ZEUGNIS ABLEGEN – ERLEBNISBERICHTE SCHREIBEN

Hier haben sehr viele Menschen, seit August 2019, ÖFFENTLICH ihre Erfahrung mit der Verschickung eingetragen. Bitte geht vorsichtig mit diesen Geschichten um, denn es sind die Schicksale von Menschen, die lange überlegt haben, bevor sie sich ihre Erinnerungen von der Seele geschrieben haben. Lange haben sie gedacht, sie sind mit ihren Erinnerungen allein. Der Sinn dieser Belegsammlung ist, dass andere ohne viel Aufwand sehen können, wie viel Geschichte hier bisher zurückgehalten wurde. Wenn du deinen Teil dazu beitragen möchtest, kannst du es hier unten, in unserem Gästebuch tun, wir danken dir dafür! Eure Geschichten sind Teil unserer Selbsthilfe, denn die Erinnerungen anderer helfen uns, unsere eigenen Erlebnisse zu verarbeiten. Sie helfen außerdem, dass man uns unser Leid glaubt. Eure Geschichten dienen also der Dokumentation, als Belegsammlung. Sie sind damit Anfang und Teil eines öffentlich zugänglichen digitalen Dokumentationszentrums. Darüber hinaus können, Einzelne, die sehr viele Materialien haben, ihre Bericht öffentlich, mit allen Dokumenten, Briefen und dem Heimortbild versehen, zusammen mit der Redaktion als Beitrag erarbeiten und auf der Bundes-Webseite einstellen. Meldet euch unter: info@verschickungsheime.de, wenn ihr viele Dokumente habt und solch eine Seite hier bei uns erstellen wollt. Hier ein Beispiel

Wir schaffen nicht mehr, auf jeden von euch von uns aus zuzugehen, d.h. Ihr müsst euch Ansprechpartner auf unserer Seite suchen. ( KONTAKTE) Wenn Ihr mit anderen Betroffenen kommunizieren wollt, habt ihr weitere Möglichkeiten:

  1. Auf der Überblickskarte nachschauen, ob eurer Heim schon Ansprechpartner hat, wenn nicht, meldet euch bei Buko-orga-st@verschickungsheime.de, und werdet vielleicht selbst Ansprechpartner eures eigenen Heimes, so findet ihr am schnellsten andere aus eurem Heim.
  2. Mit der Bundeskoordination Kontakt aufnehmen, um gezielt einem anderen Betroffenen bei ZEUGNIS ABLEGEN einen Brief per Mail zu schicken, der nicht öffentlich sichtbar sein soll, unter: Buko-orga-st@verschickungsheime.de
  3. Ins Forum gehen, dort auch euren Bericht reinstellen und dort mit anderen selbst Kontakt aufnehmen

Beachtet auch diese PETITION. Wenn sie euch gefällt, leitet sie weiter, danke!

Hier ist der Platz für eure Erinnerungsberichte. Sie werden von sehr vielen sehr intensiv gelesen und wahrgenommen. Eure Erinnerungen sind wertvolle Zeitzeugnisse, sie helfen allen anderen bei der Recherche und dienen unser aller Glaubwürdigkeit. Bei der Fülle von Berichten, die wir hier bekommen, schaffen wir es nicht, euch hier zu antworten. Nehmt gern von euch aus mit uns Kontakt auf! Gern könnt ihr auch unseren Newsletter bestellen.

Für alle, die uns hier etwas aus ihrer Verschickungsgeschichte aufschreiben, fühlen wir uns verantwortlich, gleichzeitig sehen wir eure Erinnerungen als ein Geschenk an uns an, das uns verpflichtet, dafür zu kämpfen, dass das Unrecht, was uns als Kindern passiert ist, restlos aufgeklärt wird, den Hintergründen nachgegangen wird und Politik und Trägerlandschaft auch ihre Verantwortung erkennen.

Die auf dieser Seite öffentlich eingestellten Erinnerungs-Berichte wurden ausdrücklich der Webseite der “Initiative Verschickungskinder” (www.verschickungsheime.de) als ZEUGNISSE freigeben und nur für diese Seiten autorisiert. Wer daraus ohne Quellenangabe und unsere Genehmigung zitiert, verstößt gegen das Urheberrecht. Namen dürfen, auch nach der Genehmigung, nur initialisiert genannt werden. Genehmigung unter: aekv@verschickungsheime.de erfragen

Spenden für die „Initiative Verschickungskinder“ über den wissenschaftlichen Begleitverein: Verein Aufarbeitung und Erforschung von Kinderverschickung / AEKV e.V.:     IBAN:   DE704306 09671042049800  Postanschrift: AEKV e.V. bei Röhl, Kiehlufer 43, 12059 Berlin: aekv@verschickungsheime.de

Journalisten wenden sich für Auskünfte oder Interviews mit Betroffenen hierhin oder an: presse@verschickungsheime.de, Kontakt zu Ansprechpartnern sehr gut über die Überblickskarte oder die jeweiligen Landeskoordinator:innen


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2741 Einträge
Hetke, Renate aus Domersleben schrieb am 22.07.2022
Ich war im Jahr 1964 im Kinderheim Luisenthal, Thüringen, da war ich 9 Jahre alt. Was ich dort erlebt habe ist für mich auch heute noch erschreckend. Als Kind habe ich das alles immer wieder verdrängt. Heute spreche ich darüber, habe aber immer das Gefühl als glaube mir niemand so richtig. Es klingt heutzutage auch unglaublich. Erbrochenes musste wieder aufgegessen werden, zur Strafe gab es auf unbestimmte Zeit nur Haferschleim oder Griessbrei zu allen 3 Mahlzeiten. (ich war zur Gewichtsabnahme bei dieser Kur) Briefe wurden teilweise kontrolliert. Körperliche Züchtigung jeden Tag.
Bestrafungen für Kleinigkeiten waren an der Tagesordnung. Bei jedem Spaziergang wollte ich eigentlich abhauen. Aber ich hab mich nicht getraut, es war ein sehr kalter Januar.
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Jörg Christian Jakobi aus 50226 Frechen schrieb am 22.07.2022
Eines Tages, ich denke es war im Frühjahr 1971, stand ich mit meinen Eltern und meinem großen Bruder in Köln auf einem Bahnsteig und mein Bruder und ich wurden in einen Zug zur „Kinderkur“ nach Bühl am Alpsee/Immenstadt gesetzt.
Ich empfand das alles als 3 Jähriger als ein großes Abenteuer, aber es wurde ein Aufenthalt, der mein Leben nachhaltig beeinflussen würde.
Morgens gab es Käsebrote. Für mich ein absolutes No Go, da ich unter einer Milcheiweißallergie leide und keine Milchprodukte vertrage. Ich saß am ersten Morgen mit meinem großen Bruder, er war schon 4, am Tisch, sahen uns in die Augen und ließen die Käsescheiben unter dem Tisch verschwinden. Ein paar Tische weiter sah ich, was passierte, wenn ein Kind das Essen erbrach: das „Essen“ musste trotzdem restlos aufgegessen werden. Das empfand ich als so ekelhaft, das ich das um jeden Preis verhindern musste.
Danach gab es Vitamin-Paste aus der Tube, ein Geschmack der mich lange verfolgen sollte.
Meine Gruppe wurde auf eine kleine Wanderung geschickt mit einer netten Erzieherin, die mit uns aus gefundenen Dingen wie Stöckchen und Eicheln Pfeifen bauen lies. Ich fand die Berge so wunderschön und war so glücklich über meine Pfeife.
Im Heim angekommen suchte ich überall nach meinem Bruder. Ich fand ihn in dem Schlafraum seiner Gruppe und ich wollte ihm voller Stolz meine Pfeife zeigen. Zu meinem Entsetzen wies er mich schroff zurück, denn er durfte keinerlei Kontakt zu mir haben.
Das Heim wurde überwiegend von Erzieherinnen und Nonnen geführt, die von uns „Tanten“ genannt wurden. Diese Tanten zeichneten sich durch kurze, nachdrückliche Sätze aus, die keinerlei Widerrede duldete, nur Imperativ, keinerlei Empathie...
Eine von den Tanten erwischte mich und schimpfte mit mir. Als ich sagte, dass ich alles meinen Eltern erzählen werden, drohte sie mir, das ich dass nicht überleben werde.
Am nächste Tag war Turnen angesagt. Leider war ich der letzte beim anschließenden Anziehen, schließlich war ich mit 3 Jahren der Jüngste in der Gruppe. Die Gruppe war bereits weg und ich musste den Weg zurück suchen. Da ich zu spät ankam, musste ich die Schuhe der ganzen Gruppe putzen und bekam kein Essen.
Am nächsten Morgen, das böse Erwachen im Speisesaal, denn die Sache mit den Käsescheiben war aufgefallen.
Ich sollte wieder Käsebrote essen, war jedoch in einem unbeobachteten Moment zu den Toiletten gelaufen und hatte unterwegs eine Tube mit Vitamin-Paste mitgenommen, denn schließlich hatte ich Hunger. Eine der Tanten ist mir hinterher gekommen und hat mich angebrüllt. Danach sollte ich irgendwelche Tabletten schlucken. Habe ich natürlich nicht gemacht. Dann schleifte sie mich zum Arzt, zum „bösen“ Doktor. Der hatte mir eine Spritze auf Recht brutale Art in mein Hinterteil gerammt. Ab da habe ich große Lücken in der Erinnerung. Jedenfalls habe ich dann die Tabletten immer völlig willenlos geschluckt.
Erinnern kann ich mich noch, das Abends immer die Briefe der Eltern vorgelesen wurden und mitgeschickte Süssigkeiten mir irgendwelchen Argumenten nicht verteilt wurden, weil der ein oder andere sich nicht im Sinne der Tanten verhalten hatte. So wurde die ganze Gruppe permanent in Sippenhaft genommen.
Es gab auch einen anderen Arzt, der gab die tägliche Spritze ordentlich in den Arm. Welcher Arzt dran war, konnte man immer an den Schreien der anderen Kinder hören.
Und dann kam ein Filmriss...
Ich wurde wieder wach mit extremen Kopfschmerzen, lag im Keller in einer Art Krankenzimmer und fand als einzige Erleichterung, mit dem Hinterkopf wieder und wieder gegen die Wand zu schlagen.
Hier gab es eine junge Frau und ich empfand, nach der ersten Wanderung, zum zweiten Mal etwas wie Mitgefühl. Sie nahm sich Zeit für mich und kümmerte sich um mich wie eine Krankenschwester.
Dies fand ein jähes Ende, als sie von einer der Tanten erwischt wurde. Sie bekam eine Standpauke und ich fand meine Erfüllung darin, wieder und wieder mit dem Hinterkopf gegen die Wand zu schlagen. Mir erzählte sie, dass meine Eltern Tod seien und ich für immer hier bleiben musste.
In Köln auf dem Bahnsteig nahmen meine Eltern dann meinen Bruder entgegen und waren mehr als erstaunt, dass ich nicht dabei war. Später wurde ihnen am Telefon erst auf massiver Nachfrage mitgeteilt, das ich nicht transportfähig sei. Mein Vater und mein Großvater haben mich schließlich mit dem Auto in Bühl abgeholt.
Ich war erstaunt darüber, sie lebend zu sehen, aber meine Mutter war nicht dabei. Lebte sie noch ?
Meine Mutter kümmerte sich natürlich um meinen Bruder, aber das konnte ich zu diesem Zeitpunkt und in meinem schlechten Gesundheitszustand nicht wirklich glauben.

Später versuchte vergeblich, eine Kontaktaufnahme mit meinen Eltern. Ich war und bin immer noch entsetzt über den Glauben an die „Halbgötter in Weiß“ und die Ansicht, das Kinder das alles ja falsch aufschnappen. Zusammen mit dem Psychoterror der Tanten habe ich über 50 Jahre geschwiegen, wie mein Bruder das auch heute noch tut.
Durch die Dauersedierung und Medikamentierung, die ich ungefragt einnehmen musste, habe ich einen beidseitigen Innenohrdefekt erlitten und war später nie in der Lage, dem Schulunterricht vollständig zu folgen (habe aber viel durch Lesen ausgleichen können).
Der Hördefekt hat meine Schullaufbahn massgeblich geprägt, da ich höhere Stimmlagen kaum wahrnehmen, geschweige denn verstehen kann. Hinzu kommt ein Gleichgewichtsproblem.
Leider gab es damals in Frechen nur einen HNO-Arzt der bei jeder Untersuchung sagte, ich soll mich nicht so anstellen; er führte dann auch die schulischen HNO-Untersuchungen durch.
Später hat man dann noch einen Herzklappenfehler diagnostiziert, der operativ korrigiert werden musste, dessen Ursache möglicherweise auch auf den Aufenthalt in Bühl zurückzuführen ist.
Nachdem ich nun alle 5 Jahre den Kampf mit der Krankenkasse aufnehmen muss, da mein Hördefekt nicht mit Kassengeräten zu lösen ist, ist bei mir das Fass übergelaufen. Warum soll ich für den an mir verübten Medikamentenmissbrauch immer wieder tausende Euro's bezahlen?
Warum werden die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen ?
Ich bin froh darüber, nun endlich mein Schweigen zu brechen.
Jörg J.
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Marlies schrieb am 21.07.2022
Ich war mit 6 Jahren in Westerland auf Sylt und kam völlig verstört zurück. .
Ich musste alles aufessen, auch Gurke, die ich nicht mochte. Ich weiß noch, wie ich nachts dagesessen hatte - die anderen waren längst im Bett - und man mich zwingen wollte, den Bissen runterzuschlucken. Ich konnte nicht! Ich saß lange da mit dieser widerlichen Gurke im Mund ... Bis heute ertrage ich den Geruch davon nicht!
Ich kann mich erinnern, dass eine der "Pflegerinnen" (oder soll ich sagen "Folterknechte"?) zu mir sagte: "Zur Strafe, weil du eingenässt hast, musst du bei den Jungs schlafen!" Und ein Junge sagte zu mir: "Wehe, wenn du noch mal einnässt! Das ist das Bett von (...)!"
Meine Mutter sagte mir Jahre später, sie hätte den Hausmeister des Heims im Verdacht, mich vergewaltigt zu haben.
Es war sehr schrecklich dort, ich würde gern mit anderen reden, die ähnliches durchgemacht haben.
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Christian Kaiser aus Giesen schrieb am 20.07.2022
Ich war mit ca. 7 oder 8 Jahren in einem Kinderheim auf Borkum. Es war tatsächlich schrecklich, so dass ich bis heute (mit 61) klare Erinnerungen daran habe. Tischnachbarn mussten ihr Erbrochenes wieder essen, ein Pups im Bett brachte mir 3 Tage Bettpflicht ein, abends in Reihe auf Toilette... erst die Jungs dann die Mädels.. gespült wurde nach dem letzten Kind, in der Nachtwar Toilettenverbot. Genauso wurde die Badewanne genutzt, Wasser (Dreckwasser) wurde nach dem letzten Kind abgelassen. Mein Tischnachbar bekam eine Ohrfeige weil er den Milchreis erbrochen hatte, musste so lange am Tisch sitzen, bis er sein Erbrochenes wieder aufgegessen hatte. Ein anderer Tischnachbar bekamm eine derbe Ohrfeige mit dem Kommentar er schaue durch seine Brille wie ein Auto. Es fallen mir noch so viele Dinge ein.
Aber nun, es war eine andere Zeit.. ob ich das allerdings als Entschuldigung gelten lassen kann, ich weiß es nicht.
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Reinhold schrieb am 20.07.2022
Im Juni/Juli 1962 wurde ich – gerade sieben Jahre alt – mit meinem jüngeren Bruder (damals vier Jahre alt) wegen eines Krankenhaus-Aufenthalts meiner Mutter nach Langeoog ins Kinderheim geschickt.
Die Zeit in Langeoog haben wir beide in sehr unangenehmer Erinnerung. Mein Bruder fing unter dem Stress wieder das Bettnässen an und wurde dafür bestraft (geschlagen?). Meine Eltern hatten mir aufgetragen, auf ihn aufzupassen, und ich litt darunter, dass ich nichts für ihn tun konnte. Persönliche Gegenstände, auch die „Reiseverpflegung“ von unseren Eltern, wurden uns bei der Ankunft abgenommen. Mittagsschlaf war obligatorisch, auf dem Rücken liegend und Arme über der Decke. Wer sich im Schlaf umdrehte, wurde aufgeweckt und zurechtgewiesen. Etwa zur Halbzeit musste ich einen Brief an meine Eltern schreiben (das konnte ich schon so in etwa, weil ich Ostern 62 eingeschult worden war). Da habe ich geschrieben, dass es mir in Langeoog nicht gefällt. Der Brief wurde vor meinen Augen zerrissen und ich musste den Brief mit positivem Inhalt neu schreiben.
Ich erinnere mich noch ganz gut an das Gefühl der Angst und Ohnmacht, allein mit meinem Bruder weit weg von daheim den Betreuerinnen ausgeliefert zu sein.
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Kerstin aus Berlin schrieb am 20.07.2022
Ich war 1979/80 als 8-9 jährige zur Kur in Wieck Dort sollte ich an Gewicht zunehmen. Für mich ist es bis heute ein traumatisches Erlebnis geblieben. Wir Kinder wurden mit harter Hand geführt. Ich würde dort sehr krank(Lungenentzündung) und landete im Krankenhaus. Auf der Kur wurde ich gezwungen, Milch zu trinken, obwohl meine Eltern die Allergie mitteilten Ich erbrach mich regelmäßig und würde dafür bestraft. Mir wurde mein Kuscheltier entzogen, ich habe keine Post mehr bekommen und durfte auch keine schreiben. Ich würde Nachts in die Ecke gestellt, weil ich mit Husten die anderen Kinder wach machte. Da hatte ich schon Fieber und die Lungenentzündung. Ich kam dann ins Krankenhaus, in dem Kinder sogar geschlagen würden. Schrecklich. Meine Eltern würden nicht informiert, dass ich im Krankenhaus war und waren entsetzt, dass ich nicht im Bus saß. Für mich die Hölle, ich dachte, ich komme nie mehr nach Hause. Das Haus existiert heute wohl nicht mehr. Mein Papa weiß heut leider auch nicht mehr,wo genau die Kureinrichtung war.
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Kerstin aus Berlin schrieb am 20.07.2022
Ich war 1979/80 als 8-9 jährige zur Kur in Wieck Dort sollte ich an Gewicht zunehmen. Für mich ist es bis heute ein traumatisches Erlebnis geblieben. Wir Kinder wurden mit harter Hand geführt. Ich würde dort sehr krank(Lungenentzündung) und landete im Krankenhaus. Auf der Kur wurde ich gezwungen, Milch zu trinken, obwohl meine Eltern die Allergie mitteilten Ich erbrach mich regelmäßig und würde dafür bestraft. Mir wurde mein Kuscheltier entzogen, ich habe keine Post mehr bekommen und durfte auch keine schreiben. Ich würde Nachts in die Ecke gestellt, weil ich mit Husten die anderen Kinder wach machte. Da hatte ich schon Fieber und die Lungenentzündung. Ich kam dann ins Krankenhaus, in dem Kinder sogar geschlagen würden. Schrecklich. Meine Eltern würden nicht informiert, dass ich im Krankenhaus war und waren entsetzt, dass ich nicht im Bus saß. Für mich die Hölle, ich dachte, ich komme nie mehr nach Hause. Das Haus existiert heute wohl nicht mehr. Mein Papa weiß heut leider auch nicht mehr,wo genau die Kureinrichtung war.
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Dorothee schrieb am 13.07.2022
Ich war 1959 als Fünfjährige 6 Wochen lang in Bad Sassendorf (über die Stadt Gelsenkirchen). Es war die Hölle. Kinder mussten ihr Erbrochenes aufessen. Und das kam oft vor, denn das Essen war eklig. Post für mich und Kleidungsstücke sind spurlos verschwunden. Ich war krank, hatte Fieber bis zur Bewusstlosigkeit, aber meine Eltern wurden nicht informiert. Mindestens ein Kind wollte während eines Spaziergang weglaufen, wurde aber wieder eingefangen.. Als ich nach hause kam, war ich völlig eingeschüchtert und hatte meine Fingernägel komplett abgekaut. Da ich mit 5 Jahren noch nicht selber schreiben konnte, diktierte ich beim wöchentlichen Briefeschreiben an meine Eltern ehrlich, was sich dort abspielte. Ich habe nicht verstanden, warum meine Eltern mich nicht abgeholt haben. Ich konnte nicht wissen, dass die Frauen nicht das geschrieben haben, was ich diktierte.
Dorothee
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Beate schrieb am 09.07.2022
Ich wurde im Alter von 10 Jahren nach Borkum verschickt. 3 Mädchen aus meinem Dorf waren auch dabei. Es war 1972. Das Schlimmste war der Hickhack unter den Kindern. Ich habe viel Vertrauen in Menschen verloren. Eine von uns 4 wurde von ihrer Mutter abgeholt. Wir anderen haben durchgehalten. Es war keine schöne Zeit. Dennoch stehe ich überrascht vor dem medialen Interesse um die Verschickungskinder. Mir ist nicht klar, was die Forderungen sind. Und es wird vieles hochgepeitscht, was skandalös klingen soll, aber Verschickungskinder gar nicht betrifft. Ich bin interessiert, was bei der Aufarbeitung herauskommt, finde das alles aber angesichts der wirklichen Probleme beispielsweise der Duogynongeschädigten Menschen duogynonopfer.de eher als Jammern auf hohem Niveau. Einige haben sicher wirkliches Leid erlitten und Schädigungen für ihr Leben davongetragen. Das sehe ich durchaus. Aber Mahnmale für Verschickungskinder So die die Skulpturen für Contergankinder oder Mahnmale für Holocaustopfer Bin gespannt, wie sich die Aufarbeitung entwickelt.
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Jules schrieb am 05.07.2022
Ich war Ende der 80er Jahre auf „Gedeihkur“ auf Langeoog…
Es war schrecklich! Wir wurden zum Essen gezwungen, mussten stundenlang am Tisch sitzen bleiben und durften an Freizeitaktivitäten nicht teilnehmen, wenn wir nicht aufassen. Es gab einige, die am Tisch oder in den Fluren erbrachen und wer zur Schlafenszeit nicht rechtzeitig ruhig war, bekam einen kalten Waschlappen ins Gesicht gedrückt, keine Süssigkeiten aus der Belohnungsbox und musste den kommenden Morgen auf dem Zimmer verbringen.
Ich wollte einen Brief an meine Mutter schicken, die mich dahin abschob, in der Hoffnung, sie würde mich dort herausholen. Ich malte mich auf die Karte, am Weinen…man weigerte sich, diese Karte abzuschicken! Meine Mutter wurde erst Tage später kontaktiert und es wurde ihr mitgeteilt, dass ich jegliche „Behandlung“ welche doch zu meinem Wohl sei, ablehnen und verweigern würde…
Als meine Mutter mich abholte, wurde ich mit bösen Blicken gestraft, dass ich sie so blamierte, dass sie mich vorzeitig abholen musste…
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Claudia H. aus Emmerich am Rhein schrieb am 03.07.2022
Hallo,
ich war 1976 von März bis Juni im Viktoriastift Bad Kreuznach. Ich bin als Einzelkind in einem schwierigen Umfeld aufgewachsen. Habe schlecht gegessen, war zu dünn und hatte oft Bronchitis. Die Lösung: eine Kur ! Bisher dachte ich immer auch meine Anreise war, wie die Abreise, mit dem PKW und Eltern. Heute habe ich dann, auf Nachfrage, von meiner Mutter erfahren, dass auch ich in Duisburg in einen Zug gesetzt wurde für die Reise nach Bad Kreuznach. Ich habe daran und an den ganzen Aufenthalt über die 3 Monate keine Erinnerungen. Den langen Zeitraum erklärt man mir heute mit einer Aussage der Ärzte: "es wären weitere medizinische Maßnahmen nötig gewesen". Meine Eltern stimmten aus der Ferne zu, ohne es zu hinterfragen.
Sie erhielten mehrmals Postkarten mit dem Text, es ginge mir gut. Als sich Windpocken bekam, war ich auf der Isolier-Station.
Nach meiner Rückkehr war ich, nach Erzählungen meiner Eltern, verstört. Habe z. B. Blumenvasen vom Tisch geworfen ohne erkennbaren Grund. Weitere Beachtung schenkte man dem aber nicht.
Geahnt habe ich schon länger, dass diese Kur noch so einiges in sich verbirgt, aber das sie so wesentlichen Einfluss auf viele Bereiche hat, wird mir erst jetzt langsam klar.
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Merle aus Hamburg schrieb am 02.07.2022
ich war 1999, mit 9 Jahren auf einer furchtbaren Kinder- und Jugendreise, die circa Wochen andauerte. Die Reise wurde vom Jugenderholungswerk eV Hamburg organisiert und die Fahrt ging irgendwo nach MV. Schon auf der Hinfahrt, flippte ein älterer Junge im Bus aus und wurde von zwei Betreuern quasi an den Sitz gefesselt. Während der Reise mussten wir jeden Tag stundenlange Wanderungen absolvieren, wie bei der Bundeswehr. Nachmittags wurden wir denn auf unseren Zimmern zum Mittagsschlaf gezwungen und durften bis zum Abendessen, die Zimmer nicht verlassen. Als einige andere Mädchen und ich es gewagt hatten einmal während der Nachmittagsruhe, das Zimmer zu verlassen um Wäsche im Waschraum zu waschen, stürzte ein "Betreuer", wie ein wild gewordenes Tier in den Waschraum, schnappte sich ein nasses Handtuch und verprügelte mich damit eine halbe Stunde lang bis ich nur noch wimmernd in der Ecke lag. Einige Tage zuvor war dieser Betreuer schon ausgeflippt weil ich einmal darum gebeten habe, dass der Typ nicht immer seinen Zigarettenrauch in meine Richtung pustet. Ich wurde zur Strafe für so viel Aufsässigkeit von der Gruppe separiert und musste den ganzen Tag auf meinen Zimmer hocken. Zudem wurde mir dort mein ganzes Geld und Kleidung entwendet, hat die Betreuer natürlich einen Dreck interessiert. Der bereits genannte Betreuer war auch der Gruppenleiter und hatten seine eigene Tochter und seinen verrückten, gewalttätigen Sohn mit auf der Reise. Als seinem Töchterlein einmal Kaugummi ins Kopfkissen gelegt wurde, wurden danach alle Kinder quasi in Sippenhaft genommen und mussten solange Nachts auf dem Flur hockend ausharren, bis jemand freiwillig zugeben würde, der Kaugummi-Übeltäter gewesen zu sein. Der Betreuer hatte insbesondere mich im Verdacht und ich gehörte zu denjenigen, die bis Morgengrauen draußen sitzen durften. Zwischendurch kamen diese Teufel immer und leuchtenden uns Kindern mit Taschenlampen direkt in das Gesicht, wir sollten doch endlich zugeben.. Hinterher hat sich herausgestellt, dass der eigene Bruder des Mädchens, wohl aus Eifersucht, das Kaugummi aufs Kopfkissen gelegt hat. Die Betreuer haben sich jeden Abend volllaufen lassen, die meistens von denen waren Zivis, die haben auch gerne versucht uns Kinder zum Rauchen zu animieren. Zwei anderen älteren Jungen wurden die Koffern von dem verrückten Betreuer-Sohn, zertrümmert. Die durften denn früher abhauen. Leider hat mich meiner Mutter nicht früher abgeholt. Einmal hat mich eine Zivi-Betreuerin gezwungen, ihre ganzen aufgeweichten Cornflakes zu essen. Zudem wurde ich einmal von einem älteren Jungen beim Baden in einem See begrabscht. Richtige Dreckjugendreise, hoffe es gibt sowas wie Karma.
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Ines Weinert aus Eberswalde schrieb am 30.06.2022
Ich wurde wegen Lungenerkrankung zwei mal verschickt. Einmal mit 6 Jahren und dann noch mal mit 7 Jahren ca. 8 Wochen, da ich beide male krank wurde und länger bleiben musste. Einmal mit Windpocken, die Narbe auf der Stirn erinnert mich jeden Tag daran. Traumatische Erlebnisse die ich lebenslang nicht vergessen werde.
Ich war erschüttert, dass andere ähnliche Erfahrungen machen mussten.
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Sabine Baum aus Stuttgart schrieb am 26.06.2022
Hallo zusammen,
es ist einige Jahre her, als ich versuchte über das World-wide-Web herauszufinden, ob andere Menschen in ihrer Kindheit ähnliche Erfahrungen bezüglich sog. Kuraufenthalten gemacht haben. Leider habe ich zu dieser Zeit nichts gefunden und ich fühlte mich sehr alleine mit meiner Geschichte. Zudem krochen immer wieder Zweifel in mir hoch, ob das wirklich alles so passiert ist, wie ich es in meinem Körper und in meiner Seele „wahrgenommen“ habe.
Die Zeit ging ins Land und vor etwa 4 Wochen wurde in der Landesschau vom SWR ein Beitrag über die sog. Verschickungskinder ausgestrahlt. Diese Kinder wurden meist zur Erholung in Häuser bzw. Heime in Baden-Würrtemberg aber auch deutschlandweit „verschickt“. Ich wurde während des Beitrags so sehr angetriggert, daß ich zunächst wie versteinert war.
Es dauerte einige Tage bis dieser Beitrag Raum in mir nehmen konnte und ich begriff, daß ich mit meinen Erfahrungen nicht alleine bin und daß es wichtig ist, diese auch in die Welt zu bringen, sei es wie hier über das Wort, oder über andere Ausdrucksmöglichkeiten.
Danke für diese Plattform hier und die Möglichkeit, das lang verborgene Geschehen endlich ans Licht zu bringen und sich dadurch ein wenig zu erleichtern.
Ich verbrachte zweimal einige Wochen in einem Heim in Baiersbronn. Mein 2 Jahre älterer Bruder war oft krank. Zudem war meine Mutter überfordert und so wurden mein Bruder und ich „verschickt“.
Ich wollte nicht noch ein zweites Mal dorthin, doch ich hatte keine Chance gegenüber meinen Eltern.
Ich habe ebenfalls viele respektlose Situationen gegenüber uns Kindern erlebt, z.B. Essenszwang, nicht angemessene Strafen… Meine Thematik ist jedoch eine andere. Ich wurde während der Aufenthalte sexuell missbraucht. Diese Übergriffe geschahen abends und in der Nacht.
Ich bin in diesen Situationen erstarrt .
Ich habe mir das Symposium über die Verschickungskinder vom letztem Jahr angeschaut, das in Ludwigsburg stattfand. Dabei wurde eine
Auflistung der „Taten“ dieser Einrichtungen gezeigt. Ich habe mich sehr gewundert, daß sexuelle Übergriffe in diesem Zusammenhang noch nichtwirklich thematisiert wurden !!!
Ich fühle mich nun wieder alleine damit. Aber ich bin der Überzeugung , daß ich nicht die Einzige bin, die davon betroffen ist. Ich glaube, daß diese abscheulichen Handlungen viele Kinder traumatisiert haben.
Diese Aufenthalte haben mein Leben und meine Gesundheit bis heute beeinträchtigt. Es ist wichtig, daß sich so viele Menschen wie möglich zu Wort melden, damit dieses Unrecht gesehen, gewürdigt und ein stückweit wiedergutgemacht wird!
Ich wünsche allen Betroffenen den Mut, sich zu zeigen und das „ Unfassbare“ Fassbar zu machen und in die Welt zu bringen.
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Kontakt Wunsch: Kontakt: Erwünscht
Anette schrieb am 26.06.2022
Kinderkurheim des Landkreises Waldeck
Ich dachte lange, meine Erinnerungen an diese Zeit sind wenige, unbedeutende, wenn auch keine schönen. Dass sie traumatisch sind, habe ich erst verstanden als die Erinnerungen nach und nach zu mir zurückkamen. Ich war gerade 6 geworden. Ich war zu dünn für die Einschulung, deshalb schickten mich meine Eltern zur Kur, weil sie soviel Gutes davon gehört hatten. Mein Bruder war ein Jahr alt und meine Mutter mit dem dritten Kind überfordert. Ihre eigene Mutter todkrank. Sie verstarb im folgenden Sommer.
Die familiäre Situation war schon belastend genug für ein sensibles Kind, was aber im Haus Waldeck auf Norderney passierte, verletzte traumatisch meine Kinderseele.

