstet worden meine Schwester treffen zu können.
Die gesamte Essenssituation im Speiseraum erlebte ich als sehr angsteinflößend. Die Nonne mit dem Stock schlug auf Hände, wenn ich Brot nahm, bevor ich die Schokoladensuppe gegessen hatte, sie schlug auf den Rücken, wenn ich auf der Holzbank nicht gerade gesessen hatte. So erging es vielen Kindern.
Die Sammelduschen, in meiner Erinnerung im Keller, waren riesig mit Brauseköpfen an den Decken. Wir mussten uns vor mehreren Erwachsenen ausziehen und gesammelt unter den Brauseköpfen stehen, aus denen dann irgendwann eiskaltes Wasser kam. Es wurde laut kommandiert und wir wurden immer zur Eile angetrieben.
Ich erinnere mich an einen Inhalationsraum. Dort drin war es sehr nebelig. Wenn ich drin war, wurde die Tür zugeschlagen und ich musste mich vor die Wand setzen, wo aus einem Rohr Dampf austrat. Ich hatte immer Angst zu ersticken und nicht mehr rauszukommen.
Mittags mussten wir ins Bett zum Mittagsschlaf. Immer mussten wir mit dem Gesicht zur Wand schlafen. Die Betten waren aus Metall und die dünne Matratze lag auf Metallfedern. Durch Recherche weiß ich heute, dass das Adolfinenheim früher Achilleion hieß und eine Kaserne war. Es war taghell, ich erinnere mich nicht an Gardinen. Als beruhigend habe ich den Lichtkegel des nahen Leuchtturmes in der Nacht empfunden. Der hat mich abgelenkt, wenn ich zur Toilette musste, das war nicht erlaubt.
Abends, nachdem wir schon unsere Schlafsachen angezogen haben, standen wir in einer Reihe vor dem „Schwesternzimmer“. Dort hielten wir entweder die Hand auf oder sollten den Mund öffnen. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was genau wir dort einnehmen mussten.

Zusätzlich zu den Nonnen gab es eine Gruppenleiterin, die hieß Frl. Wollmann. Sie schrieb meinen Eltern einen Brief, dass ich an einer Gastritis erkrankt sei. Ich hatte immer Bauchschmerzen, ich musste mich häufig übergeben.
Wenn wir Spaziergänge gemacht haben, sind wir wie Zwerge losmarschiert. Auf der rechten Schulter lag eine Metallschaufel mit Holzgriff. Erst sind wir durch den Ort, dann zum Strand.
Wir waren auch im Wellenbad. Ich glaube das war ganz schön.
Als befreiend habe ich die Lieder empfunden die wir gesungen haben. „Wir lagen vor Madagaskar….“ „Bolle reiste jüngst zu Pfingsten“…sind mir noch in Erinnerung. Singen hat mir manchmal gegen Weinen geholfen.

42 Jahre später bin ich dankbar mit Verschickungskindern im Austausch sein zu können. Es ist sehr hilfreich zu wissen, dass ich mit dem Geschehenen nicht alleine bin.

Viele werde ich im nächsten Monat auf Borkum zum Kongress das erste Mal „live“ treffen. Ich bin aufgeregt und neugierig. Immer mehr Zusammenhänge werden klar, zwischen den Erlebnissen während der Kinderkur und meinem späteren Leben, bis heute…….
Silke
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Sabine Ollech-Zietelmann aus Bremerhaven schrieb am 19.10.2021
Ich war in den Sommerferien im Kinderkurheim Langeoog. Es war 1973 oder 1974 und ich sollte mal wieder abnehmen. Jede Individualität wurde unterdrückt, man sollte gehorchen, Briefe wurden zensiert oder nicht abgeschickt. Der „Mittagsschlaf“ musste gehalten werden; Lesen oder auch nur Flüstern war verboten. Mir machte entsetzliches Heimweh zu schaffen, aber ich habe die meisten Geschehnisse vergessen x und/oder verdrängt. Ich meine, unsere Gruppenleiterin hieß Fräulein(!) Gollasch und die Heimleiterin Maria?!
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Waltraud Schürmeyer aus Hamburg schrieb am 11.10.2021
Leider habe ich eben gerade das Jahr nicht genannt. Es war im Sommer 1966.
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Waltraud Schürmeyer aus Hamburg schrieb am 11.10.2021
Bevor die „Verschickung“ losging, hatte ich einen Wackelzahn. Ich wollte ihn unbedingt ziehen und zuhause lassen, was mir aber nicht gelang. Er war einfach noch nicht so weit. Meine Mutter gab mir eine mit Watte ausgekleidete Streichholzschachtel mit. Sie sagte mir, dass ich den Zahn hineinlegen, in meinen Nachtschrank oder Koffer aufbewahren und mit nach Hause bringen sollte. Das tat ich dann auch. Es muss relativ zu Beginn der Kur gewesen sein, denn mein Vertrauen in die Menschen war noch nicht gebrochen, als der Zahn fiel, den ich dann stolz präsentierte. Sogar der Koch musste ihn begutachten. Er nahm ihn, wollte ihn allen anderen in der Küche zeigen, sagte er. Ich wartete vor der Küche, keine Ahnung, wie lange, sehr lange jedenfalls. Als er dann herauskam sah er mich stutzend an und antwortete auf meine Frage nach dem Zahn, den habe er doch längst in den Abfalleimer geworfen, wer wolle schon so einen alten Zahn behalten? Hahaha... Vielleicht war das die erste traumatische Erfahrung für mich.
Schreiben konnte ich noch nicht. Gelegentlich wurde uns die Post, die für uns angekommen war, vorgelesen. Ich war immer so aufgeregt, etwas von zuhause zu hören. Leider konnte ich kaum etwas verstehen, da der Raum sehr voll und die Kinder laut am Reden waren. Diese Briefe wurden mir nicht ausgehändigt, ich habe sie nie gesehen.
Mittags mussten wir alle in unseren großen Schlafsälen (ich teilte mir mit sieben-acht Mädchen den Saal) "ruhen", also schlafen, mindestens liegen, auf keinen Fall durften wir reden. Wir durften nicht auf die Toilette gehen. Natürlich mussten wir alle dringend und hielten es kaum aus, bis es schmerzte. Einige nässten sich ein und wurden dafür bestraft, also gedemütigt vor den anderen Kindern. Das trieb uns alle an, es auszuhalten. Gut, wenn es geklappt hatte.
Nachts stand ein Nachttopf in der Mitte des Schlafsaals, den wir gemeinsam nutzen mussten. Morgens war der immer randvoll. Einmal haben wir ihn überlaufen lassen, das war eine heimliche Freude für uns alle. Keine hat gepetzt, sodass wir tatsächlich nicht bestraft wurden, jedenfalls erinnere ich mich nicht daran. Und ich weiß noch sehr gut, dass die verschworene Gemeinschaft viel bewegt hat. Am nächsten Abend bekamen wir zwei Nachttöpfe - immerhin.
Zu gefühlt jeder Mahlzeit gab es "Grieß mit Apfelmus". Ungesüßte Nachspeise, selbst unter leckerem Vanillepudding verbarg sich diese fiese zähe Pampe. Mit der Zeit war ich so verunsichert, dass ich nichts mehr essen wollte und mich über gar nichts gefreut habe, was irgendwie lecker aussah. Diese Pampe grinste mich ebenso an, wie die "Tanten", die uns mit Argusaugen beobachteten. Wir mussten alles aufessen. Ich erinnere mich, dass ich keine Mahlzeit mit Freude gegessen habe, dabei war ich eigentlich das, was eine "gute Esserin" genannt wurde. Von Zuhause nicht verwöhnt, aß ich erst einmal alles. Es gab wenig, wogegen ich wirklich nicht ankam und es zuhause nicht aufessen musste. - Dort in St. Peter aber musste ich essen und habe einige Male gewürgt und erbrochen. Andere Kinder mussten selbst das Erbrochene aufessen. Warum ich das nicht musste, weiß ich nicht mehr. Die Hauptsache war, ich war davongekommen.
Überhaupt ist mir irgendwann aufgefallen, dass ich besser davonkam, wenn ich mich unauffällig verhielt. Also war ich ruhig, passte mich bestmöglich an. Das fiel mir sehr schwer, denn schon immer war ich ein impulsives Kind, habe mich gern mitgeteilt. Gerechtigkeit war mir wichtig und ich habe meinen Mund aufgemacht. Offensichtlich ist es mir gut gelungen, mich "in Deckung" zu halten, denn ich kann mich an keine körperliche Strafe erinnern. Ein- oder zweimal bekam ich Arrest, musste im Bett bleiben. Das kam bei anderen Kindern viel häufiger vor. Die Jungen wurden auch geschlagen.
An keines der anderen Kinder kann ich mich erinnern, an keinen Namen, keine Geschichte, alle waren irgendwie gleich. Es gab zwei größere Mädchen, etwa 15 Jahre alt, die mir wichtig waren. Sie hatten einen Blick auf uns Kleinen, aber wirklich beschützen konnten sie uns nicht. Aber ihr Mitgefühl tat gut. Ich erinnere mich, dass ich mir überlegt hatte, sie anzusprechen und die Telefonnummer von Nachbarn, am Anfang unserer Straße für mich zu wählen. Es gab in der Nähe eine Telefonzelle. Aber ich hatte weder Geld noch eine Idee, wie ich die Telefonnummer herausbekommen sollte, also gab ich diesen Gedanken wieder auf.
Einmal bekam ich eine Karte von meinem Freund Josef. Er war damals 16 Jahre alt, und natürlich wollte ich ihn später heiraten! Er hatte mir eine Karte geschrieben und ich habe sie auch ausgehändigt bekommen! Die älteren Mädchen wurden nicht müde, sie mir immer wieder vorzulesen, bis ich den Text auswendig konnte. Die Karte hatte ich immer bei mir. Auf einem Spaziergang wurde ich von der "Tante" darauf angesprochen. Stolz erzählte ich ihr, wer Josef war. Sie nahm die Karte, las sie und sagte sehr verächtlich: "Ein Freund? Das ist aber noch nichts für ein Mädchen wie dich!" Ihren selbstgefälligen, zynischen und verächtlichen Gesichtsausdruck werde ich nie vergessen, als sie die Karte in kleine Fetzen riss und diese in den Wind warf. Noch heute kann ich Menschen, die so gucken, nicht ausstehen. Hilflos und wütend fühle ich mich heute nicht mehr.
Der Strand, die Nordsee sowie Ebbe und Flut haben mich sehr fasziniert, Ausflüge dorthin haben mir Trost gegeben. Im Sand zu buddeln bis das Wasser kam, hat mich angetrieben. Eines Tages durften wir baden. Ich konnte noch nicht schwimmen, wollte lieber im seichten Wasser bleiben. Zwei "Tanten", sie waren noch jung, kamen zu mir, nahmen mich in ihre Mitte und wollten mir das Schwimmen beibringen. Mein Magen rebellierte, aber ich hatte keine Wahl, ich musste mitgehen, ahnend, dass mich etwas Schreckliches erwartete. Sie gingen weiter mit mir ins tiefe Wasser. Die Wellen erreichten meinen Mund, wir gingen weiter. Ich konnte nicht mehr stehen, musste im Takt der Wellen hüpfen, sie ließen mich los. Die Nordsee, die mich so fasziniert hatte, war plötzlich lebensfeindlich geworden. Ich schluckte Wasser, bekam Panik, schluckte weiter Wasser, hatte keinen Einfluss mehr auf meine Bewegungen und verlor die Orientierung. Die Tanten waren zurückgeblieben, lachten laut, das hörte ich. Ich konnte nicht glauben, dass sie mich einfach so der Nordsee überlassen wollten, dachte an meine Mutter, die ich nicht mehr wiedersehen würde. Gefühlt kurz vorm Tod nahmen die Frauen mich hoch und trugen mich zurück an den Strand. Noch heute wundere ich mich, dass mir die Nordsee und das Meer allgemein nach wie vor so tröstlich erscheinen und ich das Meer so sehr liebe.
Ein anderes Mädchen hatte keinen Mantel von Zuhause mitbekommen. Also musste jedes Mädchen, das etwa ihre Größe hatte, einmal ihren Mantel ausleihen. Im Grunde eine gute Sache, fand ich schon damals. An einem meiner letzten Tage dort musste ich ihr meinen borgen. Nun hatte ich bis dahin im Auftrag meines Bruders fleißig Muscheln gesammelt und diese in jede Tasche des Mantels aufbewahrt. Zugegeben, heute weiß ich, dass Muscheln besser nicht in Manteltaschen in einem Kleiderschrank aufbewahrt werden sollten. Damals wusste ich das nicht. Nachdem meine Kleingruppe vom Spaziergang zurückgekommen war, war die Straße vor dem Heim mit weißen Splittern übersäht. Wir wunderten uns, ich sah das Mädchen in meinem Mantel, wie es weiter die Muscheln verteilte und zertrat. Mein Mantel würde stinken, rief sie. Sie hatte viel Spaß dabei, die Kinder in ihrer Nähe auch. Ich dachte an meinen Bruder, der nun keine Muscheln von mir bekommen sollte. Nicht einmal das habe ich hinbekommen, warf ich mir vor.
Es gab einen Jungen aus unserem Dorf, der gleichzeitig mit mir dort war. Er war gegen Ende unserer Zeit krank geworden, musste in Quarantäne und noch eine Woche länger bleiben. Er hat mir so leidgetan! Später sind wir gemeinsam eingeschult worden, waren in einer Klasse. Wir haben nie über unsere Erfahrungen gesprochen. Aber er hatte immer einen Bonus bei mir, obwohl er eigentlich nicht besonders nett war.
Auch ich bin am Ende meines Aufenthaltes krank geworden, hatte hohes Fieber, lag allein in meinem Bett und dachte -wie immer- an zuhause. Eine „Tante“ kam und maß Fieber. Sie sagte, dass ich meine Heimreise wohl vergessen könne, bei dem hohen Fieber müsse ich wohl noch eine Woche bleiben. Ihr ging es damit sehr gut und sie verließ den Saal. Meine Zeit dort war also wirklich begrenzt, das hatte ich gehört. Aber wie lange dauerte nochmal eine Woche? Ich schwor mir, dass ich wie vorgesehen nach Hause fahren würde und entwickelte eine irrsinnige Energie gegen das Fieber. Es musste unbedingt sinken - und das tat es auch. Am Morgen darauf kam die „Tante“ wieder zum Fiebermessen. Es war verschwunden, was bei Kindern ja auch normal sein kann. Das wusste ich bis dahin aber noch nicht. Sie glaubte mir nicht, ließ die Temperatur erneut messen und blieb bei mir stehen, damit ich nicht schummeln konnte. Das hätte ich mich sowieso nie getraut. Meine Hände musste ich auf die Bettdecke legen und ich durfte mich nicht bewegen. Nach dem Messen verließ sie den Saal, ließ mich im Ungewissen. Erst am Abend vor der Heimreise -ich weiß nicht, ob es derselbe oder der nächste oder irgendein anderer Abend war- erfuhr ich, dass es für mich „morgen“ nach Hause gehen sollte. Ich konnte es nicht erwarten, glaubte es erst, als ich im Zug saß, und auch dann befielen mich immer wieder Zweifel.
Meine Eltern waren überrascht, mich von einer Krankheit gezeichnet zu sehen. Ich war kraftlos, und meine Lippen waren aufgesprungen. Trotzdem, alle freuten sich, es gab eine kleine Wiedersehens-feier für mich. Das alles habe ich nur durch eine Nebelwolke wahrgenommen, den Kuchen nicht genießen können. Ich fühlte mich vollkommen erschöpft, aber heilfroh, wieder zuhause sein zu dürfen.
Erzählt habe ich zunächst kaum etwas, eigentlich gar nichts, obwohl ich immer wieder gefragt wurde. „Da will ich niemals wieder hin“, war das einzige, was ich antwortete.
Später hat mein Opa mich zu sich genommen und mir den Mund und das Herz für das Thema geöffnet. Dann habe ich ihm erzählt, und erzählt und erzählt. Seine Reaktion auf meine Erzählungen war es, die mir Sicherheit gegeben hat, dass mir Unrecht widerfahren war. Er nahm mich einfach, drückte mich an sich und sagte nichts. Das passte nicht zu Opa, er hatte sonst immer einen lustigen Spruch auf den Lippen und wollte damit trösten. In dieser Situation, in der er ernst und nachdenklich schaute, fühlte ich mich verstanden, das allein hat mir schon geholfen. Danach habe ich wohl auch mit meinen Eltern gesprochen. Oder Opa hat es ihnen erzählt. Auf jeden Fall hat es gut getan zu reden und mich verstanden zu fühlen.
Noch heute denke ich daran sowie darüber nach, wie gut ich trotz allem davongekommen war. Immerhin hatte ich ein intaktes Zuhause, war dort behütet und meine Seele konnte heilen. Viele Kinder hatten das nicht.
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Britta aus Hamburg schrieb am 10.10.2021
Ich lese gerade die Einträge aus Bad Salzuflen. Im Gegensatz zu allen anderen, habe ich kaum eine Erinnerung, ausser an diesen beängstigenden Schlafsaal und es muss einen Keller gegeben haben, da muss mir was Schlimmes passiert sein, aber ich weiß leider nicht was? Ich bin in einer Traumatherapie, weil ich oft umkippe d.h.ich kann nicht sprechen und mich nicht bewegen, so wie Tod. Es nennt sich dissoziativer Stupor. Wie gesagt, ich weiß nur es war 1977 weil Elvis gestorben ist. Ich muss sehr alleine gewesen sein und große Angst gehabt haben.Vielleicht war ja jemand zu diesem Zeitpunkt auch da. Ich habe große Angst, was immer auch passiert ist. Aber es muss sehr schlimm gewesen sein. Ich bin heute 55 Jahre alt und Eure ganzen Beiträge zerreißen mir das Herz
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Tinchen aus Hessen schrieb am 08.10.2021
Hallo ihr Lieben, ich bin jetzt mit 44 Jahren bei der Aufarbeitung meiner Verschickung. Ich leide unter einer Angststörung seit der Kindheit und mit war bis heute nicht klar das die Ursache so tief liegt. Ich habe jetzt einen Versuch bei einer Therapeutin gestartet und möchte versuchen mehr über dieses Erlebnis statt fand. Meine Mutter sagte mir das ich gesagt habe, das die Betreuerin sagte: Wenn du deine Schuhe nicht binden kannst , kommst du nie nach Hause! Sicherlich ist dort mehr vorgefallen. Und ich hoffe das ich da auch einfach weiter komme. Lg Tina
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Conni Kuhlmann aus Hamburg schrieb am 07.10.2021
Ich war 1972 oder 1973 (im Alter von 5 oder 6 Jahren) für 6 Wochen über die Caritas auf Sylt (Westerland). Leider habe ich das Heim noch nicht wiedergefunden.
Es waren schreckliche Erlebnisse. Wir wurden durchweg unfreundlich und lieblos behandelt. Erbrochenes essen, nicht auf die Toilette gehen dürfen, beim Einnässen dann öffentliche Demütigung, ständiges Androhen von Strafen, es gab eigentlich nur Angst.
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Ulrich aus Nolden schrieb am 07.10.2021
Hallo Thomas Eßer,
das Kindererholungsheim Stetten am kalten Mark war meines Wissens nach von der evangelischen Diakonie betrieben. Ich war 56/57 dort. Im Netz gibt es noch ein paar alte Fotos vom Haus aus der Zeit. Ich habe einen Bericht geschrieben, den man unter meinem Namen lesen kann oder ich schicke ihn Dir gerne zu.
Wir sind offenbar zu einer ähnlichen Zeit dort gewesen.
Freundliche Grüße aus dem Rheinland
Ulrich Nolden
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"Kur" mit der DAK aus NRW schrieb am 06.10.2021
Dauerhaft also 6 Wochen unter (zur Vorsorge mitgebrachte) Notfallmedikamente gesetzt worden. Dadurch Dauermedikation mit Cortison (Rectodelt) und Antihistaminikum (Atosil).

Dann zu den Älteren verlegt worden. Dort legten sich dann 15 jährige neben die 8 Jährigen und befummelten sie.

Wer abends nicht ruhig im Bett lag, bekam einen kleinen Eimer Wasser von den Betreuerinnen ins Gesicht / Bett und lag den Rest der Nacht im Feuchten. Wie als hätte man ins Bett gemacht.
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Gerd Müller aus Breisach schrieb am 05.10.2021
Nach einer schweren, gerade noch überstandenen Grippe haben mich meine Eltern zur Erholung in das Kinderkurhaus Schwoerer in Saig geschickt. Es muss wohl für ca. 4 Wochen gewesen sein im Winter 1951 oder 1952. Genauer weiß ich es nicht.

Meine Erinnerungen nach gut 70 Jahren sind verblasst und nicht mehr so detailliert wie die anderen, die zu diesem Heim geschildert werden. Haften geblieben sind die Spaziergänge oder kurze Wanderungen Hand in Hand und zu zweit in der Gruppe - wir waren ja alle unter 10 Jahre alt - sowie die Mittagsruhe, eingewickelt in Decken auf der offenen Veranda. Beides war ich von zu Hause gewohnt und somit für mich nichts besonderes.

Interessant ist die Beschreibung der Anfangszeit des Heimes (ca. 1936) und seiner Gründerin Erika Schwoerer, die sich in dem Buch "Meine Schwester starb in Auschwitz" von Richard Zahlten findet. Die Schwester war Dr. Johann Geissmar, eine jüdische Ärztin, die nach dem Berufsverbot durch die Nazis für wenige Jahre in Saig Zuflucht suchte und bei Erika Schwoerer menschlichen Trost fand. Richard Zahlten schreibt über Erika Schwoerer: "Erika Schwoerer war eine resolute Frau. Mit fester Hand führte sie die Kinder bei Spaziergängen über die Feldwege, wobei die Mädchen aus dem Dorf verwundert auf die bunten Kleider der Stadtkinder schauten ..."

Eines aber werde ich bis zu meiner letzten Stunde nicht vergessen. Es spielt in vielen, vielen schlimmen Erlebnissen in Kindererholungsheimen, die man hier lesen kann, eine zentrale Rolle: Der unerbittliche Zwang beim Essen und die nachfolgende Züchtigung, wenn man nicht den Erwartungen entsprechen konnte. Bei mir war es der unausweichliche Ekel und Brechreiz, wenn ich Fleisch mit dem damals immer vorhandenen, schwabbelnden Speckrand essen sollte. Ich konnte es einfach nicht.

Ich saß also allein als letzter am Tisch, für wie lange weiß ich nicht, denn aufstehen durfte man erst, wenn der Teller leer war. Beim ersten Mal gelang es mir, in einem unbemerkten Augenblick das Fleisch mit dem Speck in meiner Hosentasche verschwinden zu lassen. Auf der Toilette habe ich es anschließend hinunter gespült. Beim zweiten Mal wurde ich ertappt. Vielleicht hatten die Betreuerinnen auch schon Verdacht geschöpft und mich die ganze Zeit intensiv beobachtet. Ich wurde zur Heimleitung gebracht. Die Frau hörte sich alles an, erhob sich von ihrem Schreibtischstuhl und befahl mir, die Hose und Unterhose auszuziehen. Dann schlug sie mich mit einem Stock auf den nackten Hintern. Wie oft, weiß ich nicht.

Zu Hause wurde ich nie geschlagen. Das damals im Heim zu erfahren war in meiner Erinnerung aber noch nicht einmal das Schlimme. Es war vielmehr die von mir so empfundene unermessliche Demütigung, vor dieser Frau und all den anderen, die Hose herunterlassen zu müssen.

Ich habe meinen Eltern erst mehr als zwei Jahrzehnte danach davon erzählen können. Mein Vater war empört aber ohnmächtig, nach so langer Zeit das Heim noch belangen zu können.

Das Kinderkurheim Schwoerer bestand bis 1981. An seiner Stelle steht heute der "Schindelhof", der an den Stil Schwarzwälder Höfe erinnert und mehrere einzelne Wohnungen beherbergt.
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Bischof Sabine schrieb am 05.10.2021
Habe einen EIntrag weiter unten, vergaß leider die mail-adresse: Schweinfurt.2021@web.de. Wer war dort, suche Kontakte. Danke. Kann mich an ganz wenig erinnern, das macht mich stutzig.
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Prautzsch aus Recklinghausen schrieb am 03.10.2021
Hallo leute ich kämpfe mein ganzes leben schon damit niemand glaubt mir oder Ärtzte saden sows gibt es nicht .nun zu meiner geschichte die sich fast identisch mit den erlebnissen von detlef lichtrauter decken ich habe es immer verdrängt die sachen die mir noch eingefallen sind wie spritzen erbrochenes essen und abgestellte wasserhähne und ins bett machen .aber nun weiss ich warum ich so bin 1 mutter hat immer gesagt waumm ich nicht alles esse Bzw einen ekel vor manchen gerichten hab bis heute bekomme ich brechreiz wenn ich sie nur rieche 2angst einzuschlafen aus angst ins bett zumahen ,was sied über35 jahren nicht mehr passiert ist nachts werd ich wach und fühl erst ob mein bett trocken ist,3entwickelte ich mich zum schläger weil ich auch tagsüber unkontrollierten harndrang hatte und ich gehänselt wurde 4 ich habe angst gegen über vergesetzten (tanten aus der kurzeit) weil ich mir hilflos vorkomme wie in der .kur .ich hoffe jemand liest das und schreibt mir. mir geht es im moment nicht gut ,da nicht weiss ob ich die kraft habe diesen weg zugehen und nicht sicher bin ob ich den rest lieber dort lassen sollte wo er ist nämlich in der vergangenheit ,scheisse ich brauche hilfe
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Rudi aus Erfurt schrieb am 01.10.2021
Die Kur war in den Sommerferien, deshalb waren auch Aushilfskräfte als Erzieherinnen tätig.
Manche Erzieherinnen waren freundlich, andere sehr streng. Man wußte nie, woran man war.

Allgemeine Drohungen waren z.B. „Wenn … dann wirst du nach Hause geschickt, und deine Eltern müssen die ganze Kur bezahlen.“ Oder „Wenn ... , dann bleibst du noch den nächsten Durchgang hier.“ Letzteres bekam ich beim (Nicht-richtig-)Essen oder Wiegen öfter zu hören. Zum Wiegen habe ich mir immer Sachen in die Schlafanzugtasche gesteckt, um schwerer zu sein. Das Essen war meistens gut. Aber es gab 2 mal Frühstück, dabei einmal immer einen Brei oder Puddingsuppe. Manche Erzieherinnen achteten darauf, wirklich alles aufzuessen, auch die Milchhaut (die ekelt mich). Vor-dem Teller-sitzen-bleiben, bis alles aufgegessen, oder aber alle am Tisch mußten den gesamten Tischdienst übernehmen.

Alle Kinder, ich war 11 und manche deutlich älter, mußten Mittagsschlaf machen. Bei Nichtschlafen drohte die Verlegung in den Schlafraum der kleinen Kinder, welcher an der Flurseite ein durchgehendes Fenster hatte und gegenüber dem Erzieherzimmer lag. Wir mittleren und die größeren hatten normale 4- oder 6-Bettzimmer. Ob man in der Schlafenszeit auf die Toilette durfte hing auch von den Erzieherinnen ab. "Du bist groß genug und kannst vorher gehen oder dich jetzt zusammenreißen. Wenn nicht, dann kannst du jetzt gehen, bekommst dann aber eine Gummihose." Da ich bei Bettenmachen bemerkt hatte, daß auf der Matratze ein großes rotes Gummituch lag (ich schämte mich deswegen, aber das war sicher in allen Betten so; und ich fand es eklig) nahm ich die Drohung ernst. Ein anderer Junge hat sogar mal aus dem Fenster gepinkelt.

Insgesamt habe ich die Kur trotzdem nicht "schrecklich" in Erinnerung.“

Auf dem Fragebogen hatte meine Mutter „schlechter Esser“ angekreuzt und so etwas wie „unruhiges“ oder „zappeliges Kind“. Beides war sicher richtig, und vielleicht nahm ich deshalb an, dass „es so sein soll“ bei einer Kur.
Das Sanatorium hatte einen Teil für Erwachsene, der Seitenflügel war für Kinder. In dem Durchgang waren Kinder im Alter von etwa 6 bis 16, nur Jungen.
War deshalb das Essen besser, als ich es hier in anderen Berichten lese? Und vielleicht konnte man mit größeren Kindern auch nicht ganz so umspringen wie mit (nur) kleinen Kindern?
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Peter Speck aus Kiel schrieb am 30.09.2021
Habe im Sommer 1966 als 11- jähriger eine "Verschickung" nach Wyk auf Föhr erlebt. Natürlich unangenehm- autoritäre Strukturen; Medikation?
1974 im Kinderheim Seeschloß Vorpraktikum (Studium Sozialwesen) absolviert. Leiter war Mitglied der Waffen SS (Leibstandarte A.H.), seine Frau ehemalige BDM- Lehrerin. Gruselig.
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Yvonne aus Berlin schrieb am 30.09.2021
Ich war Mitte der 80er im Kinderkurheim "Morgenröthe Rautenkranz". War noch jemand dort und kann mit mir in den Austausch gehen? Ich habe schlechte, aber auch gute Erinnerungen. Ich war dort, weil ich zunehmen sollte, bin aber oft abends mit Hunger ins Bett. Große Schlafsäle mit Gitterbetten, morgens Gymnastik und harte Bürstenmassagen, kaltes Duschen, Wassertreten, Wanderungen etc.. Komischerweise kann ich mich an keine der Erzieherinnen erinnern. Ich habe noch ein Gruppenfoto. Die Zeit war mit viel Heimweh verbunden. Ich finde es immer noch schrecklich, dass meine Eltern mich allein losgeschickt haben, nur weil es irgendein Dorfarzt angeordnet hat. Das würde ich meinen Kindern nie antun.
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Beatrix Hötger-Schiffers aus Geilenkirchen schrieb am 30.09.2021
Aufgrund einer Tuberkuloseerkrankung bin ich nach einem sechsmonatigen Klinikaufenthalt in der Kinderklinik Viersen mit ca. 1 Jahr Anfang 1964 in die Klinik Aprath gekommen. Pfingsten 1965 wurde ich entlassen. Ich möchte Menschen finden, die ebenfalls in Viersen und/ oder Aprath waren.
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Silvia Kröplien aus Hamburg schrieb am 30.09.2021
An Siglinde / Kinderheim Duhnen
Ich war 1957 in Duhnen
Gebe auf google auf Druidenkinderheim ein.
Das Heim ist durch mehrere Hände gegangen
und steht jetzt nicht mehr.
Aber die Seite hat auch Fotos.
Ich selbst habe nur bruchstückhafte Erinnerungen an das Heim selbst - siehe meinen Bericht vom 29.07.2021. - Ich war mit fünf Jahren zu klein oder ich habe notwendigerweise alles
verdrängen müssen.
Ich hoffe, dass Dir damit fürs erste geholfen
ist....
Ich wünsche Dir alles Gute
Liebe Grüße von Silvia
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Norbert schrieb am 29.09.2021
War als 10 jähriger für 6 Wochen auf Amrum. Erinnerlich ist mir die „Froscheiersuppe“, die man immer wieder auslöffeln musste. Ich besitze noch zwei Fotos (Gruppe mit Betreuerin) und (Gruppe mit Betreuerin und DRK-Schwester im Ornat).
Die geschilderten Zustände in anderen Berichten kann ich bestätigen.
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Jutta Nermerich aus 56112 Lahnstein schrieb am 29.09.2021
Ich war 1971 vor meiner Einschulung in einem Heim in Winterberg im Sauerland, den Namen weiß ich leider nicht mehr. Vielleicht finde ich hier auf diesem Weg Leidensgenossen, die mir helfen können meine Gedächtnislücken zu füllen
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Ruth Bodenmiller aus Köln schrieb am 29.09.2021
Hallo, ich suche Leidensgenossen, die 1954 oder 1955 nach Neckarsteinach verschickt wurden. Bisher habe ich niemanden gefunden.
Gruß, Ruth Bodenmiller
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Monique Klein aus Dresden schrieb am 29.09.2021
Ich suche Menschen die in der Zeit zwischen 1980 und 1986 in der "Markower Mühle" in Parchim bei Schwerin waren. Ich habe keine schönen Erinnerungen an diese Zeit. Denn irgendwie hat man mich jedes Jahr dorthin geschickt.angeblich war ich zu dünn. Einmal waren meine Schwester und mein Bruder mit. Ich war insgesamt 4 mal dort. Warum bekommen Verschickungsklnder keine Entschädigungen für diese ganzen Qualen? Kinder die in Heimen waren oder um Jugendwerkhof bekommen ein Leben lang Abfindungen. Und was ist mir uns? Hat uns jemand gefragt ob wir das wollten? Wir wurden einfach in Züge und Busse gesetzt und mussten alles hinnehmen und konnten uns nicht wehren. Ich habe so geweint jedes Jahr aufs Neue. Viele Jahre habe ich ins Bett gemacht. Bin heute psychisch krank. Habe enorme Verlustängste..... so viel gibt es zu sagen, aber vieles auch verdrängt, vergessen damit man nicht noch mehr weg bricht
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Petra aus Leo schrieb am 28.09.2021
Ich war im Sommer 1972 oder 1973 zur Verschickung im St. Ursula-Haus bei Nonnen in Winterberg. Damals muss ich etwa 6 Jahre alt gewesen sein, ich war jedenfalls noch nicht in der Schule.
Es war meine zweite Verschickung, nachdem ich im Jahr zuvor auf Borkum war. An die Zeit auf Borkum kann ich mich allerdings gar nicht mehr erinnern, außer daran, dass das Haus auf Borkum von außen sehr dunkel aussah. Die Erinnerung daran ist wohl sehr tief in meinem Kopf vergraben.

Nach Winterberg kam ich im Jahr darauf mit dem Zug, zusammen mit vielen anderen Kindern. Ich weiß noch, dass viel geweint wurde unter den anwesenden Kindern, was mich unglaublich verunsichert hatte, weil ich nicht wusste, was da jetzt gerade passiert und was uns bevorsteht. An den Abschied auf dem Bahnsteig in Krefeld erinnere ich mich auch nur noch dunkel.
Im Heim selber kam ich dann in die Gruppe von „Schwester Vita“. Sie war, nach meiner Erinnerung, recht ruppig, aber insgesamt noch die Zugänglichste von allen.
Da ich als Kind im Kindergarten immer die Kleinste und Schmächtigste von allen war, wurde ich über meine Kinderärztin und die Familienfürsorge Krefeld, bei der meine Oma damals arbeitete, in die Verschickung gelotst.

Und ab hier melden sich meine Erinnerungen sehr deutlich. An Dinge, die ich essen musste, ob ich wollte oder nicht. Auch, wenn sie schon kalt geworden waren. Und bis zum Erbrechen und dann nochmal. Es gab damals einen „Dornröschenpudding“. Irgendein warmes, rosafarbenes, extrem süsses Zeug. Der wurde mir immer und immer wieder reingezwungen. Dazu Erbsen- und Linsensuppen, die ich sowieso auch vorher schon nie runterbekommen hatte. Solche Suppen kann ich auch heute noch nicht riechen, ohne dass mich sofort eine heftige Übelkeit an diese „Zwangsernährung“ erinnert. Auch das total fette Fleisch dort mit Schwarte war und ist für mich eine absolute Horrorerinnerung.

Hatte ich nachts Heimweh und deswegen im Bett gelegen und geweint, wurde ich barfuß in das große, dunkle Gemeinschaftsbad eingeschlossen, das nachts sowieso immer abgeschlossen war, denn außer der Reihe auf die Toilette gehen war uns untersagt. Ich erinnere mich, dass ich einmal nachts, als ich dort eingeschlossen war, durch das vergitterte Fenster des Badezimmers ein Feuerwerk gesehen habe. Das hat meine Angst im Dunkeln aber auch nicht wirklich abgeschwächt. In dem kalten Badezimmer roch es nachts abgestanden und nach Zahnpasta und die teils nur halb geschlossenen Türen der einzelnen Toilettenzellen haben mich total geängstigt. Noch heute wird mir übel, wenn ich in ein kaltes Bad komme, in dem es deutlich nach Zahncreme riecht.

In unserer gemischten Gruppe gab es einen Jungen, der nachts ins Bett gemacht hat. Ich erinnere mich daran, dass es mehrere Nächte gab, in dem die Betreuerinnen bei vollem Licht den Jungen aus dem Bett holten und kontrollierten, ob er wieder eingenässt hatte. Wenn ja, war das Geschrei groß und wir anderen hatten unglaubliche Angst. Es hat uns ja auch keiner getröstet.

An den Wochenenden fand meist eine Art „Party“ statt. Da gab es zur Abwechslung dann Kuchen und Limonade für alle, außerdem lief ein Kassettenrekorder oder ein Radio mit Musik, zu der wir durch den Raum hüpfen und springen durften. Hatte der oben genannte Junge aber unter der Woche ins Bett gemacht, wurde unserer ganzen Gruppe verboten, an diesem Partynachmittag teilzunehmen und wir mussten in unserem Schlafsaal bleiben. Für den betreffenden Jungen muss das furchtbar gewesen sein. Die Scham, ins Bett gemacht zu haben und wahrscheinlich auch die Schuldgefühle, dass die ganze Gruppe wegen ihm im Kollektiv dafür bestraft wurde. Ein schlimmer Gedanke, was dem Jungen widerfahren war, dass er überhaupt ins Bett gemacht hat. Psychologisch hatte das damals ja leider keiner hinterfragt, sondern den Druck auf den Jungen nur noch viel mehr aufgebaut.

An den Wochenenden durften wir Karten nachhause schicken. Da ich noch nicht schreiben und lesen konnte, musste ich notgedrungen der Betreuerin diktieren, was ich meinen Eltern mitteilen wollte. Ich weiß noch sehr genau, dass ich in den Karten darum gebettelt habe, dass man mich heimholt, dass ich Heimweh hätte, dass es in dem Heim ganz furchtbar sei, dass meine Mama mich bitte-bitte besuchen kommen sollte. Viele Jahre später habe ich mit meiner Mutter mal über den Aufenthalt in Winterberg gesprochen. Sie erinnerte sich, dass sie die alten Postkarten tatsächlich noch hätte. Wir haben sie dann gemeinsam gelesen und gemeinsam geweint, denn auf den Karten stand drauf, „dass das Wetter schön, die Betreuer sehr nett und der Ausflug auf den Kahlen Asten mit seinen vielen leckeren Blaubeeren ganz toll gewesen war!“ Seitdem fühlt sich meine Mutter bodenlos schuldig, dass sie sich von meiner Oma, die ja bei der Familienfürsorge an der Quelle für meine Verschickung saß, hat bequatschen lassen, weil „mir so eine Kur sicher nicht schaden würde“ und sich meine Mutter „mal nicht so anstellen sollte, weil sie mal ein paar Wochen auf mich verzichten müsse“. Meine Oma gehört noch der Generation an, die sich keine Gedanken darüber gemacht hat, ob es einem Kleinkind vielleicht schaden könnte, wenn es wochenlang allein und ohne seine Eltern von seinem Zuhause weg ist, drangsaliert wird und vor Heimweh und Angst eine komplette Wesensänderung durchmacht.

Meine Mutter hatte mir in dieser Zeit, die ich dort war, mal ein Paket geschickt, mit Süßigkeiten drin. Ich weiß noch, dass mein Mund wohl ein großes O geformt hat, als der Inhalt an alle Anwesenden verteilt wurde, noch bevor ich das Paket selber aufmachen durfte. In meiner Erinnerung „schwebt“ das Paket einfach von mir weg und die Kinder um mich herum waren selig, weil es außer der Reihe Schokolade für alle gab.

Ganz fies in Erinnerung sind mir auch die Spielenachmittage geblieben. Diese waren – rückblickend – einfach nur traumatisch und entwürdigend. Wohlgemerkt: ich war rund 6 Jahre alt! Das erste Spiel hieß oder war etwas in der Art von „Stühle schnüffeln“. Alle Kinder saßen draußen auf dem Gang oder standen herum. Man (ich) wurde nacheinander in einen Raum gerufen, die Tür wurde geschlossen und man (ich) musste sich auf einen von mehreren, nebeneinanderstehenden Stühlen setzen, den man sich aussuchen durfte. Dann wurde man aufgefordert, wieder aufzustehen und sich zu den Betreuerinnen zu stellen. Danach wurde eine weitere Betreuerin von draußen reingerufen („Kannst reinkommen“), die sich vor den ersten Stuhl kniete, daran tief und intensiv schnüffelte und nach und nach jeden weiteren Stuhl mit der Nase absuchte. Am Ende stand sie auf und zeigte zielstrebig auf den Stuhl Nummer 2, auf dem ich kurz vorher gesessen war. „Hier hat sie gesessen!“ – Ich war völlig beschämt, weil ich in dem Moment wirklich panisch dachte, ich würde stinken! Wie konnte diese Frau erschnüffeln, wo ich gesessen hatte??? Erst Jahre später habe ich das System dieses Spieles durchschaut, aber ich erinnere mich immer noch mit Grausen an meine Angst, dass ich „müffeln“ könnte. Das hat bis heute Spuren hinterlassen.

Ein weiteres, für mich sehr schlimmes Spiel war das mit den Schaumküssen. Auch hier standen und saßen wir alle wieder in einem Gang vor einer verschlossenen Tür und wurden nacheinander reingerufen. Keines von uns Kindern wusste, was uns hinter der geschlossenen Tür erwartete. Jedes Mal, wenn ein Kind in den Raum gerufen und dann die Tür geschlossen wurde, erscholl umgehend ein furchtbarer Schrei. Die meisten von uns haben sich wahrscheinlich in dem Moment in die Hose gemacht, vermute ich. Als ich an der Reihe war, kam ich in einen komplett dunklen Raum und die Tür schloss sich sofort hinter mir. Im selben Moment drückte mir jemand ziemlich feste einen Schaumkuss mitten ins Gesicht und raunte mir ins Ohr: „Los, jetzt schrei mal ganz laut!“ – Natürlich habe ich das gemacht, und sicher nicht nur, um der Aufforderung nachzukommen. Ich war ja völlig überrascht und hatte immer noch die Panik von der Warterei vor der Tür in den Knochen. Der einzige positive Effekt aus diesem Spiel ist, dass ich mir das Sterben heutzutage ähnlich wünsche. Keine Ahnung zu haben, was einen erwartet, aber dann hinterher – wenn es ein „Hinterher“ gibt – denken zu können: „Wie, das war alles?“. Denn wie Sterben fühlte sich die Angst in dem Moment garantiert an. Warum tat man kleinen Kindern sowas an?

Der schlimmste Albtraum für mich persönlich war der Kinderspielplatz, links hinter dem Haus, ein bisschen abseits gelegen am Hang. Dort gab es eine Holztrommel, so ein Laufrad, in dem die Kinder wie die Hamster rennen konnten. Während meiner Zeit dort hatten sich zwei größere Kinder – ich weiß nicht mehr, ob Junge oder Mädchen – einige Finger gebrochen, weil sie mit den Fingern zwischen die einzelnen Holz-Spalten geraten waren und dann in der Rolle einen Überschlag gemacht hatten.
Ich selber hatte in der 3. oder 4. Woche meines Aufenthalts dann final auch einen sehr schweren Unfall. Es gab dort auf dem Spielplatz einen Kletterbogen aus Metall, auf dem ich eines nachmittags saß, während es geregnet hatte. Ich war ganz allein dort! Von Betreuerinnen keine Spur. Das weiß ich, weil es nach dem Unfall längere Zeit gedauert hatte, bis ich gefunden wurde und man eine Betreuerin herangeholt hatte. Als ich jedenfalls oben auf einer der höchsten Stangen saß, die Füße auf der nächsten, rutschte ich durch die Nässe ab, schlug in der Luft wohl einen Purzelbaum und landete mit dem Gesicht auf den Steinplatten darunter. Damals war man leider noch nicht so schlau, Gras unter ein Klettergerüst zu pflanzen. Jedenfalls habe ich mir mit den Schneidezähnen an 2 Stellen die Unterlippe komplett durchbissen und dabei die Schneide- und einige weitere Zähne unwiederbringlich eingebüßt. Damit war für mich zumindest diese Kur dort abrupt vorbei. Durch die komplett vernähte und verpflasterte Schnute konnte ich monatelang keine feste Nahrung mehr zu mir nehmen und hatte durch den Unfall später einen so extremen Zahn- und Kieferschiefstand, dass ich bereits zu meinen frühesten Schulzeiten ein fast komplett neues Gebiss bekommen musste, welches über die Jahre dann natürlich auch mehrfach erneuert werden musste. Für meine Mutter war es eine Tortur, mich immer wieder zum Fädenziehen und Nachoperieren zum Kinderarzt zu begleiten und mehr als einmal ist sie dabei umgefallen.

