ZEUGNIS ABLEGEN – ERLEBNISBERICHTE SCHREIBEN

Hier haben sehr viele Menschen, seit August 2019, ÖFFENTLICH ihre Erfahrung mit der Verschickung eingetragen. Bitte geht vorsichtig mit diesen Geschichten um, denn es sind die Schicksale von Menschen, die lange überlegt haben, bevor sie sich ihre Erinnerungen von der Seele geschrieben haben. Lange haben sie gedacht, sie sind mit ihren Erinnerungen allein. Der Sinn dieser Belegsammlung ist, dass andere ohne viel Aufwand sehen können, wie viel Geschichte hier bisher zurückgehalten wurde. Wenn du deinen Teil dazu beitragen möchtest, kannst du es hier unten, in unserem Gästebuch tun, wir danken dir dafür! Eure Geschichten sind Teil unserer Selbsthilfe, denn die Erinnerungen anderer helfen uns, unsere eigenen Erlebnisse zu verarbeiten. Sie helfen außerdem, dass man uns unser Leid glaubt. Eure Geschichten dienen also der Dokumentation, als Belegsammlung. Sie sind damit Anfang und Teil eines öffentlich zugänglichen digitalen Dokumentationszentrums. Darüber hinaus können, Einzelne, die sehr viele Materialien haben, ihre Bericht öffentlich, mit allen Dokumenten, Briefen und dem Heimortbild versehen, zusammen mit der Redaktion als Beitrag erarbeiten und auf der Bundes-Webseite einstellen. Meldet euch unter: info@verschickungsheime.de, wenn ihr viele Dokumente habt und solch eine Seite hier bei uns erstellen wollt. Hier ein Beispiel

Wir schaffen nicht mehr, auf jeden von euch von uns aus zuzugehen, d.h. Ihr müsst euch Ansprechpartner auf unserer Seite suchen. ( KONTAKTE) Wenn Ihr mit anderen Betroffenen kommunizieren wollt, habt ihr weitere Möglichkeiten:

  1. Auf der Überblickskarte nachschauen, ob eurer Heim schon Ansprechpartner hat, wenn nicht, meldet euch bei Buko-orga-st@verschickungsheime.de, und werdet vielleicht selbst Ansprechpartner eures eigenen Heimes, so findet ihr am schnellsten andere aus eurem Heim.
  2. Mit der Bundeskoordination Kontakt aufnehmen, um gezielt einem anderen Betroffenen bei ZEUGNIS ABLEGEN einen Brief per Mail zu schicken, der nicht öffentlich sichtbar sein soll, unter: Buko-orga-st@verschickungsheime.de
  3. Ins Forum gehen, dort auch euren Bericht reinstellen und dort mit anderen selbst Kontakt aufnehmen

Beachtet auch diese PETITION. Wenn sie euch gefällt, leitet sie weiter, danke!

Hier ist der Platz für eure Erinnerungsberichte. Sie werden von sehr vielen sehr intensiv gelesen und wahrgenommen. Eure Erinnerungen sind wertvolle Zeitzeugnisse, sie helfen allen anderen bei der Recherche und dienen unser aller Glaubwürdigkeit. Bei der Fülle von Berichten, die wir hier bekommen, schaffen wir es nicht, euch hier zu antworten. Nehmt gern von euch aus mit uns Kontakt auf! Gern könnt ihr auch unseren Newsletter bestellen.

Für alle, die uns hier etwas aus ihrer Verschickungsgeschichte aufschreiben, fühlen wir uns verantwortlich, gleichzeitig sehen wir eure Erinnerungen als ein Geschenk an uns an, das uns verpflichtet, dafür zu kämpfen, dass das Unrecht, was uns als Kindern passiert ist, restlos aufgeklärt wird, den Hintergründen nachgegangen wird und Politik und Trägerlandschaft auch ihre Verantwortung erkennen.

Die auf dieser Seite öffentlich eingestellten Erinnerungs-Berichte wurden ausdrücklich der Webseite der „Initiative Verschickungskinder“ (www.verschickungsheime.de) als ZEUGNISSE freigeben und nur für diese Seiten autorisiert. Wer daraus ohne Quellenangabe und unsere Genehmigung zitiert, verstößt gegen das Urheberrecht. Namen dürfen, auch nach der Genehmigung, nur initialisiert genannt werden. Genehmigung unter: aekv@verschickungsheime.de erfragen

Spenden für die „Initiative Verschickungskinder“ über den wissenschaftlichen Begleitverein: Verein Aufarbeitung und Erforschung von Kinderverschickung / AEKV e.V.:     IBAN:   DE704306 09671042049800  Postanschrift: AEKV e.V. bei Röhl, Kiehlufer 43, 12059 Berlin: aekv@verschickungsheime.de

Journalisten wenden sich für Auskünfte oder Interviews mit Betroffenen hierhin oder an: presse@verschickungsheime.de, Kontakt zu Ansprechpartnern sehr gut über die Überblickskarte oder die jeweiligen Landeskoordinator:innen


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2776 Einträge
Klaus Einig schrieb am 16.10.2020
Ich bin nun 72 Jahre alt (1948 in Köln geboren) und habe zufällig vom TV Bericht über die damalige Kinder-Verschickungspraxis erfahren und sehr ungute Erinnerungen kamen bei mir dadurch hoch.
Ich war von 1954 bis 1959 insgesamt fünf mal für meistens drei bis vier Wochen verschickt worden. An die Namen der Heime erinnere ich mich nicht, doch die Orte waren Wyk auf Föhr, Husum oder St.Peter Ording, Tegernsee und im Siebengebirge. Von vier Aufenthalten existieren noch jeweils Fotos, zwei Gruppenfotos und zwei gestellte Einzelfotos, weil man den Eltern einen Nachweis vom "ach so schönen Erholungsurlaub" vorweisen wollte. Ich litt bei allen Aufenthalten unter schwerstem Heimweh. Die Reiseorganisatorin in Köln hieß Frau Schubmehl und war wohl noch aus der Nazizeit übriggeblieben. Den Namen werde ich nie vergessen. Wir fuhren vom Kölner Hauptbahnhof mit dem Dampflockzug zu den jeweiligen Orten. Immer ging die Fahrt am Abend los und dann über Nacht. Die kleineren Kinder konnten sich im Gepäcknetz hinlegen. In Hamburg war meistens ein Aufenthalt in der Bahnhofsmission bis es weiterging. An die Heime habe ich nur negative Erinnerungen mit Zwangsmaßnahmen und Drangsalierungen.
Einmal hatte ich 50 Pfennige von meiner Mutter mitbekommen, die wurden mir gleich abgenommen. In einem Heim (Husum oder St. Peter Ording) musste ich meine in den Teller erbrochene Blumenkohlsuppe weiter aufessen. Mein restliches Leben lang habe ich keinen Blumenkohl mehr gemocht. In einem Heim am Tegernsee nahm man mir ein Stofftier, meine einzige emotionelle Verbindung nach Hause, für den ganzen Aufenthalt ab. In einem anderen Heim, eine Art Bauernhof, lief in den Schlafräumen Wasser an der Wand herunter. Eltern haben ihr Kind dort wegen der Verhältnisse vorzeitig abgeholt, da gab es auch nach der Ankunft im Kölner Hauptbahnhof auf dem Bahnsteig noch lautstarke Vorwürfe seitens einiger Eltern. Wenn Frau Schubmehl einmal die Woche zur Inspektion kam wurden die Kinder zwangsweise einzeln in eine Badewanne mit kaltem Wasser gesteckt und mussten anschließend im Freien mit nackten Füßen im Gras herumlaufen, bzw. sich dann feucht ins Bett legen. Denn die Frau war eine Anhängerin des Pfarrers Kneipp. Die älteren Betreuerinnen waren meist sehr streng mit den Kindern, manchmal waren auch zeitweise junge Studentinnen dabei, die mit im Schlafraum untergebracht waren, zu diesen hatte man einen angenehmeren Kontakt.
Die älteren Jungen drangsalierten natürlich auch die kleinen Jungen, was zu vermehrtem Heimweh und auch Bettnässen führte. Dafür gab es dann kein Verständnis, sondern es wurde als Schwäche angesehen und man wurde wegen der Mehrarbeit beschimpft. Einmal bin ich sogar vom Heim weggelaufen und man musste mich suchen. In dieser Zeit glaubten die Eltern den Klagen ihrer Kinder nicht, der hat eben immer Heimweh hieß es dann. Meine Eltern meinten mir etwas Gutes zu tun, dass ich aus der Trümmerstadt Köln mal herauskam. Erst nach dem Eklat auf dem Bahnsteig 1959 gingen ihnen die Augen auf und sie waren danach sehr betroffen. Leider habe ich keinerlei positive Erinnerung an diese Aufenthalte, von fünf Wochen Sommerferien musste ich drei Wochen dort sein. Der Stress führte auch zu einem anschließenden schulischen Absacken, das sich dann bis zum nächsten Sommer wieder erholte.
Mit besten Grüßen aus der Eifel K.E.
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Claudia P. aus Iserlohn schrieb am 15.10.2020
Hallo, habe gerade bei Frau TV (WDR) den Beitrag über Verschickungskinder gesehen. Jahrzehnte war ich im Glauben, dass es eine normale Kur war. Ich bin das siebte von acht Kindern und war unterernährt. Im Alter von fünf Jahren brachte mein Vater mich zum Bahnhof und setzte mich ganz alleine in den Zug. Für mich muss der Aufenthalt dort so schlimm gewesen sein, habe nur eine einzige Erinnerung. Ich sollte ein Zäpfchen bekommen. Habe mich geweigert. Mir wurde angedroht Schwester (den Namen habe ich vergessen), zu holen. Ich muss vor dieser Frau große Angst gehabt haben, denn ich habe das dann über mich ergehen lassen. Ansonsten weiss ich gar nichts mehr von dem sechswöchigen Aufenthalt. Als ich wieder zuhause bei meinen Eltern war, habe ich tagelang furchtbar geheult. Ich habe mich immer gefragt, was denn mit mir los ist , ,warum ich mich an nichts aus der Zeit erinnere. Nachdem ich nun den Hintergrund dieser Kuren kenne, vermute ich, dass es Selbstschutz aus einem Trauma heraus ist. Im Nachhinein wird mir nun auch einiges klar. Die Startschwierigkeiten in der Grundschule....habe am Anfang immer bockig unter dem Tisch gesessen, niemand konnte mich hervor locken. Bin erschüttert....
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Vera Egert aus Münster schrieb am 15.10.2020
Ich hatte im Alter von 3 Jahren Scharlach und danach Nierenbluten.
Im Dezember 1965 bin ich zu einer Klinik in Bad Wildungen von meinen Eltern gebracht worden. Ich habe so geschrien als meine Eltern mich verlassen haben und ich habe gedacht, dass sie mich weggegeben hätten.

Die Zeit war schrecklich. Ich hatte niemanden zum spielen, weil die anderen Kinder alle älter waren. Fühlte mich alleine gelassen.
Mit 4 Jahren musste ich meine Schuhe selber putzen. Ich hatte Fellschuhe und das flüssige Mittel kippte mir um, die Erzieherin schrie mich fürchterlich an.

Wir mussten in ein Badehaus, dort musste ich mich lange Zeit (gefühlt) in eine vollgefüllte Badewanne ohne Aufsicht setzen. Gar nicht vorzustellen, wenn ich ausgerutscht wäre...

Wir mussten immer das Lied "Macht hoch die Tür" singen.
Ich kann es bis heute nicht mehr hören.

Nach der Kur habe ich nur noch gestottert und konnte keine zwei Wörter sprechen. Was sich aber Gott sei Dank gelegt hat.

Ich habe mir geschworen, diesen Ort nie wieder zu besuchen, weil es für mich ein Trauma war.
Den Namen der Klinik weiß ich nicht.

Ich habe gerade bei Frau TV den Bericht über die Verschickungskinder gesehen und mich gewundert, dass es so etwas gibt und ich nicht alleine dastehe, so eine Erfahrung gemacht zu haben.

Viele Grüße
Vera
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Zauche aus Monheim schrieb am 15.10.2020
Ich hebe den heutigen Bericht im Fernsehen gesehen und frage mich, was da los gewesen sein soll. Ich selber war 3 mal auf spickeroge un Langerooge.
Ich habe keine und wirklich keine schlechten Erinnerungen, im Gegenteil fand ich es Klasse.
Ich habe viel von der Natur gelernt und über dire Natur
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Anne Köller aus Bad Sassendorf schrieb am 12.10.2020
Hallo, ich bin mit 8 Tagen in ein Kinderheim gekommen und bis zu meinem 18. Lebensjahr dort geblieben. Mit 11 Jahren meinte man, das ich in ein Kindererholungsheim müßte weil ich zu dünn war. Dort bin ich vom Regen in die Traufe gekommen. Ich wurde gedemütigt geschlagen und gemoppt. Die Nonnen und Erzieher waren mindestens genauso hart wie im Kinderheim. Wie wollen sie alle das Entschädigen. Seit Jahren kämpfe ich um eine Kinderheimentschädigung. Gutachten wurden erstellt die unter aller Sau sind. Vom Opferschutz braucht man nichts erwarten. Das Jugendamt geht mit einem um als wenn man noch ein Heimkind ist und die Akten wurden vernichtet und alle waschen sich die Hände in Unschuld. Es ist ja schön das sie Aufarbeitung machen wollen. Nur jahrelanges Aufarbeiten macht müde und resignierend und wird wahrscheinlich wieder im Sande verlaufen. Es wird auf Zeit gespielt in der Hoffnung das viele versterben werden. Gerechtigkeit wird es nicht geben.
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Brigitte aus Köln schrieb am 12.10.2020
Damals in Aachen lebend wurde auch ich - aus vermutlich wohlmeinenden Motiven - im Alter von 12;6 Jahren im Juli / August 1963 für sechs Wochen "verschickt" [welch' eine Begrifflichkeit!] und kam bleich und abgemagert aus dem sonnigen Schwarzwald zurück ...
In der Einrichtung gab es nach meiner Erinnerung mehrere Gruppen, jeweils zu einer "Tante" gehörig und nach Geschlecht und Alter getrennt. Jene ausschließlich weiblichen Angestellten, also die sogenannten Tanten, waren unterschiedlichen Alters und Gemütes. Es gab eine herrische Befehlshaberin, eine schwermütige deutlich Ältere und eine Jüngere mit nicht heimkonformen Vorstellungen.
Eine Atmosphäre des Schreckens verbreiten und Gewalt ausüben und den immer noch gängigen - keineswegs kindergemäßen Erziehungsstil - kannte ich von zuhause und aus der Volksschule, insofern war ich "gut vorbereitet". Erlebnisse wie scheußliches Essen aufessen müssen, Uhren und Süßigkeiten als Entrée abgenommen zu bekommen, in dunkle Kämmerchen gesperrt zu werden, in furchteinflößenden Kellerräumlichkeiten zu dritt mit dem Wasserschlauch kalt (!) abegespritzt zu werden, mitz erleben, wie heimwehkranke Kinder vor der Gesamtgruppe lächerlich gemacht wurden u.v.m. waren auch hier an der Tagesordnung - die Zensur des wöchentlich angeordeten Karte-nach-Hause-Schreibens ebenfalls.
Ich habe nach einer Weile mit häufigem Brechen reagiert, magerte ab und bekam vom regelmäßig erscheinenden Arzt eine morgendliche Banane-Apfel-Haferflockenspeise verordnet - ein Lichtblick. Half aber nicht, ich brach weiterhin das Mittagessen aus.
Obgleich nächtens stets eine Patrouille unterwegs war - jeweils eine der Tanten - sind zwei ältere Mädchen getürmt. Bei der Einrichtung handelte es sich um ein altes Holzhaus mit knarrenden Treppen, sodaß wir in unserem Vierbettzimmer frühzeitig gewarnt waren, unsere gewisperte Unterhaltung im Dunklen einstellen und uns schlafend stellen konnten ... Der herrischen Befehlshaberin paßte selbst meine Schlafstellung nicht => "Dreh' Dich zur Wand !!" ist mir bis heute mühelos erinnerlich. Anders die schwermütige Ältere: Sie versah schweren Schrittes ihren Abend-Wachdienst, ließ sich stets aufseufzend auf das Fußende meines Bettes sinken und berichtete mir im leisen Tonfall von ihrem Kummer hinsichtlich ihres gefallenen Sohnes. DAS waren meine angstvollsten Minuten.
_____________
P.S.
Falls für Recherche der Initiative nützlich: Ich habe noch eine Ansichtskarte [NICHT von der Einrichung], auf deren Rückseite die Vor- und Zunamen der Mädchen meiner Gruppe und die Namen von drei "Tanten" zu lesen sind.
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louisa schrieb am 10.10.2020
Im Mai 1967 kam ich für einen 6wöchigen Aufenthalt im "Seeschlösschen" in Büsum an. Koffer und Rucksack wurden nachgesehen auf Süßigkeiten und in einen großen Korb auf dem Flur im Eingangsbereich abgegeben und sie wurden nicht mehr gesehen. Unser Schlafsaal hatte 2 Reihen Metallbetten und nach dem Mittagessen warteten wir auf die Post, die wir eventuell bekamen und dann hier vorgelesen bekamen(ich war damals 6 und sollte ein paar Monate später eingeschult werden. Jeden Tag gab es 1 Rosinenbrötchen zur Kaffeezeit, die ganzen Wochen lang. Zu den Mahlzeiten saßen wir im Speisesaal. Auf festgelegten Plätzen, meiner war neben der Tante. Am Wochenende mußte ich mich, da eine Vertretungstante da war und sie meine Zöpfe nicht mochte,auf dem hintersten Stuhl sitzen. Milchsuppe mochte und vertrug ich nicht und das sagte ich der Tante auch. Es mußte immer und alles aufgegessen werden und ich erbrach mich einmal über den Tisch. Die Anderen mußten weiteressen und ich mich waschen gehen mit zornigen Kommentaren der Tante, danach hinlegen zur Strafe, Ruhig sein, für den Rest des Tages. Die drei langsamsten Esser kamen an den Betteltisch, die anderen Tische wurden schon abgeräumt und wer letzter Esser war, mußte von den anderen Kindern, die um die letzten herumstanden, ausgelacht werden und sie mußten mit dem Finger auf ihn zeigen. Natürlich wollte ich nach Hause schreiben und die Post wurde zensiert. Meine Mutter hat mir jeden Tag geschrieben, das war mein Rettungsanker und einen meiner Briefe hat sie aufgehoben. Die Tante hatte wieder einen Text verfasst, wie wohl ich mich fühle und wie gut es mir geht, dazu habe ich ein Bild gemalt: ein Strichmännchen mit langen Haaren steht vor einem Tisch. Die Buchstaben des Namens habe ich so gut ich konnte darunter geschrieben,bunt und krakelig aber den habe ich nie vergessen. Die Tante dachte, ich habe eine Freundin gefunden. Das war aber nicht der Grund, denn dieses Mädchen nässte sich Nachts manchmal ein (jeder reagiert anders auf solche Behandlung, denke ich) und sie mußte jedes Mal in diesem langen Waschsaal am Waschbecken stehen, nackt, und sich waschen während die anderen drunherumstehen mußten.
Das hat mich lange lange verfolgt. Glücklicherweise für mich, brach Scharlach aus und wir mußten nach 5 Wochen nach Hause . Meiner Mutter fiel auf, wie ruhig ich war und ich habe Dinge gegessen, die ich vorher gar nicht mochte, überwiegend eingekochtes Gemüse. Das war 5 Wochen minimale Einheitsernährung. Positiv in Erinnerung habe ich eine Tante, die noch jung war, sie war fürsorglich und verständnissvoll, hatte aber leider nicht viel zu sagen.
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Heike schrieb am 09.10.2020
Ich war 6 Jahre alt, als ich in Bad Dürrheim im DRK-Kinderkurheim war. Heute möchte ich drei Geschichten aus dieser schrecklichsten aller Zeiten erzählen:
1. Meine Mutter sagte, dort gäbe es sicherlich schönes Spielzeug. Es gab aber gar kein Spielzeug und meinen Teddy, in den ich am ersten Abend geweint habe, hat man mir weggenommen. Offenbar fragte ich mehrfach nach Spielsachen, da nahm mich eine Schwester an der Hand und führte mich in einen sehr großen Raum mit sehr großen Schränken an einer Wand. (In Fotos habe ich diesen Raum wieder erkannt, er wird wohl als Schul- oder Unterrichtsraum bezeichnet.) Sie stellte eine Kiste auf den Boden, verließ den Raum und schloss hinter sich ab. Ich – alleine – mit einer Kiste Holzbausteinen – und (so dachte ich damals) nicht einmal farbig! Keine anderen Kinder waren da und ich hatte Angst, weil ich eingeschlossen war. Offenbar wurde ich wütend, ich erinnere mich, wie ich die Bausteine gegen die Schrankwand geworfen habe. Da öffnete sich die Tür – Hoffnung! Jedoch kam die Schwester mit dem Arzt und der gefürchteten Spritze in der Hand. Ich glaube, ich schrie, ich lief weg. Die Schwester bewarf mich mit den Bauklötzen was mich erstarren ließ. --- Erinnerungslücke --- Ich wachte in meinem Bett auf, alleine in dem riesigen Schlafsaal. Und wunderte mich, mitten am Tag geschlafen zu haben. – Dass mich eine Schwester mit Bauklötzen beworfen haben soll, kann ich selbst eigentlich nicht glauben, aber diese Erinnerung kam in der letzten Zeit hoch. Ob das der Grund eines Alptraums ist, den ich bis ins Erwachsenenalter immer wieder hatte? Dort fallen von oben Steine auf mich herab, ich kann nicht weg. Ich denke, ich sterbe. Wundere mich aber, dass ich am Leben bleibe. Dann wache ich mit Angstschweiß auf.

2. Es gab die Drohung, dass wir, wenn wir nicht lieb seien, in den Keller zu den Hühnern kämen. Als Tierfreundin hatte ich Sehnsucht und wollte unbedingt die Hühner besuchen. (Es war mir vertraut, bestimmte Pferde, Schweine, Hühner etc. auf den Höfen unseres Dorfes zu besuchen.) Ich überredete zwei Mädchen, mich zu begleiten. Wir schlichen nachts in den Keller. Dort gab es einen langen, dunklen Gang mit vielen Türen – doch leider alle verschlossen. Eine Tür ließ sich öffenen – und dort saßen in einem hellen Raum Erwachsene um einen Tisch. Sie verstummten, als sie uns sahen. Freundlich sprach uns ein Herr an und wir erzählten mutig, dass wir die Hühner suchen. (Und schwärzten somit die Schwester an, die uns das androhte.) In meiner Erinnerung war insbesondere der Herr sehr erschrocken, er war – oh wunder! – freundlich. Und brachte uns ins Bett zurück. Und deckte mich sogar zu! Ich wunderte mich, dass es außer den bösen Schwestern hier auch nette Menschen gab.

3. Von den 6 Kurwochen verbrachte ich 3 Wochen im Krankenhaus (in Isolation?) wg. Masern. Von diesen 3 Wochen erinnere ich mich an sehr wenige Momente: Allein in einem Krankenzimmer – die Rollläden waren geschlossen. Warum dufte ich nicht an die frische Luft? Würde ich jemals hier wieder rauskommen? – Vielleicht hatte ich Fieber, vielleicht wurde ich sediert. Vielleicht sind mir durch die Krankheit, so denke ich in den letzten Wochen, weitere schlimme Kurerlebnisse erspart geblieben. Meine jungen Eltern waren besorgt und wollten mich besuchen, anrufen, mir ein Päckchen schicken. Alles wurde ihnen verboten! Sie schrieben sehr viele Postkarten, das war ihnen offenbar erlaubt, die jedoch nie bei mir ankamen. Ich war 6 Jahre alt und konnte schon lesen.