Dunkel erinnere ich mich an kalte, lange Flure. Wir mussten in der Schlange stehen und warten bis wir ins Bad konnten, ich glaube in Unterwäsche. Reden war nicht gestattet. Alle Betreuungspersonen waren angsteinflößend. Wir wurden zum Essen gezwungen. Ich kann bis heute keinen Salat mit Schmand (auf Norderney: Schmand mit 2–3 grünen Blättern) ertragen. Wir mussten alleine sitzen bleiben, bis wir alles aufgegessen hatten. Ich erinnere mich an nicht einen einzigen Aufenthalt am Strand von Norderney. Vielleicht gab es keinen, vielleicht hab ich aber auch nur alle schönen Erlebnisse aus den 6 Wochen gelöscht … Nachts war es besonders schlimm. Wir schliefen in einem großen Saal. Viele Kinder weinten, alle möglichst so, dass es niemand hörte. Leises Wimmern unter den Decken. Niemand tröstete uns. Wenn ein Kind ins Bett gemacht hatte, kam eine Betreuerin und es wurde laut. Ich hörte nicht hin, stellte mich tot und hoffte, dass mir das nicht passierte. Ich wollte immer den Kindern in diesen Situationen helfen, wie ich es zu Hause für meine kleinen Geschwister auch tat, aber es ging nicht. Mir taten die anderen Kinder fast mehr leid, als ich mir selbst. Dabei war es auch für mich echt schlimm. Ich hatte furchtbares Heimweh. Ich dachte, ich sehe meine Familie nie wieder. Fühlte mich verkauft oder weggegeben. Ich weiß noch ganz genau, dass wir Briefe an unsere Eltern diktieren durften. Auch hier wieder Schlange stehen. Endlich war ich dran, konnte die Chance auf einen Kontakt nach Hause nutzen. Eine jüngere, nettere Betreuerin schrieb ihn für mich. Diese Erinnerung ist ganz klar. Ich weiß sogar noch, wie der Schreibtisch stand und wie ich vor ihr stehen musste. Ich vertraute mich ihr an und sagte, sie solle schreiben, dass meine Eltern mich schnell abholen sollen. Dass ich nach Hause will und dass es hier schrecklich sei. Ich weinte fürchterlich. Ich erinnere mich, wie ich mit meinen Händen den Stoff meiner Kleidung zerdrückte. Nachdem ich fertig war mit meinem Bericht, las sie mir vor, was sie geschrieben hatte. Es war reine Folter. Es gibt ihn heute noch. Er lautete:

„Liebe Mama, lieber Papa
Ich habe Eure Karte erhalten und mich sehr gefreut. Oma und Opa haben mir auch geschrieben. Und dann habe ich noch eine riesige Karte von Tante Gundula bekommen. Wenn ich zu Hause bin soll ich meine Erlebnisse auf Tonband sprechen. Ich möchte mal wissen warum Kai und Laura sich immer zanken. Aber wir zanken uns hier auch schon mal. Wir essen hier gar nicht in einer großen Küche, sondern in unserem Gruppenraum.
Viele liebe Grüße sendet Euch (unterschreiben durften wir selbst!) ANETTE“

Danach schwieg ich. Ich gab auf. Es war vorbei. Es gab keine Hoffnung mehr auf ein Wiedersehen. Ich verfiel in Trance, glaube ich. So fühlt es sich jetzt in der Erinnerung auf jeden Fall an.

2003 bekam ich erste Angstzustände. Ich wurde lange Zeit mit Medikamenten behandelt. Heute geht es ohne, aber gut ist es nicht. Ob meine Erkrankung mit dem Kuraufenthalt 1974 zu tun hat, weiß ich noch nicht. Sollte mein Bericht darüber mich persönlich nicht weiterbringen, so hoffe ich, dass er mindestens dazu beiträgt, dass das Leid, welches „Verschickungskindern“ zugefügt wurde, ans Licht kommt. Danke für diese Plattform.
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Lioba schrieb am 19.06.2022
Von Duisburg aus war es eine lange Fahrt, Eisenbahn und Fähre. Im Schloss am Meer, Kinderheim der Barmer Ersatzkasse, so stand es am Haus, angekommen. Da war ich nun, mit meinen 8 Jahren. Heimleitung war eine Fr. Dr. Riepen, Rieper, ist meine Erinnerung richtig, eine Frau immer in einem schwarzem Kostüm und immer mit einem Schlüsselbund in der Hand? ich glaube ich war in den 6 Wochen, nur 3-5 mal am Meer, es war Januar aber Erholung war das nicht. Ich habe zwar immer alles gegessen, dicke Puddingsuppen, das war mästen und alles was *fett'* macht - es gab einen Tisch für die Kleinen und ein Mädchen hat mir immer so leid getan, Heike???, die hat immer gebrochen musste aber immer alles aufessen incl. Erbrochenem, so ekelig, ich wüsste gerne wie sie das verkraftet hat?? Ich habe mich mit einem Mädchen Martina, aus Essen Altenessen, angefreundet und einem Bub auch aus Essen, Günter, der mir eine KreppapierRose geschenk hat, das weiß ich noch. In dem Heim ging es sehr streng zu aber mir hat es jetzt nicht wirklich geschadet, auch mein Kuscheltier wurde mir nicht abgenommen, weißer Teddybär.. Es war allerdings auch 1967 noch sehr streng, sehr drakonisch und nicht wikrlich lustig, ich war wieder sehr froh dahiem zu sein, nicht nach 6 Wochen sondern schon nach 5 Wochen, weil Scharlach ausgebrochen war, dem Himmel sei Dank. In der Schule viel verpasst.
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Kontakt Wunsch: Kontakt: Über die Initiative
P. Andrea Steyer aus Groß-Gerau schrieb am 18.06.2022
Hallo ihr Lieben,

ich wurde im Alter von etwa 8 Jahren für 6 Wochen zur Kur nach Friedenweiler geschickt. Eine grausame Zeit.

Ich erinnere mich an schlimmes Heimweh, der Kontakt zu den Eltern war in jeder Weise untersagt. Ich schlief in einem großen Raum mit vielen anderen Kindern. Ich würde es einen Saal mit hellen Metallbetten nennen. Nachts nässte regelmäßig eines der Kinder ein, denn wir hatten Angst zur Toilette zu gehen. Evt war es auch verboten, ich erinnere mich nicht genau. Betreut wurden wir von Nonnen sowie Frauen, die eine Art Krankenschwester - Uniform trugen. An die Nonnen habe ich keine schlechten Erinnerungen, wohl aber an die "Krankenschwestern". Wenn ein Kind nachts weinte oder sich einnässte, kamen sie in den dunklen Schlafsaal und leuchteten einem mit einer Taschenlampe direkt ins Gesicht. Diese Frauen waren unnahbar, gefühlskalt und stellten sich in keiner Weise auf uns Kinder ein. Wir hatten zu gehorchen und die Regeln zu befolgen. Freundlichkeit gab es nicht.

Ich erinnere mich an ein sehr schlankes, blondes Mädchen, das zur Gewichtszunahme in Friedenweiler war. Es wurde zum Essen gezwungen, durfte den Tisch nicht verlassen, bis alles aufgegessen war. Das Mädchen erbrach sich auf den Teller und musste das Erbrochene wieder essen.

Weiterhin erinnere ich mich an ein Badezimmer mit Badewanne. Es wurden immer 2 Kinder gleichzeitig gebadet. Zwei oder drei Mädchen wurden die langen Haare gleich nach ihrer Ankuft abgeschnitten, dann kamen sie in die Badewanne.

In Friedenweiler lernte ich, in der Menge unterzutauchen, mich ganz klein zu machen und möglichst nicht aufzufallen. Die Kinder, denen das nicht gelang, wurden zur Zielscheibe für die "Betreuerinnen".

Ich kann mich noch heute an das Gefühl der ungeheuren Ungerechtigkeit erinnern, welches ich empfand. Mir war bewusst, dass uns Kindern ein großes Unrecht geschah. Dazu gesellte sich das Gefühl der Machtlosigkeit. Man konnte sich nicht wehren.

Ich überlegte mir eine Möglichkeit zu flüchten. Ich wollte es auf einem der Gruppenspaziergänge, die stattfanden, so einrichten, dass ich am Ende der Gruppe platziert wurde (immer 2 Kinder nebeneinander). Dann wollte ich mich bei passender Gelegenheit hinter einem Busch oder Baum verstecken und weglaufen. Allerdings habe ich mich letztlich nicht getraut, den Plan in die Tat umzusetzen.

Nach Kurende waren meine Erlebnisse in Friedenweiler jahrzehnte über kein Thema für mich. Ich erlernte zwei Berufe, gründete eine Familie, zog meine Kinder groß. So weit so gut, bis das Thema Friedenweiler vor einigen Jahren in meinem Kopf recht unerwartet wieder aufploppte. Das tat es immer wieder und die Abstände wurden kürzer. Parallel dazu entwickelte ich eine Angsttsörung, welche mir zeitweise ziemlich zu schaffen macht. Ob das irgendwie zusammenhängt weiß ich nicht. Der Gedanke liegt jedenfalls nahe. Daher habe ich mich um eine Therapie bemüht.
LG und eine herzliche Umarmung für jeden von euch.
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Rudi Weber aus Trier schrieb am 17.06.2022
Landschulheim im Odenwald

Auslöser meiner Gedanken zu meinen Erfahrungen mit der Gewaltausübung an mir durch und mit der ev. und kath. Kirche war ganz banal meine Frage an unsere Chorleitung wie wir es z.Z. mit den Abstandsregeln bei den Chorproben halten wollen.
Es wurde dann ein Schriftstück präsentiert herausgegeben vom Bistum Trier in der sehr merkwürdige Regeln, ganz entgegen den Regeln der Landesregierung RLP, aufgestellt worden waren.
Durch meine frühkindlichen Erfahrungen habe ich mir geschworen, egal welche Kirche auch immer mir irgendwelche Vorschriften machen will das diese nicht für mich gültig sind.

Ich war 11 Jahre, also war das 1968, und wurde für sechs Wochen in ein Landschulheim in Neunkirchen im Odenwald, wahrscheinlich über die (ev.) Kirche Bonn im wahrsten Sinne des Wortes verschickt. Einen Familienurlaub hat es in meiner ganzen Kindheit nicht gegeben. Dieses Angebot Kinder aus kinderreichen Familien einen Ferienaufenthalt zu bieten find ich im Grundsatz gut, aber was die Kirche dann daraus gemacht hat macht mich fassungslos.

Als siebtes von acht Kindern kann ich mich auch nicht an irgendwelche liebevollen Zuneigungen außer der Prügel durch meinen Vater und der Vorwürfe an mein Verhalten erinnern, und auch die Aufmerksamkeit meiner Mutter, die sich hätte schützend vor mich und meinen Geschwistern stellen müssen, ist nur nebulös vorhanden.
Wie immer waren meine Eltern bei wichtigen Abschnitten wie z.B. meine Einschulung nicht dabei, wo ich in Bonn mit anderen Kindern per Bus in den Odenwald verschickt wurde.
Mein gesamter Lebensweg von Schule, Realschulabschluss, Bundeswehr und Berufsausbildung hat ohne ein Interesse meiner Eltern stattgefunden.

Ich glaube, das einer meiner Geschwister mich dann zum Busabfahrplatz für die Verschickung gebracht haben.
Soweit war noch alles ok, aber angekommen merkte ich dass das komplette Bettzeug nicht dabei war, und ich dann, nachdem ich meiner Mutter geschrieben hatte, viele Tage ohne Bettzeug schlafen musste.
Das Landschulheim war ein ehemaliger Bauernhof mit entsprechend hergerichteten Räumen die ich gut in Erinnerung habe.
Es gab natürlich einige Ausflüge (Wanderungen) in der näheren Umgebung und bei einem Ausflug hatte ich mich etwas von der Gruppe abgeseilt und an einem Bach, den wir schon häufiger besucht haben, gespielt.
Man fand mich dann und die „Strafe“ folgte umgehend: zwei ältere haben mich an einem Zaun festgehalten und alle anderen mussten dann auf mich einschlagen mit Fäusten und Tritten.
Die Betreuer haben ihre Machtposition also reichlich ausgenutzt, und ich weis nicht was ein Mensch empfindet wenn er andere zu Gewalttaten auffordert, ich mag mir das auch nicht vorstellen wollen.
Und bis heute kann ich dieses Erlebnis nicht vergessen, schnürt es mir beim Gedanken daran den Bauch zu und auch das kann ich nicht vergessen so habe ich im Heim dann wohl fast zwei Wochen in der Nacht bitterlich geschluchzt und geweint.
Ich glaube das ist auch ein Teil der Bewältigung der Erlebnisse mit meinen Eltern und der Kirche: Zeit meines Lebens habe ich immer daran gearbeitet so unabhängig wie möglich von allen zu sein, der Austritt aus dem Religionsunterricht und der Austritt aus der Kirche war dann folgerichtig.

Was dieses Erlebnis mit meiner Psyche gemacht hat kann ich leider nicht so genau beurteilen, aber einige „Macken“ sind sehr fest in meiner Persönlichkeit verankert; ich muss mich immer noch für alles rechtfertigen was ich eventuell nicht richtig gemacht habe, Vertrauen zu anderen Menschen braucht lange um gefestigt zu sein.

Wenn ich heute sehe wie Bischöfe mit dieser Schuld herumeiern, nur das zugeben was bewiesen ist und keiner hat bisher seinen Rücktritt vollzogen. Nur ankündigen und dann vom Papst den Persilschein bekommen reicht nicht.

Ich gehe sogar so weit zu sagen: kein Mensch auf dieser Welt kann mir vorschreiben an wen oder was und zu welchen Bedingungen und Vorschriften ich zu glauben habe.
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Henrik Gröne aus Adolfin schrieb am 15.06.2022
Als lungenkränkelndes Kind wurde ich von meinen Eltern im guten Glauben ins Adolfinenheim/ Borkum verbracht. 1 Bett, 1 Hocker und das 20 x in einem Raum. Schwester Ester oder Esther, die Cruella von Disney offensichtlich als Vorlage galt, erklärte kurz und bündig um was es ging. Wäsche exakt falten im Gleichtakt mit den Anderen und in bestimmter Reihenfolge auf den Schelmel packen. Alle 20 Wäschestapel wurden kontrolliert. Nicht korrekte Stapel wurden mit einem dünnen Stock oder per Tritt im Raum verteilt, nicht aufrechte Haltung mit einem ordentlichen Stockhieb auf die Unterschenkel oder Rücken. Marsch ins Bett.. O-Ton der Barackenaufsicht. Alle hatten den Kopf nach rechts zu wenden, damit das Reden unterbrochen wurde. Ein Zwillingspaar mit Heimweh zog es zueinander weinend in ein Bett, Schwester Ester stieb in den Saal, verpügelte völlig irrwitzig brutal den einen und schleifte den Anderen aus dem Saal.
Ein Junge sagte er müsse. "WAS?"..."gross"..."NEIN!"
Er wimmerte die ganze Nacht und machte schließlich ins Bett.
Der Drache Schwester E. kam angerauscht..riess ihn aus dem Bett, immer bedacht, möglichst viel von ihm mit seinen Fäkalien zu beschmieren, das Laken wurde runtergerissen, ein Eimer mit Wasser und das Kind sollte das Laken im vollbeleuchtetenen Schlafsaal vor allen auswaschen.
Ein sehr beleibter Junge zu meiner Rechten eine unfassbar sanfte Seele bekam jeden Morgen nach dem Milchreis ein Glas Salzwasser, was er in Gänze austrinken sollte...da nach erbrach er logischer Weise regelmässig. Schwester E zwang Ihn die verschleimte Mischplörre mit der Hand wieder in Teller zu schieben und erneut zu essen....was für eine brilliante Fachkraft.
Toll,... !


Der dicke Junge entschuldigte sich trotz seines Märtyriums bei mir, der ihm gegenüber sass, für sein Erbrechen. Stellen Sie sich das vor, ein 6 jähriges gedemütiges Kind hat so ein unfassbaren Anstand und Grösse.

Geld meiner Familie kam nie an.

Post erfuhr eine Zensur... Dinge wie ich will heim oder es ist schrecklich hier bedeuteten Einzelhaft in einem alten OP Saal...nur mit Laken.

