Zeugnis ablegen

ZEUGNIS ABLEGEN – ERLEBNISBERICHTE SCHREIBEN

Hier haben sehr viele Menschen, seit August 2019, ÖFFENTLICH ihre Erfahrung mit der Verschickung eingetragen. Bitte geht vorsichtig mit diesen Geschichten um, denn es sind die Schicksale von Menschen, die lange überlegt haben, bevor sie sich ihre Erinnerungen von der Seele geschrieben haben. Lange haben sie gedacht, sie sind mit ihren Erinnerungen allein. Der Sinn dieser Belegsammlung ist, dass andere ohne viel Aufwand sehen können, wie viel Geschichte hier bisher zurückgehalten wurde. Wenn du deinen Teil dazu beitragen möchtest, kannst du es hier unten, in unserem Gästebuch tun, wir danken dir dafür! Eure Geschichten sind Teil unserer Selbsthilfe, denn die Erinnerungen anderer helfen uns, unsere eigenen Erlebnisse zu verarbeiten. Sie helfen außerdem, dass man uns unser Leid glaubt. Eure Geschichten dienen also der Dokumentation, als Belegsammlung.

Wir bauen außerdem ein öffentlich zugängliches digitales Dokumentationszentrum auf, dort ist es möglich seinen Bericht öffentlich, mit allen Dokumenten, Briefen und dem Heimortbild zu versehen und zusammen mit der Redaktion einen Beitrag zu erarbeiten und auf der Bundes-Webseite einzustellen, der für zukünftige Ausstellungen und Dokumentationen benutzt werden kann. Meldet euch unter: info@verschickungsheime.de, wenn ihr viele Dokumente habt und solch eine Seite hier bei uns erstellen wollt. Hier ein Beispiel

Wenn Ihr mit anderen Betroffenen kommunizieren wollt, habt ihr drei Möglichkeiten:

  1. Auf der Überblickskarte nachschauen, ob eurer Heim schon Ansprechpartner hat, wenn nicht, meldet euch bei der Buko Buko-orga-st@verschickungsheime.de, und werdet vielleicht selber einer.
  2. Mit der Bundeskoordination Kontakt aufnehmen, um gezielt einem anderen Betroffenen bei ZEUGNIS ABLEGEN einen Brief per Mail zu schicken, der nicht öffentlich sichtbar sein soll, unter: Buko-orga-st@verschickungsheime.de
  3. Ins Forum gehen, dort auch euren Bericht reinstellen und dort mit anderen selbst Kontakt aufnehmen

Beachtet auch diese PETITION. Wenn sie euch gefällt, leitet sie weiter, danke!

Hier ist der Platz für eure Erinnerungsberichte. Sie werden von sehr vielen sehr intensiv gelesen und wahrgenommen. Eure Erinnerungen sind wertvolle Zeitzeugnisse, sie helfen allen anderen bei der Recherche und dienen unser aller Glaubwürdigkeit. Bei der Fülle von Berichten, die wir hier bekommen, schaffen wir es nicht, euch hier zu antworten. Nehmt gern von euch aus mit uns Kontakt auf! Gern könnt ihr auch unseren Newsletter bestellen.

Für alle, die uns hier etwas aus ihrer Verschickungsgeschichte aufschreiben, fühlen wir uns verantwortlich, gleichzeitig sehen wir eure Erinnerungen als ein Geschenk an uns an, das uns verpflichtet, dafür zu kämpfen, dass das Unrecht, was uns als Kindern passiert ist, restlos aufgeklärt wird, den Hintergründen nachgegangen wird und Politik und Trägerlandschaft auch ihre Verantwortung erkennen.

Die auf dieser Seite öffentlich eingestellten Erinnerungs-Berichte wurden ausdrücklich der Webseite der “Initiative Verschickungskinder” (www.verschickungsheime.de) als ZEUGNISSE freigeben und nur für diese Seiten autorisiert. Wer daraus ohne Quellenangabe und unsere Genehmigung zitiert, verstößt gegen das Urheberrecht. Namen dürfen, auch nach der Genehmigung, nur initialisiert genannt werden. Genehmigung unter: aekv@verschickungsheime.de erfragen

Spenden für die „Initiative Verschickungskinder“ über den wissenschaftlichen Begleitverein: Verein Aufarbeitung und Erforschung von Kinderverschickung / AEKV e.V.:     IBAN:   DE704306 09671042049800  Postanschrift: AEKV e.V. bei Röhl, Kiehlufer 43, 12059 Berlin: aekv@verschickungsheime.de

Journalisten wenden sich für Auskünfte oder Interviews mit Betroffenen hierhin oder an: presse@verschickungsheime.de, Kontakt zu Ansprechpartnern sehr gut über die Überblickskarte oder die jeweiligen Landeskoordinator:innen


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2669 Einträge
Brigga schrieb am 10.09.2019
Interessante Berichte... und ich dachte, ich wäre ein Einzelfall und ich hatte nur Pech das falsche Kurheim erwischt zu haben...1979 Bonndorf, Schwarzwald Kinderkurheim Schwalbennest (die Ironie des Namens habe ich als Kind nicht verstanden) Ich war in den Sommerferien dort und "feierte" meinen 13. Geburtstag dort. Es war so, wie in sämtlichen vorangegangenen Berichten. Die Tanten, die Drohungen, die Puddingsuppen, einmal die Woche (Sonntag zum Kirchgang!) Wäschewechsel, das galt auch für die Unterwäsche. Nicht Reden beim Essen, Arme hinter die Stuhllehne-wegen der guten Haltung! ständig beten, in der Ecke stehen. Mittagsschlaf, Stundenlange monotone Spaziergänge mit Gesang. Unverhältnismäßige Strafen, diktierte Briefe, Postkontrolle. Ich hab tatsächlich ins Bett gepullert, weil vorher schon Sanktionen ausgesprochen wurden, dabei ist mir so etwas vorher nie passiert. Ich war clever genug, einfach das Bett trocknen zu lassen mit der Bettdecke, denn sonst hätte ich abends nichts zu trinken bekommen. Und so schlief ich sechs Wochen in einem stinkenden bepissten Bett. Trinken gab es auch nur zu den Mahlzeiten... im Hochsommer! Einen, mit Glück zwei Becher Tee- je nachdem wo man saß. Wenn der Topf am Ende leer war-Pech. Und so rannten alle heimlich in den Waschraum zum Trinken- war natürlich hochgradig verboten! Wer erwischt wurde- Ecke stehen in der Mittagszeit oder abends auf dem Flur. Mein jüngerer Bruder wurde von mir getrennt. Wir sahen uns vielleicht zwei, dreimal sporadisch. Mein Geburtstagspaket...einmal Reingucken und weg... Das Taschengeld der Eltern ebenso. Wurde mit angeblichen Bastelmaterialien, Porto und Souvenirkäufe, Eisbude, Grillabend oder Sommerfest etc. "verrechnet". Abends um 19 Uhr Bettruhe... im Juli... als Dreizehnjährige...1979... unglaublich. Meine Mutter und auch andere Eltern haben unsere Berichte nicht glauben können. Was hätten sie auch tun sollen? Ich war immer ein Kind, dass gerne verreiste und eher abenteuerlich eingestellt. Ich hatte das erste Mal in meinem Leben Heimweh und nachts geheult. Ich wollte nur nach Hause. Die schrecklichsten Sommerferien aller Zeiten hatte ich eigentlich vergessen oder gut verdrängt. Ich habs GottseiPunk ohne größere Schäden überstanden, weil ich relativ selbstbewusst, frech und rebellische war. Ein totales liebloses beklopptes Irrenhaus mit Nazipädagogik.
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Renate SÜNNEMANN schrieb am 10.09.2019
Norderney Haus Upstalsboom?
Ich Jahrgang 1950 und mit 9 Jahren auf Norderney
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Iris schrieb am 10.09.2019
Es ist genau 50 Jahre her. Ich war ein zierliches, immer blasses Kind und sollte verschickt werden, um zu Kräften zu kommen.
Mit neun Jahren kam ich also in ein Kinderheim, das wohl - so vermute ich - von der VW-Krankenkasse in Bad Sachsa im Harz betrieben wurde.
Ich hatte Angst. Bisher war ich als jüngstes Kind behütet und mit viel Fürsorge umgeben aufgewachsen; das erste Mal war ich nun allein, ohne meine Eltern und größeren Geschwister weg - für 6 Wochen.
Ich weinte. Drei Tage lang. Fast ununterbrochen. Ich wurde beschimpft, bedrängt, mit dem Gejammer und Geheule endlich aufzuhören, ich solle mich nicht so anstellen. Es gäbe bald keine Taschentücher mehr und dann würde ich schon sehen ...
Am dritten Tag bekamen wir eine Postkarte, auf der Vorderseite die Zeichnung eines fröhlichen, gesunden Kindes. Wir sollten schreiben, wie gut es uns ginge und dass wir uns wohlfühlen. Ich schrieb, dass ich Angst hätte und nach Hause möchte. Die "Tante" zerriss meine Karte und zwang mich, den richtigen Text auf die Karte zu schreiben. Ich weigerte mich. Sie zerriss auch die nächste Karte und ich verstand: ich muss tun, was von mir verlangt wird.
Sie war eine kalte, herrische, ungerechte Frau und ich hatte sechs Wochen lang Angst vor ihr.
Jeden Tag mussten wir nach draußen gehen und uns auf eine Wiese legen (es war Juni), damit wir braun und erholt aussehen, wenn wir nach Hause kommen. Das war die medizinische Intervention. In der Zeit entwickelte ich einen schweren Heuschnupfen und andere Allergien - auf die jedoch niemand reagierte, da man mich noch immer ausschimpfte, dass ich rumheulen würde und einfach nicht aufhörte. So war ich Tag für Tag den Allergenen auf der Wiese ausgesetzt, ohne dass ein Arzt erkannte, was wirklich mittlerweile mit meinen Augen und meiner Nase los war. Und natürlich fand das Sonnenbaden ohne angemessenen Sonnenschutz statt.
Etwa in der Mitte der Kurzeit hatte ich meinen zehnten Geburtstag. Als ich das Päckchen meiner Eltern bekam, war es aufgerissen und die Tanten waren so freundlich, mich darüber zu informieren, dass sie die Süßigkeiten herausgenommen hätten und verteilen würden. Denn Pullover und das Buch durfte ich behalten, den Brief, den meine Eltern mir geschrieben hatten, wurde - wie alle anderen Briefe, die ein- und ausgingen - erst gelesen. Nicht genehme Briefe wurden einbehalten bzw. ich wurde aufgefordert, einen neuen Brief zu schreiben.
Jeden Abend musste ich vier Scheiben Brot essen. Ich musste, egal, ob ich Hunger hatte, ob es schmeckte, ob ich es schaffte, essen. Ich musste so lange am Tisch sitzen bleiben, bis alles aufgegessen war. An einem Abend gab es etwas, was ich in meiner Erinnerung einfach nur ekelhaft war - ebenso ging es allen anderen Kindern. Niemand wollte das essen, alle mussten es essen und es war ein offensichtliches Kräftemessen, um uns Kinder zu erniedrigen und zu demütigen. Erbrochenes musste mitgegessen werden.
Die "Tante" stellte sich vor uns hin, zeigte auf einen großen Teller mit knusprigem Geflügelfleisch, den sie in der Hand hielt, es roch köstlich und sie sagte: "Das habt ihr nicht verdient, esst euren Fraß. Und jammert nicht, das hat sowieso keinen Zweck".
Nach sechs Wochen war der Horror vorbei.
So wie auf der Hinfahrt war die Übelkeit auch auf der Rückfahrt da - nur die Gründe waren andere. Niemals davor und niemals danach hatte ich diese Probleme.
Meine Eltern holten mich am "Sammelpunkt" ab. Ich weinte und brach zusammen. Mein Vater war fassungslos und außer sich und ich werde nie vergessen, dass er schrie: "Wenn ich das gewusst hätte, ich hätte dich sofort abgeholt"
Wie hätte er wissen können, wenn doch jede negative Information eliminiert wurde?
Soweit ich weiß, hat er sich bei der Krankenkasse beschwert. Aber: der Horror war ja bereits geschehen und mehr als ein Schulterzucken wird es nicht gegeben haben.
Es tut weh, auch nach 50 Jahren noch. Diese Erfahrungen haben in vielen Situationen ihre dunklen Schatten hinterlassen.
Gut, dass es diese Initiative gibt!
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Vanessa B. schrieb am 10.09.2019
Hallo,