Ich glaube übrigens, dass nicht nur ich, sondern auch meine Mutter und meine damals knapp dreijährige Schwester durch meinen damaligen Kuraufenthalt traumatisiert wurden!
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Lothar Scherber aus Remscheid schrieb am 08.10.2020
Ich wurde zwecks meiner Bronchitis an die Nordsee geschickt in ein Kurheim auf Wyk auf Föhr.
Alles fing gut an, nette Betreuer, eine schöne Zugfahrt und dann noch eine Überfahrt mit der Fähre- als wir dann auf die verschiedene Heime verteilt wurden, war auch noch alles in Ordnung. Am nächsten Tag wurden wir unseren Gruppen zugeteilt. Ich bekam eine Schwester, die mit eiserner Hand ihre Gruppe führte. Manches Essen schmeckte mir einfach nicht, aber ich musste es essen und wenn ich mich dann erbrach, musste ich weiter essen bis dass der Teller leer war. Natürlich bekam man Heimweh, aber das war in ihren Augen nur ein Zeichen der Schwäche und wurde nicht toleriert.
Bei den Untersuchungen war es auch nicht besser. Man stand nur mit den Unterhosen bekleidet auf dem kalten Flur. Die Ärzte waren auch nicht einfühlsam, sie hatten einen Befehlston. Bei der Blutabnahme wurde mir aus beiden Armen Blut abgenommen, was ja auch sein musste. Doch ich hatte damals schon Problemvenen, findet man auch heute noch sehr schlecht. Man hat dann einfach drauf losgestochen bis man was gefunden hatte. Die Schmerzen hatte ich noch jahrelang in den Armbeugen, weil sie bei dieser Prozedur bis auf die Knochen stießen. Vermutlich hat sich bei mir eine Phobie entwickelt, denn ich scheue es bis heute zur Blutabnahme zu gehen, allein der Gedanke daran bewirkt bei mir Schweißausbrüche und nervöse Unruhe.
Meine Verzweiflung damals als 9-jähriger Junge war sehr groß.
Ich erinnere mich auch an eine junge Schwester, die mich irgendwann dann in ihre Gruppe nahm und mit uns wunderbare Ausflüge machte. Darüber vergaß man ein wenig das Heimweh.
Zuhause erzählte ich meinen Eltern davon. Mein Vater beschwerte sich daraufhin bei den dafür zuständigen Stellen, doch in dieser Zeit wurde den Kindern ja nicht zugehört, geschweige denn geglaubt, dass diese Vorgänge tatsächlich stattgefunden haben.
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Sven aus Dresden schrieb am 05.10.2020
Ca. 1971 war ich im Kinderkurheim Sonnenblick in Sohland, nach einer schweren Bauchoperation, also etw 6 Jahre alt. (Ich habe es in den 2008 wiederbesucht, da war es ein Schullandheim - aber die Erinnerungen kamen nur langsam).
Viel später habe ich in Halbtrance deutliche Bilder bekommen: Die kalten Umschläge als Therapie, als Kneippsche Anwendung bestimmt sehr förderlich, für mich eine Quälerei.
Die Bürstenmassagen, bei denen ich das Gefühl hatte, dass gleich Blut aus den Kratzern kommen würde. Die Höhensonne-Behandlung mit den Brillen war für mich nichts Besonderes, aber für manche Kinder beängstigend. Gymnastik habe ich in Erinnerung, Spiele im Freien, Wanderungen.
Als Folge der Bauch-OP hatte ich eine kleine, gelegentliche Blasenschwäche. Dafür wurde ich von mindestens einer Schwester sehr erniedrigend gescholten. Sie droht mir immer wieder mit "Gummihosen" und hat - in einem extra Zimmer - mich in ein rotbraunes Gummilaken gewickelt, dann irgendwie an mir herumgespielt, zwischen Auslachen und Schimpfen mich in einen inneren Ausnahmezustand versetzt.
Dort zieht mein Gedächtnis den Vorhang zu...
Das Essen war nicht so mein Problem, obwohl ich seitdem Milchreis nicht mehr mag. Ich kann mich jedoch erinnern, dass Kinder drangsaliert (erzieherisch behandelt) wurden, die nicht ("genügend") essen wollten oder mäklig waren.
Von speziellen Maßnahmen um die betnässenden Kinder habe ich nur am Rande einiges mitbekommen.
Eine Schwester namens Ruth - sehr groß, ernst und in ihrer steifen "Uniform" furchteinflößend, hat in mir ein Trauma hinterlassen, welches ich nicht genau beschreiben kann, das ist alles unscharf, verschwommen. Es greift aber so tief hinein, wie eben die Verletzung von Grundannahmen, Vertrauen und Intimität wirkt, dass ich es körperlich spüre.

Ich denke, neben der individuell negativen Wahrnehmung eines Kindes sind dort tatsächlich Dingen geschehen, die die Grenzen zwischen Recht und Unrecht deutlich überschreiten.
Ich arbeite gerade an diesen frühen Traumata und die Bauchnarbe meldet sich mit enormen Schmerzen.

Allerdings ist der Gesamteindruck eher positiv, fröhliche Spiele, Singen und Lachen waren an der Tagesordnung.
Ein dort gelerntes Lied singe ich noch heute.
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Tom schrieb am 04.10.2020
Ich heiße Tom, bin 1962 geboren, leider nicht mehr ganz sicher, in welchem Jahr genau meine Verschickung war, doch haben sich die erinnerten Bruchstücke dieser schlimmsten Erlebnisse meiner Kindheit förmlich ins Gedächtnis gebrannt. Meine Erinnerungen sind eher Momentaufnahmen anstatt zusammenhängender Schilderungen.
Wenn ich an diese Ereignisse zurückdenke, kommt es mir bis heute vor, als hätte ich all das nur geträumt.
Wir wohnten damals in einem Einfamilien-Reihenhaus im Norden Duisburgs, ich bin der mittlere von drei Söhnen, mein Vater arbeitete als kaufmännischer Angestellter bei der August Thyssen Hütte (ATH). Der Kohlenpott machte seinem Namen noch alle Ehre, die Luft war zum Schneiden, die Fische trieben mehrmals bauchoben auf dem Rhein, ich war schlank, aber nicht dürr, spielte viel draußen, hatte einen gesegneten Appetit und eigentlich gab es außer der willkommenen Frischluftverordnung keine dringenden medizinischen Gründe, mich zur Kur zu schicken. Mit meinen mittlerweile verstorbenen Eltern habe ich erst viel später über die Ereignisse gesprochen. Sie wollten mir etwas Gutes tun und anstelle des Familienurlaubs, den wir uns damals nicht leisten konnten, wenigstens einen ihrer Söhne in die Sommerfrische schicken. Ich meine zu erinnern, dass mein Vater durch ein Programm der Betriebskrankenkasse auf die Idee kam, mir eine Erholung an der Nordsee zu ermöglichen.
Von der ganzen Bahnreise, die am Duisburger Hauptbahnhof im Rudel startete und die ich voll froher Erwartungen begann, blieb mir außer meiner guten Stimmung vor allem die Seltsamkeit in Erinnerung, dass wir trotz der sommerlichen Temperaturen als Erkennungszeichen mit hellblauen Pudelmützen ausstaffiert wurden.
Das Heim selbst ist mir lediglich als Ort ausgewählter Freudlosigkeit in Erinnerung, es gab ausschließlich weibliche Aufseherinnen und das Regiment führte eine sehr strenge, bittere und verhärtete ältere Dame.
Alles, was wir im Gepäck hatten, wurde in große Wandschränke verbracht und eingeschlossen. Nur die Aufseherinnen bestimmten bei der täglichen Kleiderausgabe, was wir anziehen durften. Meine Eltern hatten mir zur Reise meine erste, lange Jeanshose gekauft. Ich freute mich, wie ein Schneekönig, sie endlich tragen zu können und bat jeden Tag aufs Neue, sie anziehen zu dürfen. Es wurde mir nie erlaubt! Und das genau war beispielhaft für den in dieser Einrichtung herrschenden Geist, nämlich, grundsätzlich alles zu verbieten, was uns Kindern offensichtlich zur Freude gereichte, uns stattdessen zu erniedrigen, zu verängstigen, zum Denunziantentum zu verleiten und uns klein zu halten. Meine neue Jeans brachte ich nach den sechs Wochen ungetragen wieder nach Hause zurück. Das war aber nur der harmloseste Teil meiner Kuranwendungen.
Das Essen, insbesondere als warme Zubereitung, war ohne jede Umschweife der miserabelste und billigste Kantinenfraß, den ich je in meinem Leben zu mir nehmen musste. Ich danke Gott aufrichtig dafür, dass ich ein Zuhause ohne Essensdramen erleben durfte und es mir prinzipiell vor nichts ekelt, was als Lebensmittel taugt. Für nicht wenige meiner Leidensgenossen dagegen waren die Mahlzeiten eine höllische Tortur. Sie würgten unter Tränen am Spinat, oder an den allseits gefürchteten Nudeln mit Tomatensoße, welche immer bis kurz vor den Zerfallspunkt matschig gekocht und in einer Tunke gereicht wurden, die genauso schmeckte, als hätte jemand das (immerhin gesalzene) Nudelwasser mit einer homöopathischen Dosis Tomatenmark eingefärbt. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich beim Mittagessen heimlich die Teller mit meinen heulenden Tischnachbarn tauschte und zusätzlich ihre Restportion aß, damit sie nicht zum Aufessen gezwungen wurden. Mir selbst machte das Essen nichts aus; mein Appetit war immer größer, als die Abneigung gegen das lieblos zusammen gepanschte Futter. Das Schlimmste war, die anderen leiden zu sehen und nichts gegen diese Umstände unternehmen zu können.
Es herrschte bald eine allgegenwärtige Trostlosigkeit, ich war immer froh, wenn wir wenigstens draußen sein konnten und der wirklich einzige Lichtblick in diesem ganzen, jämmerlichen Trauerspiel war ein Ausflug, auf dem ich zum ersten Mal frische Nordseekrabben probieren durfte. Diesen Geschmack liebe ich noch heute!
Was uns im Kinderheim selbst wiederfuhr, war weniger erfreulich. Es gab immer eine strikte Nachtruhe. Wir lagen uns in den Schlafsälen gegenüber und tauschten uns flüsternd aus. Ich lag mit dem Rücken zur Tür. Mein Satz war noch nicht zu Ende, als mein Bettnachbar plötzlich die Augen schloss und keine Regung mehr zeigte. Als ich mich gerade verwundert aufrichten und zu ihm beugen wollte, wurde ich auch schon am Ohr aus dem Bett gezogen, auf den Flur verbracht, um dort barfuß, mit dem Gesicht zur Wand hinter die Tür gestellt zu werden. Nach einer gefühlten Ewigkeit tönten die harten Absätze der Oberaufseherin über den Flur, ich hörte, wie eine Schlafsaaltür nach der anderen geschlossen wurde, bis unsere an der Reihe war. Wortlos wurde ich von der Wand weggedreht und bekam zur Strafe keine „Ohrfeige“, sondern derart heftig eine gescheuert, dass ich beinahe mein Gleichgewicht verlor. Danach deutete sie auf mein Bett und schloss hinter mir die Tür. Meine Eltern haben mich niemals so hart angefasst, wie diese Frau.
Von dieser Nacht an wollte ich nur noch heim und zählte nur noch die verbleibenden Tage. Doch das Schlimmste stand mir noch bevor, nämlich die Gesundheitsuntersuchung, genauer gesagt ein kollektiver Vorführtermin im Büro der Oberaufseherin. Wir mussten dazu splitternackt in einer Reihe auf dem Flur antreten und durften uns nicht mucksen oder rühren, bis wir im Büro ankamen. Wieder barfuß auf dem kalten Flurboden merkte ich bald, dass ich pinkeln musste. Wir durften die reihe aber nicht verlassen. Ich biss also die Zähne zusammen und versuchte krampfhaft, meine Blase unter Kontrolle zu halten. Als ich endlich im Büro angekommen war und nur noch zwei weitere Jungen vor mir waren, verlor ich für einen Augenblick die Kontrolle und zu meinem Entsetzen zwei Tropfen Urin auf den Teppich. Wieder bekam ich eine geschossen, diesmal von einer Aufseherin und wurde anschließend zur Toilette geführt.
Das war mit Abstand der erniedrigendste Augenblick meines Lebens.
Mein Taschengeld wurde verwaltet, wir wurden genötigt immer die teuersten Ansichtskarten zu kaufen, wir wurden genau instruiert, was wir schreiben durften, Briefe mussten offenbleiben, damit keine Wahrheiten nach außen drangen und zum guten Schluss wurde mir als Mitbringsel für meine Mutter der Kauf eines Bernsteinanhängers aufgezwungen. Ich gehorchte, wie alle anderen auch.
Wieder zu Hause, sagte ich zu niemandem etwas. Diese ganze Reise erschien mir, wie ein böser Traum. Ich war einfach nur quietschfroh wieder zurück zu sein, mit meinen Freunden um die Häuser stromern zu können, Buden zu bauen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen.
Lese ich heute Berichte, wie jenen in den Husumer Nachrichten [1], in dem von der Schließung des Kinderkurheims Tannenblick im Dezember 2008 im Stile einer harmlosen Sonntagsteeneuigkeit geschrieben wird, oder wenn ich feststellen muss, dass in der gesamten Chronik St. Peter-Ording [2] kein einziges Wort erscheint, aus dem man auch nur ansatzweise den hier von vielen erlebten Horror erahnen würde, dann könnte ich wirklich kotzen vor Wut! Umso dankbarer bin ich dafür, diese Seite hier gefunden zu haben.
Hat mich all das traumatisiert? Ich weiß es nicht. Schwer zu sagen, welchen Einfluss das auf mich hatte. Ich bin Lehrer, habe viel und nah mit Menschen zu tun und ich glaube, das ist deshalb, weil mir eine intrinsische Neigung zur Sorge für meine Mitmenschen, insbesondere für deren Entwicklung, in die Wiege gelegt wurde. Dennoch würde ich einem streunenden Pitbull vermutlich eher vertrauen, als einem wildfremden Menschen. Vielleicht bin ich vorsichtig geworden, seit ich das Kinderheim Tannenblick besuchen durfte. Vielleicht hat es in mir ein grundsätzliches Misstrauen in Bezug auf die Verlässlichkeit menschlicher Beziehungen hervorgerufen. Ich lebe jedenfalls heute allein und verlasse mich lieber auf mich selbst.
Was die Menschen anbetrifft, die das damals an uns verbrochen haben, muss ich mir eingestehen, dass es mir bei der Verarbeitung nicht weiterhilft, sie als seelenlose Kinderschänder anzusehen, denn das wäre keinen Deut besser, als die Gewalt, die mir angetan wurde. Mehr Trost spendet mir hier Erich Fromm, der mir nahelegt, nichts für unmenschlich zu halten, was nicht menschenmöglich ist.
Ich kann einfach nicht glauben, dass diese geschundenen Seelen von ihren Taten unbefleckt anschließend einfach ein glückliches Leben gelebt haben sollen. Es hilft mir bedeutend mehr, ihnen zu vergeben und so viel Mitgefühl zukommen zu lassen, wie ich nur aufbringen kann. Denn ich bin zutiefst überzeugt, dass sie das wirklich bitter nötig haben.

Links:
[1]
https://www.shz.de/lokales/husumer-nachrichten/eine-lange-aera-ist-zu-ende-gegangen-id907806.html
[2]
https://www.chronik-spo.de/bildergalerie/kinderheime/
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Petra Wellmann aus Dinslaken schrieb am 04.10.2020
Hallo, ich wurde im August 1959 geboren. Da ich als Kind an Asthma gelitten habe, bin ich auch verschickt worden. 1963 ging es nach Norderney und 1964 nach Bad Reichenhall. Jeweils für 6 Wochen. Obwohl ich noch sehr klein war, habe ich noch einige Erinnerungen. Sie haben mich auch allein mit einem Schild um den Hals in einen Zug gesetzt. Im Heim durfte ich nicht aufstehen, bis der Teller leer war. Wenn ich dann erbrochen habe, müsste ich trotzdem weiteressen. Ich weiss, dass ich ganz lang allein an dem Tisch gesessen habe. Das war in Norderney. In Bad Reichenhall wurde ich nachts an den Haaren aus dem Bett gezogen und musste die ganze Nacht auf dem Flur im Treppenhaus stehen. Ich habe gefroren und durfte mich nicht hinsetzen. Die Dunkelheit machte mir Angst. Ich weiss noch, das man vom Schlafsaal aus einige Treppen runtergehen müsste um zum Strafplatz zu kommen. Es war ein grosser Schlafsaal mit vielen Eisenbetten. Dort müssten wir auch den Mittagschlaf machen. Es durfte nicht geredet werden. Es hat sich fast niemand gemuckt und es war immer still. Die Zeit kam mir immer sehr lang vor. Mein Bett stand hinten. Ich habe nicht eine einzige positive Erinnerung. Als ich nach Hause kam war ich wund, habe meine Haare rausgerissen und meine Fingernägel waren bis aufs Fleisch abgekaut. Ich habe von Norderney einige Bilder und eine Postkarte, von Bad Reichenhall noch eine Postkarte.
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Hubert S. schrieb am 03.10.2020
Ich bin Jahrgang 1953 und mit knapp 9 Jahren von Anfang Januar bis Mitte Februar 1962 in das Pinneberger Kreiskinderheim "Heimattreue" in St. Peter Ording/Ortsteil Garding verschickt worden. Heute heißt das nach Verkauf und Umbau  "Hotel Strandhaus" .

Auch dort gab es noch Anwendung "schwarzer Pädagogik", aber zum einen nicht so extrem ausgeprägt, wie es hier im Forum wiederholt drastisch von anderen berüchtigten Heimen beschrieben wird.

Zum anderen war ich als Drittklässler doch schon etwas älter und allein schon durch die Fähigkeit des Lesens und Schreibens etwas unabhängiger als die ganz jungen Verschickungskinder. Schließlich kam für mich noch günstig hinzu, dass ich zusammen mit meinem gleichaltrigen Klassenkameraden Alwin F. verschickt wurde und wir auch während der ganzen Zeit unseres Heimaufenthaltes in der gleichen Gruppe "größerer Jungs" zusammen und z. B. im Schlafsaal Bettnachbarn waren.

Strenge Erziehung und sog. schwarze Pädagogik mit auch sogar körperlicher Züchtigung waren zumindest in der Erziehung von Jungs in den 50er und auch noch in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts hier in Schleswig Holstein weit verbreitet und auch gesellschaftlich akzeptiert - sogar bis zu einem gewissen Grad von relativ brav-angepassten Kindern wie mir; es durfte nur nicht grob ungerecht und gar brutal dabei zugehen.

Ich denke, dass dieser ungemein harte, lieblose und auf Drill sowie unbedingten Gehorsam ausgerichtete Erziehungsstil nicht nur und ausschließlich auf die Nazizeit zurück geht, sondern noch weiter ins deutsch-wilhelminische Kaiserreich und zu den Preußen zurück reicht, wo ja bekanntlich ausgediente ehemalige Unteroffiziere, Feldwebel etc. in den Schuldienst übernommen und auf die Kinder losgelassen wurden.

Das alles hat die uns Kinder erziehende Generation ihrerseits wohl ebenfalls durchlaufen und mehr oder weniger am eigenen Leibe erfahren müssen, und das erklärt zumindest für mich manches, womit ich es aber keineswegs etwa entschuldigen will.

Schließlich muss und sollte man als denkender Erwachsener nicht alle Fehler, die an einem selbst begangen wurden, etwa an anderen einem anvertrauten schwachen und schutzbefohlenen Kindern selber wiederholen.

Besonders unverständlich und unentschuldbar erscheint mir als selbst bekennendem kath. Christen ein solch liebloses Vorgehen seitens christlicher Ordensleute, die es doch eigentlich innerhalb des Christentums ganz anders gelernt und erfahren haben sollten.

Zu mir und meiner Familie:

Meine Eltern sind Heimatvertriebene aus Niederschlesien, mein Vater war als ehemaliger Soldat bis 1945 in russ. Kriegsgefangenschaft. Nach dem Krieg lebten die Eltern rd. 10 Jahre im Osten der DDR und sind mit uns beiden dort geborenen Kindern wg. der dortigen Perspektivlosigkeit für sie und uns Ende 1956 in den Westen "rübergemacht", wo mein Vater wieder wie vor dem Krieg in Schleswig Holstein eine Stellung im Staatsdienst fand. Wir lebten seit 1958 im Kreis Pinneberg nordwestlich von Hamburg.

Ich wurde 1959 mit 6 Jahren eingeschult und war außer in Sport und Musik ein guter bis sehr guter Schüler.

Wegen meiner schwächlichen körperlichen Konstitution und Untergewicht wurde ich dann Anfang Januar 1962 in besagtes Kinderkurheim des Kreises Pinneberg verschickt. Wir blieben dort ca. 6 Wochen bis nach der großen Sturmflut am 16./17. Februar 1962.

Wie schon erwähnt, habe ich dieses Heim zwar auch nicht in guter Erinnering; verglichen mit den Berichten aus anderen Einrichtungen hier im Forum dürfte es jedoch noch eines der weniger schlimmen Kinderverschickungsheime gewesen sein - zumindest zu der Zeit Anfang der 1960er Jahre. Allerdings waren sowohl ich selbst als gottlob auch meine Eltern nach meiner "Kur" dort ein für allemal vor einer etwaigen Wiederholung gründlichst "kuriert".

Wir wurden mit Omnibussen von unseren Wohnortes dorthin gefahren. Ich kann mich erinnern, dass ich bereits am Ankunftstag (eine Karte?) an meine Eltern schrieb, in der ich über Heimweh klagte und dass es mir dort nicht gefalle - dafür wurde ich zur Rede gestellt, denn sämtliche ausgehende Post wurde überprüft und zensiert, wenngleich ich mich nicht entsinne, dass etwas zerrissen wurde und neu geschrieben werden musste. Eher glaube ich, dass die Erzieherinnen, auch hier "Tanten" genannt, ggf. eigene relativierende bzw. beschwichtigende Kommentare zu ihres Erachtens "allzu krassen" Briefen einzelner Kinder verfassten. Ich kann mich gut erinnern, dass ein etwas älterer Junge (geschätzt ca. 14 Jahre) aus unserer Gruppe richtig massiv Ärger bekam, als er während eines unserer gemeinsamen Gruppen-Spaziergänge einmal einen von ihm verfassten Brief oder eine Karte, die von den "Tanten"  nicht prüfend gelesen worden war, selbstständig in einen öffentlichen Briefkasten am Wege steckte. Nach meiner Erinnerung gab's einen riesigen Bohei deswegen unter Hinzuziehung der Heimleitung und einen strengen öffentlichen Verweis - wahrscheinlich, um uns übrige einzuschüchtern, damit das Beispiel keine Schule machte.

Ich hab jedenfalls trotzdem von meinem Heimweh geschrieben - allerdings etwas vorsichtiger und allgemeiner, und vielleicht gab es dadurch zumindest für mich kleine Verbesserungen, wie z. B. dass ich Kinder- bzw. Jugendbücher lesen durfte, wenn ich mal dort krank war.

Ich kann mich an sich nur an weibliche Erzieherinnen in besagtem Heim erinnern, auch die Heimleiterin war eine Frau - geschätzt ca. 40 Jahre und übrigens von mir als nett und einfühlsam empfunden.