Den hab ich nach meinem Einsperren wirklich völlig zerlegt...man kam und fragte ensetzt, was passiert sei. Ich sagte ruhig und freundlich, es sei "etwas umgefallen"...da nach wurde es für mich besser...meine Eltern holten mich, ich berichtete und mein Vater griff sich die Heimleitung Schwester E. es wurde extrem laut. Ich liebte meine Eltern, weil sie mir voll umfänglich und sofort glaubten. Eine Tradition, die ich im Übrigen fortführte und auch konnte, da meine 4 Söhne mich nicht signifikant anlügen - ...das A und O um soetwas in einem stabilen Umfeld zu verarbeiten.

Henrik Gröne
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Sylvia schrieb am 02.06.2022
Hallo ,

mit Entsetzen habe ich die Berichte der ehemaligen Verschickungskinder gelesen und bin in Gedanken sehr damit beschäftigt, wie man so etwas menschenunwürdiges tun kann. Mein Mitgefühl allen Betroffenen!

Ich selbst habe 1977 eine wirklich schöne Zeit im Marienhof auf Föhr erlebt. Es gab zu dieser Zeit zum Glück keine solchen Ereignisse. Es wurde viel unternommen, die Erzieherinnen wurden auch nicht als „Tanten“ bezeichnet, sondern bei ihren Namen genannt. Ich war allerdings bereits 14 ! Wir haben Strandwanderungen, Besichtigungen, Inselrundfahrt , Nachtwanderung, Fahrt nach Amrum, Stadtbummel in Wyk oder einen Wellenbadbesuch unternommen. Kasperletheater für die Jüngeren aufgeführt, Fasching veranstaltet usw. Es war eine tolle Gruppe (Gruppe VI, Frau Hagen, falls sich jemand angesprochen fühlt) und ich habe keine negativen Eindrücke erhalten. Vielleicht war inzwischen auch eine andere Heimleitung (Herr Tietz) tätig , so dass solche schrecklichen Taten keinen Platz mehr hatten.
Ich finde es gut, dass die Menschen mit Negativerlebnissen austauschen und so ein Stück ihrer Kindheitserfahrung miteinander verarbeiten können . So etwas durfte und darf nie wieder passieren. Leider wird Kindern auch heute noch immer noch zuviel Leid angetan und sogar übers Internet verbreitet , so dass es noch mehr Passivtäter erreicht .

Sollte sich jemand aus der Kur 1977 angesprochen fühlen, um sich positiv auszutauschen , würde ich mich freuen.
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Bernd Thümmel schrieb am 30.05.2022
Ich wurde ca. 1971 in Berchtesgaden im ehemaligen "Kindererholungsheim" Stadlerlehen am Obersalzberg am Stadlerweg untergebracht.
Dort war ca. bis 1971 oder 1972 eine Frau Boot Heimleitung des sogenannten "Kinder-Erholungsheim Stadlerlehen". Ich selbst war ca. 1971 zusammen mit zunächst wenigen anderen Kindern als "Heimkind für immer" ins Kinderheim Stadlerlehen an den Obersalzberg verbracht worden.
Ich erlebte etwa 1 Jahr lang, dass das "Erholungsheim Stadlerlehen" ständig von neuen Kindern belegt wurde, die aus ganz Westdeutschland für je ca. 3-6 Wochen kamen.
Ich gehörte zu den ersten Kinder, die dort "für immer" hin verbracht wurden..wir wurden als "Helfer im Haushalt" eingesetzt durch die Heimleiterin Frau Boot.
Ich erinnere mich, dass Frau Boot eine Gitarre hatte und Abends auf dem Hof immer ein großer Kreis aller Kinder gebildet wurde, und Lieder gesungen wurden. Auch erinnere ich, dass bei Sonnenschein täglich alle Kinder auf, in die Sonne gestellten Bänken sitzen sollten.
Ich erlebte ab 1972/73 regelmäßige gewalttätige Übergriffe durch zwei Heimleiter namens Hennings und Büchter im Kinderheim Stadlerlehen. Die beiden hatten das Erholungsheim Stadlerlehen übernommen und dort fanden ab ca. 1973 keine sog. Kindererholungen mehr statt, sondern wir Kinder wurden von Jugendämtern in ganz Westdeutschland dort "für den Rest unserer Kindheit" untergebracht.
Ich interessiere mich für Betroffene, die das damalige "Kinder-Erholungsheim" Stadlerlehen am Obersalzberg in Berchtesgaden erlebt haben und hoffe, dass vielleicht jemand eines Tages hier her findet und darüber schreiben wird. Die Heimleiterin, Frau Boot hat damals nach meiner Erinnerung ganz viele Filmaufnahmen mit Super 8 gemacht.
Ich kann hier zu dem Thema Kinder-Verschickung nicht mehr beitragen. Meine gewaltvolle Kindheit im ehemaligen "Erholungs- Kinderheim" Stadlerlehen im Berchtesgaden begann, als das Erholungsheim in ein Kinderheim umgewandelt wurde. Das habe ich in verschiedenen Büchern verarbeitet, die ich alle auf meiner Internetseite veröffentlicht habe.
Meine Zeit im Kindererholungsheim Stadlerlehen ist für mich wie ein finsteres Loch, ich war 1971/72 acht Jahre alt.
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Tatjana Schütte aus Hamburg schrieb am 29.05.2022
Mein Name ist Tatjana Schütte. Ich habe eben gerade noch meine Mutter am Telefon gefragt in welchem Jahr das war....In Lüneburg meine Kur. Ich war drei Jahre alt und mit meiner 1 Jahr jüngeren (inzwischen verstorbenen) Schwester dort. Ich selbst habe nur kleine Sequenzen vor Augen. Bis heute allerdings kann ich ein paar Situationen nicht vergessen: Zum einen den Raum in dem ich alleine liege und mir Haare an der Stirn raus reiße. Im Nachhinein weiß man, daß ich fast blind bin (ich sehe auf nur einem Auge und das andere ist auch geschädigt). Meiner Mutter wurde mitgeteilt dass ich wohl einen Gehirntumor hätte. Ich wollte nur Essen wenn meine Schwester auch isst ( und nur das was sie isst, weil ich nicht erkennen konnte was es da gab) Deswegen wurde ich von ihr wohl getrennt. Ich hab zeitweise gedacht dass ich mir das einbilde und bin in den 80 ern mit meiner älteren Schwester (die ihren Sohn dort auch verschickt hatte) hin gefahren um überhaupt mehr zu erfahren. Info gab es nicht. Aber ich hatte sowas von Blitz-Bilder dass ich mir so vieles erklären konnte. Dieser Raum in dem ich da im Bett alleine liege. Die "Badehalle" in die ich nicht mit durfte ( Wer ins Wasser wollte der musste vorher auf die Toilette. Ich musste dringend und ging nicht in der mir zugewiesenen Reihenfolge) Dann das sogenannte (heute autogenes Training ) Man bekam eine Schutzbrille mit Gummi hinter den Kopf (ähnlich den heutigenTaucherbrillen ) , damit sie fest am Kopf saß und lag auf einer Matte und sollte ruhig sein. Später als man herausfand dass ich lediglich eine Brille brauche wars leider vorbei und geschehen. Meine Familie hatte unter mir und meinem Verhalten lange zu leiden ( wie ich mir bis heute auf jedem Treffen anhören darf/muss) Ich hatte sehr lange Magen und Ess probleme, ( War im UKE als Kleinkind und bin dort nach Aussagen meiner Mutter auch behandelt worden) Trennungsangst (durch das Trennen von meiner Schwester und dem Zuhause) Ich habe bis heute Angst vor Ärzten ( viele Jahre Therapie gemacht um wenigstens einfache normale Untersuchungen machen zu können) und Panik bis fast zur Selbstzerstörung vor Narkose ( Kontrollverlust lt Therapeutin) Heute kann ich mir die Ängste erklären, nur ändern kann ich nichts. Und das obwohl ich mit dem Verstand weiß wo das herkommen könnte und ich mir ja damals mit knapp 20 versucht habe Hilfe zu bekommen.
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Wolfram Kurrle aus Winnenden schrieb am 28.05.2022
Ich bin 1967 von Reutlingen aus in ein sogenanntes "Erholungsheim" ins Allgäu verschickt worden. In welches der Heime ist mir heute leider nicht mehr bekannt, da es im Allgäu mehrere gab, es könnte aber Oberstdorf gewesen sein, oder das Haus in Scheidegg. Daher wäre mir der Kontakt zu Andrea aus Reutlingen wichtig, da sie am 28.2.22 auch hier schrieb, dass sie Ende 1967 von Reutlingen mit dem Zug ins Allgäu verschickt wurde, vielleicht saßen wir sogar im gleichen Zug.
"Zug" ist auch das Stichwort:
Es gab 2 Momente an die ich mich eindrücklich erinnere:
1) im wahrsten Sinne des Wortes DIE VERSCHICKUNG, der Moment, als ich im Zug saß welcher sich langsam aus dem Bahnhof Reutlingen in Bewegung setzte, außen am Bahnsteig meine Eltern stehend und ich im Zug mit lauter fremden Menschen, gefühlt der intensivste Moment von Verlassenheit und Einsamkeit. Ich weinte bitterlich, zu dem Zeitpunkt war ich 6 Jahre alt.
Mir gegenüber saß eine Person, ich weiß nicht mehr ob es ein Mann oder eine Frau war. Sie/Er konnte das Elend nicht ertragen, erhob sich und griff in den Koffer über ihr und holte eine Tüte Haribo Gummibärchen raus und schenkte sie mir. Dieser Augenblick, dieses traumatische Erleben hat sich in meine Seele gebrannt.
Die Haribo Gummibärchen waren der Tröster und bis heute findet sich immer wieder eine Tüte in meinem Kühlschrank- ich mag sie nur gekühlt -. Die "Bären" sind tatsächlich zu meinem Lebens-Weg-Begleiter geworden und es zeigt, wie sehr die Seele Leid und Trost gekoppelt hat.
2) über die Geschehnisse Vorort hat sich ein Grauschleier gelegt, vielleicht ganz bewusst. Nur an eine Situation kann ich mich genau erinnern als ich - vermutlich aus Angst - in der Nacht in die Hose gemacht hatte, wurde ich auch noch in der gleichen Nacht in einen Sammelwaschraum - an den ich mich gut erinnere - gebracht, wo ich die Hose selber auswaschen musste.

Quintessenz:
Meine Mutter schrieb in meinem Kinder -Fotoalbum nach den Sommerferien 1967 vor der Verschickung folgendes:
" Bald darf er zu einer Erholungskur weg ins Allgäu, das wurde uns angeboten. Bis jetzt geht er noch gerne, mal sehen wenn es soweit ist."

Meinen Eltern mache ich keinen Vorwurf, mir ging es sicherlich ähnlich oder gleich wie vielen anderen Kindern damals auch. Über die psychischen Schäden die durch diese Erlebnisse bei mir und vielen meiner Mitleidensgenossen entstanden sind, hat man sich in diesen Zeiten im Vorfeld keine Gedanken gemacht. die Meisten Eltern - so möchte ich einmal behaupten - sind von guten Vorsätzen ausgegangen. Dass dahinter aber auch eine profitgierige Maschinerie stand blieb verschleiert. Es war - wie es meine Mutter schrieb - ein schönes Angebot welches von der Kasse finanziell übernommen wurde.

Meine Lebensqualität ist bis heute an verschiedenen Stellen sehr beeinträchtigt auf das ich hier nicht näher eingehen möchte, sehe es aber in engem Zusammenhang mit dem damals erlebten!
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Ilona Lange schrieb am 27.05.2022
Ich war im Februar 1962 im Oldenburger Kinderheim auf Wangerooge. Der Verschickungsgrund war die bevorstehende Einschulung Anfang April. Wegen der Sturmflut im Februar 1962 wurden wir nach nur wenigen Tagen wieder nach Hause geschickt. Hierzu kann ich mich an die Zugfahrt auf der Insel durch Wasser erinnern. Ansonsten habe ich keine Erinnerung an diese Zeit. Als Ersatz musste ich im Sommer nochmals nach Wangerooge reisen. Zunächst wollte ich nicht. Man tröstete mich damit, dass eine Freundin aus der Nachbarschaft zur gleichen Zeit fuhr. Da sie älter war kam sie aber in eine andere Gruppe. Ansonsten habe ich auch an diese Zeit kaum Erinnerungen. Meine Mutter erzählte mir, dass ihr, wie sie den Koffer nach meine Rückkehr öffnete, schlecht wurde, weil er derart nach Urin stank. Auch war kaum etwas der Kleidung benutzt. Ich soll darauf geantwortet haben, dass wir nicht zur Toilette gehen durften und ich immer nur das selbe anziehen musste. Wegen dem Toilettengang kann ich mich noch schwach erinnern, dass wir uns zu einer bestimmten Zeit anstellen mussten.
Bisher habe ich das alles als nicht so wichtig eingeschätzt. Doch, als ich jetzt hörte und las, dass es vielen Kindern so ging. bin ich hellhörig geworden und frage mich, warum ich so wenig Erinnerungen an diese Zeit habe. Meine Mutter lebt noch und ich konnte sie dazu befragen. Es ist ihr damals sehr schwer gefallen. mich reisen lassen und es tut ihr heute noch leid, was ich dort erleben musste.
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Judith Weidenmann aus Pleidelsheim schrieb am 24.05.2022
Hallo, ich war im Jahr 1974 im Malteser Kinderheim Krauchenwies für 6 Wochen angeblich zur Erholung. Was mir von dort in Erinnerung geblieben ist, es war der Ort des Grauens! Im Frühjahr 1974 wurde ich dort hin verschickt um etwas zu zunehmen. Laut Aussage meiner Mutter war ich wohl etwas zu leicht. Auf dem Foto das ich noch besitze sieht das aber anders aus. Ich wurde auch mit der Bahn dort hin gebracht. Am Heimatbahnhof wurde ich von meinen Eltern an eine Schönstetter Marienschwester übergeben die mich mit in den Zug nahm. Wir hatten ein Abteil in dem noch andere Kinder waren. Dort angekommen wurden wir auf verschiedene Zimmer verteilt. Ich war mit mehreren anderen Kinder im Erdgeschoss in einem kleinen Schlafraum mit 8 oder 10 Betten untergebracht.
Alles war sehr kalt eingerichtet mit Metallbetten. Es herrschte ein eisiges herrisches Regiment uns gegenüber. Schwester Richild ist mir bis heute in sehr negativer Erinnerung. Sie hatte wohl die Oberaufsicht bei uns. Sehr streng und eiskalt. Diverse Bestrafungen wie z.B.nicht teilhaben an irgendwelchen Aktivitäten, Fernsehverbot oder Schläge waren an der Tagesordnung. Auch das erniedrigen vor den anderen Kindern war sehr beliebt. Ich verbrachte diese Zeit in panischer Angst. Es musste gegessen werden was auf den Tisch kam. Wenn ich es nicht mochte musste ich so lange sitzen bleiben bis ich es gegessen hatte. Hatte ich es erbrochen gab es kein Pardon und musste es wieder essen. Jeden Nachmittag gleich nach dem Mittagessen war Bettruhe angesagt. Ich musste immer ganz still liegen und die Augen geschlossen haben ansonsten setzte es was. In meiner Erinnerung wollte diese Zeit nicht enden. Während meines Aufenthalts hatte ich Geburtstag und durfte mir das Mittagessen wünschen. Wie so ziemlich jedes Kind wünschte ich mir Nudeln mit Tomatensoße das wurde abgelehnt und so einigten wir uns auf Kartoffeln und Spinat mit der Folge das ich danach von sämtlichen Kinder verhauen wurde weil sie das nicht wollten. An diesem Nachmittag brauchte ich keinen Mittagsschlaf halten und durfte im Spielzimmer alleine unter Aufsicht ein bisschen spielen. Die Schwester die mich beaufsichtigte war noch sehr jung. Es war die einzigste die etwas liebevolles an sich hatte. Doch fühlte ich mich so alleine nicht wohl. Ich fühlte einsam und verlassen.
Im Garten gab es einen Spielplatz. Meistens war ich auf der Schaukel. Einmal hatte ich dort das Erlebnis das ich meinte meinen Vater am Gartenzaun zu sehen. Ich war mir nicht sicher doch im Nachhinein hat mir mein Vater und meine Geschwister versichert das es stimmte. Mein Vater wollte mich für einen Nachmittag abholen um meine Mutter zu besuchen. Sie war im gleichen Zeitraum in der Müttererholung wohl nicht all zu weit von Krauchenwies entfernt. Es wurde ihm schlicht weg untersagt mich zu besuchen da ich so großes Heimweh hatte. Darüber bin ich bis heute fassungslos!
Auch hatte ich im Laufe des Aufenthalts eine Verletzung am Knöchel meines Fußes die nicht ordentlich behandelt wurde. Die Narbe habe ich bis heute. Als ich wieder Zuhause war und berichtete was ich dort erlebt hatte glaubte mir meine Mutter nicht!
Erst als im Fernseher über uns Verschickungskinder berichtet wurde kam ihr in den Sinn das ich wohl mit meinen Schilderungen recht habe.
Meinen Vater flehte ich damals an mich nie wieder in solch ein Heim zu geben und er hat Wort gehalten.
Meine Mutter war noch öfter in Mütterkur und für mich wurde eine andere Lösung gefunden.
2011 bin ich nach Krauchenwies gefahren und habe mir das ehemalige Kinderheim angeschaut. Es ist ein baufälliges Gebäude.
Ich besuchte auch die Schönstetter Marienschwestern in der Hoffnung mich mit Schwester Richild zu unterhalten doch leider ist sie verstorben. Eine andere Schwester zeigte mir ihr Grab.
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Michaela Freiberger aus Kufstein schrieb am 24.05.2022
Ich erinnere mich genau an den Tag der Ankunft in Lenggries. Ich weiss auch noch dass wir zu zweit dort ankamen. Der Sohn eines Arbeitskollegen meines Vaters reiste mit an. Unsere Väter arbeiteten bei der Post und von da aus wurde diese"Erholung " auch organisiert.
Bei Ankunft wurde uns dann erst der große Speisesaal und die schlafsääle für Jungs und Mädchen gezeigt. Im Freien gab es für uns Mädels einen grossen Kaufladen in einer holzhütte zum Spielen. Die Jungs hatten einen fussballplatz.
Die Päckchen die wir von unseren Eltern geschickt bekamen wurden einbehalten. Alles kam dann in eine grosse Schüssel und jeder durfte sich 3 mal in der Woche etwas, rausnehmen.
Ich wurde dahin verschickt weil ich angeblich zu dünn war.... Das Essen war für mich horror... Alles musste leer gegessen werden.... Und wenn es mich noch so würgte... Sitzen bleiben und essen hieß es...... Sonst durfte man nicht raus zum Spielen
Das schlimmste aber war, dass der junge der mit mir war jeden Abend vor Heimweh weinte.... Da holten mich die Betreuer zu seinem Bett und ich musste versuchen ihn zu trösten. So war das jeden Abend.
Das ist was mir so ins Gedächtniss gebrannt hat.
Ich denke mal ganz viel habe ich verdrängt...... Und die Eltern wussten sicher nicht wie es uns dort erging
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Christina Debüser aus Köln schrieb am 22.05.2022
Ich war nach dem Tod meines Vater über die Barmer in einem Kinderheim in Furtwangen/Schwarzwald. Ich war 6 Jahre alt. Ich habe traumatische Erinnerungen an diese Zeit:
- Ich wurde zum Essen gezwungen; wenn der Teller leer war, wurde dieser nochmals vollgeladen und ich musste diesen ebenfalls aufessen (Ziel war Gewichtszunahme).
- Postkarten nach Hause wurden vom Klinikpersonal für mich geschrieben mit fingierten Texten, wie gut es mir gehe und wie wohl ich mich fühle.
- Mittagsruhe: wenn ich oder andere Kinder nicht sofort ruhig waren, wurde uns unser Kopfkissen auf das Gesicht gelegt und wir durften es nicht wegnehmen. Ich erinnere mich, dass ich kaum Luft bekam.
-schlimmstes Erlebnis: ich hatte mir beim Mittagessen aus Stress und Angst in die Hose gemacht und wurde dazu genötigt, mit nasser Strumpfhose unter aller Augen und dem Spott aller durch den ganzen Speisesaal zu gehen, um diesen zu verlassen. Ich weinte und schämte mich fürchterlich, es war ein "Spießrutenlauf"!
- Die Kur war im Winter: Spaziergang über einen höhergelegenen, sehr schmalen, vereisten Pfad am Waldrand entlang. Wir hatten Angst, dort entlang zu gehen und abzurutschen, wurden aber gezwungen, weiterzugehen.
Insgesamt: die Kur war ein Horrorerlebnis für mich. Meine Großmutter erzählte mir später, dass ich meine Großeltern nach meiner Rückkehr angefleht hätte, sie sollten mir versprechen, dass ich NIE wieder weggeschickt würde. (Meine Mutter hatte die Kur über die Barmer für mich veranlasst).
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Iris Averesch aus Bottrop schrieb am 22.05.2022
Hallo, ich habe leider sehr wenige Erinnerungen an meinen Aufenthalt. Ich war 5 Jahre und wurde von der Kinderärztin in dieses Kurheim geschickt. Meine Eltern fanden das zu früh, aber die Ärztin hat sie überredet. Ich hatte als kleines Kind immer Probleme mit Bronchitis und so musste ich in den Schwarzwald. Ich erinnere mich leider nur daran, das Nonnen dieses Haus geführt haben und das ich mein Stofftier abgeben musste. Außerdem bekam ich weniger zu essen als andere Kinder, da ich ein bisschen übergewichtig war. An eine Nacht habe ich eine gute Erinnerung, da ich aufgewacht bin, weil die Balkontür nicht richtig zu war und geklappert hat. Außerdem habe ich gefroren und fürchterliche Angst gehabt. Mein Bett war das einzige im Raum, das keine Gitterstäbe mehr hatte und ich weiß das ich furchtbar traurig war, das mein Bett keine Stäbe hatte. Ich fühlte mich nicht in Sicherheit! Es waren 5 Betten in dem Raum und es war eine Krankenhaus Atmosphäre. Ich musste außerdem 2 Wochen länger dort bleiben als alle anderen, weil ich Scharlach gehabt haben soll. Es hat mir das Herz zerissen alleine dort zu bleiben, und alle anderen Kinder sind in den Bus gestiegen und nach Hause gefahren. Meinen Eltern wurde mitgeteilt, das sie mich eine Woche später abholen könnten. Daraus wurden dann 2 Wochen. Als meine Eltern vor dem Haus standen wurde ich von einer Nonne an der Hand, nach draußen gebracht. Laut meiner Mutter wollte ich nicht ins Auto einsteigen und stand nur starr und steif neben der Nonne. Nachdem sie alles mögliche versucht hatten, haben sie mich mit einer Banane ins Auto gelockt. Ich habe 2 Tage nicht gesprochen und während der Autofahrt den kompletten Reiseproviant ( der für 2 Erwachsene und 1 Kind ausgerichtet war!) alleine aufgegessen. Nach diesem Aufenthalt habe ich meine Eltern gehasst, und tat es bis ich 2019 eine Therapie gemacht habe und verstanden habe, woher meine Ängste, mein Hass und meine Unsicherheit, sowie meine Fressattacken kommen.
Es war mir nie bewusst, das dieser Aufenthalt etwas mit meinem instabilem Seelenleben zu tun hat, bis ich Gott sei Dank! , die Berichte dazu gesehen habe.
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Dr med. Michael Klentze aus Diessen am Ammersee schrieb am 20.05.2022
1951 war für mich die Verschickung von Hamburg ( unterernährt). Ich empfand es als traumatisch: Zwänge : Schlaf, Mittagsschlaf, Zensur der Hilferuf- Briefe an die Eltern nach Hause. viele Briefe wurden nicht rausgeschickt ( angeblich wegen Lügen) . Wanderungen und Bäder . Alles irgendwie nur Zwang . An freies Dpielen war garnicht zu denken. Ab und zu gab es auch Schläge. Im Gegensatz zu Weiler( Sankt Goarshausen) später : spielen, spielen spielen, Freiheit.
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Roy Quilisch aus Berlin schrieb am 18.05.2022
1984 Bad Frankenhausen Helmut Just
An das an was ich mich erinnern kann ist das ich im Zug saß bei einer Fremden Frau die mir erzählte das meine Mutter mit kommt und im anderen Abteil sitzt. Als der Zug los Rollte und ich meine Mutter draußen stehen sah und zu mir Winkte war meine letzte Erinnerung. Keine Erinnerung an die Zugfahrt bzw. Ankunft. Ich wurde wahrscheinlich so oft ruhig gestellt das ich nur noch weiß :Ärztliche Untersuchen grundsätzlich Nackt und betapscht. Dass andere Kinder mit im Raum waren kann ich ausschließen, zumindest habe ich keine Erinnerung das mehrere gleichzeitig untersucht wurden.
Außerdem weiß ich das ich damals noch viel in die Hose gemacht habe und man mich vor anderen Kindern so vorgeführt wurde mit dem Satz der Roy hat wieder in die Hose gemacht. Ich stand auch in irgendeinem Keller und hab aus dem Fenster gekuckt und ich war auf der Suche nach einem WC im Schlafanzug und alle anderen Kinder waren komplett angezogen mit Bommel Mütze und sind raus gegangen.
ich habe gefühlt jede Nacht Erbrochen. 1 mal Sauna und ein Eiskaltes Wasserbecken ..... ich bin der Meinung das Wasser war Salzig. Wir haben Nackt an irgend einem Licht sitzen müssen und man mußte sich gegenseitig mit einer Büste den Rücken bürsten. Dafür das ich 6 Jahre war kann ich mich an viel zu wenig erinnern kein Essen keine Zimmer kein Draußen sein, aber das was ich im Kopf habe war alles, nur nicht schön. Ich kam von der Kur mit 40 Grad Fieber und man hat mich vom Zug aus mit der MSH ins Krankenhaus gefahren wurde mir von meiner Oma berichtet. Mutti und Oma berichteten das ich nicht der Roy war wie vor der Kur.
Ich habe nie eine richtige Feste Arbeit behalten können. (Depression und eine schwere Borderlinestörung)
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Sabine Häuser aus Wetzlar schrieb am 09.05.2022
Ich war 1962 im Alter von 5 Jahren einmal 6 Wochen lang in Hirschegg, in einem Verschickungsheim und im gleichen Jahr noch mal 6 Wochen in Bad Reichenhall. Der Name des Heims dort ist mir nicht bekannt. Es war schrecklich, ich habe mich laut Aufzeichungen meiner Mutter meist auf der Toilette eingesperrt und geweint.
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Karin M. aus Nürnberg schrieb am 08.05.2022
Ich war im August/September 1976 dort, als 12-jährige.
Mir hat es dort prima gefallen. Es wurde viel mit uns Kindern unternommen, Ausflüge, Wanderungen, jeden Tag tolle Spiele draußen auf dem Rasen, so was wie eine Olympiade, abends gab es Theaterstücke die andere Kinder aufgeführt haben oder Indoorspiele bis zum Schlafengehen und auch mal einen “Kinoabend” (Filmvorführung) im Haus. Und dann gab es ja auch noch das Schwimmbad, ein Highlight für mich als Wasserratte ... leider viel zu selten.