Nach dem Aufenthalt in Winterberg fingen dann die Verhaltensauffälligkeiten an. Ich stand nachts zuhause in meinem Bett und zog bahnenweise die Tapeten von der Wand. Ich konnte an keiner Vereinsfahrt vom Kinderturnen teilnehmen, ohne als heulendes Elend zu enden, weil ich so Heimweh hatte. Ich schämte mich jahrelang für meine große Narbe an der Lippe und meine teils schiefen Zähne. Vor Jahren hat mir meine Mutter erzählt, dass sie mich aus psychologischen Gründen kurz nach der Kur in einem Malkurs angemeldet hatte, um von Fachleuten einschätzen zu lassen, warum ich so „komisch düstere“ Bilder malte. Egal, wo meine Eltern mich „nach der Zeit in Winterberg“ allein lassen wollten: ich war sofort durch den Wind und wollte nicht ohne zumindest einen Elternteil sein. Auch heute ist Alleinsein für mich die schlimmste Strafe, so dass ich zwischen früheren Partnerschaften so gut wie nie einen Tag mal allein sein konnte. Und das Alleinsein auch bis heute nie genießen kann.

Da ich in meiner Jugend mit meinen Eltern nach Bayern und mit Mitte 30 wieder zurück nach NRW gezogen bin, habe ich etwa vor 15 bis 20 Jahren Winterberg wieder mal besucht, weil ich die Gelegenheit nutzen wollte, wenn schon in der Nähe zu wohnen, dann auch gleich mit der Vergangenheit abschließen, denn ich hatte bis dato immer wieder schlimme flashbacks. Also fuhr ich nach Winterberg.
Zuerst habe ich das Gebäude gar nicht gefunden. Als Kind hatte ich eine lange Zufahrt in Erinnerung. Als ich jetzt wieder dort war, war die Siedlungsbebauung schon recht nah an das Gelände der Kurklinik rangekommen. Die Klinik lag gefühlt einfach mittendrin. An den Eingangsbereich erinnerte ich mich aber sofort. Inzwischen war aus dem Kinderkurheim ein Mutter-Kind-Kurheim geworden. Ich wusste auch noch, dass sich der Eingang zur Kapelle im Eingangsbereich befand. Also bin ich ins Gebäude gegangen, auf der Suche nach jemandem, dem ich erzählen konnte, dass ich Anfang der 70er dort zur Kinderkur war und einfach mal schauen wollte, wie das alles inzwischen aussah.
In der Eingangshalle traf ich auf eine uralte Nonne, der ich von Schwester Vita erzählte. Sie sagte, ja, Schwester Vita gäbe es tatsächlich noch, aber sie läge leider aktuell im Sterben, es könne sich leider nur noch um wenige Tage handeln, deswegen wäre es leider auch nicht möglich, dass ich sie besuche. Ich war total erstaunt, dass sie immer noch lebte. Damals Anfang der 70er kam sie mir schon steinalt vor.

Als ich von dem Spielplatz erzählte, auf dem ich diesen schrecklichen Unfall hatte, hat mich die Schwester gefragt: „Wollen Sie ihn sehen?“ Und ich: „ES GIBT IHN NOCH????“ – Da meinte sie: „Ja, den gibt es noch. Sie haben Glück, er soll in der nächsten Woche komplett abgebaut werden. Wir haben ja jetzt einen schönen neuen Spielplatz hier.“ Der Moment war und ist bis heute Gänsehaut pur.
Ich war total fassungslos! Wir gingen hinten aus dem Gebäude raus in den hinteren Teil und dann leicht bergab links Richtung ehemaligem Spielplatz. Weiter unten konnte man viele Kinder mit ihren Müttern ausgelassen lachen hören und spielen sehen. Was für ein Unterschied gegenüber damals!

Als wir zu dem alten Spielplatz kamen, konnte ich sehen, dass die einstmaligen Geräte fast im hohen Gras verschwunden waren. Als Erwachsene kamen mir die Geräte so winzig vor. Auch das Klettergerüst war noch da und ich wusste nicht, ob ich Lachen oder Brechen sollte. Die alte Nonne, die mich netterweise dorthin geführt hatte, hatte dann wohl gemerkt, dass mir die Erinnerungen unglaublich zu Schaffen machen und hat mich mit meinen Emotionen allein gelassen, was ich sehr nett fand. Ich habe mir ein paar Minuten Zeit gelassen, um mich endgültig von diesem Ort zu verabschieden, der jetzt, als ein Heim, wo Kinder mit ihren Müttern ausgelassen toben können, so völlig seinen Schrecken verloren hatte. Ich dachte wirklich, das war´s jetzt, jetzt kann ich endlich mit dem Thema abschließen und loslassen.

Pustekuchen!

Vor 2 Jahren bin ich schwer krank geworden. Erst körperlich, dann psychisch. Mit der Depression kamen plötzlich, wie kleine, fiese Unkrautpflanzen, viele Erinnerungen sehr deutlich wieder in mein Gedächtnis zurück gewuchert. Meine Unsicherheit von früher vor fremden Menschen und Orten meldet sich auf einmal wieder sehr deutlich. Meine Anhänglichkeit an meinen Partner wird immer schlimmer und panischer. Für 2022 steht bei mir die erste psychosomatische Reha in meinem Leben an. Leicht vorstellbar, was es jetzt schon für ein Stress für mich ist, daran zu denken, dass ich dann 5 Wochen allein bin. Wieder in einer Einrichtung, unter völlig fremden und sicher teils auch kranken und verunsicherten Menschen, wie ich oft einer bin. Ich werde mit zunehmendem Alter empfindlicher, was Gerüche angeht, denn bestimmte Gerüche lösen sofort unglaublich beklemmende Erinnerungen an Alleinsein, Zwang, Angst und psychische Gewalt aus. Ich habe nie daran gezweifelt, ob mich meine Erinnerungen vielleicht trügen, ob ich mir vieles vielleicht eingebildet habe, das möchte ich unbedingt dazu erwähnen. Auch wenn ich vieles vergessen habe – was sicher auch gut ist – so bin ich doch davon überzeugt, dass alles so passiert ist, wie ich oben beschrieben habe. Umso wichtiger finde ich es, dass alle Betroffenen die Möglichkeit haben, ihre Erinnerungen mit anderen Betroffenen zu teilen, zu vergleichen, zu verarbeiten. Mir, in meinem Fall, tut es gut, das alles mal aufzuschreiben, denn es schmerzt wesentlich weniger, als wenn es im Kopf bleibt und vielleicht macht es bei dem einen oder anderen "klick" und längst verschüttet geglaubte Erinnerungen kommen wieder zutage, die dann hoffentlich gut zu verarbeiten sind und nicht alte Wunden wieder aufreißen.

Und danke an alle, die bei der Aufarbeitung helfen und die, die sich trauen, ihre Geschichten zu erzählen. Es ist für mich auch beruhigend zu wissen, dass es heute gang und gäbe ist, Kinder MIT ihren Müttern zusammen in Kur zu schicken, um zu vermeiden, dass die zarten Seelen dieser kleinen Kinder durch Fremde gebrochen werden! Danke für eure Geduld beim Lesen meiner Erinnerungen!
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Siglinde schrieb am 18.09.2021
Suche nach weiteren Leidensgenoss*innen aus Verschickung zwischen 1957 und 1959 nach Cuxhaven-Duhnen.
Weiß leider nur noch den Ort, finde aber bisher keinerlei Infos zu einem Kinderverschickungsheim.
War dort vor meiner Einschulung ca. zw. 1957 und 1958 als 5-6jährige zusammen mit meiner 4jährigen Schwester. Wurden mit einem Sammelzug in Hamburg eingesammelt und ohne Bezugspersonen verschickt. Meine Schwester und ich haben die ganze Zeit geweint.
Im Kinderheim angekommen wurden wir sofort getrennt. Ich habe meine Schwester nur manchmal von weitem in einem großen Saal beim Mittagessen gesehen.
An die Verpflegung kann ich mich nicht erinnern. Alle Kinder mussten immer so lange sitzen bleiben, bis der Teller leer war. Bei mir waren das manchmal gefühlte Stunden. Ich saß oft noch zusammen mit einer Betreuerin allein im Speisesaal. Selbst Erbrochenes musste ich wieder essen.

Mit meiner Schwester durfte ich nicht zusammen sein. Einmal habe ich sie nach Suchen allein im hohen Gitterbett gefunden. Ich konnte sie da nicht rausholen.

Alle meine Erinnerungen sind bruchstückhaft. Meine Schwester und meine Eltern sind inzwischen verstorben, so dass ich auch niemanden mehr fragen kann.
Deshalb meine Bitte an alle, die ähnliche Erfahrungen in Cuxhaven in dieser Zeit gemacht haben, mir ein paar Zeilen zu antworten. Danke im Voraus!
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Jan Weiler schrieb am 14.09.2021
Ich war 1976 im Alter von 10 Jahren fuer 6 Wochen im Haus Hamburg in Sassendorf (ueber die DAK): Diagnose Untergewicht und Hang zu Atemwegserkrankungen. Erst einige Jahre spaeter stellte sich heraus, dass ich an Hausstaub und Pollenallergien litt. Die 6 Wochen in Sassendorf waren schlimm fuer mich, vor allem wegen des permanenten Heimwehs. Meine Mutter schrieb mir fast jeden Tag einen Brief. Meine eigenen Briefe durfte ich nur ungeoeffnet abgeben, und sie wurden zensiert. Einmal wurde ich von Schwester Helga (?) gefragt, ob ich mir das auch "gut ueberlegt haette" diesen Brief (in dem ich mich ueber starkes Heimweh beklagte) wirklich so abzuschicken, und ob ich nicht einige Passagen abaendern wollte. Ich habe nie erfahren, welche meiner Briefe und Karten an meine Eltern abgeschickt wurden und welche nicht. Was fuer mich fuerchterlich war, war dass uebergewichtige und Kinder mit Untergewicht zusammen in einem grossen Ess-Saal Ihre Mahlzeiten einnahmen. Die Uebergewichtigen, die u.a. eine Grapefruit zum Fruehstueck bekamen und die duennen Kinder wie ich, die viele Marmeladenbrote, suessen Griesbrei und Erdbeermilch erhielten. Seit dieser Zeit habe ich nie wieder Milch trinken koennen. Eines Abends bekam ich mit wie eines der uebergewichtigen Kinder von den Schwestern vor uns anderen Kindern ausgeschimpft und laecherlich gemacht wurde, weil er ins Bett gemacht hatte. Ich hatte grosse Angst, und habe jeden Abend gebetet, dass mir das nicht auch passieren wuerde. Meinen Teddy, den ich beim Beten umklammert hielt, habe ich heute noch. Die Inhalationskammern und das Solebergwerk waren gruselig. Zugenommen hatte ich am Ende der „Kur“ nur 1 Pfund. Als mich meine Mutter nach 6 Wochen abholte, konnte ich nur noch "Mama" sagen, ich glaube, ich habe dabei geweint. Ich erinnere mich noch an die Namen einiger meiner Mitschueler: Reinhard Muech, mein bester Freund in dieser Zeit, Ulrich Gabel, Stefan Wendel (aus Stuttgart?), Dirk Merkisch (?). Gegen Ende des Aufenthaltes wurde ich zumnehmend aggressiver und schlug bei einer Gelegenheit Dirk ohne Grund die Nase blutig. Es tat mir spaeter sehr leid. In Verena Stolzenhain aus Hamburg Rahlstedt war ich sehr verliebt und hatte nach Sassendorf noch einige Male Briefkontakt mit ihr. Vielleicht kennt zufaellig jemand aus diesem Forum diese und weiss ob es Ihnen gut geht.
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Doris Bechstein aus Bath schrieb am 14.09.2021
Meine Eltwrn wollten mich unbedingt einschulen, obwohl ich noch nicht ganz 6 Jahre war - und zu klein und zu dünn! Ich war im Haus Bielefield auf der Insel Wangerooge in der Nordsee, weil wir in Hannover wohnten. Das Essen war furchtbar, die Disziplin streng, und ich habe meine Eltern vermisst. Es war kalt, und wir waren fast den ganzen Tag draussen - als Grossstadtkind war ich das nicht gewohnt. Am 16. Februar wurde dann die Hälfte der Insel durch die grosse Sturmflut 1962 weggerissen - wir Kinder mussten die ganze Nacht mit Schwimmwesten aufbleiben, und eine der Schwestern spielte die ganze Nacht Klavier für uns. Am nächsten Morgen gab es eine Inseltour - fast die Hälfte der Insel war im Meer verschwunden!
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Klaus Böcher aus Siegen schrieb am 12.09.2021
Sehr geehrte Damen und Herren, es ist mir ein Anliegen und offensichtlich auch nötig, gute Seiten der Kindererholung zu schildern. Über den Sozialdienst des Arbeitgebers meines Vaters (SIEMAG Feinmech. Werke GmbH) konnte ich im Alter von 12 Jahren ein weiteres Mal an der "Verschickung" teilnehmen. Es war ebenfalls ein beglückender Aufenthalt: Fürsorgliche begleitete Bahnreisen, im Haus gut versorgt und behütet, "aufgepäppelt", mit Empathie von den Betreuerinnen behandelt, mit Chorgesang und Gitarrenbegleitung der "Tanten" zum Zubettgehen bedacht. Ich denke sehr gerne daran zurück! Gruppenbilder kann ich gerne beisteuern!
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Böcher
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Thomas Eßer aus Binzen schrieb am 11.09.2021
Ich kann mich an keine nennenswerten Details erinnern, aber das Heim war in Stetten am kalten Markt. Ob sich dort ein Kinderheim (evtl. der ev. Kirche) befand, würde ich gerne wissen.
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Kerstin schrieb am 10.09.2021
Ich war mit 6 in St. Hedwig in Kladow, als meine Mama im Krankenhaus war. Es war die Hölle. Es gab einen "Klopferkeller", die "Besenkammer" wo wir nachts eingesperrt wurden, wenn wir nach dem Zubett gehen gesprochen hatten. Ich durfte dort nicht mit links schreiben oder malen. Gab einen Schlag auf die Hand "Nimm das schöne Händchen". Wurde zwangsumgewöhnt auf rechts. Zum Glück erbrach ich nie auf meinen Teller, aber anderen ist das passiert und sie mussten ihr Erbrochenes essen. Ich werde das nie vergessen. Ich wurde grob zwangsgewaschen, was sehr unangenehm war. 2 Betreuer versuchten mich in einen Kartoffelsack zu stecken. Das ist bei weitem nicht alles. Und das Anfang der 90er. Es ist zivilrechtlich noch nicht verjährt, aber ich weis nicht was ich da machen kann. Und ob das in Deutschland überhaupt etwas bringt... Geglaubt wurde mir nicht. Die Nonnen würden soetwas doch nie machen.
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Torsten B schrieb am 10.09.2021
Im Sommer 1984 wurde ich, gerade 10 Jahre alt geworden, für 4 Wochen ins Kinderkurheim "Seeschloss" nach St.Peter Ording verschickt.

Angeblich um mein Asthma zu kurieren - dort angekommen stellte sich aber schnell heraus, dass ich von dem dortigen Arzt (?) für übergewichtig erklärt wurde. Dies bedeutete 4 Wochen spezielle Diät-Kost.
Davon hatte man mir und meinen Eltern vorher nichts erzählt.

Wenn ich an die Zeit dort zurück denke, habe ich überwiegend schlechte und schlimme Erinnerungen.
Die "ErzieherInnen" zensierten unsere Briefe nach Hause - wenn da etwas "falsches" drin stand, musste man den Brief nochmal schreiben. Die ganze Atmosphäre dort war von Zwang, Unterdrückung und Bevormundung geprägt.
Keine lachenden und spielenden Kinder, sondern eher "Zucht und Ordnung" der "alten Schule".
Gehorsam und Pflichterfüllung waren hier wichtiger als Individualität und Freiheit.

Ich erinnere mich an einen Vorfall beim täglichen Essensritual im Essraum: Da schon beim Frühstück das Brot dermaßen rationiert war, leckte ein Kind alle Weißbrotscheiben ab und steckte sie danach wieder in den Brotkorb (man durfte sich nur immer jeweils 1 Scheibe auf den Teller legen).
Die verantwortlichen "ErzieherInnen" ließen sie gewähren.

3 von den 4 Wochen dort goss es in Strömen und wir waren überwiegend im Haus, da wir wegen des Wetters nicht rauskonnten. Ich erinnere mich an unsympathische und unempathische "ErzieherInnen" .

Ich habe nicht mehr viele Erinnerungen an diese Zeit - was mich wundert, da ich mich an andere Ereignisse in diesem Lebensjahr noch sehr gut erinnere.

Ich befürchte, dass ich dort traumatisiert wurde und mich meine Seele durch das "Vergessen lassen" geschützt hat.
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Barbara Westfahl aus Bad Segeberg schrieb am 09.09.2021
Bin durch einen Podcast des Deutschlandfunk Nova auf diese Seite aufmerksam geworden. Ich war 1965 oder 1966 im Alter von 6 oder 7 Jahren nach mehreren Erkrankungen Blase/Nieren und Krankenhausaufenthalten in Bad Wildungen zur Kur. Meinen Eltern wurde damals dieser Aufenthalt vom Hausarzt dringend empfohlen und sie wollten mir etwas Gutes tun. Ich habe nur noch ein paar verschwommene Erinnerungen, Bäder in großen Badewannen, Frühstück mit Müsli oder Haferflocken die ich essen musste, obwohl es mich ekelte, Einsamkeit und großes Heimweh. Das Warten auf Nachrichten/Post von zu Hause. Und die unbändige Freude, als mein Großvater mich abgeholt hat. Alles andere ist weg. Vielleicht auch besser so.
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Hans-Jürgen Neumeister aus Nordrhein-Westfalen - Beckum schrieb am 07.09.2021
Auch, oder gerade weil ich nicht schlimmes während meiner beiden Verschickungen erlebte, sondern eher schöne Dinge, möchte ich mich bei den Machern dieser Website und denjenigen bedanken, die sie füllten. Denn ich war froh, mich mit dem Thema nach den langen Jahren befassen zu können. Schließlich hatte die Zeit alles mehr oder weniger unter sich begraben. Daher ein Namaste an alle, die sich hier beteiligen.

Hallo, Ihr alle,
als ich in das Buch „Die Akte Verschickungskinder“ entdeckte, bestellte ich es, wie unter Zwang. Denn mir fiel wieder ein, dass auch ich zweimal verschickt wurde. Einmal 1950 (ich bin Baujahr 1943) nach Reinhardshausen bei Wildungen, und 1959 mit 16 in den Schwarzwald, nach Todtmoos ins Haus Waldfrieden. Dass ich jedoch meine dazugehörenden Erinnerungen niederschreiben würde, hätte ich nie gedacht. Und da ich inzwischen 78 bin, gehöre ich
hier wohl zu den Oldies, denn ich habe nur wenige gefunden, die um 1950 herum verschickt wurden.
Hier das Beweisfoto:
Der zweite von rechts unterhalb der „Tante“, das bin ich.

HIER SOLLTE SICH JETZT EIGENTLICH EIN FOTO DES HEIMS UND DAS DES BUCHES BEFINDEN, ABER BEIDES WURDE NICHT ÜBERNOMMEN.

Bisher dachte ich immer, dass ich nur schöne und keine negativen Erfahrungen gemacht hätte. Ins Grübeln kam ich jedoch, als ich folgenden Satz in o.gen. Buch auf Seite 246 las. »Kinder machen Dinge immer lieber selbst mit sich allein aus. Sie ziehen andere Menschen nicht gern ins Vertrauen.« Hat doch auch mich diese Einstellung fast mein ganzes Leben begleitet. Erst Ende der 1990er begann ich, mich in diversen Selbsterfahrungsseminaren in mühsamer Kleinarbeit davon zu befreien. Zuvor vermochte ich nicht zu sagen, was mit mir los war oder wie es mir wirklich ging. Und in diesem Moment, in dem ich das schreibe, läuft es mir kalt den Rücken runter, und die Augen werden feucht.

War da doch mehr in meiner ersten Verschickung, als ich mir je eingestehen wollte oder konnte? Nur was?

Allerdings schien mir bisher alles zu meinen Verschickungen mehr oder weniger stimmig, sodass ich nie daran zweifelte. Zumal meine Mutter erzählte, dass ich, sobald ich laufen konnte, auf das Stichwort „Teita“, selbst an der Hand eines Fremden mitging, um die Welt zu erkunden. Und dazu passt auch, dass ich mit 9 oder 10 immer wieder mutterseelenallein stundenlang durch Wiesen und Wälder streifte, ohne dass ich jemandem davon erzählte.
Hinzu kommt, dass ich weder als Kind, Jugendlicher oder Erwachsener Heimweh kannte, und nie wusste, was das ist – egal wohin ich fuhr und wie lange die Reise dauerte. Und so war es kein Wunder, dass ich, als ich als 64jähriger zu meiner zweijährigen Reise per Bahn, Bus & Schiff nach Australien aufbrach, nie Heimweh verspürte. Aber da hatte ich mich ja quasi selber verschickt.  Heimweh habe ich damals nur bei anderen Travellern erlebt, besonders zu Weihnachten, weiß also zumindest, wie es aussieht.

Meine Eltern haben mich insgesamt zweimal verschickt. Wobei ich beim ersten Mal 7 Jahre alt gewesen sein dürfte, denn ich ging schon eine Weile in die Volksschule, und Herrmann, ein Mitschüler, wurde ebenfalls verschickt. Seltsamerweise befindet er sich nicht auf dem Beweisfoto meines Aufenthalts.
Doch wenn ich an damals denke, habe ich sofort das Bild vor Augen, wie er und ich mit unseren Koffern, mit meinen und seinen Eltern und weiteren Familienmitgliedern neben unserer Schule und der Kirche trafen, da sie von dort aus zum nahegelegenen Bahnhof und zum Zug bringen wollten. Und ich weiß auch noch, dass ich aufgeregt zwischen den Erwachsenen herumlief, voller Vorfreude auf das Abenteuer einer Zugfahrt in die Ferien. Und so war ich weder traurig, noch hatte ich Angst. Was allerdings nicht auf Herrmann zutraf, denn er weinte und wollte nicht weg.
Wer und ob uns jemand im Zug begleitete, weiß ich nicht mehr – auch nicht, ob weitere Kinder im Laufe der Fahrt dazu kamen – nur dass Landschaften und Orte an mir vorbeizogen und stets ein neues Bild boten, schließlich hatte ich einen Fensterplatz.
Dass wir nach Reinhardshausen fahren würden, hatte ich zwar immer wieder gehört, auch dass es bei Bad Wildungen liegen sollte, doch tangierte mich das erst einmal noch nicht. Erst als man uns an der Endstation abholte, realisierte ich, dass wir jetzt zum Kinderheim Reinhardsquelle fuhren. Noch heute findet man eine Klinik Reinhardsquelle im Internet, mit dem Zusatz: »Die Klinik für Körper und Seele.«

In einer meiner ersten Erinnerungen sehe ich einen Speisesaal mit dem gleichen Bild, wie auf dem Cover des Buches, und glaubte mich selber vor Kopf des Tisches zu sehen. Aber auch der Schlafsaal fiel mir sofort wieder ein. Er erschien mir damals riesig und es standen unzählige weiße Betten aus Metall darin. Und da der Raum weiß gestrichen war, machte es eher den Eindruck eines Krankenhauses, in dem ich ein Bett zugewiesen bekam, und zwar mittendrin. Wo Herrmanns Bett war, weiß ich nicht mehr, auch nicht, ob und wie oft wir uns im Haus oder draußen gesehen oder getroffen haben. Womöglich wurden wir getrennt, wie es in den Berichten oft heißt, auch wenn wir nicht befreundet waren.
In jenem Saal hatte man immer zwei Betten der Länge nach mit dem Kopf- oder Fußende aneinander gestellt. Und dazwischen gab es schmale Kreuz- und Quergänge, in denen Laufen und Rennen verboten war, auch laut sein durften wir hier nicht.
Vom Bett aus schaute ich auf eine lange, hohe Wand und sah links hinten in der Ecke der seitlichen Wand den Durchgang zum Wasch- / Duschraum und Toiletten.
In der rechten Wand befanden sich die Fenster, so hoch angeordnet, dass ich nur den Himmel und Baumwipfel sehen konnte. Und wenn abends Licht brannte, war es trotzdem nicht hell, eher dämmerig, und nachts brannten nur einige Lampen, sodass immer eine gewisse Grundhelligkeit herrschte. Da ich als Kriegskind schon ganz andere Schlafplätze kennen gelernt hatte, fand ich es hier durchaus als angenehm, denn alles machte einen sauberen, ordentlichen Eindruck.
Ich wurde auf Anraten unseres Hausarztes Dr. Urbisch verschickt, wegen Bettnässen und weil ich ihm zu mager war. Ich erinnere mich jedoch nicht daran, jemals im Kinderheim ins Bett gemacht zu haben, gar dafür bestraft worden zu sein. Dabei war ich ein Kind, das – solange wir in unseren zwei Nachkriegszimmern hausten – jede Nacht ins Bett machte.
Dass es aber noch einen dritten Grund gab, erfuhr ich erst jetzt von meiner Schwester, die sich an ein Gespräch zwischen Dr. Urbisch und unseren Eltern erinnerte. Darin sagte er u.a., dass es gut für ihre Beziehung sei, wenn eins der Kinder – die Wahl fiel auf mich – mal eine Weile nicht da sei, damit unsere Mutter etwas mehr Ruhe bekäme, und unsere Eltern mehr für sich sein könnten. Schließlich war unser Vater 1950 noch nicht lange aus der Gefangenschaft zurück und unser Bruder, das Nesthäkchen, war erst seit kurzem auf der Welt.
Was das Essen betrifft, das oft als ungenießbar beschrieben wird, gab es für mich als besagtes Kriegskind nichts zu beklagen, schließlich hatte ich gelernt, alles zu essen. Hauptsache es füllte den Magen. Es gab nur ein Gericht, dass ich nicht mochte und kaum durch den Hals bekam: Die Graupensuppe der Nachkriegszeit. Aber die hat man uns im Kinderheim nie serviert, also dachte ich nicht einmal daran.
Aber als ich mir jetzt das o.a. Beweisfoto mal wieder anschaute, stellte ich fest, dass bis auf die Tante nur Jungens abgebildet waren, und dass wir alle einen fröhlichen Eindruck machen. Auf Befehl unter Androhung von Strafen? Und wo waren die Mädchen? Hat man von ihnen ein eigenes Gruppenfoto gemacht?
Schade, denn zu gern hätte ich mir das Mädchen mit den lockigen schwarzen Haaren angeschaut, in das ich mich damals verguckte. Ob sie mich auch mochte, weiß ich allerdings nicht, denn es gab ja kaum Gelegenheit, miteinander in Kontakt zu kommen. Wir schauten uns nur an, wenn wir uns begegneten.
Doch einmal, bei einer Veranstaltung oder Versammlung in einem Saal, saß ich direkt hinter ihr und schenkte ihr ein Stück Stoff in Postkartengröße, auf das ich – da ich damals schon gut zeichnen konnte – ein Bild mit Motiven gemalt hatte, die mich zu der Zeit begeisterten: einen Indianerkopf mit Federschmuck und ein Indianerkanu. Ob sie sich darüber freute, es womöglich als Andenken behielt, weiß ich jedoch nicht, zumal sie es eher erschrocken entgegennahm.
Auch daran, dass wir zum Blaubeersammeln in den Wald gingen, der direkt am Heim an einem Hang begann, erinnere ich mich gern. Dazu bekam jeder ein Gefäß, das voll werden sollte, wie es hieß. Man erlaubte uns aber auch, die Beeren zu essen, sodass niemand ein volles Gefäß ablieferte und die Tante scherzhaft mit uns schimpfte. Jedenfalls habe ich immer gerne Beeren gesammelt, da wir sie später auf einem Kuchen oder in einer Quarkspeise zurückbekamen.
Aber auch zwischendurch kraxelte ich immer mal wieder ein Stück weit den Hang hinauf in den Wald mit seinen Büschen und Lichtungen und dachte dabei an Hänsel und Gretel. Dabei bemühte ich mich, dass mich keine der Tanten sah, sonst hätten sie es sicher verboten.
Woran ich mich ebenfalls lebhaft erinnere, ist ein Spaziergang durch den Zauberwald mit umgestürzten Bäumen, undurchdringbaren, ineinander verwachsenen Büschen und dazwischen liegenden Felsen. Es sah wie der Urwald aus, den ich von Bildern kannte.
Von den verfaulenden Bäumen durften wir ein Stückchen mitnehmen, denn man hatte uns gesagt, dass es nachts im Dunkeln leuchtet. Doch ob es das auch wirklich tat, weiß ich nicht mehr.
Ich habe also nur schöne Erinnerungen an meinen Kurlaub, denn daran, dass wir ausgeschimpft, gar geschlagen wurden, erinnere ich mich nicht. Nur an Tanten, die freundlich mit uns umgingen, wie zuvor die im Kindergarten. Also völlig anders, als in den Berichten über Reinhardshausen in den 1980er Jahren.
Wie kann ein derartiger Absturz erfolgen? Wahrscheinlich durch Heimleiter- und Personalwechsel und übergeordnete Instanzen, wie Jugendamt, Kirche und die jeweilige Stadt, oder?

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Es gab aber noch eine weitere Ausquartierung zwischen den Verschickungen, und zwar, als meine Mutter eine Kur genehmigt bekam. Ich kam zu meiner Tante und meinem Onkel und ihren beiden Kindern, und meine Schwester zu einer anderen Tante und ihrer Familie. Diese ausgedehnten Wochen der Kur hätten für mich fast ein Sitzenbleiben in der Schule zur Folge gehabt, da ich stets behaupte, meine Schulaufgaben gemacht zu haben, was niemand kontrollierte, und ich derweil die Zeit nutzte, um durch Wiesen und Wälder zu stromern. Nur gezielter und intensiver Nachhilfeunterricht in Englisch und Mathe verschonten mich vor dem Paptus. Ob ich meinen Vater und meine Schwester in der Zeit sah, weiß ich nicht mehr. Auch nicht, ob ich mich freute, als unsere Mutter wieder da war, es schien mir eher, als wäre es mir egal.

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Meine zweite Verschickung erfolgte mit 16 in den Schwarzwald nach Todtmoos ins Kinderheim Haus Waldfrieden, das mitten in der Pampa lag.

HIER SOLLTE SICH EINE SKIZZE VON DEM HAUS WALDFRIEDEN BEFINDEN, ABER AUCH SIE WURDE NICHT ÜBERNOMMEN:

Später schrieb ich in mein Fotoalbum: „Meine Schwarzwaldfahrt 1959“. Daher habe ich das wohl mehr als Urlaub empfunden. Ich, dessen Eltern, und damit auch ich, noch nie Urlaub gemacht hatten. Aber wieso sie mich in dem Alter ein zweites Mal verschickten, entzieht sich meiner Kenntnis, schließlich pieselte ich schon lange nicht mehr ins Bett, und zu mager war auch nicht mehr. Womöglich brauchten sie einfach mal ’ne Auszeit von ihrem pubertierenden Sohn.
An die lange Zugfahrt, und wie sie ablief, die Ankunft in Todtmoos, und ob es eine Begleitperson gab, erinnere ich mich auch nicht mehr. Nur daran, dass die ganze Landschaft um das Heim aus grasbewachsenen Hügeln bestand, und dass es in der Ferne dunkel bewaldete Hügel gab. War das der Schwarzwald?
Jedenfalls musste ich, wenn ich in die Stadt wollte, gefühlte zwei Stunden hügelrauf und hügelrunter laufen, bis ich endlich im Ort war. Diese Strapazen sorgten wohl dafür, dass ich bergige Landschaften später mied und die See, das Meer bevorzugte.
Trotzdem nahm ich diesen Marsch, auch wenn ich es anstrengend fand, gerne und oft inkauf, da Todtmoos so anders aussah, als alle Städte die ich kannte. Bis man es mir verbot. Was ich ausgefressen hatte, weiß ich nicht mehr, zumal ich längst ein Autoritätsproblem hatte, das sich allerding hier eher selten zeigte. Ich war eher als Guerilla-Kämper unterwegs, der gelernt hatte, Verbote geschickt zu umgehen, statt zu provozieren. Was aber nicht bedeutete, zum Einzelgänger geworden zu sein, denn ich wollte die Mitbewohner des Kinderheims durchaus kennenlernen. Es gab kleine Kinder, nur wenige Jahre alt, bis hin zu 18jährigen. Ich lag mit meine 16 Lenzen dazwischen und gehörte weder zu den Kleinen, noch zu den Großen, die mich einfach ignorierten. Ich erinnere mich aber an den gleichaltrigen Schorsch, mit dem ich immer wieder etwas unternahm, heute würde man sagen, abhing.
Ich vergesse aber auch nicht, dass die 18jährigen im Treppenhaus einmal einen Tumult verursachten, bei dem sie eine der Helferinnen – die auch nicht älter als 18 gewesen sein dürfte – in eine Ecke drängten und unter Gegröhle betatschten, wie ich aus der Retrospektive annahm. Drumherum wimmelte es von uns Jüngeren, die ebenfalls schrien, ohne zu wissen, was da ablief.
Ob sich das Mädchen wehrte, konnte ich nicht sehen und ob sie schrie, hörte ich bei dem Radau nicht. Auf jeden Fall aber ging der Leiter der Gruppe schreiend dazwischen, und ich kriegte Schiss und sah zu, dass ich wegkam.
Einmal fuhren wir nach Freiburg, und ein andermal in die Schweiz nach Luzern, an den Vierwaldtstättersee. In Freiburg beeindruckten mich die künstlichen Bachläufe. Schmale Kanäle, die überall durch die Stadt liefen, und stellte Jahrzehnte später, bei einem erneuten Besuch der Stadt fest, dass es sie immer noch gab.
Auf der Fahrt zum Vierwaldtstättersee staunte ich über die in den Felsen gehauenen Straßen, und über die Postkarten-Idylle des Sees mit den Bergen und Luzern. Dort klauten wir in einem Devotinalienladen überlange Zigaretten, die einzeln in verschiedenen Farben in einem Korb lagen. Für uns quasi der erste Selbstbedienungsladen. Ob und wo wir sie geraucht haben, oder an die Großen verschenkten, weiß ich nicht mehr, weiß aber noch, dass mir das Herz bei unserer Diebestat so laut klopfte, dass ich annahm, jeder könne es hören.