Unsere unserer Gruppe zugeteilte Tante hieß Ruth Noack oder Nowak, war ca. 60 Jahre alt und nicht mies oder gar gewalttätig aber m. E. recht bequem und zumindest bzgl. der täglichen Gruppenspaziergänge absolut ideenlos:

Wir gingen täglich vormittags nach dem Frühstück mit ihr den immer wieder ewig gleichen langweiligen Weg bis zum Ortskern von St. Peter Ording und da bis zu einem dortigen Andenkengeschäft, das sie dann allein betrat, um sich darin mit der mit ihr offenbar befreundeten Inhaberin bzw. Verkäuferin eine gefühlte kleine Ewigkeit lang ausgiebig zu unterhalten und aufzuwärmen, während wir draußen in der Januarkälte frierend herumstanden und warten mussten, bis es dann auf dem gleichen Weg wieder zurück ins Heim ging.

Spielen o. ä.: Fehlanzeige. So ging das die gesamten 6 Wochen lang tagein und tagaus. Ich erinnere  mich lediglich an 2 Strandbesuche während der gesamten Zeit von 6 Wochen - zumindest einem davon mit der o. gen. Heimleiterin und einem weiteren  wohl nach der Sturmflut vom 16/17. Februar - das war beide Male spannend und abwechslungsreich für uns Jungs und hat Spaß gemacht, war aber die absolute Ausnahme, obwohl das Heim und heutige Hotel nur ca. 200m vom Strand entfernt hinter einer Dünenkette liegt. Ansonsten sind wir nur höchstens eine Handvoll Male mit Vertretungen unserer "Tante" mal andere Wege spaziert, einmal fand dabei wohl auch so eine Art Geländespiel in einem lichten Kiefernwäldchen statt - sonst stets nur die immer gleichen unglaublich öden geschilderten Spaziergänge mit "Tante" Ruth.

Bei Regenwetter fielen die vormittäglichen Spaziergänge allerdings aus, dann konnten wir Gesellschaftsbrettspiele im Essensraum machen. Ich habe dort Monopoly kennen gelernt, das sehr viel Spaß machte.

Die übrigen Erzieherinnen dürften zwischen Anfang 20 und bis ca. Mitte 50 gewesen sein. Sie sind mir nicht als besonders freundlich in Erinnerung - eher verschlossen und unnahbar.

Von einer der jüngeren, die gelegentlich während der Mittagsruhestunde auch mal bei uns Aufsicht führten, fing ich mal eine Ohrfeige ein, weil sie mich mit offenen Augen im Bett liegend erwischte. Den Rest der betr. Mittagsstunde schlief ich darauf dann allerdings richtig tief.

Die täglich verordneten Mittagsschlafpausen waren für Kinder wie mich, die an so etwas nicht gewöhnt waren, im übrigen eine große Zumutung und Tortur.

Als unangenehm empfand ich, dass wir alle bis auf die 3 schon älteren Jungs unserer Gruppe uns zu bestimmten Gelegenheiten voreinander und den Erzieherinnen völlig nackt ausziehen mussten und so gemeinsam anzutreten hatten.

Das  haben - zumindest anfänglich - auch viele andere Jungs so empfunden, denn das waren wir weder von Zuhause noch etwa von der Schule (Sport) her gewohnt.

Die Anlässe, zu denen wir uns gemeinsam voreinander und vor den Erzieherinnen nackt ausziehen mussten, waren zum einen das wöchentliche Ganzbad bzw. gemeinsame Duschen Freitag nachmittags zum anderen das mehrfache Antreten zur Bestrahlung, die in Dreiergruppen in einem großen saalähnlichen Raum stattfand und schließlich bei der mindestens 2maligen Arztvisite. Dabei sehe ich das Nacktsein zum Baden/Duschen noch in gewisser Weise ein, obwohl die älteren nachpubertären Jungs ja schließlich auch davon ausgenommen waren, während zu den beiden übrigen Anlässen eine völlige Nacktheit mir keinesfalls zwingend notwendig erscheint. Da ich ein schwächliches und mageres Kind war und mich äußerlich nicht besonders attraktiv empfand, kam mir die hier verordnete Nacktheit wie eine öffentliche Bloßstellung vor.

In sehr unangenehmer Erinnerung habe ich zudem noch die Sonntagabende, wo im großen Eßsaal gemeinsame Gesellschaftsgruppenspiele unter Beteiligung aller Kindergruppen stattfanden. Da ist mir ein "Spiel" in besonders schlechter Erinnerung, bei dem es darum ging, dass ein hochkant stehender Teller von einem Kind in Drehbewegung gesetzt wurde und dieses Kind nun ein anderes Kind bezeichnen durfte, welches den sich drehenden Teller greifen musste, bevor er zu drehen aufhörte und somit zu Boden ging. Schaffte das aufgerufene Kind dies, so war es nun selbst an der Reihe, den Teller neu zum Drehen zu starten und ein weiteres Kind zu benennen, welches ihn ergreifen sollte. Schaffte das Kind es aber nicht, den Teller rechtzeitig zu ergreifen, bevor er zu drehen aufhörte, so musste es sich quasi "freikaufen", indem es vor allen Kindern im Saal ein Lied singen musste. Davor hatte ich immer eine Riesenangst zum einen wegen meiner Schüchternheit, so vor allen zur Schau gestellt zu werden und mich produzieren zu müssen und zum anderen, weil ich seit Kindesbeinen ziemlich unmusikslisch bin und ausgesprochen schlecht und falsch singe. Meist habe ich mich quasi irgendwie bei diesem mir verhassten "Spiel" drücken können oder den Teller noch rechtzeitig erwischt, einmal gelang es mir aber offenbar nicht, da ich relativ spät benannt wurde, als der Teller schon ins Trudeln kam. Ich sollte also singen, was für mich aber einer öffentlichen Blamage gleichgekommen wäre, und so blieb ich trotz wiederholter Aufforderung stumm. Darauf wurde ich dann auf Kommando der Erzieherinnen öffentlich von allen durch Auslachen verspottet. Eine tief sich ins Bewusstsein einprägende Erinnerung, die gewiss nicht zuträglich war für die eigene Weiterentwicklung und u.a. zur Ausprägung eines gesunden Selbstbewusstseins.

Neben diesen mir in besonders unangenehmer Erinnerung gebliebenen Ereignissen in diesem Heim sind mir noch das ungewohnt lieblose Frühstück mit Früchtetee aus Blechbechern und Fruchtaufstrich auf ungewohntem  dunklem Graubrot sowie der zwangsweise verordnete gemeinsame Mittagsschlaf in schlechter Erinnerung.

Ebenso das untersagte nächtliche Aufsuchen der Toilette. Als einziges Zugeständnis an unsere menschlichen Bedürfnisse waren des Nachts in unserem großen Schlafsaal vorne in Türnähe zwei 10Liter-Zinkeimer aufgestellt, in die man bei Bedarf urinieren durfte.

Auch ich habe dort in diesem Heim meinen 9. Geburtstag erlebt. Von den Eltern per Post zugeschickte Süßigkeiten sollte auch ich abgeben, damit sie "gerecht" verteilt würden.

Zum Schluss meines Heimaufenthaltes ereignete sich Mitte Februar 1962 noch die schwere Sturmflut, was u. a. zur Folge hatte, dass meine Eltern zu Hause in der Nähe Hamburgs wg. zeitweisen Stromausfalls und unterbrochener Telefonverbindungen bei noch keinem eigenen privaten Telefonanschluss tagelang nichts Sicheres über mein Schicksal in Erfahrung bringen konnten. Durch diesen Schrecken und die damit einhergehende Ungewissheit waren auch sie von einer etwaigen Wiederholung einer Verschickung ihres Kindes gründlichst kuriert.

Gewichtsmäßog hatte ich nach der Kur mit lediglich 1-2 Pfund nur wenig zugenommen.

Alles in allem war dieses Verschickungsheim, so wie ich es erlebt habe, jedoch noch deutlich weniger schrecklich als zahlreiche andere hier geschilderte Einrichtungen.

Mir hat's trotzdem gereicht - ich hätte da nicht noch einmal hingewollt.

Bemerkenswert finde ich übrigens beim Lesen der Berichte anderer ehemaliger Verschickungskinder, dass hier immer wieder gehäuft von Verschickung in der kalten Jahreszeit die Rede ist.

Wurden besagte Heime etwa in den warmen Monaten anders genutzt, oder ist das etwa nur ein zufälliger subjektiver Eindruck meinerseits, dass so viele Verschickung im Herbst und Winter erfolgten?
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Annette aus Düsseldorf schrieb am 03.10.2020
Ich war in Gemund am Tegernsee und Im Praktikum zur Erzieherin. Ich kann mich daran erinnern, das Kinder, die Nachts nicht schlafen konnten in den Waschraum gelegt wurden, damit sie die anderen nicht stören. Manche bekamen auch Melleretten-Saft zum einschlafen
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Taheri aus Bocholt schrieb am 02.10.2020
Ich wurde zur Kur geschickt, weil ich zu dünn war.
Mittags saßen etwa 8 Kinder an einem Tisch. Die Erzieherin gab uns das Essen auf unsere Teller. Mein Teller war so voll, dass ich Panik verspürte, das alles aufessen zu müssen. So hatte ich keinen Appetit mehr und das Essen wurde eine Qual.
Einmal bekamen wir Leberkäse. Diese mochte ich überhaupt nicht. Das Gefühl im Mund fand ich schrecklich. So kaute ich kaum und schluckte die Stücke schnell herunter bis mir alles wieder heraus kam auf dem Teller.
Kurze Zeit war keine Erzieherin im Raum. So wickelte ich das Erbrochene in ein Papier und warf es in den Papierkorb. Dann kam die Erzieherin Zeta zurück und fragte was los sei. Die anderen Kinder riefen: "Die hat Essen weggeworfen!" Sofort bekam ich eine Ohrfeige. Sie holte das Papier wieder heraus und sagte ich solle es aufessen. Meinem Einwand, das habe ich doch gebrochen, glaubte sie nicht. Sie sagte, das seien ja noch große Stücke. Weinend musste ich das essen bis eine Ordensschwester doch Mitleid bekam und ich es beenden konnte.
In den 6 Wochen habe ich 500 g zugenommen. Das erste, was ich meinen Eltern, die mich zu Hause am Bahnhof abholten sagte war: "Ich gehe nie mehr in Kur!"
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Jens Königsfeld schrieb am 01.10.2020
Ort: Königsfeld im Schwarzwald
Verschickungsheim: Frieda-Klimsch-Stiftung, Nebengebäude Haus Vogelsang
Termin: 1959 oder 1960
Ich wurde in die Frieda-Klimsch-Stiftung verschickt, weil ich an den Folgen einer Erkrankung litt und „zu dünn“ war.
Gibt es weitere Kinder, die in diesem Heim waren?

Im Haus Vogelsang herrschte ein strenges Regiment, nach meiner Erinnerung hauptsächlich verkörpert von Schwester Gerda. Für mich war unangenehm:
Man musste alles aufessen. Wenn man etwas nicht mochte, kam Schwester Gerda mit einem Kochlöffel herum und verpasste einem Schläge auf die Knöchelchen des Handrückens.
Man musste nach dem Mittagessen eine Ruhepause auf den Liegen an der frischen Luft einhalten. Es war streng verboten, in der Zeit aufzustehen. Ich habe deshalb zweimal lieber in die Hose gemacht, als beim Aufstehen erwischt zu werden. Bei einem dritten Mal habe ich mit einem anderen Jungen zusammen allen Mut zusammengenommen und mich über einen Balkon ins Haus geschlichen, um auf die Toilette zu gehen. Wir hatten aber entsetzliche Angst, dass wir erwischt und bestraft werden.
Einem Jungen in meinem Zimmer wurden eines abends die Fingernägel geschnitten und er kam mit einigen blutenden Fingern zurück.
Ich hatte sehr viel Angst vor dem regelmäßigen Wiegen, denn wenn man nicht genug zugenommen hatte, drohte die Verlängerung der Kur, und das war der größte Schrecken.
Überhaupt hatte man ständig Angst.
Einmal musste/durfte ich allein vom Nebenhaus zum Haupthaus gehen, um irgendetwas zu erledigen. Es waren nur ca. 100 m durch ein kleines Wäldchen, aber ich fühlte mich plötzlich frei und habe es genossen wie Weihnachten. Ich weiß noch, dass ich ein Eichhörnchen sah und es am liebsten umarmt hätte.
Es waren nicht alle Schwestern grausam. Wir hatten auch eine jüngere Schwester, die uns gut behandelt hat. Ich könnte mir eigentlich denken, dass auch diese Schwestern sich melden könnten, um zu berichten, dass sie damals zu einem Verhalten gezwungen wurden, dass sie eigentlich nicht richtig fanden.
Es wurden nicht alle gleich behandelt. Ein Junge hatte große Privilegien, allerdings weiß ich nicht warum. Jedenfalls durfte er an einem Sonntag im Fernsehen Fußball gucken. Ich glaube es war das Endspiel um die deutsche Meisterschaft 1959. Er durfte einen Freund mitnehmen, das war ich. Ich habe es genossen, 2 Stunden frei zu sein, obwohl mich der Fußball überhaupt nicht interessiert hat.
Wenn wir die Situation gerecht beurteilen wollen, müssen wir wohl versuchen, uns in die Lage des Jahres 1959 zu versetzen. Damals waren andere Verhaltensweisen verbreitet als heute. Es herrschte viel mehr als heute ein autoritärer Erziehungsstil. Es gab auch Schulen, an denen noch Schläge verabreicht wurden. Auch in den Familien wurde vielfach noch geschlagen. Das liest man ja auch in einigen Berichten. Für mich war das allerdings neu. In meiner Familie wurde nicht geschlagen und in meiner Grundschule auch nicht. Es war also durchaus nicht die Norm, dass geschlagen wurde. Meine Mutter hat danach mehrmals gesagt „Ich hätte Dich da nicht hinschicken dürfen“. Von Zu Haus hatte ich also Rücken-deckung und Verständnis. Überhaupt bin ich wohl trotz meiner Jugend mit einem einigermaßen stabilen Selbstwertgefühl dorthin gefahren. Ich bin an dieser Kur auch nicht zerbrochen, sie war nur eine der unangenehmsten Erfahrungen meines Lebens und die Erinnerung daran verursacht immer noch ein mit Angst verbundenes Gefühl.
Ungefähr 20 Jahre später war ich mit meiner Ehefrau in der Gegend und wir haben spontan beschlossen, zu dem Heim zu fahren. Am Empfang saß eine Schwester, die ich fragte, ob Schwester Gerda noch da sei. Ich wollte ihr berichten, wie sehr wir damals gelitten hatten. Ich bekam zur Antwort, dass Schwester Gerda leider nicht mehr da sei. Aber: „Sie war ja sooo beliebt!“ Das hat mich noch mal richtig entsetzt. Und das ärgert mich im Nachhinein genauso wie die schlechte Behandlung damals: Die Schwestern, die uns schlecht behandelt haben, waren im Ort wahrscheinlich die großen Helden. Ich finde, dass sollte man richtigstellen. Auch im Ort Königsfeld.
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Marion Gisbertz aus Wegberg schrieb am 01.10.2020
Ich wurde mehr oder weniger als Begleitperson für meine 3 Jahre jüngere Schwester mitgeschickt. Wir hatten uns eigentlich auf die Kur gefreut, wurden aber gleich am Abend der Anreise getrennt.Dies beruhte auf den einzelnen Altersgruppen. Meine Schwester kam nach den Sommerferien in die Schule, somit war ich für den Schriftverkehr zuständig. Wir wurden in den Speisesaal geführt, sollten unser Handgepäck? auf den Tisch legen und öffnen. Dann kamen zwei "Schwestern" mit einem Wäschekorb und leerten alles darin aus. Das empfand ich schon als grausam, da unsere Mutter uns extra, um uns die Zeit zu versüßen je eine Tüte "Nimm 2" und eine Tafel "Noveisa Goldnuss" mitgegeben hatte. Begründung hierfür: das werden wir nachmittags verteilen, damit alle etwas haben. Wir haben ein einziges Mal ein saures Bonbon bekommen. Für uns beide war das etwas so besonderes, mehr noch wie Weihnachtsleckereien und die hat man uns abgenommen.
Briefe nach Hause schreiben durfte ich erst nach 2 Wochen. Dieser wurde kontrolliert, fast alles durchgestrichen. Die Wahrheit durfte ich nicht schreiben, man diktierte mir dann die Briefe.
Es sollte ein Ausflug zur Zugspitze stattfinden, aber nur für brave Kinder. Ich durfte nicht mit, weil ich tags zuvor die Linsensuppe nicht aufgegessen hatte. Das war so eine Sache: im Speisesaal war es sehr laut, wenn weiter geschwätzt wird, der bekommt noch eine Kelle Suppe auf den Teller. Da ich schon 2 Teller hatte, wollte ich nicht antworten, als das Mädchen neben mir was sagte. Habe lediglich meinen Zeigefinger auf die Lippen gelegt und schon kam die nächste Kelle Linsensuppe, der Teller lief über, ich kriegte eins auf den Kopf und habe mich dann über die Ungerechtigkeit beschwert und dann ging es los. Die Oberschwester kam, eine Schwester hielt meine Arme auf den Rücken, eine meine Nase zu und die Oberschwester stopfte den Löffel mit der Linsensuppe imer und immer wieder in meinen Mund. So schnell konnte ich nicht schlucken, sammelte also alles in den Wangenund die Oberschwester schlug daruf. So bekam sie alles ins Gesicht, zerrte mich wütend auf die Toilette, steckte mir mehrfach die Finger in den Hals, damit ich erbrach und dann ging es weiter. Da ich aber nicht mehr essen konnte, wurde ein riesiger Pokal voll Suppe geholt, ich auf einer Bank festgebunden und sollte den während der Mittagsruhe leeren. Auch das ging nicht, sodass ich in ein Krankenzimmer eingesperrt wurde mit vergittertem Fenster und NACHTTOPF!!!!!!!!!!!!! Da musste ich 1 Woche drinbleiben, wurde ausgeschimpft, wenn ich den Nachttopf benutzen musste, als Schwein und Ferkel bezeichnet.
Ich kann bis heute noch nicht einmal Linsensuppe riechen, geschweige essen da wird mir schon übel. Man muss sich das mal vorstellen, sovieel <linsen im Bauch, wie das gebläht hat.

Morgens gab es immer 3 sehr große Schnitten Brot mit Rübenkraut. Während des Frühstücks mussten wir dann zur "Höhensonne" 15 Minuten stehen.1 Mädchen ist umgefallen und hat sich das Kinn aufgeschlagen, was genäht werden musste. Danach durften wir sitzen. Zurück im Frühstücksraum war der Telle wieder mit neuen Broten aufgefüllt. Viel zu viel für uns kleine Mädchen.
Ohrfeigen bekam ich, weil ich meine Brille nicht dabei hatte, obwohl ich gar keine besaß.
Beim Kofferpacken für die Rückreise, fehlten alle unsere neuen Kleidungsstücke und Sonnenbrillen. Wieder gab es Ohrfeigen und einen Tag ins Krankenzimmer. Dort wurde ich regelmäßig von Bremsen zerstochen.
Das schlimmste aber war, dass ich meine kleine Schwester nachts weinen hörte, nachschauen wollte, sie auf der Treppe in eine Decke gewickelt, m Hals zugebunden und ich durfte nicht hin.
Abends musste immer eine von uns in der Zimmertüre warten bis wir ins Bad gerufen wurden. die restlichen 9 Mädels drückten dann die Türe zu und meine beiden kleinen und Ringfinger steckten in der verschlossenen Tür. Für mein Geschrei gab es natürlich wieder Ohrfeigen, ich solle mich nicht so anstellen, solange die Finger nicht bleu sind ist auch nichts kaputt. Sie waren sofort lila und nach Monaten noch stark geschwollen. Ein Jahr später habe ich mir den linken Unterarm gebrochen, wobei die Brüche der beiden linken Finger zum Vorschein kamen Auf einer späteren Röntgenaufnahme sah man daann auch rechts die unversorgten Brüche. Meine Finger werden immer steifer, der rechte Ringfinger ist im mittleren Glied versteift und macht Probleme.
Alles in allem muss ich heute immmer wieder feststellen, dass mich diese Kur stark geprägt hat. Vor allem wurden wir immer wieder als Lügner bezeichnet, was mich bis heute verfolgt.
Über meine kaputten Finger habe ich zwischenzeitlich ein Gutachten.