Mit einem andern Mädchen durfte ich jeden 2. Abend zum Bauernhof unten am Berg laufen um eine kleine Milchkanne voll frischer Milch vom Bauern für die “Heimleiterin?” (eine nette ältere Dame die im Heim wohnte) holen. Das hat uns immer viel Spaß gemacht.

Im Haus gab es auch in den Gruppenräumen Tiere, Meerschweinchen (vielleicht waren es auch Hamster) und Hasen um die wir uns kümmerten.

Strafen oder Mißhandlungen von denen viele Verschickungskinder berichten, gab es bei uns keine. Betten mussten selbst gemacht werden und die Schränke aufgeräumt werden, wenn das schlampig war, mußte man das noch mal machen (das war aber daheim auch so, von daher keine Strafe).

Einmal die Woche haben wir Briefe/Karten nach Hause geschrieben. Uns hat niemand was diktiert.
Eine Karte haben wir mal beim Aufräumen in meinem Elternhaus gefunden (als meine Eltern umgezogen sind), da berichtete ich von den Kühen die rund um das Heim auf den Weiden standen und dass da immer die Kuhglocken bimmelten .

Auch an einen Zwang irgendwas aufessen zu müssen, von dem aber viele berichten, kann ich mich nicht erinnern (und ich esse durchaus nicht alles). Alle BetreuerInnen die für meine Gruppe zuständig waren, waren sehr nett, verständnis- und liebevoll mit uns Kindern, trösteten auch die, die Heimweh hatten.

Heimweh hatte ich selbst keines, denn ich hatte mich seit vielen Monaten auf den Aufenthalt dort gefreut, weil mein Papa selbst als jüngeres Kind ca. 1946/47, also kurz nach dem Krieg zur Erholung gewesen war und auch nur gute Erinnerungen hatte (er und seine 5 Geschwister waren im Krieg Halbwaisen geworden) und uns oft davon erzählt hat (nichts Negatives).

Hätte dort liebend gerne noch mal einen Aufenthalt verbracht, die nächsten Sommerferien haben wir dann aber mit zwei befreundeten Familien und deren Kindern im gleichen Alter erstmalig in Italien verbracht.
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Karin M. aus Nürnberg schrieb am 08.05.2022
Ich war 1975 als 11-jährige in Schulenberg und habe im Gegensatz zu vielen anderen, wirklich nur positive Erinnerungen.

So kann ich kann mich z.B. noch an viele Ausflüge erinnern, in die Nähe vom Brocken, da konnte man rüber schauen auf den. Da war auch so eine Souvenirbude in der Nähe, da haben wir uns von unserem Taschengeld Kaugummis etc. geholt und auch das eine oder andere Andenken. Ich hab damals eine Brockenhexe auf einem Besenstil gekauft, die an einem Band hing, damit man das Ding irgendwo aufhängen konnte. Die hatte ich noch ein paar Jahre daheim im Kinderzimmer hängen. Viele Spaziergänge/Wanderungen im Wald haben wir gemacht. Besonders gut erinnere ich mich an einen Ausflüge zu einem Kohlemeiler im Wald wo uns der Köhler alles erklärte. Auch ein Besuch der Okertalsperre war ein Höhepunkt. Ansonsten haben wir viel draußen gespielt, sind mit Stelzen gelaufen, haben Fangen und Verstecken gespielt, Völkerball usw. also die typischen Spiele dieser Jahre. Es wurde gemeinsam gesungen, man saß zusammen, die BetreuerInnen haben Geschichten/Märchen erzählt von Hexen auf dem Blocksberg (Brocken) und der Walpurgisnacht und auch bekannte Märchen vorgelesen/erzählt.

Bei schlechterem Wetter wurde auch drinnen gespielt und gebastelt. Die BetreuerInnen waren alle freundlich und trösteten auch die Kinder die an Heimweg litten. Es war wirklich sehr liebevoll und es gab in meiner Gruppe definitiv keine Zwänge. Bettenmachen und Schrankaufräumen mussten die meisten von uns schließlich auch zuhause. Und zur Toilette durften wir auch wenn wir mussten.

Klar gab auch mal Essen das ich nicht kannte von zuhause, wie z.B. Königsberger Klopse oder Labskaus, dass hat man dann halt probiert hat und wenn es gar nicht schmeckte, einem anderem Kind auf den Teller geschoben das es mochte. Da gab es immer genug die neben einem saßen und es gerne genommen haben. Oder hat man einfach die Teller getauscht voll gegen leer. Mich hat nie jemand gezwungen irgend was aufzuessen was mir absolut nicht schmeckte.

Abends im Speisesaal wurde nach dem Essen immer noch das Teekesselchen-Spiel (https://de.wikipedia.org/wiki/Teekesselchen) gespielt bei dem einzelne Gruppen gegeneinander antraten. Das hat uns allen viel Spaß gemacht.

Ich habe wirklich nur positive Erinnerungen an den Aufenthalt. Allerdings wusste ich auch schon Wochen vorher, dass ich dort hin fahre in den Sommerferien (Aug./Sept) und es war für mich das Highlight des Sommers und ich in die Vorbereitungen, Koffer packen etc. involviert. Heimweh hatte ich nicht wirklich, denn ich hatte ein liebevolles Zuhause, wurde also auch nicht einfach weggeschickt und hab auch immer Post von daheim bekommen.

Ich weiß noch als mich meine Eltern und meine jüngere Schwester daheim in Bayern vom Bahnhof abholten und ich übersprudelte und alles auf einmal erzählen wollte was ich erlebt habe. Meine Schwester war ganz fasziniert, aber nicht von den Geschichten, ? sondern davon, dass ich auf einmal Hochdeutsch sprach … ich hatte mich irgendwie automatisch den anderen Kindern dort angepasst, die als ich dort war, überwiegend aus Regionen kamen wo man “ordentliches” Deutsch sprach, statt meinen heimischen Dialekt. Ach ja, das Hochdeutsch war nach kurzer Zeit daheim wieder dahin als ich wieder mit meinem Schulfreunden zusammen war.
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Kerstin Bader aus Teublitz schrieb am 06.05.2022
Hallo, ich war 1979 über die DAK mit 5 Jahren zur Kur. Ich war zu dünn und hatte Bronchitis. Ich kann mich an kaum etwas erinnern und es ist ein richtiger Filmriss. Am Ankunftstag beim Essen begann ein Kind am Tisch zu weinen und ich dann auch. Ich kann mich auch noch erinnern an einen langen Gang mit Treppen, die Tuer wo dann draussen die Kinder schon spielten. Ob es ein Schwimmpool war weiss ich nicht, ich weiss aber, daß Wasser im Spiel war. Eine Betreuerin hat mir die Karten meiner Familie vorgelesen am Bett. Ich glaube ich war in einem 4er Bettzimmer, es war immer dunkel. Ich erinnere mich an die tagelange Angst, als keine Post von meinen Eltern kam. Meine Mutter sagt, sie hätten jeden Tag geschrieben. Auf der Kur bekam ich Roeteln, ich war mit einem Kind in dem dunklen Zimmer. Evtl. war diese auch krank. Bei der Heimfahrt im Zug mit dem Schild um den Hals panische Angst, nicht abgeholt zu werden. Lt. Meiner Mutter sprach ich für fast 9 Monate kaum, war verstört und wich nicht mehr von der Seite meiner Eltern. Auch sagt meine Mutter, mein Gesicht war vom Weinen geprägt. Die Kur sollte wg. Der Roeteln aufgrund mangelnden Erfolgs wiederholt werden, ich musste nicht mehr weg. Ich hab noch 4 Bilder von dem Aufenthalt, auch mit dem Haus drauf. Als ich wie durch Zufall einen Bericht zu dem Thema sah, kamen mir die Tränen und ich fing am zu recherchieren. 4 Tage Leere in mir, so als waere ich depressiv. Es soll ja keine Zufälle geben und somit fang ich an, die Lücken zu finden. Mir wird einiges klar, warum mein Leben bisher so gelaufen ist und möchte es aufarbeiten.
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Bridget Pollock gebürtig Birgitt Bade aus in Paderborn Schloss Neuhaus NRW geboren, jetzt England schrieb am 03.05.2022
Ich bin ein paar Tage nach meiner Kommunion im Alter von 8 Jahren verschickt worden da ich vernehmlich zu dünn war. Meine Erinnerungen waren schon immer sehr nebelig, jedoch erinnere mich dass ich beim Nachmitag und Nachtschlaf im Bett festgeschnallt wurde. Zu Essen gab es dicken Haferschleim, in Sahne gekochte Leber und Brot dick mit Butter bestrichen. Ich erinnere mich dass die Zimmer sehr dunkel waren und die Betreuer trugen weisse Kittel. Ich glaube dass ich mit dem Zug von Paderborn abgefahren bin, kann mich jedoch nicht an die Heimfahrt erinnern oder an die anderen Kinder. Ich glaube das mein Gehirn andere Erlebnisse von der Zeit verbogen hat, trotzdem spielt es seit Jahren mit meinem Kopf. Ich bin so froh dass ich hier mit Gleichgesinnten frei sprechen kann und vielleicht Antworten finde - Danke.
Bitte entschuldigt mein Deutsch, ich habe Deutschland 1976 verlassen und spreche die Sprache sehr selten.
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Mac Bo aus bei Dresden schrieb am 02.05.2022
Hallo,

ich war für 6 Wochen auf Diätkur in besagtem Heim, nicht gerade die schönste Erinnerung aus meiner Kindheit. Das schmale Essen war tatsächlich das kleinste Problem, da gewöhnte man sich dran, sogar daß es (sicherlich absichtlich) kein Genuß sein sollte. Aber: so lange von zuhause weg, teilweise recht autoritäre Erzieher (auch wenn es meines Wissens keine quasi körperlichen Misshandlungen gab oder so, da will ich nicht pauschalisieren, manche waren durchaus nett, aber die Umgebung und die Umstände waren es nicht), 1 "Safttag" pro Woche mit Bettruhe den ganzen Tag und nur 3x einen Becher Orangensaft o.ä., Besuchsverbot, Paketverbot, (viel zu große und unbequeme) Krankenhausbetten, Frühsport bei eisigen Temperaturen, durchaus auch körperlicher Drill. Alles nicht gerade kindgerecht, ganz sicher nicht für dieses Alter und für Kinder, die zur Bewegung erstmal hätten (psychologisch) motiviert werden müssen. Die Zeit kam mir ewig vor, wie eine Strafe für meine (eigentlich noch vergleichsweise moderate) Übergewichtigkeit und die mangelnde Bewegung vorher. Das gnadenlose Heimweh setzte bei mir zwar erst spät ein, aber auch nur weil ich mich am Anfang zusammenreißen konnte. Irgendwann schlug es aber ausnahmslos bei jedem zu. Diesbezüglich gab es mutmaßlich sogar einen Suizidversuch in meiner Gruppe, so wurde gemunkelt (der Junge wurde danach umgehend aus der Gruppe genommen, striktes Kontaktverbot zum Rest). Gerade dieser Vorfall und daß es sich für keinen der Verantwortlichen andeutete bzw. es niemandem vorher auffiel, belegt eigentlich, daß das Kindeswohl in dem Kontext eher nicht im Fokus stand. So wie das Fingerspitzengefühl für eine sanfte Motivation der Kinder zum Abgewöhnen ihrer schädlichen Gewohnheiten fehlte, wurden auch Kinderbefindlichkeiten (Stichwort Heimweh) mehrheitlich mit eher barschem Zurechtweisen und mit Autorität gehandhabt.

Ich müsste im Frühjahr 1987 dort gewesen sein, wenn ich mich jetzt nicht komplett verrechne. Da war ich 10 Jahre.

Da ich Ende der Neunziger mal in der Gegend zu tun hatte, hab ich dort auch mal vorbeigeschaut. War alles noch wie mehr als 10 Jahre zuvor. Ebenfalls eine Kureinrichtung für Kinder, aber wohl nichts mehr zum Abnehmen.

Grüße,
Mac
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Gabriele aus Kempten schrieb am 26.04.2022
Ich war damals 10 Jahre alt und war sehr dünn.
Ich wurde von der Krankenkasse nach Büsum geschickt, um zuzunehmen. Ich wurde immer wieder gewogen und musste Vanille- und Schokoladensuppe essen! Da ich trotzdem nur wenig an Gewicht zulegte, wurde ich zu Liegekuren verdonnert, während andere Kinder spielen durften.
Meine Briefe an meine Eltern wurden nicht abgeschickt, weil ich mich über das Essen beklagte. Da sich meine Eltern Sorgen machten, weil sie von mir keine Post bekamen, riefen sie im Seeschlösschen an und erreichten nach hartnäckigem Nachhaken, dass sie mit mir sprechen konnten. Weil ich am Telefon weinte und bat, dass sie mich nach Hause holen sollten, wurde das Telefonat durch die dabeistehende Kinderheimschwester beendet!
Als ich bei der Rückkehr aus dem Zug ausstieg, waren meine ersten Worte zu meinen Eltern: "Bitte schickt mich nie wieder in Erholung!"
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Regina K. aus hier nicht zuhause, dort nicht daheim schrieb am 25.04.2022
1973 im Sommer ging es im Auftrag der Caritas Rottenburg/Stuttgart per Bus auf den Donnersberg.
Ich war 10, vor mir lagen 6 lange Wochen. Die Erinnerung an die Nonnen hab ich weitgehend verdrängt. Ich erinnere mich an Stundenlang im Speisesaal sitzen und ungenießbares Essen, Schwarzwurzel!, runter würgen.
Ungenießbaren Tee. Immer Durst haben.
Kontrolle, Zerreißen der Post wenn ein falsches Wort drin stand.
Kontrolle beim täglichen Waschen unter Aufsicht.
Stundenlange Wanderungen bei Hitze um Beeren zu pflücken.
Ich wüsste gerne ob meine Erinnerungen stimmen daß Kinder nachts aus dem Zimmer geholt wurden und warum.
Die unangenhmen ärztlichen Untersuchungen.
Ich selbst kam irgendwie noch relativ unbeschadet davon, hab mich vermutlich unsichtbar gemacht.

Ich erinnere mich an eine ganz liebe Betreuerin die mit uns ins Dorf ging und uns bei Ihren Eltern etwas zu trinken und Süßigkeiten gab.

Es gehörte sich damals so daß man seine Kinder zur Kur schickte.
Ich kann mich nicht daran erinnern daß ich darüber nach der Rückkehr geredet habe.
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Eve Wiemer aus 25767 Bunsoh schrieb am 24.04.2022
sehr interessant finde ich den Bericht über den Medikamentenmissbrauch. von 1953 bis 1954 war ich ein Jahr im Alter von 5 Jahren mit Tuberkulose im Haus Schöneberg und habe immer viele Tabletten erhalten. Es hat mich gewundert, dass alle Kinder nach ein oder 2 Monaten wieder nach Hause konnten, bloss ich musste ein Jahr zu meiner grossen Verzweiflung bleiben . Höchstwahrscheinlich war meine Medikamentenstudie noch nicht abgeschlossen. Die Pharmaindustrie, welche Verbrecher ! Ich fordere eine Entschädigung und finde hoffentlich Gleichgesinnte ! Eve Wiemer
.
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Sandra schrieb am 23.04.2022
Ich bin überrascht, dass es diese Seite gibt und über das Thema berichtet wird. Ich wurde mit 6 (1981) vor Beginn der Schule aufgrund von Bronchitis und ähnlichen chronischen Erkrankungen der Luftwege für 5 oder 6 Wochen zur Kur nach Bad Kösen geschickt. Ich kann mich nur an wenige Dinge erinnern. Im Schlafsaal lagen an die 10 Kinder. Während der gesamten Zeit durfte ich nur ein oder zweimal mit meinen Eltern telefonieren. Wenn ich heute daran denke, drückt es mir noch immer die Tränen und den Schmerz in die Augen. Zurückgekommen bin ich mit dem Zug - Ausschlag im Gesicht und in der Seele zerstört.
Gleich ein Jahr später in der 1. Klasse wurde mir aufgrund von Diphterie ein 5 wöchiger Krankenhausaufenthalt in Senftenberg verordnet - kein Besuch im Zimmer. Das Bild werde ich nicht vergessen - meine Eltern und meine Oma standen draussen vor dem Zaun und ich lag drinnen im Bett und durfte von da aus mit ihnen kommunizieren. Mittlerweile habe ich einiges davon aufgearbeitet. Das Verhältnis zu meinen Eltern werde ich nicht schaffen zu reparieren.
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Angelika H. aus St. Peter Ording schrieb am 21.04.2022
Ich war damals mit meinem Bruder im Seeschlösschen.
Ich kann mich an fast nichts mehr erinnern, da war ich ca. 5 Jahre alt.
Ich weiß nur, dass es oft Schokoladenpudding gab. Im Essenssaal gab es auch so Schiebetüren, wo die Kinder mit Übergewicht gegessen haben. Diese Schiebetür wurde dann immer zu gemacht beim Essen, da wir von den anderen Kindern dann getrennt waren.
Ich kann mich auch noch erinnern, dass ich mal von der Düne heruntergeladen kommen musste, um einen Satz zu sagen, der auf Video aufgenommen wurde.
"Kieck ein, wo geid dat denn hier zum Kinderkurheim Seeschloss verdammi no moi?"
Dies hat sich so eingeprägt bei mir.
Eine Nachtwanderung haben wir damals auch gemacht, da musste man mit.
Und ich glaube, oben im Flur gab es so weiße Säcke für die Wäsche...
An mehr kann ich mich leider nicht erinnern.
Ich weiß nur, dass ich unbedingt nach Hause wollte.
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Christina Mayerlen aus Augsburg schrieb am 20.04.2022
1976 schickten mich meine Eltern in das "Kinderkurheim" St. Michael Bühl am Alpsee. Meine Eltern schickten mich dorthin, da ich zu wenig Gewicht für mein Alter hatte und ich ein kränkliches Kind war, ich war damals 8 Jahre alt. Ich wurde in den Zug nach Immenstadt gesetzt, schon im Zug bekam ich Heimweh, obwohl Immenstadt nicht weit entfernt ist Kempten, wo ich geboren wurde und aufgewachsen bin. Ich wurde Knall auf Fall von meinen Eltern getrennt. Die gesamten Sommerferien verbrachte ich in diesem "Kurheim" . Was genau passierte, als ich dort ankam, weiß ich nicht mehr genau. Ich kann mich aber ganz genau an die erste Nacht in diesem Heim erinnern, ich konnte nicht einschlafen vor lauter Heimweh, musste mich mich mehrmals erbrechen, das Kopfkissen war voll mit meinem Erbrochenen, keiner dieser sogenannten Betreuerinnen erbarmte sich, zumindest die Bettwäsche zu wechseln. So musste ich die ganze Nacht in meinem Erbrochenen verbringen.

Das Essen dort war sehr eintönig, so gab es jeden Freitag Hering mit Kartoffeln, seitdem verabscheue ich Fisch.

Im Heim freundete ich mich mit einem anderen Mädchen an. Eines Nachts schoben wir unsere Betten zusammen, damit wir uns besser unterhalten konnten. Eine Erzieherin bekam Wind davon, wir mussten sofort die Betten wieder auseinander schieben. Zur Strafe mussten das Mädchen und ich am nächsten Tag zur Mittagszeit in unsere Betten gehen und dort bewegungslos mit dem Gesicht zur Wand dort verharren, Eine dieser sogenannten Erzieherinnen beaufsichtigte uns und wehe, wenn wir uns bewegten, wurden wir angeherrscht, uns nicht zu bewegen und wir selbst schuld wären hätten an dieser Situation, schließlich wären wir ungehorsam gewesen.

Überhaupt waren die Nächte in diesem Heim sehr schlimm. Wir hatten in unserem Schlafsaal ein verhaltensauffälliges Mädchen, das die ganze Nacht durch den Schlafsaal lief und nicht zur Ruhe kam, keine der Erzieherinnen unternahm etwas dagegen. Auch waren Toilettengänge nachts untersagt, ob ich deswegen ins Bett machte, weiß ich nicht mehr.

Kontakt zu meinen Eltern hatte ich während meines Aufenthalts in diesem Heim nicht, es war nicht erwünscht. Meine Eltern schickten mir lediglich ab und an ein Paket mit Süßigkeiten. Sehr wahrscheinlich wurden die Süßigkeiten von den Betreuerinnen gleich in der Gruppe verteilt, ganz genau kann ich mich allerdings nicht mehr daran erinnern. Es waren aber meine Süßigkeiten, die meine Eltern mir geschickt hatten!!!

Schlimm waren auch diese sogenannten Brombäder, das Badewasser war sehr, sehr heiß, ich habe geweint, weil es sehr schmerzhaft war, in diesem fast kochend heißen Wasser zu sitzen. Die Erzieherinnen, die diese Bäder beaufsichtigen, reagierten sehr ungehalten auf meine Bitten, wenigsten kaltes Wasser in das Bad einzulassen. Ich solle mich nicht so anstellen, kaltes Wasser wurde natürlich nicht eingelassen. Als ich endlich die Badewanne verlassen durfte, war meine Haut am ganzen Körper knallrot.

Auch die Tatsache, dass man splitternackt vor wildfremden Menschen in der Badewanne sitzen musste, fand ich für mich sehr beschämend.

Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass dieser Aufenthalt in diesem Kinderkurheim mir nichts gebracht hat, ich bekomme heute noch eine Mordswut, wenn ich daran zurück denke.
Ich habe mir oft im Erwachsenenalter ausgemalt, wie ich diese sogenannten Erzieherinnen zur Rede stelle.