Etwa in der Mitte meines Aufenthalts bekam ich Besuch von den Pfadfindern aus meiner Heimatstadt, zu denen auch ich damals gehörte. Sie wollten durch den Schwarzwald wandern und hatten versprochen, dass sie vorbeikämen. Und normalerweise, wenn man mich nicht verschickt hätte, wäre ich mit ihnen gefahren. Daher fand ich es schön, dass sie mich besuchten.
Und dann gingen die sechs Wochen auch schon dem Ende zu, und der Leiter unserer Gruppe lud alle, die alt genug waren, zu einem Abschlussgespräch in sein Büro ein. In diesem Gespräch sagte er, dass er von jedem einzelnen wüsste, was mit ihm los ist und dass er ihn einschätzen könne. Doch bei mir hätte er keine Ahnung, wer ich sei und wüsste es auch nach den sechs Wochen nicht. Daher bat er mich, ihm zum Schluss ein wenig von mir zu erzählen. Ich wusste jedoch nicht was und stotterte irgendwas vor mich hin, Dabei wäre ich vor Stolz fast geplatzt, weil ich es geschafft hatte, selbst einem Fachmann ein X für ein U vorgemacht zu haben. Zu gründlich hatte ich gelernt, mich keinem Erwachsenen mehr anzuvertrauen.
Erst Jahrzehnte später begriff ich in meinen Selbsterfahrungsseminaren, welche Chance ich da vertan hatte.
An den Rückweg, die Ankunft zu Hause, ob man mich am Bahnhof abholte oder ob ich allein nach Haus marschierte, und ob und was ich erzählte, erinnere ich mich nicht. Auch nicht, ob die Verschickung irgendwelche Nachwirkungen hatte – wie schon zuvor bei der ersten. Der Alltag hatte mich wieder.
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Martina Uhl aus Nürnber/Meppen schrieb am 07.09.2021
Hallo, ich war zweimal zur „ Kindererholung“ Auf Burg Hoheneck hatte ich furchtbar Heimweh, die Postkatern nach Hause wurden diktiert, die Süssigkeiten konfisziert und unter allen aufgeteilt. In Unterwäsche im Rittersaal anstehen zur Untersuchung. Furchtbar.
In Wyk auf Föhr hab ich die anderen Kinder getröstet, da war ich schon 12. Nach dem Essen in der Liegehalle mit Pferdedecken und Staubwolken eine std schlafen. Strandspaziergänge. Aber es war auszuhalten. Sabine Bischoff hat mich in ihrem Tweed erwähnt, würde mich gerne austauschen. Bin über FB mit diesem Namen zu finden. ( Pferdefrau). Hab auch noch ein Gruppenbild von damals.
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René Schröer aus Bautzen schrieb am 04.09.2021
Guten Tag, über eine Facebook Gruppe bin ich auf Ihren Verein gestoßen und möchte so lange wie ich noch kann einen kurzen Tatsachenbericht über meinen Heimaufenthalt abgeben. Mit 10 Jahren wurde ich in das Spezial Kinderheim Geschwister Scholl in Karl-Marx-Stadt Zwangseingewiesen. An diesen Tag als mich meine Eltern dort hinbrachten und letztendlich auch da ließen kann ich mich als ob es gestern war noch sehr lebhaft erinnern. Tagelanges fast ununterbrochenes Weinen ließ meinen damaligen Erzieher Herr Kruppa wohl ziemlich sauer auf mich werden und dies spürte ich sodann zwei unendlich erscheinende Jahre fast täglich im Wechsel mit noch einem anderen Erzieher im Wechsel. Wenn man als 10 jähriger kleiner, dünner Junge Mittags schon Angst und Zittern bekommt vor dem Dienstantritt des Erzieher das soll schon etwas heißen.Täglich erlebte Gewalt sei es an mir oder anderen Kindern gehörten zum völlig normalen Alltag. Einmal bin ich so derart angegriffen worden von dem Erzieher das ich aus Mund und Nase blutete und mir auch noch in die Hosen machte wofür ich gleich noch extra Schläge dafür bekam. Was hat dieses sehr prägende Martyrium aus mir gemacht? Ich bin im Erwachsenen Alter selbst straffällig geworden, mit einer Gewaltstraft wofür ich sehr lange im Gefängnis gesessen habe. Mit zwei abgeschlossen Ausbildungen und mehreren Weiterbildungen bin ich nicht mehr auf die Beine gekommen. Ich bin völlig verarmt und einsam und möchte eigentlich nicht mehr auf dieser Welt sein. Mehrere Menschen haben mir unabhängig voneinander gesagt das wohl alles irgendwie auch mit meinen so vielen gemachten negativen Erlebnissen in diesem Heim in Zusammenhang steht, was mir natürlich auch nicht weiterhelfen tut.
Dieser Erzieher Herr Kruppa hat auch andere, größere Jungs sexuell missbraucht was mir später von einem Jungen der selbst betroffen ist erzählt wurde.
Nach mehr als 40 Jahren ist diese Geschichte für mich nach wie vor aktuell und werde so auch mit ins Grab nehmen.
Vielen Dank für die Gelegenheit mal etwas darüber zu schreiben.
Liebe Grüße
René Schröer
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Gabi Woiwode aus München schrieb am 03.09.2021
Über dieses Heim habe ich hier bisher nichts gefunden. Und leider erinnere ich mich an so gut wie nichts mehr, allerdings war ich auch noch sehr (!) klein.
Wie in meine anderen Heime auch, wurde ich nach einem KH-Aufenthalt wegen Masern und Scharlach dort "zur Erholung" hingeschickt.
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Christin Hermenau aus Jena schrieb am 02.09.2021
Ich wohnte im betreffeden Zeitraum mit meinen Eltern in Leipzig - damals eine Stadt mit durchgehend bedrohlich schlechter Luft. Wie die meisten Kinder litt ich unter schweren Atemwegsbeschwerden, wogegen mir vor dem Beginn meiner Schulzeit eine 6wöchige Kur verordnet wurde. Soweit ich mich erinnern kann, wurde ich mit einer Vielzahl weiterer Kinder Ende Oktober in einem großen Ikarus-Bus vom Leipziger Hauptbahnhof aus nach Bad Frankenhausen gekarrt. Das Kurhaus liegt auf einer Anhöhe abseits der Stadt, auf mich wirkte es kalt und bedrohlich - letztlich wie das Völkerschlachtdenkmal - und hatte außer der Begrünung nichts einladendes. Zögerlich und desorientiert stand ich allein im Gelände, ein älterer Junger (der in der Abreise begriffen war) half mir ins Gebäude. Weder kann ich mich an nette Erzieherinnen oder andere Fürsorgekräfte erinnern, genausowenig wie an die vielen anderen Kinder - alle sind gesichtslos. Die Atmosphäre war beständig rau und pragmatisch. Ich fand Freude an den Kuranwendungen: Solebäder - jeder kleine Patient in einer eigenen Wanne mit ganz warmer Sole, Spazieren in der Sole-Verdampfer Halle Spaziergänge draußen. Im Gebäude selbst fand ich es sehr kalt, speziell im Bad bzw. Waschraum. Ein riesiger Essenssaal, ein rumpelnder Küchenaufzug, das Essen war halt das was es war. Kein freundliches Wort, Einsamkeit, Verlorenheit - ohne konkret schlechte Behandlung. Im November hatte ich Geburtstag und ich bekam ein Päckchen - mit einem schönen neuen Kleid, Wollstrümpfen, einem Baumkuchen und einer Kuscheltier-Schildkröte und einer Karte. Das Kleid durfte ich an diesem Tag tragen. Stolz und etwas getröstet saß ich am Frühstückstisch, bis man feststellte, dass man mir meine Geschenke wohl zwei Tage zu früh überreicht hatte. Ich musste vor aller Augen alles wieder abgeben und das Kleid musste ich auch wieder ausziehen. Wir Kinder schliefen zudem in der Dachkammer in einem Schlafsaal. Wir machten uns einen Jux daraus uns gegenseitig an den Händen zu fassen und zu versuchen, uns aus dem Bett zu ziehen. Ich plumpste regelmäßig aus meinem Bett, weil ich an der Wand lag und keinen Gegenpart auf der anderen sete hatte. Den Erzieherinnen war das zu bunt. Ich wurde aus dem Raum geschickt, mit meinem Bettzeug und in eine abgelegene Dachkammer beordert, in der ich dann allein lag. Ich sah aus dem Fenster, es war dunkel draußen, es regnete. Eine Frau lief auf der Straße in Richtung Stadt - ich war so verwirrt, dass ich dachte, es sei meine Mutter und sie geht für immer weg. Dann wurde ich krankt und musste ins örtliche Krankenhaus unten in der Stadt. Ein Schlafsaal mit 4/ 5 Kinder-Betten - alle belegt. Ich wurde in ein Gitterbett gesteckt, das Gitter hochgezogen - wenn ich mich nicht täusche sogar ein Gitter über dem Kopf (ich bin aber nicht sicher) - kurzum: ein Käfig. Ich kann nicht sagen, wie lange ich dort bleiben musste. Ich hatte dann noch etliche Zeit im Kurheim und ich weiß noch den letzten Spaziergang im dortigen Gelände - vor der Heimreise und wie unendlich erleichtert ich war. Daheim - so erzählen meine Eltern noch heute - sei ich mutistisch gewesen, habe ich mehrere Wochen kein Wort gesprochen, höchstens ein leises "ja" oder "nein". Es sei nichts aus mir heraus zu kriegen gewesen.
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Silke Kröger-Fröhlich aus Möhnesee schrieb am 02.09.2021
1973 bin ich als achtjährige zusammen mit meinem Bruder (7 Jahre) nach Baiersbronn, Röt im Schwarzwald geschickt worden, weil wir "unterernährt" waren. Das Haus hieß "Haus am Berg".
Bei einer kürzlich stattgefundenen Familienfeier kam das Thema "Verschickungskinder" auf und ich wurde wieder schmerzlich an diesen Heimaufenthalt erinnert. Der Aufenthalt dort war die Hölle. Meinen Bruder hab ich in der ganzen Zeit nur auf den gemeinsamen Spielplatz- Aufenthalten gesehen, der Spielplatz befand sich hinterm Haus. Ansonsten war jeder auf sich allein gestellt.
Vergammeltes Essen, Schläge, unbegründete Bestrafungen, Postzensur, Herabwürdigungen und Demütigungen begleiteten uns quasi täglich. Ich glaube, dass ich hier nicht näher auf Details eingehen muss, weil sich die ausführlichen Zustände mit allen anderen Heimen offensichtlich decken.
Wir würden gezwungen, in unseren Briefen nach Hause alles schön zu reden, ansonsten sind die Briefe nicht rausgegangen.
Mein Bruder und ich haben das Thema ziemlich verdrängt, wir waren nur froh und glücklich wieder zu Hause zu sein. Wie sehr auch mein Bruder gelitten hat, habe ich erst Jahre später erfahren. Wir glaubten allerdings beide, dass es sich um Einzelschicksale gehandelt hat.
Nach unserer Familienfeier haben wir dann beide mal gegoogelt und waren erschrocken, wie viele Heime so "gearbeitet" haben und vieviele Schicksale da dran hängen. Unsere Eltern haben in gutem Glauben und Vertrauen gehandelt. Das Thema wurde sicherlich viele Jahre tot geschwiegen.
Ich bitte um Infos und Links, die dazu beitragen, diese Missstände öffentlichen zu machen.
Vielen Dank, mfG, Silke
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Reinhold Nichau aus Minden schrieb am 31.08.2021
Bis zur aktuellen Aufarbeitung dieses Themas dachte auch ich an Einzelschicksale. Bei der Einschulungsuntersuchung wurde "Untergewicht" festgestellt und eine 6 wöchige Kur angeordnet. Zum Glück habe ich nur wenige Erinnerungen, die vornehmlich aus Heimwehgefühlen, Weinkrämpfen und Ekel vor rotem Früchtetee bestehen. Gewichtsmäßig hat es glücklicherweise nichts gebracht und ich bin mit mehr oder weniger Normalfigur aufgewachsen. Durch zufälliges Treffen mit einem anderen Betroffenen weiß ich von Rückkehr mit Übergewicht.
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Johannes aus Bad Nauheim schrieb am 28.08.2021
Auch ich bin darüber erschrocken wie vielen anderen Kindern in ganz Deutschland es ähnlich ging wie mir. Als Kind hatte ich (angeblich - es gibt keine physiologische Spuren) eine Herzkrankheit und wurde nach Bad Nauheim in Kur geschickt. An genaue Details kann ich mich leider nicht erinnern aber daran, das ich den Erbsenbrei auch nach dem Erbrechen aufessen musste, das ich oft an den Ohren und an den Haaren gezogen wurde, das ich in einem Gitterbett schlafen musste und dort immer von Flucht träumte. Und von täglichen Märschen (in Reih und Glied) zu den Soleanlagen. Ich habe einige Verletzungsspuren am Körper an deren Ursache ich mich nicht erinnern kann, ich muss diese Erlebnisse verdrängt haben. Damals haben wohl viele NS Rotkreuzschwestern in diesen Heimen Arbeit gefunden und dort ihren Hass an allen nicht perfekt arischen Kindern ungestraft ausleben können. Die Gesellschaft wollte damals nicht so genau hinschauen, aber es ist erstaunlich das diese Geschichten bis heute nicht aufgearbeitet wurden.
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Bischof Sabine aus Schweinfurt schrieb am 27.08.2021
Hallo, ich war im Nov./Dez. 6 Wochen dort und kann mich eigentlich an nichts Schlimmes erinnern. Mein Vater gab mir den Zeitungsartikel im Frühjahr 2021. Beim Lesen kamen mir aber einige Dinge dann doch bekannt vor,z. B. dass die Briefe korrigiert wurden und man schreiben musste, dass es einem gut ging. Was mich nachdenklich macht, sind die psychischen Probleme, die im Zeitungsartikel und hier im Forum genannt werden. Gerade las ich etwas über das Gefühl von eingesperrt sein. Ich habe mein ganzes Leben lang Probleme in Räumen, wo z. B. die Zimmertür geschlossen ist, oder auch im Sommer die Rolläden wegen der Sonne. Auch nachts kann ich den Rolladen nicht komplett zu haben, brauche immer ein "Luftloch". Ob es mit der Kur zu tun hat, kann ich nur spekulieren. Auch andere Sachen wie Depressionen und Angststörungen sind mir wohlbekannt. Auf jeden Fall hat meine Mutte noch die ganze Post, meine an sie und umgekehrt, auch von der Omi. Ich suche jetzt ein paar Frauen, die damals auch dabei waren, ich hoffe, ich verstoße nicht gegen den Datenschutz, falls doch, bitte ich um Entschuldigung: Monika Mücke, Brigitte und Gabriele Wittmann, Elke Gründer, Martina Uhl, Ellen Höfler, Eva-Maria Neumann, Sabine Stubner, Sabine Heindl, Rosemarie, (ohne Nachnamen). Leider kann ich keine Wohnorte nennen. Ich hieß damals Sabine Bischof (jetzt anders wg. Heirat), dunkle lange Haare mit Pony. Ich komme aus einem Dorf bei Schweinfurt. Bin für jeden Kontakt dankbar.
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saya aus Köln schrieb am 26.08.2021
ich wurde 1961 als 5-jährige von meinen Eltern in einen Zug gesetzt und sah sie dann plötzlich winkend am Bahnsteig während der Zug losfuhr. Ich erinnere mich die ganze Fahrt über geweint zu haben.Nachts hielt der Zug stundenlang am Brenner an und es waren Schüsse zu hören. Möglicherweise handelt es sich um die sogenannte "Feuernacht" am 11.6.1961 Bei Tageslicht erreichten wir unser Ziel und ich habe noch sehr deutlich vor Augen eine lange, lange Kinderkolonne mit ihren zu großen Koffern, die zu Fuß die Strasse entlang geht, an Weiden vorbei, begleitet von Nonnen. Ich war dort 6 Wochen und es war eine schlimme Zeit. Ich erinnere nicht so viel, aber zum Beispiel dass ich von 2 Nonnen festgehalten wurde und eine dritte schob mir riesige Löffel mit Quark in denMund.Danach musste ich immer brechen. Als ich zurück nach Köln kam war ich wohlziemlich untergewichtig und bin es bis zur Menopause geblieben. Ich kann seit diesem Erlebnis niemandem mehr vertrauen und habe Bindungsprobleme, Schlafstörungen und immer wieder Depressionen,vorrübergehend auch eine generalisierte Angststörung die ich durch vielTherapie einigermaßen im Griff habe. Ich habe bis jetzt nicht herausfinden können um welches Heim es sich handelt. Falls jemand aus Köln zur gleichen Zeit in Südtirol war könnte es sich um das gleiche Heim handeln. Bitte melden
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Petra F. schrieb am 26.08.2021
Hallo zusammen,
ich bin heute zufällig auf das Thema "Verschickungskinder" gestoßen. Da überkam mich ein komisches Gefühl. Es berührt mich irgendwie. Denn ich war auch als Kind, ich weiß nicht, ob ich schon in der Schule war, auf der Insel Amrum. Kann mich aber leider an nichts erinnern. Nur dass eine Bahnfahrt und ein kurzer 1/2 stündiger Flug mich dort hin brachte.
Ich war oft erkältet und meine Eltern dachten, sie tun mir damit etwas Gutes. Nur, wie schon geschrieben, habe ich keine weiteren Erinnerungen daran...noch nicht. Vielleicht eröffnet sich nun die eine oder andere kleine Erinnerung. Ich gehe oft in Hypnose, vielleicht führt sie mich da hin. Bin gespannt.
Evtl. folgt ein Bericht.
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Dirk M. schrieb am 24.08.2021
Hallo Nicole.
Bin just hier Mitglied geworden, deshalb suche ich noch die "PN"-Taste.
Ich war damals auch da und mir geht es genauso. Nur sehr fragmentarische Errinnerungen. Da ich derzeit das haus meier eltern räume, sind mir einige alte Sachen schon in die Hände gefallen.
Über persönliche Kontaktaufnahme würde ich mich freuen. Auch von anderen Betroffenen.
Gruß an alle
Dirk
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Sabine aus Bergisch Gladbach schrieb am 24.08.2021
Vor meiner Einschulung wurde ich im Kindergarten von einem Arzt untersucht. Er fragte mich, ob ich mit meiner Schwester und meiner Mutter einen Urlaub am Meer machen wolle. Natürlich wollte ich ich, Wasser und Meer sind meine Leidenschaft. Ich habe von der Zeit nur bruchstückhafte Erinnerungen.
Im Zug fragte ich die Begleitung, wo denn meine Schwester und Mutter wären. Sie sagte mir, die würden nachkommen.
Nach einer stürmischen Überfahrt, bei der ich große Angst hatte, kamen wir auf Borkum im Kinderheim an. Uns wurden Nummern zugeteilt, mit denen wir auch angeredet worden sind und die sich nach der Lage im Schlafsaal richtete. Ich war Nummer 1, weil ich als erste in einem Saal mit 40 Kindern (Jungen und Mädchen) lag. Ich erinnere mich, dass Nummer 2 neben mir Claudia hieß. Wir beide haben ständig Fluchtpläne geschmiedet, konnten diese aber nicht umsetzen.
Ich muss zur Karnevalszeit dagewesene sein, da man mir auf mein wiederholtes Nachfragen erzählte, dass meine Mutter und meine Schwester zur Karnevalsfeier kämen, was natürlich nicht passierte.
Wir mussten beim Tischdecken und Tischabdecken helfen. Da ich noch nicht schreiben konnte, waren meine Briefe, geschrieben von einer Betreuerin, natürlich zensiert.
Wir durften Nachts nicht auf Toilette und Bettnässer wurden gedehmütigt.
Ich bekam Mumps und durfte in einem Einzelzimmer schlafen, das war trotz Krankheit eine Wohltat, da keiner meine Sachen stahl. Meine Lieblingspuppe wurde von anderen Kindern beschädigt.
Wir haben viele Spaziergänge am Meer gemacht und konnten Muscheln sammeln, das fand ich immer schön. Getränke wurden auf diesen Spaziergängen nicht mitgenommen und die Betreuerinnen tranken vor unsren Augen, während uns die Zunge zum Hals heraushing.
Ab und zu gingen wir in ein Hallenbad mit Wellen und Salzwasser, daran erinnere ich mich gerne.
Kurz vor Ende der „Kur“ bekam ich Röteln und kam auf die Krankenstation. Die Krankenschwester dort war eine Wohltat, sie war sehr fürsorglich. Sie hat mich trotz Fieber nach Hause geschickt, obwohl sie das nicht durfte.
Ich kam in einem erbärmlichen Zustand nach Hause und meinen Mutter wollte mir nicht recht glauben, wie es auf Borkum war. Sie war damit beschäftigt meinen Vater zu verlassen. Kurz nach meiner Rückkehr sind wir ausgezogen.
Später sagte sie mir, sie wäre froh gewesen, dass ich in der Zeit, wo sie die Trennung vorbereitet hatte, nicht da war.
Mein Vater erzählte mir später, dass ich wegen Problemen mit den Bronchien nach Borkum kam, meine Mutter konnte sich nicht mehr erinnern.
Diese Zeit kann ich nicht vergessen und sie kommt immer wieder hoch und ich muss darüber erzählen.
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su.sie aus Kassel schrieb am 24.08.2021
Ich bin 1981 in Mühlhausen/ Thüringen geboren. Als Kind war ich oft erkältet mit starkem Husten, weshalb mir auf anraten eines Arztes eine Kur verordnet wurde. Ich sollte für 6 Wochen nach Binz in das Kindersanatorium Frohe Jugend geschickt werden. Mein Aufenthalt war vom 11.08.1986 -19.09.1986. Leider kann ich mich an sehr wenig erinnern.
Ich erinnere mich, dass mich mein Opa an den Busbahnhof in Mühlhausen gebracht hat. Meine Mutter musste arbeiten. Ich habe im Bus (gefühlt) die ganze Fahrt geweint. Die Erzieherin die mitgefahren ist, war nett und tröstend zu mir. Ich habe ihr gesagt, dass ich Kopfschmerzen habe und sie hat mir erklärt, dass dies vom vielen weinen käme. Ich habe sie dann gefragt, ob sie dann auch da ist wo wir jetzt hinfahren. Sie hat es verneint und ich konnte mich kaum noch beruhigen.
Meine nächste Erinnerung ist, dass ich nachts wach werde, weil ich ins Bett gemacht habe. Ich erinnere mich an einen langen, großen, hohen Flur - ich nehme an, weil ich so klein war. Ich hatte Angst und Schamgefühle. Ich weiß, dass es nicht gut war, dass mir das passiert ist aber ich habe leider keine Bilder mehr was genau danach geschehen ist.
Eine weitere Erinnerung ist eine Art Klassenraum in dem wir, glaube ich, die Karten bemalen sollten, die die Erzieherinnen geschrieben haben. Diese Karten gab es auch noch lange Zeit bei meiner Mutter. allerdings kann sie außer der beiden Fotos keine weiteren Unterlagen mehr finden.
Ich hatte/habe in meinem Leben mit erheblichen psychischen Beeinträchtigungen zu kämpfen, wie z.B Ängste, Unsicherheiten und Depressionen. Da aber auch noch andere Faktoren in meinem Leben nicht so optimal waren, gehe ich davon aus, dass nicht alle Schwierigkeiten in meinem Leben im Zusammenhang mit der Kur stehen. Wenn ich jedoch die Berichte hier lese, denke ich, dass auch dies vermutlich keine guter Ort für mich war. Leider kann ich mich kaum erinnern. Etwas Hoffnung, dass es vielleicht nicht ganz so schlimm gewesen sein könnte, habe ich, weil ich zum einen verhältnismäßig spät (1986) dort war und ich zum anderen bisher noch keine Berichte über diese Einrichtung hier gefunden habe.
Vielleicht erkennt sich hier jemand auf dem Gruppenbild, welches ich hochgeladen habe. Ich hoffe das ist datenschutzrechtlich in Ordnung, falls nicht würde ich es natürlich sofort entfernen.

Vielen Dank und viele Grüße
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Frank Gühts aus Berlin schrieb am 23.08.2021
Hi ich Frank Gühts war auch auf Wyk auf Föhr aber keiner kann sich an mich erinnern ,ich war auf Gruppe 10 es gab auch eine Gruppe 11,wehr kann sich an mich noch erinnern?lg Frank Gühts
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Jürgen aus Schwabmünchen schrieb am 23.08.2021
23.08.2021


Ich bin Jürgen, 46 Jahre alt und ein ehemaliges, sogenanntes „Verschickungskind“. Ich schreibe diesen Bericht, um die Erlebnisse meines Kuraufenthaltes im Jahr 1985 für mich besser aufarbeiten zu können. Gerne teile ich mit Ihnen diesen Bericht in der Hoffnung, die Schicksale der damaligen Verschickungskinder ins Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken, auch um zum Nachdenken anzuregen, über Recht und Unrecht – insbesondere auch im Umgang mit Kindern. Niemand wird als Täter geboren – man hat immer die Wahl. Dieser Beitrag soll wachrütteln und helfen, Kinder künftiger Generationen in einer Heimunterbringung ein traumatisierendes Schicksal zu ersparen.

Mein Kuraufenthalt im Jugendkurheim St. Michael in Bühl bei Immenstadt begann am 08. Mai 1985. Im Vorfeld konnte ich zwischen zwei verschiedenen Kurheimen wählen. Mir gefiel das Kurheim in Bühl bei Immenstadt, weil das Hauptgebäude so eine anheimelnde Ausstrahlung hatte und eine beruhigende Gemütlichkeit ausstrahlte. Außerdem mochte ich die Berge immer schon gerne.

Als meine Eltern mit mir dann also nach Bühl fuhren, wurde meine Aufregung mit jedem Kilometer, den wir uns dem Ziel näherten, größer. Ein besonders mulmiges Gefühl hatte ich bei dem Gedanken, meine Eltern wochenlang vermutlich nur ab und an sehen zu können.

Im Kurheim angekommen erfolgte als Erstes die Aufnahme im Sekretariat. Im Anschluss schickte man uns in ein anderes Gebäude, in dem die Kindergruppen untergebracht waren. Wir wurden dort sehr herzlich von einer Kindererzieherin empfangen, die uns durch die Räume führte und einiges erklärte. Von meinen Eltern auf die Besuchszeiten angesprochen meinte sie, ein persönlicher Kontakt der Eltern zum Kind sei für das Kind eher als traumatisch zu bewerten und würde Heimweh auslösen. Ebenso würde es sich bei einem Telefonkontakt verhalten. Im Beisein meiner Eltern fühlte ich mich zwar noch sicher, aber nach dem gesagten, deutlich unbehaglicher. Am liebsten wäre ich mit meinen Eltern direkt wieder gegangen.

Kurze Zeit später meinte dann die freundliche Erzieherin, dass nun der Zeitpunkt des Abschieds gekommen wäre. Meine Eltern verabschiedeten sich von mir und gingen die Treppe in Richtung Ausgang nach unten und ich ging hinter meinen Eltern her, um sie nochmals zu umarmen. Funktioniert hat das leider nicht, weil mich die Erzieherin am Handgelenk festhielt und die Treppe nach oben zog. Mir kam das schon deutlich unfreundlicher vor und ich fühlte mich elend und verlassen.

Oben angekommen bin ich dann endgültig in Tränen ausgebrochen, würde ich doch sechs lange Wochen meine Eltern weder sehen noch sprechen können, wie mir die Erzieherin deutete und wurde dann in mein zugewiesenes Zimmer gesteckt, in dem sich schon mein ebenfalls weinender Zimmernachbar Marco befand.

Marco und ich haben bestimmt zwei Stunden lang aus Heimweh und Verlustangst einfach nur geweint. Niemand kam. Wir haben dann unsere Kleidung in die Schränke geräumt. Unser Taschengeld und andere persönliche Dinge wurden uns später von einer Erzieherin abgenommen.

Nach diesen zwei Stunden habe ich mir geschworen, keine einzige Träne mehr zu vergießen.

Beim Abendessen dann durfte man nicht aufstehen, bevor alles aufgegessen war. Egal ob man das Essen mochte oder nicht, man musste aufessen. Anschließend durften wir noch etwas spielen und mussten uns dann bettfertig machen, d. h. Unterwäsche ausziehen, Pyjama anziehen, Gesicht und Arme feucht abwischen und die Zähne putzen. Zuletzt noch auf die Toilette, denn das verlassen des Zimmers zur Schlafenszeit war bei Strafe verboten und dann ab ins Bett. Anschließend musste sofort das Licht gelöscht werden.

Die Erzieherin hat uns dabei schon vor dem Gang ins Bad verabschiedet und uns zur Ruhe ermahnt.

Am folgenden Morgen die gleiche Prozedur nur umgekehrt.

Vor dem täglichen Frühstück wurde dann von der Betreuerin festgestellt, ob jemand nachts ins Bett gemacht hat. War das so, wurde die Problematik in der gesamten Gruppe besprochen, was für den „Bettnässer“ sehr peinlich war, weil die anderen Kinder oft lachten und sich lustig machten.

Am Frühstückstisch stand dann für jeweils vier Kinder eine große, sehr heiße Metallkanne mit Deckel, in der sich ein roter, ungesüßter Früchtetee befand. Zu essen gab es je eine Scheibe Vollkornbrot und das absolute Highlight für Kinder: eine Grapefruit. Weshalb ich mich so genau daran erinnere? Weil es sechs Wochen lang jeden Tag genau das gleiche Frühstück gab: Jeden Tag der gleiche rote Früchtetee, jeden Tag das gleiche schwarze, trockene Vollkornbrot und jeden Tag die saure Grapefruit! Und jeden Tag dachte ich beim aufstehen mit schaudern an das baldige Frühstück, das man aufessen musste um vom Stuhl aufstehen zu dürfen. Das Brot wurde beim kauen immer mehr, konnte aber mit dem faden, ungesüßten Tee hinuntergespült werden. Deutlich schwerer viel mir das täglich mit der Grapefruit, deren sauer-bitterer Geschmack in mir großen Ekel hervorrief.

Bei den anderen Mahlzeiten der gleiche Ablauf. Meist war etwas dabei, was zumindest nicht schmeckte oder gar Ekel hervorrief. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir da ein sauer eingelegter kalter Hering in einer warmen Tomatensauce, den ich noch nicht einmal „riechen“ konnte. Aber alles jammern half nichts: Wollte ich aufstehen, musste ich den Fisch essen, was ca. 1 ½ Stunden gedauert hat, denn ich wollte mich keinesfalls übergeben.

Sämtliche Mahlzeiten mussten von uns Kindern in der Küche im Hauptgebäude abgeholt werden. Man ging dazu im Gruppenhaus zwei Etagen in den Keller, ein dunkler, schon fast unheimlicher Vorraum mit Gruselcharakter, von dem ein hell erleuchteter Tunnel abzweigte, der ins Hauptgebäude führte. Dort befand sich die Küche im Kellergeschoss. Bei der Küche angekommen, wurde das Essen vom Küchenpersonal auf einen Metallwagen gestellt, den man dann durch den muffigen Vorraum der Küche in den Keller des Gruppenhauses zurück schieben musste, um die Speisen dann in einen Speiseaufzug zu laden.

Ungefähr in der Mitte des Tunnels führte links eine Türe in einen Bäderbereich. Dort waren Badewannen untergebracht und ebenso ein Ruheraum.

Zwei bis dreimal die Woche mussten wir baden. Beim einlaufen lassen des Badewassers wurde dabei immer nur das heiße Wasser aufgedreht. Man musste sich vor der Erzieherin nackt ausziehen und in das heiße Badewasser steigen. Mir schmerzten immer sofort die Beine bei Berührung des Badewassers. Auf meine Bitte, kaltes Wasser nachlaufen lassen zu dürfen, weil das Badewasser zu heiß sei, hieß es lapidar, das gehört so und ich solle mich nicht so anstellen und ins Wasser setzen, was ich dann für jeweils ca. 20 Minuten tun musste. Zum abschrubben musste man dann aufstehen, das Wasser wurde abgelassen und man wurde minutenlang mit dem Schlauch mit eiskaltem Wasser abgeduscht.

Anschließend ging man in den angrenzenden Ruheraum in dem Redeverbot herrschte.

Die Tage verbrachten wir vormittags mit Schulunterricht, den ich als sehr interessant und aufgrund einer freundlichen Lehrerin als angenehm empfand, nachmittags mit spielen im Spielzimmer, mit Schwimmen im hauseigenen Pool oder mit Wanderungen. War die gesamte Gruppe besonders brav, durften wir sogar zwei- bis dreimal unter Aufsicht in einen Fernsehraum im Kellergeschoss, ausgestattet mit einer Wohnwand, Tisch, Ohrensessel und Fernseher um uns eine Sendung wie zum Beispiel „Verstehen Sie Spaß“ mit Kurt Felix anzusehen. Das war ein absolutes Highlight.
Im Spielzimmer gab es eine Spielecke mit Holzklötzchen. Ich fand, um mit Holzklötzchen zu spielen, wäre ich eigentlich schon zu groß. In Ermangelung anderer Dinge baute ich dennoch einen Turm aus den Klötzchen und ließ ihn anschließend umstürzen. Sofort kam eine der Tanten und ermahnte mich energisch, indem sie lautstark durch den ganzen Raum rief, ich solle die Holzklötzchen nicht umwerfen, damit sie nicht kaputt gingen.

Ich habe dann nicht mehr mit den Klötzchen gespielt.

Im selben Raum gab es eine Leseecke mit allerlei Büchern. Ich griff nach einem Buch mit schwarzem Einband. Es handelte von einem Mord (oder ähnlichem) in einem Schlachthof. Die Handlung war in schwarzen Schattenbildern schemenhaft illustriert. Ich las gebannt und schockiert vielleicht 1 Kapitel. Das genügte. Von dieser Lektüre in der Kinderbücherecke bekam ich ca. 1 Woche Albträume, in denen ich die Handlung des Buches immer wieder im Traum durchlebte.

Ich hatte fürchterliches Heimweh und zählte jeden einzelnen Tag, bis mich meine Eltern endlich wieder abholen würden.

Einziger Trost war der wöchentliche Brief an meine Eltern, den ich auf dem Zimmer schreiben durfte, aber im unverschlossenen Umschlag der Betreuerin übergeben musste. Was nicht passte, wurde von ihr passend gemacht. So hieß es zum Beispiel auch, man solle nicht schreiben, wenn man Heimweh hat, oder es einem schlecht ging, weil sich die Eltern dann schlecht fühlen würden. War man nicht artig weil man für irgendein Vergehen bestraft wurde, weil man z.B. nach dem zu Bett gehen noch mit seinem Zimmernachbar gesprochen hat, wurden einem von den Betreuerinnen häufig Schuldgefühle eingeredet. Sie sagten beispielsweise, an der nun folgenden Strafe bist du selbst schuld. Würden die Eltern davon erfahren, müssten sie sich schämen.

Ich jedenfalls hab dann lieber nichts von Strafen in meinen Briefen erwähnt.

Manchmal waren der Antwort unserer Eltern auf unsere Schreiben auch Süßigkeiten beigepackt, die aber von den Betreuerinnen nicht an die adressierten Kinder weitergegeben wurden, sondern unter allen Kindern aufgeteilt wurden.

Ich erinnere mich an ein seltsames Gespräch mit Marco, denn mir war aufgefallen, dass er nachts immer mal wieder aus unserem Zimmer verschwunden war und erst am frühen Morgen wiederkehrte. Auf meine Frage, wo er denn immer sei, antwortete er lapidar, wenn er „zu laut“ war, durfte er im Erd- oder Kellergeschoss in einem Zimmer mit einem großen Bett schlafen. Dieses Zimmer habe ich nie gesehen. Ich weiß nicht, ob Marco tatsächlich in dem besagten Zimmer war, oder ob er eine Geschichte erfand, um mir nicht sagen zu müssen, dass er des Nachts bestraft wurde, zumal Marco nie „zu laut“ war. Der Gedanke an eine Existenz dieses Schlafzimmers treibt mir allerdings noch heute das Schaudern über den Rücken.

Ähnliches, was Marco erlebte, sollte allerdings auch mir widerfahren.

Einmal bis zweimal jede Woche lief die gesamte Gruppe mit zwei Betreuerinnen von Bühl nach Immenstadt. Die ca. 2 Kilometer lange Strecke verlief entlang einer Eisenbahntrasse. War man die Woche über brav (und auch nur dann), bekam man einmal in der Woche das von den Eltern zur Verfügung gestellte Taschengeld (entweder 2 DM oder 5 DM) ausbezahlt und konnte sich im Beisein der Tanten etwas kaufen.

Der Weg führte uns am Ortsausgang von Bühl an einer Telefonzelle vorbei. Nach etwa drei Wochen Aufenthalt in Bühl kam ich auf die Idee, die Gelegenheit zu ergreifen um meine Eltern zuhause anzurufen, was ja verboten war. Ich bekam also mein Taschengeld ausgehändigt, die Gruppe lief los in Richtung Immenstadt und ich lies mich immer weiter zurückfallen und schlich mich in einem unbeobachteten Moment in die Telefonzelle und rief meine Eltern an. Das Telefonat hat allerdings nur etwa 2 Minuten gedauert, denn es fiel auf, dass ich verschwunden war. Ich wurde beim telefonieren entdeckt und aufgefordert, das Gespräch sofort zu beenden.

In der darauffolgenden Nacht stürmte eine Nachtschwester ins Zimmer, Marco und ich lagen bereits in den Betten. Sie kam auf mein Bett zu, griff fest mein linkes Handgelenk, zerrte mich aus dem Bett und hinter sich her aus dem Zimmer hinaus. Mein erster Gedanke war: Die Tante ist echt gemein, ich hab doch nichts getan. Ich war total erschrocken und hatte fürchterliche Angst. Sie zog mich über den Flur die Treppe hinunter und ich versuchte barfuß mit ihren Schritten mithalten zu können. Ich weiß noch wie ich dachte, vielleicht müsse ich nun auch in diesem Schlafzimmer mit dem großen Bett übernachten, von dem Marco berichtete. Ich war zuerst verblüfft, als der Weg uns nicht in ein Schlafzimmer sondern nur in das Foyer im Erdgeschoss führte. Heute bin ich froh, nicht in dieses Zimmer gebracht worden zu sein, sollte es tatsächlich existiert haben. Mir wurde dadurch eventuell viel erspart. Im Foyer angekommen stellte sie mich in eine Nische an der Treppe und sagte zu mir, ich sei an allem schuld und dürfe mich deshalb nicht bewegen, müsse an genau der Stelle stehen bleiben und dürfe nicht einschlafen bis sie wieder käme, sonst würde alles noch viel schlimmer werden. Auf meine Frage, was ich denn getan hätte, sagte sie harsch, ich solle meinen Mund halten und keinen Mucks von mir geben. Da stand ich nun also, barfuß und im Pyjama auf dem eiskalten Pflaster im zugigen Foyer, fror fürchterlich und fühlte mich sehr gedemütigt und alleingelassen. Schon allein im Pyjama im Foyer zu stehen, war mir sehr peinlich. Ich hoffte, in wenigen Minuten wieder abgeholt und ins Bett gebracht zu werden, denn ich hatte meine Lektion gelernt – wenn ich auch nicht wusste, weshalb mir diese „Sonderzuneigung“ zuteil wurde.
Ich stand dann also bewegungslos auf meinem Platz, zitterte und harrte der Dinge die kommen sollten. Und sie kamen: Es gingen immer wieder Leute die ich niemals vorher gesehen hatte durch den Raum und musterten mich von Kopf bis Fuß. Sie sprachen mich nicht an, oder halfen mir gar -nein, sie ergötzten sich buchstäblich an diesem 10 jährigen Jungen, der barfuß im Schlafanzug dastand und genossen ihre „Macht“ über dieses Kind. Zum Weinen brachten sie mich allerdings nicht!

Das böse Spiel ging die ganze Nacht so weiter, bis zum Morgengrauen. Ich stand also mindestens sieben Stunden in der Nische!

Danach wurde ich geholt und konnte mich nochmals kurz ins Bett legen bevor wir dann geweckt wurden.

Doch damit war diese schreckliche Erfahrung leider noch nicht beendet: Zwei bis drei Tage nach diesem Vorfall wurde ich morgens wach mit hohem Fieber und starkem Schwindel. Ich stand auf, alles drehte sich um mich und ich sah den Fußoden wie „schräg aufgestellt“ und bekam schlecht Luft. Ich taumelte ins Bad, machte meine Morgenhygiene und ging anschließend zum Frühstück. In meiner Erinnerung höre ich noch heute einen Jungen am Frühstückstisch zu mir sagen „Jürgen, Du wirst uns doch nicht krank werden“. Kaum hatte er dies gesprochen, landete ich mit dem Gesicht ohnmächtig im Teller. Wieder zu mir gekommen „durfte“ ich aufstehen und wurde ins Bett gebracht und von den anderen Kindern isoliert.

Mir ging es schlecht, ich hatte hohes Fieber, konnte kaum schlucken, und schwitzte so sehr, dass mein Schlafanzug mehrmals am Tag komplett durchnässt war. Selten kam jemand, um nach mir zu sehen; einmal am Tag kam eine der Tanten, um den Pyjama zu wechseln. Die Bettwäsche wurde allerdings nicht gewechselt.
Zu Essen bekam ich in dieser Zeit einen sauren Apfel täglich. Nachts hatte ich Alpträume, wurde wach und halluzinierte.

Ein Arzt hat mich während dieser Zeit nicht untersucht. Die Untersuchung erfolgte durch die Tanten, die der Meinung waren, ich sei sowieso an allem selbst schuld und ich hätte sicherlich nur eine Angina. Wenn ich mich nicht ruhig verhalten würde, brächten sie mich in die Krankenstation, auf der es noch wesentlich schlimmer sei. Ich war den ganzen Tag auf meinem Zimmer alleine, nur kurz konnten mir die anderen Kinder von ihren Ausflügen berichten.

Ich bettelte, meine Eltern anrufen zu dürfen, was aber sofort abgewiegelt wurde. Im folgenden Brief an meine Eltern schrieb ich dann mit Unterstützung der Tante folgende Krankengeschichte: „Liebe Mutter, lieber Vater, mir geht es leider zur Zeit nicht so ganz gut, wie sonst. Aber macht Euch keine Sorgen. Am Sonntag, 9.6.1985 hat man mir Fieber gemessen. Aber ich habe nur eine leicht erhöhte Temperatur gehabt. Wie geht es Euch?“

Nach etwa eineinhalb Wochen ging es mir dann endlich wieder besser und ich war froh, dieses Martyrium nun bald überstanden zu haben.

Davor jedoch war da noch die Sache mit dem „Mohrenkopf“ (für alle die meinen, ich würden den Begriff rassistisch verwenden – nein, so ist es nicht gemeint, man nannte das nur damals so). Eines Abends vor dem zu Bett gehen versammelte eine Betreuerin uns, zeigte auf den Kühlschrank in der Teeküche, die jede Wohnetage hatte und sagte: In diesen Kühlschrank hätte sie einen „Mohrenkopf“ getan. Sollte dieser „Mohrenkopf“ am folgenden Tag fehlen, so würde sie die gesamte Gruppe bestrafen. Nun ja, am folgenden Tag fehlte ach Wunder der Schaumkuss und wir bekamen zur Strafe alle Fernsehverbot und mussten früher ins Bett.

Ich fand das ziemlich ungerecht, hatte ich diesen Schaumkuss noch nicht einmal gesehen. Heute bin ich mir nicht einmal sicher, ob es ihn je gab, denn das Vorhandensein derartiger Freuden war dort nicht üblich.

Kurz vor dem Ende meiner Kur machte ich Bekanntschaft mit einer der niederträchtigsten Kriegslisten, die bereits von alten Zeiten her bekannt ist: Die Burg ist belagert, die Einwohner der Burg sind ausgehungert und die Belagerer schicken leckere Essensdüfte, um die belagerten zu demoralisieren.

Im speziellen Fall „durfte“ ich, der sechs Wochen lang überwiegend nur trockenes Vollkornbrot mit Grapefruit zu essen bekommen hat, einen Botengang erledigen.

Man drückte mir einen frischgebackenen, noch warmen Nusskuchen mit Schokoladenglasur in die Hand, mit der Anweisung diesen nach unten in das schon erwähnte Kellergeschoss zu tragen und von dort durch den Tunnel ins Hauptgebäude zu gehen. Ich sollte den Kuchen dann in der 4. Etage abgeben.

Ich ging also wie mir befohlen, der Weg wurde lang und länger, duftete der Kuchen doch so verführerisch. Am liebsten hätte ich mir direkt eine Ecke abgebrochen und gegessen, wusste aber um die Strafe, die folgen würde, wenn ich es tat.

Ich brachte also den Kuchen unversehrt in die 4. Etage und klopfte an die verschlossene Tür. Es wurde geöffnet , der Kuchen wurde mir abgenommen und ich weggeschickt.

Ich hatte in meinem ganzen Leben nie mehr einen so köstlichen Kuchen in Händen.

Am Tag darauf wurden wir frühmorgens alle zur Abholung in einen Raum im Hauptgebäude gebracht, wo wir dann ohne eine Betreuerin auf uns selbst gestellt auf unsere Eltern warteten. Was ich erst viele Jahre später erfuhr: Da unsere Eltern erst auf 11 Uhr bestellt wurden, mussten wir 3 Stunden warten, bis unsere Eltern da waren.

Ich kann mich noch gut an meine Gedanken damals erinnern: Je länger ich in dem Raum saß und meine Eltern nicht kamen, je größer wurde mein Zweifel, überhaupt abgeholt zu werden. Als meine Eltern dann endlich eintrafen, war ich fix und fertig.

Meine Eltern holten mich ab und fuhren mit mir nach Hause. Bis zum Tod meiner Eltern habe ich mit ihnen nie näher über den Aufenthalt im Kurheim St. Michael gesprochen. Auch habe ich mich nie wieder in eine Kinderkur „verschicken“ lassen.

Fazit:

Für manche Erwachsene scheint es ein echtes Hochgefühl zu sein, kleine Kinder zu drangsalieren, zu demütigen und körperliche Schäden zuzufügen. Denn nur dann fühlen sie sich groß und stark.

Ja, ich habe diese 6 Wochen Martyrium und Hoffnungslosigkeit überstanden und ja, es hat mich verändert. Ich habe seither keinerlei Vertrauen mehr zu Institutionen aller Art in ihrem Umgang mit Menschen. Ich glaube erst, wenn ich sehe. Dank der Nacht im Foyer verschlimmerte sich meine Bronchitis und wurde chronisch. Der Zustand hat sich erst in den letzten Jahren gebessert. Dank der Demütigungen hat es viele Jahre gedauert, überhaupt wieder Vertrauen zu Menschen fassen zu können. Und es hat volle 30 Jahre gedauert, bis ich es mir wieder erlauben konnte, zu weinen.

Es war jedoch auch nicht alles schlecht in dieser Zeit. Ich wurde durch diese Erfahrung sehr selbstbewusst. Es waren die kleinen Dinge, die mir Hoffnung gaben, in einer vermeintlich ausweglosen Situation: Es waren die schönen Gespräche mit den anderen Kindern – wenn auch immer nur kurz,
Es war der Spielzeugwarenhändler in Immenstadt, der mir mangels Geld das begehrte Kartenspiel geschenkt hat.
Es waren die Momente, in denen ich fernsehen durfte und mich so für den Moment aus dem Heim träumte.


An eine ärztliche Untersuchung zu Beginn und Ende der Kur kann ich mich bis heute nicht erinnern. Auch zu einem notwendigen Arztzimmer fehlt jede Erinnerung.



Abschließend möchte ich mich noch an die Betreuerin wenden -sollte sie noch in der Lage sein, es zu lesen- , die mich damals aus dem Bett zerrte und mich auf das kalte Pflaster stellte:

Ich hege keinerlei Groll gegen Sie, habe aber dennoch folgende Fragen:

WARUM haben Sie mir das damals angetan?

WARUM haben Sie einen Beruf ergriffen, der Ihnen offensichtlich nicht lag und Sie überforderte?

WARUM fehlte es Ihnen grundsätzlich an Menschlichkeit?

Im Gegensatz zu mir damals haben Sie von mir nichts zu befürchten: Ihre Antwort können Sie anonym im Portal hochladen.

Es würde mir viel bedeuten.



Meinen Eltern gebe ich an den Geschehnissen keinerlei Schuld oder Mitschuld. Sie wussten schlicht nicht, was im Kinderkurheim St. Michael in Bühl bei Immenstadt vor sich ging. Kinder für mehrere Wochen vom Elternhaus getrennt in ein Heim zu „verschicken“, war bis in die 80er Jahre vollkommen normal.

Auch bin ich mir sicher, dass es Kinder gab, die solche Erfahrungen glücklicherweise nicht machen mussten und eine schöne Kurzeit hatten. Und wie heißt es so schön, Ausnahmen bestätigen die Regel.

Ich frage mich nur, waren die Übergriffe auf Kinder nun die Ausnahme oder die Regel? Die Berichte anderer Verschickungskinder lassen hier tief blicken.


Jürgen S.
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Franki schrieb am 23.08.2021
Die Schilderung von Bettina Jansen-Schulz an anderer Stelle deckt sich in vielen Punkten mit meinen Erinnerungen an den Verschickungsaufenthalt.
Auch ich war damals zu dünn und im ersten Schuljahr häufiger krank. So wurde auch ich für 6 Wochen „verschickt“ nach Wyk auf Föhr ins Haus Sonnenschein. Als damalige Leiterin ist mir immer noch der Name "Frau Ermes" osä. in Erinnerung. Es würde mich sehr interessieren, ob sich außer mir noch jemand an den Namen erinnert.