Abschließend möchte ich sagen, dass ich mich freuen würde, wenn sich eine meiner Mit-KurKinder hier melden würde.
Lg Marion
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Janine Beutler-Deckers aus Nettetal schrieb am 30.09.2020
Ich war 1968 für 6 Wochen in einem Heim in List auf Sylt. Zu essen gab es jeden Tag Haferbrei und Schmalzbrote und zu trinken immer nur Tee. Wer wie ich den Brei verweigerte, hatte nur Schmalzbrot zur Auswahl, und das sechs Wochen lang. Kinder, die nicht kerzengerade bei Tisch saßen, bekamen eine Holzlatte hinten in den Hosen- oder Rockbund gesteckt zum Geradesitzen, beide Hände mussten immer flach neben dem Teller liegen. Nach dem Mittagessen mussten wir in den Schlafräumen ins Bett und schlafen, abends war im Hellen Schlafenszeit (April). Telefonieren gegen das Heimweh war nicht erlaubt, Briefe meiner Mutter wurden vorgelesen, ich selbst konnte noch nicht schreiben und daher keine Post zurücksenden. Wanderungen wurden in Kniestrümpfen erledigt zur Abhärtung (April an der Nordsee), ich hatte immer blaugefrorene Beine. So sehr ich auch nachdenke, kann ich mich an keine Spiele oder sinnvolle Freizeitbeschäftigung erinnern, eher an Bewachung durch das Personal. Bei meiner Rückkehr war meine Mutter entsetzt: ich sah nicht wie erwartet gesund aus, sondern moppelig.
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C. M. Schwab aus Ludwigshafen schrieb am 27.09.2020
Die Behandlung dort kann man getrost als grundlegend lieblos und quälerisch beurteilen. Abgesehen von der Tatsache, dass ich nicht verstand, warum Eltern ihren Kindern so etwas antun können, erlebte ich in Saig die folgenden Erlebnisse: Stundenlanges Sitzenbleiben am Tisch, wenn man den Haferschleim, den man nicht essen konnte, weil er Brechreize auslöste, samt dem Erbrochenen wieder aufessen musste. Man fragte sich, warum man nicht einfach wie die 'Größeren' ein Marmeladenbrot essen durfte, wenn der Haferschleim Übelkeit auslöste. Tägliches Schafen in zu kurzen Betten unter dünnen Decken in kalten Mehrbettzimmern, verbunden mit dem Verbot, nachts auf die Toilette zu gehen. Wenn man trotzdem 'musste' musste man sich auf leisteten Sohlen am Schwesternzimmer auf dem knarrenden Parkett am Schwesternzimmer vorbeischleichen Richtung Toilette, dort dann sein GEschäft erledigen, möglichst ohne zu 'Spülen', denn das hätte Geräusche verursacht, die die Schwester auf den Plan gerufen hätten.
Die von den Eltern zugeschickten Pakete mit Süßigkeiten von daheim wurden kontrolliert und nicht herausgegeben. Von einem prall für meine Schwester und mich gefüllten Paket - bekamen wir jeden nur eine 'Katzenzunge'. Der Rest verschwand bei den Schwestern. Die Pakete und Briefe der Eltern waren stets bereits geöffnet, wurden vor Abgabe an uns bereits gelesen. Nach dem Mittagessen mussten wir stundenlang eine Liegekur auf einer überdachten Verwanda aushalten - bei Tageslicht mit geschlossen Augen - so tuend als würden wir schlafen - das Ganze unter den von den Eltern mitgegebenen Wolldecken. Am Nachmittag lange Wanderungen. Am Wochenende - meist Samstags mussten wir baden - und zwar alle im selbem Wasser einer Badewanne - ich war meist zuletzt dran, weil ich schon größer war und ekelte mich vor dem schmutzigen Wasser. Einmal pro Woche ein Termin mit dem Arzt, der Spritzen gab - wofür weiss ich bis heute nicht. Gegen das massive Heimweh das mich ob der Umstände befiel und die Trauer über die lieblosen Umstände, die mit häufigem versteckten nächtlichen Weinen unter der Bettdecke einherging, wurde nichts unternommen. Eine sehr unschöne Erinnerung die sich in meiner Kindheit zweimal wiederholte. Beim 2. Aufenthalt waren wir einem neuen Gebäude untergebracht. Derselbe Ablauf, wie beim ersten Aufenthalt, aber immerhin eine etwas nettere Heimleiterin / Erzieherin (?), die sich einmal meines Heimwehs am Abend freundlich annahm.
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Joachim Best aus Seevetal schrieb am 27.09.2020
Ich musste eine ganze Nacht auf dem kalten Flur stehen weil Ich von meinem Geburtstagsteller mit Süssigkeiten nichts abgegeben habe. Es wurde auch ständig kontrolliert ob Ich den auch noch stehe. Ansonsten auch die Erlebnisse wie Trennung von Geschwistern und sitzen bleiben bis man aufgegessen hat.
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Insa Harjes aus Lemgo schrieb am 26.09.2020
Meine Schwester erzählte mir, sie habe einen Bericht über die "Initiative Verschickungskinder" gelesen, bei dem sie sofort an meine Erinnerungen von meiner Kur auf Sylt denken musste.
Ich war tatsächlich überrascht und entsetzt, als ich nun einige Berichte gelesen habe, dachte ich doch immer, dass meine wenigen Erinnerungen doch nur einfach schlechte Erinnerungen waren, die eventuell einfach von Heimweh geprägt waren.
Ich war als 6-Jährige im Frühjahr 1977 für 6 Wochen in einem Heim in Hörnum auf Sylt. Wie das Heim hieß, weiß ich leider nicht mehr.
Ich habe nur wenige Erinnerungen an die 6 Wochen. Aber es sind intensive Erinnerungen.
Wir bekamen eine eklige braune Suppe zu essen, die wir aufessen mussten. Wie es den anderen Kindern damit ergangen ist, weiß ich nicht mehr, aber ich habe mich gebeugt und tapfer gegessen.
Zu trinken gab es nur während der Mahlzeiten. Ich hatte ständig Durst. Im Hof des Heimes waren Getränkekisten mit Leergut gestapelt. Einmal habe ich dort verzweifelt nach noch einer vollen Flasche gesucht. Warum ich kein Wasser aus dem Wasserhahn getrunken habe oder ob ich es vielleicht doch getan habe, weiß ich nicht mehr.
Die Postkarte an meine Eltern habe ich zusammen mit einer Erzieherin "geschrieben". Wir saßen dazu alleine im Speisesaal. Ich meine mich zu erinnern, dass ich einen Text "abschreiben" sollte, obwohl ich noch nicht schreiben konnte.
Das zumindest würde erklären, warum ich später in der Schule so gravierende Probleme beim Abschreiben von Texten hatte gebunden mit der Angst, Fehler zu machen.
Am Ende meiner "Kur" suchte eine Erzieherin für mich Sachen raus, die ich bei meiner Heimreise anziehen sollte. Es war eiskalt draußen und ich musste eine kurze Hose mit roten Kniestrümpfen anziehen. Meine Mutter war damals in Bremen am Bahnhof entsetzt beim Anblick meiner blaugefrorenen Beine. Selbst meine 5 Jahre ältere Schwester kann sich bis heute an diesen Anblick nur zu gut erinnern.
Wenn ich all die Berichte hier lese, dann denke ich mir, dass ich es anscheinend noch richtig gut gehabt habe.
Es ist entsetzlich, dass so mit Kindern umgegangen wurde und das für so lange Zeit. Da kann man nur hoffen, dass es heute anders ist. LG Insa
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Kirsten Ungerathen aus Bad Grönenbach schrieb am 26.09.2020
Im Herbst 1970 kurz nach meiner Einschulung wurde ich zusammen mit meinen 2 Schwestern mit dem Zug von Bonn nach St. Peter Ording verschickt. Wir sind im Bonner HBF in den Zug gestiegen, zusammen mit 4-5 anderen Kindern, darunter ein ca. elfjähriges Mädchen das Elfie hieß, sie hat dann die meiste Zeit im Bett neben mir geschlafen. Die Kur war traumatisch für uns, meine große Schwester war auch erst 8 meine kleine Schwester erst 4. Vorher hatten wir uns sehr darauf gefreut, das Meer zu sehen unser Vater hatte uns sehr lebhaft davon erzählt und wir hatten ein paar Tage vorher am Rhein "Ebbe und Flut" gespielt, das war das Schönste an der Kur. Im Zug hat uns eine Frau Heinrich betreut, vielleicht von der Caritas, wir kannten sie schon, weil sie nach der Geburt meines jüngsten Bruders bei uns im Haushalt geholfen hatte. Als wir im Heim ankamen, war es schon spät, es war dunkel und wir heulten vor Müdigkeit und Angst. Wir standen im Speisesaal und die eine Betreuerin hatte einen Brief (wahrscheinlich von meinem Vater) in der Hand, runzelte die Stirn und sagte, dass sie das normalerweise nicht machen. Mein Vater hatte darum gebeten, dass sie uns in eine Gruppe tun, damit wir einander haben. Zum Glück haben sie uns dann wirklich nicht getrennt und wir haben auch die ganze Zeit im selben Zimmer geschlafen. Die erste Zeit die Kinder aus Bonn zusammen (Jungen und Mädchen) vorne in einem Zimmer, nahe am Speisesaal, später, nach einem großen Wechsel, es war eine große Gruppe aus Hamburg da, oder vielleicht auch aus Hannover, ich habe 107 als Zahl im Kopf, das kommt mir jetzt aber sehr viel vor. Unser Zimmer war nicht sehr groß alles Einzelbetten, Nachttischchen und Schränke? Neben meinem Bett war ein Waschbecken, wo wir Zähne geputzt haben. Beim Schlafen war für mich sehr schlimm, dass die Seite, auf der man liegen durfte, vorgegeben war, es war in beiden Zimmern nicht meine normale Schlafseite. Die haben das auch nachts kontrolliert und man wurde angemeckert, wenn man sich nicht daran gehalten hatte.
Ziel davon war, keinen Kontakt zu den anderen Kindern aufnehmen zu können. Beim Frühstück am nächsten Tag gab es erst ein leckeres Butterbrot (es war ein Sonntag) aber ich und meine kleine Schwester sollten ein Lätzchen tragen, das fanden wir sehr demütigend, zu Hause hatten wir schließlich noch zwei kleinere Geschwister und konnten schon sauber essen, ich war empört, ich war schließlich schon ein Schulkind. Eine Erzieherin hat mich dann getröstet und ich musste das Lätzchen auch nicht mehr tragen. Mutig hatte ich gesagt, dass ich gerne noch ein Brot essen wollte, es kam aber kein Butterbrot sondern ein Brot mit einer übelriechenden, wiederlichen Masse drauf, soetwas hatte ich noch nie gesehen oder gegessen, nach dem ersten Probieren schüttelte es mich total, ich konnte das nicht essen. Meinen Schwester ging es genauso, schließlich saßen nur wir noch vor unserem Brot, alle anderen Kinder waren schon rausgegangen und die Betreuerinnen machten unmissverständlich klar, dass wir erst wieder aufstehen durften, wenn wir aufgegessen hatten. Auch wenn wir 6 Wochen vor den Broten sitzen, sie haben Zeit. Stunden später hatten wir es schließlich runtergewürgt. Das meiste Essen dort war für mich ok zu essen, es gab viel Schokoladensuppe, Milchsuppe mit Zimt und Öhrchennudeln, nachmittags gab es immer abwechselnd einen Schokokuss oder eine Cremwaffel, ich erinnere mich an Wurstbrote, die nicht zusammengeklappt war, das konnte ich erst nicht essen, da war die Betreuerin auch nett und hat für mich einfach 2 Hälften aufeinander gelegt, dann schmeckte es für mich mehr wie zu Hause.
Es gab etwas, dass hieß Müsli, war aber eine ganz zähe, unverdauliche Pampe ohne Obst. Obst bekam man nur, wenn man krank war, einen kleinen Teller mit Bananenstückchen, Apfelschnitzen und Weintrauben. Mittagessen war auch oft schlimm, besonders erinnere ich mich da an Fischstäbchen mit Kartoffeln, die ja eigentlich kein Problem waren, aber dann haben sie immer eine wiederlich völlig verbrannt schmeckende Soße darüber geschüttet, dann war alles verseucht und ich habe sehr lange gebraucht, um es zu essen.
Wir waren nur zweimal am Meer, gesammelte Muscheln wurden meiner kleinen Schwester wieder abgenommen, meine ältere Schwester und ich hatten sie wohl besser versteckt. Abends wurde öfter gesungen, das mochte ich sehr. Einmal gab es einen Gesangswettbewerb, ein kleiner Junge (höchstens 6) aus Hamburg hat gewonnen, er hatte das Lied " In einem kleinen Apfel, da sieht es lustig aus" gesungen, als Preis bekam er Süßigkeiten aus einem Paket von irgendwelchen Eltern. Leider kann ich nicht gut singen und hatte damit auch keine Chancen auf einen Preis und Süßigkeiten. Aber dieser kleine Junge hat wirklich sehr schön gesungen. Gespielt haben wir nicht , wir sind die meiste Zeit durch eine unendliche, langweilige Marschlandschaft mit Stacheldraht, Wassergräben Kühen und Wind gelaufen, immer in Dreierreihen, rechts und links ein Schulkind, in der Mitte ein Kindergartenkind, ich war das zweitjüngste Schulkind und musste deshalb mit dem zweitältesten Schulkind ein Team bilden, das gehörte wohl zu Isolation dazu, so konnten sich kaum Freundschaften bilden. An unser Kindergartenkind kann ich mich nicht erinnern, es war aber nicht meine Schwester. Das war unglaublich öde und langweilig. Einmal hat mir eine Betreuerin eine Ohrfeige gegeben, weil mein Schuh aufgegangen war. Meine Schuhe waren sowieso komplett ungeeignet, so kleine Halbschüchen, die gingen immer auf. Wir haben nichts besichtigt, nur einmal auf einem Sandplatz gespielt, nie Fernsehen geschaut, obwohl es uns versprochen worden war, es gab nicht viel, was uns von unserem unglaublichen Heimweh ablenken konnte. Einmal wurden dreckige Unterhosen zur Schau gestellt, ich war in Panik, dass ich gleich namentlich genannt werde, weil die Sachen ja alle mit Namenschild gekennzeichnet waren und ich überzeugt war, dass meine Unterhose auch nicht immer richtig sauber war. Später mit Anfang 20 hat mich mal eine Freundin ausgelacht, weil sie fand, dass ich mit meinen Unterhosen so komisch verschämt umgehe, das lag bestimmt noch an dieser Erfahrung. Im Flur standen wir oft dicht gedrängt und haben gewartet, bis wir runtergehen, Schuhe anziehen vielleicht dort oder im Keller? Da hat mit ein Junge einmal die Nase sehr schlimm umgedreht, die Betreuerinnen hat das nicht so interessiert. Einmal habe ich da gemerkt, dass ich eine Schwellung am Hals habe und mich elend fühlte, da habe ich mich zur Betreuerin durchgekämpft und es ihr gesagt, da hat sie mir eine kräftige Ohrfeige gegeben mit dem Satz : Warum hast du das nicht früher gesagt. Aber ich durfte mich dann wieder ins Bett legen und bekam Obst. Das Fiebermessen war schlimm, ich musste mich auf den Bauch legen, sie haben mir die Hose runtergezogen und mir das Fieberthermometer schmerzhaft in das Poloch gerammt. Das haben sie beim Fiebermessen immer so gemacht. Meine kleine Schwester wurde dann auch noch krank, so konnten wir zusammen im Zimmer liegen, das war ganz ok. Am letzten Tag durften wir in einen Laden gehen, dort gab es Andenken und Spielzeug. Wir hatten jeder 50 Mark, das Taschengeld von den Eltern, ich wollte mir dafür ein Konstruktionsspiel kaufen, das hatte mich schon lange interessiert, da hat die Betreuerin dann auf mich eingeredet, dass meine Eltern das bestimmt nicht ok finden, wenn ich das ganze Geld ausgebe, ich habe sie nur angeblinzelt und konnte das garnicht verstehen, für mich wäre das eine ganz kleine Wiedergutmachung für diese fürchterliche Zeit und das schreckliche Heimweh gewesen, eigentlich hätte ich mindestens so einen großen Sack mit Geschenken bekommen müssen wie die Männer in dem Märchen "Sechse kommen um die Welt" am Ende wegschleppen. Schließlich kaufte ich nur einen Seehundschlüsselanhänger für mich, meine kleine Schwester auch, meine große Schwester hat sich ein Muschelkästchen gekauft und für meine Mutter haben wir eine süße Seehundbrosche ausgesucht. Es gab also doch ein Ende und wir sind wieder mit dem Zug nach Hause gefahren, am Bahnhof haben wir uns alle drei an meinen Vater geklammert, ich hatte ein Bein fürchterlich geweint und geschworen ihn nie mehr loszulassen. Da ist ihm das erst bewusst geworden. Er hatte die Kur veranlasst, damit wir mal das Meer sehen und was schönes erleben, mit 4, 6 und 8!!!
Geblieben davon ist mir ein massives Panikgefühl, wenn ich etwas falsch gemacht habe, ich habe dann Todesangst und bin nicht mehr zu beruhigen.
Ein älterer Junge hat mal 8 Teller Schokoladensuppe gegessen, er wollte immer noch einen haben, wahrscheinlich hat es ihn nicht wirklich satt gemacht, diese dünne Pampe. Dann musste er sich übergeben, meine Schwester meint, er musste das Erbrochene aufessen, ich weiß nur, dass er fürchterlich geschrien und geweint hat. Einmal haben wir gedscht mit Haarewaschen, für mich und meine Schwestern zum Glück kein Problem aber ein Mädchen mit richtig langen Haaren mussten sie sehr dazu zwingen und sie hat sehr geschrien, das hat uns auch Angst gemacht. Einmal hat meine kleine Schwester es nicht mehr auf die Toilette geschafft, meine große Schwester sollte es dann wegmachen. Die Betreuerinnen haben sich das Leben schon sehr leicht gemacht, sie mussten so sehr wenig auf uns eingehen und haben uns so gut wie nichts angeboten, nur Gewaltmärsche, damit wir müde sind. Die Post wurde zensiert, als meine ältere Schwester geschrieben hat, dass wir krank sind, wurde das geschwärzt. Ich konnte noch nicht schreiben. Ich hatte unglaubliches Heimweh, es schien mir unmöglich, mich davon noch einmal zu erholen. Die Erinnerungen, die ich habe sind messerscharf, eingebrannnt. Leider erinnere ich mich nicht an den Namen des Heims, meine Geschwister können sich daran auch nicht mehr erinnern, mein Vater auch nicht, das Einwohnermeldeamt da sagt, dass es keine Unterlagen dazu hat. Vielleicht kennt jemand das Heim, in dem man in Dreierreihen laufen musste, es 2 Etagen gab, Zimmer mit Dachschrägen, Einzelbetten, Waschbecken im Zimmer, Obst, wenn man krank war, das Gebäude war verwinkelt, auf der anderen Seite des Speisesaals gab es einen gebogenen Gang, dort wohnte "die Familie" und auch 2 ältere Mädchen hatten dort ein Zweibettzimmer. Der Speisesaal hatte auf der einen Seite so etwas wie eine Bühne, auf der einen Toilette gab es eine langen Schacht nach oben. Ich meine, das Haus war mit Reet gedeckt, das kann aber auch falsch sein, lag eher allein in der Nähe war eine Bahnschiene. Wir sind durch das Grasland oder auch über die Deiche gelaufen, stundenlang.
ES belastet mich, dass ich den Namen nicht weiß, so als würde dann jemand kommen können und sagen können, dass das ja gar nicht wirklich passiert ist. Es gab auch eine Untersuchung in einem dunklen Arbeitszimmer, eine gepflegte Damen mit dunklen Haaren (Locken) hinter einem Schreibtisch, ich in weißer Unterhose davor. Fand ich aber ganz normal. Vielleicht war ja jemand da, der sich an den Namen erinnern kann. Ich habe wenig Hoffnung 8 Millionen Verschickungen, hier nur 1600 Einträge ca. 30 Kinderheime in St.Peter Ording, das sieht aus wie die Nadel im Heuhaufen. Vom rechten Ende des Speisesaals aus konnte man unten die Küche sehen, da war das Haus wohl etwas über Eck gebaut. Einmal haben wir Tomatenbrote gesehen, und uns schon gefreut, aber dann gab es doch wieder nur Schmalzbrote, die Tomatenbrote waren wohl für die Gruppe unten, Wir hatten den Verdacht, dass die das gute Essen bekommen und nur wir das schlechte, aber das stimmt wahrscheinlich nicht.
Har jemand noch eine Rechercheidee für mich? Im Forum hat mir keiner geantwortet und ich habe auch nirgendwo einen Bericht gelesen, wo ich das Heim wiedererkannt hätte. Liebe Grüße Kirsten
Ich finde die Seite ganz toll, es gibt mir ein warmes Gefühl mit diesen Erinnerungen nicht allein zu sein.
Meine Schwester hat noch eine alte Postkarte gefunden, es war Haus Blinkfüer in St. Peter Ording. Danke
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Manuela aus Weeze schrieb am 26.09.2020
Hallo!
Ich wurde auch verschickt,zum Kindererholungsheim Schliersee Fischhausen-Neuhausen im Jahr 1976
Ich war 6 Jahre alt
Für 6 Wochen
Ich habe Gewalt,Demütigung und Erniedrigung in meiner Kur erleben müssen. Ich war damals die einzige unter all den anderen Kinder mit einer Hauterkrankung am Schliersee. Früher nannte man diese Hauterkrankung (Fischhaut). Erst im laufe der Jahre benannte man es als NEURODERMITIS.
Als ich am Kurort angekommen war,mussten wir alle unsere Koffer und Taschen öffnen,und alles das was uns von zuhause aus mitgegeben wurde hatte man uns entzogen. Umschläge mit Geld,Süßigkeiten,Briefmarken,Schampo,Zahnpasta etc. Von meinen Sachen habe ich in meiner ganzen Kuraufenthalt nicht's mehr gesehen.
Wir wurden dann unseren Zimmer zugeordnet in Gruppen eingeteilt,dem alter entsprechend mit Jungen und Mädchen zusammen bewohnten wir das ein Zimmer. Es standen 10 bis 12 Betten,sich jeweils gegenüber. Die Betten hatten weiße Bettbezüge,wir trugen weiße Nachthemden auch die Jungens. Für Nachts wurden weiße Emalie-Töpfe mit Hänkel im Schlafraum gestellt,da wir nicht zur Toilette durften. Wir mussten uns auf diese Emalie Töpfe entleeren. Das Essen war miserabel einseitig es gab Graubrot Schmalz Wurst Suppe Haferbrei. In den ganzen 6 Wochen wurde nur gegessen Geschlafen,gegessen und Geschlafen wir durften nicht Spielen Singen oder toben. Meine Persönlich schlimmsten Erlebnisse in dieser langen Zeit waren.
Wir hatten einen Tagesausflug zum Spielplatz ein paar Km entfernt vom Kurhaus in einem Waldstück un Fotos zu machen. Es gab nur einen Tagesausflug in den ganzen 6 Wochen. Ich rannte eine langgezogene Steintreppe herunter,rutschte aus und zog mir eine Verletzung am rechten Daumenballen zu. Nach ein paar Tagen Entzündete sich die Wunde,und eine Schwester bemerkte das. Sie nahm mich an meinem Arm und zog mich hinter sich her, in das Büro der Oberschwester. Die an einem großen braunen Schreibtisch saß. Man zeigte ihr die Wunde und sie zog mich an meinem Arm über den kompletten Schreibtisch zu sich hin. Die andere Schwester sollte mich fest halten ,Ich schrie vor Angst weil sie mir sagte so jetzt schneide ich dir deinen Daumen ab , du Daumen lutscher,Sie nahm eine Pinzette und puhlte mir einen kleinen Stein aus meiner Wunde. Sie puhlte und puhlte ich hatte höllische Schmerzen und hatte mich eingenässt dafür bekam ich Schläge und tritte.
An manchen Tagen wurde Gebadet und somit bekam ich mein langersehntes Ölbad. Es waren fünf viereckige Badewannen. Es wurde immer zu zweit gebadet Junge und Mädchen zusammen,das war den Schwestern egal. Auf die richtige Dosierung meines Ölbades wurde auch nicht geachtet,und verursachte somit oftmals Rutschgefahr. Wir sollten die Wanne verlassen,und mit mir saß ein etwas korpulenter Junge mit in der Wanne . Wir beide hatte Probleme die Wanne zu verlassen,wir rutschten ständig aus. Die Schwestern schauten zu und lachten laut,wir wurden dann mit kalten Wasser abgespritzt. Ich fing an zu weihnen und hatte Schmerzen durch meine Neurodermitis. Ich bekam Ohrfeigen und tritte wurde verspottet von den Schwestern. Ich durfte sie nicht anschauen,Ich musste zum Boden schauen. Sie sagten "Guck weg du bist hässlich ", Ich hatte am ganzen Körper schmerzen,meine Haut spannte sich niemand Cremte meine Haut nach dem Baden ein. Zur schlafenszeit ob mittags oder Nachts,suchte ich Trost zu meinem Teddy. Ich erzählte ihm immer alles,Ich hatte ja sonst niemanden der mir zuhörte. Bemerkte dieses eine Schwester musste ich zur Strafe im Flur des Hauses schlafen, auf einer alten dunkelen Telefonbank. Oder im Waschraum auf eine Holzbank. Irgendwann fing ich an mich zu kratzen,weil die Hautpflege mir fehlte,Ich hatte viele offene blutige Stellen die mit Schmerzen verbunden waren. Meine Bettwäsche und Nachtwäsche waren oftmals versaut. Und somit wurde ich nochmehr von den Schwestern gehänselt,verspottet und geschlagen. Meine Hände wurden dan in Verbänden eingewickelt jede Nacht,und Mittags wurden meine Arme ans Bett befestigt. So das ich mich nicht mehr kratzen konnte. Und ich auch so nicht mehr an meinem Daumen kam. Dieses kontrollierten die Schwestern streng. Als ich dan mal wieder mit meinem Teddy redete,unter meiner Decke,und mein Kopfkissen immer nasser wurde von meinen heimlichen stillen Tränen mein Herz weinte,Ich wollte nach Hause. Mein ganzer Körper war wie gelähmt vor Schmerzen,und voller Heimweh nach meinen Eltern. Ich fühlte mich vom ersten Tag an sehr einsam und allein gelassen. Ich sagte zu meinem Teddy , die Mama soll mich holen ,ich schüttelte meinen Teddy "Hörst du," ich schüttelte und schüttelte meinen Teddy und wurde immer lauter meine Tränen wurden immer mehr "sag die Mama Bescheid sie soll mich endlich abholen kommen ". Dies bekam die Nachtschwester mit,Sie riss mich an meinen Haaren aus meinem Bett. Meine Füße berührten erst im langen Koridor außerhalb des Zimmers fen Boden. So verbrachte ich auch diese Nacht allein gelassen frierend ohne Decke und ohne Teddy keine tröstende Worte im Flur des Hauses. Ich hörte nur den Pendel einer großen schweren Standuhr und schlief irgendwann ein.
Nach unendlich langen Tagen und Wochen voller Heimweh nach zu Hause,kam die Anreise. Jeder musste sein Gepäck eigenständig tragen,auch die kleinsten. Draußen stand auch schon unser Abreisebus ,und wie ich so durch die große Türe nach draußen ging ,riss eine Schwester mir meinen Teddy aus meinem Arm, grinste und sagte ,und der bleibt hier . Durch das ganze gedrengel der anderen verlor ich sie aus dem Augen. Auch im Bus hilte ich Ausschau nach ihr, sie war nicht mehr zu sehen. Ich hatte sehr lange in meiner Kindheit um meinen Teddy getrauert das er nicht mehr bei mir war. Bis heute leide ich unter Verlustangst ich mag es nicht allein zu sein . Ich bin froh das ich mal meine Erinnerungen und Erlebnisse loslassen durfte in meinem Text. LG Manuela
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Annabell aus Hallungen schrieb am 26.09.2020
Nur vier Wochen...und doch ein ganzes Leben.
Ich bin 37 Jahre alt, Ergotherapeutin in einer Einrichtung für psychisch Kranke, ich versuche so gut es geht mit meiner Angsterkrankung und den Panikattacken durchs Leben zu kommen..... Ich lebe noch Zuhause bei meinem Onkel und meiner Mama....warum...weil ich dem kleinen Mädchen 1988 im Kinderkurheim Pausa versprochen habe, wenn wir hier lebend raus kommen verlassen wir unsere Familie und unser Zuhause niemals wieder!!!!