Als ich endlich wieder daheim war, erzählte ich meinen Eltern nur, dass es einfach nur schrecklich war. Sie haben mit nicht geglaubt und erzählten mir immer wieder, wie sehr ich mich dort erholt habe. Über meinem Aufenthalt in diesem Heim wurde auch später nicht viel gesprochen.

Leider kann ich nicht mehr mit meinen Eltern darüber reden, da sie vor drei Jahren verstorben sind.

Ich habe erst vor kurzem von meiner Schwester erfahren, dass unsere Mutter mit ihr darüber gesprochen hat und unsere Mutter es sehr bedauert hatte, dass ich dort hingeschickt wurde.

Ich weiß, dass es meine Eltern gut mit mir gemeint hatten und nur das Beste für mich wollten, gut gemeint, aber schlecht gemacht.
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Isa Jakob-Pike aus Dillenburg-Donsbach schrieb am 19.04.2022
Ich bin vor zwei Tagen zufällig auf Youtube auf einen Bericht über "Verschickungskinder" gestoßen. Ich wusste bis dato nicht, dass es diesen Namen gibt, geschweige denn, dass es so viele Menschen gibt, die darunter bis heute leiden. Ich dachte immer - wie so viele wie ich jetzt weiß - ich wäre einfach ein komisches Kind gewesen und darum so schlecht behandelt worden. Ich wurde mit 10 Jahren in einen Zug mit anderen Kindern gesetzt, um auf die Insel Borkum zu reisen. Ich kann mich gut erinnern, dass ich das nicht wollte, höllische Angst hatte so allein und schrecklich geweint habe. Meine Erlebnisse dort teile ich mit so vielen, die hier schon geschrieben haben. Nur "Breimahlzeiten" die immer wieder zusammengeschüttet wurden, wenn nicht alles leer wurde. Erbrochenes essen müssen, still sitzen... so lange bis ich alles heruntergewürgt habe, eine ganze Nacht im Nachthemd und Barfuß auf dem Flur stehen müssen, wenn man in den Augen der Tanten etwas falsch gemacht hat. So habe ich zum Beispiel eines Nachts - ich musste so dringend zur Toilette - nachdem ich beim Schleichen zur Toilette erwischt worden bin, meine Zahnspange aus dem Mund geschlagen bekommen, weil ich keine ordentliche Antwort geben konnte. Niemand hat mir zu Hause geglaubt... Meine Mutter war zu der Zeit schon sehr krank und ist dann 1974 gestorben. Zwei Schicksale von so vielen die noch folgen sollten, habe ich in einem Buch festgehalten. Aber auch, wie ich gelernt habe mit diesem Seelengepäck umzugehen. Wer interesse hat: es heißt KOPFimBAUCH und ist derzeit bei Amazon erhältlich. Ich bin froh, diese Seite gefunden zu haben und dankbar, dass sich Menschen so den Schicksalen dieser Zeit damals angenommen haben. Danke.
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Sabine Elender schrieb am 16.04.2022
Ich war ein Verschickungskind. Mein Name war damals Sabine Bärwald.
Eines von den Vielen, die Jahre und Jahrzehnte geschwiegen hatten.
Weil niemand ihnen damals glaubte und auch heute öffnet sich erst langsam die Erinnerung und das Verdrängen des Erlebten. So ähnlich war es auch bei mir. Ich suche nach ehemaligen Mitpatient-Innen oder Betreuerinnen von 1965 aus der Nordsee-Kuranstalt des DRK
"GOLDENE SCHLÜSSEL".
Als 8-Jährige wurde ich vom 6. August bis zum 17. September 1965 in die Nordsee-Kuranstalt des DRK "GOLDENE SCHLÜSSEL" mit einem "Sammeltransport" von der Reise-Organisation "Schneiderhöhn" verschickt. Ein Amtsarzt hatte mir damals die Verschickung verpasst, weil ich zu dünn und zart war. Meine Eltern glaubten ihm.

Im "GOLDENE SCHLÜSSEL" erlebte ich die Hölle. Die Heimleiterin war damals Liesi Gebhardt, genannt "Gebchen". Chefarzt war Dr. Karl-Georg Lexow. Zu dieser Zeit gab es keine Abteilungsärzte und keine Assistenzärzte. Meine "Tanten" - so mussten wir die Betreuerinnen nennen - waren Tante Helga und Tante Annelene (Glashoff).

Diese Zeit wurde die Katastrophe in meinem Leben. Ich wurde von den anderen Kindern verhöhnt, gehänselt, beklaut und geschlagen, verprügelt, auch nachts. Und die Aufseherinnen schlugen, höhnten und straften ebenfalls. Es gab niemanden, dem ich das erzählen konnte, denn es wurde mir nicht geglaubt. Nach diesen vielen Jahren, nachdem ich zahllose Berichte gelesen und gesehen habe, wird deutlich, dass es den meisten Verschickungskindern ähnlich ging. Es herrschte eine Kultur des Schweigens, ein bösartiger Rest des Geistes des Nationalsozialismus.

An die Hinfahrt erinnere ich mich nicht. Am Ankunftstabend wurden die "Neuankömmlinge" im Essensraum einer öffentlichen Befragung unterzogen. Vor Schreck und Angst konnte ich nicht antworten und wurde dann sofort von den Betreuerinnen und den anderen Kindern als "stummes Eselchen" verhöhnt. So ging das tagelang. Mir wurden meine "Tröstetiere" weggenommen, mein kleines Schlafkissen, mein Sonnenschutzkäppi und meine ganze Wäsche.

Ein Päckchen für mich wurde geöffnet und auf den Inhalt geprüft. Die Süßigkeiten wurden entnommen und an die anderen Kinder verteilt. Das sollte als Exempel dienen, dass man keine Süßigkeiten geschickt bekommen darf.

Auf oder an dem Terrain der "Goldene Schlüssel" befand sich ein großes natürlich belassenes Areal, mit feinstem Sand, die große Dünenmulde vor Haus Kiek Ut. Ich schaute den anderen Kindern traurig bei deren Spielen zu, ich durfte nicht mitspielen, als Strafe. Wofür, erinnere ich mich nicht mehr, ich war nicht nur unglücklich, ich war verzweifelt.

Solange ich zurückdenken kann, malte ich gern und viel. Ich bat meine Mutter in einer Karte um Papier und Buntstifte. Was daraus geworden ist, weiß ich nicht. Ich habe nur den Beweis, dass ich auf Toilettenpapier gemalt habe. Einige Karten, die ich mit Bleistift an meine Eltern geschrieben hatte, wurden ausradiert und ich angewiesen, sie "hübscher" zu schreiben. Meine Eltern haben sie alle aufbewahrt.

An die Nächte erinnere ich mich nicht. Ob hier auch Beruhigungs- oder Schlafmittel wie in anderen Verschickungsheimen gegeben wurden, weiß ich nicht. Ich kannte das widerspruchslose Ausführen von Anweisungen - ohne Nachfragen - von meinem Elternhaus, deswegen ist es möglich. Auf einer ihrer Karten wiesen sie mich an:
"Und sei nett zu allen". Zu dem Essen kann ich auch nichts sagen - weder zu dem WAS? noch zu dem WIEVIEL? Von zuhause kannte ich nur: "Was auf dem Teller liegt wird aufgegessen!"

Nachmittags wurden wir in die Betten geschickt und ich erinnere mich an ein Verbot, sich zu rühren. Die wenigen Spaziergänge - exakt in Zweierreihen - waren gespickt mit Piesackereien der Begleiterinnen. Ich erinnere mich an Mädchen, - eine hieß Susi - die schlimme Faulecken hatten, ich sah sie nicht lange. Wohin hatten sie sie gebracht?

Meine Eltern, denen ich von Schlägen und Hänseleien die nicht aufhörten erzählte, als sie mich einmal besuchten, haben mir das nicht geglaubt. Und mich dort gelassen bis zum Ende. Weil sie den Ärzten nicht widersprechen wollten. Und schließlich sollte ich ja auch abgehärtet werden, denn ich war zart und feingliedrig, nicht so robust und hart, wie sie es gern gehabt hätten.

Während ihres Besuches - ich lag wegen Halsschmerzen 2 Wochen lang auf der Krankenstation (hier wurde ich besonders stark gequält) - hat mich meine Mutter förmlich ausgequetscht, ich sollte erzählen, was so schlimm für mich war. Sie saß an meinem Bett und ich war froh, ihr das anvertrauen zu können. Von den Prügeln, dem Arm-umdrehen, dem Füße-quetschen, dem Würgen, dem Mund-zuhalten. Weil ich fest glaubte, meine Eltern würden mich auf der Stelle mit nach Hause nehmen.

Es war ein Sechserzimmer. Alle Betten waren belegt und alle Kinder dort hörten zu. Alle, die mich schlugen und prügelten. Meine Eltern ließen mich dort. Einfach so. Zurückgelassen. Mein Vater filmte bei ihrer Abreise meine Tränen, die ich verzweifelt am Fenster vergoss. Sie waren den Obrigkeiten hörig, die darauf bestanden, mich dort zu behalten. Meine Eltern kannten es nicht anders. Danach kam von Seiten der anderen Kindern erst recht die Hölle an Verprügelungen, weil ich sie verraten hatte.

Ich bin nie darüber hinweggekommen, dass meine Eltern mir das alles nicht geglaubt haben und mich dort ließen. Sie hatten mich im Stich gelassen, als ich sie am meisten gebraucht hatte. Ich entwickelte Stottern und fing an, meine Finger zwanghaft zu verknoten (heute habe ich dort Arthrose) und mich selbst zu verletzen.

Nach meiner Rückkehr war ich verschlossen und in mich gekehrt geworden - meine Eltern nannten es verstockt - und habe kein Vertrauen mehr ernsthaft aufbauen können. Meine Eltern haben das nicht gemerkt oder merken wollen. Ich wäre sonst fortgegeben worden. In ein Heim oder eine Besserungsanstalt. Auch meine Rückkehr auf dem Kieler Bahnhof hat mein Vater auf Super 8 gefilmt. Ich sitze da wie betäubt oder weggetreten statt mich zu freuen, wieder zuhause zu sein. Ich habe mich, als ich den Film nach Jahrzehnten angeschaut habe, fast nicht erkannt. Zuhause im Wohnzimmer habe ich ins Nichts gestarrt und wurde ermahnt, meinen Eltern nicht "so ein böses Gesicht" zu zeigen. Das hörte ich bis in mein Erwachsenenalter. Das Stottern ging weg, aber das Fingerkneten und die Selbstverletzungen sind geblieben.

Ich zog mich ganz zurück in meine Phantasiewelt. Ab jetzt bestimmte die Angst vor anderen Menschen mein Leben in allen Bereichen. Ein Leben im Eisglaskäfig, beherrscht von Vermeidung, Distanz, Kontrolle, Zwang, Perfektion, Angst und Alpträumen. Ich hatte danach eine grauenhafte Angst vor fremden Menschen entwickelt. Mühsam errichtete ich die Fassade, "normal" zu sein, um Himmels willen nicht aufzufallen, damit das Thema "Ins Heim geben" oder "Schleswig" (fürs Irrenhaus) nur nicht wieder virulent wurde. Die schlimmste Drohung bei unerwünschter Lebendigkeit von meiner Seite war: "Dann holen sie dich (fort von hier)". Wer, um Himmels Willen, war das, vor dem mich nicht mal meine Eltern beschützen konnten?

In der Zeit danach habe ich eine Kunstfigur (Conny) erfunden, die die schöne und starke Seite des Lebens erleben durfte. Zu ihr konnte ich mich jederzeit hinbeamen (Dissoziation) und keiner hat etwas gemerkt. Ich hatte mich aufgespalten, das Trauma verdrängt.

In der Schule kam ich mit dem Lernstoff noch einigermaßen gut zurecht (sogar mit dem dissoziieren) und konnte das Verpasste nachholen. Das Zwischenmenschliche aber, die Freundschaften, die geschlossen worden waren, das alles hatte ich verpasst. Das war gelaufen. Ausgelöscht in nur 6 Wochen. Die Freundschaften, die ich vor meiner Verschickung vorsichtig geschlossen hatte, waren zugunsten anderer Kinder aufgelöst worden. Meine Eltern merkten nichts. Nachts hatte ich schlimme Alpträume. Jahrelang. Tagsüber lernte ich zu funktionieren. Notgedrungen.

20 Jahre lang übte ich nach dem schwer erkämpften (Konzentrationsprobleme) Abi einen für mich völlig ungeeigneten, verhassten Beruf aus (meine Eltern: "Mach das mal, dann hast du wenigstens etwas"), bis zu meinem Zusammenbruch, physisch und psychisch. Mein zwanghaft gewordener Glaube, auf immer perfekt funktionieren zu können, schmiss mich von einem Tag auf den anderen um. Nichts ging mehr, wirklich NICHTS. Ich hatte jahrzehntelang meine Grenzen weit überschritten. Reserven hatte ich nicht aufgebaut. Hilfe zur Aufarbeitung fand ich in einer Therapie, die auch meine Verschickung einschloss, und die Hölle von damals musste ich noch einmal durchleben.

Freude am Leben habe ich nicht mehr finden können, das Leben an sich ist für mich beschwerlich geblieben. Denn ich bin hochsensibel, das hat sich nach vielen Jahren herausgestellt.
Diese Eigenschaft hat sehr schöne künstlerische Seiten, die ich auch genossen habe, aber es bringt mich übermäßig oft an meine Grenzen.
Zu laut, zu voll mit Menschen, zu dicht, zu viele Eindrücke, die ein hochsensibler Mensch nicht in dem allgemein verschriebenen Tempo verarbeiten kann.
Vieles, was für andere Menschen selbstverständlich ist, ist für mich überfordernd und undenkbar.
Konzerte, Theater, Kino, Versammlungen, Shopping, Verreisen, all das geht für mich nicht.
Unterstützung bei den schweren Themen fand ich, indem ich meine Freude an der Kunst (wieder) entdeckte. Was ich mit Worten nicht ausdrücken konnte, malte, zeichnete, collagierte ich und ich arbeitete mich in Bildbearbeitungsprogramme ein, um meine zahllosen Fotos zu manipulieren, um in der Veränderung vielleicht irgendein Erinnern einsetzen konnte.

Ich habe nahezu alles aufgearbeitet, aber irgendeine Art von Schuld kann ich bei meinen Eltern trotzdem nicht erkennen, denn auch sie konnten mir nur das geben, was sie von ihren Eltern bekommen hatten. Was ihnen selbst an liebevoller Zuwendung, Vertrauen, Rückenstärkung gefehlt hatte, konnten sie auch nicht an mich weitergeben. Beide waren vom Krieg traumatisiert.
Mein Vater hat niemals etwas erzählt. Nach meiner Bitte, seine Kriegserlebnisse aufzuschreiben, hat er das kurz vor seinem Tod schweren Herzens getan. Er hatte 5 Jahre Krieg und 5 Jahre Kriegsgefangenschaft in Dnipropetrowsk (ehemalig UDSSR) überlebt.

Meine Mutter dagegen hat ständig von erschütternden Einzelheiten über russische Gewalttaten an Frauen erzählt. Da war ich noch ein ganz kleines Kind. Ich habe geweint und gebettelt, sie möge aufhören damit, weil es mich zutiefst schmerzte, was ihr und anderen geschehen war, aber sie höhnte nur: "Wir haben das alles Erleben müssen, und du willst das nicht mal hören?" So wurde mein Bitten, Flehen, Weinen schon früh in den Staub getreten und bot eine solide Grundlage für das Böse, das ich während meiner Verschickung erlebt hatte.

Im Jahr 1998 bin ich mit meinem Mann nach St. Peter-Ording gefahren und habe mir das "Goldene Schlüssel" noch einmal angesehen. Ich empfand eine unendliche tiefe Trauer, die ich mir damals und noch Jahre später nicht erklären konnte.
Es war eine Festschrift zum 75-jährigen Bestehen gedruckt worden, die ich mir fotokopieren konnte. Einige Fotos und Namen habe ich erinnert, und ich dachte, das Ganze wäre für mich abgeschlossen.
War es aber nicht. Die Stacheln im Fleisch schmerzen solange, bis man sich ihrer annimmt und das dahinter Liegende aufarbeitet. Es gibt unzählige Eigenschaften, bei deren Auftreten ich immer (elternseits) gesagt bekam: "DU siehst das völlig falsch!" "DU bist total verkehrt!" und ähnlich Grausames.
Ich fühlte mich unendlich beschämt, tatsächlich "falsch" und entwickelte starke Selbstvorwürfe, dass ich nicht so war, wie sie mich erwarteten.
Erst heute wird mir klar, dass fast alle dieser "falschen" Eigenschaften von mir auf schmerzhafte Erlebnisse während meiner Verschickung zurückzuführen ist. Unter anderem.

HEUTE - da sind 65 Jahre meines Lebens vorbei.
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Manuela Ringel aus Berlin schrieb am 15.04.2022
Ich war für 4 Wochen im Kinderkurheim Hütten. Ich musste dort hin, weil ich so dünn war. Es war noch vor der Einschulung. Ich habe fast keine Erinnerungen mehr, nur dass ich zum Essen gezwungen wurde. Es gab Essen, was ich nicht mochte. Ich kann mich an diese Rotwurst mit ganz viel Fettaugen erinnern. Ich aß schon als Kind kein Fett. Ich wurde gezwungem, diese Wurst zu essen, habe mich immer erbrochen, wurde immer dünner und landete dann auf der Krankenstation, wo ich immer im Bett liegen musste. Ich war dort wohl bis zum Schluss. Mehr Erinnerungen habe ich nicht. Kann sein, dass ich auch geschlagen wurde, doch das kannte ich auch von zu Hause.
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Harald Baron aus 49565 Bramsche schrieb am 14.04.2022
War gegen 1970 im Waldhaus in Badsalzdetfurth.
Ich kann mich erinnern, dass ich meinte, der Heimleiter hat es auf mich abgesehen.
Ich (und andere) wurden dort mehrfach vor Gericht gestellt, dessen Vorsitz er hatte und zu Strafen verurteilt.
Meine Eltern wunderten sich, dass ich ziemlich ungepflegt nach Hause kam.
Es ist schlimm zu lesen, dass dort drei Kinder zu Tode kamen.
Später kam ich in ein Heim in Rinteln, dort fand ich es sehr schön, es war herrlich.
Das absolute Gegenteil von Bad Salzdetfurth
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Katrin schrieb am 13.04.2022
Tja, das Kurheim Dietlas in Thüringen. Meine Eltern meinten es gut, als sie sagten, ich müsse zunehmen, weil ich so dünn bin. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich an diesen sechswöchigen Aufenthalt dort zurück denke. Nachts hallten Schreie durch das Heim von einem Mädchen, dass ins Bett gemacht hatte. Sie wurde vom Heimpersonal mit einer großen Kunststoffspritze bedroht. Es wurde jeden Tag Fieber gemessen. Wie, darauf möchte ich nicht näher eingehen. Täglich mussten wir unter die Höhensonne. Dazu mussten wir nackt durchs ganze Heim laufen. Wenn ich etwas nicht essen wollte, wurde es mir reingestopft. Ich musste einige Nächte im Flur des Heimes auf einem Stuhl am offenen Fenster verbringen, weil ich nicht gefragt hatte, ob ich auf Toilette gehen darf, sondern einfach gegangen bin. Ich habe nach diesem Aufenthalt sehr lange nicht mit meinen Eltern geredet, weil ich einfach nur traumatisiert war. Es war schlimm, was ich dort erlebt habe.
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Sandra aus Schwerin schrieb am 09.04.2022
Ich war 1987 10 Jahre alt und habe eine Nierenerkrankung.Aufgrund dessen bot man eine Kur an.Ich war 3 Wochen auf Rügen im Kinderkurheim und immer wenn ich daran denke,löst es unangenehme Gefühle aus.

Ich habe nur Sequenzen ,erinnere mich daran aber sehr gut.Wir waren im Obergeschoss untergebracht,ich teilte mir ein kleines Zimmer mit einem anderen Mädchen.

Wir mussten jeden Morgen nackt antreten und uns dann komplett mit kaltem Wasser mit dem Schlauch abspringen lassen. Obwohl ich normalgewichtig war,wurde ich auf Diät gesetzt.Alles war abgezählt,ich kann mich an schlimmen Hunger erinnern.Einmal am Sonntag gab es einen Lutscher,das wars.Die Äpfel MUSSTEN wir komplett essen,es durfte nur der Stiel abgegeben werden als,Abfall .Eine Karte dürften wir zwar schreiben, diese wurde Felsen und man musste korrigieren. Tenor musste sein:alles gut.
Ich fand es schrecklich und habe schreckliche Erinnerungen an diese 3 Wochen.Ich habe sehr viel abgenommen und meine Eltern waren sehr erschrocken, als sie mich vom Bus abhalten.