mein Name ist Vanessa ich bin 33 und war damals mit meinem 4./ 5. Lebensjahr von meinem Arzt in eine Kurklinik geschickt worden.
Das muss also 1991 gewesen sein.
Die Kur dauerte 6 Wochen und war für mich eine reine Qual.
Ich kann mich leider oder Gott sei dank nicht mehr an so viel erinnern aber das was immer in meinem Kopf bleibt sind Situationen die mich sehr geprägt haben.
Angefangen damit das ich dreimal täglich dort ins Medizin-Zimmer musste zum inhalieren und andere Dinge. Es wurden Tests gemacht und gefühlt täglich Blut abgenommen. Ob es so war weiß ich nicht aber ich hatte Angst vor dem Gang ins Medizin-Zimmer weil ich Angst vor Nadeln hatte. Da ich laut meiner Mutter die jüngste auf der Station war wurde ich auch von den anderen Mitpatienten gemobbt mit denen ich auf Zimmer lag und rundherum (Bettwäsche und Kuscheltiere aus dem Fenster werfen etc.). Der Kontakt zu meiner Mutter wurde mir verboten ich durfte 1-2 mal mit ihr telefonieren ausnahmsweise, aber als ich dann immer weinte hieß es "Keine Telefonate mehr" aus dem Grund das ich weinte. Meine Mama durfte mich weder besuchen noch anrufen. Sie durfte mir Briefe schreiben die ich aber noch nicht lesen konnte. Also lies mir die Schwester das immer vor und antwortete ihr wie gut es mir doch da gehen würde...
Ich durfte darunter immer ein kleines Bildchen malen für meine Mama.