An die Haferschleimsuppe und die allsonntägliche, dünne Schokoladensuppe kann mich gut erinnern.
Auch wir mussten bei Wind und Wetter an den Strand - dort konnte ich im Spiel mit den anderen Kindern manchmal die schweren Seiten des Verschickungsaufenthaltes (z. B. das Einsamkeitsgefühl) vergessen.
Die Post wurde kontrolliert - man sollte schreiben, dass es einem gut ging und das Essen gut schmeckt. Manchmal bekam man Post von zu Hause - ich kann mich auch an Süßigkeiten erinnern - eine Aufmunterung zum Durchhalten der "unendlich" langen 6 Wochen, die man aushalten musste. Wenn andere Kinder abgeholt wurden, war das freudig (für die Abgeholten) und traurig (für die Zurückbleibenden) zugleich.
Ein trauriges und beschämendes Kapitel war das Schlafen in den großen Sälen.
Es gab immer eine Aufsicht (Erzieherin), die vor der geöffneten Schlafsaal-Tür draußen auf dem Flur saß.
Ich war häufig nicht müde, wenn die Schlafenszeit begann. Da ich dann lange Zeit nicht einschlafen konnte, habe ich mich mit schnellstmöglichem Zählen in Trance und letztendlich müde-gezählt.
Ich lag in einer Ecke des Schlafsaals im Erdgeschoss, der Spritzputz an den Wänden hatte. Zum Ende des Aufenthaltes hin hatte ich dann deutliche Anzeichen von Hospitalismus entwickelt und meinen linken Arm durch Reiben an der Wand wundgescheuert, bis er blutete. Dann wurde ich zusätzlich krank und bekam eine Steptokokken-Infektion mit über 40°C Fieber. Nachdem meine Mutter mich mit hohem Fieber zum Ende der Zeit abgeholt hatte, hat sie als Ärztin sich bei der Heimleitung sehr beschwert. Ob dies irgendeine Folge hatte, habe ich niemals erfahren.
Zu meinen Erinnerungen an den erzwungenen Schlaf im Schlafsaal gehört auch, dass es verboten war auf Klo zu gehen. Wenn überhaupt, traute man sich maximal ein Mal - falls man ein weiteres Mal musste, wurde man ausgeschimpft. Als Folge habe ich mich sowohl eingenässt, als auch einmal in die Hose gemacht. Da ich Angst hatte, damit erwischt zu werden, habe ich den Kot leise und vorsichtig von meinem Bett weggeschoben. Die Erinnerung, mich zu so entwürdigendem Verhalten genötigt gefühlt zu haben, beschämt mich bis heute.
Im Verlaufe meines 63-jährigen Lebens habe ich in langjähriger Psychotherapie gelernt, mit klaustophobischen Panikattacken (eingesperrt-sein im Schlafsaal), sich Getrennt-fühlen von den eigenen Freunden und der Familie (abgegeben für 6 lange Wochen im Kinderheim praktisch ohne Kontakt zu Welt daheim) umzugehen, leide jedoch immer noch unter starken Verlustängsten und einer immer wieder auftretenden Mutlosigkeit und Resignation, deren Grundgefühl ich aus der damaligen Zeit kenne. Leider sind mir viele dieser Zusammenhänge auch erst in den letzten Jahren richtig klar geworden.
Ich empfinde es als entlastend und erschreckend zugleich, dass es offensichtlich so vielen Kindern damals ähnlich erging wie mir - welch überflüssige Belastung von kleinen Seelen und deren weiterem Leben, die meist nicht verstehen konnten, was mit Ihnen passierte und dieser schwarzen Pädagogik hilflos ausgeliefert waren. In diesem Zusammenhang vielen Dank an Anja Röhl für die unermüdliche Arbeit zur Aufdeckung dieser belastenden Historie und Zusammenführung der Betroffenen, die heilend wirken kann.
Mir ist bewusst, dass auch die damaligen TäterInnen nur Produkt ihrer Zeit (der NS- und Nachkriegszeit) waren. Auch deshalb halte ich es für außerordentlich wichtig, diese Dinge auch nach langer Zeit noch aufzuarbeiten - damit zukünftige Generationen sich dieser Zusammenhänge bewusst werden und bleiben und so etwas möglichst nie wieder passieren wird.
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Karl-Heinz aus Essen schrieb am 23.08.2021
Es tut mir leid, dass mein Eintrag 3x veröffentlich wurde. Ich habe den Vorschaubutton gedrückt um eine Fehlerkorrektur vorzunehmen. Also nochmal sorry.
Herzliche Grüße
Karl-Heinz
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Karl-Heinz aus Essen schrieb am 23.08.2021
Ich kann mich leider nicht mehr an alles erinnern, vor allem nicht an Personen und die Namen der
Kurkliniken. Nach Buchau wurde ich geschickt, weil ich, wie man damals sagte etwas "schmächtig" war.
Aus der "Kur" kam ich zurück mit 400g weniger Gewicht und erlitt in den Armen meiner Mutter einen
Nervenzusammenbruch. In Buchau mussten wir alles essen, was uns vorgesetzt wurde. Wenn ich das nicht
tat, weil es mir nicht schmeckte oder ich mich davor ekelte, wurde ich von einer "Tante" festgehalten
wärend eine andere mir dass Essen mit Gewalt in den Mund stopfte. Wenn ich das Essen erbrach, wurde
es mir wieder eingeflößt. Das passierte in den 6 Wochen des Öfteren. Die meisten von uns gingen jeden
Tag mit Angst zum Essen. Genau wie ich saßen viele Kinder weinend vor den übervollen Tellern mit
teilweise undefiniertem Essen, dass meistens nicht schmeckte. Nach dem Essen mussten wir ins Bett (ein
Schlafsaal mit vielen Betten). In dieser Zeit durften wir nicht zur Toilette. Wer trotzdem ins Bett machte, weil
er nicht mehr einhalten konnte, wurde aus dem Bett gezerrt und mit nassen Hosen mitten in den Raum
gestellt sodass ihn alle sehen konnten. Bei kleinsten Regelverstößen wurden wir in eine dunkle
Besenkammer gesperrt. Seit dieser Zeit leide ich unter Klaustrophobie. Noch heute kann ich bestimmte
Speisen nicht essen oder ein gewisser Geruch verdirbt mir dass Essen.
In Bad Wildungen war es nicht so ganz schlimm. Dort wurde ich hingeschickt wegen einer angeblichen Blasenschwäche. Aber auch da durften wir wärend des Mittagsschlafes nicht auf die Toilette. Ich bin einmal auf meinen Nachttisch geklettert und habe aus lauter Not aus dem Dachfenster uriniert. Dafür wurde ich auch wieder in eine dunkle Kammer gesperrt. Bei Tisch bekam ich einen Weinkrampf, wenn mir etwas vorgesetzt wurde, was ich nicht mochte. In diesem Heim wurde man aber nicht zum Essen gezwungen, sondern es gab dann eben nichts anderes, und man musste dann eben bis zum Abendessen warten.
Ich hatte immer ein schwieriges Verhältnis zu meinen Eltern, aber als sie mich nach Buchau nochmal zu
einer Kur schickten, verlor ich noch mehr Vertrauen, ja ich fühlte mich verraten. Das beinhaltete, dass ich
mein Leben so selbständig wie möglich organisierte.
Als ich 18 Jahre alt war, holte mich das alles wieder ein. Ich litt unter Angstzuständen wurde depresiv und landete für 6 Monate in der Psychiatrie. Das hat mir allerdings geholfen, mein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Ich habe eine kaufmännische Ausbildung gemacht und später Sozialarbeit studiert. Aber eine Kur oder eine Reha habe ich nie gemacht auch wenn mir Ärzte oder Familie das hin und wieder empfolen haben.
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Ralf aus Remscheid schrieb am 23.08.2021
Aufgrund einer TBC Erkrankung im Alter von 4 Jahren musste ich 2 Tage nach meinem Krankenhausaufenthalt 4 Wochen zur Kur.
Ich bin dort nicht schlecht behandelt worden, allerdings hat mich der Aufenthalt für mein Leben geprägt.
Sobald ich von zu Hause fort war, Jugengherberge etc. wollte ich spätestens 2 Tage später wieder nach Hause.
Ab meinem ca. 40 Lebensfahr bekam ich sobald ich von zu Hause weg war Magenprobleme, die sich mit zunehmenden Alter verschlimmerten, was ich mir nicht erklären konnte. Erst später erkannte ich, das es im Zusammenhang mit den Ereignissen in der Kindheit zusammen hängen muss.
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Susan aus Wien schrieb am 22.08.2021
Hallo, schön euch gefunden zu haben. ich habe lange nicht gewusst wo dieses Kindersanatorium gewesen sein soll in dem ich war. hatte nur ein Bild und eben im Internet erkannt...auf einer FB Seite dazu.
ich weis nicht wann genau ich da war. Ich bin die 5te von links unterste Stufe. ggf bin ich so 7 oder 8 Jahre alt (ich bin Baujahr 79 ? also muss es so 1986/87 gewesen sein. oder vielleicht doch älter oder jünger?? Die 4te von links hieß, glaube ich Angela und Angelika. Ich kann ich noch an ihren Pony erinnern der ihr bis in die Augen hing.
Ansonsten erinnere mich nur wenig an die Zeit dort. Auch ob es 4 oder 8Wochen waren weis ich nicht. Ich weis nur das, ich in meinen Heimatort von meiner Mutter am Bahnhof einer fremden Frau übergeben wurde und diese schweigsame Zeit im Zug für mich ewig gedauert hatte. Und ich mich nicht auskannte, wohin es mit mir ging.
Von der Zeit dort kann ich mich erinnern, dass wir einmal ein Spiel im Wald machten. Eine Schnipseljagd, wo wir Kleineren von den Großen gefunden werden mussten. Die Erzieherinnen die bei uns waren, hörten etwas und wiesen uns an, uns in den Schnee zu legen um uns zu verstecken. Wir lagen ewig dort im Schnee mitten im Wald rum, gefühlte Stunden, bis wir alle durchgefroren waren. Irgendwann gaben wir oder besser gesagt die Erzieherinnen auf, da wir alle vor Kälte jammerten. als wir zurück kamen und durch den Hintereingang vom Wald reinkamen, stellten wir fest, dass die Großen bereits seit Längeren zurück sein mussten. sie saßen schon beim Essen und Tee.
Eine weitere Szene an die ich mich erinnere, ist aus dem Speisesaal. Wir sagen das Lied "wir haben Hunger, Hunger, Hunger...essen Fliegen Fliegen Fliegen usw." und ich glaube, wir mussten immer alles aufessen. Ich wurde ja dort hingeschickt weil ich so dünn war.
Eine letzte Erinnerung war von einer Nacht, wo die Großen unruhig im Flur herumliefen und ich glaube, irgendwie ein bissl rebellierten. Ich lag in meinem Bett und hatte aufgrund dieses Lärmes Angst. Ein Mädchen wollte das ich mit raus auf den Flur komme. Kurz bin ich mit raus, aber verkroch mich dann doch wieder ängstlich in das Bett.
Allerdings habe ich keine Erinnerung wie dieses Zimmer aussah oder was ich sonst noch dort erlebt habe. Nur das es Winter war und diese wenigen Szenen.
Ich weis nicht, ob ich was verdränge oder ob ich die ganze Zeit dort in eine Art Schockzustand war Schockzustand deswegen, weil ich bereits aus meiner Wochengrippenzeit ( mit 6Monaten bis zur Schule, von Mo-Fr. über Nacht in dieser Wochengrippe/Kindergarten) Verlustängste hatte. Aber wie ich aus anderen Geschichten rauslese, hat kaum jemand richtige Erinnerungen an diese Kurheime. Was glaubt ihr warum das so ist? Ich kann mich an Ferienlager und andere frühe Erlebnisse sehr gut erinnern. Nur nicht an diese Zeit. Aber an diese Wochengrippenzeit auch nicht wirklich. Nur das ich es gehasst habe und immer schrecklich weinte, wenn mich meine Mutter teils Sonntag abend dort wieder für die ganze Woche abgab.
Ich habe noch ein Bild von uns Kindern auf einer Treppe vor den Haus (Haus der Freundschaft, Lychen) Würde mich sehr freuen, wenn ihr von eurer Zeit dort etwas berichten könnt. Ggf kommen dann Erinnerungen hoch. Alles Liebe derweil und schön euch gefunden zu haben.
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Christoph aus Brasilien schrieb am 20.08.2021
20.08.2021
Sehr geehrte Frau Röhl,
aus der FAZ habe ich kürzlich von Ihrer Initiative erfahren und möchte Sie dazu beglückwünschen. Es ist ungemein wichtig, diesen schrecklichen Geschehnissen Worte zu geben, Geschehnisse, die in der grausamen Tradition tyrannischer Erziehungsmethoden und damit verbundener Exzesse in manchen Einrichtungen wie Kirchen, Internaten, Heimen, aber auch Familien stehen. Die in den Kinderverschickungsheimen erzwungene Zensur, das Schweigen, darf sich nicht bis in unsere Tage fortsetzen. Schonungslose Analyse und offene Sprache sind die richtigen Wege, um diesen Teufelskreis der von Generation zu Generation weitergegebenen Entwürdigung und Gewalt zu durchbrechen und eine friedvollere Zukunft zu gestalten.

Nun meine Geschichte im DRK Kinderkurheim in Wittdün/Amrum im August 1972.
Dieser Aufenthalt wurde mir vom Hausarzt verordnet, damit ich "kräftiger" würde. Eigentümlich, war ich doch weder kränklich noch mager. Wahrscheinlich dachten meine Eltern, mir damit etwas Gutes zu tun und es war wohl auch eine Mode der Zeit. Ich war durchaus reiseerprobt und gewohnt, ohne meine Eltern zurechtzukommen. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits gute 14 Jahre alt und hatte das 8. Schuljahr beendet. Dennoch habe ich keine Erinnerung an die Fahrt wahrscheinlich mit dem Zug zur Insel Amrum - vom damaligen südhessischen Wohnort immerhin mehr als 700 km entfernt - an Wittdün, das Haus oder an andere Kinder. Auch Namen erinnere ich nicht. Ich erinnere die mutmassliche Heimleiterin, eine relativ grosse Frau mittleren Alters im Habit der Rotkreuzschwester. Und ich erinnere eine Frau und zwei Männer um die 20, die dort ein Praktikum oder einen Ferienjob als Betreuer/-in machten. Andere Aufsichtspersonen erinnere ich nicht.
Ich erinnere mich an starkes Heimweh, Angst wegen der autoritären Umgangformen, an wenig schmackhaftes Essen und den Zwang, viel davon essen zu müssen und an angedrohte Zensur beim Briefeschreiben. Ich erinnere Einschüchterungen, aber keine Demütigungen oder Gewaltszenen.
Ich erzähle meine Geschichte, weil es mir möglich war, meinen Eltern nach etwa einer Woche Aufenthalt einen unzensierten Brief zu schicken, mit dem ich das Mitgefühl meiner Mutter wecken konnte und meine Eltern mich alsbald wieder zurückholten. Dieser Brief, möglicherweise eines der wenigen authentischen Sprachzeugnisse eines Kindes in solch einer Situation, hat interessanterweise die Zeiten überlebt, sogar (wenn auch nur) als Fotokopie. Ich möchte ihn an dieser Stelle vollständig als Abschrift einfügen:
"Wittdün 8.8.72
Meine Lieben!
Es ist furchtbar hier. Ich bin vollkommen verzweifelt. Wir werden mit Essen gemästet wie eine Schlachtsau. Alles ist so lieblos. Unsere Betreuerin ist unmöglich. Ich stinke vor Dreck. Ich kann mich nicht richtig waschen. Ich weine am laufenden Band vor Heimweh. Ihr müsst mich irgendwie hier herausholen. Nach dem Essen ist mir immer übel und ich habe überhaupt keinen Appetit. Ich habe einen Plan, wie ihr (unterstrichen) mich herausholen könnt. Einer aus der engen Familie muss schwer erkranken. Ihr müsst einen Brief an die Heimleitung schreiben. Er muss wahr (unterstrichen) klingen. Bitte, ihr müsst (unterstrichen) schreiben, ihr müsst (unterstrichen)!!! Ich kann kein Latein lernen oder Vokabeln abschreiben. Es hat auch überhaupt keinen Sinn wenn ihr Euch beschwert. Die Wut wird nur an mir abgelassen. Ihr müsst (unterstrichen) schreiben! Bitte! Ich halte es nicht mehr lange hier aus. Ich habe schon so oft zum Lieben Gott gebetet und er hat mir auch schon oft geholfen. Aber diesen Herzenswunsch hat er mir noch nicht erfüllt. Wenn ihr diesen Brief gelesen habt, schreibt bitte sofort. Ich bin am Ende. Wir schlafen und fressen mehr als etwas anderes. Holt mich hier irgendwie raus, vielleicht nach meinem Plan. Ich hoffe, dass das mein erster und letzter Brief ist. Bitte helft mir!! Ich komme krank heim sonst.
Gruss und Kuss
Christoph
P.S.: Bitte, bitte, schreibt den Brief!! Ihr müsst! Schreibt sofort! Ich bin verzweifelt!"
Bis hierher der Brief.

Als ein paar Tage später meine Eltern unerwartet vor der Tür standen, konnte ich weder Überraschung noch Begrüssung oder Freude äussern, nur ein trockenes "Holt mich hier raus". Als Baby noch im Sinne von Johanna Haarers populärer, aber grausamer Erziehungsphilosophie "erzogen", siegte zu meinem Glück diesmal der Mutterinstinkt. Die Heimleiterin versuchte zwar noch, mich mit Aussichten auf diverse Ausflüge und dem Versprechen, mich nicht mehr zu zwingen viel zu essen, umzustimmen, aber ich traute wohl dem Frieden nicht. Viel später erfuhr ich, dass mein Vater keinesfalls gewillt war, meine "Kur" vorzeitig abzubrechen, weil er Nachforderungen der Krankenkasse (HEK) befürchtete. Ob sich das bewahrheitete, weiss ich nicht. Jedenfalls setzte meine Mutter sich durch.
Den anderen entscheidenden Unterschied machten die drei jungen Menschen, die unter anderem das Briefeschreiben beaufsichtigten ohne unrechtmässig einzugreifen. Sie waren einfühlsam, respektvoll und erfüllten ihre Aufgabe ohne uns Kinder zu entwürdigen. Tausend Dank den Dreien! Aber auch deren positive Präsenz reichte zum Bleiben nicht aus.
Welche Spuren hat das bei mir hinterlassen? Ich hatte Glück, die Sache lief für mich glimpflich ab und es blieb nicht mehr als eine unangenehme Erinnerung verbunden sogar mit einem schönen Moment der Empathie meiner Mutter.
Gänzlich unverständlich ist mir, wie meine Eltern, vermutlich nur ein Jahr später, vor dem Hintergrund der mit mir gemachten negativen Erfahrung, einem solchen Aufenthalt nochmal zustimmen konnten, diesmal für einen damals 12-jährigen Bruder. Er wurde in ein (kirchlich verwaltetes?) Heim nach Bad Salzuflen verschickt. Er war zu diesem Zeitpunkt bei guter Gesundheit aber von diversen früheren langen Krankenhausaufenthalten traumatisiert und zumindest ehemals Bettnässer. Nach sechs langen Wochen kam er völlig verwahrlost, verstört und erneut schwer traumatisiert wieder nach Hause. Da hat der Mutterinstinkt versagt und wahrscheinlich die Arzthörigkeit obsiegt. Er hat heute die mutmasslichen Grauen tabuisiert, mir tun sie in der Seele weh.

Bei der grossen Zahl der verschickten Kinder mögen diese Aufenthalte für manche hoffentlich auch positiv oder wenigstens nicht traumatisierend gewesen sein. Es war aber wohl in erster Linie ein erfolgreiches Geschäftsmodell unter dem impliziten Vorwand, dem Wohl des Kindes und der Familie zu dienen, denn es darf bezweifelt werden, ob so viele Kinder wirklich eines Kuraufenthaltes bedurften. Das Geschäftsinteresse vermischte sich zuweilen dann qualvoll mit der in dieser Zeit vorherrschenden giftigen Pädagogik und deren kriminellen Auswüchsen nach der verächtlichen Devise 'mit Kindern kann man es ja machen'.
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Bernhard schrieb am 20.08.2021
Vor meiner Einschulung war ich März / April 1962 als 6 - jähriger in Bad Rippoldsau, wahrscheinlich Villa Sommerberg. Meine Erinnerungen sind leider bruchstückhaft.
Als wir dort nach langer Zugfahrt und den Rest wohl mit einem Bus dort ankamen, stellte sich heraus, dass mein Koffer verschwunden war. Der Stress, der damit verbunden war, kam  zu dem Heimweh hinzu und war für mich damals unbeschreiblich. Ich hatte keine Sachen zum Wechseln, und heulte das einzige Taschentuch welches ich ohne Koffer hatte tagsüber voll, nachdem es in der Nacht von nass auf feucht trocknete. Man schaute mit mir auf mein Drängeln hin vergebens auf dem Dachboden nach, wo alle leeren Koffer der anderen Kinder aufbewahrt wurden.
Demnach schlief ich auch ohne Schlafanzug.
Nach ca. 1 Woche tauchte mein Koffer auf und die Freude war übergroß. Man sagte mir, dass er auf der Bahn verlorengegangen sei.
Unmittelbar nach der Ankunft wurden alle übriggebliebenen Butterbrote von der Reise eingesammelt und wahllos als Abendbrot etwas später "serviert".
Man wurde dort öfter untersucht, gemessen und gewogen und auch Blutproben wurden entnommen. Es herrschte dort ein strenges, wohl aber nicht grausames Tantenregiment vor, das schon etwas gewöhnungsbedürftig war. In wie weit dort Essenszwang vorherrschte bekam ich nicht mit, da ich von klein an
zu Hause oder in der Verwandtschaft den Teller leer essen musste, was ich rückblickend als richtig empfand.


Wanderungen, Absingen von Liedern usw. bestimmten den Tagesablauf. Dieses Absingen von Liedern z. B. Drei Chinesen mit dem Kontrabas... mit allen Vokalmöglichkeiten und dann zum wiederholten Male, fand ich sehr eintönig. Z.B. wenn die Kindergruppe  vor dem Mittagessen zu früh kam, mussten wir uns vor dem Esssaal aufstellen und diese Lieder absingen, bis dass es Mittagessen gab.
Bei schlechtem Wetter wurde drinnen gespielt, aber was die an wenigen Spielsachen hatten, gehörte alles auf den Sperrmüll, volumenmäßig ein Karton.. Kaputt, uralt und unvollständig und man konnte es mit wenigen Fingern abzählen.
Wahrscheinlich war dort auch eine Ausbildungsstelle für Erzieherinnen angeschlossen. So kam es vor, dass uns gelegentlich junge Mädchen oder Praktikanntinnen beaufsichtigten. Da kam es mitunter vor, dass sie uns veräppelten und sich köstlich über unsere Dummheit amüsierten. Eine von denen riss mich kräftig an den Haaren. Einige versuchten mit uns die Herrinnen zu spielen.
Eine Kindertante vielleicht so um die 40, die wohl nur für drinnen zuständig war fehlte die Nasenspitze. Der Nasenstumpf war zerfranst und sie machte einen traurigen, ernsten Eindruck. Konnte man diese arme Person nicht woanders einsetzen, da sie ja auch kleine  Kinder ab ca. 4 Jahren mit betreute?
Für uns Kinder war das recht gruselig anzuschauen, die Verletzung der Nase und die Verletzung ihrer Seele.
Mitunter wurden wir nachts geweckt und wurden auf die Toilette geschickt, da der Anteil der Bettnässer recht hoch war.
Bei diesem nächtlichen Gang im Halbdunklen oder dunklen verirrte ich mich und landete dann in einem anderen Zimmer in einem Bett, was aber schon belegt war. Irgendwie kam ich dann aber in mein Bett.
Nach Ende der Kur und dem Wiegen und Messen kam ich mit 14 Tagen Verspätung zur Einschulung. Kürzlich fiel mir ein Foto von dieser Ein -Kind Einschulung in die Hand und sah alles andere als ein eingeschüchtertes oder traumatisiertes Kind, trotz dieser " Kur".
Diese Art der Kur war vielleicht eher geeignet Zöglinge heranzuziehen. Wahrscheinlich waren sich die Betreiber, denen ich noch nicht einmal eine schlechte Absicht unterstellen möchte, diese Entwicklung gar nicht bewusst?
1965 kam ich wieder in eine 6 - wöchige Kinderkur, diesmal  nach Bonndorf, Haus Waldfriede und erlebte eine schöne Zeit.
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Ursula Schinkel aus Bergisch Gladbach schrieb am 20.08.2021
Ich war wegen Asthma und Untergewicht 1954 damals 9 Jahre im Kinderheim St.Johann in Niendorf. Ich kann mich nur an eine gute Zeit erinnern wir kamen viel raus es gab gutes Essen und im riesigen SchlafsaalErinnerung) hat uns eine Nonne immer eine gute Nachtgeschichte vorgelesen. Sie sagte statt Mäuerchen immer Mäuerken.Wir waren gut versorgt und in keiner Weise Missbraucht. . das muss später gewesen sein. Mir war es ein Anliegen das zu sagen.
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Klaus-Jürgen Nowak aus Mainz schrieb am 19.08.2021
1974 bin ich nach Scheidegg im Allgäu verschickt worden. Es muss im Juni gewesen sein, denn ich kann mich noch an das WM Endspiel während meines Aufenthalts erinnern. Von dem Tag meiner Anreise weiß ich nur noch, daß ich mich am Bahnhof ganz schnell von meinen Eltern verabschieden musste. Als ich in Scheidegg ankam war es schon fast dunkel. Mein Gepäck samt Süßigkeiten verschwanden. Das einzige was ich auf Station mit nahm waren ein paar Bücher.
Da ich mit 8 Jahren zu den älteren gehörte war ich in einem 4 Bett Zimmer untergebracht. Ganz schnell wurde ich eingewiesen. Schlafen mit dem Gesicht zur Wand, jeden Abend und am Morgen Fieber messen, Betten musste man selbst machen. Dies wurde kontrolliert während man neben dem Bett zu stehen hatte. Wer sein Bett verschmutzte, z.b durch Nasenbluten wurde bestraft und durfte bis zum nächsten Garnitur Wechsel in selbigen schlafen. Nach dem Frühstück ging man zur Liegekur. Diese dauerte Stunden. Wir lagen in einer Art Wintergarten. Die Fenster wurden geöffnet damit frische Luft herein kam.
Die Liegekur musste schweigend verbracht werden. Essen musste man alles was man vorgesetzt bekam. Auch bis zum erbrechen. Wer nicht mehr wollte oder konnte wurde bestraft. Reden war während dem Essen nicht erlaubt. Nach dem Mittagsschlaf ging es nach einer Tasse Kakao für 2 Stunden spazieren. In Reih und Glied...versteht sich. Sonntags gab es keinen Spaziergang. Da waren wir gut angezogen. Dafür gab es ein Kaffee trinken mit ein paar Süßigkeiten. Wenn es regnete mussten wir im Essensraum spielen. Die Möglichkeiten waren eher dürftig. Nach dem Abendessen durften wir nochmal zur Toilette. Die Tür war immer geöffnet. Privatsphäre ab es nicht. Nach 19.30Uhr durfte man nicht mehr auf Toilette. Wer doch ging und erwischt wurde bekam Schläge. Diese gab es auch für Kinder die nicht schlafen wollten oder konnten. Nach den Gründen wurde nicht gefragt. Ein Gürtel war das beliebteste Schlagwerkzeug. Kontakt zu den Eltern gab es nicht. Briefe wurden kontrolliert und kommentiert. Einmal bekam ein Junge Prügel weil er in der Post nach Hause von den zuständen im Heim berichtete. Mir fehlen jegliche Erinnerungen an regelmäßige Hygiene. Auch an Arztbesuche kann ich mich nicht erinnern. Während meiner Kur erkrankte ich ( Angina ). Diese wurde wohl nicht zu Ende behandelt. Kurz nach meiner Rückkehr musste ich für weitere 9 Wochen ins Krankenhaus. Der Grund war eine sehr schwere Blutvergiftung. Es dauerte sehr lange bis man heraus gefunden hatte wo diese herkam. Zum Glück kam mein damaliger Arzt irgendwann auf die Idee mich zu fragen ob ich während der Kur krank gewesen wäre. Die nötigen Unterlagen wurden dann von der Uni Klinik Mainz angefordert. Diese ganzen Erinnerungen sind erst vor kurzem in mir hoch gekommen. Grund dafür sind die Bücher: die Akte Verschickungskinder und das Elend der Verschickungskinder. Beide sind sehr zu empfehlen. Ich werde noch dieses Jahr nach Scheidegg fahren um mir das Heim anzusehen. Ich hoffe, daß dies mir helfen wird einen weiteren Schritt zu schaffen.
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Dorothee Weiss aus Langerwehe schrieb am 16.08.2021
Das Schlimmste war, das die wenigen Dinge, die einem als Kind geholfen hätten, eingesammelt wurden. Ich habe 6 Wochen lang meinen Teddy gesucht. Ich habe ihn nicht gefunden. Er blieb verschwunden, ich bin ohne ihn nach Hause gefahren.
Meine Oma hat mir Süßigkeiten mitgegeben. Die wurden auch weggenommen. Nachts sind die älteren Kinder auf die Suche nach den Süßigkeiten gegangen. Die fanden sie dann auch: riesenmengen in irgendwelchen Abstellkammern. Aber wir Kinder haben nichts bekommen. Die älteren Kinder haben uns kleinen Kinder dann etwas mitgebracht.
Ich habe 6 Wochen die gleichen Sachen getragen, da ich nicht wußte, wo meine Sachen sind. Sie wurden mir auch weggenommen.
Ich habe gesagt, ich möchte nach Hause, aber meine Eltern kamen nicht mich holen. Ich durfte nicht telefonieren, schreiben konnte ich noch nicht.
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Anja Parsons aus Bayern - Ruhstorf an der Rott schrieb am 16.08.2021
Hallo, ich war mit 9 Jahren, 1986 im Haus Kohlwald bei Knibis im Schwarzwald. Obwohl ich damals bereits 9Jahre alt war, kann ich mich an rein gar nichts erinnern. Vor einigen Tagen habe ich mit meinem Vater darüber gesprochen und er hat mir 3 Karten gegeben, die ich damals aus dieser "Erholung" nach Hause geschickt habe. Auch 4 Fotos sind noch vorhanden. Ich erhoffe mir Kontakt zu Menschen die 1986 auch im Haus Kohlwald waren.
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Waltraud aus Schorndorf schrieb am 16.08.2021
Meine Erinnerungen an das Kindererholungsheim Herrlingen
fangen damit an, dass meine Mutter immer schon besorgt war, ich wuerde eines Tages an der „Schwindsucht“ sterben, so duenn wie ich war. Sie wuenschte sich ein rundliches Kind, mit sichtbaren Reserven, genug um etwaige Krankheiten zu ueberdauern. Da ich zuhause aber nicht zunahm, weil ich nicht „richtig as“ schickte mich meine Familie zur Erholung in das Kinderheim der Arbeiterwohlfahrt Herrlingen. Ich bin gerne dorthin gefahren, da meine Eltern sagten dort waeren ganz viele andere Kinder und ich mich darauf freute mit ihnen zu spielen. Meine Umhaengekarte habe ich beim Ausraeumen des elterlichen Hauses vor 3 Jahren gefunden und als Photos diesem Bericht beigelegt. Ich war 6 Jahre alt und es war der Fruehling bevor ich eingeschult wurde.
Ich erinnere mich an ein grosses, stattlich aussehendes Haus, in dem wir unten assen und oben im Schlafsaal mit vielen Kindern zusammen schliefen. Wir hatten Metallbetten, die in langen Reihen nebeneinander aufgestellt waren. Man konnte von einem Bett auf das andere springen, die ganze Reihe entlang! Musste nur aufpassen, dass wir nicht erwischt wurden, weil erlaubt war das nicht. Genausowenig wie jede andere Form aktiven Spielens. Das ist in meiner Erinnerung das, was mich am meisten quaelte: Wir waren ganz oft draussen im Garten und im Wald, was ich liebte, durften aber nie rennen! Wir mussten immer zu zweit aufgereit, Haende haltend langsam gehen. Gesungen haben wir meine ich auch („lustig ist das Zigeunerleben, fahria,fahria ho?!“), was ich auch mochte.
Nach dem Mittagessen wurden wir zu einem grossen, an allen Seiten offenen Unterstand im Garten gebracht. Unter dem Dach standen Feldbetten in 2 oder 3 langen Reihen. Auf diesen Betten mussten wir Mittagsruhe/-schlaf halten. Wir lagen in Schlafsaecken/Decken und mussten ganz still liegen und uns nicht bewegen und nicht sprechen. Eine Schwester ging die Reihen entlang mit Rohrstock und passte auf.
Manchmal kamen Eltern zu Besuch, nur meine kamen nie. Ich glaube wir wartetet alle bis das Tor vom Garten aufging und einige Kinder hatten - glaube ich - Besuch. Bin mir aber nicht sicher. Vielleicht hatte ich mir auch nur gewuenscht, das Tor ginge auf und meine Eltern kaemen zu mir?
Dann erinnere ich mich noch an eine Szene, in der eine meiner Freundinnen Lakriz hatte. Ich glaube ihre Eltern hatten es ihr geschickt. Wir hatten uns zu dritt oder viert im Klo versteckt und das Maedchen gab uns allen ein Stueck von ihrem Lakriz zu essen. Fuer mich war es das erste Mal, dass ich Lakriz ass und leider mochte ich es ueberhaupt nicht. So wenig, dass ich es ins Klo spuckte, weil mir davon schlecht wurde. Mir tat meine Freundin leid, weil ich ihr Lakriz nicht mochte. Erwischt wurden wir dabei nicht.
Des letzte Abendessen war fuer mich ein Highlight! Es gab Fisch, Lachsersatz, diese intensiv orangeroten Schnipsel aus dem Glas. In unserer Familie gab es nie Fisch und ich hatte auch Lachsersatz noch nie gegessen. Wir hatten frisches Brot mit Butter und Lachsersatz zum Abendessen und ich as und as und as. Mir schmeckte es so gut, dass ich fragte, ob ich noch mehr Brote haben duerfte und hoehrte erst auf zu essen, nachdem ich 11 Scheiben Lachsbrot gegessen hatte. Darauf war ich ganz stolz: 11 Scheiben!!!
Die naechste Erinnerung ist bei meiner Familie zuhause am Mittagsstisch. Normalerweise war das Mittagessen fuer mich immer eine Qual, da ich einen Teller Suppe und einen Teller Mittagessen essen musste. Ich durfte mir nicht selber nehmen, sondern bekam meinen Teller gefuellt und musste alles aufessen, vorher durfte ich nicht vom Tisch aufstehen. Dies fuehrte oft zu Traenen und langem alleine am Tisch sitzen vor dem kalten Essem. Ich hatte im Erholungsheim ordentlich an Gewicht zugelegt. Den ersten Tag als ich vom Erholungsheim zurueck war und zuhause Mittag ass, ass ich 2 Teller Suppe und 2 Teller Mittagessen! Ich wollte allen zeigen, wie gut ich essen gelernt hatte. Meine Mutter war gluecklich. Leider fing ich noch am selben Tag an mich zu erbrechen. Zunaechst dachten meine Eltern es waere, weil ich zuviel zu Mittag gegessen haette. Das Erbrechen hoerte aber auch am naechsten Tag nicht auf und Durchfall hatte ich auch. Nach einigen Tagen, an denen ich nichts in mir behalten konnte, war ich so schwach, dass ich ohnmaechtig wurde und erst im Krankenwagen wieder zu Bewusstsein kam. Die naechsten Wochen verbrachte ich im Krankenhaus mit einer Salmonellenvergiftung. Als ich entlassen wurde, wog ich weniger als vor meiner Zeit im Kindererholungsheim. Ich fuehlte Genugtuung: „Das hatten sie nun davon, mich zum Aufmaesten wegzuschicken!“ Ein weniger gesundes und duenneres Kind, das die lange Zeit der Trennung seinen Eltern lange uebel nahm.
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Jutta, 61 Jahre aus Krefeld schrieb am 13.08.2021
Hallo,
auch ich war 1965 auf Initiative des Jugendamtes
als 6-Jährige in Melle, Sauerland in Kur.
Ich war durch den Aufenthalt im Kinderheim
1962 - 1964 so ausgemergelt, daß man mich
dort hingeschickt hat.
Der 6-wöchige Aufenthalt in der Kur
war auch nicht besser als im Kinderheim,
wurden geprügelt, bekamen Läuse, durften
nachts nicht auf die Toiletten.
Zu essen bekamen wir aber genug.
Sie waren aber lieblos und gleichgültig.
Die Kur hätte ich mir sparen können.
Aus dem Heimkinderfonds wurde ich
2014 entschädigt, weil man mich schon
als Kleinkind nervlich zerstört hat.
Bis heute leide ich darunter.
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Manfred Oheimer aus Darmstadt schrieb am 11.08.2021
Im Alter von 6 Jahren (geboren im April), wurde ich im Mai-Juni 1967 für 6 Wochen zu einer Kinder-Kur ins Haus „Schmiedhof“ in Kreuth a. Tegernsee geschickt.

Anlass war, dass ich seit einiger Zeit immer trotziger wurde und schließlich über längere Zeit zu Essen verweigerte. Der Hausarzt empfahl meinen Eltern, mich auf Kur zu schicken.

Ich kann mich tatsächlich an die Kur kaum erinnern. Ich weiß nicht genau, wie ich dort hin gekommen bin - ja, mit dem Zug. Aber ob meine Eltern mich begleiteten oder ob ich am Bahnhof „übergeben“ wurde, kann ich nicht sagen.

Ich erinnere mich an ein Haus im Bayern-/Alpen-Stil (Es gibt ein Bilder davon - es sieht in meiner Erinnerung auch so aus). Hinter der Haustür lag ein Vorraum. Viel Holz. Nach links ging es in das Esszimmer der „kleinen Kinder“ und nach rechts in das Esszimmer der „großen Kinder“. Von diesem Vorraum aus konnte man auch auf eine kleine Toilette gehen (weiß aber nicht mehr genau, wo sie lag).
Gegenüber der Haustür führte eine breite Holztreppe nach Oben. Im 1. OG waren, glaube ich, die Zimmer der großen Kinder (und der Betreuer?).
Ich erinnere ich mich an den „Dachboden“. Es war ein großer „Saal“ mit Dachschrägen, wo wir Kleinen alle zusammen schliefen. Ich meine, es wären Matratzen-Lager gewesen, bin aber nicht sicher.
Jedenfalls …

… ich liege auf meiner Matratze, trotze und weine … ich bin alleine, die anderen Kinder sind unten.
Ich weiß nicht, ob ich nicht mit nach unten wollte, oder ob ich zur Strafe alleine oben bleiben musste.
Ich höre die anderen Kinder unten lärmen - es war Essenszeit.
Ob ich Hunger hatte, weiß ich nicht mehr.
Irgendwann gehe ich dann doch runter, im Schlafanzug. Ob ich „aufgegeben“ habe oder ob ich herunter befohlen werde, weiß ich nicht mehr.
Ich erinnere mich große Scham.
Ich gehe in das Esszimmer der Kleinen. Die anderen Kinder sitzen um die Tische und essen und schauen mich an. Sie lachen mich aus, hänseln und verspotten mich.
Ich will an meine Platz, aber da ist nicht (mehr) gedeckt.
Ich bekomme die Ansage/Strafe, mir mein Geschirr und Besteck zur Strafe selbst holen zu müssen. Allerdings ist der Schrank mit Geschirr und Besteck im Esszimmer der „großen Kinder“. Ich weigere mich im Schlafanzug dorthin zu gehen.
Ich muss in der Ecke stehen - Blick zur Wand.
Irgendwann gehe ich dann doch zu den Großen.
Ich werde von den Betreuern gehänselt und den Großen angekündigt. „Da kommt ja der Bettnässer/die Heulsuse“ - ich weiß nicht mehr genau, mit welchen Worten.
Die Tatsache, dass ich im Schlafanzug und barfuß erscheinen muss, sorgt für Gejohle, Hohn und Spott von allen.
Unter Tränen und dem Hänseln/Spotten der Großen suche ich zitternd mein Geschirr/Besteck zusammen. Da ich nicht genau weiß, wo die Sachen sind (ich war vorher noch nie im Esszimmer der Großen), ernte ich weitere Häme und Spott von den Großen und den Betreuern.
Ich bestehe nur aus Scham, Tränen und Wut.
Zurück im Esszimmer der Kleinen setze ich mich zitternd und schniefend an meinen Platz …
Die Scham erstickt mich fast.
Ich fühle mich verlassen, ausgestoßen.
Ich will mich am liebsten in Luft auflösen, weg von hier. Aber wohin. Es gibt keinen Ort an dem ich mich sicher/geborgen fühlen könnte.

Darüber hinaus erinnere ich mich an fast nichts. Nur daran, dass ich auf einem Spaziergang über Wiesen und Felder versuchte zu lernen, wie ich mit einem Grashalm zwischen den Fingern quäkende Geräusche machen kann (das kann ich noch heute).

Viele der Schilderungen im Forum kommen mir mehr oder weniger vage bekannt vor
- nicht alleine auf die Toilette dürfen/Tür immer offen
- gezwungen so lange - notfalls auch alleine - am Tisch sitzen müssen, bis alles aufgegessen ist. Oder - noch schlimmer - alle müssen warten, bis der letzte (ich) aufgegessen hat (Gruppenzwang)
- kein Kontakt zur Aussenwelt/Eltern (ich konnte ja noch nicht schreiben, und Telefon hatten meine Eltern damals noch nicht, Besuche waren verboten)
- heftiges Heimweh mit Tränen und Trotz
- Beschimpfungen, Beschämungen und Demütigungen durch das Personal und auch unter Einbeziehung der anderen Kinder (Bloßstellen Ausgrenzen, Gruppenzwang)
- Sehr rigide und strenge Methoden
Es fühlt sich so an, als hätte ich das auch erlebt, aber da ich (noch) keine weiteren, konkreten Erinnerungen daran habe, kann und will ich nicht mehr sagen, als „kommt mir sehr bekannt vor“

Meine Eltern (mittlerweile beide gestorben, kann also auch nicht mehr nachfragen) haben mir gelegentlich von dieser Kur erzählt. Sie sagten, dass ich danach sehr verändert gewesen sei. Ein „braver Bub“, der folgsam war und immer seinen Teller leer gegessen habe. Ich soll danach sogar eher zuviel gegessen haben und deutlich zugenommen haben.
Ziel also „erreicht“
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Katrin Mistele aus Marbach schrieb am 05.08.2021
Ich hatte als Kind immer im Herbst und Winter eine chronische Bronchitis, Der Arzt empfahl meinen Eltern eine Höhenluftkur für mich. Mit 4 Jahren kam ich daraufhin das erste Mal gleich für 3 Monate von Januar bis März nach Bad Dürrheim. Meine Mutter fuhr mit mir mit dem Zug dorthin. Ich kann mich noch an den großen Torbogen am Eingangsgebäude erinnern. Alles war fremd und ich glaube, meine Mutter musste mich am Eingang abgeben. Ich kann mich an keinen Abschied erinnern. Vieles ist aus meinem Gedächtnis verschwunden. Einige Bilder und Ereignisse sind noch da: beim Essen musste man ganz aufrecht sitzen, sonst bekam man von der Schwester einen Stoß von hinten in den Rücken. Wenn Päckchen von zuhause kamen, wurde alles verteilt, man bekam selbst nur einen Bruchteil davon. Was ich sehr unangenehm und peinlich fand, war der Aufenthalt im fensterlosen, dunklen holzvertäfelten Raum mit der Höhensonne: man war nackt (vielleicht noch in Unterhose), hatte eine rote Brille auf und musste im Kreis um die Höhensonne laufen. Der Geruch des Holzes durch die Höhensonne war charakteristisch.
Auch Schwimmen wurde für mich angstbesetzt, als mir die Schwimmflügel weggenommen wurden, weil ich nun ohne Flügel schwimmen sollte. Ich hatte Angst vor Strafe und tat so als ob ich schwimmen würde, lief aber auf den Zehenspitzen und hoffte, dass es keiner bemerkte. Vor dem Temperaturmessen hatte ich auch Angst, weil erhöhte Temperatur bedeutete, dass man allein im Bett bleiben musste. Ich kann mich erinnern, dass ich immer versucht hab, meine Hände an den kühlen Gitterbettstäben abzukühlen, weil ich hoffte, so keine Fieber zu haben. Meine Eltern durften mich nicht besuchen und auch nicht anrufen, weil ich danach immer so viel geweint habe. Nur Briefe mit vielen selbstgemalten Bildern haben sie geschrieben, jede Woche einen, so dass ich mitzählen konnte, wenn 11 Briefe da waren, dann würden sie mich bald darauf abholen. Ich weiß nicht, was oder womit wir gespielt haben. An den Winter mit Schlittenfahren kann ich mich noch erinnern, das war schön. Und einmal sind wir zum Faschingsumzug in den Ort gelaufen. Im nächsten Jahr wurde meine 1 1/2 Jahre jüngere Schwester mit ins Kinderheim geschickt, obwohl sie nicht krank war. Sie hofften wohl, dass es mir dann leichter fallen würde. Wieder waren es 3 Monate. Ich weiß nicht, ob ich mit meiner Schwester zusammen sein durfte. Eigentlich hätten meine Eltern die zweite Kur nicht mehr machen müssen, weil sie schon wegen meiner Gesundheit einen Umzug in den Schwarzwald im Sommer des Jahres 1969 geplant hatten. Aber wir waren nun schon mal angemeldet und als arzthörige Eltern, machte man was der Arzt sagte. Das ist es auch, was ich meinen Eltern vorwerfe, sie haben das zweimal mitgemacht, obwohl ich schreckliches Heimweh hatte und sie wohl auch. Angeblich hat mir der Aufenthalt gegen die Bronchitis geholfen. Aber gleichzeitig hat mich das lange Getrenntsein von meinen Eltern doch sehr verstört: ich wollte danach mehr als 10 Jahre nicht mehr von meinen Eltern weg, keine Übernachtung bei Tante, Oma Freundin usw. Es hat meine Persönlichkeit geprägt: Ich habe gelernt, mich zusammenzureißen, Gefühle zu unterdrücken weil es sowieso nichts geändert hätte, ich wollte möglichst unsichtbar und unauffällig zu sein. Ich kann mir meine emotionale Distanz zu meinen Eltern vor allem jetzt, wo sie alt sind und meine empathische Fürsorge bräuchten nur mit der Zeit im Kinderheim erklären. Laut Psychologen stört so eine lange Trennung die Bindung zu den Eltern.
An wirklich schlechte, gewaltsame Erfahrungen kann ich mich zwar nicht erinnern, aber je mehr ich darüber nachdenke, desto unverständlicher ist mir, dass man damals so eine lange Trennung von Kindern und Eltern für gut oder tolerabel gehalten hat.
Dieses Jahr bin ich in Bad Dürrheim auf dem Rückweg vom Bodensee vorbei gefahren. Es hat mir Genugtuung bereitet zu sehen, wie das DRK Kinderheim seit 17 Jahren leer steht und zunehmend verfällt! Dass der 35 jährige Bürgermeister von Bad Dürrheim Jonathan Berggötz heute um Entschuldigung bittet, für das was Kinder in diesem Ort erleiden mussten, hat mich sehr berührt.
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Sylke Möller aus Stralsund schrieb am 03.08.2021
Ich war ein sehr zierliches Mädchen in einer Familie mit 3 Brüdern. 6 Familienmitglieder in einer 2-Raumwohnung...also musste Erholung her. So hat man es sich gedacht...und schickte mich als 12 jährige auf Kur für 4 Wochen. An die lange Anreise kann ich mich nicht erinnern, nur das es ein Bus war. Das Heim war riesig und erschien mir wie ein Schloss. Großer Saal und 2 Etagen mit vielen Zimmern. Ich erinnere mich, dass der regelmäßigen Stuhlgang über die Bitte nach Toilettenpapier kontrolliert wurde. Viele Kinder hatten Heimweh und weinten in ihren Bettchen. Mir ging es auch nicht gut, habe aber mit albernen Späßen die kleineren Kinder zum lachen gebracht. Eine Erinnerung, auf die ich gern verzichtet hätte, hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Ich hatte während der Kur Geburtstag. Ich hoffte, so wie andere Geburtstagskinder auch, ein Päckchen zu erhalten. Ich erhielt nicht mal eine Karte. Auch nach der Ankunft wieder zu Hause, war es kein Thema. Ich konnte es verzeihen, aber nie vergessen. Ich habe dafür im Gegenzug und zu meiner eigenen Zufriedenheit und meinem Gemüt ganz viel Liebe ausgeteilt, bis zu den Enkeln, ob sie wollen oder nicht. 🙂 Die Kur selber war kein Trauma.
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Wolfgang Halmich schrieb am 02.08.2021
Ich wurde im Alter von 5-6 Jahren von Karlsruhe nach Polling in das Kloster Heilig Kreuz verschickt. Auf Grund einer Fehldiagnose meines Hausarztes kam ich zur Erholung in dieses Heim für 3 Wochen. Nach diesen 3 Wochen stellte es sich heraus, dass ich eine Blinddarmreizung hatte.
Durch diesen Aufenthalt kam ich traumatisiert zu meinen Eltern zurück. Seit dieser Zeit bin ich Psychotiker und hatte mehrere Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis.
Das meiste, was in dieser Zeit geschehen ist, habe ich verdrängt. Ich kann mich noch erinnern, dass ich nichts zu essen bekam, weil ich mich geweigert habe zu beten. Ich habe mich nachts eingenässt, vermutlich, weil mir sexuelle Gewalt angetan wurde. Daraufhin wurde ich zu den Babys verfrachtet. Die "Tanten" haben dann behauptet, ich wäre noch nicht sauber und haben sich vor allen anderen Kindern über mich lustig gemacht.
Ich werde diese Erinnerungen einfach nicht los, trotz Psychotherapie und Gesprächen.
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Christel Plata aus 51674 Wiehl schrieb am 28.07.2021
Hallo,
bin zufällig auf diese Seite gestossen.
Ich weiß bis heute nicht was sich meine Eltern dabei gedacht hatten,dass ich als Einzelkind, 4mal zur Kur musste.
Ich bin Jahrgang 1951 und war 1957 das erstemal zur Kur nach Bad Münstereifel.Leider ist mir nur noch in Erinnerung der entsetzliche Mittagsschlaf.Ich kannte dieses von zu Hause nicht und konnte auch nicht schlafen.
An meine zweite Kur erinnere ich mich nur das alle Kinder Durchfall hatten und zwar zu Ende hin.Die beschmutzten Unterhosen wurden einfach in den Koffer gesteckt und meine Mutter höre ich heute noch schimpfen.Es war eine grosse Sauerrei und es roch fürchterlich.
Und wieder der grässliche Mittagsschlaf.Ich stand öfters im Flur mit Decke über den Kopf und die Kinder aus meiner Gruppe lachten mich aus.Das war für mich der Anfang des Mobbings.

