Wie Gefängnis und Folter in Grafenaschau

Steht heute nicht mehr: der Lindenhof in Grafenaschau. Vor mehreren Jahrzehnten nutzte die Innere Mission die Immobilie für Kinderkuren. Foto: © Roland Lory

Ein idyllischer bayrischer Kinderkurort, im „Blauen Land“ gelegen, nahe dem Staffelsee, wo grüne Wiesen, blaue Himmel, kleine Häuschen und gute Luft einladen, wo es niedliche „Bilderbuchdörfer“ gibt und und man sich so richtig erholen kann, wurde für das ehemalige Verschickungskind Gabriele Marhold-Wormsbächer (68) im Jahre 1963 zu einem traumatischen Ort. In einer Reportage im MERKUR hilft der Autor Roland Lory Verschickungsgeschichte aufzuarbeiten, er schreibt (Auszug):

Gabriele Marhold-Wormsbächer (68) wurde damals als kleines Mädchen in ein Grafenaschauer Kinderkurheim verschickt. Sie verbindet den Aufenthalt mit solchen Erinnerungen: Einmal habe ich erbrochen und musste es – wie andere Kinder – aufessen. Im Interview im MERKUR beschreibt Gabriele Marhold-Wormsbächer ihre Verschickungszeit in Grafenaschau wie Gefängnis und Folter. Ein Arzt hat meine Hose aufgemacht und reingegriffen. Was er gemacht hat, weiß ich nicht. Ich glaube nicht, dass ich sexuell missbraucht wurde, aber es war höchst unangenehm. Marhold-Wormsbächer erzählt auch, dass sie sich Haare ausgerissen habe. Sie spricht von Enge, es habe keine Freiheit gegeben. Die Kinder hätten nur morgens, mittags und abends auf die Toilette gehen dürfen. Es gab keine Solidarität, ich war immer allein.

Es ist eine traurige, aufwühlende, eindrucksvolle Reportage. Danke an Gabriele Marhold-Wormsbächer für ihren Mut und Roland Lory für seinen Beitrag zur Aufarbeitung dieses düsteren Kapitels der Nachkriegszeit in einem der 350 idyllischen Kurorte, in denen es insgesamt, nach der Universitätsstudie der HU Berlin, ca. 2000 Heime gab. Aus zahllosen dieser Heime melden sich immer mehr Zeitzeugen mit traumatischen Erinnerungen.

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