Ich war 5 Jahre alt als ich nach Pausa kam. Ein kleines, blasses, dünnes Mädchen. Zum ersten Mal weit weg von Mutti, Oma, Opa und dem Onkel. Die Reise war noch ein großes Abenteuer, viele Kinder mit Namenszetteln um den Hals die mit einer netten Dame Zug fahren durften. Als wir ankamen begann die Tortur. Ich wurde geschlagen, musste stundenlang vor meinem Teller sitzen bis ich alles aufgegessen hatte. Wenn ich es nicht schaffte steckte ich mir die Brotrinden in die Hosentasche. Als ich dabei erwischt wurde musste ich mich an den Tisch der Erzieherin setzen und ein Brot mit verschimmeltem Käse essen. Am nächsten Morgen übergab ich mich im Bett, zur Strafe wurde ich an den Ohren gezogen bis sie bluteten. Sonntags saßen wir den ganzen Nachmittag in einem dunklen Raum und schauten uns auf einer Leinwand, Paraden mit Erich Honecker an. Für jeden Fehler wurde ich an den Ohren gezogen. Nachts durften wir nicht zur Toilette gehen, ich hab mehrmals ins Bett gepullert, zur Strafe wurde ich geschlagen und mein Bettlaken tagelang nicht gewechselt. Ich erinnere mich auch an Massagen mit harten Bürsten, wir Kinder standen nackt im Kreis und massierten uns bis die Haut ganz rot und wund war. Jede Nacht weinte ich in mein Kuscheltier, ich wollte am liebsten Sterben, aber ich wusste nicht wie das geht.

"Du darfst nie wieder nach Hause wenn du den Teller nicht leer isst", ich hab es geglaubt aber ich konnte das Brot nicht mehr essen. Da hab ich es mir geschworen...sollte ich je wieder hier rauskommen... Zurück zu Mutti..dann geh ich nie mehr von ihr weg.

Seit dieser Kur habe ich eine generalisierte Angsterkrankung, Panikattacken und Depressionen entwickelt.
Manchmal träume ich das ich wieder im Doppelstockbett liege, es ist nicht mehr so schmerzhaft wie vor einigen Jahren. Meine Erlebnisse gehören zu mir, vielleicht haben sie mich auch zu dem gemacht was ich heute bin.

Ich bin froh mit all diesen furchtbaren Geschehnissen nicht mehr allein auf der Welt zu sein.
Administrator-Antwort von: Redaktion
Liebe Annabell,

Dein Beitrag ist sehr erschütternd und wichtig für uns, du gehörst zu den DDR-Kurkindern, diese waren bisher nur sehr selten mit Berichten auf unserer Seite, da gabs auch andere Bedingungen, die noch vergleichsweise wenig erkundet sind, ich würde gern in Kontakt mit Dir kommen für ein Vertiefungsgespräch, hättest du Lust mich mal anzurufen? Schreib mir unter :info@verschickungsheime.de und schreib dazu, dass Maria deinen Brief gleich an mich, Anja, weiterleiten soll, Danke!
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Andrea Nick aus Radevormwald schrieb am 25.09.2020
Ich wurde 1970 als sechsjährige durch die Krankenkasse der Bayer Werke Leverkusen dorthin verschickt. Leider haben mir meine Eltern nie erzählt , warum ich für sechs Wochen dorthin musste. Ich kann mich noch an die Untersuchungen im Vorhinein erinnern und dass mir versprochen wurde, ein mir bekanntes Mädchen aus der Nachbarschaft würde mich dorthin begleiten. Dies war aber leider nicht so, wie ich am Bus zur Abfahrt feststellte.
In der Zeit des Aufenthaltes habe ich viel geweint und hatte starkes Heimweh. Wir schliefen mit ca 6 - 8 Kindern in einem Raum. Zur Mittagsruhe durfte niemand auf die Toilette und ich weiß noch, wie ich mit starken Drang im Bett lag . da ich aber erlebt hatte, wie andere Kinder für Bettnässen und Melden, dass sie zur Toilette möchten, beschimpft wurden, habe ich mich nicht getraut , mich zu melden. Auch ich kann mich an vel Zeit im Bett oder auf Liegen im Garten erinnern.
Zum Frühstück gab es Haferschleim und erst wenn man diesen aufgegessen hatte, durfte man ein Marmeladenbrot bekommen.Das war furchtbar und sehr ungewohnt.
Päckchen von zu Hause wurden auf alle Kinder aufgeteilt und wenn man Glück hatte, bekam man etwas von seinen Lieblingsteilen von zu Hause. Schlimm war es auch am Nachmittag, wenn die Post von zu Hause verteilt wurde. Alle Kinder saßen im Gemeinschaftsraum und wenn man Post erhalten hatte, wurde man aufgerufen und sollte sich neben die Tante stellen. Sie las dann die Nachrichten von zu Hause laut vor und es war so schwer , nicht in Weinen auszubrechen. denn das kam nicht gut an.
Regelmäßig wurde auch Post an die Eltern verschickt. Da ich noch nicht zur Schule ging , schrieb ein älteres Kind für mich die Post und ich konnte nur unterschreiben. Der Inhalt der Karten war jedoch zensiert und vorgegeben. ( Eine Postkarte habe ich noch in meinem Fundus).
An den Waschraum kann ich mich noch gut erinnern: lange Waschbecken rings um den Raum im Keller , rinnenähnlich. Es war kalt und ungemütlich dort , mit vielen Insekten.
Kleidung suchten die Tanten aus den Schränken im Flur aus.
Spaziergänge gab es einige, in Reih und Glied. Einige Kinder bekamen Bäder. . An Spielen im Garten kann ich mich nicht erinnern. Aber wir saßen viel im Gruppenraum.
Ich kann bis heute nicht verstehen, was man uns kleinen Kindern angetan hat .
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Sisi aus Winterberg schrieb am 25.09.2020
Am 21.09.2020 las ich in unserem lokalem Zeitungsblatt den Artikel von Maximilian Plück „Bitte holt mich, sonst muss ich weinen“ . Der Artikel löste in mir dunkle Erinnerungen aus.
Auch ich war, wie „Carmen Müller“ in dem Artikel beschrieb im Winter 1969 vor meiner Einschulung auf Empfehlung der Schulärztin zu einer „Kinder-Kur“ nach Winterberg verschickt worden, weil ich so dünn war und ich vor meiner Einschulung zunehmen sollte.
In dem von Nonnen geführten Kinderheim war die Atmosphäre in meiner Erinnerung dunkel und unfreundlich. Die Oberin war streng und barsch. Ich habe vieles davon verdrängt. Erinnern kann ich mich aber ganz genau, dass man immer alles aufessen musste, egal ob es einem schmeckte oder nicht. Erst wenn man alles gegessen hatte konnte man den Saal verlassen. Ich musste öfter alleine lange sitzen bleiben und mir das Essen hineinzwingen. Einmal erbrach ich das soeben Gegessene im Essenssaal. Ich musste, trotzdem ich weinte einen Eimer mit Wasser und ein Tuch holen und das Erbrochene selbst vor allen Anwesenden Kindern wegwischen und wurde von der Aufseherin dabei beschimpft.
Ich hatte großes Heimweh und wurde auch krank. Ob ich eine Grippe oder einen Magen und Darminfekt katte weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur, dass ich wie „Carmen“ auch die Zeit allein im Zimmer verbracht habe.
Ich war froh, als ich endlich wieder zuhause war. Meine Mutter hat mir später immer gesagt, wenn sie das alles vorher gewusst hätte, hätte sie mich nie dorthin gegeben, aber man hatte es ihr ja für mich empfohlen und sie wollte ja eigentlich nur mein Bestes.
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Mannek schrieb am 25.09.2020
Mit 10 Jahren war ich ein sehr dünnes, hoch aufgewachsenes Kind. Über die Mütterberatung wurde ich nach Bad Wildbad im Schwarzwald für 6 Wochen zum Aufpäppeln geschickt. Mein Kinderheim hieß „Tannenhof“. Gudrun Steinhöfer, sehr hart und streng, war die Leiterin und ihre Schwester, der gutmütige Ausgleich, für die Küche zuständig.
Die Anfahrt dauerte mit dem Zug Stunden. In Duisburg fuhren wir Kinder morgens alleine los und waren am späten Nachmittag da. Unsere Eltern hat uns mit belegten Broten versehen. Am Bahnhof hat man uns abgeholt und auf die Zimmer verteilt. Ich war in einem Extrahaus auf dem Hof untergebracht. Man zeigte uns die in jedem Zimmer oben in der Ecke angebrachten Abhörgeräte. Ihr werdet immer überwacht, hieß es. Dann wurden wir direkt zum Abendessen geleitet. Ein riesiger Topf mit Milchsuppe stand auf dem Tisch und die von unserem Reiseproviant übrig gebliebenen Schnitten. Jeder bekam einen Teller voll. Da die Suppe sauer roch, habe ich gesagt: Die esse ich nicht, die ist ja schlecht. Was ich nicht wissen konnte, es war eine Buttermilchsuppe. Es hieß aber: Hier wird alles gegessen. Der Gipfel war, die angebissenen beschmierten Schnitten sämtlicher Kinder wurden in die Suppe geschmissen.
Mir wurde dann die Suppe mit Gewalt eingeflößt. Ich konnte sie nicht bei mir behalten. Darauf wurde aber keine Rücksicht genommen und noch ein Versuch gestartet. Es brachte aber auch nichts. Ich war total verzweifelt und habe geschrien und gerufen:“ Hier bleibe ich nicht, ich will wieder nach Hause“.
Daraufhin wurde ich alleine in ein Zimmer gesperrt. Die Blenden geschlossen. Bei Wasser und Brot haben sie mich 2 Tage in Dunkelhaft gehalten. Danach war ich gebrochen und versuchte mich anzupassen.
Jeden Morgen mussten wir in Reih und Glied antreten. Die Zunge musste herausgestreckt werden und die Leiterin ging mit einer Tube Vitamincreme entlang um jedem Kind einen Spritzer davon auf dieselbe zu verabreichen. Danach ging es ans Frühstücken. Es gab immer Müsli (zähe Pampe). Für mich waren alle Milchspeisen Horror. Ich habe aber gelernt zu schlucken und langsam zu essen, damit mir nicht eine 2. Portion verabreicht wurde. Wir sollten ja schließlich dicker werden. Jeden Mittag wurden 2 Stunden Mittagschlaf gehalten. Konnte ich auch nicht. Ich konnte es aber aushalten zu ruhen. Bei Sonnenschein mussten wir draußen auf Sonnenliegen in der prallen Sonne schlafen. Ich weiß nicht mehr wieviel Tage ich es ausgehalten habe, bevor mir davon dermaßen übel wurde, dass ich erbrechen musste und ich Kopfschmerzen bekam. Mit einem kalten Waschlappen wurde ich dann wieder alleine auf einem Zimmer eingesperrt. Sonnenstich.
Ich habe gesehen, wie Kleinkinder beim Kämmen ihrer langen Haare durch das damals spiegelblank gebohnerte Zimmer geschleudert wurden, weil sie weinten und nicht still halten wollten. Wir bekamen manchmal Pakete von zu Hause. Sie wurden geöffnet, kontrolliert und auf alle aufgeteilt oder auch nicht aufgeteilt. Briefe mussten wir nach Hause schreiben. Sie wurden aber kontrolliert. Meine Mutter hatte mir gesagt, falls du es nicht aushalten kannst, unterstreichst du ein Wort im Brief. Davon bin ich aber abgekommen, weil ich dachte: deine Eltern haben nicht so viel Geld um dich hier mit dem Zug abholen zu kommen. Nachts, zumindest hatten wir schon geschlafen, schrie unsere Leiterin von unten aus dem Treppenhaus und befahl uns alle runter. Dann hat sie unsere Schuhe alle aus dem Schrank geschmissen und sie uns um die Ohren gehauen. Wir mussten dann anständig putzen. Die verloren gegangenen Socken etc. bekamen wir auch regelmäßig um die Ohren geschmissen. Mir war mal ein Knopf vom Rock abgegangen. Ich weiß, das ich wahnsinnige Angst hatte das ich Schläge bekäme. Ich konnte damals noch keinen Knopf annähen. Eine Leidensgenossin half mir.
2 mal die Woche gingen wir zum Schwimmen ins Hallenbad. Ich habe damals schwimmen gelernt. Das war ja gut, aber auch unter Zwang. Wir mussten immer reinspringen und schräg rüber zum Rand schwimmen. Ausflüge haben wir zu einem Hotel im Ort des öfteren gemacht. Dort wohnte damals die Königsfamilie von Saudi Arabien. Der kleine Prinz war zum Kuren dort. Manchmal kam Besuch von betuchten Familien, welche ihre kleineren Kinder dort auch für längere Zeit unterbringen wollten. Dann wurden wir vorher instruiert uns zurück zu halten, nicht dazwischen zu reden.
Ich hab bis zum Schluss durch gehalten. Meine Eltern waren erfreut, dass ich etwas zugenommen hatte. Sie staunten auch, wie ordentlich und aufmerksam ich geworden war. Meinen Eltern habe ich von meinen Erlebnissen nach und nach erzählt. Sie sind aber soviel ich weiß, nicht zur Mütterberatung gegangen um dort zu informieren.

2008 haben mein Mann und ich im Schwarzwald Urlaub gemacht und haben das Kinderheim aufgesucht. Es ist kein Heim mehr. Ein Nachbar erzählte auf mein Nachfragen, dass die Leiterin Frau Steinhöfer im Altenheim noch leben würde.
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Ilse-Marie aus Neuss schrieb am 24.09.2020
Ich bin erst kürzlich durch einen Zeitungsartikel auf das Schicksal der Verschickungskinder gestoßen und sofort waren alle Bilder und Gefühle wieder präsent.
1959 im Januar/Februar, ich war sechs Jahre alt (im ersten Schuljahr) ging es von Köln aus nach Wyk auf Föhr. Meine Eltern waren BEK-versichert, ich erinnere aber nicht das BEK-Haus "Schloss am Meer", sondern einen Backsteinbau. Ich war wegen häufiger Atemwegsinfekte für die "Kur" vorgesehen.
Schon die Reise war von einem unfreundlichen Befehlston geprägt und als wir ankamen, wurde mir zuallererst mein geliebtes Kuscheltier weggenommen und erst nach sechs Wochen wieder ausgehändigt. Ich fühlte mich total allein und ausgeliefert, war ich doch noch nie von Mama und Papa getrennt gewesen.
Das Essen war eine Katastrophe. Jeden, aber wirklich jeden Morgen gab es angebranntenHaferschleim, sechs Wochen lang !Diesen Geruch habe ich noch heute in der Nase. Abends, und zwar jeden Abend, gab es Grießbrei, auch der oft angebrannt. An ein schmackhaftes Mittagessen kann ich mich nicht erinnern. Jedenfalls habe ich eines Abends in meiner Verzweiflung den Grießbrei in den Teller erbrochen. Es wurde eine neue Kelle Brei dazugeklatscht und ich musste alles unter Heulen und Würgen aufessen, saß noch da, während die anderen Kinder längst zu Bett geschickt worden waren.
Schläge waren das Erziehungsmittel schlechthin: Sprach man während der Mittagsruhe - Schläge, benutzte man nachts die Toilette - Schläge (wegen der lauten Wasserspülung), machte man sein Pippi in den Nachttopf, der kurioserweise unter jedem Bett stand, - Schläge. Es hieß immer nur "umdrehen" und dann gab es auf den Po.
Postkarten wurden diktiert. Ich konnte ja noch nicht viel schreiben, aber "Hilfe" hätte ich wohl hingekriegt. Leider war das nicht möglich. Päckchen wurden zunächst konfisziert. Bonbons und Schokolade kamen in eine Schüssel und wurden an alle Kinder verteilt, so dass ich von einer Tüte vielleicht einen einzigen Bonbon bekommen habe. Die wirklich guten Stücke aber, wie z. B. Orangen, damals noch recht teuer, behielten die Tanten für sich und verzehrten sie auf unseren Märschen durch die nasskalte Witterung.
Die Spaziergänge waren nur Drill, marschieren in Zweierreihen, bis die Schuhe durchweicht waren. Hatte man das Pech und fiel mit seinem damals üblichen Trainingsanzug aus dicker Baumwolle (innen angeraut) in den Schneematsch, musste man mit den nassen, vollgesogenen Klamotten weiter mitlaufen. Dies hatte zur Folge, dass einige Kinder so krank wurden, dass acht von ihnen nicht auf den Rücktransport konnten. Auch ich kam mit Lungenentzündung zurück. Meine Mutter (Krankenschwester) war entsetzt und beschwerte sich bei der BEK, wo das Ganze aber im Sande verlaufen ist.
Ich besitze drei Postkarten, die uns für die Eltern mitgegeben wurden. Auf einer sind die vier "Erzieherinnen" gut gelaunt im Karnevalskostüm, auf einer bin ich mit anderen Kindern verkleidet (wir mussten immer lächeln oder lachen für den Fotografen), auf einer bin ich am Strand im Wintermäntelchen allein, ebenfalls zum Lächeln gezwungen. Und ich erinnere mich an eine "Erzieherin" namens Muschketat oder so ähnlich, die durch besondere Verstellungskunst und Falschheit auffiel, aber eine der Gemeinsten war und gerne schlug.
Ich habe mich nie mehr wieder in meinem späteren Leben so verlassen, hilflos und ausgeliefert gefühlt wie in diesem Heim.
Nachdem meine Lungenentzündung kuriert war, bin ich mit meiner Mutter nach Sylt gefahren, wo sich Lunge und Bronchien schnell und dauerhaft erholten.
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Dagmar schrieb am 24.09.2020
Ich war als 6-Jährige in 1970 auf Amrum, sehr wahrscheinlich im DRK Heim in Wittdün. Ich erinnere die Abreise ab VW Baunatal im Kleinbus nach Wolfsburg und den Moment, als meine mitreisende ältere Schwester und ich realisierten, dass wir in getrennte Zimmer und getrennte Gebäudeteile mussten. Ich glaube, dass ich in einem 6-Bett-Zimmer war. Dort mussten wir nach dem Mittagessen still und ohne Bewegung liegen, schweigen und durften nicht zur Toilette. Einmal war ich doch dort, meine Erinnerung reicht nur zu dem Schreckmoment, als jemand wutentbrannt die Toilettentür aufreist. Uns Kindern wurde gedroht, dass wir auf den Dachboden müssten, wenn wir sprechen und an irgendeinem Tag musste ich genau dorthin. Das wovor ich mich soo gefürchtet hatte, war letztlich ein guter Ort. Hier waren ein paar Kinder, die auf Liegen lagen und ohne Aufsicht miteinander sprechen konnten. Die Tanten kriegen es hier nicht mit, weil sie unten für Angst sorgten. Ich erinnere auch, dass wir am Strand waren und ins Wasser konnten und dass wir das nackt tun mussten. Das wollte ich damals um keinen Preis, ich wurde krank. Mehrfach in den Wochen konnte ich wegen Krankheit nicht mit den anderen baden. Die Post von und nach Hause wurde zensiert. Für mich war es ein Klima voller Angst und stets auf der Hut sein. Irgendwann landete ich auf der Krankenstation, das Gefühl dazu ist freundlicher. In mir entstand in dieser Zeit das Gefühl, das Krankheit Rettung sein kann. Ich erinnere mich an einen Speiseraum in den man wenige Stufen nach unten gehen musste. Dort mussten wir so lange sitzen, bis der Teller abgegessen war. Einmal saß ich dort so lange, das kein anderes Kind mehr im Raum war. Ich weiß, dass ich andauernd mit Brechreiz kämpfte und würgen musste. Irgendwann war alles runtergewürgt. Und die Tante sagte etwas wie, " Pech, jetzt hast du so lange gebraucht, dass du keinen Nachtisch mehr bekommst."