Dann fuhr ich am 5.1.1961 nach Allerheiligen mitten in der Schulzeit.Warum weiss ich bis heute nicht.
An diese Kur kann ich mich gut erinnern.
Es war Januar,überall hoher Schnee und wir gingen wenigstens einmal am Tag sparzieren es war herrlich.
Das Essen war schrecklich aber ich habe es gegessen,denn ich wollte nicht den ausgekotzten Brei nochmal einmal essen.Dann ging es wieder zum Mittagsschlaf.Für mich waren die 2 Stunden schrecklich.Ich drehte mich von eine auf die andere Seite und man merkte das ich nicht schlief. Ich entwickelte eine Schlaf-Phobi und dann kam die Angst um entdeckt zu werden.Wenn man nicht schlief bekam an dem Tag keine Post ausgehändigt.
Wenn der Schlaf dann vorbei war,dachte ich schon an den nächsten Tag.
Des Sonntags mussten die katholischen Kinder zur Messe.Es war eine kleine Kapelle die in dieser Zeit sehr kalt war. An den Wänden liefen Heizungsrohre entlang in einer Höhe von 0,80cm.
Ich war die erste die in den vorgesehenden Bänken
Platz nahm.Nach einer Weile wurde es mir komisch und als ich wieder bei Bewusstsein war hatte ich eine 0,10cm grosse Blase auf dem linken Handrücken.Während meine Ohnmacht hatte keiner gesehen das meine Hand am Heizungsrohr lag.
Ich hatte höllische Schnerzen.Im Kurheim angekommen wurde mir ein Verband angelegt mit den Worten"morgen ist Montag dann kann die Ärztin draufschauen".
Ich bekam in der Nacht zu Montag fürchterliche Schmerzen und es hatte sich eine grosse Blase gebildet.Wir wurden jeden Montagmorgen gewogen und die Ärztin war da und schaute auch auf meine Hand.Sie sagte nur"wir müssen warten bis die Blase aufgeht und schauen nächsten Montag wieder".
Ich schlug mich mehr schlecht als recht in dieser Woche.Ich durfte auch nicht nach Hause schreiben was passiert war.Es wurde auch nicht reagiert als es wieder schmerzte.Es wurde gesagt "wir schauen am Montag"
Der Montag kam und in meiner Blase war alles entzündet und es eiterte.Die Ärztin meinte ich müsste täglich die Hand in irgendeiner Flüssigkeit baden das es eilt.
Als ich nach Hause fuhr war es noch nicht verheilt.Meine Mutter bekam einen Schreck denn sie wusste immer noch nichts.Das hielt sie aber nicht ab,mich noch ein weiteres Mal in Kur zu schicken.Es war ja alles zu meiner Gesundheit.
Dann fuhr ich 1963 nach Garatshausen an den Starnbergersee.
Es war Sommer, ich war 12Jahre alt und meine Erinnerung ist als war es gestern.
Wir fuhren mit dem Zug ab Düsseldorf mit einigen Kindern dort hin.Alle hatten wir unsere Pappkarten um damit wir nicht verloren gingen.Nach ca. 8Std. waren wir an Ort und Stelle.Wir sollten unsere Taschen leeren und alles essbare wurde eigesammelt für den nächsten Tag.Furchtbar!!
Das Kindersanatorium lag auf einem Seegrundstückes war herrlich.Durch meine vorherigen Kuren wusste ich ja wie alles ablief.Wir wurden auf die Zimmer verteilt und ich bekam ein Einzelzimmer mit Fenstervergitterung.Also konnte mir nicht passieren mit anderen Kindern zu quatschen.
Das Essen schmeckte wieder nicht aber ich scheffelte
es in mich rein denn ich wollte es ja nicht auskotzen.
Ich weiss nicht mehr wie meine Gruppe hiess aber unsere Aufpasserin war Schwester Hanni.Sie war keine Schwester aber wir mussten sie so nennen.An sie kann ich mich gut erinneren.Sie war sehr lustig und drückte auch schon mal ein Auge zu.
Dann wieder dieser Mittagsschlaf der mich quälte.Da wir schon 12Jahre waren,waren wir die Grossen und durften sonntags in der Mittagsruhe lesen.Das hat mir sehr gefallen und meine Lektüre war "der Trotzkopf".
Dieses passte sehr gut in die Zeit und auch Tränen flossen wie in jeder Kur.Dieses Heimweh!!!
Da wir Mädchen uns mit Schwester Hanni gut verstanden durften wir mit ihr morgens das Frühstück
herrichten. Es wurden Graubrot mit Magarine und Marmelade geschmiert.So konnte sie länger schlafen denn wir Mädchen waren wach und halfen ihr.
Ich habe an meine letzte Kur auch schöne Erinnerungen
und machten auch eine schöne Fahrt mit dem Bus nach Kloster Ettal,Wieskiche und Oberammergau.

Diese Sehenswürdigkeiten habe ich als Erwachsener noch mal besucht und bin auch in Garatshausen gewesen aber leider steht dieses Heim nicht mehr.
Heute stehen dort Wohnhäuser.Desweiteren habe ich mich bei der Stadt Tutzing gemeldet aber dort war nichts zu erfahren.
Auch hier im Netz ist nichts zu erfahren.Man darf mich gerne anschreiben zum Austausch.

Dieses hat mich sehr geprägt und stelle mir immer die gleiche Frage: warum musste ich als Einzelkind so oft zur Kur???
Da meine Eltern nicht mehr leben werde ich es nie erfahren.
Ich habe dies lange als Strafe gedacht für mich,man wollte mich einfach los werden.
Nach meiner letzten Kur trennten sich meine Eltern und ich blieb beim Vater.
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Daniel schrieb am 27.07.2021
Hallo.
Ich war damals, Anfang 1990, mit 5 Jahren in der „Pullerburg“ Neu Hirschstein / Sachsen.
Ich verstehe nicht warum ich nicht mehr von diesem Ort lese?! War es doch keine schöne Zeit, für mich und viele andere dort.
Aber zum Anfang. Zur Wende 89 Starb mein Opa, für mich kleinen Jungen so ein Schock das ich wieder begann zu Bettnässen.
Nachdem meine Eltern mit mir offensichtlich den ein oder anderen „Facharzt“ besuchten schickte einer dieser Herren mich für 6 Wochen in diese Einrichtung.
Meine Erinnerungen waren wenige, ich habe immer versucht zu verdrängen was geschah. Jetzt wo allerdings mehr und mehr hochkommt und viele daraus resultierende psychische Probleme meinen Alltag bestimmen begab ich mich in Behandlung. Im Alltag und in der Therapie kam immer mehr hoch, so das sich das Puzzle allmählich füllt.
Schlimme Sequenzen von Gewalt, sexuellen Übergriffen, Zwangsernährung, Schlafentzug, Katastrophalen Therapieansätzen und mehr als harten Bestrafungen bestimmen mittlerweile meine Erinnerungen an diesen Ort.
Meine Eltern, streng erzogen vom System, hinterfragten auch nicht warum ihr 5 Jähriger Sohn, bei ihrem einzigen erlaubten Besuch, auf dem Fenster steht und droht herunterzuspringen wenn sie ihn nicht mit nach Hause nehmen würden. Bis heute ist es für sie nicht nachvollziehbar was damals geschah.
Ich werde wohl noch viele Jahre therapieren müssen ehe ich mit den Gedanken und den Erinnerungen umgehen kann.

Vielleicht treffe ich hier Menschen die auch da waren? Bis in die 80ger soll es wohl verhältnismäßig Human zugegangen sein?!
Also vielleicht jemanden der zur Wendezeit dort war?

Ansonsten ist es schön auf dieses Forum gestoßen zu sein. Zu wissen das man nicht allein ist mit diesem Thema, es hilft ungemein. Danke ??

Lg Daniel
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Nicole Kirchmer schrieb am 27.07.2021
Ich war mit 3,5 Jahren für 6 Wochen 1969 in Dausenau wg. chronischem Asthma (BKK BASF). Lt. Aussagen meiner Eltern wurde der Aufenthalt als alternativlos vom Lungenfacharzt Ertlenbruch in Ludwigshafen/Rhein angeordnet ..
Ich wurde mit einem großen Pappschild um den Hals in Ludwigshafen von meinem Vater in den Zug gesetzt und mir wurde versichert, dass mich meine Eltern dort wieder abholen würden, was ich zunächst relativ gelassen als unabdingbar so hinnahm ..
Ich lag in einem schmalen kleinen Zimmer mit 2 Betten und einen wesentlich älteren Mädchen. Ich kenne keinen Namen und auch kein Alter (etwa 8-12 ?), da wir kaum oder nichts miteinander gesprochen haben und auch sonst kein Kontakt bestand. Wir hatten aber auch keine Probleme, es war für mich einfach die bestehende Vorgabe, dass wir beide diesem Zimmer zugeteilt wurden ..
Ich hatte Probleme mit dem Essen, vor allem mit der Haferschleimsuppe, die es täglich vor der Hauptmahlzeit gab. Ich ekelte mich so sehr davor, dass ich sie von Anfang an unter den Tisch mit langer weißer Tischdecke kippte, in der Annahme, dass die Sache damit für mich erledigt sei 🙂 dem war aber leider nicht so. Nach ein paar Tagen wurde ich darauf angesprochen und ich streng daraufhin gewiesen, dass ich ohne diese Suppe, als "Medizin" bezeichnet, keine Hauptspeise bekommen würde. Ich weiß nicht mehr wie lange, einige Tage auf jeden Fall, vtl. auch länger, habe ich dennoch keine Suppe gegessen und daher auch kein Essen mehr zu dieser Mahlzeit bekommen. Abends im Bett habe ich im Dunkeln vor Hunger meine Blendi Erdbeerzahnpasta gegessen. Irgendwann musste ich nur noch einen Löffel Suppe essen, um die Hauptmahlzeit zu bekommen. Was für mich dann auch ok war ..
Schlimm war es auch für mich, dass ich mir selbst mit kaltem Wasser die Haare waschen musste. Das hatte ich zu Hause nicht gelernt. Die normale Körperpflege hat mich vor keine großen Herausforderungen gestellt.
Nach einiger Zeit mit Heimweh und Verwirrung, was der Aufenthalt denn jetzt für mich bedeutete, wurde ich zunehmend entschlossener, mich irgendwie dort durchzubringen, damit ich dann eben ohne Eltern mein weiteres Leben leben konnte. Für mich stand irgendwann fest, dass meine Eltern mich nicht mehr abholen würden, warum auch immer ..
Nachdem sie mich wieder Erwarten dann doch abgeholt hatten, war ich wie versteinert. Meine Überlebensstrategie wurde über den Haufen geworfen und ich konnte oder wollte es nicht glauben, wahrscheinlich aus Angst wieder weggeschickt zu werden. Ich hatte für eine gewisse Zeit Sprechstörungen, so eine Art Kiefersperre und musste ständig weinen.
Nachts hatte ich sehr lange Zeit, etwa einige Jahre, Alpträume und nässte fortan auch nachts ein, was mich sehr unglücklich machte.
Aber am schlimmsten quälten mich bestimmt 5 Jahre ärzlich attestierte Frostbeulen an beiden Füßen, die ich mir in dieser Zeit, ein kalter Winter mit Schnee, zugezog, da ich nur mit Gummistiefeln als Winterschuhe ausgerüstet war und mir diese auch noch ohne Strümpfe selbst angezogen hatte. Diese juckenden Schmerzen (Frühling/Herbst) kann ich heute noch spüren und mich daran erinnern, dass ich mir nur Erleichterung verschaffen konnte, indem ich auf meinen Füßen herumbiss.
Was dieser Aufenthalt mit mir als Person und meiner Entwicklung gemacht hat, kann ich nur erahnen. Mein Verhältnis zu meinen Eltern ist dadurch sicherlich erheblich belastet und mein Lebensweg gezeichnet .. ich hatte allerdings nie Schulprobleme, im Gegenteil erschien mir hinterher keine Schwierigkeit oder Problem zu groß, als dass ich es nicht hätte selbst lösen können.
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Andreas Homolla aus Hamburg schrieb am 27.07.2021
Ich wurde durch einen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf die Initiative Verschickungskinder aufmerksam und hatte bis dahin fast keinerlei Erinnerung an diese Zeit. Ich wurde 1964 im Alter von 6 Jahren vom Schwarzwald aus nach Flensburg/Glückstadt für 6 Wochen verschickt. Das Einzige, an das ich mich erinnere war die Zugfahrt von Villingen im Schwarzwald nach Flensburg. Wir waren den ganzen Tag und Nachts unterwegs und ich erinnere mich an die Nacht als wir durch Hamburg fuhren. Ich konnte nicht schlafen und habe dreimal die Ansage vom Bahnhof Hamburg gehört. Das war für mich als Kind eine Sensation in einer Stadt „drei“ Bahnhöfe zu haben. Gleichzeitig war das aber auch meine letzte Erinnerung an diese Zeit. Danach weiß ich gar nichts mehr und ich weiß auch nicht wie ich zurück gekommen bin.
Als ich dann den Artikel in der FAZ und einige der Geschichten im Forum gelesen hatte, kamen bei mir „unangenehme“ Ahnungen hoch. Ich glaube oder ahne, dass ich auch viele der Quälereien ertragen musste, kann mich aber an nichts mehr erinnern. Ich konnte lediglich einige der geschilderten Symptome nachvollziehen und stelle an mir fest, dass ich nach wie vor ein Problem mit dem Gefühl habe für längere Zeit eingesperrt zu sein und deshalb öfters das Bedürfnis habe den Ort zu wechseln – was sich jetzt während des Corona-Lockdowns noch verstärkt hat. Oder auch beim Umgang mit „unfreundlichen“ Autoritäten und ein Gefühl „Immer alles richtig und anderen Recht machen zu müssen“.
Alles das ist zwar nur eine Vermutung aber sicher ist, dass ich die Zeit im Verschickungsheim komplett verdrängt hatte und durch das Lesen der Erfahrungsberichte ein eher unangenehmes Gefühl der Ahnung entstanden ist, dass es mir während der Zeit ähnlich schlimm ergangen ist wie vielen Anderen und dass traumatische Spätfolgen übrig geblieben sind.
An dieser Stelle schon mal vielen Dank an Alle, die Ihre Geschichten erzählt haben und an alle die das Forum ins Leben gerufen haben.
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Ute Störmer aus Grevenbroich schrieb am 27.07.2021
Mein Name ist Ute Störmer,
geboren wurde ich 11/ 1956 und wurde als kleines Kind im Alter von 4 und 5 Jahren mit meinem 2 Jahre älteren Bruder in ein Heim nach Norderney geschickt. Ich empfand es als Abschiebung. Wir waren lästig.
Wir wurden in die Bahn mit vielen anderen Kindern gesetzt und fuhren auf die Insel. Ich erinnere mich an Begleitpersonal.
Ich erinnere mich an riesige Schlafsäle, ich schlief auf einer tief gelegenen Pritsche. Ein Bett war es nicht.
Ob mein Bruder mit in dem Schlafsaal war, daran kann ich mich nicht mehr erinnern.
Morgens wurde das Licht von weiblichen Personen angeschmissen!! Ein lautes Rufen ertönte. Die Frauen hatten weiße Schürzen an.
Mein Nachbarkind wurde nicht wach. Es kam eine weibliche Person mit einem Zahnbecher und goss den Inhalt, Wasser, in das Gesicht des Kindes. Das habe ich mehrfach beobachtet.
Beim Essen saßen mehrere Kinder an einem runden Tisch.
Ich erinnere mich, dass es bei der Mahlzeit "Erbsensuppe" ein Kind in den Teller erbrochen hatte. Eine weibliche Person stand hinter ihr und zwang das Kind, das Erbrochene zu essen.
Ich erinnere mich insgesamt an einen sehr strengen Tonfall der Frauen, die uns "betreuten".
Wenn wir an den Strand, bzw. auf der Promenade spazieren gingen, mussten wir zu zweit in "Reih und Glied" gehen.
Bis heute habe ich nicht verstanden, warum mein Bruder und ich in dieses Heim fahren mussten.
Es wurde aus der Erinnerung heraus einfach entschieden, wir wurden in den Zug gesetzt.
Es ist sehr erleichternd für mich, das nieder schreiben zu können und damit einen Beitrag zur Aufarbeitung dieser Ereignisse zu leisten. Ich empfinde Dankbarkeit, dass wir Kinder von damals gesehen werden, die Ereignisse als Gewalt an der Kinderseele eingestuft werden.
Danke!
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Frank Gnegel aus Frankfurt schrieb am 26.07.2021
Ich war insgesamt drei Mal in den Jahren 1970 bis 1972 im "Kinderheim Kratz" in Bad Rothenfelde. Die Aufenthalte waren keine Kuren, sondern Ferienaufenthalte, die vom Arbeitgeber meines Vaters, der Fima Uhde in Dortmund (einen großen internationalen Ingenieurbüro) organisiert wurden. Man verstand es wohl als soziale Tat oder wollte den Eltern einen Urlaub ohne Kinder ermöglichen. Bad Rothenfelde galt als Kinderkurort, ob aber das sogenannte "Kinderheim Kratz" wirklich ein solches war, kann ich heute nicht sagen. Viele Jahre später bin ich an dem Gebäude vorbeigekommen, da nannte es sich "Pension Kratz", war aber geschlossen.
Ich habe die Heimleitung als drakonisch und streng erlebt; die Aufenthalte waren wenig freudvoll und von Verboten, Regeln und willkürlichen Bevorzugungen geprägt. Kindgerechte Aktivitäten sind mir nicht in Erinnerung geblieben. Stattdessen mussten wir Gartenarbeiten verrichten, etwa stundenlang Obst ernten, insbesondere Stachelbeeren. Die jüngeren Betreuerinnen - heute würde ich sie für Studentinnen halten - waren im Prinzip freundlich, tonangebend war aber die Heimleitung und sie mussten sich fügen und etwa Bestrafungen umsetzen, selbst wenn sie sie für überzogen oder unangebracht hielten.
Das Essen war grauenhaft und bestand oft aus dem, was im Garten geerntet wurde - Pflaumensuppe mit Backerbsen oder eingekochte Birnen aus dem Vorjahr. Es musste aufgegessen werden. Ich mochte etwa bestimmte Dinge - etwa Birnen - nicht und musste dann stundenlang alleine im Speiseraum sitzen und durfte nicht aufstehen, bevor ich nicht aufgegessen hätte. Meiner Schwester, die mich im letzten Jahr begleitete, erging es genauso. Wir aber waren willensstärker, aßen nicht und saßen stundenlang allein vor unseren Tellern. Wir wurden dann irgendwann von einer mitfühlenden Betreuerin erlöst; mussten dann aber Gartenarbeit leisten. Die älteren Kinder (Jungen) genossen Privilegien, ich würde sagen, es ging darum, die Kinder in möglichst kleine Gruppen zu spalten. Freunde habe ich dort nicht gefunden.
Man musste sehr früh zu Bett - gegen 18.00 Uhr - durfte dann nicht mehr aufstehen. Selbst ein Toilettengang war dann mit Angst verbunden. Karten nach Hause wurden kontrolliert bzw. es wurde vorgeschrieben, worüber man schreiben sollte. Ich habe keine positiven Erinnerungen an diese Zeit.
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Dieter T. aus Wilhelmshaven schrieb am 26.07.2021
Durch einen Bericht im ZDF-Magazin „Volle Kanne“ wurde ich (Jahrgang 1954) auf das Problem der sog. „Verschickungskinder“ aufmerksam. Auch ich gehöre in diese Kategorie gehöre, auch wenn ich nur 1x verschickt wurde und auch nur für 4 Wochen. Ich habe deshalb in den letzten Tagen viel in meinem Gedächtnis gekramt und möchte hier einige Zeilen schreiben. Insgesamt muss ich aber sagen – nachdem ich viele Berichte hier gelesen habe- dass ich mit „meinem“ Heim noch Glück gehabt habe und mich nicht nur negativ und keinesweg traumatisch erinnere.

Ich versuche einmal, meine wichtigsten Erinnerungen zusammenzufassen. Zu der Zeit gehörten diese Verschickungen – man nannte es „zur Erholung fahren“ - für uns zur Kindheit ganz normal dazu. Ich wollte auch fahren, auf jeden Fall mussten meine Eltern keinen Druck machen, um mich dort hinzuschicken.
Das Heim, in das ich fuhr, gehörte der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Weser-Ems. Es lag in Holterberg in der Nähe von Osnabrück, ziemlich „am Ende der Welt“. Da meine Mutter Mitglied der AWO war, stand dies wohl von vorneherein fest. Dass die Erholung einen medizinischen Hintergrund hatte, wusste ich nicht, außer, dass ich zunehmen sollte. Ein Freund und eine Klassenkameradin fuhren auch mit, die hatten – wenn überhaupt – sicher nicht die gleichen Gesundheitsprobleme wie ich.
Wenn ich an diese vier Wochen im März/April 1964 zurückdenke, kommen mir zuerst das Essen, das mir selten schmeckte, dann eine große Langeweile in den Sinn. Dass es ziemlich streng zuging, war ich so auch nicht gewöhnt, ich schaffte es aber, mich schnell anzupassen. Am ersten Tag bekam ich eine Ohrfeige, weil ich den Betreuer mit einer oder mehreren dummen Bemerkungen genervt hatte, und dann wusste ich, wo es langging. Außer Ohrfeigen, die damals gesellschaftlich noch akzeptiert waren, wurde aber nach meiner Erinnerung nicht geschlagen, auch an andere Strafmaßnahmen, wie sie in vielen Berichten dargestellt wurden, kann ich mich nicht erinnern. Der Betreuer unserer Gruppe – ca. 17 Jungen von 7 – 14 Jahren – war Student und machte diese Arbeit als Praktikum. Die „Tanten“, die die Mädchen und die kleinen Kinder betreuten, waren nach meiner Erinnerung unangenehmer.
Furchtbar waren die Milchsuppen, die es jeden Morgen gab – selten gut schmeckend, manchmal fast ungenießbar – und die als erstes zu essen waren. Was es danach gab, weiß ich nicht mehr. Mittags gab es oft Kartoffeln, die in irgendeiner Weise verdorben waren, jedenfalls waren sie hart und glasig. Ich war froh, wenn es Suppe gab, die keine oder wenig Kartoffeln enthielt. Es gab wohl das, was man damals „Hausmannskost“ nannte, Details werden aber bei mir durch die Erinnerung an die verdorbenen Kartoffeln überlagert. Dass „gegessen wird, was auf den Tisch kommt“ und die Teller leer zu essen waren, war damals allgemein üblich und in unseren Köpfen ziemlich verankert, dazu brauchte es keine Strafen. Was mit Kindern passierte, die ihr Essen absolut nicht schafften, weiß ich nicht mehr. Das Aufessen von Erbrochenem oder Zwangsfütterungen gab es jedenfalls nicht, auch nicht, dass Kinder stundenlang vor ihrem Teller sitzen mussten, es kann aber sein, dass solche Maßnahmen angedroht wurden. Es gab dann nach dem „Mittagsschlaf“ und abends noch je eine Mahlzeit, aber davon habe ich nichts zu berichten.
Den „Mittagsschlaf“ fanden wir wohl alle schrecklich. Wie es durchgesetzt wurde, dass wir in dieser Zeit tatsächlich ruhig waren, weiß ich nicht mehr, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es ohne Strafen ging.
Womit wir die übrigen Zeiten des Tages verbrachten weiß ich nur noch bruchstückhaft. Einige Male durften wir Jungen an einer großen Windmühle weiterarbeiten, die irgendwann draußen aufgestellt werden sollte. Das machte mir großen Spaß, war aber nur selten. Auch im Wald waren wir oft und Spiele haben wir auch gemacht. Einmal haben wir mit den Mädchen unter Anleitung der „Tanten“ gebastelt. Ich meine, wir hätten auch Holz für ein Osterfeuer gesammelt, aber an ein Feuer kann ich mich nicht erinnern. Auf jeden Fall war zwischendurch immer viel Zeit, in der ich mich gelangweilt habe.
Die Postzensur machte mir keine Probleme, deshalb habe ich sie nicht wahrgenommen. Auch ohne Zensur hätte ich meinen Eltern nicht geschrieben, dass mir das Essen oft nicht schmeckt und schon gar nicht, dass ich auch mal eine Ohrfeige bekommen habe. Und Heimweh hatte ich ja – trotz einiger Negativerlebnisse – tatsächlich nicht und abgeholt werden wollte ich auch nicht. (Meine Eltern hätten ein solches Ansinnen, jedenfalls wegen solcher Kinkerlitzchen, auch abgelehnt.)
Der Erfolg einer solchen Erholungsmaßnahme wurde auch bei uns ausschließlich an der Gewichtszunahme gemessen. Bei mir kam eine Gewichtszunahme von 1kg (bei rund 30kg Körpergewicht) heraus. Ob damit die „Erholung“ als erfolgreich galt, weiß ich nicht mehr.
Alles in Allem war diese „Erholung“ für mich eine Enttäuschung, hat mich aber in keiner Weise traumatisiert. Es stand allerdings für mich fest, nicht noch einmal in eine solche Einrichtung fahren zu wollen.
Das ich das ganze hier poste hat seinen Grund darin, dass ich in diesen Seiten das Problem sehe, dass diese Maßnahmen hier zu sehr in einem negativen Licht gesehen werden und der Eindruck erweckt wird, der größte Teil der Kinder, die an solchen Maßnahmen teilgenommen haben, seien dadurch traumatisiert worden. Ich denke, vielen Kindern wird es ähnlich gegangen sein wie mir, d.h. ich habe mich nicht besonders wohl gefühlt, aber es war auch nicht die schrecklichste Zeit der Kindheit. Auch die Betreuer*innen waren wohl oft gutwillig, hatten den Umgang mit den Kindern aber nicht anders gelernt. Und die Leiter dieser Einrichtungen waren ja alle durch die Nazi-Zeit gegangen.
Ein Problem war wohl auch darin begründet, dass viele Kinder viel zu jung verschickt wurden, nicht vorbereitet waren und sich abgeschoben fühlten. Ich war ja immerhin schon fast 10, wusste, dass (fast) jedes Kind einmal zu Erholung fährt und wollte das auch. Ich wusste auch (und konnte die Zeit abschätzen) dass ich nach vier Wochen wieder nach Hause fahren würde und dass dann wieder alles beim alten wäre. So war es dann auch, und besondere negative Spuren hat dieser Aufenthalt bei mir nicht hinterlassen, allerdings auch keine positiven.
Ich habe jetzt viel mehr geschrieben als ich eigentlich wollte (weil mich das Thema eben doch bewegt) und dies ist schon die kurze Fassung. Eine noch etwas umfangreiche Fassung stelle ich wahrscheinlich in den nächsten Tagen in meinen persönlichen Blog, der unter diti-whv.de/wordpress im Internet zu finden ist.
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Cornelia Krück aus Hofgeismar schrieb am 23.07.2021
Im Jahr 1969 war ich wegen chronischer Bronchitis im Eisenbahn- Waisenhort Lindenberg/ Allgäu. Neben Kurkindern lebten dort, wie der Name schon sagt, auch Waisen oder Kinder, die vom Jugendamt aus der Familie genommen wurden. Zudem gab es eine geschlossene Abteilung für Kinder, die dort nach überstandener Tbc kurten. Das Heim selbst erlebte ich als sehr gross mit vielen Kindern, die in einem grossen Saal gemeinsam das Essen einnahmen. Es musste alles aufgegessen werden, auch wenn es nicht schmeckte. Ich erinnere mich an widerlich schmeckenden Brathering und dünnen Hagebuttentee. Geschlafen wurde in relativ grossen Mehrbettzimmern. Es gab regelmässige Untersuchungen, dazu Inhalationen. Spaziergänge mit der Gruppe waren obligatorisch. Als eher schüchternes und ängstliches Kind fühlte ich mich dort recht verloren, weinte viel und zog mich zurück. Schutz vor Schlägen durch ältere Kinder gab es nicht. An körperliche Misshandlungen durch das Personal kann ich mich nicht erinnern. Eher wirkten die Erzieherinnen unpersönlich und wenig empathisch. Auf die Ängste der Kinder, ihr Heimweh und andere Besorgnisse wurde überhaupt nicht eingegangen. Eher musste man damit rechnen, ausgelacht oder vor den anderen Kindern verspottet zu werden.Ausnahme war eine sehr einfühlsame Krankenschwester auf der Krankenstation, wo ich mich wegen einer Rötelnerkrankung die letzten Kurtage aufhalten musste. Bis heute habe ich eine Abneigung gegen Heimeinrichtungen jeder Art oder Krankenhäuser. Ich arbeite heute als Sozialpädagogin und versuche, den mir anvertrauten Kindern und Jugendlichen ein Höchstmass an Verständnis und Einfühlsamkeit entgegen zu bringen. Bisher ist mir das ganz gut gelungen, glaube ich.
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Georg Söder aus Nürnberg schrieb am 23.07.2021
Hallo,
ich war ein völlig normal gebauter, sich ständig in Bewegung befindlicher schmaler Junge, den sie in diesem Heim dicker machen sollten. Wer auch immer das veranlasst hat, ob Hausarzt oder Gesundheitsamt in Bad Neustadt an der Saale, hat jedenfalls das Falsche getan. Ich war 2 Wochen vor den Osterferien, während der zweiwöchigen Osterferien und zwei Wochen nach den Osterferien in Hafenpreppach „auf Kur“. Es war eine der schlimmsten Perioden meines Lebens. Geleitet wurde das Heim von einem katholischen Schwesternregimes der übelsten Sorte. Mir sind noch zwei der übelsten namentlich in Erinnerung. Es waren Geschwister und sie hießen mit Nachnamen Leuthäuser. Wir waren zu zehnt oder zu zwölft auf einem Zimmer mit Stockbetten. Bettnässen war an der Tagesordnung und Pech hatten die, die unten schlafen mussten. Ich hatte Pech. Das Essen war eine Katastrophe. Aufessen war unumgänglich. Als ich mich weigerte, die reinen Fettbrocken in der Kartoffelsuppe aufzuessen, wurde ich alleine im Speisesaal zurück gelassen mit der Maßgabe da so lange bleiben zu müssen, bis der Teller leer war. Nach einiger Zeit und mit panischem Ekel raffte ich mich auf und warf die Fettbrocken aus dem Fenster an der Wand hinunter, die glücklicherweise mit Wein berankt war, so dass der Aufprall der Fettbrocken abgemildert wurde. Nachdem ich mit dem Essen „fertig“ war, begab ich mich so bald es mir möglich war nach draußen, um die Fettbrocken in einen Kanaldeckel zu werfen. Züchtigungen jeglicher Art waren an der Tagesordnung im Unterricht wie auch im sonstigen Tagesverlauf. An Ostern hatten wir Besuch von unseren Eltern und mussten auf der Treppe stehend ein zuvor eingebläutes Lied „Das Wandern ist des Müllers Lust“ schmettern. So ziemlich alle Jungs heulten wie die Schlosshunde, die Holztreppenstufen wurden nass und dunkel. Das Zusammentreffen mit den Eltern war ein Drama. Zur Belohnung, dass ich da bleibe ins mich noch 3 Wochen „zusammenreiße“, wurden mir ein Paar Rollschuhe in Aussicht gestellt, die ich dann auch bekommen habe. Ich habe mir damals geschworen, dass ich das meinen Kindern, falls ich jemals welche haben sollte, nie antun werde. Ich habe zwei erwachsene Söhne und weder ein Heim- oder Internatsaufenthalt kamen infrage. Es ist eigentlich unglaublich, welch Leid Kindern sogar unter staatlicher Aufsicht in solchen Heimen, die ihren Namen nicht verdienen, angetan wurde. Ich war mittlerweile zweimal dort in Hafenpreppach, aber leider kommt man nicht mehr hinein, da es nun in Privatbesitz ist. Da sind jetzt 51 Jahre vergangen und das lässt mich nicht mehr los und ich weiß gar nicht, ob es mich psychisch geschädigt hat und wenn, wie oder nicht. Schön war es keinesfalls dort und für viele traumatisierend. ??
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Reuschling aus Ditzingen schrieb am 19.07.2021
Ich wurde im Alter von sechs Jahren für
Sechs Wochen, in ein solches Erholungsheim von meinen Eltern gebracht. Warum weiß ich nicht mehr, ich glaube wegen Keuchhusten und zu mager. Briefe, die ich natürlich nur bedingt schreiben konnte, wurden zensiert und nicht verschickt. Ich musste essen, was ich nicht mochte, damals Erbsen und Karotten Gemüse, und so lange am Tisch alleine sitzen bleiben, bis ich aufgegessen hatte. Und zur Not wurde nachgelegt. Danach ins Bett. Dort habe ich das erbrochen. Das Bett wurde nie frisch bezogen.
Man musste Mittagsschlaf machen, und liegen bleiben, bis eine Schwester kam. In diesem Alter natürlich nicht mehr notwendig. Auf die Toilette durfte man nachts nicht und auch nicht während dem Mittagsschlaf.
Ich wurde zur Strafe immer an meinen Zöpfen gezogen, und zwar nach oben, WAs besonders schmerzhaft ist. Es waren katholische Schwestern. Nach drei Wochen kamen meine Eltern zu Besuch. Da durfte ich fast nichts sagen. Ich hatte gebettelt mich nach Hause zu nehmen. Entweder ging das nicht, oder meine Eltern wollten es nicht.
Ich werde das alles nie vergessen! Ich bin jetzt 61!
Nach Hause kam ich dann mit Kopfläusen.
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Alfons Siepert aus 86825 Bad Wörishofen schrieb am 18.07.2021
Mit 5 und mit 8 Jahren war ich wegen asthmatischer Beschwerden im selben Kinderheim der Caritas.
Die Post wurde zensiert, sowohl eingehende, als auch ausgehende. Es wurde erheblicher Zwang zur Essensaufnahme ausgeübt. Erfolgskriterium war die Gewichtszunahme der Kinder in der Zeit der Verschickung.
Mochte jemand sein Essen nicht, wurde er gezwungen, den Teller leer zu machen.
Ich konnte und kann keine rohen Zwiebeln essen. Der aufgetischte Salat war gespickt damit.
Ich musste diesen Salat essen und musste ihn immer wieder auswürgen. Man gab mir immer wieder neuen Salat und ich musste das Erbrochene auch wieder aufessen. Manchmal hielten mich zwei „Schwestern“ fest, eine dritte hielt mir die Nase zu und die vierte stopfte mir den Salat in den Mund.
Es war eine oft praktizierte Prozedur, ich habe in meiner Gruppe innerhalb von 6 Wochen pro Verschickung mindestens 8-10 mal so eine Behandlung gesehen.
Insgesamt war Autorität, Gehorsam und Unterordnung kennzeichnend. Der Umgang mit den Kindern war rau, herablassend und konfrontativ.
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Ulrich Rodon schrieb am 18.07.2021
Ich war damals 6 Jahre alt und schon immer ein kränkliches Kind gewesen. Auf Anraten des Hausarztes kam ich in die Landverschickung nach Sylt. Es ging abends mit dem Zug aus Süddeutschland (BW) zusammen mit anderen Kindern los, obwohl ich noch an einer Zeckeninfektion kurierte. Eine karierte Decke zum Schlafen im Zug hatte ich mitbekommen. Da ich in dieser Zeit meinen Geburtstag haben würde, hatte ich auch schon mein Geburtstagsgeschenk, einen Steiff-Pinguin, dabei. Ich erinnere mich noch daran, dass das Erste, was in Klappholttal passierte, die Wegnahme der Kuscheltiere war, die im Gemeinschaftsraum sozialisiert wurden (was das Schlimmste ist, das ich der Einrichtung vorwerfen kann). Mein Kuscheltier bekam ich aber offensichtlich für nach Hause wieder zurück. Für mich als Kind war es furchtbar, dass man Joghurt (in Plastikbechern) essen musste, das ich nicht kannte. Immerhin durfte ich haufenweise Zucker reinpacken, um es überhaupt runterzubekommen. An Sanktionen oder Strafen kann ich mich nicht erinnern. Aber daran, dass ich jede Nacht bettnässte, Heimweh?, oder andere Gründe? (mein goldgesteifter Schlafanzug hing folglich jeden Tag auf der Leine). Ganz schlimm war, dass im Vorfeld meines Geburtstags andere Kinder schon Geschenke (ich erinnere mich an Süßigkeiten) von zuhause zugeschickt bekommen hatten (diese dann unter den Kindern verteilen konnten) und ich dies nun auch für meinen Geburtstag erwartet hatte. Es kamen zwei Postkarten: eine von meinen Eltern und eine von meinen Geschwistern. Da kommen mir noch heute die Tränen, mit 61 Jahren.

Was ich der Institution also ernsthaft vorwerfen kann: Das Wegsozialisieren meines Kuscheltiers.

Was waren generelle Probleme für mein Alter:
Mit aggressiven Jungs-Gruppen hatte ich schon damals wenig am Hut und natürlich das Heimweh.

Was habe ich Positives zu erzählen:
Ich habe dort sehr viel über die Sylter Umwelt und biologische und meeresbiologische Zusammenhänge gelernt. Ich studierte später dann auch Biologie. Weiterhin habe ich von meinen Mitschützlingen gelernt, wie man Knoten macht und wie man mit Gürteln schnalzt.
Die innere Sicherheit, dass man überall hin reisen kann, das bleibt mir bis heute.
Nachwirkungen:
Ich kam total fertig zurück nach Hause. Das Willkommensfoto von mir vor dem Haus meiner Großeltern spricht Bände.
Und: In der Folge machte meine Familie einen Urlaub in Italien. Wie meine Mutter erzählt, gab es dort auch solche Kindergruppen am Strand. Und ich wich diesen immer aus, was meine Eltern total irritierte.
In den 70ern wollten meine Eltern meine Nachzügler-Schwester auch in die Landverschickung geben. Da muss ich damals massiv protestiert haben.

Zum Thema: das wird erst jetzt aufgearbeitet.
Es muss schon in den 70ern, 80ern Presseartikel - ich vermute im Stern - zum Thema Klappholttal gegeben haben, da meine Mutter immer wieder davon erzählt, dass sie erschrocken sei, als sie von den Zuständen dort erfahren habe und was sie mir zugemutet hätte.
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Irmgard Manntz aus Berlin schrieb am 16.07.2021
Ich bin 1956 als Fünfjährige zu einer sechswöchigen Kur vom Kinderarzt nach Wyk auf Föhr wegen Unterernährung verschickt worden. Dort sollte ich aufgepäppelt und aufgebaut werden. Leider stellte sich vom ersten Tage an heraus, dass es hier nicht um Wohlfühlen, Erholung und Aufbau ging, sondern ein extrem autoritäres Regime von Tanten uns Kinder in jeglicher Hinsicht gängelte. Bei mir ging es täglich darum, dass ich alle Mahlzeiten komplett aufzuessen hatte, was ich aber nicht einhalten konnte, wenn es mir nicht geschmeckt hatte. Dann kam umgehend eine Strafmaßnahme: Einsperren im Badesaal. Wenn ich mich gegen andere "Regeln" auflehnte, weil ich sie nicht verstehen konnte, kam ich für viele Stunden in eine dunkle, fensterlose Kammer. Wenn wir im Schlafsaal noch gesprochen oder gesungen haben, wurde das ebenfalls mit Strafmaßnahmen belegt: man musste einzeln im Gang liegen, damit alle sehen konnten, dass man etwas "verbrochen" hatte... ich kann mich gar nicht mehr an alles erinnern (über die Jahre erfolgreich verdrängt), aber insgesamt war diese Kur eine Tortour mit Gefängnischarakter. Eine Erinnerung an Ausflüge oder Stranderlebnisse an der frischen Seeluft habe ich überhaupt nicht. Das hatte zur Folge, dass ich später mit meiner Familie zwar sehr gern an die Nordsee gereist bin, aber ausdrücklich niemals nach Föhr !!!
Ich habe diese Erlebnisse vor ein paar Jahren erstmalig meinem Mann erzählt, er war fassungslos und konnte verstehen, warum ich um Föhr einen großen Bogen geschlagen habe.
Ich habe erst heute durch den Tagesspiegel-Newsletter von dem Schicksal der "Verschickungskinder" gelesen und da ist alles wieder hochgekocht. Ich hoffe sehr, dass es heutzutage nicht mehr möglich ist, Kinder in einer Kur dermaßen zu drangsalieren!!!
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Michael schrieb am 16.07.2021
Ich war zu einer Kinderkur in den 70-er Jahre in Bad Dürrheim. Briefe der Eltern wurden allen Kindern öffentlich vorgelesen. Ich wurde gezwungen, einen Apfel und eine Tomate zu essen. Seither habe ich nie mehr einen Apfel und eine Tomate gegessen.
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Norbert schrieb am 10.07.2021
Ich war bei mit 12 Jahren bei den ältesten Teilnehmern, war schon ausgewachsen und wegen der Rückenprobleme als Kind eines Postbeamten über die Postbeamtenkrankenkasse auf Kindererholung in St. Peter Ording. Wir waren dort in Mehrbettzimmern untergebracht. Es gab durchaus in St. Peter Ording auch schöne Erlebnisse, aber das Meiste, dass ich dort erlebt habe, ist weg. Schön waren Strandgänge, das Fußballschauen und ähnliches. Ich kann mich auch an eine Sturmflut und gesammelte Muscheln erinnern.