Ich glaube,diese schlimmen Erlebnisse sind tief in mir drin.Ich war 2005 nochmal da,als erwachsene Frau Ich habe es dort nicht ausgehalten.All das wiederzusehen.Es war gruselig dort.
Ich fahre in 1 Woche in den Urlaub und will nochmal dorthin, mir alles anschauen und endlich abschließen.
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Diana Bauer aus Hainichen schrieb am 08.04.2022
Lange habe ich überlegt, wie ich hier am besten schildere was mir passiert/widerfahren ist – wie ich es am besten in Worte fassen kann ohne mir weiterhin einzureden „Du bist bestimmt selbst daran schuld“! Ich hoffe heute kann ich die richtigen Worte finden.
Ich war 1976 8 Jahre alt, meine Eltern, meine Schwester und ich wollten endlich in die langersehnte neue Wohnung umziehen. Dies bedeutete für mich zwar einen Schulwechsel, aber ich war mir sicher auch dort bald neue Freunde finden zu können.
Kurz vor dem Umzug offenbarte mir meine Mutter, dass ich zu krank/zu dünn wäre und ich erst mal für 6 Wochen zur Kur müsste – dass wäre besser so für mich. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei gesundheitliche Probleme – noch war ich zu dünn! Ich war ein völlig normal gebautes 8jähriges Mädchen.
Der Tag der Abreise kam schnell, meine Mutter nur brachte mich zum Busbahnhof – winkte kurz und ich fuhr ins Ungewisse, für wie man mir noch sagte lange 6 Wochen!
Wir waren nur Mädchen alle zwischen 6 – 12 Jahre alt. Es war still während der Fahrt und man sah viele traurige Gesichter.
Im Heim in Trautenstein „Harzland“ angekommen wurden wir empfangen als wären wir schon Wochenlang dagewesen. Jacke aus – Zimmerzuweisung – Koffer auf den Boden bringen, wo man einen kleinen Spind zugewiesen bekam. Man durfte aus seinem Koffer Bekleidung für 1 Woche mit nach unten nehmen. Ich packte also Wechselwäsche für 7 Tage zusammen (wie ich es von zu Hause gewohnt war Unterwäsche also 7mal), als ich damit an der Tür der Bodenkammer ankam, standen dort zwei „Erzieherinnen“ die die Sachen kontrollierten. Kurz gesagt ich musste 6x Wäsche zurückbringen, da ich diese nicht brauchen würde.
Die übriggebliebene Wäsche (nicht viel) wurde vor dem Zimmer an einer kleinen Garderobe abgelegt. Im Zimmer – ein Vierbettzimmer gab es außer 4 Betten nichts – keinen Schrank – keinen Nachttisch – einfach nichts!
Wir durften auch während dieser Zeit nicht sprechen oder uns miteinander bekannt machen – Namen waren nicht wichtig.
Wir wurden dann eingewiesen was wir zu tun und zu lassen hätten und es ging zum Essen. Essen kann man es nicht bezeichnen – es lag immer irgendwie ein Scheußlicher Geruch im gesamten Gebäude – jetzt wusste ich warum!
Ich war eigentlich ein sehr aufgewecktes Kind, hatte nie Probleme damit mit fremden Menschen zu reden und auch zu sagen was mir nicht gefiel oder was mir nicht schmeckte. Ein „Glück“ für mich, dass ich nicht die erste war die dies tat! Nein, ein kleines vielleicht 6 Jahre altes Mädchen sagte „ich esse das nicht“ - ich weiß bis heute nicht ob sie es jemals gegessen hat, denn als wir anderen gingen saß sie noch alleine im Speisesaal und wir sahen sie erst am nächsten Tag wieder.
Wir wurden um 6 Uhr geweckt und mussten uns nur mit Schlüpfer bekleidet im Gang aufstellen – jeder von uns bekam eine Bürste und wir mussten Bürstenmassage machen – Gegenseitig. Es war so peinlich, vor allem ja auch da wir nur eine Schlüpfer für eine ganze lange Woche hatten und jeder sich schämte. Während wir das tun mussten standen „Erzieherinnen um uns herum und schauten zu. Danach durften wir zur Toilette, was wir nur ab und zu durften und nicht wann wir wirklich mussten. Dann ging es in die Waschräume, die ich aus heutiger Sicht nicht als so etwas bezeichnen würde – kaltes Wasser – alles immer unter Beobachtung.
Kämmte man sich nur einmal die Haare zu lange wurde man angeschnauzt, weil man wäre angeblich zu eitel und da man eh ein nichts wäre, sollte man sofort damit aufhören. Worte und Taten die ich mit 8 Jahren nicht verstand.
Jeden Tag das gleiche!
Danach zum Frühstück – danach in den „Schulraum“ es gab noch nicht einmal Lehrer, aber wir mussten alle an einer Holzbank sitzen und irgendeiner „Tante“ vorne zuhören – manchmal schrieben wir etwas von der Tafel ab – manchmal sollten wir rechnen, da wir alle nicht im gleichen Alter waren – aus heutiger Sicht völlig sinnlos. Dann ging es wieder zur Toilette und zum Mittagessen! Das Mittagessen war wie ich finde das schlimmste – es gab Zeug was ich vorher nie gesehen hatte – es roch übel, aber man musste aufessen. Wieder sah ich das kleine Mädchen sich sträuben, diesmal nahmen zwei „Erzieherinnen sie und zerrten sie in eine Tür die sich am Speisesaal befand – ich sah sie auch an diesem Tag nicht wieder.
Nachdem Mittagessen schlafen, dass kannte ich mit 8 von zu Hause nicht, aber irgendwie war man seitdem man dort war irgendwie immer Müde – lag es an dem Tee den man uns verabreichte oder woran sonst? Ich weiß es nicht – ausgepowert waren wir nun wirklich nicht. Nachdem schlafen durften manche Kinder sich anziehen und spazieren gehen – andere nicht. Wir mussten uns jeden Abend nachdem Abendbrot im „Schulraum“ einfinden, dort wurde von einer „Erzieherin“ der Tag von jedem einzelnen ausgewertet und bewertet. An einer großen Pinnwand hing eine große Tabelle wo jedes Kind jeden Tag Punkte verliehen bekam. Rote Punkte waren gut und Du durftest am nächsten Tag mit spazieren gehen und hattest Du die ganze Woche rote Punkte, so durften diese Kinder am Sonntag die Sendung „Telelotto“ im Fernsehen anschauen. Hattest Du das nicht, weil Du eventuell zu oft nach der Toilette gefragt hast, weil Du überhaupt gesprochen hast, weil Du nicht „essen wolltest“ oder ähnliches, dann waren die schlechten Punkte vorprogrammiert. In den 6 Wochen meiner „Kur“ durfte ich lediglich 1x mit spazieren gehen!
1x die Woche gab es für uns auch „Therapie“! Uns wurde dort dann entweder eine Gesangsstunde (wir sollten Jodeln lernen – wer das nicht konnte, bekam abends gleich wieder einen blauen Punkt) oder wir durften ein Geschenk eine „Brockenhexe“ für unsere Eltern basteln – einmal durften wir eine Karte für unsere Eltern schreiben – leider stand der vorgeschriebene Text an der Tafel und wir mussten ihn abschreiben und so wurde die Karte dann an unsere Eltern geschickt.
Lange habe ich beim Mittagessen dieses arme kleine Mädchen (von der ich leider nie den Namen erfahren habe) beobachtet! Um so länger wir da waren, um so seltener sah man sie – man hörte sie auch nicht mehr weinen! Ich wollte es „besser“ machen! Es gab Leber zum Mittag – schon der Geruch war pervers – ich legte mir in Gedanken einen Plan zurecht und hoffte auf Erfolg. Ich aß etwas von dem Kartoffelbrei, passte genau auf das die „Erzieherinnen“ weit genug von meinem Tisch weg waren und rannte zwei Stufen auf einmal nehmend los – um im ersten Stock die Toilette zu erreichen – so zu tun als müsste ich mich übergeben – es ging schief – sie holten mich ein und brachten mich an den Tisch zurück. Resultat ich aß Leber – übergab mich und aß danach das Erbrochene!
Ich hab es nie wieder versucht!
Dann kam der Tag an dem ich dort meinen 9. Geburtstag hatte.
Welches Kind freut sich nicht darauf.
Ich hatte also die Woche vorher beim „Wäschewechsel“ der immer Sonntags in der Bodenkammer stattfand bereits das einzigste Kleid was ich mit hatte mit nach unten genommen und war guter Laune.
Der Tag verlief tatsächlich anders.
Ich wurde nachdem Anziehen in das Zimmer der Heimleitung geführt – also kein Frühstück!
Dort stand ein bereits geöffnetes Paket für mich.
Als erstes wurde mir gesagt, dass dies nicht erlaubt sei und meine Eltern dies scheinbar nicht wüssten.
Als zweites sagte man mir, ich bräuchte mir nichts einbilden, ein Geburtstag sei ein völlig normaler Tag und ich sei nicht wichtiger wie andere an diesem Tag.
Als drittes schickte man mich wieder hinaus und befahl mir das Kleid ausziehen!
Danach musste ich wieder hinein und man zeigte auf das Paket – dies enthielt Süßigkeiten und ein paar Winterstiefel. Die Winterstiefel durfte ich mir nehmen, weil ich ja eh kein ordentliches Schuhwerk dabei hätte – alles andere bliebe im Büro der Heimleitung.
Als ich wieder hinausgehen wollte, kam ein Anruf meiner Mutter (heute empfinde ich diesen als abgesprochen), unter dem mehrmaligen Hinweis, dass ich so absolut nichts besonderes wäre und nichts schlechtes über das Heim sagen dürfte gab man mir den Telefonhörer. Mutter gratulierte – stellte keine Fragen!
Ich nahm meine Schuhe – die ich lediglich auf der Heimfahrt getragen habe und ging.
Für mich als nun mittlerweile 9jährige – war das der schlimmste Tag meines Lebens!
Endlich der Tag der Abreise – alle Kinder waren aufgeregt, dass sah man – reden durften wir nicht!
Im Bus – anders als auf der Hinfahrt – waren wir etwas gesprächiger, aber nicht mehr wie Kinder! Meine Mutter holte mich auch diesmal alleine vom Bahnhof ab – keine Freude – kalt wie immer.
Endlich zu Hause (neues zu Hause – sie waren ja ohne mich umgezogen) wurde der Koffer ausgepackt. Keiner fragte wie war es – hasst Du zugenommen (man war ja angeblich zu dünn vorher), nichts! Das einzigste war „warum stinkt Deine Wäsche so“ - hast Du noch nicht einmal die Unterwäsche gewechselt........ - ich habe mich so geschämt und immer wieder gesagt „ich durfte das nur 1x die Woche“, aber keiner hat mir geglaubt!! Ich verstehe das bis heute nicht.
Zwei Tage später in die neue Schule – neue Klasse!
Eingeschüchtert – Verstört und Wortlos stand ich da, konnte mich nicht vorstellen (man durfte doch nicht reden), ich wünschte mir so sehr im Erdboden zu versinken.
Ich weiß es nicht mehr genau, seit meiner Rückkehr von der „Kur“ hatte ich Durchfall, plötzlich bekam ich auch während des Unterrichts diese Bauchschmerzen konnte mich aber nicht melden um zu fragen ob ich auf die Toilette gehen darf – den dafür bekam man ja 6 Wochen lang einen blauen Punkt – das Resultat behalte ich für mich – Ihr könnt es Euch denken.
Heute bin ich 55 Jahre alt!
Habe Ängste (die ich mir beigebracht habe, gut zu überspielen) es ist soviel Traurigkeit in mir.
Ich kann niemanden sagen „ich habe Dich lieb“ - ich kann es niemanden zeigen.
Tief in mir bin ich ein sehr einsamer Mensch geworden, ich habe Mauern aufgebaut die ich nicht mag, aber zu meinem Schutz dienen.
Ich habe so viele Fragen, die keiner beantworten will.
Ich fühle mich als wäre ich 8 und frage mich anfangs „Warum“ und am Ende sage ich mir „Du hast es nicht besser verdient – warum auch immer“!
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Kathi schrieb am 07.04.2022
Auch ich war im Haus Gutermann in Oberstdorf, und zwar im Januar/Februar 1960 für sechs Wochen. Ich war damals acht Jahre alt.
An viel kann ich mich nicht erinnern, ist ja immerhin 62 Jahre her.
Von den näheren Umstände der Zugfahrt weiß ich nur noch, dass sie wohl nachts gewesen sein muss, denn morgens sah ich aus dem Fenster des Abteils zum ersten Mal in meinem Leben die Berge, schneebedeckt. Ich war überwältigt, wie schön das war.
An das Heim habe ich weder eine gute noch eine besonders schlechte Erinnerung.
Jeden Morgen gab es Haferschleimsuppe, die wir alle essen mussten. An besondere Vorkommnisse bei den Mahlzeiten erinnere ich mich nicht. Kein stundenlanges Sitzen, bis der Teller leer war, oder Erbrochenes aufessen müssen. Nicht bei mir, auch nicht bei anderen.
Auch keine Strafen wegen Fehlverhaltens.
Es war halt eine Zeit, in der die Kinder alle recht brav waren und gehorchten.
An die Betreuerinnen kann ich mich überhaupt nicht erinnern. Kein Name oder ihr Verhalten uns gegenüber- ich weiß es einfach nicht. Ich erinnere mich auch nicht an andere Kinder oder evt. Freundschaften.
Negativ für war nur, dass ich wie immer in meiner Kindheit und Jugend altersmäßig unterschätzt und mir nichts zugetraut wurde.
So sollten die älteren Kinder uns Kleinen beim Waschen helfen, was ich natürlich längst allein konnte. Zum Beweis meiner Fähigkeiten habe ich mir dann die dicksten Bücher zum Lesen genommen.
Die ganzen sechs Wochen lang lag Schnee. Wegen unpassender Kleidung habe ich draußen ständig gefroren.
Heimweh habe ich mir nicht erlaubt, war aber natürlich froh, als es wieder nach Hause ging.
Ob der Erholungsaufenthalt mir gesundheitlich genutzt hat, weiß ich nicht.
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Martina aus Oberstdorf schrieb am 05.04.2022
Ich war als 5- jährige im Heim Gutermann, Oberstdorf.
Ich habe nur unzusammenhängende Bilder aus dieser Zeit im Kopf, Fragmente. Keine meiner Erinnerungen ist positiv.
Ich erinnere mich an den Bahnhof und wie ich anfing zu weinen, als mir klar wurde, dass ich jetzt alleine abfahren muss.
Ich erinnere mich an das Mehrbettzimmer und das wir eine „ Bettnässerin“ im Zimmer hatten, die nachts im Zimmer umherirrte- aber wie die tatsächliche Toiletten-Situation nachts war, weiß ich nicht.
Ich erinnere mich an eine Situation beim Essen, da ich sehr,sehr lange sitzen bleiben musste, bis ich auch das fettige, ekelhafte Stück Fleisch heruntergewürgt hatte und postwendend wieder erbrach. Es beunruhigt mich, dass meine Erinnerung genau an der Stelle aufhört.
Ich erinnere mich, dass ich viel Zeit allein im Bett lag.
Ich hatte laut Abschlussbefund Masern während des Aufenthaltes, was zu der Erinnerung an die Abdunkelung passt. Oder war ich doch nur „schwierig“ und durfte daher nicht an Ausflügen teilnehmen? Ich habe mittlerweile recherchiert und stelle alles in Frage, was meinen Aufenthalt dort betrifft. Warum wurden wir von einem praktischen Arzt untersucht, und nicht von einem Kinderarzt?

Ich erinnere mich, dass in diesem Abschluss Bericht davon die Rede ist, mich nochmals zu einer Kur zu verschicken, was bei mir zu einer Panikreaktion führte.
Lange Zeit „traute“ ich diesen Erinnerungen nicht und fragte mich, ob der Fehler nicht bei mir und meiner Phanatasie/Empfindlichkeit lägen.
Einerseits tut es gut zu erfahren, dass man nicht allein ist, andererseits bin ich erschüttert, wenn ich jetzt lernen muss, welch ein System dahintersteckt und wie wir missbraucht wurden, damit gewissenlose Menschen sich über Jahrzehnte eine goldene Nase verdienen können.

Wenn jmd. meine Erinnerungen im Haus Gutermann ergänzen kann, wäre ich um Kontaktaufnahme sehr dankbar.
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Sonja Graßmann geb.Bobsien aus Furtwangen ehemals Erfurt schrieb am 04.04.2022
Hallo,
ich wurde im Jahr 1960 in Erfurt geboren, wohnte im Dorf Gispersleben und kam ca im Jahr 1966 vor meiner Einschulung in ein Heim nach Bad Frankenhausen. Ich musste ganz alleine ohne Eltern in einem Bus dorthin fahren. Ich weiss noch dass ich sehr geweint habe .
Vom Leben im Heim weiss ich noch dass ich das Essen dort nicht mochte und es erbrach, aber gezwungen wurde das Erbrochene vom Teller wieder aufzulöffeln und nochmals zu essen. Ich sass im Dunklen dort und sollte das essen während die anderen Kinder schon schliefen.
Oft gab es eine Art Milchbrei, sehr eklig.
Ich musste dort auch am Tag viel schlafen, dazu wickelte man alle Kinder in Decken. Meine Eltern haben mich nie besucht. Ich kann mich nicht mehr an vieles erinnern, aber die paar Dinge weiss ich noch. Meinen Eltern war ich Zeit meines Lebens böse dass sie mich einfach so weggegeben haben und das Verhältnis war dauerhaft getrübt. Mein Bruder, 4 Jahre jünger und genauso dünn wie ich musste nie zur Kur.
Wie kann man so kleine Kinder ganz alleine wegschicken und fremden Menschen ausliefern. Das hat mein Leben für immer verändert
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Thomas Rensing aus Duisburg schrieb am 04.04.2022
Thomas Rensing
Brückenstr 90
47053 Duisburg


Duisburg, den 19.2.2022

Nach Lektüre des taz-Artikels von 11./12.Dez.2021 darf ich hier meine Erlebnisse beisteuern.
Ich habe kein Problem damit, an anderer Stelle namentlich erwähnt zu werden. Auch die Weitergabe meines Namens im Rahmen der Aufarbeitung der Verschickungen gestatte ich.

Ich kam im Sommer 1962 in den Genuss der Verschickung. Meinen achten Geburtstag werde ich wohl auf Borkum „gefeiert“ haben.
Ich nehme an, dass die Mannesmann-Werke in Duisburg die Reise für die Kinder ihrer Beschäftigten (Zeit des „Rheinischen Kapitalismus“) organisiert hatten. Jedenfalls wurden wir mit einem Werksbus nach Emden zur Fähre gefahren und ich hatte mich sehr gefreut, ans Meer zu dürfen. Ebenso an Bord mein vier Jahre älterer Bruder, den ich aber auf Borkum nicht so oft gesehen habe, da er in eine andere Gruppe kam.
Wir kamen ins Dünenhaus, in dem „Schwester Allmuth“ Regime führte. (Wieso hieß die eigentlich „Schwester“?)
Gepäck und Geld mussten wir abgeben; das wurde „von oben“ eingeteilt. Da hatte ich zwischenzeitlich ein großes Problem, weiland mich ein Durchfall quälte und ich nicht an eine saubere Unterhose kam.
Nach der Ankunft wurde ich gefragt, ob ich zum zu- oder abnehmen dort sei. Als ich das nicht wusste kam ich in die Zunehmgruppe. Unterkunft war ein Zimmer mit etwa 10 Betten (es könne auch 8 oder 12 gewesen sein). Darin waren 12 (14?)Jungen untergebracht, sodass des Abends noch zwei Feldbetten dazwischen geschoben wurden. Für persönliche Dinge gab es einen Hocker mit einem Fach von der Größe zweier Schuhkartons. Alles andere war unter Verschluss.
Geduscht wurde auf Komanndo von oben; wir mussten je zu viert splitternackt unter den Augen einer Erzieherin duschen, was mich sehr mitgenommen hat.
Schwester A. ging man am Besten aus dem Weg; die Leiterin meiner Gruppe war ein sechszehnjähriges Mädchen, das auf der Insel lebte. Manchmal saß es tränenüberströmt da und musste von uns Kindern getröstet werden – Schwester A. hat…
Manchmal mussten wir Gymnastik machen. Irgendeine weibliche Person kommandierte dann militärisch. Wir mussten antreten und wenn wir nicht ihren Vorstellungen entsprechend gerade standen, ergriff sie von hinten die Schultern und brach einem fast die Schlüsselbeine.
Zweimal muss ich wohl sehr böse gewesen sein. Ich durfte zur Strafe nicht am Besuch des Feuerwerks und an der Wattwanderung teilnehmen.
Ob der nächtliche Gang zum WC reglementiert war, weiß ich nicht mehr. Dass jemand drangsaliert wurde, seinen Teller leer zu essen, erinnere ich ebenso wenig.
Als ich ein Päckchen von meinen Großeltern bekam, vermutlich anlässlich meines Geburtstages, wurde die darin befindliche Schokolade sozialisiert; jeder in der Gruppe bekam ein Stück, ich den Rest. Juristisch natürlich ein Skandal. Hier bin ich aber in meiner sozialen Einstellung hin und hergerissen. Ich genehmige das im Nachhinein – den anderen hätte ja sonst das Herzchen geblutet.
Es hat aber auch nette Augenblicke gegeben, am Strand z.B. oder bei einer Schifffahrt zu den Seehundsbänken oder beim abendlichen Singen zur Gitarre auf der Terrasse.

Ob ich einen bleibenden Schaden davon getragen habe? Ich weiß nicht.
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Tanja Städter aus Hannover schrieb am 04.04.2022
ich war Ende der 70er, Anfang der 80er, ich weiß es nicht mehr genau, im Kinderkurheim Asental, verschickt über VW.
Nachts Toilettenverbot, ein Topf stand im Zimmer. Die Treppe nach oben mit Podest in der Mitte, auf der Nachts der Schäferhund Rex untergebracht war, damit wir nicht weglaufen. Essenszwang, ich habe mich vor Ekel mehrfach erbrochen.
Jeden Morgen zwei Teller Haferscheimsuppe.
BRIEFZENSUR.
Einige Mädchen, darunter ich, mussten uns mit entblößtem Oberkörper auf Gartenstühlen in die Sonne vor das Haus setzen, weil wir Stadtkinder so blass seien. Einwände, dass ich vom Dorf komme und draußen quasi den ganzen Tag verbringe, galten nicht. Wir hatten schon ein wenig Brust und ich habe es sehr demütigend empfunden. Auch starrte ins der Gärtner währenddessen unentwegt an.
Frau Schelper, die Leiterin, hinkte, wohl nach einem Zusammenstoß mit einem Schafsbock. An eine Frau Kaufhold erinnere ich mich auch.
Einige Jungen sperrte man nachts in die Sanitärräume.
Jeden Tag entlose Wanderungen durch den Wald, keine Chance, sich Hilfe zu suchen. Christine Zimmer schrieb heimlich einen Brief nach Hause, sie hatte nie die Gelegenheit, diesen irgendwo in einen Briefkasten zu werfen.
Christine Zimmer, Kerstin Broska, Britta und Margitta John. Doris Ehrlich... Namen anderer Mädchen, die mir in Erinnerung geblieben sind.
Das Gebäude Villenartig, ein Reitstall in unmittelbarer Nähe. Ein langer Kiesweg zum Eingang, hoch gezäunt mit Schmiedeeisen.
Alles in allem noch immer traumatisch, geglaubt hat mir zuhause niemand.
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R.Beck aus Deidesheim schrieb am 04.04.2022
Mein Name ist R.Beck,
ich dachte immer ich sei ein Einzelfall, bis ich diese Seite vor kurzem entdeckt hatte,,,,,,
Ich war mit 12 Jahren 1977 im August im Verschickungsheim Dünenheim in Langeoog,meine Eltern hatten mich hin gefahren weil sie dachten mir was Gutes zu tun,der Skipper der das Boot zur Überfahrt fuhr, wurde von 2 Damen total Besoffen zum Boot gebracht,dem entsprechend war auch die Unvergessliche Überfahrt.In der Pension auf Langeoog ;wo meine eltern 1. nacht blieben sagten mir meine Eltern später hätte die hausherrin gesagt wenn der junge hunger hat soll er zu mir kommen ich gebe ihm was zu essen,ich bekam überwiegend 6 wochen lang Leber mit einem ekelhaften pürre und einer noch schlimmeren sauce zu essen weil damals die Mediziner irrtümlicher weise glaubten, das Leber gut für Asthma sei,ein kind wollte nach den ersten tagen durchs Fenster flüchten, weil es so Heimweh hatte,Besuch war ja verboten,als ich nach Hause kam, hatte ich eine doppelseitige Lungenentzündung, hatte 5 tage lang Blut gebrochen und 41 crad fieber,laut unserem Arzt war ich nicht mehr transportfähig und lag im sterben !der arzt sagte zu meinen Etern jetzt wörtlich"wenn derJunge noch einen Zug bekommt ist er tot"im nachhinein macht es mich richtig sauer was diese "Menschen"mit uns Kindern gemacht haben,was man auch so liest, haben diese Leute auch mit manchen von uns Tablettentests gemacht,,Ich wurde mit 5 Jahren 1970 das 1. mal Verschickt,,,viel zu Jung viel zu lange alleine,,,,,,
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Werner Hein aus 45968 Gladbeck schrieb am 03.04.2022
Ich war im o.a. Zeitraum 6 Wochen im angegebenem
Kinderkurheim als 12Jähriger untergebracht .
---sehr negative Erlebnisse---
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Werner Hein aus 45968 Gladbeck schrieb am 03.04.2022
Ich war im o.a. Zeitraum 6 Wochen im angegebenem
Kinderkurheim als 12Jähriger untergebracht .
---sehr negative Erlebnisse---
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Nadine Müller aus Baesweiler schrieb am 03.04.2022
Ja , was soll man dazu sagen , man wurde jeden Morgen mit Haferflockensuppe gemästet , Briefe und Pakete gab es vorm schlafen gehen und danach blieb man mit seinen Tränen alleine und wurde ausgeschimpft, wenn man zu laut weinte , zur Toilette gehen während der Mittagsruhe oder sobald Bettzeit war , ein No -Go , aber im Gegensatz zu anderen Schicksalen, habe ich wirklich Glück gehabt . Es war die Zeit in der wir vom Elternhaus gelernt hatten zu funktionieren und je nach Alter des Kindes und das Ausmaß der Misshandlung , hat dieser Aufenthalt unterschiedliche Auswirkungen auf das spätere Leben gehabt.
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Iris schrieb am 02.04.2022
Ich wurde damals zwei Mal in den Schwarzwald und einmal in ein Kurheim ins Sauerland geschickt. Diese Zeit dort hat mich geprägt. In erster Linie und vor allem die Zeit in dem Kurhaus im Schwarzwald. Ich war damals zu jung um ich zu wehren, heute würde ich mir das nicht mehr gefallen lassen. Den Namen von demjenigen der damals in charge war, bzw. verantwortlich für dieses Heim war habe ich bis heute nicht vergessen.
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Mona schrieb am 01.04.2022
Hallo hier ist Mona nochmal,
soll ich sagen leider oder Gott sei Dank, habe ich noch keinen weiteren Bericht in Bezug dem AWO - Kinderheim in Rechtis-Weitnau im Allgäu gefunden.
Ich kann mir jedoch kaum vorstellen dass ich dort die einzige gewesen bin. Falls sich jemand doch noch erinnert würde ich mich über den eventuellen Kontakt-Austausch doch freuen. Auch um zu hören ob es denn gesamt in dem Kinderheim genau so ablief wie ich es hier in all - den "zeugnis-berichten" lese.
Weiterhin euch allen, alles Gute und Gesundheit.
Viele Grüße Mona
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Katrin Siggelkow aus Werneuchen schrieb am 31.03.2022
Ich war im Alter von 6 Jahren im Kinderkurheim Clara Zetkin in Halle und habe in den 4 Wochen die Hölle auf Erden erlebt. Ich habe mir viele Erfahrungsberichte angeschaut und bin erschüttert, wie vielen Kindern Ähnliches widerfahren ist. Auch ich möchte meine Erfahrungen öffentlich machen, um bei der Aufklärungsarbeit beizutragen und bin nach so vielen Jahren dazu in der Lage.