Ich war überzeugt, dass ich aus irgendeinem Grund bestraft würde mit diesen 6 Wochen. Ich erinnere mich nicht, ob ich in den Wochen nochmal meine Schwester gesehen hab oder wie ich überhaupt nach Haus gekommen bin und es mir direkt danach ging.
Ich weiß allerdings sehr sicher, dass diese Wochen für mich dramatisch waren, ich voller Heimweh war und es war so, als hätte ich dort meine Freude verloren.
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richard sellmaier aus 40764 langenfeld schrieb am 24.09.2020
Sehr geehrte Damen und Herren,
aufgrund Ihres Artikels in der Rheinischen Post „Die Leiden der Verschickungskinder“ möchte ich Ihnen meine
Erlebnisse mitteilen. Mein Name: Heinz-Richard Sellmaier
geb. 1949
Im Jahre 1958 war ich zur Kur im heutigen „Viktoriastift Kinderkurklinik“ in Bad Kreuznach.
Es war für mich die reinste Horrorkur. Die Briefe wurden alle zensiert. Schrieb jemand etwas Negatives wurde er bestraft, indem er die Hose ausziehen mußte und alle Zimmergenossen „mußten“ ihm auf den nackten Po schlagen.
Das gleiche galt wenn man in der Mittagspause, wo man im Bett lag, auch nur ein Wort von sich gab.
Es wurde jeglicher Kontakt nach außen unterbunden.
Meine Mutter schickte eine Freundin aus Bad Dürkheim vorbei, um nach dem Rechten zu sehen.
Sie wurde abgewiesen, das Mitbringsel an alle verteilt.
Überhaupt wurden alle Pakete verteilt. Beim Mittagessen war ich Zeuge wie mein Nachbar das Essen auf seinem Teller erbrach. Er mußte das Erbrochene
aufessen. In der heutigen Zeit würde man für diese Züchtigungen m Gefängnis landen.
Es ist schon viele Jahre her, wahrscheinlich habe ich auch schon einiges vergessen was man mit uns gemacht hat. Ich bitte Sie die Angelegenheit zur Kenntnis zu nehmen und mich vielmals bedanken, daß Sie die das Thema
aufgenommen haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Heinz-Richard Sellmaier
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Andreas aus Wertheim schrieb am 24.09.2020
Hallo, in den Sommerferien, nach Abschluss der 4. Grundschulklasse, wurde ich für ,(glaube ich), für sechs Wochen zur Erholungskur nach Stetten am kalten Markt geschickt. Mein Vater starb ein Jahr davor und ich war eher ein magerer, schlechter Esser. Mit der Bahn ging es los, die Fahrt von Wertheim/M aus kam mir als Kind recht lange vor. Untergebracht waren wir in einem älteren Gebäude, der Zustand war gut. Die Unterbringung erfolgte in Mehrbettzimmern von ca. 6-8 Personen. Ich erinnere mich noch an die Stockbetten. Dass ich "oben" schlafen konnte war ein kleines Abenteuer für mich. Gegessen wurde im großen Speisesaal. An das Essen erinnere ich mich nicht mehr, schlechtes Essen ist mir nicht erinnerlich. Es gab Tee zu trinken, bei Außenaktivitäten eine Art Fruchtpunsch/Saft, der mir fremd war aber schmeckte. Das "Bad" war ein größerer Raum, wo man gemeinschaftlich duschte. Die Waschbecken waren sehr lang, ähnlich wie in einer Turnhalle. Ich erinnere mich an sehr viele Wanderungen durch die Schwäbische Alb, Wälder, Felsen und Höhlen. Ich habe im Grunde nur schöne Erinnerungen daran. Für die Abschlussfeier vor der Abreise sammelten wir Walderdbeeren, aus denen dann eine Fruchtbohle gemacht wurde. Ich glaube mich auch an eine Art Abschiedsparty zu erinnern. Die Betreuer waren nett, das mitgebrachte Taschengeld wurde verwaltet. Bei den täglichen Spaziergängen kamen wir immer an einer Bäckerei vorbei, an dessen Backstubenduft ich mich noch heute gut erinnern kann. Ebenso an Zimtschnecken, die es an und zu am Nachmittag gab. (Dazu Tee oder eine Art Saft). Der Leiter des Heims war nicht streng oder böse, er rief bei Lärm immer "Ihr Lorbasse, seid ein wenig leiser". Ich kann mich daran erinnern, dass ein Stubenkamerad mal nach ein paar Tagen Heimweh hatte und weinte, das ging vorbei. Ich hatte nie Heimweh, da ich diese Kinderkur als etwas Aufregendes empfand. Habe nur gute Erinnerungen daran. Es verwundert mich, dass so viele Kinder so schlechte Erfahrungen gemacht haben.
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Oliver Richmann aus Friolzheim schrieb am 22.09.2020
Hallo Zusammen,
mich hat der Bericht über die Verschickungsheime ermutigt auch mein Erlebtes zu schildern. Scheine nicht alleine gewesen zu sein. Ich wurde im Alter von 4 1/4 Jahren für 6 Wochen nach Bad Dürrheim geschickt. Dennoch weis ich noch recht viel. Meine Mutter brachte mich noch nach Karlsruhe auf den Bahnhof, die große Halle war damals beeindruckend. Ich bekam ein Schild um den Hals und dann bezog ich mit anderen Kindern ein Zugabteil, bei denen die Sitze zum Schlafen umgelegt waren. Ich fühlte mich schrecklich einsam und es war irgendwie dunkel. Ich hatte damals schon Bronchial Asthma und war recht dürr. Mir sind einige Sequenzen im Kopf geblieben.Vielleicht bin auch deshalb so überaus ängstlich. Im Speisesaal, saßen wir Kleinen direkt links neben der Tür auf einer Bank mit Holztisch. Dort sind immer kleine rote Spinnchen bzw. rote Insekten über den Tisch gekrabbelt. Der Schlafsaal war in einem oberen (1.?) Stock. Als ich Stuhlgang in die Hose machte wurde ich ausgeschimpft und wurde bestraft. Ich bin heulend eine breite Treppe runtergelaufen. Meine Teddy wurde mir weggenommen und auf einen Schrank im Schlafzimmer auf die Ecke gesetzt. Einmal wurde ich mit meinen Hosenträgern an die Heizung, die unterhalb vom Fenster war, festgebunden. Oft musste ich weinen. Als Anwendung mussten wir öfter in einen fensterlosen Raum, nur mit Unterhose bekleidet und mit einem Augenschutz. Dort war ein seltsamer Geruch, den ich heute nicht mehr zuordnen kann. Einmal hat es geschneit und wir haben abends aus dem Fenster Autos zugeschaut, die eine Straße runter fuhren. Meine Mutter erkannte mich kaum wieder, als sie mich abholte. Ich soll aufgequollen ausgesehen haben. Wäre toll, wenn ich lockerer werden könnte, da ich es mir von der Seele geschrieben habe.
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Sabine U.L. aus Mönchengladbach schrieb am 21.09.2020
Auch ich wurde 1977 als Elfjährige in Kur geschickt – nach St. Peter-Ording, zum Aufpäppeln, weil ich wohl ein kränkliches, recht dünnes Mädchen war. Ich kann mich erinnern, dass ich mich im Vorfeld auch durchaus darauf freute.

Aber schon als ich mich am Bahnhof in Kaiserslautern von meinen Eltern verabschiedete und einer Betreuerin übergeben wurde, bekam ich es mit der Angst zu tun. Eine Zugfahrt in den fernen Norden, 4 Wochen ohne Kontakt zu meiner Familie war das, was mich erwartete. In dem Alter hat man ja vorher keine Vorstellung davon, was so etwas mit einem macht.

Ich erinnere mich an eine Situation bei der Eingangsuntersuchung: Ich stand, nur mit der Unterhose begleitet, vor einem Arzt, der mich untersuchte. Eine Helferin dokumentierte. Er musterte mich von oben bis unten und ich hörte, wie er sagte: „Marmorierte Beine“. Da ich nicht wusste, was das bedeutete und ob es etwas Schlimmes war, verursachte diese Aussage ein so starkes Gefühl von und Angst und Scham, dass ich die beklemmende Situation heute noch spüren kann. Schlimm war für mich der Tagesablauf, der vor allem durch sehr viel Bettruhe bestimmt wurde: Bettzeit war zwischen 19 und 7 Uhr, sowie von 12 Uhr bis 15 Uhr. Wir mussten also insgesamt 15 Stunden täglich in unserem Schlafsaal im Bett liegen und Bettruhe halten, durften also nicht sprechen oder aufstehen. Da man als 11-jähriges Kind aber nicht 15 Stunden schlafen kann, lag ich viele Stunden im Bett und grübelte. Das Gefühl der Einsamkeit und das Heimweh waren unerträglich und ich weinte viel. Heute denke ich, dass das für die Erzieherinnen vor Ort die einfachste Möglichkeit war, sich die Arbeit mit uns Kindern so einfach und bequem wie möglich zu machen.

An viele Einzelheiten kann man sich nach so vielen Jahren natürlich nicht mehr erinnern, aber einige Dinge gehen mir bis heute nach:
1. Bei unseren Spaziergängen am Rand des Wattenmeers hörte ich regelmäßig die Feldlerche singen. Noch heute denke ich immer sofort an diesen für mich schrecklichen Kuraufenthalt in St. Peter-Ording, sobald ich eine Feldlerche höre.
2. Ich hatte in diesem Alter erste Dinge übers 3. Reich erfahren, z.B. dass die Juden vergast wurden. Als wir mit einer Gruppe zu einem Raum geführt wurden, der mit einem Schild „Inhalation“ gekennzeichnet war, stellte ich mir tatsächlich voller Angst vor, dass ich jetzt in eine Gaskammer geführt würde.
3. Einige Mädchen hatten damals bereits ihre Periode, was bei mir erst einige Jahre später kam. Aber in der Kur mit den gemeinsamen Schlaf- und Waschräumen bekam ich – damals noch völlig unbedarft – natürlich einiges mit, was mich verunsicherte und mir Angst machte.

Dafür, dass ich in der Kur damals so unglücklich und einsam war, gab ich mir selbst die Schuld. Ich empfand mein Heimweh und meine Tränen als Schwäche und dachte, mit mir sei etwas nicht in Ordnung, weil eine Kur doch etwas Gutes ist. Ich hatte damals das Gefühl, dass ich das einzige Kind war, für das die Kur eine Qual war. Ich habe ja nicht direkt etwas Schlimmes erlebt, doch meine empfindliche Kinderseele hat damals sehr gelitten. Und es war niemand da, der dies sah oder sich darum kümmerte. Die „Schwestern“ in der Anstalt empfand ich als kalt, lieblos und bequem.
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Tom Zielke aus Güstrow schrieb am 20.09.2020
Ich kann mich nur an wenige Details erinnern.
Weil ich Heimweh hatte wurde ich mit Schnallen ans Bett gefesselt und mir wurde der Mund zugeklebt.
Obwohl ich an vieles in meiner Kindheit Erinnerungen habe, kann ich mich kaum an mehr Details erinnern. Nur an das Gefühl, welches mir die Freude an Ostseebäder verdirbt. Bis heute ...
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Iris Junior aus Düsseldorf schrieb am 20.09.2020
Hallo ich war mit meiner Schwester 1969 auf Borkum im Adolfinenheim ...wir wurden direkt bei Ankunft getrennt und ich habe meine Schwester erst Wochen später wieder gesehen. Das Essen war entsetzlich immer Griesbrei Milchsuppe und ähnliches..habe mich erbrochen musste weiter essen...wurde dann auf eine Krankenstation gebracht und lag alleine und weinend im Bett..wie lange weiss ich nicht mehr.Alle Kinder waren immer am weinen. Vergessen hab ich und meine Schwester es nicht..lg
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Karin meyer aus Keitum schrieb am 20.09.2020
Hallo, ich war in der Zeit vom 19.5.60 bis 21.6.60 auf Langeoog. Es waren Horrorwochen die ich mein Leben lang nicht vergessen werde. So etwas Bösartiges habe ich nie wieder erlebt!!!!!
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Thomas M. aus Essen schrieb am 20.09.2020
Hallo,

ich war sehr wahrscheinlich in der 1970er Jahren unbegleitet zu einer Kur auf Borkum. Ich muss wohl zw. 6 u. 10 Jahre alt gewesen sein, dass Ziel der Kur war eine Gewichtszunahme.

Ich habe keine negativen Erinnerungen an die Kur, genau genommen gar keine Erinnerungen. Mir geht es lediglich um die Frage, ob es Menschen gibt, die in einem ähnlichen Alter u. mit gleichem Ziel auf Borkum waren und wie die Einrichtung heißt bzw. hieß.

Danke bereits jetzt für Ihre Rückmeldungen.

Grüße,
Thomas M.
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Mario schrieb am 19.09.2020
Hallo, ich war 1966 auf Borkum im Adolfinenheim zur Kinderverschickung welches von strengen Nonnen geleitet wurde. Kinder wurden regelrecht gemästet sodass ich bis heute bestimmte Sachen nicht essen kann. Bestrafung war an der Tagesordnung z. B. mit nackten Füssen Stunden auf den kalten Boden in der Ecke stehen oder im extra Raum einsperren bis alles aufgegessen war.Nach sechs Wochen hatte ich auch dann ein paar kilos drauf, Ziel erreicht egal wie.
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Heidrun E. schrieb am 19.09.2020
Kindersanatorium Luisenruhe in Königsfeld im Schwarzwald, genannt "Kinderheim Luisental", irgendwann zwischen 1964 und 1966, in den Sommerferien


- Bereits in der ersten Stunde meines Aufenthalts mit 7 oder 8 Jahren bekam ich von einer älteren Erzieherin mit kurzen grauen Haaren eine extrem heftige Ohrfeige, weil ich mir von einem Jungen, der mir zuvor seine Hilfe angeboten hatte, dabei helfen ließ, meinen Stuhl ordentlich wegzustellen. Ich habe nicht geweint, Prügel als normales Erziehungsmittel waren mir schon vorher bekannt. Allerdings war ich schockiert über den Anlass.

Der Junge entschuldigte sich danach bei mir und schien mir seltsam verstört zu sein. Hatte man ihn wohlmöglich zu diesem Zweck zu mir geschickt? Mir tat zwei Tage lang das linke Ohr weh und es waren Geräusche darin.

- Ein kleineres Mädchen sollte mittags vor meinen Augen ihr Erbrochenes aufessen, und nachmittags sah ich sie immer noch weinend davor sitzen.

- Täglich gab es morgens den gemeinsamen Stuhlgang im Bad - auf Kommando. Dazu mussten wir, fast alle Schulkinder, im Kreis auf Kleinkinder-Töpfchen sitzen. Ich habe mich so geschämt, dass ich bald an heftiger Verstopfung litt.

- Zwei volle Tage bekam ich kein Essen außer spelzige Äpfel, wegen meiner Verstopfung. Ich hatte vor Hunger bald Angst, fortan gar kein Essen mehr zu bekommen. Die vielen Apfelspelzen trug ich jeweils den ganzen Tag in den Wangentaschen versteckt, auch beim Zähneputzen, sie auszuspucken wurde mir streng verboten. Abends riet mir ein anderes Kind, dass ich die gesammelten Spelzen unter der Matratze im Bett entsorgen könne. Die gefordete Menge an Stuhlgang beschaffte ich mir in meiner Verzweiflung schließlich nachts aus den stinkenden "gesammelten Werken" der anderen Töpfchen in einem ausrangierten Toilettenverhau im Flur durch Umschütten des Inhalts in meinen eigenen Topf. Es war absolut ekelhaft, aber ich musste erreichen, wieder zu Essen zu bekommen.. Danach durfte ich auch wieder an den normalen Mahlzeiten teilnehmen.

- Regelmäßig wurde bei mehreren Kindern die Nägel an den Fingern bis ins Nagelbett blutig geschnitten, das konnte ich sehen, danach weinten einige. Als ich an die Reihe kam, drohte ich der jungen Erzieherin leise mit einem Anwalt, einem Freund meines Vaters, falls ich auch blutig geschnitten würde. Meine Nägel wurden dann auch ordentlich geschnitten, meine Drohung blieb folgenlos.

- Zensur der Post: Die Briefe an die Eltern wurden uns wörtlich diktiert.

- Häufig musste ich zur Strafe den ganzen Nachmittag im Bett liegen, auch gab es zur Strafe für mich keinen einzigen der bereits bezahlten Ausflüge. Warum im Einzelnen, erinnere ich mich nicht, es erschien mir irgendwann ganz normal. Es stimmte ja auch, ich wollte mich an diese sadistischen Erwachsenen gar nicht anpassen.

- Wegen meiner heftigen Abneigung gegen Pfannkuchen mit Backpflaumen und meiner höfluchen Bitte, sie nicht essen zu müssen, musste ich zur Strafe gleich zwei davon unter Aufsicht verspeisen. Dem kam ich schweigend nach, indem ich beide ganz schnell in großen Stücken mit viel Wasser herunterwürgte und dabei die Heimleitung anstarrte. Kurz danach erbrach ich mich in hohem Bogen auf einen Perserteppich, dem zur Reihen-Untersuchung anwesenden Arzt direkt vor die Füße, was mir zu meiner großen Freude das Aufessen des Erbrochenen ersparte. Ich habe deshalb vor Begeisterung laut gelacht und wurde sofort ohne (!) Untersuchung wieder aus dem Raum gezerrt. Gerne hätte ich über die Praxis des Kotze-Essen-Müssen Bericht erstattet, bekam den Arzt jedoch nie wieder zu sehen.

- Die Jungen durften über mehrere Tage eine Hütte im Wald bauen, wir Mädchen durften mit in den schönen Wald, allerdings nur, um dort stundenlang im Gras zu sitzen und beim Hüttenbau zuschauen. Dabei mussten wir lernen, Zöpfe aus Grashalmen zu flechten. Mehrmals schleifte man mich mit roher Gewalt am Kragen und Armen und Beinen vom Hüttenbau zurück zum Zopfflechten. In mir wuchs der Hass.

- An einer Geburtstagsfeier im Haus durfte ich nicht teilnehmen, da ich nachmittags stets zur Strafe stundenlang im Bett liegen musste. Eine Erzieherin gab mir deshalb abends vor den anderen Kindern den Spitznamen "die Schlafmütze". Von da an wurde ich von den Kindern gemieden.

- Keiner wusste, dass ich im Wandschrank der großen Schlafveranda im Obergeschoss das schönste Technikspielzeug entdeckt hatte, das holte ich mir immer, für Notfälle ohne Hügelbildung säuberlich neben mir unter der Decke platziert. Kam eine Tante zur Kontrolle, knarrten die Stufen, und so lag ich da gut zugedeckt und guckte todtraurig, oder ich "schlief" mit offenem Mund, das Gebastelte zwischen den Knien. Ich war lieber allein, das erschien mir damals sicherer als die Gegenwart dieser herzlosen Erwachsenen.

Schön fand ich, dass mehrere Kinder an meinem Tisch keinen Joghurt mochten, so dass ich häufig drei sehr leckere Portionen davon mit frischen Blaubeeren lautlos unter dem Tisch angereicht bekam und leere Teller auf dem gleichen Weg zurück senden konnte.

- Mein Trost war, dass mir stets bewusst war, dass mein Aufenthalt in absehvarer Zeit vorbei sein würde, und die gnadenlose Härte und Kälte einer preußischen Erziehung kannte ich von meinem Zuhause. Traurig war für mich, dass ich gehofft hatte, dort sei es so freundlich, wie mein älterer Bruder es einige Jahre zuvor erlebt gatte. Er durfte damals stets bei der Erzieherin im Bett (!?) schlafen, weil er so niedlich war, erzählte meine Mutter immer wieder gern.

Am Tag der Abreise bekam ich an der ersten Kreuzung an der Hand meiner Mutter einen Schreikrampf. Ich habe immer nur nach Luft geschnappt und dann wieder geschrien. Der Druck, die Wut, die Angst ubd Enttäuschung haben sich so entladen. Ich dachte, ich müsse ersticken. Nach einer gewaltigen Ohrfeige durch meine Mutter funktionierte ich dann wieder. Hier schloss sich für mich der Kreis.

Zu Hause habe ich nur berichtet, dass es mir nicht gut gefallen hat. Dass man mich dort häufig bestrafte, hätte meine Eltern wohl eher erfreut, fürchtete ich. Für ein Mädchen erschien ich ihnen stets zu wild und unangepasst.

- Wenn ich an diese Zeit zurück denke, merke ich erst, wie wütend ich immer noch bin.
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Hajo O. schrieb am 19.09.2020
Hallo miteinander,
ich (Hajo O.) war im Februar/März 1968 fünfjährig in einer Einrichtung auf Amrum, bin dort 6 Jahre alt geworden. Leider bin ich nicht mehr sicher, in welchem Haus dort ich war, aber Wittdün kommt mir bekannt vor. Ich erinnere mich vor allem daran, dass ich sehr viele Stunden geweint habe, vor Heimweh und Kummer, im Bett. Und an eine "Mittagspause", in der wir still im Bett liegen mussten, und in der ich es gewagt hatte, leise zu einem anderen Kind in einem benachbarten Bett etwas herüberzuflüstern, was aber auffiel, und dass ich dann die ganze restliche Pause mit dem Gesicht zur Wand in einer Ecke des Schlafsaals stehen musste (als 5-Jähriger!). Und an das Sammeln von Bernsteinen meine ich mich auch zu erinnern, in solchen Klapp-Zigarettenschachteln, die uns die "Tanten" des Heims gegeben hatten; von den Bernsteinen habe ich aber keine mit nach Hause gebracht. Als ich Geburtstag hatte, durfte ich ausnahmsweise ein Päckchen meiner Eltern bekommen, aber der Inhalt wurde von den "Tanten" "gerecht" an alle verteilt...
Leider erinnere ich sonst bisher nicht mehr viel, würde mich aber gern mit anderen Betroffenen austauschen und weitere Erinnerungen wiederfinden bzw. andere dabei unterstützen, ihre wiederzufinden. Auch Bilder oder Dokumente würden mir sehr helfen, habe selbst eben bei meiner damaligen Krankenkasse angefragt, in der Hoffnung, dass die noch Infos dazu haben und herausgeben (hier geht es mir besonders um den Namen der Einrichtung, um da sicher zu sein).
Ich habe seit Langem das Gefühl, dass ein tiefer Kummer und Schmerz, den ich schon das ganze Leben lang mit mir trage, auch etwas mit dieser "Erholungskur" auf Amrum zu tun haben könnte... Und ich freue mich sehr über die Initiative anderer Betroffener, damit jetzt an die Öffentlichkeit zu gehen- herzlichen Dank dafür!
Viele Grüße
Hajo
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Dorothee schrieb am 19.09.2020
Hallo, ich war 1966 im Ev. Kindererholungsheim in Glatten/Schwarzwald. Ich muss sagen, dass ich sehr froh sein kann, die vielen schrecklichen Dinge, die hier geschildert werden, nicht selbst erlebt zu haben. Ich kam wegen angeblicher Unterernährung nach Glatten und ja: auch wir mussten morgens Puddingsuppe essen, bekamen irgendwelche Tropfen, die den Appetit anregen sollten und wurden wöchentlich gewogen, aber niemand musste Erbrochenes aufessen, wurde geschlagen oder sonst irgendwie drangsaliert. Im Gegenteil: die "Tanten" dort waren überwiegend nett und haben auch schöne Dinge mit uns unternommen. Auf der Hinfahrt im Zug hatte ich mich schon mit einigen anderen Mädchen angefreundet. Im Heim angekommen, wurden diese dann aber in eine Gruppe zu den großen Kindern eingeteilt, während ich zu den Kleinen musste. Ich habe dann in der Nacht so doll geweint, dass ich am nächsten Morgen doch zu den Großen durfte. Das war wirklich nett und von da an war ich ganz zufrieden. Unsere Briefe nach Hause wurden vorher von den "Tanten" gelesen, da wir wohl nichts Negatives schreiben sollten, das hat man uns aber auf lustige Art und Weise erklärt und ich fand es damals nicht schlimm. Bei einer Fahrt im VW-Bus wurde mir furchtbar schlecht und ich musste mich übergeben - niemand hat geschimpft!
Es gab also auch solche Heime. Natürlich war ich trotzdem froh, als ich nach 4 Wochen wieder nach Hause durfte.
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Jörg L. schrieb am 19.09.2020
Zu

"Dr. Heck" in Melle bei Osnabrück (1966)

Solbad Melle
Haus Bruch
Brucher- Allee
Fernruf 878 – Kreissparkasse Melle 1214
Postscheckkonto Hannover 34686

Ehepaar Dr. Heck (Hildegard + Dr. med. K. Heck)


heute eine „Wasserschloss“ (Besichtigungen möglich?)

Über das Haus oder das Heim Im Bruche gibt es angeblich ein Buch


In den sechziger Jahren ein „Kinder-Kurhaus“ für Solebäder und ,,Zunehmkuren“
In den siebziger Jahren eine Kinderheim.


Aus dem Forum Heimkinder-Regenbogenstadt:

Große Eingangshalle mit schwerer Holztür.

Großer Schlafsaal. Absolutes Verbot, aufzustehen. Bin einmal aufgestanden und habe einen weinenden Jungen getröstet. Dafür habe ich gleich in der Nacht noch Schläge kassiert. Die Betreuerinnen, wenn ich die Frauen so mal nenne, waren mit uns Kinder oft draußen am Waldrand spazieren. Erinnere mich noch an die Spaziergänge, viele Kinder auf einmal und wir haben die Schuhe immer in einer Art Waschküche ausgezogen.