Das schlimmste an dem ganzen Aufenthalt war aber nicht das mir mit 4-5 Jahren der Kontakt zu meiner Mutter verboten wurde sondern die Mahlzeiten.
Ich war ein Kind das so gut wie alles gegessen hatte es gab nur wenig Dinge die ich nicht mochte.
Körner oder so Saaten waren da eine Sache.
Ich weiß nur das es meist Müsli morgens gab und nur mit ganz viel Glück mal Cornflakes. Brötchen oder so waren meist auch voll mit Körnern weswegen ich selten morgens was essen konnte. Mittags hoffte ich darauf das es mal was leckeres gibt aber es gab fast immer das gleiche: Kartoffel mit Erbsen und Möhren. Ich bekam also meinen Teller vorgesetzt und sollte es essen, ich stocherte meist nur im Essen herum aber so richtig essen wollt ich es nicht. Ich bekam ständig zu hören "Du bleibst hier so lange sitzen bis der Teller leer ist" und dann saß ich da gefühlt eine Ewigkeit vor dem Teller Gemüse, welches eh schon ganz kalt war und war gezwungen das zu essen. Ich versuchte es aber es ging nicht es hat mir nicht geschmeckt.
Es endete meist damit das eine Schwester kam mit Löffel und es zwanghaft in mich reinkriegen wollte während sie mit mir schimpfte meist wurde dann noch eine 2. Schwester hinzugezogen die dafür sorgen sollte das ich meinen Mund aufmache und halte damit sie Ihren Löffel voller kalten Gemüse in mich rein schieben kann.
Als sie mich danach laufen ließen musst ich immer vor lauter Übelkeit aufs Klo und mich übergeben. Ich zog mich zurück und hoffte das ich das endlich alles überstehe.
Ein Lichtblick am Tag war das Abendessen da es oftmals da Graubrot gab ein Brot ohne Körner. Yeah. Eine Scheibe Graubrot, eine Scheibe Käse dazu und eine Tasse Tee täglich war etwas wovon ich mich 6 Wochen ernährt hab. Jeden Tag das gleiche Spiel bis ich nach 6 Wochen endlich in einen Zug gepackt wurde und nach Hause durfte.
Am Bahnhof angekommen rann ich auf meine Mutter zu, die mich erst gar nicht wieder erkannte weil ich eben sehr viel dort an Gewicht verloren habe und ich nicht mehr so aussah wie das Kind was sie dort hingeschickt hat.
Ich entwickelte durch dieses Trauma eine Essstörung.
Jeden Tag saß ich als Kind am Tisch bei meiner Mutter und Großeltern und erlebte Panikattacken. Ich hyperventilierte, schrie, weinte und würgte vor Angst. Bis meine Mutter und Großeltern schließlich nachgegeben haben und nur noch kochten was ich wollte.
Ich aß immer weniger Gemüse bis ich zum Schluss gar nichts mehr anpackte.
Ich bin nun 33 übergewichtig habe definitiv Probleme mich gesund zu ernähren da ich kein Gemüse mehr essen kann ohne mich zu übergeben und psychisch komplett zusammen zu brechen.
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Thomas B. schrieb am 10.09.2019
Heute lief in der Sendung Report ein Bericht über die Verschickungsheime, wodurch ich Hinweise zu Anja Röhl's Projekt bekam. Dort werden traumatische Erlebnisse junger Mädchen geschildert. Das ist auch der einzige Kritikpunkt an dem Fernsehbeitrag: Es waren nicht nur Mädchen, die gepeinigt wurden, es traf kleine Jungen genauso!
Ich wurde Ende der sechziger Jahre als 7 oder 8 jähriger Junge in ein "Erholungsheim" nach Seeg im Allgäu verschickt. Das Heim war offenbar mit zuwenig Personal ausgestattet. Daher übenahmen oft Jugendliche, sechzehn oder siebzehnjährige, die Aufsicht über die Kindergruppen. Diese Heranwachsenden haben das als tolle Gelegenheit angesehen, eigene Machtphantasien ausleben zu können. Ich (und andere Kinder) wurden regelmäßig geschlagen unter Androhung von weiteren Schlägen, wenn wir etwas davon weitergeben würden. Unser eigentlicher Gruppenleiter hatte englische Wurzeln. Er hieß Bob und genoss es, die vollständige Kontrolle über uns Kinder zu haben. In regelmäßigen Abstanden sollten wir Briefe an unsere Eltern schreiben. Diese Briefe wurden vorher gelesen, und wenn auch nur Ansatzweise was negatives geschrieben wurde, hat er den Brief zerrissen und wir mussten ihn neu schreiben. Ich erinnere mich sehr genau daran, das eines Tages ein Junge (unbekannt wer denn der "schuldige" war) mit Kot verschmiertes Toilettenpapier neben die Toilette auf den Boden geworfen hatte. Da sich der "Täter" nicht freiwillig meldete, musste jeder von uns zum Einzelgespräch zu Bob. So auch ich. Er beschuldigte mich sofort des "Verbrechens" und forderte mich auf, es doch endlich zuzugeben. Obwohl ich verneinte, bestimmte er mich zum "Täter". Als Konsequenz musste ich von da an die Toiletten putzen. Darüber hinaus durfte ich nicht mehr mit den anderen Kindern spielen, Sämtliche Spielgeräte wie Schaukel, Rutsche, Sandkasten etc. waren für mich tabu. Zusätzlich wurde ich vor der ganzen Gruppe als schuldiger präsentiert. Daraufhin wurde ich von allen ausgegrenzt und nur noch als der Kacka-Mann bezeichnet..... Ich weiss heute, das ich durch diese Erlebnisse ein Trauma erlitten habe, das dazu geführt hat, das ich Zeit meines Lebens nie in der Lage war, eine feste Beziehung mit einem anderen Menschen einzugehen, weil ich nicht fähig bin, einem anderen Menschen zu vertrauen. Daran gingen letzten Endes alle Beziehungen zugrunde. Ich lebe heute zurückgezogen als Single mit relativ wenig sozialen Kontakten und scheue mich davor, andere Menschen anzusprechen. Dies ist nach fünfzig Jahren das erste mal überhaupt, das ich über das erlebte spreche/schreibe. Mich packt jedesmal die kalte Wut, wenn Leute -selbst im Verwandtenkreis, Andeutungen machen, nur weil ich nie in einer festen Beziehung gelebt habe.
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Annette Eich schrieb am 10.09.2019
Meine Schwester durfte Anfang der 60er Jahre auf Anregung eines Arztes und über die Barmer Ersatzkasse in Kinderkur nach Berchtesgaden fahren und kam begeistert zurück. Sie ist deshalb vor einigen Jahren aus dem Rheinland in einen Nachbarort von Berchtesgaden gezogen und lebt heute dort.
Daraufhin wollte ich damals, rund und gesund, ein Jahr später, auch in Kur fahren, was mir von der Krankenkasse genehmigt wurde. Ich fuhr von Hannover aus nach St. Goarshausen an den Rhein. Ich glaube nicht, dass ich psychische Folgen davongetragen habe, aber ich wollte danach nie wieder in Kinderkur fahren.
Zum Frühstück gab es den leckeren Haferschleim, den wir nur in Verbindung mit den ergatterten Marmeladenbroten herunterwürgen konnten. Die Wäsche wurde in abgeschlossenen Schränken aufbewahrt und durfte nur einmal pro Woche gewechselt. Ich war kurz vor der Pubertät und habe mich vor meiner stinkenden Wäsche geekelt. Im Alter von 12 oder 13 Jahren musste ich noch einen Mittagsschlaf halten. Während der Schlafzeiten durfte nicht geredet werden. Wer erwischt wurde, musste sich mit der Bettdecke vor die Tür stellen. Die Tanten schlichen sich leise heran. Als wir, mehrere Mädels, aus Jux oder Angeberei, abends in ein Jungenzimmer geschlichen sind und erwischt wurden, mussten wir vor die Klinikleitung zum Appell antreten. Unsere Eltern wurden benachrichtigt, weil wir nach Hause geschickt werden sollten. Natürlich gab es noch ein Donnerwetter von ihnen, als wir nach Ablauf der regulären Zeit nach Hause fuhren.
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Andrea Bösch schrieb am 10.09.2019
Habe gerade einen Bericht über die Kinderheime gesehen und bin entsetzt. Mit 4 Jahren wurde ich 1968 nach Wyk auf Föhr geschickt. Zwei Jahre später mit meiner Schwester nach Scheidegg im Allgäu. Ich habe schon länger vermutet, dass dort schreckliche Dinge passiert sind, weil ich immer unter starken Ängsten gelitten habe und mich an nichts erinnern kann, ausser dass ich plötzlich alleine auf einer Fähre war und beim zweiten Mal zwei Wochen in Quarantäne lag alleine in einem kahlen Zimmer.
Im Moment bin ich noch total geschockt. Das erklärt vieles.
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H.I. schrieb am 10.09.2019
Im Grunde habe ich mit viel Aufwand therapeutischer Zuwendung und einer Reise nach Amrum diese Traumaerfahrung aufgearbeitet und bin in Frieden damit gekommen. Als ich aber heute Abend im ARD in Report Mainz die Sendung über Verschickungskinder gesehen habe, war mir klar, dass es gut ist, dieses Trauma noch einmal zu berühren. Ich habe allerdings so viele Details verdrängt dass nur die schlimmsten Situationen sich in meiner Seele festgesetzt haben. Leider wurden auch alle Zeugnisse, Namen und Adresse vernichtet aber ich bin sicher dass Sie noch mehr Berichte über dieses Heim bekommen, denn es wurde vollständig abgebaut und auch nichts anderes an dieser Stelle errichtet.

Ich bin 1952 geboren und wurde wohl mit ca. 8 Jahren nach Amrum in ein Heim geschickt. Die Eisenbahnfahrt war schon schrecklich weil sich niemand um uns kümmerte. Es war ein Mädchen aus Eningen/Achalm dabei, die mir lag und so fanden wir Trost aneinander. Sie war eine fröhliche Natur, dunkle Haare, das ist alles an was ich mich erinnere.
Bei Ankunft im Heim wurden wir sofort getrennt und ich wurde allein in ein Zimmer unter dem Dach gesperrt, Begründung: man sollte sich so besser einleben. Man brachte mir das Essen ins Zimmer, ich habe so viel geweint und meinen Eltern geschrieben, Briefe, die nie ankamen. Sie wurden durchgelesen, zensiert und nie verschickt. Auch meine Eltern schickten mir eine Sandschaufel und weitere Spielsachen, die ich nie bekam.
Das Essen war grausig, wir mussten so lange sitzen bleiben, bis alles aufgegessen war. ich ging immer wieder zur Toilette um die vollen Backen auszuspucken, damit ich endlich fertig wurde.
Geduscht wurde nur kalt und mit allen Mädchen zusammen. Ich weiss noch wie die Älteren sich schämten, nackig zu sein.
Was ich am meisten verdrängt hatte, war ein AUsflug in die Pinienwäldchen, auf jeden Fall Nadelbäume, die um das Heim lagen. Zu zweit mussten wir laufen, durften nicht reden und dann wurde ich abgesondert und in die Bäume geschleppt. Es war ein fetter junger Mann (bis heute reagiere ich bei fetten Männern), er hat mir die Gurgel zugedrückt und mich vergewaltigt, ich bekam keine Luft mehr, ich weiss nur noch, dass nachher alles blutverschmiert war.
Ab da habe ich keine Erinnerung mehr, nicht einmal mehr wie ich zurück kam. Ich weiß noch wie entsetzt meine Mutter war, als sie den Koffer öffnete, dreckige und blutverschmierte Wäsche fand, aber alles hinnahm, weil das damals so üblich war. Ich weiß auch noch, dass ich mich über eine lange Zeit immer hinter dem Rücken meiner Mutter versteckte, alle haben sich gewundert, dass ich mich so seltsam verhalte. Ich habe auch nicht viel geredet. Fast gar nicht, es fühlt sich heute an, wie wenn der Kerl mir die Kehle gut zugeschnürt hatte.
Meine Eltern haben nie etwas unternommen und ich habe über viele Jahre die Nesthäkchenbände gelesen, die es mir erleichterten, dieses Traume komplett zu verdrängen. Ich lebte nur als Nesthäkchen in einer völlig heilen Welt. Es gibt da auch einen Band über ein Heim auf Amrum, das ist so positiv geschilert, dass ich es mir zu eigen machte und selbst zu Nesthäkchen wurde. Jede Nacht las ich unter dem Kopfkissen mit einer Taschenlampe. Mein Körper wurde pummelig, da ich anfing, viel zu essen, vor allem Süßzeug, der Frust muss wohl auf diese Weise rausgekommen sein. Meine Familie war glücklich über meine Zunahme, vorher war ich sehr schmächtig gewesen und schob das gute Resultat der Heimbehandlung zu. Daraufhin wurde auch meine Schwester verschickt, die Gott sei Dank im Allgäu gut behandelt wurde. Sie hat nur positive Erinnerungen daran.
Es wurde ein Verbrechen begangen, der Täter würde, wenn er zur Rechenschaft gezogen werden könnte, ins Gefängnis kommen. Dieses TRauma steckt heute noch in meinem System, ich habe nie geheiratet, war lieber allein und fühle mich dabei sehr wohl, denn in jungen Jahren passierte genau das, was bei vielen passiert, die durch Vergewaltigung traumatisiert sind: ich ging in die Sexsucht und bot mich überall an. Weil ich mich nicht spürte und wohl auf der Suche war nach mir selbst. Dieses ereignis hat also mein Leben insgesamt geprägt.
Eine Reise nach Amrum sollte KLarheit verschaffen, aber ich fand nur noch die Wäldchen vor, an der Stelle wo das Heim ungefähr gestanden hatte, war kein Haus mehr zu sehen. Es ist wohl komplett abgerissen worden, wenn ich mich nicht täusche. Aber vielleicht haben Sie ja noch andere Berichte über dieses Heim, es würde mich interessieren, denn es steht mir noch klar vor Augen. Ein Holzbau, hellblau und weiß gestrichen. Direkt am Strand.
Ich bin damals auf Amrum zu einem Pfarrer gegangen, der mir vertrauenswürdig erschien und er hat mir die Last dieser Bürde durch einige Gespräche abgenommen. Aber natürlich hatte ich vorher schon ca. 10 Jahre lang 2-wöchentliche Therapiestunden hinter mir, denn dieses Geschehen hatte ich komplett ins Unterbewusstsein verdrängt. Es musste erst wieder mit viel Mühe gehoben werden. Seither ist mir leichter.Aber immer wieder nachts kommen diese Träume zurück und ein unendlicher Ekel überfällt mich.