Die Erinnerungen an diese Zeit sind eher bruchstückhaft. Ich weiß, dass es eine Kur sein sollte, in der ich zunehme, da ich schon immer untergewichtig war. An Mahlzeiten kann ich mich gar nicht erinnern, was wohl auf Verdrängung hinweisen kann. Allerdings sind die anderen Erinnerungen, die ich noch habe, eher schockierend und decken sich in großen Teilen mit Erfahrungen anderer in diesem Forum. Zum Beispiel durften wir nachts nicht zur Toilette und wer ins Bett machte, wurde bestraft und vor allen Kindern bloßgestellt. Auch an das eiskalte Duschen mit Wasserschlauch kann ich mich lebhaft erinnern. Leider existiert die Postkarte nicht mehr, diese wurde von den Betreuern geschrieben und nach Hause gesendet.

An einem Tag hatte ich etwas wie Kaugummi im Haar und die "Betreuerin" hat mir daraufhin die Haare in großen Teilen abrasiert. Das war sehr schlimm, ich weinte und musste vor allen Kindern zeigen, was passiert war.

Die sogenannte Kur war in der Vorweihnachtszeit und über Nikolaus. Am Abend des 5.12. besuchte der Nikolaus die Schlafsäle mit den Worten "Wer jetzt noch wach ist, bekommt die Rute zu spüren". Wir waren etwa 20-30 Kinder und er ist an jedes Bett gegangen und hat jedem Kind mit einer Taschenlampe ins Gesicht geleuchtet. Ich war wach, habe vor Angst die Augen zugekniffen und ins Bett gemacht. Der Nikolaus hat die Bettdecke weggezogen um mich mit der Rute zu schlagen und hat gesehen, dass ich ins Bett gemacht habe. Am nächsten Morgen gab es für mich kein Pfefferkuchenhaus wie für andere Kinder, mein Platz war leer. Ich wurde zusätzlich wieder vor allen bloßgestellt, weil ich ja ins Bett machte.

Ich kann mich auch noch an eine Situation erinnern, in der mir gesagt wurde, dass ich Spielsteine aus Holz gestohlen hätte. Meine ganzen Sachen wurden durchwühlt, obwohl ich das nicht gemacht habe.

Ich weiß, dass ich mich in der Zeit sehr einsam und allein gefühlt habe, kann mich auch kaum an andere Kinder erinnern. Ich denke, dass ich dort sehr introvertiert war, weil ich auch mehrfach vor den anderen bloßgestellt wurde und Gewalt an der Tagesordnung war.

Nach Hause ging es mit dem Bus. Ich kann mich erinnern, dass ich mich nicht freuen konnte, nach Hause zu kommen. Ich war wohl viel dünner als zuvor, weshalb ich auch denke, dass ich dort eine schlechte Esserin war und die Erinnerungen daran verdrängt habe.
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Heiko Lukait-Beer aus Bremerhaven schrieb am 31.03.2022
Es hieß ja Kinderkur damals und meine Mutter (alleinerziehend mit 4 Söhnen) dachte sicherlich, dass es ihrem kleinsten, mickrigsten Sohn gut tun würde. Die Verschickung ging übers Gesundheitsamt Bremerhaven damals. Ich war gerade 9 geworden, zu klein, zu asthmatisch, zu neurodermitisch.
Dass ich dort nicht ganz allein wäre, wurde meine etwas ältere Cousine mitgeschickt, nur waren Jungs und Mädchen strikt voneinander getrennt. Ich sah sie nur zu den Mahlzeiten hinter einer Glasscheibe.
Ich war zuerst im 'Eselzimmer' untergebracht, dass ich dann aber mit einem älteren tauschen musste, mein neues Bett lag in einem Mehrbettzimmer direkt unter einem permanent offenstehenden Fenster, es war Winter. Morgens standen wir alle nackt um ein rundes Steinwaschbecken herum, dort wurden wir eiskalt abgeduscht und mussten ständig mit Salzwasser gurgeln oder dieses sogar trinken. Ständig musste ich 2 Portionen essen, dem Haferflockenbrei wurde dann noch Kakaopulver untergemischt, dass er noch schwerer war und ich mich eigentlich nur noch übergeben musste. Dieses Wellenbad mit dem höhenverstellbaren Boden habe ich in sehr schlechter Erinnerung, ich konnte noch nicht gut schwimmen und Hilfe war weit und breit keine. Mir war eigentlich permanent kalt. Die Erzieherinnen waren, bis auf eine junge blonde Frau, ziemlich garstig und die Heimleiterin ließ sich 'Tante' Maria nennen. Jahre später fiel mir auf, dass wir mit ihr ständig Nazilieder singen mussten, leider kann ich mich bis heute an diese schrecklichen Texte erinnern.
Wir sind am 20. Dezember nach 6 Wochen dort, wieder nach Hause geschickt worden, es war somit die Vorweihnachtszeit und ich kam als übergewichtiges Kind, ziemlich traumatisiert wieder nach Hause, wurde dann durch das Übergewicht zur besten Zielscheibe von Mobbing in der Schule. Diese Erfahrungen haben mein Leben nachhaltig negativ beeinflusst.
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F.K. aus Schweiz schrieb am 31.03.2022
„Verschickungserfahrung“

Das ging damals – im Jahr 1955 – voraus:
Krankenhaus 1955 (Spitalhaft)
Ich habe wohl von Natur aus sehr trockene Schleimhäute. Und so litt ich schon als Kind sehr oft unter Nasenbluten. Im Spätsommer des Jahres 1955 war das wieder einmal so stark, dass man es nicht mehr stoppen konnte. Inzwischen war wohl fast das ganze Nachttöpfchen voll Blut und man wusste sich nicht mehr anders zu helfen, als mich notfallmässig ins Krankenhaus Remscheid zu befördern. Hier hat man das Nasenbluten irgendwie zum Stillen gebracht. Anstatt mich nachher wieder nach Hause zu entlassen, fanden es die Ärzte wohl interessanter, an meinem Asthma herum zu doktern. „Die Mandeln sind im Weg, die müssen raus, dann kann er viel freier atmen“, so behaupteten die Ärzte. Und sie haben meine Eltern überzeugt, diesen Eingriff bei mir vornehmen zu lassen. Die Meinung der Männer im weissen Kittel traute man sich dazumal nicht in Frage zu stellen...
Ich weiss bis heute noch, wie man mir diese eklige Ätherkappe auf die Nase drückte, ja, wie es roch und man mir nachher die Mandeln, die der Schöpfer doch aus irgendeinem guten Grund auch für mich eingeplant hatte, heraus schnitt.
Was das Asthma betraf, hatte es nicht den erhofften Erfolg – und so probierte man noch eine Massnahme aus. Ich wurde mit Penicillin vollgepumpt (das war damals gerade die Zeit, in der man die Wirkung von Penicillin entdeckt hatte).
Jeden Tag mehrere Spritzen, mein Oberschenkel und mein Arm waren nach einigen Wochen ziemlich lädiert von den vielen Einstichen. Und mein Seelenzustand war auch lädiert, weil Besuch im Krankenzimmer damals noch untersagt war. Am Sonntag-Nachmittag standen dann jeweils für 1 bis 1.1/2 Stunden verschiedene Elternpaare vor einem kleinen ovalen Fensterchen in der Eingangstür und durften uns Kindern im Krankenzimmer winken. Die Türe blieb geschlossen und so konnte man sich nur mit mehr oder weniger gut gemeinten Gesten unterhalten. Und wir Kinder hätten eine Umarmung und ein beruhigendes Wort unserer Eltern so dringend gebraucht. Diese Spitalhaft dauerte volle 6 Wochen. Weil auch das noch nicht den erhofften Erfolg brachte, dachten sich die Ärzte noch etwas aus: der Junge muss an die See.

3 Monate auf Norderney („Erholungshaft“)
- ein Hospiz, das von den ehemaligen pommerschen Krankenschwestern geleitet wurde.
Und so wurde ich entlassen, um die Reise an die See anzutreten. Eine knappe Woche liess man uns, um zuhause die Reise vorzubereiten. Bei alledem wusste ich als 11-jähriger nicht so recht, wie mir geschah. Irgendwie muss es den Eltern wohl gelungen sein, mich zu überreden, so dass ich brav mitgemacht habe. Niemand aus der Familie war jemals am Meer gewesen und so sei ich der Erste, der dieses Vorrecht haben würde. Und dann noch dieses „Privileg“: unser Hausarzt Dr. Neudörfer habe doch dafür gesorgt, dass die Krankenkasse die Kosten übernehme – und so solle ich schön mitmachen und aushalten. Wenn man das Ganze abbrechen müsse, dann müssten die Eltern die Kosten selbst übernehmen und das Geld hätten sie nicht.

Ich habe nur den Abschied auf dem Wuppertaler Hauptbahnhof noch vor Augen – Tante Mariechen (Vaters Schwester) aus Barmen war extra gekommen, um mir Adieu zu sagen – und dann wurde ich von einer Krankenschwester, die ein spezielles weisses Häubchen trug, unter die Fittiche genommen. Wenn man mir damals gesagt hätte, dass dieser Aufenthalt volle 14 Wochen dauern werde, wäre ich wahrscheinlich fortgelaufen. Mit der Dauer des Krankenhauses waren es dann zusammen 20 Wochen, die ich von Daheim fort war. Je näher wir der Nordseeküste kamen, umso mehr Kinder stiegen in den Zug ein.

Und dann kam die eindrucksvolle Überfahrt mit der Fähre Friesia IV.
Und am Hafen in Norderney der geordnete Gang in Reih und Glied zum Seehospiz. Dieses Hospiz bestand aus mehreren Gebäuden, in denen an die 500 Kinder untergebracht waren. In einem riesigen Schlafsaal mit ca. 100 Betten wurde mir irgendwo mittendrin ein Bett zugewiesen, d.h. eher eine Pritsche mit magerem Bettinhalt.

Schläge
Den ersten Abend werde ich für mein ganzes Leben nicht mehr vergessen, denn hier wurde an mir ein Exempel statuiert. Es wurde uns unmissverständlich eingeschärft, dass absolute Ruhe im Schlafsaal zu herrschen habe. Am Schlafsaal angrenzend gab es eine Türe mit einem Fensterchen ins Schwesternzimmer. Dass hinter dem Fensterchen die Spähaugen der Aufsichtsschwester alles mitbekamen, was im Schlafsaal vor sich ging, wurde uns später eindrücklich vor Augen geführt. Jedenfalls war es so, dass ich meinte, irgendjemand von uns Buben verursache Lärm, indem er gegen das Bett schlage. Und so erhob ich mich ein wenig, um zu sehen, wer das sei und rief wohl etwas zu laut: Ruhe.
Ich wusste nicht, dass diese Geräusche Warngeräusche der Aufsichtsschwester waren, die dieses Signal an ihrer Türe an uns weitergeben wollte. Und dann geschah es: nachdem ich es gewagt hatte, umher zu sehen und „Ruhe“ zu rufen, ging diese Tür mit einem Mal auf und spukte eine wütende Krankenschwester aus. Diese kam schnurstracks (d.h. auf direktem Weg) zu mir und verprügelte mich derart, wie es noch niemand in meinem kurzen Leben jemals getan hatte. Sie hat mich an den Haaren aufgezogen und die Schläge prasselten von allen Seiten auf mich – mein Bett sah aus, als hätte man eine Schlacht veranstaltet und überall lagen meine Haare als stumme Zeugen dieser Prügelveranstaltung herum, die übrigens von eindeutigen Drohungen begleitet war.
Ich weiss nicht mehr, wie ich diese Nacht überstanden habe und ob ich überhaupt noch in der Lage war, Tränen zu vergiessen – so sehr war ich geschockt.
Irgendwie muss sich doch mein Heiland über mich erbarmt haben, denn ich bin
erschöpft von der Prügel eingeschlafen. Am nächsten Morgen mussten wir alle neben dem Bett Aufstellung nehmen und dann wurde uns das „Bettmachen“ gezeigt. Zusammenlegen des Pyjamas, quadratisch als Häufchen auf den neben dem Bett platzierten Hocker, glatt ziehen des Leintuches, Einstecken der Bettdecke mit Wolldecke und 20 oder 30 cm aufschlagen etc. Jeden Tag wurde unser Werk begutachtet und wenn irgendwo Falten auf der Bettdecke zu sehen waren, wurde das ganze Bett bis auf die Matratze auseinander gerissen und das Werk durfte von vorne beginnen.
Für den gemeinsamen Waschsaal gab es klare Anweisungen und eine Aufsicht, die alles kontrollierte. Ebenso wurden uns militärische Tischmanieren andressiert und unmissverständlich klar gemacht, dass man alles zu essen hatte, was serviert wurde.
Das war ein Problem für mich, weil ich damals keine Tomaten und demzufolge auch keine Tomatensuppe essen konnte. Und weil ich das dann eben doch musste, fand diese Suppe wieder den Weg nach oben... und das hatte natürlich Folgen, die ich hier aber nicht mehr im Detail beschreiben will.

Der Leser merkt bereits, dass dieser Aufenthalt, der ja als so genannte Erholung bezeichnet wurde (so hiess das damals. Man sagte: er ist zur Erholung fort), für mich keine Erholung war, sondern eher eine Tortur. Ich litt unter starkem Heimweh. Briefe von daheim und unsere Post nach daheim wurde alle gelesen (zensiert). Im Nachhinein bin ich auch überzeugt, dass meine Hinweise, mich hier weg zu nehmen, meine Eltern nie erreicht haben. Ich habe keinen einzigen ungeöffneten Brief bekommen. Päckchen mit gut gemeintem Inhalt wurden für alle verteilt. Ich habe kein einziges Päckchen von daheim selbst in die Hand bekommen – nur einmal wurde mir ein Quartett ausgehändigt, weil eine Tante so clever war, darauf zu schreiben „Eigentum von Friedhelm Kesper“.

Etwas hat sich mir aber damals ganz stark eingeprägt: ich habe nicht nur Heimweh nach daheim gehabt, ich hatte auch Heimweh nach der christlichen Versammlung (so nannte man damals die evangelische Freikirche).
Was hätte ich dafür gegeben, wieder einmal in der Versammlung still sitzen zu dürfen und diese Atmosphäre zu fühlen. Das war nichts Oberflächliches. Ich habe immer und immer wieder darüber nachgedacht und fand es damals schon recht erstaunlich. Denn Versammlung, das hiess zu dieser Zeit: Sonntag-Vormittag und Nachmittag. Das war der normale Sonntag. Am Abend lud man Gäste ein oder war selbst von jemand eingeladen.
Für uns Kinder war es eine ziemliche Herausforderung, so lange still zu sitzen und doch habe ich diese Atmosphäre schmerzlich vermisst.
Ich denke: hier hat mir Gott eine tiefe Liebe zur Gemeinde geschenkt, die mein Leben so stark geprägt hat, die bis heute geblieben ist.

Neben all dem Schweren aus dieser Zeit in Norderney, gab es auch viel Schönes: die Wanderungen am Strand oder in den Dünen, der wöchentliche Besuch im Wellenbad oder der Hafenrundgang. Spannend war auch, mitzuerleben, wie es Sturmfluten oder einmal sogar eine Hochflut gab, wie Teile der Insel überschwemmt waren und so weiter.
Aber auch in jener Zeit hatte ich Asthma-Anfälle. Dann wurde ich im Saal auf eine Pritsche im hinteren Teil verwiesen, wo man mich einfach liegen liess und nach geraumer Zeit wieder holte. Einmal hat man mich total vergessen und ich bin dann wohl eingeschlafen, weil ich mich nicht getraute, einfach alleine aufzustehen.
Jede Woche war Arztvisite, man wurde gewogen und weil ich nach den ursprünglich vorgesehenen 11 Wochen noch nicht zugenommen hatte, wurden mir 3 Wochen Verlängerung aufgebrummt. Das war eine ziemliche Enttäuschung für mich.
Irgendwann kam dann doch das Ende jener „Rekrutenzeit“ und wir durften endlich nach Hause. Ich wusste aber nicht mehr so recht, wie es zuhause in meiner Familie war und so kam ich mit gemischten Gefühlen zurück. Am Abend habe ich meine Kleider (wie in Norderney eingetrichtert) auf einem Hocker als quadratischen Stapel wohlgeordnet gelegt, und alleine dies löste bei Mutter und er älteren Schwester Schwester ziemliches Staunen aus. Daneben muss ich wohl auch einen eingeschüchterten Eindruck hinterlassen haben.
Die Freude, wieder zuhause zu sein, war noch nicht bei mir angekommen.
Als alles still in der Wohnung war, und ich in meinem Bettchen lag, hat man sich am Familientisch noch unterhalten und meinte wahrscheinlich, dass ich schon schlafe.
Aber alles war so ungewohnt für mich, das ich eben noch lange wach lag und dann hörte, wie einer zum anderen sagte, er ist nicht mehr derselbe, was hat man wohl mit ihm gemacht? Ja, ich weiss nicht so recht, wie ich das als 11jähriger alles verarbeitet habe. Jedenfalls habe ich mich sehr auf den nächsten Sonntag und die Gemeinde gefreut.

Aufarbeitung / Vergebung
Die Norderney-Erfahrung war im Jahr 1955. – 47 Jahre danach, also im Jahr 2002 habe ich mit meiner Frau, Louise zusammen eine Ferienwohnung auf Norderney gemietet. Es hatte mich nicht mehr losgelassen. Ich musste nochmals dahin und diesen Ort, das Seehospiz aufsuchen. Und wie es der „Zufall“ will: unsere Ferienwohnung lag schräg gegenüber dieses Heimes, das damals ein Heim für Mütter und Kinder geworden ist.
Ich habe es mir von aussen betrachtet, die Backsteinfassaden waren noch genau wie früher. Wir sind hinein gegangen und ich meinte, den Geruch von damals zu riechen. Ich habe dann jemand gefragt, ob ich mal kurz durch das Gebäude gehen dürfte - aus eben jenen Gründen. Leider hat man es mir nicht gestattet, was mich schon sehr befremdet hat.
Ich wollte das Kapitel jedoch abschliessen und habe dann in einer ruhigen Stunde ganz bewusst den damaligen Schwestern im Gebet Vergebung zugesprochen.
Damit ist Norderney und die Heimerfahrung zwar beendet – doch vergessen kannst du so etwas nicht. Noch Jahre später – wenn ich auf Reisen in Deutschland Schwestern in jener Tracht begegnete wie auf Norderney – lief es mir eiskalt den Rücken hinunter – und wie ein Film lief alles vor meinen Augen wieder ab.
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Claudia Brückner aus Erftstadt schrieb am 31.03.2022
Hallo,
Mein Name ist Claudia Brückner.
Ich wurde im Alter von ca. 5 Jahren für 6 Wochen nach Bad Dürrheim geschickt, weil ich blass und zu "mager" war. Der Kunderarzt hatte es angeordnet. Leider weiss ich nicht mehr, ob ich in Haus Hohenbaden oder im Luisenheim war. Ich erinner mich an Nonnen oder Schwestern . Ich durfte kein Spielzeug mitnehmen, mein Vater kaufte mir am Bahnhof einen Hasen, das war das Einzigste.
Das Essen musste immer aufgegessen werden, manchmal sahs ich bis spät noch alleine am Tisch. Ich erinnere mich an ein Zwillingsgeschwisterpaar...die eine zu dick, die andere zu dünn. Beim Mittagessen, hat die der anderen heimlich beim Essen geholfen, damit die Schwester keinen Ärger bekommt, bis sie sich übergeben musste. Ich glaube sie musste es säubern oder wurde bestraft.
Ich erinner mich an Schlafensräume und einen langen Flur, an den Türen hielten die Schwestern Wache, weil wir nicht sprechen durften. Einmal musste ich lachen und ich wurde in eine Besenkammer gesperrt, mein Hase wurde mir weggenommen, weil ich ihn aus dem Koffer holte.
Ich sehe uns Kinder noch schweigend, in 2-er Reihe zum Sandkasten laufen....
Ich weiss noch, dass es eine kleine Turnhalle gab mit Frühsport.
Ich kann mich nicht an Spielen erinnern, auch nicht an Bäder. Ich möchte meine Lücken füllen und suche Menschen, die zur gleichen Zeit da waren.
Ich habe schon so lange eine tiefe Traurigkeit in mir und Verlustangst, ich habe Angst vor kleinen Räumen und vor unter Wasser getaucht zu werden.
Wenn ihr auch in dem Zeitraum in Bad Dürrheim wart, dann bitte meldet euch....
Und allen Anderen wünsche ich abschließen zu können, durch Aufarbeitung und einen grossen Dank an alle Menschen, die daran mitarbeiten, dass das möglich ist.
Danke, Claudia Brückner
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Patrick Preussen aus Frankfurt am Main schrieb am 29.03.2022
Im März und April 1973 war ich in Mambach mit fünf Jahren zur allgemeinen Erholung und wegen Atemwegserkrankungen. Die Zeit war schrecklich und ich habe mich jeden Tag auf die Rückfahrt gefreut. Allerdings gab es auch Leute – vor allem ältere – die ordentlich Spaß hatten.

Viele litten wie ich unter Heimweh und Einsamkeit. Besonders schlimm fand ich, dass keine Telefonate mit den Eltern erlaubt waren. Die Begründung: Das würde das Heimweh noch verschlimmern. Immerhin durften an meinem sechsten Geburtstag die Eltern mich anrufen.

Die Zimmer waren mit drei oder vier Stockbetten ausgestattet. Auf dem Flur gab es einen Ganglautsprecher. Was dort verkündet wurde, habe ich mit einer Ausnahme vergessen. Eines Abends erzählte der Pfarrer der auf dem Berg gegenüber liegenden Kapelle von Flugzeugen, die Bomben abwarfen und anderen Grausamkeiten. So erfuhr ich - im Kinderheim allein im Bett - völlig unvorbereitet vom Zweiten Weltkrieg.

Irgendwann hatte ich den Bettbezug an den Knöpfen geöffnet und mich darin verkrochen, weil es sich geborgener anfühlte. Dazu lutschte ich mit dem Daumen die Ecken des Textils auf. Die Erzieherinnen – Tante Waltraud und Tante Gudrun – müssen das wohl entdeckt haben. Jedenfalls präsentierte die Heimleiterin den Bettbezug vor allen anderen beim Frühstücksraum und ich musste vor die Gruppe treten. Tränen, Schimpfe und keinen Trost!

Wir mussten viel wandern. Eigentlich keine schlechte Sache, aber die Großen erzählten immer von Blasen und durften dann im Heim bleiben. Ich wusste nicht, was eine Blase war. Nach Frankfurt zurückgekehrt, stellte mein Vater fest, dass ich auch eine hatte. Vielleicht wäre es an den Erzieherinnen gewesen, besser nach den Kindern zu schauen.