Schon lange bewusste und bekannte Belastungssituationen: Obwohl mir Fisch und bestimmte Gemüsesorten nie geschmeckt haben musste ich täglich mindestens einmal Fisch und Gemüse essen, wer nicht gegessen hat wurde vor versammelter Mannschaft öffentlich gedemütigt, beschimpft und bestraft. Auch wir Jungs mussten täglich nackt unter Aufsicht von Frauen duschen.

Und dann der Sexueller Missbrauch: Weil ich wegen meiner im Alter von 6-7 Jahren Operation keine Vorhaut mehr hatte und somit von Klassenkameraden gehänselt wurde habe ich alle Situationen vermieden, in denen ich nackt war bzw. mein Glied sichtbar war. In Sankt Peter Ording habe ich also erst versucht in Badehose zu duschen, nachdem dies mir verboten wurde habe ich erst mit dem Rücken zu den Betreuerinnen geduscht, später wurde ich gezwungen mich mit dem Gesicht zu den Betreuerinnen hin zu duschen und alle Stellen des Körpers wahrnehmbar vor den Augen der Betreuerin zu waschen. Scheinbar war das nicht „ordentlich“ genug, weil ich dann in den besonderen Fokus geraten bin und im Bett regelmäßig „Sand-Kontrollen“ gemacht wurden. Da im Bett „Sand gefunden“ wurde bei mir regelmäßig kontrolliert. Der konkrete Mißbrauch erfolgte so: Eine Betreuerin hat mich im Bett „kontrolliert“ und solange an meinem Glied rumgemacht bis ich einen Orgasmus hatte, danach hat sie gesagt „So jetzt bist Du ein Mann“. Das Ganze hat in einem vollbelegten Mehrbettzimmer bei Verdunkelung stattgefunden. Ich musste stillhalten und schweigen. Dabei fühlte ich mich hilflos und ohnmächtig und lag mit der „Sauerei“ im Bett. Ich konnte mit Niemanden über dieses Ereignis sprechen, weder dort noch später mit meinen Eltern und habe es tief in mir vergraben, verdrängt und vergessen bis es 2020 wieder da war. Trotzdem hatte ich jahrelang Albträume, ekele mich seitdem vor Fisch und dem Geruch von Samen und habe über die Jahre PBTS und andere psychische Probleme entwickelt.
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Günther Beirle aus Fürstenfeldbruck schrieb am 09.07.2021
Ich war im Sommer oder Herbst 1975 im Alter von 6 Jahren für 6 Wochen in Neustift/Passau zur „Kur“. Das Haus wurde von Orden der Benedikterinnen der fortwährenden Anbetung (damaliger Name) geleitet, und war bis 1965 eine TBC-Kinderheilstätte. Das Haus wurde 1988 abgerissen.
Vorangegangen war eine Schulvoruntersuchung, bei der meine Reife für die Einschulung begutachtet wurde, weil ich erst kurz vor Schuleintritt 6 Jahre alt wurde. Ein Mann mit mir unbekannter Profession legte dazu meinen Arm über den Kopf, da meine Hand das Ohr nicht erreichte, empfahl er eine Rückstellung und eine 6wöchige Erholungskur. Meine Mutter brachte auch mein nächtliches Verlangen, ins elterliche Bett zu krabbeln, ins Gespräch. „Das gibt sich dann“ sagte der Mann.
Vorangegangene Traumatisierungen kamen leider nicht zur Sprache, wie beispielsweise der Unfall meines Vaters 2 Monate vor meiner Geburt, die ihn durch schwere Gehirnblutungen schwer geistig behindert zurückließen. Oder die Umzüge von Ulm nach Koblenz, und von dort nach München, bei denen ich jeweils Umfeld, Freunde und Umgebung aufgeben musste.
Die Wochen vor der Verschickung bekam ich zunehmend immer mehr Angst, und weinte und bettelte darum, daheim bleiben zu können. Meine Mutter war jedoch in Ihrer eigenen (Nachkriegs-)Kindheit selbst auf Erholung gewesen, irgendwo am Meer, und hatte nur positive Erinnerungen daran. (Das muss man vielleicht auch im Kontrast zu Ihren Erlebnissen im Elternhaus und später in diversen Heimunterbringungen sehen, die gleichermaßen geprägt von Gewalterlebnissen waren)
Ich kann mich noch gut an den Reisebus erinnern, in dem ich dann zusammen mit anderen Kindern saß. Der fuhr irgendwo in München ab. Draußen vor dem Fenster stand meine Mutter und winkte, ich hörte irgendwann zu weinen auf.
Obwohl ich über ein gutes und detailliertes Erinnerungsvermögen verfüge, habe ich an die folgenden 6 Wochen ab diesem Punkt so gut wie keine Erinnerung, nur ganz wenige Bilder und Szenen sind für mich greifbar.
Ich wurde krank vor Heimweh, hatte Bauchschmerzen und Durchfall. Im Speisesaal sitze ich an einem runden Tisch mit etwa 6 anderen Kindern. Eine Nonne tritt hinter mich und sagt: „Hier stinkst. Hast Du wieder in die Hose geschissen?“. Ich nicke, und sie führt mich aus dem Raum in ein kleines Bad. Das Bad liegt direkt an dem Korridor, der aus dem Speisesaal zurückführt. Bei offener Tür werde ich abgeduscht, die anderen Kinder sehen beim zurückgehen vom Speisesaal zu mir herein.
Zur Mittagsruhe lagen wir auf unbequemen Decken auf dem Boden eines großen Raumes, die wie eine Tabelle ordentlich ausgelegt waren. In der Mitte stand ein Schreibtisch, an dem eine Nonne saß und uns überwachte. Wir mussten lange Zeit dort liegen, ohne Sprechen, und mit geschlossenen Augen. Ich erinnere mich, die Angst entwickelt zu haben, irgendwo hinzublicken, wo auch die Nonne hinsah, weil sie meinen Blick dann bemerken könnte.
Ich erinnere mich an einen Spaziergang im Wald.
Baden und Haarewaschen fand in einem seltsamen Bad statt, ein großer Raum mit mehreren Badewannen hintereinander, alles weiß gekachelt. Ich erinnere mich an eine grobe Nonne, die mir den Kopf nach hinten hielt und sagte, ich solle mich nicht so anstellen, da ich wegen des Wassers in den Augen weinte.
Ich erinnere mich an einen Versuch, nachts auf Klo zu gehen, und die Angst dabei. Ich wurde von einer Nonne im Gang erwischt, weiß aber nicht, was daraufhin geschah.
Es gab wohl ein Telefonat zwischen dem Heim und meiner Mutter und Stiefvater, die eigentlich wegen der Nähe (München/Passau) einen Besuch versprochen hatten. Das Heim empfahl, darauf zu verzichten, sonst würde es schlimmer werden mit dem Heimweh.
Ich erinnere mich an ein Hallenbad, da war dann auch mal ein Mann dabei statt den Nonnen. Ich wollte nicht ins Wasser springen und wurde hineingeworfen.
Da ich nicht untertags in der Schule war wie die meisten anderen, war ich immer bei ein paar Nonnen in der Stube. Ich musste basteln, Holzkreisel verzieren und Bastbienen flechten. Das durfte ich aber nicht behalten, das wurde als Andenken verkauft.
Im Schlafsaal waren etwa 10 Betten, ich erinnere mich an nächtliches Weinen, und dass mir die älteren immer meine Sachen weggenommen haben. Das ließ mich endgültig verzweifeln, meine Mutter legte doch sehr Wert darauf, daß man ordentlich mit seinen Dingen umgeht. Es ging um ein Nagelpflegeetui und einen Gürtel, die ich nicht zurückbekam. Tatsächlich schrieb meine Mutter das Heim später noch an, und ließ nach dem Gürtel nachforschen.
Ich habe noch ein Bild von Beten und Singen in einer kleinen Kirche oder Kapelle, das war wohl ein Raum im Haus.

An Spielen oder interagieren mit anderen Kindern kann ich mich nicht erinnern, an kein Lachen, kein Frühstück, kein Anziehen oder Ausziehen, kein Aufstehen, kein Trösten. Was habe ich den ganzen Tag gemacht? Ich weiß es nicht. Ich kann mich auch nicht erinnern, wie ich nach Hause kam.
Ich glaubte irgendwann nicht mehr, daß ich wieder nach Hause komme. Ich war schon nach wenigen so verloren und verzweifelt, daß ich mich selbst völlig aufgab. Ich hatte mein Zuhause irgendwie vergessen. Wie es dort weiterging, ob ich meiner Mutter je erzählt habe, wie es dort war, ob sie hat ahnen können, was mit mir passiert ist? Ich weiß es nicht. Meine Erinnerung fängt erst Monate nach der Rückkehr wieder an. Die Beziehung zu meiner Mutter war nie wieder wie vorher.
Im späteren Leben fiel Vieles schwer: Schwimmen lernen, meinen Eltern vertrauen, Wegfahren, vor Menschen sprechen, Menschen vertrauen, mich selbst mögen, Glauben geliebt zu werden, Gott nicht zu fürchten, Essen in größerer Gesellschaft, Trennungsangst ertragen, Freunde finden, Autorität ertragen, Menschen hinter Schreibtischen ertragen. Um nur einiges zu nennen.
Mit 25 Jahren begannen Panikattacken und anhaltende Angstzustände, wenn ich verreiste. Bis heute ist das immer schlimmer geworden, Urlaub ohne Angst ist nur mit Medikamenten übrig. Angst, Selbstzweifel, Konzentrationsstörungen, Schwindel, Beklemmung, Durchfall, Panikattacken, Zwänge und Depression begleiten mein Leben ebenso wie therapeutische Behandlungen. Aber erst jetzt, durch meine später Vaterschaft und einem Sohn, der bald in das Alter kommt, in dem ich damals war, wurde mir unangenehm heftig bewusst, welches Trauma mir bislang mein Leben vehunzt hat. Erst kurz danach entdeckte ich, dass es nicht nur ein „böses“ Heim gab.

Und jetzt steh ich hier, im Bewusstsein, das ganze Generationen habgieriger Akteure, Mitarbeiter und Betreiber, Träger und Ämter im Wohlfahrtswesen - gleich einer Industrie - ganze Generationen Schutzbefohlener aus finanziellem Interesse, vielleicht gelegentlich gespickt mit Lust am Sadismus, vermarktet und ausgebeutet haben. Und dabei die Kindheit und Zukunft von Millionen deformierten oder zerstörten.
Alles was bleibt, ist, lückenlos, bedingungslos und ausnahmslos die Zusammenhänge aufzuklären, damit alle beteiligten Institutionen ihren heute tadellosen Leumund und ich prächtiges (und gewinnträchtiges) Erscheinungsbild nur behalten können, wenn sie sich zu Ihrer Verantwortung bekennen.
Wer auch in Passau war und Interesse am Austausch hat: es gibt eine Passauer Gruppe im Forum.
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Helmut Althaus aus Simmern/Hunsrück schrieb am 08.07.2021
Ich wurde von meiner Mutter zum nächsten Bahnhof gebracht. Dort war bereits eine andere Mutter aus unserem Dorf mit ihrer ca. achtjährigen Tochter, die ebenfalls verschickt werden sollte. Ich habe dieses Mädchen später in Bad Rappenau niemals gesehen. Mädchen waren wohl in einem anderen Bereich des Heimes untergebracht. Jedenfalls ging es mit dem Zug von Tanten begleitet weiter. Bis Bad Rappenau war die Zahl der Kinder, die unterwegs zustiegen, zu einer stattlichen Gruppe angewachsen. Vom Bahnhof ging es per Fußmarsch ins Kinderheim.

Wenn ich nun, natürlich ohne Belastungseifer und um Objektivität bemüht, meine Eindrücke schildere, so muss die Zeit berücksichtigt werden. Als Kind war man einiges gewohnt und abgehärtet. In der Schule wurde noch geprügelt. Selbst der Ortsgeistliche, der auch als evangelischer Religionslehrer fungierte, hatte mich Monate vorher mit einer Drachenlatte (vom Werkuntericht übriggeblieben, weil zu schwer) geprügelt. Dass ich sechs Wochen vorher am Blinddarm operiert worden bin, spielte da keine Rolle. Der Grund für die Strafe war das Vergehen, am vergangenen Sonntag seinen Kindergottesdienst „geschwänzt“ zu haben. Perfide war auch das installierte Spitzelsystem des Seelsorgers. Ein Schüler seines Vertrauens, ein eifriger Kirchgänger, musste zu Beginn der Unterrichtsstunde vor der Klasse die Namen laut verlesen, damit Pfarrer Dr. Rieger (Jahrgang 1913) wusste, wen er über die Bank zu legen hatte. Eben Methoden der Denunziation, wie sie in der NS-Zeit üblich waren. Man hatte es in den ersten drei Jahrzehnten nach dem Krieg mit Erwachsenen zu tun, die selbst im Nationalsozialismus erzogen worden waren und diesen Zeitgeist noch lange mehr oder weniger verinnerlicht hatten.

Ich war ein guter Esser und hatte hier  keine Probleme. Die Küche war natürlich. Im Grunde war das Essen so schlecht nicht. Ich kann mich noch gut an den Joghurt im Glas erinnern, Naturjoghurt und nicht der heute oft gereichte Fruchtjoghurt mit allerlei Chemiezusatz. Gerne gesehen wurde es, wenn er mit einem oder zwei Löffeln Zucker kalorienreicher gemacht wurde. Das konnte man aber selbst entscheiden. Geschlafen wurde im kargen Jungen-Schlafsaal. Die etwas betagten Eisenbetten, vielleicht noch aus Wehrmachtsbeständen, hatten keinen Lattenrost, sondern lediglich eine Drahtbespannung. Nachmittags war in einer offenen, überdachten Halle aus Holz im Grünen die gut überwachte Mittagsruhe zu halten. Das bedeutete stundenlang still zu liegen. Vorher wurde noch die Post verteilt. Das Heimweh war auch für einen Zehnjährigen ein gewaltiges Problem. Kam mal mehrere Tage keine Post, war das für die kindliche Psyche eine Katastrophe. Ein- und besonders ausgehende Post wurde selbstverständlich kontrolliert, wahrscheinlich auch mal zurückgehalten. Als Kind war man von zu Hause abgeschnitten. Ein Telefon gab es in normalen Haushalten damals nicht. Anrufe von zu Hause wären sicher unterdrückt worden. Der Sommer 1957 war sehr heiß. Das Fußballspielen auf der Wiese untersagte man uns. Wir sollten ja an Gewicht zunehmen. Wir wurden oft gewogen und das Ergebnis in eine Kladde eingetragen. Erinnern kann ich mich an begleitete Spaziergänge, auch in den Wald. Wir bauten dann mit Steinen kleine Dämme in den Bach. Nach dem Abendessen wurden meist Volkslieder gesungen. Es wurde auch ein kleines Theaterstück einstudiert. Ich hatte eine unbedeutende Nebenrolle. Andere waren wohl talentierter, was von den Tanten durchaus wohlwollend zur Kenntnis genommen wurde. Einmal wurde ich zur Oberin gerufen. Mein Vater stand im Eingangsbereich, daneben mit strengem Blick und Regiment die Oberin des Diakonissenhauses. Der Abstand war ca. 5 Meter. Es wurde kaum etwas gesprochen, Nach gefühlt einer oder zwei Minuten wurde ich wieder zurückgeführt. Mein Vater konnte seine Gefühle nicht gut ausdrücken. Traumatisiert aus dem Kriege heimgekehrt, gab es damals keine Hilfen in Form von therapeutischer Betreuung. Jeder, und es gab sehr viele, musste mit seiner posttraumatischen Belastungsstörung allein zurechtkommen. Viele sind dem Alkohol und/oder anderen Süchten verfallen. Hintergrund war wohl, dass meine Mutter gedrängt hatte, den Jungen (sehr wahrscheinlich unangemeldet) spontan zu besuchen, auch wenn es eigentlich verboten war. So musste mein Vater mit dem Moped (ein Auto hatten wir damals noch nicht) im 40 Km/h Tempo vom Landkreis Mannheim, wo wir wohnten, über rund 48 Km Landstraßen nach Bad Rappenau zuckeln.

Vielleicht gibt es Personen, die als Kind auch in Bad Rappenau waren und zu einem Gedankenaustausch bereit wären. Ich würde mich freuen. Mein Bettnachbar Harry ist mir unter anderen noch gut in Erinnerung. Ebenso ein Dieter Rettig.
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Gabi aus München schrieb am 06.07.2021
Ich war öfter in verschiedenen Heimen, zur "Erholung" nach Kinderkrankheiten und weil ich lt. Hausärztin "zu dünn" war. Mein letzter Heimaufenthalt war mit 13 in Neustift /Passau. Das wurde damals von Nonnen geführt.
Auch ich wurde zum Essen gezwungen - jeden Morgen, weil ich generell eigentlich nie etwas zum Frühstück aß. Ich zwang mir selbst eine halbe Semmel mit Marmelade runter, wurde aber regelmäßig gezwungen die zweite Hälfte auch zu essen. Was regelmäßig dazu führte, dass ich dann ALLES wieder erbrechen musste (heimlich natürlich, sonst hätte ich ja wieder alles neu essen müssen).
Wenn man etwas nicht aß, musste man so lange sitzen bleiben, bis man es eben doch gegessen hatte. Als ich spät abends immer noch alleine im Dunkeln im Speisesaal saß, löste ich das Problem, in dem ich den verhassten Brathering auf den Boden warf. Eine der Nonnen (eine einzige!) war sehr lieb und brachte mir dann mitten in der Nacht heimlich noch ein Brot mit Teewurst.
Post wurde kontrolliert, Pakete von zuhause konfisziert und der Inhalt - angeblich - an alle Kinder verteilt.
Es wurde viel gebastelt, aber nur mit den Kindern, deren Eltern ausreichend Geld mitgegeben hatte (bei mir ging es leider nach einer Weile zur Neige); der Rest musste zugucken.
An konkrete körperliche Strafen kann ich mich nicht erinnern, aber angedroht wurden wirklich pervese Strafen (mit Brennesseln unter den Po schlagen), zB für das Tragen von in den Augen der Nonnen "nicht angemessener" Kleidung.
Gefallen haben mir aber die häufigen Wanderungen, bei denen auch immer gesungen wurde. Da war man auch freier und nicht so massiv "beaufsichtigt".
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Christina Sonnenschein aus Leer schrieb am 06.07.2021
Ich schreibe hier für meine Mutter Ursula Anneliese Hojenski. Sie ist 1948 geboren und verstarb leider 2015. Meine Mutter hat mir immer wieder von ihrem schlimmen Kuraufenthalt auf Norderney erzählt.
Als besonders schlimm waren mir die Essensituationen in Erinnerung geblieben, von denen sie erzählte. Kinder mussten ihr Essen essen, egal ob sie das Essen nicht mochten oder satt waren, man blieb so lange sitzen, bis man auf gegessen hatte.
Manche wurden bestraft. Manche erbrachen sich. Meine Mutter konnte kein Wirsing- oder Porreegemüse mit weißer Soße essen, weil sie sich im Heim so davor geekelt hat und das trotzdem mehrfach essen musste, bis zum würgen, bis zum erbrechen.
Es gab noch andere Erzählungen, jedoch ist mir diese besonders in Erinnerung geblieben, als Kind.
Ich weiß, das es noch Fotos von dem Aufenthalt gibt und werde diese raus suchen.

Viele Grüße
Christina
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Frank Heine aus 58332 Schwelm schrieb am 05.07.2021
Ich war 1965 im Alter von 7 Jahren für 6 Wochen auf Borkum, und keine Erinnerung mehr an das Heim, ich weiß nur noch das ich sehr viel Heimweh hatte und sehr viel geweint habe, eine schlimme Zeit.....
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Regine u. Birgit Tummascheit aus Seligenstadt schrieb am 05.07.2021
Meine Schwester und ich sind in den 70er Jahren von den Eltern nach St.Peter Ording geschickt worden.Ich glaube das Heim hies Haus Lorenzen. Es war eine traumatisierende Zeit. Es wurde geschlagen, wir durften auch nicht auf die Toilette, nur in bestimmten Zeitabschnitten, Nachts saßen die Aufsehrinnen in den Gängen und wehe man schlief nicht, man wurde geschlagen. Morgens musste jeder sein Bett stramm Ziehen und Fachgerecht legen und wehe man tat es nicht. Gab es wieder schläge. Das Essen war oft nicht so doll. Es gab schlimme Szenen am Tisch, ein junge Erbrach sein essen und musste auch dies aufessen, was uns alle erschrak, alle hatten Angst. Die Post wurde überprüft, die Päckchen die unsere Mutter sand wurden uns weggenommen und unter allen verteilt. Mittags mussten wir am Essenstisch im sitzen Schlafen, danach Wandern, was für mich das schönste war. Morgens mussten wir uns mit eiskaltem Wasser abduschen, es war eine schreckliche Zeit. Die sechs Wochen waren ein Alptraum. Ich war froh das meine Schwaster bei mir war. Ich vergesse bis heute nicht, das unsere Mutter fragte was wir uns zu essen wünschen wenn wir Heim kommen. Wir wünschten uns Pommes und Curry Wurst, ich war erst 9 Jahre jung und bekam vor meinem Teller einen Nervenzusammenbruch und heulte Rotz und Wasser, konnte vor lauter weinen nicht essen. So schlimm waren die 6 Wochen. Das vergesse ich nie.
Auch meine Brüder und meine kl. Schwester waren Verschickungskinder und haben schreckliches erlebt. Eine schlimme Zeit war es. Schade das die sogenannten Erzieherinnen nie zur rechenschaft gezogen wurden. Ich hoffe sie bekommen wo immer sie auch sind ihre Strafe.
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Ellen aus Berlin schrieb am 05.07.2021
Nach einem 6 monatigen Krankenhausaufenthalt wegen einer Hilusdrüsen TBC wurde ich im Dezember 1952 ins Allgäu verschickt. Die erneute Trennung von meiner Familie ist mir damals sehr schwer gefallen. An das Haus und die Furcht einflößenden Nonnen mit ihren großen Hauben kann ich mich heute noch gut erinnen. Gerade 7 Jahre alt geworden hatte ich schreckliches Heimweh, das durch die extreme Strenge und eine Athmosphäre ohne jegliche Empathie noch verstärkt wurde. Einmal gab es zum Mittag Sülze. Ich biß auf ein Stück Knorpel und mußte würgen. Unter Strafandrohung wollte man mich zwingen alles aufzuessen, aber ich habe mich konstant geweigert. Nach einer Tracht Prügel musste ich dann "Stramme liegen": Auf einer Pritsche auf dem Rücken, Hände seitlich an den Körper und Augen zu. Ich kann micht nicht erinnern wie lange, aber es kam mir wie eine Ewigkeit vor, zumal bei der geringsten Bewegung oder dem Öffnen der Augen eine strenge Ermahnung erfolgte. Meine Rettung damals war eine junge Praktikantin, die mich in ihr Herz geschlossen hatte. Sie half mir, nach Hause zu schreiben - ich war gerade 4 Wochen in der Schule, als die TBC ausbrach - und las mir die Post und kleine Büchlein vor, die ich von Eltern und Geschwistern geschickt bekam. Ich kam dennoch gut erholt aber vor allem überglücklich nach der Kur wieder nach Hause. Es ist lange her, aber bis heute habe ich extreme Trennungsängste und eine Aversion gegen alles, was auch nur nach Knorpel oder Fett aussieht.
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Friedrich aus Hessen schrieb am 05.07.2021
Ich war mit ca 5/6 Jahren in Bad Sachsa mehrere Wochen in einem Heim (vielleicht im Borntal?) und im glaube im nächsten Jahr auf Norderney für 6 Wochen.
Ich habe nur vage Erinnerungen an die Heime und suche andere, die dort waren als Insassen oder Praktikanten.
Soweit ich mich erinnern kann, waren es in Bad Sachsa aussen dunkle Gebäude, vielleicht Holz Fassade. Danach war ich nochmal für 6 Wochen in einem Kinderheim in Norderney.
An Bad Sachsa kann ich mich nur ganz vage erinnern, an Norderney etwas mehr. Dort gab es nicht viel zu trinken, ich hatte immer Durst. Einige Zeit war ich auch krank mit Mittelohrentzündung. Wenn man Nachts laut war, wurde man in den Waschraum gesperrt und musste auf einer Liege schlafen. Das nutze ich aus, um heimlich Wasser aus dem Hahn zu trinken. Nach dem zweiten Heim hab ich meinen Eltern mit Selbstmord gedroht, wenn sie mich nochmal weg bringen.
Noch heute lösen einige Eindrücke, wie zb das Lied "kein schöner Land" intensive Gefühle von Trauer und Schmerz aus und ich habe mich immer gefragt warum, ich glaube es wurde in Bad Sachsa oft gespielt. Nach diesen Heimen war das Verhältnis zu meinen Eltern nicht mehr wie vorher.
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Bodo Behrens aus Berlin schrieb am 05.07.2021
Ich war im Januar/Februar 1959 im Alter von 10 Jahren für 6 Wochen zur Erholung im Kinderheim Dr. Ewald in Wüstensachsen/Rhön.
Einige Dinge sind mir in lebendiger Erinnerung geblieben. Erst einmal das absolut strenge Regiment. Es gab überhaupt keine Empathie seitens der Erzieherinnen, was bei dem fürchterlichen Heimweh, das einen bewegte, unbedingt nötig gewesen wäre. Es gab ausschließlich das Prinzip von Befehl und Gehorsam. Das entsprach wohl dem Erziehungsstil vieler in den 50er Jahren. Die Post nach Hause wurde strengstens zensiert. Es war absolut verboten, heimlich eine Postkarte nach Hause zu schicken. Davor wurde ständig gewarnt.
Jeder Tag war bestimmt durch ausgedehnte Wanderungen durch die Rhön. Das Essen war ein besonderes Thema. Ständig gab es Quark mit Kartoffeln und ein Fruchtmüsli. Man wurde regelrecht gemästet. Natürlich musste man seinen Teller leer essen. Konnte man nicht mehr essen, musste man trotzdem weiter essen. Im Extremfall erbrachen sich Kinder und mussten dann das Erbrochene essen. Der Grad der Erholung wurde an der Gewichtszunahme gemessen. „Du hast dich ja gar nicht erholt“, sagte Dr. Ewald bei der Abschlussuntersuchung zu mir. „Du hast ja gar nicht zugenommen.“
Es ist zwar nicht so, dass ich bleibende Schäden durch die Verschickung entwickelte, aber die Zeit ist mir in äußerst negativer Erinnerung geblieben, obwohl man mich eigentlich überwiegend in Ruhe gelassen hatte. Aber ich erinnere mich mit Grausen daran, wie andere Kinder behandelt wurden.
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Gabi Talavera aus Lüdenscheid schrieb am 05.07.2021
Ich war damals 5 oder 6 Jahre alt und musste wegen einer chronischen Bronchitis für 6 Wochen zur "Kur". In Wahrheit war es dir Katastrophe. Wir schliefen zu vielen in einem Saal und durften nicht auf die Toilette. Wer es nicht schaffte bis zum nächsten Morgen anzuhalten, wurde bestraft. Nicht nur, dass das Heimweh in dem Alter furchtbar ist, es kam noch eine permanente Angst dazu. Ich kam völlig traumatisiert nach Hause zurück.
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Andrea Oeden aus Amorbach schrieb am 05.07.2021
Auch ich war für 6 Wochen in Kur wegen Untergewicht. Dies wurde über die Schuluntersuchung des Gesundheitsamtes festgestellt. Ich hatte dort schreckliche 6 Wochen, unendliches Heimweh kam dazu. Ich war damals 10 Jahre alt und wurde so erzogen die Erwachsene haben immer recht und was diese sagen muss gemacht werden. Die Betreuerin waren junge unqualifizierte Mädels die nachts feierten und Spass daran hatten uns Nachts Angst ein zu jagen indem sie stets behaupteten in dem Schloss würde im Keller ein Geist wohnen. Dies war das schlimmste für mich konnte kaum schlafen vor Angst. Außerdem wurden alle Briefe, einmal wöchentlich, zentriert. Päckchen von den Eltern wurde einbehalten und an die Gemeinschaft aufgeteilt. Zu
Trinken war uns nur zu den Essenszeiten erlaubt, es gab stets Tee, trank man heimlich Wasser aus dem Wasserhahn auf der Toilette und wurde erwischt gab es Ärger und Sanktionen. Zum Frühstück gab es Müsli und Dies musste immer aufgegessen werden obwohl ich keine Milch mag. Hat jemand erbrechen musste er dies mit dem Rest des Müsli aufessen.
Ich sollte vom Gesundheitsamt das darauf folgende Jahr wieder für 6 Wochen nach Hafenpreppach. Ich drohte daraufhin meiner Mutter mich umzubringen welche daraufhin Abstand nahm.
Meine Mutter erzählte der Dame des Gesundheitsamt meine Ängste und Erlebnisse und diese meinte sie hätte noch keine Beschwerde und Aussagen wie ich sie machte, gehört. Geglaubt wurde mir zwar nicht aber ich musste nicht mehr hinfahren.
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Jürgen aus Kernen schrieb am 05.07.2021
Hallo, ich war Anfang der 70er Jahre 2x in St. Peter Ording wegen Bronchitis und kann, wenn mich meine Erinnerungen nicht täuschen, nichts nachteiliges sagen. Wir hatten viel Sport, waren oft im Wellenbad und strandspatziergaenge.
Was nachteiliges habe ich nicht im Gedächtnis.
Wie das Essen war und die Unterbringung ist mir nicht mehr im Sinn. Ich habe eigentlich nur gute Erinnerungen, vielleicht auch die schlechten verdrängt
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Monika Beer aus Köln schrieb am 05.07.2021
Ich habe den Beitrag gerade in "VOLLE KANNE" gesehen. Leider habe ich nur sehr schwache Erinnerungen. Bin ca 1964/65 im Schwarzwald zur "KUR" geschickt worden um zuzunehmen. An Kellereisperrungen kann ich mich erinnern. An "TELLER LEERESSEN" (incl. Erbrochenes) kann ich mich erinnern. Leider weiß ich nicht mehr.
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Rüdiger aus Bruchmühlbach schrieb am 04.07.2021
Mein Name ist Rüdiger.
Ich bin das erste mal mit 6 Jahren wegen meines Asthmas "Verschickt"worden. In Oberstdorf, im Algäu lagen wir in großen Zimmern mit uralten Eisenbetten. Ein anderes Kind, etwa in mienem Alter hatte hohes Fieber und schrie unaufhörlich nach seiner Mutter. Er wurde dann von den Betreuerinen auf eine nicht nette Art "Zurechtgewiesen". Meine Eltern hatten sich damals gewundert, dass ich die ersten 14 Tage nach dem Aufenthalt fast nicht geredet habe. Wenn ich davon erzählen wollte was da los war, sagten sie mir in meinen Briefen hätte ich doch immer Geschrieben wie schön es dort ist und wie gut das Essen war. Diese Zeilen musste ich in jeder Verschickungskur unter Androhnung von Strafe schreiben!! Das letzte mal, das ich "Verschickt "wurde war 1977 nach Langeoog,Diese sogenannte Kur hätte ich um ein Haar nicht überlebt. Nach dem ich fast 6 Wochen am Stück Leber zum Essen bekam, auch unter Zwang ,war ich froh endlich wieder zu Hause zu sein,Ich kam direckt nach der Kur als Notfallpatient ins Krankenhaus mit einer Doppelseitigen Lungenentzündung, über 40 Grad Fieber und meine Mutter sagte mir, ich hätte 4 Tage lang Blut gebrochen. Meine Lungenentzündung war ein Resultat der Schlechten Betreuung von uns Kindern. beispielsweise, wenn wir im Watt waren und sich keiner dafür interressiert hat, dass unsere Gummistiefel randvoll mit eiskaltem Wasser waren. Ich dachte, dass ich mit meinen Erfahrungen alleine bin, bis ich diese Seite erst vor kurzem entdedckt habe. Daduch ist vieles wieder hoch Gekommen, aber man muss immer nach vorne schauen. Ich bin froh, dass ich die Geschichte Überlebt habe!
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Birgit aus Köln schrieb am 04.07.2021
Ich wurde im Mai 1971 nach Langweiler im Hunsrück, nahe Idar-Oberstein verschickt. Wurde wohl als Vorbereitung zur vorzeitigen Einschulung und weil ich dünn war dorthin geschickt. Ich war sehr schüchtern und habe mich relativ vegetarisch ernährt ("sogut wie kein Fleisch, was zu den Zeiten ungewöhnlich war"). Kann mich leider an sogut wie nichts erinnern ("Ich liege im Schlafsaal ? und die Tür ist einen Spalt geöffnet, wo Licht rein kommt"). Habe noch 1-2 Bilder von dem Aufenthalt , allerdings fehlen mir Unterlagen zur Einweisung o.ä. Wer war in dieser Zeit auch in Langweiler ??? Ich mag z.B. keinen Sellerie, allein der Geruch und die gekochte Konsistenz ist für mich ekelig
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Britta aus Ulm schrieb am 04.07.2021
Ich wurde wahrscheinlich 1969, oder früher verschickt. Ich hatte Untergewicht und somit ging es alleine mit dem Zug nach wyk auf Föhr. Ich habe mich noch nie zuvor so verlassen und einsam gefühlt. Ich konnte meine Gefühle nicht einordnen und eine Welt brach zusammen. Auf der Fähre dachte ich hier endet die Welt und was hab ich getan , das ich hier alleine sein muss. Ich kann mich noch an folgendes erinnern :
Nur in eine Richtung schlafen
Augen mussten geschlossen sein.
Erbrochenes mehrfach essen müssen
Nicht aufs Klo dürfen
Zur Strafe im Flur auf einer Bank schlafen , ohne Decke oder Kissen
Bei nasser Hose kein Wechsel der Kleidung, sondern vorführen bei den anderen Kindern
Kalt baden
Paket nicht behalten dürfen
Schläge
Bei weinen Strafe
Es war eine schreckliche Zeit und viele Dinge begleiten mich noch heute in meinem Alltag
Was mir aus dieser Zeit geblieben ist , ist ein Seepferdchen und eine Karte aus donaueschingen, dort war ich wohl auch mal verschickt. Konnte zu diesem Zeitpunkt schon schreiben, mich aber überhaupt nicht erinnern
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Nicole aus Frankfurt schrieb am 04.07.2021
Auf alten Fotos ist auf der Rückseite das Datum 18.04.77 und auf anderen der 15.05.77 aufgedruckt, sowie der Ort, somit muss ich mindestens in dem Zeitraum in der Bergklause Maria Frieden in 7861 Mambach gewesen sein. Nur fehlen mir jegliche Erinnerungen an diese Zeit, einfach nichts. Womöglich ist das mit 4,5 Jahren normal. Vor ein paar Wochen fing ich an zu googeln und bin recht schnell bei dem Thema Verschickungskinder gelandet und war entsetzt. Also fragte ich meine Mutter, warum sie mich in dem Alter weggegeben hatte und sie sagte das hätte sie nicht. Aber es gibt doch Fotos ich muss da gewesen sein. Eine Mutter kann das doch nicht vergessen. Ich war doch noch so klein, da schickt man sein Kind doch nicht einfach weg und erinnert sich nicht mehr daran. Dann erzählte ich ihr was ich über die Verschickungskinder gelesen hatte. Nach vielen Stunden reden und noch viel mehr Tränen von uns beiden hatte ich Antworten, die dennoch nur für Vermutungen über das wieso, weshalb und warum reichen. Aber noch immer wusste ich nichts über meine Zeit dort. Sie erzählte wie sie mich am Bahnhof abholte und ich als letzte im Zug saß und nicht aussteigen wollte. Mein Verhalten und mein Wesen hatte sich verändert zu sehr ruhig, verschlossen und verängstigt. Wobei sich das nach einer gewissen Zeit wieder normalisiert haben soll. "Normal" bin ich bis heute nicht wirklich. Ich habe keine Erinnerungen an die Zeit und vielleicht ist das etwas zu einfach gedacht, kann es folglich auch kein Trauma bei mir verursacht haben, versuchte ich sie und mich zu beruhigen. Sich nicht erinnern zu können, muss ja nicht automatisch etwas schlechtes sein.
Ich habe die Hoffnung, dass ich hier vielleicht Antworten oder Erfahrungsberichte finde, wie es zu dieser Zeit in dieser Einrichtung war.
Gerne kann ich hier die Bilder einstellen, vielleicht erkennt sich ja jemand.
Gruss. Nicole
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Anne Woywod aus Hamburg schrieb am 03.07.2021
Habe gerade erst vor ein paar Tagen eine Rückführung erlebt, die mir die traumatisierende Erfahrung meiner Verschickung nach Sylt 1976 klar gemacht hat. Bis heute kann ich nicht nach Sylt fahren und unterdrücke Emotionen, habe Kontrollzwang, da ich mit fünf Jahren hilflos wochenlang vollkommen unangemessener Gewalt und emotionaler Erpressung ausgesetzt gewesen bin.
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Sabine aus Kassel schrieb am 01.07.2021
Kein Ereignis meiner Kindheit hat mein Leben so beeinflusst wie der 6-wöchige Aufenthalt im Kloster Wessobrunn. Ich war 6 Jahre alt, stand vor meiner Einschulung und da ich ein "Pummelchen" war, sollte ich "fit" für die Schule gemacht werden - so die Ärztin bei der Einschulungsuntersuchung. Der Aufenthalt in Wessobrunn war ein Trauma. Permanente Angst, Züchtigung, Demütigung, Drohungen, Flüssigkeits- und Nahrungsentzug sowie Schlafen auf dem kalten Klostergang waren Abscheulichkeiten, mit denen dort gearbeitet wurde. An vieles kann ich mich nicht mehr erinnern, aber ich erinnere mich an die vielen herumhängenden Kreuze. Ich erinnere mich an die Nonnen, die mir durch Ihre schwarze Kleidung und ihrer Strenge Angst machten und ich erinnere mich an die weltliche Betreuerin "Tante Ingrid", die mir sagte, dass ich mich nicht so anstellen und mein Heulkonzert beenden soll. Ich bin vor Heimweh fast gestorben und habe deshalb viel geweint. Ein total lieb- und herzloses, feindliches Umfeld, kein Kontakt zur Familie, kein Trost, Angst, Zwang, Züchtigung - wie ich diese 6 Wochen überstanden haben, weiß ich nicht. Irgendwann ließ man mich wieder nach Hause und ich bin dann auch lange Jahre nicht mehr von zu Hause fort. Selbst ein Wochenendbesuch bei meiner lieben Oma, die gerade mal 15 km von meinem Wohnort entfernt wohnte, war nicht mehr möglich. An Klassenfahrten konnte ich teilweise nicht teilnehmen. Erst als ich um die 20 Jahre alt war und selbst entscheiden konnte wohin und mit wem ich reisen möchte, wurde es besser. Mein Verhältnis zum Kreuz und zur Kirche (lange Jahre auch zu Gott) hat mir mein Aufenthalt in Wessobrunn zeitlebens vermasselt. Arztbesuche und vor allem Krankenhausaufenthalte erzeugen bei mir teilweise heute noch Angst und Panik.
Jahrzehnte ging ich davon aus, dass ich einfach Pech hatte und Wessobrunn ein Einzelfall ist. Das es aber so viele Betroffene gibt und hinter der jahrzehntelangen Kinderverschickung ein System und eine "Industrie" steckte, dass habe ich erst vor relativ kurzer Zeit mit größtem Entsetzen erfahren. Umso mehr sollte es für uns alle Auftrag und Verpflichtung sein, dafür zu sorgen, dass solches Kinderleid heute nicht mehr passiert.
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Katrin aus Delitzsch schrieb am 30.06.2021
Ich war Anfang 1976 im Kinderkurheim in Haindorf-Schmalkalden. Ich erinnere mich daran, dass wir mit dem Bus von Leipzig nach Schmalkalden gefahren sind. Unterwegs wurde eine Pause eingelegt. Alle mußten raus um auszutreten,ob man musste oder nicht. Es war draußen, nicht auf Toiletten. Die Erzieherinnen brüllten uns an, dass jeder auszutreten hat. Dann ging es zurück in den Bus. Meiner Erinnerung nach lag dieses Kurheim auf einem Berg,welchen wir hinauflaufen mussten. Dort angekommen,wurde uns der Schlafraum zugewiesen. Ein Schlafsaal. Die Koffer wurden ausgepackt, aber nicht von uns. Wir durften nie an die Schränke. Kleidung für den nächsten Tag rausgelegt, oben auf den Schrank. Dabei wurden Sachen anderer Kinder einfach für Kinder zurechtgelegt, obwohl diese Ihnen nicht gehörten. Im Heim war es immer sehr dunkel. Wenn es rausging mussten wir in den Keller. Dort standen Regale mit Gummistiefeln und Stiefelsocken. Die Stiefelsocken waren sehr eklig und schmutzig. Wer sich weigerte,diese anzuziehen musste in die Ecke.
Jeden Tag gab es Puddingsuppe und Kakao mit einer ekligen Hautschicht. Einmal hatte die Küchenhilfe die Suppe anbrennen lassen. Wir haben gehört wie Sie angebrüllt würde. Auch hörten wir es klatschen und daraufhin weinte Sie ganz laut. Die abgebrannte Puddingsuppe mussten wir essen. Seit dem ekle ich mich vor Pudding und Kakao.
Wenn Posttag war,mussten wir in den Speiseraum und uns wurden die Karten vorgelesen. Danach bekamen wir die Karten. Ich erinnere mich, dass bei mir immer Puppen drauf waren. Mittagschlaf war Pflicht unter Aufsicht. Wer nicht schlief wurde bestraft,in dem er von der Gruppe ausgeschlossen wurde,in der Ecke stand und keiner durfte mit demjenigen reden.
Es war täglich eine Abfolge von Handlungen, welche sich immer wiederholt haben. Viele von uns hatten Heimweh. Wenn man geweint hat und wurde erwischt,wurde man vor den anderen Kindern runter gemacht. Also weinte man Nachts leise in seinem Bett.
Die 6 Wochen schienen endlos zu sein.
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Thomas aus Hamburg schrieb am 29.06.2021
Ich erinnere mich an eine Verschickung ganz blass. Es kann durchaus in St. Peter Ording gewesen sein. Ich kann mich an eine Szene erinnern, in der ich in einen kleinen Kleiderschrank eingeschlossen worden bin - dann hat man Zigarettenrauch durch das Schlüsselloch gepustet - es war fruchtbar! Des Weiteren kann ich mich erinnern, dass ich ohne Matratze geschlafen habe nur auf den komischen Metallfedern. Schuhe wurden entwendet und mit vielen anderen fast "unlösbar" (aus meiner Sicht) zusammengebunden. Ich kann mich aber nicht mehr daran erinnern "wer" die "Täter" waren... ich vermute eher andere (ältere) Kinder/Jugendliche. Es war aber insgesamt wirklich eine sehr einschüchternde Atmosphäre ohne Raum für (unerwünschte) Gefühle wie Heimweh oder Ähnliches. Gut, dass hier noch mal Aufarbeitungs- /Aufklärungsarbeit geleistet wird.
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Joachim aus Obernkirchen schrieb am 28.06.2021
Hallo zusammen, mit 7 Jahren wurde ich aufgrund meiner schwachen körperlichen Verfassung (Asthma, Herzschwäche) zur 6 wöchigen Kur nach Borkum geschickt. Die Betreuung dort war, berücksichtigt man die Zeit, sehr liebevoll und fürsorglich. Körperliche Züchtigung ist mir nicht bekannt oder bewusst, war aber 1965 noch völlig
normal. Für mich persönlich hat sich diese Zeit dennoch sehr eingeprägt. Ich fahre seit
dem sehr ungern alleine irgendwo hin. Meine Kinder habe ich nie alleine gelassen. Bei einer Geschäftsreise nach Wien bin ich Abends nach Hannover zurückgeflogen, weil ich meine damals 7 und 4 Jahre alten Kinder unbedingt ins Bett bringen wollte, da sie es nicht anders kannten. Insoweit war es im Nachhinein doch positiv, da auch meine Söhne ihre Kinder so erziehen.
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Mareike aus Berlin schrieb am 27.06.2021
Ich bin erst gestern auf diese Seite gestoßen, als mir im Zusammenhang mit den hunderten toter indigener Kinder der Residential Schools in Kanada bewusst wurde, dass ich ja auch eine Zeitlang unter einem solchen System gelitten habe, und mir Gedanken mache, welche Folgen dies für mich gehabt haben könnte, wenngleich es sicherlich mit den kanadischen Verhältnissen nicht vergleichbar ist und ich selbst im Vergleich mit anderen damaligen Verschickungskindern auf dieser Seite wohl etwas besseres berichten kann. Der Grad der Traumatisierung reichte jedoch aus, dass von meinen T-Shirts kein einziges mehr heil war. Ich hatte als damals Sechsjähriger in St. Peter-Ording angefangen, an den Schultern beidseitig wie ein Baby herumzusuckeln, wodurch alle T-Shirts nach den sechs Wochen beidseitig an den Schultern durchgebissen waren und große Löcher hatten. Zuvor und später ist das bei mir nie wieder vorgekommen.
Aber der Reihe nach: Die Gelegenheit zu diesem "Kuraufenthalt" ergab sich aufgrund großzügiger Förderung der damaligen Bundespost, da mein Vater damals Postbeamter war - "Postkinder" waren übrigens neben "Bahnkindern" die größte Gruppe, vielleicht findet sich über diese Info ein Anhaltspunkt, um welches Heim es sich gehandelt haben könnte. Ich wurde am Bahnhof in Süddeutschland an einen sehr netten Mann übergeben, später kam noch ein anderes Kind dazu und so fuhren wir mit dem Zug durch ganz Deutschland bis nach St. Peter-Ording. Dunkel erinnere ich mich, dass der Mann wohl nicht bis St. Peter-Ording bei mir war, sondern ich anderswo (Stuttgart, Hamburg?) evtl. an eine andere Gruppe übergeben wurde. Ich war damals ein schmächtiger Junge und jedes Jahr häufig krank gewesen; Grippe, einige Male Bronchitis usw., so dass mir eine Kur an der frischen Luft in Aussicht gestellt wurde. Im Heim kamen wir in einem großen Schlafraum unter, ich glaube mit über 10 anderen Kindern drin, von denen einige zwar nicht viel älter, aber doch wesentlich stärker waren als ich. Insbesondere einer von denen hatte so eine Art Capo-Funktion, die er auch körperlich gegenüber uns anderen ausübte. Ich ließ mir jedoch nichts gefallen, und so kam es, dass ich mich an diverse in Prügeleien ausartende Schikanen erinnere.
Vielleicht weil ich von zu Hause aus gewohnt war, dass "gegessen wird, was auf den Tisch kommt", ist das Essensthema für mich nicht so einschneidend gewesen und Horrorgeschichten, Erbrochenes wieder aufessen zu müssen, kamen meines Wissens nicht vor. Ich kann mich nur daran erinnern, dass es nicht besonders gut gewesen sein kann. Kulinarischer Höhepunkt des Tages war nämlich der tägliche Nachmittagskaffee, wir Kinder bekamen natürlich keinen Kaffee, aber entweder Mohrenköpfe bzw. Schaumküsse oder eine längliche Waffel mit Erdbeer- oder Vanille-Schaumfüllung. Davor fanden stundenlange Deichwanderungen statt, bei denen die Erzieherinnen sich permanent unterwegs etwas zu trinken kauften, während wir Kinder durstig blieben und ich meine in bestimmter Formation zu laufen hatten (Zweierreihen?). Der Sommer 74' war schön und seeehr heiß. Es regnete die sechs Wochen vielleicht ein oder zwei Tage, ansonsten hatten wir herrlichstes Wetter mit den zugehörigen hohen Temperaturen, so dass wir selbst an der See in St. Peter-Ording mindestens so ähnlich schwitzten wie die damaligen Fußball-Weltmeister. Direkte Mißhandlungen der Erzieherinnen sind mir nicht erinnerlich, aber die völlige Empathielosigkeit gegenüber uns alle an Heimweh schwer leidenden Kindern. Der Kontakt mit den Eltern beschränkte sich auf Briefe und Postkarten, die wir einmal pro Woche ausgehändigt bekamen. Dieses sich dadurch einstellende Gefühl des Ausgeliefertseins, der Verlassenheit und völligen Hilflosigkeit in einem zwar durch wenige aber tonangebende Capo-Kinder als drangsalierend empfundenen Umfeld, werde ich nie vergessen. Die sich aufdrängende Schlussfolgerung, im Zweifel auf sich selbst gestellt zu sein, hat, wenn ich die Kommentare hier lese, nicht nur mich wohl nachhaltig geprägt, mit allen hier in den Erfahrungsberichten gezeichneten Vorteilen (innere Stärke) und Nachteilen (Introvertiertheit, Verschlossenheit selbst den Eltern gegenüber, Rückzug in Traumwelt - oft der Bücher, fehlendes Grundvertrauen in andere Menschen, Verlustängste bis hin zum Festhalten an toxischen Beziehungen). Die Briefe, die wir erhielten, waren zwar verschlossen, die Päckchen jedoch wurden geöffnet und wir selbst durften meiner Erinnerung nach nur 1-2x in dieser Zeit Postkarten schreiben (man selbst hatte ja kein Geld, keine Postkarten, keine Briefmarken, keine Stifte), inwieweit diese zensiert wurden, weiß ich nicht, aber es war jedem in diesem Kasernenhofklima klar, dass man besser nichts "Schlechtes" über die Einrichtung schreiben sollte. Als ich einmal eine Postkarte meiner Eltern bekommen habe, der Capo aber keine, riß er mir mit einem schnellen Griff die Postkarte aus der Hand und zerriss sie, ehe ich reagieren konnte. In der darauffolgenden Prügelei unterlag ich zwar am Ende und lag unter ihm, aber ich habe es immerhin geschafft, dass er mir gegenüber danach nie wieder übergriffig wurde und sich für seine Schikanen andere aussuchen musste. Bestraft wurde er für seine Tat jedenfalls nicht, ich dafür heulte den ganzen Abend lang bis in den Schlaf und hatte später permanent Angst, dass er sich wieder an meinen Sachen vergreift. Ich wundere mich, wieso so viele auf dieser Seite berichten, ausgerechnet in diesen 6 Wochen die Windpocken bekommen zu haben. Ob das auch seelisch bedingte Ursachen hat? Immerhin kam ich so von dem Gemeinschaftsschlafraum und dem Capo-Jungen weg und hatte meine Ruhe. Während der Betreuung der Windpocken erfuhr ich dann sogar so etwas wie menschliche Wärme durch das Personal. Diese zwei Wochen waren mit die schönste Zeit in St. Peter-Ording und nach Rückkehr in einen Gemeinschaftsschlafraum war der Capo-Junge weg und es wurde erträglich.
Am letzten Tag wurde die Abreise drillmäßig vorbereitet und durchgeführt. Im letzten Augenblick, wir standen schon in Reih' und Glied vor der Einrichtung, fiel mir ein, dass ich mein Stofftier, einen Hund namens Bimbas, vergessen hatte, rannte nochmal rein und holte es mir. Dafür bekam ich statt einer aufmunternden Bemerkung nur den bissigen Kommentar, "das hätte mir auch eher einfallen können".
Seit ich die vielen Berichte hier gelesen habe, denke ich, es kommt nicht von ungefähr, dass ich meine Eltern über Schulisches nie eingeweiht, Ihnen über mich nur wenig erzählt, mich in hunderte Bücher verkrochen und die von mir gesuchte Geborgenheit vorrangig bei meinen Großeltern gefunden habe. Im Zuge der Aufarbeitung meiner 24-jährigen ehelichen Beziehung mit einer von mir als solche leider nicht erkannten notorischen Narzißtin, meines transsexuellen Outings und diverser begleitender Umstände bin ich froh und dankbar, mit dieser Seite ein weiteres Kapitel meines Lebens aufarbeiten zu können. Insgesamt sind wir meist sechswöchigen Verschickungskinder in Deutschland im Vergleich zu den indianischen Umerziehungskindern in Kanada (wie auch vielen ähnlichen "Modellen" weltweit) wohl noch einigermaßen davongekommen. Nicht auszudenken, wenn sich die sechs Wochen solcher Zustände auf Monate und dann viele Jahre ausdehnen und in ihrer Intensität dann bis dahin gehen, dass vom Tod der Opfer seitens der Behörden nicht einmal Notiz genommen geschweige dies strafrechtlich verfolgt wird. Das sind dann keine schools oder Verschickungsheime mehr, sondern "Lager" mit allen Konsequenzen, die wir aus der deutschen Geschichte hinreichend kennen.
Wer also auch als Postkind in St.Peter-Ording war, Erinnerungen an die Nachmittags-Waffeln hat und/oder weiß, in welchem Heim das war, darf mich gerne kontaktieren!
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Horst Dieter Lothar Kapphahn aus Havelsee OT Pritzerbe schrieb am 25.06.2021
Auf die Seite der Verschickungskinder bin ich zufällig gestoßen.Es ist jetzt zehn Tage her das ich angefangen habe diese e-Mail zu schreiben, und hoffe ich kann durchschreiben ohne ständig in Tränen auszubrechen.Das meiste Negative was schon beschrieben wurde kann ich bestätigen. Mit 7 Jahren wurde ich 1960 in die Lungenheilstätte nach Wattenscheid-Höntrop verschickt. Ich wohnte damals in Dortmund Wickede. Es waren drei Monate die mich trotz einiger Therapien bis heute verfolgen. Immer in Angst etwas falsch zu machen und dafür zur Rede gestellt werden und Schelte zu beziehen. Erbrochenes beim Essen musste unter Androhung wieder gegessen werden. Raus in die Sonne durfte man gar nicht, und wenn man erwischt wurde musste man sich für eine Stunde in die Ecke stellen. Gebadet wurde man mit sechs Kindern in einer Wanne und dabei sehr grob behandelt. Pakete hatte ich auch mehrere bekommen die mir aber nicht ausgehändigt  wurden. Es wurde alles an "bevorzugte " Kinder verteilt. Ich selber hatte nie etwas abbekommen. Meine Eltern hatten mich in der Zeit einmal besucht und waren mit mir spazieren gegangen. Als die wieder weg waren wurde ich ganz böse angeranzt, weil ich ja auch verbotenerweise in der Sonne war. Mittagsschlaf war obligatorisch. Eine der Schwestern hatte aufgepasst das auch alle die Augen geschlossen hatten, sonst war man wieder irgendwelchen Repressalien ausgesetzt.Vieles habe ich aber auch vergessen/verdrängt. Aber das was ich noch weiß reicht um mich immer wieder in Tränen ausbrechen zu lassen wenn dieses Thema an mich ran kommt. Schlimm ist es auch noch heute wenn ich mal davon berichte...es wird nicht für voll genommen, oder auch, ich habe mir das alles zusammen gesponnen. Vielleicht gibt es ja noch ehemalige aus der Zeit in Wattenscheid Höntrop die sich trauen sich zu melden. Ich lebe heute in Brandenburg/HavelDiese Mail darf gerne veröffentlicht werden.
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Christina schrieb am 24.06.2021
Hallo, ich bin Christina und mittlerweile 55 Jahre als. 1973, vor meiner Einschulung, ich war 6 Jahre alt, wurde ich wegen meines Asthmas zu einer 6 wöchigen Kur nach Bad Soodeny Allendorf geschickt. Damit ich nicht so alleine war , wurde meine kleine Schwester, 5 Jahre alt gleich mitgeschickt. Ich kann mich an nicht viel erinnern, aber an einiges schon: Wir haben bei der Ankunft schreckliche Angst gehabt, geweint und nach unseren Eltern gerufen. Dafür wurden wir angeschrieen und danach ignoriert. Wir schliefen in einem großen Saal, welcher einen Vorraum hatte in dem jeden Abend ein Stuhlkreis gebildet wurde. Hier wurden jeden Abend Kinder, die z.B. ins Bett gemacht hatten,vor allen anderen bloßgestellt, so auch einmal meine kleine Schwester. Sie musste alleine das Bett sauber machen, ich durfte ihr nicht helfen und dann wurde sie an den Ohren hochgehoben, bis Blut geflossen ist. Ich mochte keinen Schokoladenpudding, das hatte meine Mutter wohl vorher der Leitung mitgeteilt. Ich musste ihn trotzdem essen, habe erbrochen und musste solange im Speisesaal sitzen bis ich mein Erbrochenes wieder aufgegessen habe. Diese Erlebnisse waren so schlimm, dass ich sie nicht vergessen kann, denn normalerweise bleibt von dem Alter glaube ich nicht so viel haften. Ich habe keine Gesichter mehr vor Augen, im Nachhinein Gott sei Dank, nur die Grausamkeiten bleiben da und poppen immer wieder auf. Meine Schwester hat keinerlei Erinnerungen mehr, hat aber bis heute Angst vor Bloßstellung und alleine gelassen zu werden. Das Schlimmste für mich war, dass ich nicht verstehen konnte, warum ich meine Eltern nicht sehen durfte und wir mit einer solchen Härte und Brutalität behandelt und bestraft wurden. Mich hat das Ausfüllen des Fragebogens und nun das Mitteilen meiner Erlebnisse sehr aufgewühlt und ich merke, dass ich noch einiges aufarbeiten muss . Ich bin dankbar für diese Initiative hier, denn sie gibt mir die Möglichkeit das Gefühl zu haben was loszuwerden, was mich lange unbewusst belastet hat. DANKE
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Kerstin aus Mittelangeln schrieb am 24.06.2021
Hallo! Ich heiße Kerstin und habe erst heute von Euch erfahren. Es war für mich sehr befreiend, hier Erfahrungsberichte über das "Lenzheim" in Amrum zu lesen!
6 Wochen Hölle. Von der ersten Sekunde an.
Ich war 8 Jahre alt.
Trauma pur. Gebrochenes Kind.