Ich wusste nicht mehr, dass man das Verschickungsheime nennt und wir Verschickungskinder sind. Ich bete für all die verwundeten Seelen und danke Ihnen für Ihre Mühe. Es tut mir gut, zu wissen, dass ich keine Halluzinationen hatte und so viele viele betroffen sind.
Wohl vor allem Frauen?
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Mona schrieb am 10.09.2019
Mona, 1961 geboren, Verschickungskur wegen zu wenig Gewicht und zur allgemeinen Erholung mit der AWO nach Langeoog - Langeoog werde ich nie wieder aufsuchen. Die Erinnerungen sind zu quälend, wenn auch lückenhaft, aber präsent.

Ich wurde seinerzeit zusammen mit meiner 2 1/2 Jahre älteren Schwester dorthin geschickt - sicherlich mit einer guten Absicht seitens der Eltern.

Der Tag begann mit der Aufstellung im Sanitärbereich und alle Kinder mussten ein Glas Salzwasser trinken. Wer sich erbrach, musste trotzdem ein ganzes Glas Salzwasser austrinken und so lange dort bleiben, bis das erledigt war. Sonst keine Frühstück.

Zum Frühstück gab es in der Regel Haferbrei , welcher auch eher eklig als geschmacklich war.
Wer sich erbrach musste trotzdem weiteressen.

Am Anfang der Woche wurden die Kleidungsstücke ausgewählt und diese mussten die ganze Woche getragen werden – egal wie warm oder kalt sich das Wetter im Laufe der Woche entwickelte.
So kam es dann dazu, dass bei strahlendem Sonnenschein ein dicker Pullover und lange Hose getragen werden musste, weil man es am Anfang der Woche bei etwas ruppigerem Wetter so ausgewählt hatte.

Ich war noch sehr klein (ca. 6) und wollte mit meiner Schwester zusammen in einem Zimmer schlafen, das wurde uns verwehrt. Das Heimweh war erdrückend und ich musste oft weinen.
Das wurde umgehend bestraft mit der Verbannung aus dem Schlafraum, raus auf den Flur auf einer Holzpritsche ohne Matratze. Dort war es kalt und einsam und für ein kleines Mädchen allein zudem gruselig – nach ein paar Tagen versiegten dann die Tränen...

Unsere Treffen mussten wir uns „erschleichen“ im Essraum oder draußen – wo immer möglich. Im Grunde stand dort aber das Verbot, sich zu treffen.
Das wurde auch streng überwacht und sanktioniert.

Wir haben schon recht kurz nach der Ankunft den Eltern diese Situation im Brief geschildert, allein die Post ist nie bei ihnen angekommen – sie wurde von den Betreuerinnen gelesen und aussortiert. Post wurde diktiert und an die Eltern gesendet.

Pakete von den Eltern wurden abgefangen und nicht an uns ausgehändigt. Ein Postgeheimnis existierte nicht.

Der Aufenthalt war für meine Schwester und mich traumatisch.
Gewicht haben wir natürlich auch nicht zugenommen - das Gegenteil ist der Fall gewesen. Dieser Aufenthalt auf Langeoog hat etwas in mir zerstört, das Trauma zu verarbeiten hat viel Zeit und Arbeit gebraucht.
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Marianne Beck-Albracht schrieb am 10.09.2019
Hallo und guten Abend, auch ich gehöre zu den Verschickungskindern. Ich war 1963 im Sommer für 6 Wochen auf Borkum in einem Kinderheim. Ich war 10,5 Jahre alt. Für mich war die Zeit schlimm, aber da ich mich schon immer sehr für andere eingesetzt habe, habe ich mir meine Strafen selbst zuzuschreiben. Ich habe den anderen Kindern, die ihr Erbrochenes mehrfach wieder essen sollten einfach die Teller weggenommen und in den Mülleimer entleert, was mir dann eine Woche Strandentzug einbrachte. Weil ich eine Postkarte an meine Mama rausgeschmuggelt hatte, musste ich einen Brief voller Lügen, wie schön es doch da sei, an meine Eltern schreiben, da natürlich die Eingangspost von den „Tanten“ gelesen wurde. Es war sehr unsauber da, viele Kinder hatten Läuse und ständig wurden wir mit Entlausungsmedikamenten Stunden lang behandelt. Es gab gemischte Schlafräume, die fürchterlich nach Schweiß und Schweißfüßen stanken.
Ich würde aus Nordhessen in den Sommerferien dahin verschickt und für mich war es nicht schön, für andere in meiner Gruppe aber noch schlimmer. Ich hoffe, dass diese Missstände aufgeklärt werden.
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Sigrid Bluschke schrieb am 10.09.2019
Sigrid B.
Ich war 1967 in Oberkassel - Haus Bernward
Wennman dort wärend der Mittagsruhe die Augen geöffnet hatte, gab es gleich ein paar mit dem Holzlatschen. Aufessen musste man immer!!!
Morgens beim Frühstück wurden immer einige Kinder von uns vor versammelter "Mannschaft" aufgerufen und bekamen eine Spritze. Bis heute weiß ich nicht, wofür diese Spritze überhaupt sein sollte.Anziehen durften wir nur das, was uns die Betreuerinnen raus legten.
Damals fand ein Trauerzug mit Militärschiffen auf dem Rhein anlässlich des Todes von Konrad Adenauer statt.
Wir Kinder sind mit den Betreuern an den Rhein, um uns diesen Zug anzusehen.Beinahe wäre eine Betreuern ins Wasser gefallen und wir Kinder lachten. Das gab natürlich eine Strafe.
Ein Mädchen hatte dort die Windpocken und musste natürlich im Bett bleiben. Mit ein paar Mädchen sind wir damals zu ihr ans Bett gegangen, haben ihre Pocken etwas aufgekratzt und die Flüüsigkeit daraus auf unsere Haut geschmiert. Wir wollten uns unbedingt anstecken, weil wir gemerkt hatten, dass es einem am besten geht, wenn man im Bett liegen musste.
In unseren Briefen an unsere Eltern durfte nichts von Heimweh oder krankheit stehen. Die wurden sofort zerrissen.Auf den Postkarten war ein dicker Stempel "Besuch nicht gestattet" angebracht.
Vier Jahre später sollte ich vom Gesundheitsamt aus nochmal zur Kur. Da habe ich mich geweigert, so gut ich konnte und musste dann auch nicht mehr zur Kur.
Mit Mitte zwanzig wollte mich mein Hausarzt zur Kur schicken, da habe ich sofort gesagt, dass ich nie wieder zu irgendeiner Kur möchte und habe aufgrund der schlechten Erfahrungen von damas darauf verzichtet. Positives von damas fällt mir heute nicht wirklich was ein.
Liebe Grüße und viel Erfolg bei den Recherchen.
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Sabine schrieb am 10.09.2019
Ich bin jetzt 62 Jahre und kann mich genau an diese Zeit meiner Verschickung nach Berchtesgarden mit 5 Jahren erinnern, weil ich laut Schularzt zu dünn für den anstehenden Schulweg war! An das Heim -mit Blick auf den Watzmann, daran erinnere ich mich- es war wohl in Schönau, habe ich keine guten Erinnerungen! Das Schlimmste war, dass man gezwungen wurde, den Inhalt des Tellers aufzuessen! Ich erinnere mich noch genau daran, dass ich keine Erbsen mochte und diese an den Rand meines Tellers legte, eine Nonne forderte mich auf, diese aufzuessen, worauf ich erwiderte, dass ich mich dann übergeben müsse, es nützte nichts, ich musste so lange sitzen bleiben, bis ich alles gegessen hatte, daran, ob ich mich wirklich übergeben musste, erinnere ich mich allerdings nicht! Bis heute wird mir beim Geruch von warmer Milch übel, es gab ständig Milchreis und Grießbrei, die ich bis heute nicht essen kann! Ich erinnere mich an viel Heimweh, Trost bekam man nur von den anderen Mädels nicht aber von den Nonnen! Schlimm war es auch, dass Pakete von zu Hause geöffnet wurden, behalten durfte ich nur eine Strumpfhose! die Süßigkeiten wurden an alle verteilt.
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Karl-Otto Kannapinn schrieb am 10.09.2019
Ich bin 1960 geboren und wurde mit 7 Jahren wegen Unterernährung in das Kurheim Bad Rothenfelde geschickt. Dies wurde überwiegend von Ordensschwestern und teilweise weltlichen Erzieherinnen geleitet. Reden und Weinen war verboten. Ich hatte große Mühe mit dem Essen, musste aber unter Androhung von Strafen alles aufessen, auch Erbrochenes. So musste ich in einer Situation stundenlang vor dem Esssaal sitzen bleiben, bis alles aufgegessen war und wenn nicht, würden sie mich auf dem Dachboden zum "Buhmann" einsperren. Genau das ist passiert. Drei Bedienstete, darunter auch die schreckliche Nonne, zerrtem mich, ich händeringend, schrecklich weinend und vor Todesangst schreiend in den Dachboden und sperrten mich dort über mehrere Stunden ein. Völlig verängstigt und in die Hosen genässt, kam dann tatsächlich nach einer Stunde irgendein Buhmann in einem Nebenraum und machte fürchterliche Geräusche wie Kettenrascheln, ich bin fast gestorben vor Angst. Erst am Abend hat mich dann eine weltliche jüngere Erzieherin frei gelassen. Für die restlichen 5 Wochen der Kur war ich völlig apathisch und traumatisiert und habe kaum noch ein Wort gesprochen. Als ich endlich nach Haus kam viel ich bei der Ankunft meinen Eltern weinend in die Arme und erzählte ihnen die schrecklichen Erlebnisse. Sie wandten sich an das zuständige Amt, doch nichts geschah. Außer, dass ich für den Rest meines bisherigen Lebens immer noch traumatisiert bin, ein Wunder, dass ich trotz alledem Sonderschullehrer und Therapeut geworden bin oder gerade deswegen.
Mit freundlichen Grüßen, Karl-Otto Kannapinn
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Yvonne schrieb am 10.09.2019
Hallo an alle,