Ich erinnere mich noch daran, dass viele Kinder aus dem Ruhrpott kamen. Es gab Leute, die mussten immer zum Wiegen. Am Tag vor der Heimreise mussten wir unsere Pullover linksherum tragen, damit sie nicht schmutzig werden können.
Nach allem was ich gelesen habe, muss es in den Jahren davor noch schlimmer zugegangen sein. Mir bleibt jedoch unklar, wie so etwas noch in den siebziger Jahren existieren konnte nach aller gesellschaftlicher Gegenbewegung in dieser Zeit. Auch würde mich interessieren, was in den Köpfen der jungen Erzieherinnen vorgegangen ist.
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ulla aus nürnberg schrieb am 25.03.2022
Hallo, ich war 1967 im Alter von 3 Jahren für sechs Wochen in der Villa Dürkopp in Bad Salzuflen.
Dann im Dezember 1971 im Alter von 7 Jahren für sechs Wochen in einem Kinderkurheim, von dem ich leider nur Fotos habe.
Ich wüsste anhand der Fotos gerne, wo das gewesen ist 1971.
Hoffe ihr könnt mir helfen. War eine sehr schlimme Zeit für mich (Heimweh, nur "liebe" Briefe schreiben, Psychopharmaka, Esszwang, Wegsperren in den Keller u.a.
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Monika aus Duisburg schrieb am 24.03.2022
Im Alter von 5 Jahren war ich vor Ostern 1963 für 6 Wochen in Mülheim im Kloster Saarn. Wenn ich hier die Geschichten lese, die ich so oder ähnlich auch erlebt habe, frage ich mich, wie unsere Eltern das zulassen konnten. Selbst doch erst gerade dem Krieg entronnen. Meine Mutter hatte immer erzählt, wie sehr sie selbst im Pflichtjahr gelitten hatte. War aber ein großes Mädchen zu dieser Zeit. Und da schickt meine Mutter ihr kleines fünfjähriges Mädchen zur "Kur". Unverständlich.
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Wolfgang Fürstner aus Berlin schrieb am 23.03.2022
Da mein Vater im Juli 1944 gefallen ist, ist meine Mutter nach der Flucht aus Breslau in Mpnchen gelandet. Ich war von 1945 bis 1949 in einem Kinderheim in Greinau (?) oder Oberammergau. Das katholische Kinderheim wurde angeblich vom schlesischen Nonnen geleitet. Wer hat Informationen darüber? Wolfgang Fürstner
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Kallenbach aus Berlin schrieb am 23.03.2022
Wie kann man man herausfinden in welchem Heim man gewesen ist?
Meine Schwester und Cousine waren 1971 auf Kur dort. Beide waren vier Jahre alt und sollten dort aufgepäppelte werden weil beide sehr dünn waren

Wir wohnten damals in Bensberg und Bergisch Gladbach
Welches Heim könnte es gewesen sein.
Krankenkasse war die Barmer

Beide kamen ziemlich traumatisierte zurück und haben sich nicht davon erholt
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Jan aus Hamburg schrieb am 20.03.2022
Hallo ich war ca 1987 im Hochwald Sanatorium, ich habe schreckliche Erinnerungen an die Trennung von meinen Eltern, den Vertrauensbruch, die Bestrafung allein zu sein und ausgeschlossen zu werden, wenn man nicht machte was gesagt wurde, dass Ausgeliefertsein bei Untersuchungen ohne Erklärung was grade gemacht wird. Nur eine Frau dort war nett zu mir, ich tat ihr wohl leid wegen meinem schlimmen Heimweh, bis heute habe ich mit den psychischen Folgen zu kämpfen, LG Jan
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Stefanie Schilling aus Offenbach schrieb am 19.03.2022
Ich Stefanie Schilling war 4 Jahre alt als ich verschickt wurde meine erste Erfahrung hatte ich gleich am 1 Tag einem Montag meine Eltern gaben mich ab und versprachen mir mich Donnerstags wieder abzuholen wären ja nur 3 Tage Donnerstags saß ich dort i. Heim am Fenster und wartete auf meine Eltern sie kamen nicht statt dessen bekam ich eine Puppe Aneliese hatte ich sie genann
Danach 4 Tage später war es abends die Höhle
Ich ging selbstständig aufs Klo und zog natürlich auch ab das hätte ich aber nich gedurft weil man es sich ansehen wollte ich sag einfach nur abartig
Ich wurde ins Bett gesetzt auf einen Topf gestzt mußte natürlich nicht was die Erzieherinnen dann auch merkten man sagte mich mach nicht ins Bett
Sonst versohlen wir dir den Hintern 5 Std. War es passiert hatte vor lauter Kummer ins Bett gemacht
Man versohlte mir den Hintern ich schrie ich geh zur Heimleitung wo ich Nachmittags auch war eine sehr nette Dame sie versprach mir in einer anderen Gruppe wohnen zu dürfen was dann auch am gleichen Abend noch war
Dies war mein Bericht zum Hochlandhaus in Freudenstadt
Würde mich freun über Nachrichten wer soetwas ähnliches dort erlebt
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Regina Goertz aus Ennepetal schrieb am 17.03.2022
Ich war 6 Jahre alt und meinen 7. Geburtstag "erlebte" ich dort in diesem Heim, von dem ich nicht weiss, wie es hiess. Ich kann auch Niemanden mehr fragen. Die Erlebnisse aber sind bis heute präsent an diese schrecklichen 6 Wochen. Ich war zu mager, deshalb wurde ich dorthin geschickt. Aber zugenommen habe ich dort nicht: Zum Frühstück gab es Brötchen, Sardellenpaste oder Buttercreme. Letztere kann ich bis heute nicht mehr essen, genauso wie den Schokopudding mit der dicken Haut. Den Würgereiz spüre ich immer noch in der Erinnerung und auch die Haut vom Geflügel. Alles musste aufgegessen werden, sonst sass man so lange am Tisch, bis der Teller leer war. Ich sah immer wieder ein Kind vor seinem in das Essen Erbrochenen auch noch am Nachmittag da sitzen und ich hatte schreckliche Angst. Deshalb hab ich die dicke Haut immer in die Backen geschoben und wenn man zur Toilette durfte, hab ich sie ausgespuckt. Ein Mädchen hiess Ursula und war, wie ich, aus Wuppertal. An meinem Geburtstag zeigte man mir ein Päckchen, das mir eine Tante geschickt hatte. Da waren Süssigkeiten drin - aber bekommen habe ich Nichts davon. Nach dem Mittagessen in dem riesigen Speisesaal, ich sass immer an der Wand mit vielen anderen Kindern auf einer Holzbank, musste der " Mittagsschlaf " eingehalten werden. Auf dem Rücken still liegen und man durfte nicht sprechen. Und auch nicht aufs Klo! Ein Mädchen machte oft ins Bett und wurde bloßgestellt, als Bettpisser beschimpft und mit nacktem Po musste sie still auf dem kalten Boden stehen, bis sie sich anziehen durfte. Ich war starr vor Angst und Weinen war verboten. Und immer hatte ich schreckliches Heimweh, aber es gab kein Telefon und die eine Postkarte, die in der Woche geschrieben werden durfte, wurde streng zensiert und bei Nichtgefallen zerrissen. Die "Flintenweiber", so habe ich die Wachen in den Fluren bezeichnet später, waren zur Mittagsruhe und am Abend und in der Nacht allgegenwärtig. Man hatte keine Chance unbemerkt zur Toilette zu kommen und es gab kein Pardon: Die Toilettenbesuchszeiten waren streng geregelt. Diese und noch viele, viele schlimme Erlebnisse habe ich erst so richtig realisiert, als ich einige Jahre älter war. Meinen Eltern habe ich all das auch erst erzählt, als ich erwachsen war. Als 7jährige nach diesen 6 Wochen habe ich von diesen Schrecken Zuhause nichts erzählt. Ich war danach noch schüchterner und dünner als vorher.?
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Miriam aus Schwerte schrieb am 10.03.2022
Ich bin dankbar, dass es diese Initiative gibt und hoffe, dass nun endlich hingesehen und verstanden wird, welch furchtbarer Missbrauch da an unschuldigen Kindern von inkompetenten und empathielosen "Erwachsenen" an Schutzbefohlenen ausgeübt wurde.

Ich komme aus Hagen / Westf. und wurde im Alter von 4 Jahren und erneut mit 6 Jahren zur Kur geschickt.
1981 nach Bad Salzufflen und
1983 nach Bayern.
Ich war ein "schlechter Esser" und sollte zunehmen.
Mir geht es wie den meisten hier, hatte meine Erlebnisse für einen Einzelfall gehalten, es gab irgendwie nie den Rahmen sich über das auszutauschen, was passiert ist.
Ich fuhr als aufgewecktes, quirliges Mädchen vom Hagener Bahnhof ab, wollte auf der Bahnfahrt mit allen Freundschaft schließen, teilte fröhlich meine Bonbons und kam nach 6 Wochen verstummt, eingeschüchtert und von mir selbst und meinen Gefühlen getrennt zurück. Ganze vier Jahre alt.

Ich erinnere mich auch an bitteres Heimweh, heiße Tränen und dass ich nicht weinen durfte.
Ich erinnere mich auch an den Tischdienst, Lätzchen, Teller und Becher wurden von den Kindern, die Dienst hatten verteilt, ich konnte mein Lätzchen noch nicht binden, machte einen Knoten und bekam das Ding nicht mehr alleine ab und versuchte verzeifelt das Bindeband abzureißen, mehr weiß ich dann nicht mehr...
Dann der Essenszwang, wir mussten Riesenportionen aufessen, bis zum Erbrechen. Ob ich dann weiteressen musste, weiß ich nicht mehr... Ständig hat ein Kind sich übergeben, das Essen war ekelhaft, komische Suppen mit Klumpen, doch "es gibt kein aber, aufessen!" war eine Pflicht. Wenn wir fertig waren bekamen wir einen Nachtisch, wenn wir einen leeren Teller vorzeigen konnten, ich musste oft bis zum Abedessen vor meinem Teller sitzen und spielte mit den Bindfäden am Lätzchen.
Ich erinnere mich an Trinkverbote, ich sollte mich "satt essen und nicht satt trinken"...die durstige Verzweiflung hat mich dann dazu verleitetet, heimlich beim Zähneputzen, das ebenfalls verbotene Leitungswasser zu schlucken. Mein Mund war so trocken, die Lippen aufgesprungen und geschwollen. Danach habe ich mich ebenfalls tagelang übergeben... Wir wurden regelmäßig gewogen auf einer großen alten Waage nur im Schlüppi, wartend und frierend, bis man an der Reihe war.
Schreiben konnte ich noch nicht, versuchte dennoch alles von der Tafel abzumalen, wie alle anderen auch, nur nicht auffallen.
Nachts musste man auf einer kalten Stufe hocken, wenn man beim heimlichen Klogang erwischt wurde.
Wir wurden verbal erniedrigt und eiskalt abgeduscht und im Keller gab es sehr heiße Bäder, ich sprang immer wieder raus, die Badefrau war aber lieb und hat schnell etwas kaltes Wasser zugefügt.
Mittagsschlaf war pflicht, regungslose Bettruhe und kein nächtlicher Toilettengang.
Es gab so viele Verbote und ich fühlte mich so verloren, so hilflos, so ausgeliefert. Auch die anderen Kinder waren nicht alle nett. Es gab keinen Schutz, keine Gewissheit, ob man die Eltern je wieder sah, nur pure Verzweiflung.
Als ich nach 6 Wochen endlich wieder zu Hause war, hab ich nicht viel erzählt, der Hölle entkommen mit gebrochener Kinderseele. Von meinen Handfächen und Fußsohlen löste sich großflächig meine Haut, ich konnte sie regelrecht wegklappen, darunter lag frische rosa, teilweise rote Haut, was ist da passiert? Allergie auf Sole? Zu heiß gebadet? Kennt das noch Jemand? Ich erinnere mich noch an den entsetzten Blick meines Opas, als ich ihm meine "Klapphand präsentierte. Ansonsten schien meine Veränderung nicht groß aufgefallen zu sein, die Haut wurde als Unverträglichkeit abgetan.

Ich hoffe, dass mit jedem Hinsehen und jedem ehrlichen Mitgefühl endlich Heilung in allen so unnötig verletzten ehemaligen Kinderseelen entstehen kann.
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Andrea aus REutlingen schrieb am 28.02.2022
Ich muss im Spätherbst des Jahres 1967 ins Allgäu verschickt worden sein, weil ich zu mager war.
Ich war auf alle Fälle über den Nikolaustag in der Verschickung, da ich, weil ich "nicht brav" war, nur eine leere Rute bekommen habe.
Ich war wenig zuvor erst eingeschult worden und konnte so gut wie noch nicht schreiben. Bis vor wenigen Jahren existierte eine Postkarte von mir, die nicht zu entziffern war. Leider hat meine Mutter diese inzwischen weggeschmissen. Ich erinnere mich an einen Brief, den ich diktieren sollte, und meine Angabe "ich habe Heimweh" wurde nicht geschrieben. Von diesem Brief weiß ich allerdings auch nicht, ob er jemals meine Eltern erreicht hat. Ich erinnere auch, dass andere Kinder ihre geschriebenen Briefe nach der Korrektur wieder zurück bekamen, weil sie "falsche Dinge" drin geschrieben hatten, wie z.b. Heimweh oder das Essen schmeckt nicht.
Ich weiß auch noch, dass wir Pakete von den Eltern erhalten haben, aber der Inhalt wurde sicher durchgesucht und dezimiert. Vom Nikolaus Paket habe ich dann nachträglich etwas erhalten.
Neben unserem Heim war ein Heim für adipöse Kinder, die uns über den Zaun hinweg um Essen angebettelt haben. Ich erinnere mich noch, das diese Kinder ihre Äpfel gegen unsere Nikolausschokolade eintauschen wollten.
Meine Mutter hat mich auf den Bahnhof in Reutlingen gebracht, von dort aus wurde ich dann mit dem Zug verschickt. Ich erinnere mich noch daran, dass mein Koffer nicht zusammen mit mir angekommen ist und ich zunächst einmal Notkleidung tragen musste, die mich angeekelt hat.
Ich meine mich auch zu erinnern, dass Schnee lag als wir ankamen, und es furchtbar kalt war.
Zur gleichen Zeit war ein Mädchen mit einer relativ frischen Blinddarmoperation mit mir untergebracht. Das weiß ich noch, weil sie einmal auf der Treppe nach oben in den Schlafsaal direkt vor mir zusammengebrochen oder gestolpert ist, und man mir die Schuld daran gegeben hat. Am Abend wurde mir daraufhin der nackte Hintern öffentlich versohlt.
Im Bett neben mir schlief ein Mädchen namens "Cordula" oder mit einem ähnlich klingenden Namen, die "im Balett war" und mir deswegen immer ihren Fuß ins Gesicht gestreckt hat, weil sie Spagat konnte. Ich habe natürlich versucht mich zu wehren, und wurde wiederum bestraft....
Wenn ich an diese Zeit denke, habe ich nicht viel mehr, als die hier geschilderten Erinnerungen, aber ein Gefühl der Angst, des Ausgeliefert und Verlassen-seins legt sich wie ein dunkler Mantel über mich. Jedes Detail, das an die Oberfläche steigt löst Übelkeit und Trauer aus.
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Silke b.... aus Pohlheim schrieb am 27.02.2022
War mit 6 Jahre in Dehrn Hessen ein halbes Jahr dort wegen meinem Spachfehler es hat nicht viel gebracht meine Eltern dürften mich nicht besuchen wegen angeblich dem Heimweh die mitgebrachte Spielsachen wurde mir entzogen und bei Entlassung nicht wieder heraus gegeben frechheit finde ich man musste Mittagschlaf halten da mit diesen gestressten Tanten mal ruhe hatten jeden Tag Therapie furchtbar u Sonntags in die Kirche musste in die katholische obwohl ich evangelisch bin warum weiß ich heute noch nicht warum
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Joachim Finger aus Löhningen schrieb am 27.02.2022
Beim Recherchieren für ein berufliches Treffen in Norddeutschland ging ich mit Google – wie es manchmal so geht – auf die Ostfriesischen Inseln, um mich an schöne Ferienaufenthalte zu erinnern. Ich bin dabei auch ganz nach Westen gerutscht: Borkum. Ungute Erinnerungen. Undeutlich – wo war das noch? Wie hiess das Heim? Kinder mit blau-weiss gestreiften Strickkäppchen. Sprechen verboten. «Ihr sollt ruhig werden». Vorgeschriebene Texte auf Postkarten «alles ist sehr sauber und ordentlich». Und dann stiess ich auf dieses Foto: Kinderheim Concordia – da war es wieder. 1967 schickten mich meine Eltern dorthin, zusammen mit anderen Kindern aus der Firma. Damit es nicht hiesse, «die haben es nicht nötig». Sie selber verbrachten die Zeit auf einer anderen ostfriesischen Insel.
Als ich die Berichte anderer Menschen hier las, kam es wieder hoch. Die Nummer, die man immer sagen musste, ja die man ein Stück weit war. Immer wieder Milchreis mit Dörrobst, den ich zum Glück mochte. Aber dann dieser Linsenbrei! «Jetzt nimmst du auch zweimal, beim Milchreis nimmst du auch immer noch mal!» Das Stehen in Reihen vor den Toiletten. «Fräulein x, ich hab Gross gemacht.» Nachkontrolle mit der Strichliste. Bei mangelndem «Erfolg» gab es Meerwasser zum Trinken.
Oder der erste Abend im Schlafraum, 1 Stock: Ich sprach meinen Bettnachbarn an (der nicht aus unserer Gruppe war) und sofort legte er seinen Finger auf den Mund. (Er sagte übrigens vor seiner Abreise – für mich bis heute unverständlich – «ich freu mich schon auf nächstes Jahr».) Liegeposition auf dem Rücken, Hände auf die Bettdecke, hiess die Anweisung zum Einschlafen. Die Zwickel der Schlafanzughosen wurden morgens kontrolliert, ob sie etwa feucht waren. Ein Knabe, der auf der Nachttoilette kein Papier mehr gefunden hatte, wurde wegen seiner verschmutzten Unterhosen blossgestellt. Ich wurde blossgestellt, weil ich eine Heimwehphase hatte und weinen musste. Das hämische Lachen von Frl. x, begleitet vom Ausschluss vom Amt des Vorlesens (das ich liebte, weil es mich in eine andere Welt brachte – «Die rote Zora und ihre Bande» hiess das Buch) tat weh.
Dann ständig der Druck der angeblichen Berichte, die sie an unsere Eltern schreiben würden. Die Fräuleins unterhielten sich darüber, so dass wir es hörten. «Hast du schon angefangen? Hast du gute Berichte?» «Ja, aber bei mir sind es fast alles schlechte.» (Meine Eltern haben nie ein Wort über einen solchen «Bericht» verloren.)
Anstehen zum Kämmen. Jeden Tag dasselbe Sprüchlein. «Nummer xy – ich heisse nn, wohne in (Ort), bin z Jahre alt und (Konfession)». Abtreten, der Nächste.
Spaziergang. Immer Hand in Hand mit dem Nachbarn, Zweierreihe, Käppchen auf dem Kopf – und ja nicht reden! Nur an einem recht einsamen Strandabschnitt durften wir reden. «Ihr sollt ruhig werden.» An ein Bad im Meer kann ich mich nicht erinnern. Dafür an einen obligatorischen Besuch in einem Souvenirladen mit einem obligatorischen Kauf von etwas. Das Taschengeld musste schliesslich ausgegeben werden, ein Eis oder etwas Ähnliches lag ja nicht drin.
Für mich – ich war etwas rundlich – war es auch demütigend, immer vor dem Mittagessen fragen zu müssen «kann ich bitte meinen Apfel haben?» Der war mir verordnet, damit ich etwas abnehmen sollte. Ich war der einzige. Genützt hat es, glaube ich, nicht so viel – bei so viel Milchreis mit Dörrobst.
Ein Bub begehrte auf. «Das erzähl ich alles meinem Vater, dann kommt hier sooon dicker Brief an.» Wie wurde der vor allen blossgestellt und heruntergemacht! Und natürlich mit dem «Bericht» gedroht!
Das Schlimmste am Schluss war, dass weder die Sozialarbeiterin der Firma noch meine Eltern unsere/meine Erzählungen ernst nahmen. Meine Eltern lachten.
Später hiess es mal, der Leiter des Kinderheims sei halt so ein Oberst aus der Wehrmacht gewesen …..
Borkum ist ja vielleicht eine schöne Insel. Aber mir löst nur schon der Name Abneigung aus.
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Richard Mitschke aus Berlin schrieb am 27.02.2022
Anfang der 50ger Jahre war ich von Hamburg aus im Kinderheim Cuxhaven-Duhnen. An dieses vermutliche Roto-Kreuz-Kinderheim habe nur gute Erfahrungen.
Im Winter 1954 war ich noch einemal in Pollind, OBB. Auch hieran habe ich nur gute Erfahrungen. Wir waren im Olympia-Stadion Garmisch und in der Partnachklamm.
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Dagmar schrieb am 26.02.2022
Ich war untergewichtig, hatte oft Atemwegsinfekte. Heute weiß ich, dass ich schon damals unter Asthma litt.
Ich erinnere mich gut, dass ich fröhlich in den Zug stieg, auf Ausreise in die Kur. Alle hatte mir vorher gesagt, es werde schön mit den vielen Kindern - für mich als Einzelkind klang es nach einem paradiesischen Urlaub. Irritiert war ich über die anderen Kinder, die weinend in Bremen in den Zug stiegen. Ich war ja schon groß, stand mit 8 Jahren "darüber". So dachte ich.
Danach hört meine Erinnerung auf. Sie beginnt mit Vorlesen auf einem langen, kalten Flur, da saß ich im Schlafzeug frierend auf dem Fußboden, links und rechts von kleinern Mädchen gewärmt.
Mitten im Aufenthalt durften wir in neue Zimmer umziehen, mit neuen orangenen Spinden und je zwei nebeneinander stehenden Betten. Die Räume waren wärmer, geschützter vor den Tanten.
Nachts tröstete ich das Mädchen im Bett neben mir, wir hielten uns an den Händen, bis wir die Nachtwache mit ihrer Taschenlampe herankommen hörten - sie durfte die Tränen nicht sehen, die Hände schon gar nicht, wir stellten uns schlafend.
Ich hatte einmal erbrochen und Durchfall. Mein Lieblingsrock wurde kurzerhand weggeworfen. Das Bettzeug abgezogen, ich auf dem kalten Flur abgestellt bis ich Bauchkrämpfe bekam. Ich habe mich niemals vorher so verlassen gefühlt. Grob wurde ich gewaschen, selbst durfte ich es nicht, kontrolliert ob ich sauber war (kein Recht auf Intimsphäre) - das Abtrocknen überließen sie zum Glück mir. Ich kam dann alleine in ein eiskaltes Zimmer, hin und wieder kamm eine Tante zur Kontrolle. Ich hatte Fieber und furchtbaren Durst. Habe Farbe von den gekalkten Wänden gekratzt bis meine Fingernägel ab waren und die Fingerkuppen wehtaten.
Taschentücher gab es nicht, so habe ich nachts Schnotten in das Bettlagen geschmiert. Dafür wurde ich mehrmals vor allen Kindern runtergeputzt.
Dann die Mahlzeiten. Das Essen war fettig und einseitig. Milchreis, eklige Suppen mit widerlicher Kochwurst drin, Erbsensuppe mit dicken wabbeligen Fettstücken aber Fleischfrei, Nachtisch, künstlicher roter Pudding.
Am Nebentisch die Dicken bekamen Salat und Obst, Tauschen war natürlich streng verboten (ein Theater, als ich den Versuch unternahm. Die Schuld bekam die arme Dicke - sie wurde angeprangert. Dass ich gerne Obst/Gemüse bekommen hätte, versuchte ich zu sagen, wurde aber ignoriert.
Wer nicht aufaß, musste sitzenbleiben bis alles aufgegessen war. Ich lernte, schnell zu essen - das Überessen war dann leichter.
Beim Basteln wollte ich mir die Fingernägel schneiden, weil sie zu lang waren. Dafür bekam ich Schläge auf die Hände. Dann habe ich sie abgekaut - das wurde vor der ganzen Gruppe lächerlich gemacht.
Einmal die Woche mussten wir Briefe an die Eltern schreiben lassen. Ich konnte schon ein bisschen schreiben und tat das selbst. Der Brief wurde zerrissen, von der Tante neu geschrieben - mit völlig verändertem Inhalt. Natürlich durften meine Eltern nicht wissen, dass (und warum!) ich unbedingt nach Hause wollte.
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Sylvia aus Bad Königshofen schrieb am 26.02.2022
Hallo,
Ich hatte mich bereits 15.02.22 nach der Sendung auf SWR hier gemeldet.
War noch jemand in Bad Dürrheim, Solebad?
Wohin kann man sich wenden um mehr über die dortige Zeit zu erfahren?
Am schlechtesten sind mir die Zeiten vom Essen in Erinnerung.
Schon fand ich die Spaziergänge durch den Wald, auch wenn es kalt, Maß und regnerisch war, außerdem war es im November oft neblig
Bitte bei mir melden
Freundliche Grüße
Sylvia
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Thomas schrieb am 24.02.2022
Kleine Korrektur meines vorherigen Eintrags: Ich habe eine alte Postkarte meiner Eltern gefunden und gesehen, dass ich im November 1971 dort war.
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