Bericht vom zweiten Tag des Kongresses 2024 in Bad Kreuznach

Am zweiten Tag ging es erneut um Untersuchungsergebnisse zu den Verschickungen, diesmal basierend auf Erfahrungsberichten. Christiane Dienel stellte ausführlich die seit 2019 ununterbrochen laufende Befragung von ehemals Verschickten vor, aus der sich mittlerweile der größte Datenbestand Deutschlands zu unserem Anliegen entwickelt hat.
Die Daten stehen Forschenden zur Verfügung und sind erst in Ansätzen ausgewertet. Sie empfahl allen, die erstmals mit der Initiative in Kontakt kommen, als allererstes diesen Fragebogen auszufüllen und so ihre Erinnerungen zu dokumentieren und für die Erforschung und Aufarbeitung nutzbar zu machen.

Die Erziehungswissenschaftlerin Johanna Christ (Universität Frankfurt) wertete für ihre Masterarbeit die im öffentlichen Gästebuch ZEUGNIS ABLEGEN und Forum auf unserer Webseite eingestellten Erlebnisberichte aus. Auf dem Kongress schilderte sie, wie sie durch eine Analyse der Worthäufigkeit die Kinderperspektive in den Verschickungen rekonstruierte. Dr. Kristin von Majewski von der Universität Erlangen berichtete über Ergebnisse und Fortführung der Studie unseres AEKV-Vorstandsmitglieds Prof. Dr. Ilona Yim (University of California at Irvine) – während unseres Kongresses konnten die Teilnehmenden weiterhin Haar- und Blutproben abgeben und sich mit dem Team austauschen.

Der unserer Initiative eng verbundene Historiker Prof. Dr. Hans Walter Schmuhl stellte mit vielschichtigen Details die Biographie und ärztliche Tätigkeit des Kinderarztes Werner Catel in der Kinderheilstätte Mammolshöhe dar, eines Protagonisten der nationalsozialistischen Kindereuthanasie. Catel setzte sich in der Kinderheilstätte für das Verbot von Züchtigungen kranker Kinder ein; gleichzeitig führte er dort Versuche mit Tuberkulosemedikamenten, bei denen mehrere Kinder zu Tode kamen. Bis in die 1960er Jahre behinderte dies seine Karriere als angesehener Kinderarzt und Hochschullehrer nicht.

Konkrete Beispiele für die Arbeit der Initiative gaben Detlef Lichtrauter (Arbeit des Vereins Initiative Verschickungskinder NRW und des dortigen Runden Tisches), Doris Heinrich mit Anregungen zur konkreten Aufarbeitung von Traumafolgen z.B. in Heimortgruppen sowie Uwe Rüddenklau und das Team des Bundesvereins zur politischen Arbeit der Initiative auf Bundesebene. Andere Themen der Nachmittagssitzungen waren sexueller Missbrauch (Austausch zum Film von Lena Gilhaus) und Arzneimittelmissbrauch (Studien von Dr. Sylvia Wagner).

Die Präsentationen der Kongressbeiträge werden wir in Kürze auf der Webseite bereitstellen und die Dokumentation im Newsletter verlinken.
Jetzt kommt es darauf an, in den nächsten Monaten unsere Wirksamkeit systematisch zu erhöhen: Durch das Versenden der Bad Kreuznacher Erklärung an Entscheidungsträger und an alle, die jetzt für den Deutschen Bundestag kandidieren und durch den Beitritt bei der Initiative Verschickungskinder e.V. Hier geht es zum Beitrittsformular.

Macht mit, engagiert euch, werdet laut! Wir sind eine starke Initiative und haben schon viel erreicht – das war das vorherrschende Gefühl aller auf unserem Kongress in Bad Kreuznach.

Es grüßen euch herzlich eure

Anja Röhl, Christiane Dienel, Ilona Yim und Uwe Rüddenklau

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