mich würde es freuen, jemanden zu finden, der auf dem Ponyhof in Schönau, Berchtesgaden war. Am liebsten spät, erst 1979, und der optimalerweise noch Erinnerungen hat... im Gegensatz zu mir. Ich würde einfach gern verstehen.... wissen, warum manche Dinge sind, wie sie sind.

Ich erinnere mich nur noch an ältere Kinder, die mich nicht zu den Ponys gelassen haben, an nachts (?) im Bett sitzen mit Erbrochenem auf der Bettdecke und jemand kommt und ist nicht begeistert und daran, dass ich nach einigen Tagen gefragt habe, ob die 6 Wochen jetzt dann um sind (ich war vier jahre und 10 Monate).

Und dann würde mich noch echt interessieren, wie das bei Euch allen mit Autoimmun-Erkrankungen aussieht - ich habe jetzt schon 2 davon.

Danke, ich bin gespannt!
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Mechthild Pohlhausen schrieb am 10.09.2019
Hier wird immer über die großen Kinderheime berichtet, aber mein Aufenthalt in einem privaten Kinderheim in Wyk auf Föhr war grausam, wenn auch vielleicht nicht ganz so schlimm wie in den großen Heimen. Gerne gebe ich auf Anfrage Details Und Namen zu der Einrichtung raus. Anfang September 1976 fuhren meine Eltern mich nach Wyk auf Föhr. Ich hatte im Mai des Jahres eine schwere Lungenentzündung hinter mich gebracht und ich sollte die gute Nordseeluft genießen, um wieder kräftiger zu werden. Meine Eltern hatten ein kleines privates Kinderheim ausgesucht. Von der Fähre brachten meine Eltern mich hin, wir durften uns kaum verabschieden und dann bekam ich mein Zimmer, zusammen mit 3 anderen Kindern. Ich hatte die nächsten Wochen keinerlei Kontakt zu meinen Eltern, weil das "schädlich" wäre. Wenn ich weinte, weil ich Heimweh hatte, wurde das lächerlich gemacht und gesagt, dass meine Eltern auch mal Ruhe von mir bräuchten. Es war wie im Knast. Meine Armbanduhr wurde mir weggenommen, ich wusste nie, wie spät es war. Sie erzählten uns, dass wir um 22 Uhr schlafen gehen würden, aber durch Zufall fand ich raus, dass das schon um 20 Uhr war. Jeden Tag Frühstück, Mittag, Abendessen, immer das Gleiche, große Portionen, die man aufessen musste, obwohl der Magen zugeschnürt war. Es gab Drohungen und Bloßstellungen, wenn man sich weigerte. Der Höhepunkt: Schokoladenbrei mit ekelig aufgeweichtem Zwieback zum Abendessen, ich übergab mich auf meinen Teller. Ich wurde angebrüllt, dass ich das essen sollte, aber ich stieß "aus Versehen" den Teller runter. Ich sollte das dann sauber machen, was ich auch tat, rannte dann aber, trotz Verbot, auf die Toilette, um mich erneut zu übergeben. Ich glaube, dass das der Grund war, dass ich später eine Essstörung entwickelte. Dass mein 10.er Geburtstag traurig war, trotz Ausflug in ein Café, in dem ein sprechender Vogel in einem Käfig saß, versteht sich von selbst. Wir gingen zwar jeden Tag an den Strand, aber mussten da Stunden mit buddeln verbringen, kein Programm. Bevor ich endlich abgeholt wurde, schmierten die "Tanten" mir Tönungscreme ins Gesicht, damit ich gesünder aussehen würde.
Als meine Eltern mich abholten, war ich total apathisch, aber froh, nach Hause zu kommen.
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Bernd schrieb am 10.09.2019
Ich habe gerade den Beitrag in Buten und Binnen gesehen und erinnere mich dunkel an eine Kur in Bad Sachsa. Ich (Jahrgang 65) muss damals vielleicht vier Jahre alt gewesen sein. Da wurde ein Kind zum Aufessen gezwungen, obwohl es sich erbrochen hatte. Viele Kinder hatten Heimweh und manche nässten sich ein. Dort herrschte eine brutale Strenge.

Alle Kinder waren in einer belastenden Drucksituation, aufessen zu müssen und auch sonst keine "Spirenzken" zu machen. Es gab täglich ungezuckerten Haferschleim und für mich anstrengende Wanderungen.

Klar, ich hatte starkes Untergewicht, weil ich zuhause starkem Stress (Alkoholmissbrauch der Eltern) ausgesetzt war. Die Ursachen dafür waren offenbar vollkomen egal. Für die war das Problem mein Untergewicht, welches behandelt werden musste. Die "Kur" hat mein Problem im Grunde nur verschärft. Bis zum 30. Lebensjahr habe ich auch harte Drogen konsumiert. Ich hatte Untergewicht, bis ich dann mit 35 Jahren aufhörte zu rauchen und diverse Therapien hinter mir hatte.

Vielleicht gibt es weitere Betroffene aus der Zeit und dem Heim? Dann wäre ich an einem Treffen in oder um Bremen interessiert.
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Heinz S. schrieb am 10.09.2019
Heute habe ich zum ersten Mal davon erfahren das ausser mir und meiner Schwester, viele andere Kinder im Kinderkurheim misshandelt wurden. Ich bin demenstprechend aufgewühlt.

In der 4. oder 5. Klasse (ca. 1974) begleitete ich meine 2 jahre jüngere Schwester in das Kinderkurheim in Ruhpolding, Bayern. Der Schularzt schickte uns wegen Untergewicht hin. Das Heim wurde von einer katholischen Ordensschwester geleitet. Die "Erzieherinnen" waren weltlich.

Meine Schwester und ich wurden von den Erzieherinnen schikaniert. In meinem Zimmer waren wir zwei die drangsaliert wurden. Wir beide waren nicht katholisch. Eine Erzieherin drohte mir mit dem Tod, falls ich den Eltern etwas erzählen würde. Weshalb ich weder beim Besuch der Eltern noch später von dieser Zeit erzählt hatte. Bei "Ruhpolding" schnürte sich danach immer mein Hals zu.
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Frederik schrieb am 10.09.2019
Erst als ich von dem Bericht gelesen habe, ist. alles wieder in mir hoch gekommen.
Ich wurde 1957 mit 7 Jahren ohne große Vorankündigung plötzlich verschickt. Der Grund ist für mich heute noch rätselhaft.
Morgens um 096.30 Uhr hat es mein toller Vater wenigstens noch geschafft mich zum Bahnhof zu fahren, wo schon eine streng dreinblickende Sozialtante mit einem Dutt auf uns gewartet hat.
Wir brauchten ein ganzes Abteil und die Dame war äußerst streng.
Es ging für 6 Wochen nach Segeten hoch oben auf einem Berg im Schwarzwald.
Der Ton war von Anfang an extrem streng. Die Erzieherinnen, zum Teil sogar noch recht jung, waren ziemlich robust und gut genährt, während das Essen für uns Kinder so scheußlich war, daß ich wie viele andere Kotzen musste.
Unter Salven von Ohrfeigen und Kopfnüssen musste man das Gekotzte aus dem Teller aufessen.
Widerspruch oder Unaufmerksamkeit wurde sofort bestraft.
Gröbere Verstöße wurden vor versammelter Mannschaft mit dem Rohrstock nicht zu knapp vollzogen.
Einmal in der Woche durften wir unter peinlich genauen Aufsicht der Erzieherinnen duschen.
Wer sich angeblich nicht gründlich geduscht hat, dem haben sie angedroht, ihn mit der Wurzelbürste zu saubern, was auch öfter geschah.
Angeblich schlechte Essmanieren wurden damit bestraft, dass man wie ein Hund unter denTisch kriechen musste und dort seinen Teller leer essen musste.