Das Schlimmste war, dass sie den Kontakt zu den Eltern so erfolgreich unterbrechen konnten. Ich erinnere mich an einen Brief, den ich meinen Eltern schrieb..."Wenn ihr mich liebhabt, holt mich hier raus!" Diesen Brief haben meine Eltern nie erhalten.
Sadismus war in dieser Einrichtung normal.
Ich musste zur Strafe immer wieder nachts auf einem Stuhl sitzen. Von dort konnte ich auf den Hafen und das Meer blicken durch die Scheiben des Speiseraumes. Hatte viele Fluchtfantasien. Sonntags mussten Sonntagsschuhe getragen werden. Auch wenn die nicht eingelaufen waren und schmerzlichste Blasen verursachten. Bequeme Kinder-Gummistiefel waren verpönt bei den heiligen Tanten .
Essen wurde absichtlich so gestaltet, dass es ungenießbar war ( in meinem Fall haben sie mir kalte Butterflocken auf die Suppe gelegt, obgleich meine Mutter bei der Anmeldung extra darauf hingewiesen hatte, dass das Kind keine Butter isst), ich wurde dort geschlagen von der Heimleiterin höchstpersönlich, man hat uns gedemütigt, unsere Pakete konfisziert, den Rest an Trost (Kuscheltiere) weggenommen, man hat Schamgrenzen durchbrochen ( erinnere mich an diese Heiß-Kalt-Duschgänge im Keller. Mit den Füßen im Wasser. Wir Mädchen mussten da nackt durch und die Jungs in unserem Alter durften zugucken.
Es war wie eine einzige riesige Strafe.
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Nicole Macht aus Barsbüttel schrieb am 24.06.2021
Hallo, ich heiße Nicole und ich wurde 1972 mit 6 Jahren nach Sylt verschickt! Ich habe keine guten Erinnerungen an diese Zeit. Einmal habe ich mir rote Beete auf den Teller getan. Ich kannte es nicht und ich mochte es absolut nicht. Ich musste sitzen bleiben und aufessen. Ganz alleine saß ich im riesigen Speisesaal.Am Ende musste ich mich übergeben. Zur Strafe musste ich sofort ins Bett und durfte nicht mehr zu den anderen Kindern. Wir hatten ein 4 oder 5 Bett Zimmer. Wir durften nicht mehr sprechen wenn Bettruhe war. Ein Mädchen hielt sich nicht daran und kicherte. Sofort ging die Tür auf und ich musste die restliche Nacht im Abstellraum schlafen. Es Interessierte niemanden, das ich es nicht war. Im Abstellraum lagen alte Lattenroste und Matratzen. Einmal wurde ein kleiner Junge in einen Schrank gesperrt. 1978 musste ich für 6 Wochen nach Föhr. Dort war es nicht ganz so schlimm aber auch nicht wirklich schön. Die inselumwanderung ist keine schöne Erinnerung und auch die Mahlzeiten waren ein Horror für mich. Ich war dort zum Abnehmen und musste mit allen Kindern zusammen im Saal essen. Es gab eine Kartoffel zb.und etwas Gemüse und ein kleines Stück Fleisch. Es waren wirklich sehr kleine Portionen. Eigentlich hatte ich nur Hunger. Auf der Inselumwanderung gab es 4 kleine Scheiben Brot und zwei kleine Äpfel. Es waren 42 Kilometer zu bewältigten. Ich bin mit einem anderen Mädchen vorgelaufen und wir waren am Ende ganz alleine. Päckchen von zu Hause wurden erstmal gescheckt und Süßigkeiten entfernt. Wir mussten in die Sauna oder im Meer bis zur Boje schwimmen obwohl es wirklich kalt war. Ich habe mir geschworen meine Kinder niemals zu verschicken.War jemand von euch auch 1978 in Wyk am Sandwall?
Liebe Grüße
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Engelbert aus Neuss schrieb am 23.06.2021
Ich war im Herbst/Winter 1965 siebenjährig im Kinderkurheim Dr. Selter. Obwohl ich sechs Wochen dort gewesen sein soll, habe ich nur wenige Erinnerungen. Nach meiner gefühlsmäßigen Erinnerung war das eine sehr schwierige Zeit. So habe ich das Gefühl, in den sechs Wochen mit niemand gesprochen zu haben.

Erinnern kann ich mich an den Speisesaal bzw. die Situation des gemeinsamen Essens mit vielen Kindern. Ich denke, ich hatte einen festen Platz. Das Essen fand ich nicht lecker. Morgens gab es Haferschleim. Falls es mittags Fleisch gab, so war das durch den Fleischwolf gedreht und in die Soße gemengt. Ich meine mich einmal auch am Tisch erbrochen zu haben. Ein großes Mädchen, vielleicht 14 oder 15 Jahre alt, lief häufig zwischen den Tischen herum und forderte die anderen, kleineren Kinder zum Essen auf mit dem Wort „Ess!“. In meiner Not fühlte ich mich damals dem Mädchen überlegen, weil es offenbar nicht wusste, dass es „Iss!“ heißt. Schon damals kam mir das Mädchen wie ferngesteuert vor. Aber sie fühlte sich offenbar gut dabei.

Gelegentlich sah ich auch eine Frau mit grauen Haaren und einem Knoten im Haar. Sie schien mir damals etwa 60 Jahre alt, wirkte auf mich streng, unnahbar und freudlos. Wahrscheinlich war sie jünger, schätze ich aus heutiger Perspektive. Sie ist die einzige Person, deren Erscheinung und deren Gesicht mir genau in Erinnerung ist. Ich vermutete damals schon, dass diese Frau dort das Sagen hatte.

Womit wir die Tage verbracht haben, weiß ich beim besten Willen nicht mehr. Das einzige „Erlebnis“ war eine Wanderung, die ich ziemlich normal fand, außer dass sie nach Einbruch der Dunkelheit zu Ende ging. Zwei Begleiterinnen, in meiner Erinnerung nette und freundliche junge Frauen, hatten sich, so kriegte ich das nach der Rückkehr mit, mit uns im Wald verlaufen. Die beiden bekamen richtig Ärger mit der Heimleitung und ich sah später, dass die Beiden geweint hatten.

Geschlafen wurde in einem Schlafsaal, von dessen Größe ich keine Vorstellung mehr habe. Wahrscheinlich mehr als zehn Kinder in einem Saal. Obwohl ich eigentlich schon lange darüber hinweg war, habe ich nachts mehrfach in die Hose gepinkelt. Ob ich es verbergen konnte oder wie das Personal regiert hat, weiß ich nicht mehr.

Sehr konkret ist mir allerdings die Situation, als ich dann auch noch einmal nachts den Darm gründlich in die Hose entleert hatte. In meiner Not schlich ich nachts mit meinem Paket in der Hose durch die Flure und stieß irgendwann auf die Frau mit dem Knoten. Sie bugsierte mich in einen Waschraum und hat mir tatsächlich vor der Reinigung den Hintern verhauen. Schon damals kam mir das, um es mit heute überholten Begriffen zu sagen, abartig und pervers vor.

Alles was anderen Kindern in diesem Heim angetan worden ist, ist heute verjährt, die Menschen, die das gemacht haben, mutmaßlich tot. In meiner Erinnerung gibt es auch nichts, was justiziabel gewesen wäre. Aber es war trotz der wagen Erinnerung eine richtig, richtig beschissene Zeit.
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Burkhard aus Olfen schrieb am 23.06.2021
Ich war im Winter 1964 im Haus Westfalia in Sankt Blasien, Es herrschte ein strenges Regiment und wir wurden für jede Kleinigkeit bestraft, bzw. in ein dunkles Kämmerchen eingesperrt. Ich würde mich sehr freuen, wenn sich ehemalige aus diesem Jahrgang zwecks Austausch und Aufarbeitung melden würden.
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Edith Mattissen schrieb am 23.06.2021
Ich kam, im Alter von ca. 3 Jahren, 1959 wegen Tuberkulose, für über 1,5 Jahre in die Kinderheilstätte Aprath. Meine Eltern durften nur alle 2 Monate zu Besuch kommen. Mir wurden danach alle Geschenke weggenommen, weil ich weinte wurde ich geschlagen und sie drohten , dass ich nie mehr nachhause komme, weil meine Eltern mich nicht mehr mögen, weil ich böse sei, da ich dort wieder eingenässt habe und nicht viel essen wollte bez. konnte ect. Als ich entlassen wurde erkannte ich meine Eltern nicht mehr. Ich war sehr ängstlich und habe kaum gesprochen. Hatte Panikanfälle bei Arztbesuchen und wenn meine Mutter für kurze Zeit nicht da war. Ich glaubte, dass sie dann nie wieder kommt, weil sie sterben würde...Es wurde nie darüber gesprochen und meine 14 Jahre ältere Halbschwester glaubte mir nicht, wenn ich einige Erlebnisse schilderte. Sie sagt auch jetzt noch, dass sie dass alles nicht glaubt und dass sie kein Interesse hat, sich zu informieren. Sie will darüber nichts hören, es sei Spinnerei ect. Das war wie ein Messerstich ins Herz für mich. Ich bin sehr dankbar für diese Initiative. Mir hilft die Gewissheit, dass ich nicht allein bin mit diesen Erfahrungen und kann mit Hilfe meiner Therapeutin lernen, besser damit zu leben..
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Günther Ahner aus Ludwigsburg schrieb am 22.06.2021
Da ich als Kind ziemlich klein und dünn war, wurde ich mehrfach verschickt. Der Horror war allerdings das Kindersolbad Bethesda in Bad Friedrichshall Jagstfeld.
Gleich nach der Ankunft mussten wir uns vor allen ausziehen und wurden von einer Schwester gebadet. Die dünnen Kinder mussten immer doppelte Portionen essen und mussten so lange am Tisch sitzen bleiben, bis alles aufgegessen war. Ich kann mich noch an ein anderes Kind erinnern, das alles wieder ausgekotzt hat und das Erbrochene wieder aufessen musste. Am Abend durfte ein Junge der Bettnässer war nichts mehr trinken. Und ich weiß noch wie er heimlich an einen Wasserhahn ging und jede Menge trank. Bei dem Abendgesang im Freien stand er neben mir und kotzte dann einen kräftigen Wasserstrahl in die Botanik. Da bekam er natürlich richtig Ärger. Beim Mittagsschlaf musste es immer mucksmäuschenstill sein und die Schwestern haben auch immer wieder nachgeschaut und kontrolliert. Ich wurde auch einmal erwischt und konnte zwischen zwei Bestrafungen wählen, entweder eine Ohrfeige mit Anlauf oder 50 x an- und ausziehen. Ich entschied mich für die zweite Variante und musste es dann unter Aufsicht machen. Allerdings gab es auch eine pikante Situation, denn wir Jungs waren natürlich neugierig und interessierten uns schon ein wenig für das andere Geschlecht. In unserem Zimmer gab es 4 (?) Jungs und als einmal eine Schwester Anfang 20 zu uns kam, haben wir sie ausgefragt wie das mit dem küssen so ist und was ein Zungenkuss ist und wie das funktioniert. Sie war da völlig unkompliziert und hat es jedem von uns, der es wollte, in der Praxis beigebracht.
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Birte aus Hamburg schrieb am 21.06.2021
Ich war auf Norderney im Seehospiz,
Ein Schlüsselerlebnis war für mich das Wegsperren in eine Besenkammer am Ende des Ganges.
Wer hat Ähnliches erlebt dort.
Ich würde mich gerne über die Vorfälle austauschen.
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L.Wegener aus Hamburg schrieb am 21.06.2021
Ich bin im Sommer 1972 mit 8 Jahren für 6 Wochen dort gewesen, ohne ersichtlichen Grund. Im März d.J. bin ich auf die Seite „verschickungsheime“ gestoßen. Erst seitdem weiß ich, dass ich mir alles nicht nur eingebildet habe: Schläge, zensierte Briefe (ich weiß noch, dass ich unendlich irritiert war, dass es mir dort „so gut ging“, obwohl ich eigentlich nur eines wollte – weg, und zwar sofort. Aber „Mutti sollte ja nicht traurig sein“. Meine Süßigkeiten wurden bei der Ankunft einkassiert, jemand mußte Erbrochenes essen …..........
Es war und ist eigentlich immer noch ein Schock für mich, welche Dimensionen das alles hatte.
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Gudrun Stratmann aus Wuppertal schrieb am 21.06.2021
3- monatigem Aufenthalt 1957 oder 1958 in der Lungenheilstätte Aprath.

Angeblich hatte ich eine Lungenreaktion , die sich bei der Einschulungsuntersuchung zeigte, ausserdem war ich viel zu dünn. Meinen Eltern wurde deshalb ein Aufenthalt an der See vorgeschlagen, sie entschieden sich aber für einen Aufenthalt in der Nähe, wo man mich wenigstens 1 x pro Monat für zwei Stunden besuchen durfte. Die Wahl fiel auf die Lungenheilstätte in Aprath Düssel.

Der Aufenthalt war eine Katastrophe :

Post wurde geöffnet, Pakete ebenfalls , Inhalt wurde eingezogen, Süssigkeiten an alle verteilt, jeden Tag ein Bonbon, Spielsachen wurden bis auf ein Teil, ebenfalls für alle eingesammelt.
Bin mir nicht mehr sicher, ob Jungen und Mädchen getrennt waren, ich glaube aber es war so.
Kleinere Kinder bis ca 6 Jahren ,lagen in einem Schlafsaal mit ca 30 Betten.
Einmal im Bett, durfte man nicht mehr raus, ab 20 Uhr war Nachtruhe, man durfte auch nicht mehr reden. Wurde man erwischt , mussten sich alle vor die Betten stellen und man bekam mit einem langen Holzlineal was auf den nackten Po. Alle hatten auch nur das gleiche lange ,weisse Nachthemd an.
Tagesablauf : Aufstehen, Waschen, Anziehen-teils mit Hilfe Älterer, in Zweierreihen im Gang aufstellen-dann bekam man Tabletten oder Medikamentensaft ( zum Ruhigstellen ? ) anschließend ein Bonbon, Frühstücken, Liegehalle 4 Stunden im Freien, still auf dem Rücken liegen-Mittagessn, Mittagsschlaf auf dem Zimmer oder bei schönem Wetter auf dem Balkon,danach wieder 3 Stunden auf den Liegestühlen, Abendbrot,danach Spielzeit, dann ab ins Bett.
Gemeinschaftstoiletten 12 Schüsseln ohne Trennwände oder Türen
Gemeinschaftsbad – Kinder in der Schlange hintereinander, immer mehrere hintereinander in einen Zuber , 1 x pro Woche, dann gab's frische Sachen zum Anziehen. Die Spinde mit den Sachen standen vor den Zimmern, hatte man sich in der Woche schmutzig gemacht , oder eingenässt, musste man warten, bis es am Wochenende frische Sachen gab.
Zum Essen und zu den Liegezeiten gings in Zweierreihen. Es musste alles gegessen werden , vertrug man was nicht oder musste brechen, musste das Erbrochene wieder aufgegessen werden, bzw. man musste so lange am Tisch sitzen bleiben, bis der Teller leer war und wenn es Stunden dauerte.
Brach man auf den Boden, musste man den Boden selber sauber machen
Die größeren Kinder mussten bei den Kleineren helfen, waschen, anziehen Haare kämmen. Da ich Zöpfe trug, war das für die größeren Kinder zu schwierig sie zu flechten, deshalb wurden sie mir , ohne Rücksprache mit meinen Eltern kurzerhand abgeschnitten.
Ich denke 1 x pro Woche wurde man medizinisch untersucht,gewogen, öfters bekam man Spritzen in den Po oder Tabletten, worum es sich dabei handelte , weiss ich nicht ,wurde wahrscheinlich auch den Eltern nicht mitgeteilt. (Conterganversuche ? ) Ein Dr. Simon hatte die ärtztliche Leitung .
Die Eltern durften 1 x im Monat , sonntags für zwei Stunden zu Besuch kommen, das war jedesmal mit Heimweh verbunden.
Am Abholtag hat meine Mutter den Bus verpasst, der nur alle paar Stunden fuhr und ich sass von 9 Unh bis 12 Uhr auf gepacktem Koffer, mit der Angst nicht abgeholt zu werden. Vor allem auch deshalb, da meine Eltern in der Zeit meines Heimaufenthalts zum 1 x mit meinem Bruder nach Hilchenbach in Urlaub gefahren sind, ich bekam eine Postkarte mit sw Ansichten als Leparello in einem Rucksach von einem kleinen Jungen auf Wanderschaft , was mich sehr traurig machte.
Als fröhliches , an allem interessiertes Kind wurde ich verschickt und als trauriges und agressives Kind kam ich wieder nach Hause. Von da an hatte ich kein Vetrauen mehr zu den Erwachsenen. Ich hatte immer das Gefühl nirgendwo dazuzugehören, das ging soweit , dass ich dachte , ich wäre adoptiert.
Ob meine chronischen Erkrankungen - Morbus Chron u.a. auf die erhaltenen Medikamente zurückzuführen sind kann ich nicht sagen, aber möglich wäre es. Meine Psychischen Probleme hängen garantiert damit zusammen.
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Monika Pienkoss aus Leichlingen schrieb am 20.06.2021
Mein Name ist Monika Pienkoss und ich bin 1951 in Schwelm geboren. Von dort wurde ich im Winter 1961 für sechs Wochen nach Wangerooge ins Haus Sonnenschein zur Kur„ verschickt“. Der Grund für meine „Verschickung" ist mir bis heute unklar. Krank oder unterernährt war ich nicht. Hier nun meine Erlebnisse, kurz geschildert:

Meine Mutter brachte mich mit dem Zug nach Hagen. Sie fragte dort eine andere Mutter, die mit ihrer etwa zwei Jahre älteren Tochter auch dort wartete, ob sie vielleicht ein wenig auf mich aufpassen könne, während der Zugfahrt und dem Aufenthalt in Wangerooge. Leider hat sich dieses Mädchen nicht für mich interessiert und die ganzen sechs Wochen kein Wort mit mir gesprochen. So war schon die Zugfahrt von Angst und Verunsicherung geprägt. Auf der Fähre wurde es mir schlecht und ich musste mich übergeben. Hilfe gab es nicht. Im „Haus Sonnenschein“ teilte ich mir ein sehr kleines Zimmer mit zwei anderen Mädchen, die sich kannten, da sie aus einem Kinderheim kamen. Ich hatte fürchterliches Heimweh und musste die ganze Zeit heulen. Einmal in der Woche war Schreibtag und ich schrieb eine Karte an meine Eltern, dass es hier schrecklich sei. Die Karte wurde von den Aufpassern zerrissen und ich musste eine neue schreiben, aus der hervorging, wie schön doch alles hier sei. Ein Mädchen aus einem Berliner Waisenhaus, namens Elke, meinte, sie wüsste, wo der Briefkasten sei und ich sollte eine neue Karte schreiben. Leider wurde sie erwischt und was genau folgte weiß ich nicht mehr. Im Hallenbad mussten wir uns vor allen nackt ausziehen und wurden in Holzbottiche gesteckt. Danach Gesicht zur Wand und wir wurden von einem Mann mit einem Schlauch kalt abgespritzt. An Nikolaus bekam ich ein Päckchen mit einer großen Puppe aus Schokolade. Die Puppe wurde mir abgenommen und alle brachen sich ein Teil ab. Mir wurde nichts gegeben. An weitere Details kann ich mich nicht mehr erinnern. Als ich wieder zu Hause war habe ich nur geweint und geklagt. Meine Mutter ging aber nicht darauf ein. Als ich wieder in die Schule ging, las der Lehrer eine Karte von mir vor, die ich Wangerooge an meine Klasse schreiben musste. Ich schrieb“ morgens um 7 gehe ich ins Bett und abends um 7 stehe ich auf“. Von der ganzen Klasse wurde ich wegen dieser Verwechselung ausgelacht. Obwohl es viel schlimmere Erlebnisse gibt, so kann ich doch sagen, dass diese Erlebnisse meiner persönlichen Entwicklung sehr geschadet haben. Sollte jemand in dieser Zeit ebenfalls in Wangerooge gewesen sein, würde ich mich über eine Kontaktaufnahme freuen.
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Ariane Blumenau aus Meddewade schrieb am 19.06.2021
Ich hatte Haare bis Mitte Oberschenkel, meine Mutter sagte, dass ich sie in der Zeit dort nicht waschen müsste, da es sehr aufwendig war. Tante Irma wusch sie mir, kämmte sie danach und riss mir dabei gut die Hälfte meiner Haare aus. Bis heute darf niemand meine Haare anfassen.
Ich sollte in der Kur zunehmen, das Essen war so schlecht, dass ich angenommen habe.
In meinem Zimmer war eine Bettnässerin, die Räume ließen sich nicht richtig lüften, daher stank es erbärmlich.
Für das Frühstück nahm ich immer 2 Scheiben Billigwurst mit aufs stinkende, viel zu warme Zimmer, damit ich am Morgen nicht Pflaumenmus essen musste ( ich kann das bis heute nicht essen).
Im Mittagessen waren oft undefinierbare Dinge evtl. Erbrochenes.
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Helga aus Rheinbreitbach schrieb am 18.06.2021
Hallo ich war mit meiner Schwester dort. Ich war 6 und sie 10. Da meine Schwester zu den größeren gehörte haben wir uns immer nur im Speisesaal oder im Schlafsaal gesehen. Ich musste mein Essen immer aufessen und wenn ich Erbrochen hatte musste ich es aufwischen und bekam an diesem Tag nichts mehr zu essen. Einmal hat man mich im Schlafsaal dabei erwischt wie ich unter der Decke leise gesungen habe was ich aus Heimweh tat ,ich musste zur Strafe die ganze Nacht im dunklen Waschraum auf den kalten Fliesen schlafen. Hatte Jahre danach noch Probleme ohne Licht zu schlafen und Essstörungen. Durch die Strenge Art der Nonnen die dort in dem Hause waren habe ich mich auch ganz lange im Leben immer still untergeordnet, Arbeit, Beziehungen. ?
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Rosi aus Köln schrieb am 18.06.2021
Ich war von mitte November bis 20 Dezember 1966, in Bad Kreuznach,weil ich zu dünn war. Villeicht war noch jemand zu dem Zeitpunkt in Bad Kreuznach.Aufgrund der schlechten erinnerungen , habe ich Bad Kreuznach nie wieder besucht.Ich hasse diesen Ort.
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Petra aus Wuppertal schrieb am 17.06.2021
Der Aufenthalt war mit Höhen und Tiefen verbunden. Das erste Mal allein von den Eltern getrennt. Es herrschte ein rüder Ton - vor allem bei den Mahlzeiten wurden wir gezwungen, den Teller leer zu essen jeweils eine Tortur , wenn du als untergewichtig eingestuft wurdest. Nachts wurden wir von der Nachtschwester reglementiert, wenn wir nicht schlafen konnten, mußten wir uns zur Wand drehen und stillsein selbst wenn wir vor Heimweh und Kummer weinten. In der Tagesbetreuung konnten wir etwas Luft holen, aber insgesamt war das eine traumatische Erfahrung. Unmittelbar nach Rückkehr bin ich 6 Wochen mit schweren Atemwegsbeschwerden, die der eigentliche Kuranlass waren , wieder erkrankt.
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Astrid aus Münster schrieb am 17.06.2021
Mit 9 Jahren war ich 6 Wochen zur Kur auf Juist. Vieles von dem, was ich hier lesen konnte, habe ich ebenfalls in Erinnerung: Am ersten Tag wurden Postkarten ausgeteilt und der zugehörige Text diktiert, u.a. sollten wir schreiben, dass es uns gut gefällt. Das schien mir nicht zutreffend, weil ich ja gerade erst angekommen war und das noch nicht wusste. Ob ich das laut ausgesprochen habe oder eines der anderen Kinder, weiß ich nicht mehr. Die Antwort darauf war jedenfalls so, dass schlagartig alle Kinder im Raum wussten, es ist nicht die Zeit und der Ort für Fragen oder gar Widerworte :-), und alle haben wir die Karten dem Diktat entsprechend verfasst. Mittagsschlaf, genau, jeden Tag 2 Stunden, in denen das Zimmer auch nicht zum Toilettengang verlassen werden durfte. Am Strand waren wir in den 6 Wochen nur ein einziges Mal, dafür stand täglich ein Marsch über die Insel auf dem Programm: Wir mussten im Chor die Schritte bis 10 zählen, dann kam irgendwas mit Stock und Regenschirm, dabei musste man seitlich gehen, und dann ging es mit 1 wieder los... Aber am meisten in Erinnerung geblieben ist mir das Duschen am ersten Tag. Das ging zimmerweise vor sich, also 6 oder 8 (?) Mädchen, und wir haben mit Wasser gespritzt und Spaß gehabt. In der Ecke stand die Nonne, sagte nichts, lachte nicht, ließ uns aber erstaunlicherweise gewähren. Wir hörten dann im Nebenraum ein Kind aufschreien und anschließend bitterlich weinen, und wurden ein bisschen unsicher, haben aber erst einmal, gedämpfter, weiter gespielt. Dann zeigte die Nonne auf einen von uns und machte eine Geste zur Tür. Wir hatten vorher nicht mitbekommen, dass eine raus musste, und haben bei der nächsten dann vorsichtig abgewartet, was passiert - das Gleiche: Schrei, Weinen. Da war klar, dass hinter der Tür nichts Gutes wartet, und entsprechend haben wir auch schon mal alle geweint, aus Angst. Die Nonne zeigte wieder einen, es ging dem Alter nach, die Jüngsten zum Schluß. Ich war die Vorletzte, und das Schlimmste war eigentlich die Ungewissheit, was denn eigentlich passieren wird. Letztlich saß hinter der Tür die Mutter Oberin auf einem Stuhl, zog einen beim Rauskommen blitzschnell zu sich und klemmte einen zwischen die Beine. Weil man nicht wusste, was los war, hat man gezappelt und mit dem Kopf nach hinten geschaut - und bekam dann Spiritus in die Augen, mit dem die Haare (als Schutz vor Läusen?) gewaschen wurden. Das brannte und stank, und war sehr unangenehm, aber ich weiß noch, dass ich froh war, weil - zumindest wußte ich jetzt, was passiert... Nach der Rückkehr muß ich oft geweint haben. Ich kann mich nur an einmal erinnern, da gab es abends ein Nachtlied und die Gute-Nacht-Geschichte, und meine kleine Schwester lag im Etagenbett über mir, und ich war in dem Moment so froh und erleichtert, dass einfach die Tränen liefen. Meine Oma hat mich dann etwas später ermahnt, nicht immer zu heulen, weil es meine Eltern traurig machen würde, und außerdem wäre die Kur sehr teuer gewesen, sie haben 800 Mark zuzahlen müssen (das war für meine Eltern damals mit Sicherheit sehr viel Geld). Danach habe ich dann aufgepaßt, nicht mehr zu weinen, und habe auch glaube ich nie groß davon erzählt. Aber ich kann mich nach all den Jahren noch so gut an einzelne Szenen erinnern. Für mich war das Kinderknast.
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Regina aus Eschwege schrieb am 15.06.2021
Ich glaube ich war 8 Jahre alt, als ich „verschickt“ wurde. Damit ich nicht so allein bin, wurde mein Bruder, knapp 2 Jahre älter als ich, mitgeschickt! Meinen Bruder habe ich während dieser 6 Wochen nur einmal kurz von Weitem gesehen. Der Kasernendrill wurde auch bei Freigängen konsequent betrieben. Wenn die Jungs „auf Ausgang“ waren, mussten wir Mädchen uns umdrehen mit dem Gesicht zur Wand oder Hecke je nachdem, was gerade da war. Das Heim bestand aus mehreren Häusern, nach Geschlecht und Alter sortiert, mit einer „Tante“ als Aufseher. Meine hieß Brigitte und sie war grausam! Nachts lief sie Patrouillen durch den Flur, denn es war strengstens verboten auf die Toilette zu gehen, da oft morgens Urinproben abgegeben werden mussten und man da keine Geduld hatte ggf. warten zu müssen… Einmal hatte ein Mädchen im Schlafsaal „rumgealbert“ und gruselige Sachen erzählt, eines der Mädchen hatte entweder wirklich Angst oder war einfach nur albern und sich der Konsequenzen nicht bewusst. Jedenfalls ist sie aus ihrem Bett gehüpft und in meins rein! Tante Brigitte stand sofort im Schlafraum und leuchtete mit ihrer Taschenlampe in mein Gesicht, das andere Mädchen war komplett unter meiner Decke! Noch kam Gekicher unter der Decke hervor. Wir mussten beide aufstehen und uns vor unser Bett stellen und unser Hinterteil frei machen, dann uns mit dem Oberkörper auf das Bett legen und das nackte Hinterteil hochhalten. Tante Brigitte hatte ein feines Stöckchen dabei, wie viele Schläge es waren, weiß ich nicht mehr, auch an den Schmerz erinnere ich mich nicht mehr, aber an das Gefühl ausgeliefert zu sein und die Erniedrigung vor aller Augen… Eines der Mädchen hatte eine ältere Schwester in einem anderen Haus, die sie auch treffen durfte, weil ja Geschlechtsgenossin und kein Bruder, der sie von diesem Vorfall erzählte. Es gab eine Zusammenkunft im Speisesaal mit mehreren Tanten und alle Kinder des Hauses mussten sich aufstellen, die ältere Schwester war auch anwesend… Tante Brigitte ist die Reihe der Mädchen entlang geschritten und hat gefragt „wer ist hier angeblich geschlagen worden? Keine Angst, einfach vortreten, dann können wir das klären!“ und hin und her ist sie die Reihe „abgeschritten“! „Na? Wer war denn das? Hat hier keiner was zu erzählen?“ Ich dachte mein letztes Stündchen hätte geschlagen! Ich habe nichts gesagt! Und die Versammlung wurde aufgelöst mit dem Hinweis, dass irgendein „dummes Ding Blödsinn erzählt hat um sich wichtig zu machen“! Ich hatte schreckliche Angst, dass das Konsequenzen hätte, aber nein, es wurde nie mehr darüber geredet. Nach 3 Wochen wollten meine Eltern zu Besuch kommen, da mein Onkel in Freiburg wohnte und Geburtstag hatte, das wollten sie mit einem Besuch verbinden. Ich hoffte, dann könnte ich erzählen, was da passiert war und sie würden mich mitnehmen. Denn Briefe wurden diktiert, man durfte nicht schreiben, was man wollte und so war man einfach ausgeliefert! Meine Mutter hat einmal angerufen und da stand Tante Brigitte neben mir und hat mitgehört, also auch keine Chance. Nach dem nächtlichen Vorfall war ich so eingeschüchtert, dass es reichte, mir zu sagen, dass ich brav sein müsste, sonst würde ich mich wundern, was für Möglichkeiten sie hätte. Was sie meinte, wurde mir klar, als meine Mutter mir mitteilte, dass sie nicht kommen würden, wie geplant, weil Tante Brigitte gesagt hatte, dass ich mich gut eingewöhnt hätte und ein Besuch nur das Heimweh wieder bringen würde. In meinem Interesse sollten sie doch darauf verzichten. Das war der Moment an dem ich dachte, da nie mehr raus zu kommen. Bei vielen wurde der Aufenthalt verlängert und da hatte ich totale Panik! Ich habe selbst nach meiner Rückkehr nach Hause erst viel später davon erzählt. Ich habe nur gesagt, dass ich es nicht schön fand…mein Bruder fand es super! Er wollte da gern wieder hin! Ich wäre eher gestorben! Ich habe viele Jahre noch unter diesen traumatischen Erlebnissen zu leiden gehabt. Ich konnte nicht mit auf Klassenfahrt fahren und bin lieber in eine andere Klasse während dieser Zeit gegangen. Erst viel später konnte ich das überwinden. Einige haben mich bestimmt für einen Sonderling gehalten, aber es war nicht möglich, auch bei Freundinnen zu übernachten war unmöglich, ich hatte echte Panik davor. Mit 15 oder 16 Jahren habe ich mich selbst davon befreit, heute weiß ich, dass ich psychologische Hilfe gebraucht hätte, aber damals hat da niemand dran gedacht. Ich habe ein gestörtes Verhältnis zu meiner Mutter, dieses und vieles andere kann ich ihr nicht verzeihen. Das ist sehr traurig, aber ich habe damals verinnerlicht, dass ich offenbar nicht viel wert bin und das hat mich mein Leben lang verfolgt. Heute bin ich 55 und wenn ich mich schlecht behandelt fühle, sage ich das sofort, also dass mich das stört und bitte darum, das zu unterlassen, freundlich aber bestimmt! Denn ich bin es mir wert und lasse mich von niemandem klein machen! Obwohl ich nur 1,60 m groß bin, trete ich immer auch für andere ein, mein Gerechtigkeitssinn ist besonders ausgeprägt und heute denke ich, dass gerade diese Erlebnisse mich stark gemacht haben! Heutzutage gibt es sowas ja Gott sei Dank nicht mehr, aber ich hätte meine Kinder auch niemals „verschickt“! Heute gibt es Mutter-Kind-Kuren, das ist auch sicher besser so!
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Jo aus Landkreis Ludwigsburg schrieb am 15.06.2021
Im Alter von 10 und 12 Jahren kam ich in Erholung. Ich meine, dass der Schularzt erstmals in der 4. Klasse die Erholung, weil ich zu dünn war, empfohlen hat und ich dann im Gesundheitsamt Ludwigsburg untersucht und die Erholung in die Wege geleitet wurde.
Aufenthalte: 1970 in Wiesensteig, Kinderkurheim Bläsiberg und 1972 in Brissago, Lago Maggiore, Kinderkurheim Miralago
Ich vermute, das war beide Male in den Sommerferien.
Meine Mama hat vor der Erholung Namensschilder in meine Kleidung genäht.
Die meisten Erinnerungen an die Heime habe ich wohl tief vergraben oder verdrängt.