Körperliche und Psychische Gewalt waren keine Seltenheit.
Die Ärztliche Kompetenz von Dr. med Heck, waren eher auf Basis von 08/15 (Der Film)

Wurde von einen dicken Arzt angeflaumt warum ich abnehme. Aus unserem Saal konnte man einen Bachverlauf sehen. (Graben des Wasserschlosses). Gebadet wurden wir in einer Art Waschküche in Holztrögen in denen viel Salz war. Die Holzwannen im Keller wurden mit Sohle haltigen Wasser zum Baden gefüllt.

Das eklige Essen, dass wir Kinder bei Dr.Heck bekamen, war Lebertran mit Fischbrei.

Mein Beitrag: Ich verstehe wirklich nicht, warum hier nur Andeutungen gemacht werden! 
Ich war zusammen mit meiner Schwester als sechsjähriger dort zu einer "Kräftigungskur" vor der Einschulung im Juli 1966.

Direkt nach der Ankunft wurden uns alle Süßigkeiten und Butterbrote abgenommen, die wir von zu Hause aus mitbekommen haben. Gruppenzimmer zugewiesen, natürlich nach Jungen und Mädchen getrennt und erster Appell zum Essen. Ich kann mich an den "Arzt" kaum erinnern, dafür aber umso mehr an die BDM-Matrone Hildegard Heck, die da das Kommando hatte. Meine Schwester hatte Glück, da sie ein junge relativ hübsche schwarzhaarige Betreuerin zugewiesen bekam, die zu den Mädchen nett war. Ich bekam BDM-Obergruppenführerin Heck!

Das Essen bestand aus einem zähen Haferschleim, der nicht nur kaum essbar war, sondern auch übel roch. Nach ein paar Löffeln fingen die ersten an das Essen in die Teller zu erbrechen. Die Reaktion von BDM-Hildegard war das betreffende Kind am Kopf zu packen und mit dem Gesicht in die Kotze zu drücken. Wenn ein anderes Kind darauf irgendwie mit einem Laut reagierte, mußte es sofort aufstehen und sich für den Rest der Speisung in die Ecke stellen, was angesichts dieses Fraßes fast eine Wohltat war, aber dazu führte, dass alle abnahmen. Ich meine auch, dass es öffentlich vor allen anderen Schläge auf Hände und Po gegeben hat.

Die "Kräftigung" wurde durch Wanderungen erreicht, die stundenlang dauerten und durch Felder und Wälder gingen. Anschließend mit Kontrolle kollektives Schuhe putzen auf der Außentreppe. Keine Briefe, Telefonate oder Besuche von Eltern waren gestattet. H. Heck schrieb eigenhändig in Sütterlin Postkarten an meine Eltern, dass es meiner Schwester und mir angeblich gut ginge und die Kur voll anschlagen würde. Der Leidensdruck war so groß, dass wir bei den Wanderungen überall Hilfe-Zeichen aus Ästen legten in der kindlichen Hoffnung, Bauern würden das deuten können und unsere Eltern oder die Polizei über das Straflager informieren würden. Gegen Ende mußte ich noch länger bleiben, da Kinder Windpocken eingeschleppt hatten und sowohl meine Schwester, als auch ich deswegen in Quarantäne mußten. Meine Schwester blieb dann noch eine weitere Woche alleine dort, da sie sich später angesteckt hatte.

Meine Mutter berichtete mir später, dass ich dünner geworden war und sehr blass und länger nicht über die Vorfälle dort gesprochen hatte. Erst als meine Schwester wieder zurück war, hätten wir beide erzählt. Meine Mutter berichtete unserem praktischen Arzt davon, der uns in diese Kinderkurklinik überwiesen hatte. Unternommen wurde aber anscheinend nichts.

Kommentar dazu: NS Methoden, das kann ich nur bestätigen, die Leiterin der Küche und eine andere Ältere , die wohl die Oberaufsicht hatte und ein Zimmer neben der Spülmaschine hatte, waren sicher aus NS Zeiten übrig geblieben. Auch ein Schlachtschiff, mit dem Namen, Marianne G. war der sadistischen Seite sehr zugetan. Der alten Heck, sah man ihr Herrenrassen-Denken und handeln auch schon an. Interessant war immer die Geschichte, das sie Gott geschworen hat, wenn sie von einer Krankheit geheilt wird, sich um arme Kinder zu kümmern. Die Krankheit war wohl eher die Strafverfolgung von Nazis.
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Heike Pelchen schrieb am 18.09.2020
liebe Regine, ich bin immer wieder verblüfft, wie sehr sich die Erlebnisse ähneln, als ob an verschiedenen Orten nach dem gleichen "Drehbuch" gehandelt wurde. Auch ich wurde gleich von meiner Freundin getrennt, kam in die "kleinere" Gruppe, die meinem Entwicklungsstand überhaupt nicht entsprach, ich war Schulkind, die anderen Kindergartenkinder. Diese Trennung hat mich von Anfang an ganz verzeifelt gemacht. Ich wünsche Dir Trost und Helles, Freundliches. Heike
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Kathi schrieb am 18.09.2020
Hallo Heike,
auch ich war als Kind zweimal in sog. Erholungsheimen: mit 8 und mit 12 Jahren.
Da ich klein und schmächtig war, bin ich altersmäßig immer unterschätzt worden. So steckte man mich mit 12 Jahren in die Turngruppe der 8- bis 11jährigen. Auch ich hatte ein viel zu kleines Bett.
Beides hat mich sehr gekränkt.
Ebenso wie das jeden Sonntagnachmittag stattfindende Tanzen von Volkstänzen. Dabei ging zu wie in der Tanzschule. Die Jungen mussten die Mädchen auffordern. Zu mir kam nie jemand. Alle Gefühle habe ich unterdrückt und nie gezeigt.
Das ist alles sicher nicht so schlimm wie das, was viele andere erlebt haben.
Aber die übertriebene Strenge und Unpersönlichkeit haben mich geprägt und mein ohnehin geringes Selbstbewusstsein weiter untergraben.
ich habe mir noch nicht einmal Heimweh erlaubt.
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Sylvia Rehlich schrieb am 18.09.2020
Hallo, ich war mit 6 Jahren im Jahr 1959 in Haffkrug verschickt und ja, es war einfach nur schrecklich. Um so schlimmer, dass ich heute als Seniorin in diesem Haus Urlaub machen könnte. Ich habe gleich zu Beginn dieser Initiative Zeugnis abgelegt zu meinen beiden Heimaufenthalten in Haffkrug und Westerland. Es gibt für beide Orte Heimortverantwortliche in der Initiative.
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Heike schrieb am 17.09.2020
PS: es gab ein Mädchen in der Gruppe der Ältesten in St Marien-Kindererholungsheim, Segeten, vielleicht 11 oder 13? Die hieß Sabine. Die hat meine Not bemerkt und mich nach jedem Abendgebet im dunklen Flur umarmt und mir einen Gute-Nacht-Kuss gegeben. Das hat mich so getröstet für kurze Zeit. Dieser Sabine bin ich sehr dankbar. Was für ein tolles Kind.
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Heike schrieb am 17.09.2020
Hallo ihr Alle, ich hatte bisher nur den Fragebogen ausgefüllt und schreib nun auch noch hier, damit Leute evtentuell etwas zu ihren Erfahrungen im gleichen Haus schreiben können. Ich war im St. Marien-Kindererholungsheim in Segeten, im Schwarzwald. Verglichen mit dem was ich von anderen Menschen gelesen habe, sind meine Erfahrungen im Ganzen nicht so extrem, vieles ganz Schlimmes ist mir erspart geblieben, aber auch ich war danach "ein anderes Kind" und zusätzlich zu schon davor bestehenden Belastungsfaktoren hat es mein Leben in seinem Verlauf verändert. Es ist schwer zu sagen, wie ich mein Leben hätte leben können, wenn nicht diese Erfahrung von Verlassen-sein dazu gekommen wäre.
Dinge, die ich erlebt habe: Direkt bei Ankunft Wegnahme meines Taschengeldes (da meine Mutter angeblich zu wenig Geld mitgegeben habe, das bar mitgegeben werden sollte und die Differenz dann von meinem Taschengeld beglichen werden "musste" (meine Mutter habe wohl noch ein altes Anforderungsschreiben gehabt, wurde gesagt, dabei abwertendes Sprechen über meine Mutter/Eltern), dadurch hatte ich von Anfang an keinen Pfennig Geld, konnte mich also auch nicht von einem Münzsprecher telefonisch an meine Eltern wenden um Hilfe.
Sofortiges Getrenntwerden von meiner mitgereisten Freundin in 2 verschiedene Gruppen nach Körpergröße, Einteilen in die Kindergartengruppe, obwohl ich schon Schulkind war und Lesen und Schreiben konnte. Schlafen müssen in einem Kindergitterbett, dass zu kurz für mich war, in dem ich mich nicht Ausstrecken konnte.
Androhen von Schlägen, wenn nachts keine Ruhe war (ich habe im Großen und Ganzen zu Hause kein Schläge bekommen, war gewöhnt, dass man mir erklärte, mich "ernst nahm").
Nicht-Benutzen dürfen meiner mitgebrachten Spiele (die man laut Anforderungspapier mitbringen sollte! dabei Verspotten meiner Mutter, die diese mir ja eingepackt hatte), Wegpacken der Spiele im Koffer für die ganze Zeit.
Zunächst wurden meine Karten nach Hause für mich geschrieben, bis ich die Information "durchsetzen" konnte, dass ich ja selbst schreiben könne, das wurde mir zunächst nicht "geglaubt".
Kontrolle des Briefverkehrs nach Hause ("Deine Mutti ist doch dann traurig, wenn Du ihr das so schreibst"), führte dazu, dass ich "fröhliche Karten" nach Hause schrieb, worauf ich von meiner Mutter fröhlich-liebevolle Briefe zurückbekam, wie sehr sie sich freut, dass es mir so gut gefällt....dieses Abreissen des Kontaktes, dieses Merken, dass sie nicht merken kann wie schlecht es mir geht, wie verzweifelt allein ich mich fühle, war fast das Schlimmste. Es hat mein (auf Grund anderer Dinge zuvor schon belastetes) kindliches Grund-Vertrauen zerstört; wenn ihre Briefe kamen, habe ich untröstbar geweint, später haben meine Mutter und ich vereinbart, dass wir uns für spätere Situationen Geheimzeichen überlegen, so dass ich heimlich sie hätte über meine Hilflosigkeit informieren können (das war eine sehr liebevolle Reaktion meiner Mutter, leider hat das alles dann nicht mehr gereicht, habe jahrelang in Angst gelebt, bin teilweise dissoziiert, konnte nicht mehr von ihr getrennt übernachten, das hat sie überfordert und uns getrennt)
Ärztliche Untersuchung: Auskunft: ich habe keine Mandeln, wann mir diese denn entfernt worden seien, auf meine ernsthafte Auskunft, die seien mir nicht entfernt worden (denn daran hätte ich mich erinnern können), wurde die Ernsthaftigkeit dieser Aussage lächerlich gemacht und mir nicht geglaubt, sie seien nicht da, also seien sie mir entfernt worden (aus heutiger Sicht: sie sind mir wirklich nie entfernt worden und jeder Idiot weiß, dass es kleine, "verkümmert" angelegte Mandeln gibt). Alleingelassenwerden über einen ganzen Tag, als ich krank wurde und bettlägerig war.
Singen von trostlosen, schwarzen Kirchenliedern (...über Nacht die Panzer rollen, Mütter sterben, Kinder sind allein, Du warst nicht vorbereitet.....Jesus kam vor dieser Zeit, Du gingst nicht mit, Du wolltest nicht, als Jesus kam fand er Dich nicht bereit...so der Text, kann ihn und die Melodie noch auswendig)
Irgendwann hat mein Vater angerufen, wurde stutzig, weil ich weinte etc, hat dann per "Androhung" er würde mich sofort holen kommen, durchgesetzt, dass ich doch noch in die Gruppe meiner Freundin kam, diese hatte aber unterdessen dort schon "Freundinnen" gefunden und wollte von mir -schon ganz angeknackst und heimwehkrank- nicht mehr viel wissen (mein Vater hat leider den Ernst der Lage nicht erkannt und mich nicht geholt).
Ich bin nicht geschlagen worden oder zum Essen gezwungen, aber ich hatte permanentes Heimweh, ein verzweifeltes Verlassenheitsgefühl für 3 lange Wochen, Hilflosigkeit, auch Angst. Plan/Gespräch mit meiner Freundin im Garten am hohen Zaun stehend, dass wir fliehen könnten, wie wir das machen würden, haben uns dann nicht getraut (ich war 7, ohne Geld, Angst vor den Folgen).
Wieder zu Hause bin ich meiner Mutter (wie so viele) weinend in die Arme gefallen, erst nach und nach hat sie verstanden, was los war. Sie hat sich dann auch beim damaligen Träger beschwert (wir wissen nicht mehr, wer das war, irgendwas Katholisches), ist damit aber aufgelaufen und konnte nichts erreichen. Komischerweise sagt sie, ich sei nicht "verschickt worden", es sei eine "ganz normal gebuchte" Reise gewesen, eben bei einem katholischen Träger, aber es ähnelt sich so, vielleicht gab es "Verschickte" und "Selbstbucher" in den Heimen?

Ich wünsche allen Trost. Und Menschen in ihrer Umgebung die freundlich und warm sind.
Heike
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Michael Mehren schrieb am 17.09.2020
Ich wurde in der Zeit zwischen August und September 1959 als Siebenjähriger zur Erholung nach Friedenweiler in den Schwarzwald geschickt. Alleine die Trennung zu meinen Eltern war hart, was mich aber in Friedenweiler erwartete, war an Eindrücken für ein siebenjähriges Kind mehr als erdrückend.

Bei der Ankunft wurden wir von Nonnen empfangen und uns wurden zunächst alle Sachen abgenommen. Wir wurden in Säle und/oder Gruppen aufgeteilt. Friedenweiler hat in mir alles zerrissen, was ich bisher als Kind von der Schönheit eines Kinderlebens erlebt hatte; es hat mir den Glauben, die Hoffnung, den Schutz gegenüber Erwachsenen und auch gegen die Kirche genommen. Heute möchte ich mir nicht mehr vorstellen, wie diese Nonnen ca. 14 Jahre früher gegenüber Kindern aufgetreten sind.

In Friedenweiler musste ich erleben, wie wir jeden Morgen Spalier stehen mussten, so dass die Bettnässer unter Gegröle und unter Ansage der Nonnen mit ihrer nassen Bettwäsche nackt an uns vorbeigehen mussten, auf dem Weg in den Waschkeller;

Friedenweiler stellte sich den Kindern vor, in dem es nachts Kindern den Toilettengang verweigerte, die Kinder mit Ohrfeigen und Stockschlägen zum Aufessen des Tellerinhaltes zwang, auch wenn sie sich auf dem Teller übergeben hatten, des weiteren galten neben Schläge auch stundenlanges in der Ecke stehen bei Zuwiderhandlungen wie z.B. Flüstern während der Ruhezeiten, Rennen auf den Fluren u.ä.

In Friedenweiler wurden wir einmal pro Woche nach Geschlechtern getrennt aufgefordert, in Gruppen von je ca. 10 Personen unter Aufsicht der Nonnen sich nackt auszuziehen und zu duschen. Wir haben uns so sehr geschämt. Danach erhielten wir nach einer Woche frische Unter- und Oberwäsche. Briefe oder Grusskarten an Eltern oder Verwandte wurden kontrolliert und zensiert;

das Taschengeld, dass uns Eltern für diesen Aufenthalt mitgaben, haben die Nonnen gekonnt dazu genutzt, uns in der letzten Woche nutzlose Souvenirs zu verkaufen, wie z.B. kleine Schwarzwaldpuppen, Schneekugeln, kleine Fotobetrachter und ähnliche Dinge. Vom Taschengeld habe ich nichts mehr zurückgebracht, stattdessen aber nach Aussage meiner Mutter ca. 70% an sauberer Wäsche, die ich gar nicht in Friedenweiler zu Gesicht bekam. Ich bin als dünner Hänfling nach Friedenweiler gekommen, um etwas an Gewicht zuzunehmen. Zurück kam ich noch magerer und dünner als vor der Kinderverschickung, dafür verängstigt und am Rockzipfel meiner Mutter hängend.
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Johannes Möllers schrieb am 17.09.2020
Die schlimmste Zeit meines Lebens in Bad Sassendorf
Ich war 9 Jahre alt (1972-73)als ich verschickt wurde und ich war Inkontinent und Dürr.Die Schlafsäle wahren hoch und links und rechts standen Eisenbetten.Ich muste immer mit dem Gesicht zur Wand schlafen weil ich ins Bett gemacht habe.Es herrschte ein herrischer Befehlston dort.Ich war 9 Wochen dort und bekam in dieser Zeit nur klebrigen stacheligen trockenen Reis ohne alles zu essen.Wenn man ihn nicht mehr essen konnte bekam man ihn eingeflößt. Man hat das essen oft zwei oder dreimal gegessen.Das Weinen von uns Kindern höre ich heute noch. Ich hatte in der Kur Geburtstag und ich hatte ein Paket mit süßem Geschick bekommen das mir aber weggenommen wurde. Statt dessen bekam ich 2 trockene Zwieback.Ich habe dort immer gedacht ich bin selbst an allem Schuld und muß immer dort bleiben. Als ich dann doch nach (Hause)kam war ich total verstört und fühlte mich der Familie nicht mehr zugehörig.Ich habe mein ganzes Leben Probleme mit dieser Zeit und bin auch in Behandlung. Ich hoffe das noch viel mehr ans Tageslicht kommt. So geht man mit Kindern nicht um.
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Wolfgang Buckow schrieb am 17.09.2020
Liebe Freunde,


seit meinem 6. Lebensjahr habe ich von 1953 (Wyk auf Föhr) bis 1964
(Langeoog) an diversen Heim-Verschickungen teilgenommen (7 x +2
Ferienfamilien in der BRD und 7 x Ferienlager der DDR bis 1961), verfüge
also über einen reichen Erfahrungschatz.
Während ich von meiner
Frau oder andern Bekannten eher ablehnende Berichte hörte, kann ich die
negativen Erfahrungen persönlich nicht bestätigen. Ich habe die
Möglichkeiten immer gern genutzt und da in Berlin (West) die
Verschickung über das Rathaus (Jugendamt) nur alle 2 Jahre möglich war,
bin ich in der Zwischenzeit auch als “friedliebendes westberliner
Arbeiterkind" in die DDR eingeladen worden. Vielleicht lag es an meinem sonnigen Gemüt, dass ich nur gute Erinnerungen zurückbehalten habe und oft beschriebener Horror bei mir nicht vorkam. Als kleinem Jungen im Kinderheim auf Föhr wendete sich das Heimweh oder die fiebrige Erkältung von Bettnachbarn noch zum Guten, denn ich durfte wegen deren Bettruhe ihre Gummistiefel für Wanderungen durch Schee und Matsch anziehen. (Nur eine Art Müsli aus geriebenen Mohrrüben mit Haferflocken (?) ist mit unangenehm in Erinnerung). Selbst DDR-Veranstaltungen mit morgendlichem Fahnenappell nahm ich mit Humor, mich interessierten vielmehr die hübchen Mädchen bei ersten sexullen Annäherungsversuchen und das überall reichliche Essen.
Familienreisen gab es zu dieser Zeit bei uns nicht.
Ich grüße alle recht herzlich und bin für Nachfragen gern auskunftsbereit.
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Renate Leppin geb. Otten schrieb am 17.09.2020
Hallo, ich habe mehrfach über Verschickungskinder gelesen, auch darüber, dass sich immer mehr ehemalige Verschickungskinder mit ihren Erlebnissen melden. Auch ich möchte mich beteiligen, da auch ich, zusammen mit meiner Schwester Brigitte, zweimal in Bad Dürrheim im DRK-Kinderkurheim war. Wann es das erste Mal war, das weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur, dass wir mit dem Zug von Bremen nach Bad Dürrheim gefahren sind und während der Fahrt jemand aus dem Zug gefallen ist. Nie wieder habe ich davon gehört. Während meines ersten Aufenthaltes wurde ich heimwehkrank und beim zweiten Aufenthalt meine Schwester. Der zweite Aufenthalt war in 1964, habe noch Fotos davon. Ich habe inzwischen recherchiert, dass es das Heim mit der Rauminhalation mit den Ponchos etc. war. Meine Schwester hatte es mit den Bronchien, ich war nur zum Zunehmen mit. Ich war schon ein wenig älter und meine Oma hatte mir eine Armbanduhr geschenkt. Ich wurde einmal während des Mittagsschlafs nach der Uhrzeit gefragt und ich habe sie genannt. Danach wurde mir die Uhr abgenommen. In unserem Schlafraum waren oben an der Decke so Entlüftungsrohre, die wohl verkleidet waren, sahen jedenfalls so aus. Durch diese Dinger haben sie uns abgehört, dadurch wurde ich meine Uhr los.
Seit den Verschickungen kann ich es nicht mehr ab, wenn das Fiebermessen kommt, sei es in einem Krankenhaus oder in einer Reha. Wir wurden so unter Druck gesetzt, kein Fieber zu bekommen, da wir sonst wegen "Reisefiebers" nicht nach Hause gedurft hätten.

Ich habe meinen Eltern niemals verziehen, dass sie uns dort hingeschickt haben.
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Claudia Preissler schrieb am 17.09.2020
Ein Hallo in die Runde,

ich habe bereits Zeugnis abgelegt, aber hier und da taucht eine weitere Erinnerung auf. Bei den wöchentlichen Untersuchungen mit Temperatur messen, Gewicht checken ect., bekam ich eine Flüssigkeit zum Trinken. Kleiner Becher, rosa Flüssigkeit. Die Farbe sehe ich deutlich vor Augen. Mich schüttelt es regelrecht durch, wenn ich dran denke. An den Geschmack erinner ich mich nicht, aber ich verabscheue schon immer übersüße Medizin. Ob das ein Beruhigungsmittel oder Schlafmittel war, weiß ich nicht. Die Untersuchungen fanden, glaube ich, vormittags statt. Vielleicht auch eines von den Experimenten an Kindern, die in diversen Heimen üblich waren.