Ein Jahr später hatte ich das "Glück" nach Hirsau zu kommen. Das von Nonnen betriebene Heim war noch um einiges schlimmer.
Jeden Tag unzählige Male in die Kirche und hundert Mal beten.
Als ich mich darüber laut geärgert habe, bekam ich von den Nonnen die schlimmste Abreibung meines Lebens mit dem Rohrstock auf den nackten Hintern vor allen anderen Kindern.
Mehrere Nonnen haben mich im wahrsten Sinne grün und blau geprügelt und zur weitere Strafe musste ich beim Essen grundsätzlich knien.
Der Fraß war noch schlimmer als in Segeten und die Gemeinheit der Nonnen kannte keine Grenzen.
Auch hier musste man das Gekotzte wieder aufessen.
Zusätzliche Strafen bestanden darin, daß man die Schuhe der Nonnen und der Mädchen putzen musste.
Briefe oder Päckchen habe ich in dieser Zeit von zu Hause nie bekommen.
In den Nächten hörte man in den Schlafsälen das Schluchzen der anderen und man hat sich gefragt, warum man so etwas verdient hat.
Wir waren damals Kinder ohne irgendwelche Schuld aber man hat uns behandelt wie den letzten Dreck.
Ich wusste übrigens gar nicht, daß so viele Kinder das gleiche Schicksal erlitten haben.
Ganz nebenbei frage ich mich warum sich meine Eltern nicht dafür geschämt haben, daß ich als einziger aus meiner Klasse verschickt worden bin.
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Otto S. schrieb am 09.09.2019
Ergänzung meines Berichts:
Sicherlich waren noch weitere "Delinquenten" in dieser Asthma-Kinderheilstätte Mitte der sechziger Jahre "interniert". Wäre gut, wenn sich noch Weitere an diese düstere Zeit und an ihr Martyrium erinnern würden und dies hier protokollieren...