Zu Wiesensteig:
Ich war das erste Mal alleine von zuhause weg. Ich hatte Heimweh, Kontakt nach Hause durfte ich nicht haben. In einer Postkarte habe ich meinen Eltern geschrieben „Ich bringe viele Briefmarken mit nach Hause. Evi und Micki in meinem Zimmer sind sehr frech zu mir. Uns geht es gut“. Wer Post von zuhause bekommen hat wurde im Speisesaal aufgerufen. Ich habe auch einmal ein Päckchen mit Süßigkeiten von Zuhause bekommen, ob das aufgeteilt wurde kann ich mich nicht erinnern.
Zum Frühstück gab es manchmal Schokopuddingsuppe und als Getränk Hagebuttentee.
Beim Essen musste ich solange vor meinem Teller sitzen bleiben bis er leer gegessen war, egal ob ich es nicht mochte oder satt war. Dies hat sich bei mir eingebrannt und ich habe mir geschworen niemals ein Kind zum Essen zu zwingen.
Wir mussten jeden Tag Mittagschlaf machen. Ich kann mich noch gut an die Liegen mit den Decken an der Turnhalle erinnern.
Im Garten war eine Schaukel und ein Drehkarussel. Vom Drehkarussel wurde ich runterkatapultiert und habe mir das Handgelenk verstaucht. Eine „Tante“ ist mit mir zum Arzt gefahren, dort habe ich eine Gipsschiene bekommen. Meine Eltern wurden nicht informiert. Als die Heimreise anstand wurde mir die Schiene abgenommen, damit ich „heil“ daheim ankomme. Es folgten 15 Jahre erhebliche Schmerzen im Gelenk, erst mit Homöopathie konnte ich das ausheilen.
Schön war jedenfalls, dass ein Nachbar uns Kinder mit seinem Traktor und Heuwagen mal mitgenommen hat.

Zu Brissago:
Die Anreise war mit dem Zug ab Stuttgart bis Locarno. Vermutlich von dort aus mit dem Bus bis Brissago.
In Brissago hatten wir junge, heute würde man sagen „coole“ Erzieherinnen. Wir sind oft in der Gruppe an das Ufer am Lago Maggiore gelaufen. Ich hatte dort einen Freund, Frank S. aus Sindelfingen. Wir haben uns noch eine Zeitlang geschrieben als wir wieder daheim waren. An die Namen der anderen Kinder kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber ich kann mich noch an ein Mädchen erinnern das eine Perücke trug, warum das so war weiß ich nicht mehr (sie ist auch auf meinem Gruppenbild).

Mittagschlaf machten wir auch hier, im Matratzenlager vom Pavillon.
In einer Karte an zuhause habe ich geschrieben „Jeden Montag ist Schreibtag, wir sind zu acht im Zimmer und müssen jede Woche duschen“. In den Waschsaal gingen wir in Unterhose und mit einem kleinen Handtuch, das zeigen meine Bilder.
Bei der Ankunft musste ich ein Lieblingskleidungsstück zur Seite hängen für die Heimreise. Ich habe mich für meinen nagelneuen Hosenanzug entschieden. Leider habe ich in den 6 Wochen mehr als 4 Kilo zugenommen und der Hosenanzug war zu eng.
Mein Bruder wollte mich damals besuchen (er hatte schon den Führerschein). Er hatte ein Paket mit Kleidung gebracht, das wurde mir auch gleich übergeben. Er wurde aber nicht vorgelassen zu mir. Dass ich meinen Bruder nicht sehen durfte, obwohl ich erfuhr, dass er vor der Tür stand, tat mir sehr, sehr weh. Das Argument war Heimweh.
Das Highlight war einmal abends, da wurde ein halber Raclette Käselaib im offenen Kamin vom Speisesaal erwärmt, das war sehr lecker und ich denke gerne daran.

Seit vielen Jahren leide ich unter Ängsten. Die meisten Probleme machen mir Trennungsängste, Verlustängste, Druck, Bevormundung, hilflos, ausgeliefert, alleine zu sein.
Mir wurde immer wieder empfohlen doch eine Reha zu machen, aber ich wollte nie von zuhause weg.
Durch einen emotionalen Ausnahmezustand mit einigen somatischen Beschwerden wurde ich hellhörig als im Fernseher ein Bericht über „Verschickungskinder“ kam. Vielleicht habe ich nun noch Erklärungen gefunden für Teile meiner Verhaltensweisen. Dass auch die „Erholungen“ dazu beigetragen haben.
Zum Beispiel warum ich immer für meine Kinder da sein wollte und bin! Warum ich keinen Druck, Bevormundung und Ungerechtigkeiten ertrage! Warum es mir sehr schwer fällt alleine aus meinem gesicherten Umfeld zu gehen, warum allein sein oft mit Angst verbunden ist, warum ich immer Harmonie suche.
Vielleicht findet sich jemand, der auch zu der Zeit in den beiden Heimen war, vielleicht kann ich mit deren Berichten mein Gedächtnis wecken.
Die Initiatoren dieser Seite möchte ich meinen Dank aussprechen und hoffe, dass wir Verschickungskinder gesehen werden.
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Ursula Kocke aus Wuppertal schrieb am 15.06.2021
Als 7jährige wurde ich ,für 6 Wochen ,in obiges Heim verschickt.Es war die Hölle die ich dort ertragen mußte.Weil ich den ,täglichen,Haferschleim nicht aufgegessen habe ,mußte ich allein ,in dem riesigen Speisesaal sitzen bleiben während die anderen Kinder raus durften.Weil mein Teller,auch am Abend,nicht leer war,bekam ich den am nächsten Tag wieder vorgesetzt,so oft bis er endlich leer war.Ich hatte großes Heimweh und habe jeden Abend geweint,was zur Folge hatte,dass ich in eine Kammer gesperrt wurde weil ich die anderen Kinder gestört habe.Die Kammer war kalt und dunkel.Als ich nach 4 Wochen krank wurde ,versprach man mir ,mich früher nach Hause zu schicken,darauf habe ich gewartet aber als der Zeitpunkt da war ,wurde mir gesagt ,dass das nicht geht weil meine Mutter mich nicht mehr haben wollte.Danach habe ich mehrmals ins Bett gemacht,wurde als Schwein beschimpft und bekam keine Bettwäsche mehr sondern mußte auf einer Plastikplane ohne Bettzeug schlafen ohne Schlafanzughose weil die ja auch nass wurde.Ich kann mich an einen Jürgen aus Köln -Phingst erinnern dem es genauso erging.Am schlimmsten war eine Tante Wilma,ich sehe sie ,noch heute,vor mir ,riesen groß mit schwarzen Haaren.Sie war ein Teufel.Heute ,mit 78 Jahren,erzähle ich das erste Mal über diese Zeit,sie hat mich geprägt und trotzdem habe etwas daraus mitgenommen,ich habe meine Kinder nie zum Essen gezwungen ,ich habe sie nie ausgeschimpft wenn sie mal ins Bett gemacht hatten ,ich habe sie nie,zur Strafe eingesperrt,ich habe sie einfach nur geliebt.
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EineRose schrieb am 15.06.2021
Ich war im Herbst 1975 als 8-jähriger für 6 Wochen im Verschickungsheim Brilon gewesen. Unter den 8-12-jährigen dort war ich einer der jüngsten. Meine Eltern sagten mir, danach wäre ich ein ganz anderer Mensch gewesen als davor: viel blasser, stiller und weniger lebhaft.
An ein paar Dinge erinnere ich mich: Einmal war ich "widerspenstig" und wurde unten im Waschraum von Frau Selter geschlagen. Das war nach einer Wanderung, nach der ich einfach nicht mehr konnte. Die ging bestimmt über 20 km oder mehr.
Abends nach den Schlägen habe ich ins Bett gemacht, was ich schon lange nicht mehr getan hatte. Ich habe mich nicht getraut, etwas zu sagen und in der Pfütze weitergeschlafen, bis es irgendwann wieder trocken war.
Auch an das Gurgeln von Salzwasser erinnere ich mich. Schrecklich! Und irgendwann im Laufe des Tages gab es diesen furchtaren Brottrunk, der schmeckte wie Essigwasser. Mag ja vielleicht gesund gewesen sein für Erwachsene, aber für uns Kinder war er eine Folter. Wir haben uns alle davor geekelt. Briefe wurden kontrolliert und alle schrieben natürlich, wie toll es dort doch angeblich war. Wehe, man hätte etwas anderes geschrieben.
Frau Selter war wirklich ein furchtbarer Drachen, schon von ihrem matronenhaften Äußeren her. Ich erinnere mich noch daran, dass sie sogar einen Kinnbart hatte. Das machte sie für uns Kinder nicht sympathischer.
Während der Zeit wurde ich krank und bekam wohl Scharlach, wie man später zuhause an den Symptomen erkannte. In Brilon selbst wurde nichts dagegen getan. Ich musste weitermachen wie die anderen. Ich war erschöpft und froh, als es vorbei war. Auch meinen Eltern fiel auf, dass ich in viel schlimmerem Zustand nach Hause kam als ich abgereist war.
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Steffi aus Brilon schrieb am 15.06.2021
Nach dem Lesen des o.g. Buches konnte ich eine Veränderung bei mir feststellen: Ich fühle mich
in diesem Punkt zum ersten Mal ernst genommen und ich habe nie gelogen in Bezug auf meine
Erinnerungen.
Und ich war nicht die Einzige.
Aber es hat mich auch erschüttert, aufgewühlt. Das Begreifen, „ich war dabei, es ist alles wahr“,
hat mich auch erst einmal sprachlos gemacht und still werden lassen. Nachdenklich, meine Gedanken
und Gefühle erst einmal ankommen lassen und überhaupt zuzulassen.
Und ich hatte plötzlich keinen Hunger mehr, nur Durst.
Die Erkenntnis, das heim- und zeitunabhängig über ganz Deutschland diese grauenhaften Taten
belegt worden sind (und hoffentlich noch weiter belegt werden), beweist: Das hatte System! Und
war nur möglich, weil alle weggeschaut habe: Familien, Ärzte, Krankenkassen, Gesundheits- und
Jugendämter, Träger, Kirchen, Lehrer, Staat… Und es bis heute weiterhin tun.
Ich war ca. ½ Jahr alt, als ich an Asthma und Neurodermitis erkrankte und mein Kinderarzt, Dr.
Götting (Paderborn), den ich als mit-leidenden, freundlichen Mann erinnere, alles versucht hat,
um mir zu helfen. Vermutlich hat er meinen Eltern zu dieser „Kur“ geraten, was damals ja offenbar
durchaus üblich war.
Aufgewachsen bin ich mit zwei Schwestern (*1966 und *1967) in einem liebevollen, fürsorglichen
Elternhaus, das katholisch geprägt war und in dem die christlichen Werte gelebt wurden. Die
Familie habe ich immer als Schutzraum empfunden gegen „Feinde“ von außen. Auch meine
Schwestern waren immer meine Verteidiger, wenn andere Kinder aufgrund meiner „kaputten“
Haut gegen mich waren. Echte Freunde / Freundinnen hatte ich aber nicht. Wir wohnten damals
außerhalb von Stadt und Dorf und Mobilität gab es nicht. Meine Mutter war zuhause und für sie
war das Mutter-Sein eine echte Berufung, die sie selbst für sich frei gewählt hatte und bis heute
lebt. Mein Vater war zwar der klassische Versorger, aber immer für uns da, liebevoll, fürsorglich
und weitblickend, fantasievoll und humorvoll. Meine Mutter war, so vermute ich heute, mit drei
Kindern, davon einem sehr kranken, trotz all ihrer Mühe oft am Ende ihrer Kräfte. Mein Vater hat
sie unterstützt, wo er konnte und immer darauf geachtet, dass sie selbst nicht zu kurz kommt.
Vor diesem Hintergrund ist wahrscheinlich auch die Entscheidung, mich in eine „Kur“ zu schicken,
damit es mir besser geht, gefällt worden.

Interessanterweise bringe ich meinen Vater überhaupt nicht mit den Erlebnissen um das Thema
Borkum in Verbindung, vermutlich, weil er bei Abfahrt und Rückkehr nicht dabei war. Was ich
erinnere, ist seine Umarmung, als ich wieder zu Hause war und das Gefühl: „Ich bin in Sicherheit!“
Meine Mutter vermutet, die „Kur“ könnte über die Barmer Ersatzkasse oder auch über die Caritas
gelaufen sein, an den Namen des Heims und ob es ein kirchlicher Träger war, erinnert sie sich
nicht.
Ich war gerade 6 Jahre alt geworden, als ich von Paderborn aus in ein Heim auf Borkum verschickt
wurde. Meine Mutter erzählt, dass sie einige Zeit vor der Abfahrt noch ein Foto hat machen lassen,
auf dem sie vermerkt hat, dass ich 6 Jahre alt war. Damit müsste es Oktober / November
1970 gewesen sein. Dazu passen auch meine Erinnerungen an Borkum: draußen kalt und grau,
es gab keine Sonne, Blumen oder grüne Bäume; drinnen immer nur spärlich beleuchtet und viele
graue Farbtöne.
Auch die Rückfahrt nach der „Kur“ passt zur diesem Zeitfenster: Meine Mutter, meine Oma und
ich sind mit dem Bahnbus gefahren, da war es schon dunkel. Meine Mutter weiß noch, dass der
letzte Bus von Paderborn in unseren Ort entweder um 16:30 oder 17:30 fuhr, damit kann es nicht
im Sommer gewesen sein. Ich erinnere mich an das Licht im Bus und die Sitze: sie waren aus
einem dunkleren roten Plastik und durchzogen mit bräunlichen Äderungen und sahen aus wie
Blut.
Zur Abfahrt hatten mich meine Mutter und meine Oma gebracht. Ich erinnere mich noch an die
Karte um den Hals und dass die Bänke im Zug aus Holz waren und der Po vom langen Sitzen
wehtat. Der Rest ist weg, ebenso die Fährfahrt und die Ankunft. Auch an das Haus habe ich keine
Erinnerung. Trotz Sichten alter Bilder und einem Besuch auf der Insel vor ein paar Jahren kam da
nichts wieder.
Die Erinnerung an den Aufenthalt auf Borkum kann ich in keine Zeitachse packen; ich kann nur
einzelne Situationen erinnern, aber nicht, was zuerst oder was zuletzt war.
Ich habe auch keine Erinnerung, dass ich je in einem riesigen Schlafsaal war, auch nicht an andere
Mädchen (außer einer) und schon gar nicht an Jungen. Daher kann ich nur die einzelnen Bruchstücke
aufschreiben, die mir aber noch absolut präsent sind:
Bruchstück 1:
Ich war allein in einem Zimmer und saß in einem Gitterbett. Gegenüber auf einem hohen Schrank
saß hoch oben mein Teddybär, den mir Pater Sonntag von der Mission Mariental in Süd-West-
Afrika (heute Namibia) extra für diese „Kur“ geschickt hatte. Der Teddy war unerreichbar für mich
und ich habe ihn danach auch nie wieder gesehen oder gar zurückbekommen. Das Bettlaken war
nass und voller Blutflecken und -streifen, weil ich mich offenbar gekratzt hatte. Jemand in weißer
Kleidung saß neben mir und zeigte mir eine Postkarte mit Teddybären darauf und hatte ein Päckchen
von meinen Eltern dabei. Was darin war, durfte ich nicht sehen und habe den Inhalt auch
nie bekommen. Nur die Karte durfte ich kurz anschauen, aber nicht anfassen oder gar behalten.
Auch sie war danach weg. Vorgelesen wurde sie nicht. Weil das Bett so schmutzig war, musste
ich es abziehen und mit der Schwester (ich vermute, es war eine wegen der weißen Kleidung) im
Waschraum waschen. Die braunen Flecken vom Blut hab ich nicht wegbekommen, deshalb
musste ich solange waschen, bis sie ganz blass waren. Der Boden war eiskalt und ich durfte keine
Schuhe tragen. Und es brannte nur ganz wenig Licht. Irgendwann waren dann viele hohe Stimmen
da, die mich ausgelacht haben, es gibt aber keine Körper oder Gesichter dazu.
Diese Prozedur musste ich immer wieder machen, weil ich oft ins Bett gemacht habe und mich
blutig gekratzt habe. Vielleicht war ich auch immer nur in diesem Einzelzimmer. An Medizin oder
Salben kann ich mich nicht erinnern, auch nicht an einen Arzt.
Bruchstück 2:
Ich erinnere mich an den Waschraum mit ganz vielen Waschbecken in einer langen Reihe mit
Spiegeln darüber, aber die waren zu hoch, ich kannte mich nie sehen. Der Raum war ganz kalt
und dunkelgrau gestrichen. Es gab kein helles Licht, nur eine einzige Leuchte unter der Decke.
Auf den Waschbecken lagen Zahnbürsten und Zahnpasta. Ganz viele Kinder hatten diese rosafarbene
Blendi-Kinderzahnpasta, die es auch heute noch unverändert gibt. Ich bin immer wieder in
diesen Waschraum geschlichen und habe diese Zahnpasta gegessen, die war lecker und
schmeckte nach Himbeeren. Ich erinnere außer mir kein einziges Kind in diesem Raum, auch kein
gemeinsames Waschen oder Zähneputzen. Auch dass ich dort hinschleichen konnte, legt die Vermutung
nahe, dass ich in einem Einzelzimmer untergebracht war, vielleicht, weil ich keinen anstecken
sollte.
Den Geruch und den Geschmack dieser Zahnpasta finde ich heute noch angenehm.
Bruchstück 3:
Ich erinnere mich an einen endlos langen, kalten und dunklen Flur, der wie alles nur spärlich
beleuchtet war. Auf beiden Seiten waren viele Türen, aber alle geschlossen. Und es war ganz still.
Am Ende des Flurs gab es kein Fenster, dafür aber eine dunkle Ecke. Die Wände waren dunkelgrau
und ganz glatt und kalt, so wie der Fußboden. In dieser Ecke musste ich immer wieder stehen,
wieso, kann ich nicht sagen. Vielleicht wegen dem verschmutzen Bett, weil es nie besser wurde
mit dem Ins-Bett-Machen und sich-blutig-kratzen. Ich war immer barfuß und hatte ein
Nachthemd an, aber keine Unterhose und keine Decke. Ich musste immer auf die Wand schauen
und durfte mich nicht umdrehen. Wie lange das jeweils gedauert hat, weiß ich nicht, es fühlte ich
an wie eine Ewigkeit. Manchmal war auch dort das Gelächter der hohen Stimmen, auch an die
Worte „kaputte Haut“ erinnere ich mich. An Schläge erinnere ich mich dagegen nicht. Aber daran,
dass ich mir in dieser Ecke immer das kleine Mädchen aus dem Märchen „Das kleine Mädchen
mit den Schwefelhölzchen“ vorgestellt habe. Es ist bis heute mein Lieblingsmärchen und wenn
ich es vorlese, wird meine Stimme immer ganz brüchig, manchmal kommen auch Tränen.
Bruchstück 4:
Ich erinnere mich, dass es eine Nachtschwester gab. Aber sie sah nicht aus wie eine Schwester
oder Nonne, sie hatte keine Haube. Sie hatte dunkelgraue Haare, ein graues Kleid an und der
Stoff war etwas rau. Sie saß auf einem Stuhl bei den Toiletten. Sie sah aus wie meine Kindergärtnerin
Tante Lisbeth. Bei ihr war ich einmal (vielleicht auch öfter) in der Nacht. Dazu musste ich
eine Treppe hoch. Mit ihr verbinde ich die Worte gütig und tröstend. Erlaubt war das nicht, wir
durften nachts nicht zur Toilette gehen. Wieso ich trotzdem da war, kann ich nicht sagen, vielleicht
auch das ein Hinweis auf das Einzelzimmer. Diese Nachtschwester war jedenfalls die einzige
Person, die so etwas wie ein Gesicht hatte.
Bruchstück 5:
Von meiner Betreuerin erinnere ich nur die Rückenansicht. Sie hieß Fräulein Niederegger (ich
denke, es wird so geschrieben), den Begriff „Tante“ erinnere ich nicht.
Sie hatte lange schwarze glatte Haare bis zur Mitte des Rückens, sie waren strähnig und fettig.
Sie hatte einen extrem breiten Hintern und dicke Oberschenkel. Sie trug immer schwarz und
hatte eine schwarze Feincord-Hose mit dem braunen Wrangler-Etikett. Wenn sie lief, gab es immer
das typische Geräusch, das Cordhosen machen, wenn die Beine aneinander reiben. Dieses
Geräusch erzeugt bei mir bis heute ein ungutes Gefühl. Ich habe nie diese Cordhosen und schon
gar nicht die Marke Wrangler getragen oder tragen wollen.
Bruchstück 6:
Der Speisesaal war ein riesiger Raum in einem vergilbten beige, aber genau wie alle Räume immer
kalt. Der Tisch war ziemlich hoch, so dass ich fast mit dem Kinn an die Platte kam. Es gab
keine Blumen oder Tischdecken. Auch kein Besteck, nur einen Löffel. Der Teller immer so voll,
dass er fast überlief. Auch hier erinnere ich keine anderen Kinder oder Stimmen. Gefühlt war es
total still.
Ich erinnere mich nicht, dass das Essen farbig war, nur an graue oder grau-beige Farben. Es gab
auch keinen Geschmack. Alles war irgendwie gleich, eher pampig und sehr fettig. Ekelig war das
Fleisch: meist zäh, mit dicken Fettbrocken, sehnig und mit viel Knorpel. „Schneiden“ musste ich
das mit dem Löffel, was nie gelang. Das Brot schmeckte immer staubig, offenbar war es alt und /
oder schimmelig. Noch heute kann ich Schimmel sofort riechen und esse nur absolut mageres
Fleisch.
Ich musste immer alles aufessen und mir war immer schlecht danach, weil es einfach zu viel war.
An einmal kann ich mich erinnern, dass ich alles wieder ausgebrochen habe. Dann hat mich jemand
ohne Gesicht in den Nacken gepackt und mir alles wieder eingelöffelt, bis endlich alles leer
war. Ich hab mich mehrmals übergeben, weil das einfach so ekelig war und so hat das ziemlich
lange gedauert, bis ich fertig war.
Bis heute kann ich es nicht haben, wenn mich jemand im Nacken packt oder durch die Haare
wuselt. Und bis heute muss ich würgen, wenn im Fleisch mal eine Sehne auftaucht, die ich übersehen
habe. Auch sobald ich sehe oder höre, dass sich jemand übergibt, löst das Würgereiz bis
hin zum tatsächlichen Erbrechen aus, selbst bei geruchs- und geräuschlosen Szenen in Filmen
muss ich rausgehen oder die Augen und Ohren schließen. Ich bin ausgebildeter Ersthelfer und
habe schon viele schlimme Verletzungen gesehen, aber wenn sich da jemand übergeben hat,
kann ich nichts mehr tun.
Einmal gab es Grießbrei mit Kirschen (da war dann doch Farbe). Der Brei war wie Beton und völlig
ohne Geschmack, aber die Kirschen waren lecker. Die Kirschkerne hab ich geschluckt, vor lauter
Angst, sie auf den Teller zu legen. Und ich hatte Angst, dass sie im Bauch werden wie die Wackersteine
und ich daran sterbe. Aber das ist zum Glück nicht passiert.
Kirschen liebe ich heute noch, Grießbrei würde ich freiwillig nie wählen, ob wohl ich auch schon
leckeren gegessen habe und nicht würgen musste.
Außerdem erinnere ich mich, dass ich ständig Durst hatte. Es gab ganz wenig zu Trinken und dann
nur roten Tee mit einem üblen Nachgeschmack, der noch mehr Durst machte. Manchmal hab ich
heute noch echte Durstattacken, in denen ich dann sofort trinken muss. Das ist wie eine Art
Zwang. Roten Tee verabscheue ich heute noch.
Bruchstück 7:
An Borkum als Insel oder an das Meer habe ich so gut wie keine Erinnerungen. Ich glaube, wir
waren so gut wie nie draußen. Aber ich erinnere mich auch drinnen an keinen Raum, wo wir
gespielt hätten oder gebastelt. Auch nicht an Gruppen mit anderen Kindern. Da ist einfach nichts.
Einmal waren wir in einem Wellenbad. Die Halle war riesig und es roch eigenartig, vielleicht nach
Salz, weil auch das Wasser salzig war. Wenn ich Wasser geschluckt hatte, musste ich würgen. Die
Wellen waren riesig und ich hatte Angst, unterzugehen. Es waren noch andere Menschen im Bad,
aber die waren immer weit weg und sahen ganz winzig aus. Meine Haut hat höllisch gebrannt,
weil das Salz in die aufgekratzten Wunden kam. Zum Abtrocknen gab es Handtücher, die ganz
steif und hart waren und nicht richtig getrocknet haben. Hinterher war meine Haut ganz trocken
und ist immer wieder aufgeplatzt. Und dann war das Bett wieder blutig und die Waschprozedur
kam. Noch heute meide ich Schwimmbäder und Meerwasser.
Bruchstück 8:
Ähnliches erinnere ich auch von den Duschräumern. Duschen kannte ich nicht, wir hatten zu
Hause nur eine Badewanne. Hier erinnere ich auch andere Kinder, vermutlich Mädchen, aber alle
ohne Gesichter. Wir mussten uns zum Duschen alle nebeneinander nackt aufstellen. Das Wasser
kam aber nicht von oben, sondern aus einem Gartenschlauch. Es war ein ganz harter Strahl und
eiskalt. Es brannte auf meiner Haut und der harte Strahl tat weh. Seife gab es nicht. Einmal hab
die Arme um mich gelegt als Schutz: Da musste ich nach vorne kommen und wurde noch mal
„abgeduscht“. Und wieder mussten alle anderen mich auslachen. Wieder diese hohen Stimmen
und die Worte „kaputte Haut“.
Bruchstück 9:
Einmal waren wir in den Dünen. Ich bin mit einem Mädchen (an weitere Kinder erinnere ich mich
nicht) zusammen eine Düne hochgelaufen. Das Mädchen hatte einen roten Hut auf, ähnlich einem
Fes, nur die Quaste war eher ein schwarzer, dickerer Faden. Kurz bevor wir oben waren,
stand oben am Rand der Düne ein Mann, der sich gegen den grauen Himmel abhob und aussah
wie Zorro: mit dem Hut und einem schwarzem wehenden Umhang, der sich aufgebläht hatte.
Alles an dem Mann war schwarz, auch er hatte kein Gesicht. Er kam auf uns zu und wir sind
umgedreht und gefühlt um unser Leben gerannt. Diese Angst kann ich sogar jetzt wieder fühlen,
während ich dies schreibe.
Nach dem „Kuraufenthalt“ bin ich in die 5. Klasse auf’s Gymnasium gekommen. Ich war die einzige
aus der Grundschule, die auf das Mädchengymnasium kam, kannte dort also niemanden. Die
erste, die mir auffiel, war Anke W.. Ich bis heute zu 100 % sicher, dass sie das Mädchen mit dem
roten Hut war. Ich fragte sie, aber sie hatte es verneint. Später, ich war 17. oder 18 Jahre alt,
habe ich sie noch einmal darauf angesprochen: auch da hat sie behauptet, nie auf Borkum gewesen
zu sein. Diesmal allerdings mit einer ziemlichen Aggressivität und Wut in ihrer Stimme. Ich
habe sie danach nie wieder gefragt. Und bis heute begegne ich ihr mit einem gewissen Argwohn,
ich traue ihr irgendwie nicht.
Interessanterweise hatte ich in der Zeit in Pädagogik das Thema „vernachlässigte Kinder“. Mein
damaliger Lehrer sagte mir später einmal: „ich war sicher, Du würdest Pädagogik oder irgendetwas
Soziales studieren.“
Bruchstück 10:
Vermutlich eher zum Ende des Aufenthaltes müssen wir in der Stadt gewesen sein. Ich hatte ein
Leporello mit Bildern von Borkum mit nach Hause gebracht. Darauf war auch ein Foto vom berühmten
Wal-Knochenzaun in der Kirchenallee zu sehen. Den Zaun habe ich beim Besuch auf der
Insel wiedererkannt. Das Leporello hatte ich lange, irgendwann ist es verschwunden. Geblieben
ist nur das Bild vom Wal-Knochenzaun, alle anderen sind verschwunden oder basieren auf den
Bildern vom Besuch auf der Insel.
Besonders mögen tue ich Borkum nicht.
Als ich wieder zu Hause war, sagte meine Mutter: „Das ist nicht mehr das Kind, das wir losgeschickt
hatten! Nie wieder gebe ich ein Kind weg !“ Ich glaube, sie leidet bis heute unter dieser
Entscheidung, obwohl sie wirklich nur das Beste wollte.
Ich war trotz meiner Erkrankung den Erzählungen nach ein fröhliches, aufgewecktes und positives
Kind. Als ich zurückkam, war ich nur noch still und unauffällig, fast unterwürfig. Vieles davon
ist geblieben: ich mag auch heute noch keine Feiern oder Ereignisse, in denen ich der Mittelpunkt
bin. Immer noch habe ich diese Angst, ich könnte nicht gut genug sein, es geht etwas schief, weil
ich nicht alles bedacht habe, oder es kommen keine Leute, weil man mich doch nicht mag.
Ganz früh nach dieser „Kur“ wusste ich sicher und klar, dass ich niemals Kinder haben will.
Obwohl meine Mutter und meine ganze Familie alles getan haben, um mich wieder aufzubauen,
hat das Verhältnis zu meiner Mutter einen Knacks bekommen, der erst seit 2016 (Herzinfarkt
meines Vaters), also nach 50 Jahren, so langsam zu heilen beginnt. Was für eine Zeitspanne!
Mein Selbstvertrauen und Selbstsicherheit waren verschwunden. Statt dessen war das Gefühl,
nicht den Anforderungen zu genügen, ein permanenter Begleiter. Selbst wenn es belegbar war,
z.B. durch gute Zeugnisnoten, habe ich es nicht geglaubt.
Auch bedingt durch meine „kaputte“ Haut hatte ich jahrelang keine echten Freunde oder Freundinnen.
Ich habe lange versucht, durch lauter Unfug Freunde zu kaufen. Das konnte natürlich
nicht gelingen. Ich war der Klassenclown, aber nicht wirklich lustig. Lustig gemacht haben sich die
anderen über mich - Geschichte wiederholt sich halt. Irgendwann war ich dann nur noch still und
angepasst. Die Erfahrung zeigt: das läuft gut, ich war nicht mehr angreifbar. Die ersten Freunde
waren eine Gruppe von Jungen, da war ich fast 17 Jahre alt. Wenn etwas nicht so lief, haben sie
es mir direkt ins Gesicht gesagt und dann war es gut. Sie haben nie nachgetreten oder nachgetragen.
Bei den Mädels war das anders, denen konnte ich nie wirklich vertrauen. Das ist bis heute
so geblieben. Frauen gegenüber bin ich sehr vorsichtig und zurückhaltend. Wenn überhaupt, erfahren
sie erst nach langer Zeit etwas über mich.
Dafür begann ich, mich zu Hause anders zu verhalten: ich habe mit meinen “Heldentaten“ draußen
geprahlt, die es aber tatsächlich nie gab. Ich behauptete, die Größte zu sein, in Wahrheit war
ich ganz klein und unsichtbar. Ich wollte einfach nur Anerkennung dafür, dass es mich gab. Hatte
ich das Gefühl, sie nicht zu bekommen, wurde ich sauer, es folgen die Türen, zu argumentieren
hatte ich nie gelernt. Dieses Verhalten habe ich nur meiner Mutter gegenüber an den Tag gelegt.
Als ich einmal beim Ladendiebstahl einer Packung Kaugummi erwischt worden wird, brach für
meine Mutter eine Welt zusammen. Die Frage nach dem Warum oder nach Hintergründen
konnte sie nicht stellen und hat mir dieses Vergehen jahrelang immer wieder vorgehalten: sie
konnte mir nicht mehr vertrauen, ich hatte wieder einmal enttäuscht. Anders mein Vater: er hat
mit mir darüber gesprochen und mir das nie wieder vorgehalten. Von ihm habe ich das Verzeihen
gelernt.

Eine wichtige Folge der Borkum-Erfahrung war, dass ich ein sehr feines Gespür für Ungerechtigkeit,
benachteiligte und ausgegrenzte Kinder und Erwachsene entwickelt habe. Auch dafür bin
und werde ich bis heute oft belächelt und ausgegrenzt: dass ich immer den Schwachen in der
Klasse geholfen habe. Bei Lehrern, die keiner mochte, habe ich Kurse belegt. Und von all diesen
Menschen bin ich belohnt wurden: mit echtem Lächeln und Dankbarkeit. Das ist wahrscheinlich
das positivste, das bei dieser „Kur“ herausgekommen ist.
Heute erkenne ich sehr schnell, wohin die modernen Forderungen aus Politik und Gesellschaft
führen werden, nämlich hin zum Missachten der Rechte der Schwachen, egal ob Kinder, Behinderte
oder alte Menschen.
Um es modern auszudrücken:
Das wird ein Borkum 2.0, all diese Forderungen zum Kinderschutz im Grundgesetz inkl. Entziehung
der Erziehungshoheit der Eltern, nach dem Abstillen in die Horte und Kitas, bloß keine enge
Bindung an die Eltern, Abschaffung der Familie als Basis der Gesellschaft und als Schutzzone,
Leihmutterschaft, Abtreibungsfreigabe inkl. der Freigabe für die Forschung an Embryonen, assistierter
Suizid. Da ist der Schritt zur Euthanasie nicht weit.
All das hatten wir in den Auswirkungen in diesem System, dem wir Verschickungskinder hilflos
ausgeliefert waren.
Auch heute bekomme ich massiven Gegenwind, wenn ich das versuche klarzumachen. Dann
werde ich in die rechte braune Ecke verortet. Und dann falle ich oft in das alte Schema zurück
und werde still. Obwohl ich weiß, dass es falsch ist, bin ich dann wie gelähmt und kann nicht
dagegen angehen.
Aber trotz allem: ich komme gut zurecht in meinem Leben, habe einen wunderbaren Ehemann
und eine tolle Familie, die zusammensteht, wenn es eng wird.
Und auch einige echte Freunde mittlerweile.
Alles in allem ist es gut gelaufen, man hat es nicht geschafft, mich komplett zu brechen. Eine
kleine Genugtuung, immerhin.
Manchmal würde ich mich gerne an mehr erinnern. Vor allem interessiert mich, wieso ich mich
an keine anderen Kinder und an keine Gesichter erinnern kann. War ich vielleicht in einer Art
Einzelhaft, überwiegend isoliert und konnte ich deshalb die nächtlichen „Ausflüge“ machen?
Aber ich habe kein Vertrauen in Psychologen und Psychiater, um es aufzuklären und eigentlich
reicht der Dreck an Erinnerungen auch so.
Ich will auch kein Entschädigungsgeld, das gibt mir nichts. Wichtig ist mir, dass das Thema öffentlich
an Fahrt gewinnt und dass niemand jemals Menschen, insbesondere Kindern so etwas wieder
antun kann!
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Ariane aus Remscheid schrieb am 14.06.2021
Hallo, ich war im März 1969 über mein 6 Geburtstag verschickt worden.
Ich habe lange gesucht um endlich diese Seite zu finden. Wie das Heim hieß weiß ich nich , es stellte sich mit einem Lied vor. Kinder wollt ihr den ponyhof sehen Faria faria ho, müsst ihr zur Barmer Ersatz Kasse gehen.., und so weiter. Bei der Barmer hatte ich mal angefragt, aber keine Auskunft bekommen. Das Heim...
Es war der Alptraum..
Ich weiß das mein Vater mich in Wuppertal zum Bahnhof brachte. Ich war sehr klein und dünn, hatte vorher lange wegen eines komplizierten Armbruchs im Krankenhaus gelegen. Ich wurde in den Zug gesetzt und als wir ankamen war mein Koffer nicht da. Man sagte mir meine Eltern wären schuld. Er kam etwas später und endlicher etwas von zuhause!
Ich wurde beschimpft, da ich keine Schuhbürste mit hatte, die aber auf der Liste stand! Jetzt sollte ich zusehen wie ich meine Schuhe jeden Tag! putzen soll! Ich wurde Abends aus dem Bett geholt, weil die Aufpasser dachten ich hätte gesprochen, hatte ich nicht, hatte schon geschlafen, ich soll doch nicht so tuen wurde mir gesagt, musst dann im Flur auf einem Stuhl sitzen und durfte nicht zur Toilette. Als ich an zu weinen fing wurde ich in den Duschraum gesperrt! Ich musste aber mal, man sagte ich könnte ja in die Badewanne machen, das habe ich dann getan. Sooo schlimm.
Wir wurde morgens nackt hintereinander aufgestellt, mit unseren Handtüchern und mussten zum Waschen und Zähneputzen, ohne Ton!!! Zu Essen gab es fast jeden Tag Quarksuppe..,ich kann bis heute keinen Quark essen! Manche mussten sich übergeben und wurden bestraft! Wir haben immer geflüstert...Komm iss es , sie werden sonst böse.. in die Ecke stellen war an der Tagesordnung! Da ich dort Geburtstag hatte, bekam ich ein Päckchen, das ich aber nicht selber auspacken durfte. Alles wurde reglementiert. Die Süßigkeiten meiner Eltern musste ich teilen und nur wenige behalten, es war auch ein Brief dabei, er wurde vorgelesen, ich habe ihn nie bekommen. Allerdings durfte ich an diesem Tag telefonieren. Ich hatte vor alles zu erzählen, aber eine Frau stand die ganze Zeit neben mir und sagte. Du willst doch nicht das deine Mama traurig ist... ich habe gesagt das alles gut ist. Einige Tage vor der Abfahrt nach Hause bekam ein Kind die Röteln. Wir durften nur nach Hause wenn wir fieberfrei waren. Also habe ich das Thermometer immer nur ein bisschen in den Mund genommen, weil es mir schon schlecht ging ich aber keinem Tag länger dableiben wollt! Es hat funktioniert! Auf dem Nachhauseweg im Zug in der Nacht, bekam ich die Röteln. Aber ich war aus dem Heim!
Fotos waren gestellt für die Eltern und wir wurdrn unter die Höhensonne gebracht.. in einen Kreis gestellt und mit Brille auf!
Ich kann mich an einem Zauberer erinnern, ein schöner Moment.
Ich hatte nicht zugenommen, hatte die Röteln und fünf entzündete Fingernägel!
Habe meine Familie nicht erkannt und kam mir verlassen vor!
Ich muss immer noch daran denken.
Ariane
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Renate48 aus Nähe Braunschweig schrieb am 14.06.2021