Übrigens: Bei einem Besuch in Bad Reichenhall im Jahre 2018 mit meiner Frau hatte ich die Örtlichkeit wieder aufgesucht.
Doch anstelle der Anstalt und des Gartens mit den alten Bäumen ist heute ein großer Pkw-Parkplatz. Anwohner sagten mir, dass diese Gebäude Anfang der 1980-er Jahre geschlossen und bald darauf abgebrochen wurden.
Daten darüber leider sind nirgends zu finden. Lediglich unter alten Ansichtskarten existiert ein Foto aus den späten 1950-er Jahren.
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Otto S. schrieb am 08.09.2019
1956 geboren und in Süddeutschland aufgewachsen wurde meinen Eltern von der AOK empfohlen, den immer sehr dünnen und kränklichen Buben in ein Erholungsheim zu schicken, da der Amtsarzt bei einer Reihenuntersuchung lapidar feststellte, "beginnendes Bronchialasthma".
Also wurden meine wenigen Kleidungsstücke mit Namensschildern versehen, in einen kleinen braunen Koffer verpackt und ich Ende August 1965 an einem warmen Samstagmorgen per Pkw durch AOK-Mitarbeiter abgeholt und nach Bad Reichenhall in die Asthma-Kinderheilstätte Kurfürstenstr. 26 verfrachtet.
Die nächsten 6 Wochen waren eine Katastrophe! Das ganze Umfeld war von militärischem Drill geprägt. Wir mussten in Reih und Glied antreten und in Zweierreihen durch die Stadt zum Solebad marschieren. Wenn dabei einer "Aus dem Tritt" kam, war dessen Prügelstrafe am Abend gewiss. Im Solebad, dem alten Kurhaus, mussten wir uns in einem per Dampfheizkörper auf über 42°C Raumtemperatur aufgeheizten Raum nackt ausziehen und wurden darauf in das Solebad gescheucht. Bei einer Wassertiefe von 1,50m war das für die meisten der blanke Horror, da diese Buben deutlich kleiner waren und noch nicht schwimmen konnten.
Ältere Buben, welche zur Aufsicht über uns abkommandiert waren, hatten dabei ihren größten Spass. Diese zogen die panisch um ihr Leben Strampelnden dann kurz vor dem Absaufen heraus und warfen die schreienden Buben wieder ins Becken zurück. So ging das 2 x die Woche über jeweils 45 Minuten. Anschließend durften wir zur Abhärtung durch ein Stufenbecken mit Süßwasser mit 8°C, dann wieder zum Abtrocknen in den Umkleideraum und zurück zur Kurfürstenstraße.
Die Schlafsäle mussten immer nach dem „Mittagsfraß“ zur Ruhe für 2 Stunden aufgesucht werden…Das Essen, Abfallfleisch aus der Freibank, Lungenhaschee, 3 x die Woche Innereinen, Kuttelsuppe, abartig stinkende Kohlsuppe, usw. Und jeden Abend Malventee aus irdenen dunkel rot-braunen Henkelbechern, in welchen der Grund nur mehr zu erahnen war, so schwarz waren die geworden. Lediglich Freitags konnte ich mich richtig sattessen, denn da gab es Milchreis mit Kompott, dieser war durchaus genießbar.
Ich kann bis heute keinen Malventee und keine roten Rüben mehr ausstehen – sobald ich diesen Geruch in die Nase bekomme, kommt mir das K…en. Wer sein Essen erbrochen hatte, dem wurde selbiges unter Zwang solange hineingestopft, bis es irgendwann drinnen blieb und wenn das den ganzen Abend gedauert hatte.
Wir schliefen in dem großen 4-stockigen Funktionsgebäude an der Kurfürstenstraße. Im ersten OG die jüngeren Buben bis etwa 7 Jahre. Die 8-10 Jährigen im zweiten OG und die älteren bis ca. 14 Jahren im dritten OG. Im EG waren Büro und medizinische Untersuchungsräume. Im UG die Lagerräume und der Schuhkeller, wo die Renitenten regelmäßig zum Stiefelschmieren verknackt wurden, sowie der mit Koks befeuerte Kessel zur Dampfversorgung der Anstalt.
Die Essensausgabe und der anschließende Küchentrakt hin gegen waren ostseitig davon in einem alten Garten dahinter angeordnet. Diese Gebäude aus der Zeit des 3. Reiches waren in einem desolaten Allgemeinzustand und in ihrem Inneren teilweise wie eine Baracke aufgebaut. Es hat dort permanent nach ranzigem Fett gestunken – das war grauslich. In den UG-Räumen liefen Kühlmaschinen, welche über eine betonierte Außentreppe für das Wartungspersonal zugänglich waren.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich einmal pro Woche für die abendliche Nachtwache das „Wache-Essen mit Sprudel“ (war, soweit ich noch weiß, Rührei mit Schnittlauch) bei dem stets übelgelaunten Kantinier bestellen musste.
Zweimal die Woche durften wir in Reichenhall zu einer alten Villa oberhalb der Kurfürstenstraße marschieren, bekamen dort von einer finsteren älteren Frau (Krankenschwester??) weiße Umhänge und Schutzbrillen auf, um eine Stunde lang in einem per UV-Brenner bläulich düster beleuchteten Raum Soleaerosol zu inhalieren, welches von einem Rotationszerstäuber unter der Decke versprüht wurde.
Natürlich gab es auch angenehme Seiten, wie zum Beispiel Sonntagsnachmittag Spaziergänge zum Müllnerberg, einen Omnibusausflug ins Salzbergwerk Berchtesgaden, zur Festung Hohen Salzburg und ein Mal ins Kino in Reichenhall.
An eine Sache jedoch kann ich mich noch gut entsinnen:
Ein blondgelockter Bub mit Sommersprossen aus dem Raum München war mehrmals unangenehm aufgefallen, so dass die „Tante Mechthild“, eine resolute bayrische Aufsichtsperson mit vielleicht 40 Jahren beschied, dass dieser Lausbub eine Sonderbehandlung bekommt. So haben sie den schreienden Buben zu Dritt oder Viert gepackt und mitgenommen. Anderntags ist der nur noch da gesessen und hat still vor sich hingeweint. Schwarz im Gesicht und an den Händen war er wieder aufgetaucht - den hatten sie die Nacht über ohne Licht im heißen Aschebunker unterhalb des Kokskessels im 2. UG der Anstalt eingesperrt – das Kind war schwerst traumatisiert!
Ich habe später meine Eltern oft gefragt, wie sie mir so etwas im Alter von 9 Jahren antun konnten…doch da hat es nur geheißen, das hätte der Doktor von der AOK angeordnet – das war GESETZ.
Und ein Doktor der AOK war für diese einfachen Leute anno 1965 ein Herrgott…
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Doris schrieb am 07.09.2019
An ein "Kinderkurheim" in Cuxhaven Duhnen kann ich mich,wenn auch schwach,erinnern.Ich muss 14 Jahre alt gewesen sein:Sommer/Spätsommer 1974. Warum ich dort war,und wie lange...?
Besonders negative Erinnerungen habe ich an einen Aufenthalt im "Haus Sonne",im Bergischen (Oberdüssel?) gelegen. 1965-ich muss etwa fünf Jahre alt gewesen sein. Es muss von Diakonissen geleitet worden sein.In meinen Erinnerungen sehe ich Frauen mit weißen Hauben,sog.Rüschenhauben (darunter das streng zurück gekämmte Haar zu einem „Dutt“ zusammen gebunden) und schwarzen langen Gewändern.Ich sehe mich nachts verängstigt in einem Zimmer mit Doppelstockbetten in einer Ecke stehen.Ich hatte „eingenässt“ und musste dort „zur Strafe“stehen.Die Diakonissen führten ein „hartes Regiment“.An die allmorgendliche Haferschleimsuppe erinnere ich mich auch noch gut... Auch ein anderer Aufenthalt ist mir bruchstückhaft in Erinnerung:Germersheim?/Schwarzwald...
So muss ich wohl,aus welchen Gründen auch immer,diese drei Mal "verschickt" worden sein.
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Annette Wirtz schrieb am 07.09.2019
1960 geboren, war ich insgesamt 3 mal in "Kinderkur"
1969 in Berchtesgaden, Königssee. Ich erinnere mich an Heimweh und ein Einzelzimmer mit rotweiss karierter Bettwäsche???
1971 gemeinsam mit meiner 2 Jahre jüngeren Schwester im "Adolphinenheim" auf Borkum. Meine Schwester hat sichtbar noch mehr gelitten als ich.
Besonders schlimm war hier das "Klappturnen" unter Anleitung einer alten Frau.
1973 dann noch einmal mit meiner Schwester im Schwarzwald, ganz abgelegen in Allerheiligen. Hier gab es einen Pater, der uns katholisch indoktriniert hat und ich fürchtete anschließend Strafe für all die schlimmen "Sünden" einer 13 Jährigen.
Aus alles Kuren gibt es Fotos.
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Marianne Kossack schrieb am 06.09.2019
Ich war zweimal zur Kur, angeblich wegen Untergewicht.
Mit ca. 7 Jahren auf Juist und mit ca.9 Jahren mit meinem Bruder auf Norderney. Ich mußte nach jeder Mahlzeit eine viertel Stunde im Bett liegen, damit ich zu nahm. Meinen Bruder durfte ich auf Norderney nicht sprechen, nur im Schwimmbad konnten wir uns sehen. Das Essen war schrecklich, jeden abend Hering in Gelee und Tee. Ich habe nach den Mahlzeiten meistens alles ausgebrochen. Zu Ostern bekam ich ein Päckchen, das ich mit allen Mädels teilen mußte. Die Zimmertür unseres Schlafsaals blieb nachts auf und wir hatten eine Nachtwache.Die Post wurde diktiert.Ich hatte mir daraufhin geschworen, das meine Kinder nie zur Kur kommen sollten. Auf Grund ihrer Allergien bin ich mit ihnen jahrelang auf eine Nordseeinsel gefahren. Minen Eltern habe ich nichts erzählt, sie hatten es Ja nur gut mit uns gemeint. Ich bin Jahrgang 1950 und habe schon oft im kleinen Kreis davon erzählt. Ich glaube das man mir diese Schilderungen nicht unbedingt geglaubt hat und finde es richtig , das auch darüber jetzt öffentlich gesprochen wird. Ich kann ganz schlecht alleine sein und habe Verlustängste, was auf Grund dieser Erlebnisse sicher entstandenist.
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Norbert schrieb am 02.09.2019
Mit knapp sieben Jahren wurde ich Anfang 72 für sechs Wochen ins Kinderkurheim Quisisana nach St.Peter Ording geschickt. Meine zehnjährige Schwester war mit von der Partie, was mir unter anderem als Vorteil gegen eventuelles Heimweh „verkauft“ wurde.
Gesehen haben wir uns dann in all den Wochen genau 2x und auch das nur im Vorbeigehen, da wir in streng voneinander getrennten Gruppen waren. Diese zwei Male fanden in Form eines schnellen Zuraunens statt – wer jetzt Bilder von Filmen über Gefängnisausbrecher im Kopf hat liegt nicht falsch, denn so fühlte ich mich.
Leider kann ich die meisten negativen Schilderungen anderer Verschickter wie lieb- bis herzlose Behandlung, fiese Strafen für Lächerlichkeiten wie z.B. Nichtschlafen undsoweiter bestätigen.
Beispiele: 1. Beim Wachliegen und quatschen mit dem Bettnachbarn erwischt zu werden, führte zu einer kalten und unbequemen Nacht barfuß im Schlafanzug auf einem Lattenrost in der Waschküche. Die unfreundliche Behandlung durch die Tagschicht nach dieser schlimmen Nacht war da nur noch das Sahnehäubchen auf dem schlechten Kuchen.
2. Das Zensieren der Post, die wir in die Heimat schickten, war Standard; zusätzlich zur Zensur gab es noch öffentliche Häme durch die Aufseherin, wenn man (als Erstklässler) noch nicht alle Buchstaben beherrschte. Ich spreche von Aufseherinnen; offizieller Jargon war „Tanten“, was aber aufgrund des Grundtons der dort herrschte ein Witz war (wie die wenigen männlichen Aufseher genannt wurden, weiß ich nicht mehr).
3. Wer im Speisesaal keinen Nachschlag nahm, wurde öffentlich geschmäht und musste sich während alle Anderen eilfertig ihre zweite Portion in sich reindrückten neben die Ausgabeklappe stellen und singen. Ich vergesse nie den elenden Anblick eines kleinen Mädchens, welches weinend dort stand und versuchte zu singen, weil man sie dazu zwang.
In diesen endlos scheinenden Wochen lernte ich zu schweigen, das Geforderte zu tun und niemandem vertrauen zu können, um nicht wieder wegen Irgendetwas bloßgestellt und bestraft zu werden.

Überblickend würde ich sagen, die Kinder“kur“ war mehr wie ein Straflager, nur dass ich leider nicht wusste, wofür ich verurteilt worden war.
Ich dachte lange Zeit, ich wäre mit meinen Empfindungen der Einzige un/oder ich sei als Kind vielleicht empfindlicher als Andere gewesen.
Heute weiß ich, dass das Unsinn ist und stattdessen bestimmte lebenslange Empfindlichkeiten damit zu tun haben, was man mit uns damals angestellt hat.
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Erika Mirbach schrieb am 01.09.2019
ich heisse Erika M., bin 63 Jahre alt und wurde vor kurzem schmerzhaft mit den Erfahrungen meiner Verschickungsaufenthalte konfrontiert, als ich auf meiner Wanderung durch den Westerwald im christlichen Erholungsheim in Rehe übernachtete. Als betroffene spüre ich an der Atmosphäre, ja auch im Speiseraum die Finsternis, die Beklemmung vergangener Zeiten. Dieses haus war tatsächlich eine Erholungsheim für Kinder gewesen. Ähnlich war es mir in einem ehemaligen Schullandheim auf Neuwerk gegangen.
Ich wurde zweimal im Alter von 5 und 7 Jahren nach Bondorf /Schwarzwald verschickt. Ich war "zu dünn" und sollte in der guten Schwarzwald Luft vor allem zunehmen. Ich fand mich ohne jegliche Vorbereitung plötzlich am Bahnhof mit einem Schild um den Hals, allein gelassen begleitet von meinem Vater in Gesellschaft meiner Schwester und später meines Bruders; meine Schwester beherzt und tüchtig wie immer, mein Bruder verstört wie ich selbst. An die Zugfahrt und die Ankunft erinnere ich mich nicht. Wohl aber an das strenge Regiment der "Tanten". Der Alltag im Erholungsheim war hart, Befehlston, Anherrschen, Gewalt gegen Widerspenstige Kinder und ihre Gefühle. Es fiel mir schwer, die Ordnung zu erkennen, an die ich mich anzupassen hatte, ich dachte wohl, dass etwas mit mir falsch war, ein Gefühl das ich zu Hause allerdings auch hatte. Ich wußte, ich soll zunehmen, ich soll brav sein, ich soll nicht weinen, ich soll bloss nichts falsch machen. Es gab strenge Regeln beim Essen, es musste aufgegessen werden, wehe wenn nicht! Ich musste sitzen bleiben bis ich aufgegessen hatte. ich habe stundenlang vor meinem kalten Essen gesessen und meinen Ekel niedergerungen. Ich lernte, mir so viel wie möglich auf einmal in den Munds stopfen, um aufstehen zu dürfen. Heute gehe ich davon aus dass ich ohnehin Essstörungen hatte. Mein Bruder schrie und weinte sehr viel, sie fragten mich zwar wieso er so schrie, liessen mich aber nicht zu ihm, diese Hilflosigkeit, ihn nicht trösten zu dürfen, das Gefühl, es sei falsch ihn trösten zu wollen, schliesslich schreit ein Junge nicht so....Schlimm die wöchentliche Duschen mit so vielen anderen Kindern zusammen, Schuld und Scham wegen der Nacktheit, der rüde Umgang, das ruppige Schneiden der Fingernägel, möglichst kurz, damit das nicht so oft wiederholt werden musste. Es schmerzte die ganze Zeit. Furchtbar der erzwungene Mittagsschlaf mit den Kontrollgängen der Tanten, Immer Gewaltandrohung, wenn wir beim nichtschlauen "erwischt" wurden. Wir seie die schlimmste Gruppe die jemals in die Heim war, wurde uns gesagt. Zur Strafe (für was auch immer) wurden Schweigemärsche durch Bondorf veranstaltet. Wir durften zwar Briefe nach Hause schreiben, diese mussten aber den Tanten vorlegt werden. Auch hatte ich ja keine Sehnsucht nach zu Hause, sie hatten mich ja weggeschickt, ich war dort eh zu viel, meine Mutter überlastet, also sollte ich wenigsten dicker wiederkommen als ich gefahren war.
Als ich selbst Mutter wurde, war ich mit Gewaltphantasien gegenüber meinem kleinen Sohn konfrontiert, die mich sehr erschreckten und derentwillen ich therapeutische Hilfe gesucht habe. Quälend auch die Vorstellung, dass ich ihn wegschicken muss, dass es für ihn besser sein würde, wenn er nicht bei mir wäre, sich nicht so an mich binden würde. Große Probleme mit Orientierung und Vertrauen im Verlauf meines Lebens. Es ist der erste Schritt, den eigenen Schmerz anzuerkennen und zu bewältigen, es gilt ebenso, die Auswirkungen auf das Beziehungsverhalten als Erwachsene betrachten und die Verantwortung zu übernehmen für das, was wir vor unserem Erfahrungshintergrund für unsere Kinder verursachen.
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Sabine Gajski schrieb am 23.08.2019
Ich heiße Sabine.G
bin 52 Jahre alt ,und bin sehr froh endlich eine Seite gefunden zu haben. Es quält mich schon lange mit den wissen ein versickungskind zu sein ! Meine Erinnerung sind auch lückenhaft ,aber mit vier Jahren ging es das erstmal von zuhause weg ohne Kontakt mit zuhause für 3-4 Wochen wo das war weiß ich nicht mehr aber ich besitze noch Fotos davon . ich leide heute noch unter Verlust Ängste.Und so ging ein Jahrzehnt los stäntige Aufenthalte in So genannte Kurheime oft 2mal im Jahr wegen Gewichtszunahme 6Wochen ohne Mutter und Erzeuger viel musste ich erleben Essen zwang Schlafentzug .ich kann das alles gar nicht alles aufschreiben .Viellleicht finden sich ja Menschen die das Kurheim Am Meer : in Cuxhafen Duhnen kennen ,so in den Zeitraum 1974 bis 1982:
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Gertrud Adrian schrieb am 19.08.2019
Im April 1950 wurde ich eingeschult und 1951/1952 kam ich ins Sylter Kinderheim (Westerland). Schon die Hinreise war für mich ein Horror ohne Betreuung. Ich wurde irgendwo in einen Zug gesetzt und an der Endstation Westerland wieder rausgeholt. An das Heim hatte ich immer die Erinnerung, dass es ein wunderschöner Klinkerbau mit Türmchen jeweils rechts und links. Meine Erinnerung an die Heimleitung: Tante Inge und Onkel Fritz ist bis heute negativ. Ich hatte schreckliches Heimweh und war oft am weinen. Zur Strafe wurde ich deshalb oben auf dem Dachboden eingesperrt. Ob diese "Strafe" nun wegen meiner Heulerei war oder aber auch weil ich die "Milchsuppe mit Nudeln" verweigerte, kann ich nicht mehr nachvollziehen. Ich weiß auch nicht mehr ob ich Schläge bekommen habe, aber irgendwas muss mir ja Angst eingeflößt haben, dass ich dieses eingesperrt sein bis heute nicht vergessen habe und Panik bekomme in engen Räumen. Ein weiteres gruseliges Erlebnis war das Südwäldchen. Dort habe ich mich während einer Schnitzeljagd verlaufen und konnte die anderen Kinder nicht wieder finden. Zu Ostern gab es für die anderen Post und Geschenke...ich bekam nichts. Es war den Eltern eigentlich untersagt Kontakt mit den Kindern aufzunehmen...aber an dieses Verbot haben sich scheinbar nur meine Elten gehalten. Die anderen Kinder saßen auf ihren Betten, packten ihre Geschenke aus und waren glücklich...und ich heulte. Also wieder auf den Dachboden!!! Jahrelang hatte ich keine Bedürfnis gehabt die Insel Sylt je wieder zu sehen. Irgendwann beschloss ich mein Sylt-Trauma zu bewältigen und fuhr 2004 das erste Mal auf die Insel. Die Enttäuschung war groß...wo war das Kinderheim? Niemand konnte mir genaueres darüber sagen. Erst im Sylter Stadtarchiv habe ich dann Fotos von dem Heim gefunden, aber keiner konnte mir niemand sagen, wo es gestanden hatte. Ich wusste nur, dass es oberhalb der Promenade (Luftlinie hinter der Konzertmuschel) war. Erst letztes Jahr 2018 hat mir jemand in etwa Auskunft über die Lage des Hauses geben können. Dieses Jahr im März 2019 bin ich nochmals ins Stadtarchiv gegangen und zufällig einen älteren Einheimischen getroffen, der mir genaueres sagen konnte. Nun bin ich beruhigt und muss nicht mehr weiter suchen. Das Sylt Trauma ist bewältigt und ich bin seit 2004 jedes Jahr auf der Insel. Schade, dass es die wunderbaren Gebäude nicht mehr gibt...sie sind dem riesigen Hotelklotz oberhalb der Promenade zum Opfer gefallen.
Ich würde gerne wissen, ob es noch weitere Personen auf diesem Forum gibt, die auch in diesem Kinderheim waren. Bitte melden! Danke und Tschüss...
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TiBi schrieb am 18.08.2019
Ich möchte hier an die Kommentare von http://www.anjaroehl.de/verschickungsheime/
anschließen:

Hallo zusammen, ich (m, 54) hatte im Juli 1971 das zweifelhafte 'Vergnügen', im Rahmen einer 'Erholungskur' vor der Einschulung 6 Wochen im Kinderheim St. Antonius in Ratzenried/Kreis Argenbühl gewesen zu sein.
https://oldthing.de/Ratzenried-Kinderheim-St-Antonius-Kat-Argenbuehl-0023655755
https://oldthing.de/AK-Ratzenried-Kinderheim-StAntonius-mit-Teich-0015909608
Meine Erinnerungen an den Aufenthalt dort sind sehr lückenhaft und rudimentär, aber Angst und Schrecken angesichts der 'Erziehungsmethoden', die dort vorherrschten, habe ich nur sehr schlecht verkraftet. Die schrecklichen Erinnerungen wabern quasi im Untergrund vor sich hin und sind für mich nicht wirklich greifbar, aber dennoch emotional stets präsent wie eine Art Lähmung.
Ich habe die vielen Kommentare hier gelesen und kann generell sagen, daß ich mich an die sadistischen Quälereien wie Essenszwang, Ruhezwang nach dem Essen, nicht-Pinkeln-dürfen und/oder nur unter Kontrolle pinkeln dürfen (Nonne als Wachposten vor der Tür) und drakonische Strafen bei 'abweichendem' Verhalten erinnern kann, natürlich auch an die große Einsamkeit und Ohnmacht angesichts der Hilflosigkeit gegenüber all diesen Zumutungen. Trotzdem habe ich stets das Gefühl, daß da noch mehr gewesen ist, das ganz tief verschüttet irgendwo im Unterbewußtsein schlummert, vielleicht weil die Erinnerung daran zu traumatisch ist.
Ich würde an dem Punkt gerne weiterkommen und erfahren wollen, was dort wirklich geschah. Gibt es jemanden unter euch, der auch dort untergebracht war, evtl. auch länger? Ihr könnt mich gerne unter der u.g. Mailadresse kontaktieren.
Vielen Dank für eure Rückmeldung! Viele Grüsse, TiBi
KontaktMail: TiBi.1964@posteo.de

P.S. Bei eBay kann man unter 'Sammeln und Seltenes - Ansichtskarten' einige alte Bilder von den bekloppten Heimen sehen, das hilft u.U. bei der Erinnerung. Ich habe vom Kinderheim Ratzenried selbst eine alte Postkarte, die ich damals an meine Eltern nachhause schickte, die kann ich Interessierten gerne einscannen und zusenden.
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