LG
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Petra Strecker schrieb am 16.09.2020
Hallo, durch Zufall habe ich gestern von dieser Seite erfahren. Ich war mit 1980 Mit 9 Jahren im Schwarzwald Lenzkirch/Saig im Schwoerer Haus. Bis heute 40 Jahre später hab ich mit dem zu kämpfen.
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ursula schrieb am 16.09.2020
ich war dort,mit ungefähr 11!irgendwo gibt es noch ein bild!ich bin aufgewacht in der nacht,und da war es,die erinnerung!ich bin zeuge der nötigung,das kinder erbrachen und es aufessen mussten!ich konnt emittags im grossen saal nicht shclafen,war ein sogenanntes zappelkind,hatte meinen toilettenbeutel mit zahnpasta unter der bettdecke aufgeräumt und wurde erwischt!ich stand dann in der ecke,stundenlang und halbnackt!die nonnen waren grausam!wir mussten immer blaubeeren pflücken,stundenlang!für einen vollen becher gabs ein gummibärchen!uns wurde alles abgenommen am anfang,briefe kontrolliert!es kam nichts wahres raus an die eltern!zum doktor mussten wir uns aufstellen,halbnackt,ich habe mich geschämt!mehr wies ich nicht mehr,es war schrecklich!
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Gundula Schmidt-Graute schrieb am 15.09.2020
Hallo, ich habe vor ein paar Jahren den Fragebogen ausgefüllt und wusste damals aber nicht, wo das Heim war. Inzwischen bin ich mir relativ sicher, dass es sich um Wüstensachsen/Rhön, nahe der Wasserkuppe handelt. Es war der Sommer 1970, ich wurde im Heim sechs Jahre alt, Diagnose "Haltungsschäden". Ich habe keine Erinnerungen an körperliche Misshandlungen oder Zwangsfütterung mit ekligem Essen, aber an eine unendliche Einsamkeit und ständiges Nichtverstehen. Der Großteil meiner Sachen wurde weggeräumt - ich lebte sechs Wochen in der Angst, sie verloren zu haben. Mein Geburtstagspaket habe ich bekommen. Die Heimleiterin hatte ihr Kleinkind immer bei, das sie regelmäßig vor aller Augen verprügelte, weil es mit dem Töpfchen nicht so geklappt hat. Es waren auch Westberliner Kinder da, sie waren in eigenen Gruppen und bei uns schwirrten die Gerüchte "Berliner stinken, Berliner klauen". Ich, die ich nicht einmal wusste, was ein Berliner überhaupt ist, habe das nachgeplappert. Die Großen haben mich verpetzt und ich wurde vor versammelter Mannschaft angebrüllt. Und als ich mich erbrochen habe (o.k., ich war trotz Warnung mit vollem Bauch ins Wasser gegangen), musste ich bis zum nächsten Wäschewechsel im dreckigen Bettzeug schlafen. Als die Frau, die mich im Zug begleitet hatte, wieder auftauchte, habe ich mich ihr heulend in die Arme geworfen. Und als ich im Winter für eine Woche ins Krankenhaus kam habe ich allen Leuten erzählt "Krankenhaus ist viel besser als Kinderheim". Ich bin vergleichsweise glimpflich davon gekommen, trotzdem hätte all das nicht passieren dürfen.
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Ute I. schrieb am 15.09.2020
Auch ich habe teils sehr unangenehme Erinnerungen an meine zwei Kinderkuraufenthalte auf Wangerooge, einen im Kinderkurheim Sandkrug. Da ich aus Oldenburg komme, war ich vermutlich im Oldenburger Kinderkurheim auf Wangerooge.Weil ich Untergewicht gehabt haben soll, so sagte meine Mutter mir damals auf NAchfrage... ich bin Jahrgang 1955. Das letzte mal war ich zu Beginn meiner Pubertät dort und hatte einige Schwierigkeiten mit meiner Veränderung. Die ärztliche Untersuchung, in der wir uns alle in Reihe einfinden mussten war seltsam. Der Arzt sagte, ich dürfe nicht mehr soviel Milch bekommen. Was mich bis heute verfolgt, ist der ekelige Geruch von warmer Milchsuppe in Plastikbehältern. Dabei weiß ich nicht mehr wirklioch , ob es bei allen drei Kuren so war oder nur zB in Sandkrug. Ich denke es war auch auf Wangerooge mit das abstoßendste , was mir in Erinnerung geblieben ist und mich bis heute noch immer wieder ersucht. Dazu wundere ich mich mein Leben lang zunehmend darüber, dass man uns so derbe Lieder singen ließ.Natürlich waren es Seemannslieder auf Wangerooge. Ichg kenne sie noch immer und denke, dass ich sie mir so gut gemerkt habe, weil ich immer gerne sang und auch besonders in Gemeinschaft. Dennoch, diese rauen Lieder waren meiner Meinung nach nichts für kleine Kinder.
Etwas schönes habe ich in Erinnerung... wir probten für eine Abschiedsfeier und ich durfte an einem Sketch mitwirken. Sehr lustig. Eine Person auf einer Bank, welche sich sogleich zu kratzen begann, wenn sich jemand neben ihr niederließ... (die spielte ich) ...und wenn sich die Person wegen der Kratzerei wieder verunsichert entfernte, sagte ich gewitzt:"Läuse hab ick keene, aber ne Bank für mick alleene" ... auch das war ein Erlebnis, was ich bislang nicht vergessen habe und welches mich damals mit Stolz erfüllte 🙂 Schlechte Erfahrung waren die Salzbäder, die ich in diesem ungewöhnlich kalt und hart anmutendem Wannenbad nehmen musste. Wie oft, ob es täglich oder seltener war, weiß ich nicht mehr und auch wozu das gut sein sollte, hat man mir nicht gesagt. Während andere spielten, lag ich in der Salzwasserwanne und fühlte mich unwohl. Würde man mir Sinn und Zweck vermittelt haben, wüsste ich das heute sicher noch. Im Kurheim Sandkrug zwang man mich einmal Soinntegs Sachen anzuziehen, die meinem Sinn von Mode absolut widerstrebten:-) Mein bestes Kleid, Samz mit roten Punkten, genäht von meiner Oma zur Einschulung, sollte ich mit einer derben , blauen Trainingshose zusammen tragen... das gab Tränen und Wut! Überhaupt hatte es mir widerstrebt, mir von fremden Menschen meine Kleidung vorgeschrieben zu bekommen. Das war wohl in allen Kuraufenthalten so.
Auf Wangerooge war bei meiner zweiten Kur auch meine zwei Jahre jüngere Schwester mit. Ich habe keine Erinnerungen daran, wie es ihr erging. Ich denke, wir wurden in verschiedenen Gruppen betreut. Bei diesem zweiten Mal kam dann noch eine Karte meiner Mutter an, auf der sie von Alpträumen schrieb, von schlechtem Gewissen und davon, dass sie uns im Traum mit Hungerbäuchen gesehen hätte, Offenbar hatte unsere Mutter im Unterbewusstsein eine Ahnung davon, dass so einiges nicht stimmt...so sind Mütter nun mal... Zum Abschluss, ich habe mich bei den ersten Kuren jedes Mal abgeschoben gefühlt, ausgesetzt und ausgeliefert, hatte Heimweh. Das letzte Mal, als ich schon zwölf war oder wurde, war es eher schon ein Abenteuer. Ich habe einen Jungen dort sehr gemocht und alles daran gesetzt, von einem anderen Mädchen die Adresse zu bekommen :-)) später habe ich ihn dann in Oldenburg besucht. Seine Mutter kannte ich schon zuvor, sie schwärmte immer , was sie für einne guten und fleißigen Sohn hätte.
Achja..als ein Überbleibsel der ersten Heimaufenthalte verblieben mir Albträume über den Mangel an Privatsphäre in den sanitären Anlagen.
Damit hatte ich in jungen Jahren immer wieder zu tun. Ich denke, es war eine Folge dieser zwanghaften Zusammenbringung in Gruppen mit wildfremndem Menschen, der man unterworfen wurde.
An vieles kann ich mich nur sehr blass erinnern, an einen besonders leckeren Pudding z B bis heute. Dafür waren die Milchsuppen das nackte Grauien:-)) Dadurch, dass ich auch zu Hause alles essen musste, was auf den Tisch kam, auch wenn es mich würgte, kann ich nicht sagen, dass ich mich im Kurheim diesbezüglich schlecht behandelt gefühlt habe. Wenn, dann ging es mit dem einher, was ich ohnehin gewohnt war.
Das Spielen am Wasser war jedenfalls immer wunderschön und ich erinnere mich an die Ermahnungen, nicht in den Prilen zu baden;-)
So, bevor es endlos wird, lasse ich es so nun mal gut sein:-)
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Kristin A. schrieb am 14.09.2020
Hi Kristin A. hier,
ich kenne meine Vergangenheit. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit meiner Mutter.
Sie sagte, es ging dir doch gut dort. Sie zeigte mir Postkarten, die ich nach Hause geschrieben hatte:
Mama, es ist schön hier. Mama, es geht mir gut. Wir machen einen Ausflug. Etc pp.
Ich sagte, Mama, ich war Vier, ich konnte noch nicht schreiben. Ihr fiel alles aus dem Gesicht. Ich bin im Frieden mit ihr.
Das alles noch mal Thema wird, haut mich gerade um. LG Kristin
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Ulrike Chini schrieb am 14.09.2020
Ich war im Frühjahr 1957 in einem Kinderheim an der Nordsee, in Schillig. Schrecklich waren folgende Erlebnisse:
- Es gab jeden Tag Milchsuppe, die ich nicht mochte, aber aufessen musste. Ich saß manchmal Stunden allein in der Küche vor dem Teller Milchsuppe, den ich leeren musste. Ich habe mich ständig vor Ekel erbrochen, oft auch nachts.
- Der Urineimer/-topf wurde nachts nicht geleert, so dass die Kinder sich auf einen vollen/überlaufenden Topf setzen mussten.
- Postkarten nach Hause wurden von den Betreuerinnen geschrieben, nicht der Realität entsprechend.
Kaum zu Hause bekam ich eine schwere Gelbsucht, die auf die Zustände im Heim zurückgeführt wurde. Die Gelbsucht führte (wahrscheinlch) zu einer starken Sehbehinderung.
Die psychischen Folgen für ein sechsjähriges Kind von 4 Wochen Schrecken im Heim und anschließend sechs Wochen im Krankenhaus (in Quarantäne) sind nicht genau zu definieren.
Später litt ich an Essstörungen, Depressionen.
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Heike Czepa schrieb am 13.09.2020
Ich muss noch etwas nachtragen: Eine weitere Erinnerung, die sich gerade in meinem Kopf Bahn bricht, betrifft den Toilettengang: ich erinnere eine mit Kot verschmierte Toilette, die ich säubern musste, weil ich angeblich die Verschmutzung selbst verursacht hatte, was aber definitiv nicht gestimmt hat.
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Heike Czepa schrieb am 13.09.2020
Hallo, ich habe gerade im Radio von dieser Seite gehört und damit zum ersten Mal eine Bestätigung dafür bekommen, dass meine Erinnerung an meinen Kinderheimaufenthalt nicht falsch sein kann. Ich bin heute 62 Jahre als und es muss ungefährt 1962/1963 gewesen sein, dass ich wegen Keuchhusten ins Kinderheim Nickersberg im Schwarzwald kam. Das Heim wurde von Nonnen geleitet. Ich erinnere mich nur noch an die besondere Grausamkeit, dass ich erbrochenen Griesbrei wieder essen musste, so lange bis der Teller leer war. Bis heute fange ich an zu würgen, wenn ich nur den Geruch von Griesbrei in die Nase bekomme. Es gibt ein Foto von mir, auf dem ich mit Teddy im Arm vor dem Heim stehe, das wurde bei der Ankunft gemacht. Ich kann mich an die Zeit danach nicht erinnern, das hängt mit meiner insgesamt sehr schwierigen Kindheit zusammen. Alles was ich erinnerte wurde bis in mein Erwachsenenalter hinein von meiner Mutter als falsch abgetan, aber das ist ein anderes Thema ...
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Jörg Goldbach schrieb am 12.09.2020
Ich bin erschüttert über all die Kommentare welche ich hier lese! Wie so viele andere kleine Kinder waren auch meine Schwester und ich in Bad Rothenfelde. Wir reden manchmal über das Erlebte, was um uns herum geschah. Es ist so lange her, trotzdem gibt es wie in den vielen Kommentaren dieselben schrecklichen Erlebnisse, noch immer den Geruch der Haferschleimsuppe oder anderer Gerüche welche uns zum selben Zeitpunkt beim einatmen an das "Kinderheim" erinnern. Wir waren dort 1965, meine Schwester 5, ich vier Jahre alt. Unser "Glück" war es, dass ich am Blinddarm operiert werden musste und meine Schwester "nur" ca. 3 - 4Wochen dort bleiben musste. Ich selber war ja 14 Tage im Krankenhaus, mit 4!Jahren und bekam keinen Besuch weil meinen Eltern erzählt wurde das die Station unter Quarantäne stehe. Wir haben uns heute Abend entschlossen noch dieses Jahr dorthin zu fahren, einfach um das Haus zu sehen...
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Irene Petry schrieb am 12.09.2020
Liebe Petra,
auch ich war Ende 1962 in St. Peter Ording weil ich angeblich so dünn war. Wenn ich jedoch heute Bilder von mir aus der vorherigen Zeit sehe, muss ich nur lachen. Ich war etwas dünner als meine Schwester, die drei Jahre jünger war. Meine Mutter war wohl nicht mit meiner Gestalt zufrieden, sie war selbst dick - Kleidergröße 52 bis 54. Sie hat z.B. auch die berühmten Kessler-Zwillinge immer "Derre Gaße" (dünne Ziegen) genannt. Mein Gemüt hat die Zeit in Kinderheim relativ gut überstanden, ich kann mich an fast alles erinnern. Ich hatte mich gleich zu Anfang zum Küchendienst gemeldet (ich war auch schon 11). Dadurch ist mir der größte Teil des Mittagsschlafes erspart geblieben. Das Essen habe ich irgendwie runtergewürgt, auch wenn es meistens zum kotzen war. Insgesamt hat mich der Aufenthalt wohl stärker gemacht. Vor wenigen Jahren konnte ich das in Worte fassen: Wer seine Energie zum jammern verschwendet, hat keine Energie zum kämpfen. Ich bedaure aber die armen kleineren Kinder als vollem Herzen, die diese Erlebnisse nie verkraftet haben.
Liebe Grüße von Irene
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Anja Röhl schrieb am 11.09.2020
Liebe Petra, ich möchte mich einmal kurz einschalten: Wir dürfen nicht die Erinnerungen anderer Betroffener in Zweifel ziehen, sonst machen wir das Spiel mit, unter dem viele von uns gelitten haben, dass ihnen nicht geglaubt wurde. Nur weil etwas bei uns selbst anders oder „milder“ war, muss das nicht für andere auch so gewesen sein. Ich habe hier jetzt annähernd 1800 Berichte und 1500 mails gelesen, verdorbenes Essen ist dabei mehrfach genannt worden, dazu habe ich dieselbe Beschwerde von Jugendamtsmitarbeitern in einer Akte zu einem Kinderkurheim In Wyk auf Föhr gelesen. Das ist durchaus glaubhaft. Und Sabine Ludwig, die Autorin, gehört unserer Initiative an, du kannst sie gern fragen, was in ihrem Buch Fiktion, was Wahrheit ist. Sie hat uns auf dem letzten Kongress erzählt, Fiktion im Buch sei nur das Gute, die Rebellion, der Zusammenhalt unter den Kindern. Den hat es in Wirklichkeit nur im Ansatz gegeben, da enthält das Buch Wünsche und Sehnsüchte. Alle schlimmen Dinge, alle Verschickungsheimbedingungen, die sie beschreibt, sind absolut von ihr genauso erlebt worden. Wir sammeln mit unseren Betroffenenberichten „subjektive“ Wahrheiten, viele Tausende von subjektiven Wahrheiten ergeben eine objektive Wahrheit. Auch deine Wahrheit ist nur eine subjektive, genau wie meine, man muss ihr zuhören, man muss sie gelten lassen! Grüße, Anja
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Petra Schmidtke schrieb am 11.09.2020
Letztes Wochenende war ich in St. Peter-Ording was einerseits sehr schön (wir verreisen seit mehreren Jahren mit zwei anderen Paaren das erste Wochenende im September zusammen zu unterschiedlichen Zielen. Dieses Jahr stand SPO auf der Agenda),aber andererseits weniger schön war. Ich kämpfe seitdem mit immer wiederkehrenden Intrusionen.
Als Klein- und Schulkind war ich sehr dünn und häufig krank. Die Kinderärztin beschied, das Kind muss zur Kur um zuzunehmen und Abwehrstoffe zu entwickeln. Also kam ich mit knapp 7 Jahren (ich hatte dort Geburtstag) in „Kinderlandverschickung“. Mit Schild um den Hals wurde ich per Sammeltransport nach SPO verfrachtet. Meine Zeit dort habe ich sehr traumatisch in Erinnerung. Es quälte mich das Heimweh (obwohl mein Elternhaus nicht frei von Gewalt und restriktiven Maßnahmen war). Da ich zunehmen sollte, wurde ich zum Essen gezwungen. Morgens gab es Milchsuppe und man musste einen Teller voll plus Nachschlag davon essen. Eines Morgens nahm die „Aufseherin“ - nachdem ich das Essen verweigert habe - meine Hand und führte den Löffel zu meinem Mund. Das hatte zur Folge, dass ich mich am Tisch übergeben habe und dafür noch bestraft wurde. Wenn man mittags nicht aufgegessen hatte, gab es keinen Nachtisch. Macht sehr viel Sinn, wenn Kinder zunehmen sollen. Als ich im Abendessen rumstocherte, es gab irgendeinen Salat, den ich nicht mochte, wurde ich mitsamt Salat in ein Zimmer gesperrt und durfte nicht eher hinaus, bis der Teller leer war. Ich erinnere mich daran, dass ich davon etwas unter dem Schrank versteckt habe. Offensichtlich wurde das nicht gleich bemerkt, sonst wäre ich hart bestraft wurden. Die „Wärterinnen“ schreckten auch vor Ohrfeigen nicht zurück. Ich musste das schmerzlich erfahren. Während des Mittagsschlafs und nachts durfte man nicht aufstehen, was zur Folge hatte, dass ich mich eines nachts eingekotet hatte und dafür morgens ganz böse beschimpft wurde. Ich musste im Waschraum meinen Schlafanzug selber auswaschen und die anderen Kinder standen um mich herum und wurden von der Sadistin von Aufseherin angefeuert mich auszulachen. Ich fühlte mich sehr beschämt und gedemütigt. Diese Szene habe ich beim letzten Klinikaufenthalt in der Konfrontation bearbeitet. Dennoch ist es momentan wieder präsent. Ich kann die Intrusionen nicht unterdrücken. Vorhin stand ich mit geschlossenen Augen minutenlang unter der Dusche und konnte das nur mit Mühe den Wasserhahn abschalten, fast wäre ich in einen Flashback gerutscht. In der letzten Woche habe ich ein bisschen recherchiert und festgestellt, dass ich kein Einzelfall bin und dass es Foren gibt, die sich mit der Aufarbeitung beschäftigen. Ich habe das Buch „Die schwarzen Häuser“ gelesen und fand es einerseits beklemmend, konnte aber andererseits nicht aufhören zu lesen. Allerdings glaube ich nicht, dass es dort wie im Buch beschrieben, verdorbenes Essen gab. Tatsächlich mochte ich einige Sachen und habe sie gerne gegessen.
Es steht ein weiterer Aufenthalt in der Hochsauerlandklinik an und ich werde mich dort mit der Thematik beschäftigen und aufarbeiten. Übrigens habe ich in der sechswöchigen Kur sage und schreibe 500 g zugenommen!
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Karin Zerfass-Springer schrieb am 10.09.2020
Hallo Wolfgang ich bin auf der Suche nach meinem Heim auf Sylt. Hast du noch Fotos?
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Monika schrieb am 10.09.2020
Hallo Volker,
vielen Dank, daß du geantwortet hast.Ich kann garnicht sagen, wonach ich suche. Es ist so ein Drang dieses Erinnerungspuzzle zusammen setzen zu wollen. Historisches Material wäre toll.Ich habe nur einen Bericht von 2005 gefunden. In dem stand, dass das Gebäude abgerissen werden sollte. Im Forum habe ich unter NRW auch ein Thema aufgemacht.Gemeldet hat sich dort keiner. Vielleicht war es ja toll dort und ich bin die einzige die bei der Erinnerung daran so ein befremdliches Gefühl hat.

Liebe Grüße
Monika
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Seelenflausch schrieb am 10.09.2020
Liebe Anja, die einarmige Frau hieß Ute Baade und war 1983 im Kinderkurheim Lorenzen und einem weiteren eingesetzt. Vor ein paar Jahren hatte ich recherchiert und offenbar lebte sie zuletzt in einer Senioreneinrichtung in St Peter Ording.

Liebe Grüße
Seelenflausch
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Thomas schrieb am 09.09.2020
Thomas-- Ich habe durch die TV-sendung vor ca.einem Monat von dieser Seite erfahren und habe für mich selbst recherchiert und meine ältere Schwester hat das auch gemacht. Wir reden seit Wochen immer wieder darüber. Ich habe diese Zeit,dieses Erlebnis offensichtlich 50 Jahre verdrängt. Ich weiß jetzt zumindest, dass ich April 1970 für 6 Wochen im "Schloß am Meer" auf Wyk/Föhr war, dass ich großes Heimweh hatte, dass ich - laut meiner Schwester - danach wochenlang nicht oder kaum gesprochen habe. Ich habe ein altes Gruppenfoto gefunden und würde mich freuen zu erfahren, ob einer dieser Jungen von damals das hier liest und evtl. Kontakt sucht.
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Nicolet Dittmann schrieb am 08.09.2020
Ich war 1971 im Alter von 7 Jahren für vier Wochen im Kinderkurheim in Boffzen.
Mir wurden bei Ankunft alle persönlichen Dinge, wie Kuscheltier, Foto meiner Familie und Süßigkeiten, aber auch das Taschengeld, sowie Seife, Zahnpasta, Creme, Briefpapier, Kartenspiele, bis auf meine Zahnbürste und meine Kleidung, alles weggenommen. Kontakt zu meinen Eltern wurde mir verboten. Ebenso das Weinen nach ihnen.
Geschriebene Briefe von mir, wurden während des Mittagessens von der Leitung im Essenssaal kontrolliert und durch den Aufruf, vorzutreten, vor allen anderen abgemahnt und zerrissen. Ich musste den Brief nochmal "Richtig", das heißt positiv, schreiben.
Ich musste immer alles aufessen was mir auf den Teller gefüllt wurde, auch wenn ich es nicht mochte. Jeden Abend gab es abwechselnd Milchsuppe oder Schokopuddingsuppe. Ungesüßt! Ein Kind neben mir musste seine erbrochene Suppe nochmal essen und Kinder die nachts im Bett erbrochen hatten, mussten neben dem Bett auf dem Fußboden weiterschlafen.
Kinder die ins Bett machten wurden bestraft. Ich musste mit 7 Jahren in einem viel zu kleinen Gitterbett schlafen. Während des Mittagsschlafes wurden wir kontrolliert und als ich mal leise mit meiner Bettnachbarin sprach, wurde ich auf den Hintern geschlagen.
Toilettengänge während des Mittagsschlafes und in der Nacht waren verboten. Nach dem Abendessen wurde uns verboten noch etwas zu trinken, auch nicht beim Zähne putzen. Gewaschen haben wir uns mit einem Stück Seife, welches wir rumreichen mussten. Durch Zufall konnte ich mal in einer kleinen Kammer neben dem Bad, Seife, Cremedosen und Zahnpastatuben, bis unter die Raumdecke in Regalen stapelweise liegen sehen. Es gab auch einen Süßigkeitenschrank aus dem wir hin und wieder etwas bekamen. Aber nur wer artig war. Bestimmt wurde es willkürlich.
Die älteren Mädchen erzählten uns jüngeren Kindern Gruselgeschichten über das Kurheim. Kinder die krank werden kommen in das Turmzimmer und sind dort Tag und Nacht alleine. Nachts kommen dann Fledermäuse, die uns das kranke Blut aussaugen. Im Keller steht ein verschlossener Holzverschlag, indem wird man eingesperrt, wenn man zu dünn ist und nicht an Gewicht zulegt. Der ist ganz klein und eng, sodass man sich nicht mehr bewegen kann und es kommt nur dreimal am Tag jemand um was zu essen zu bringen. Wer zu dick ist wird dort eingesperrt und muss dort drei Tage hungern. Da es ein altes Jagdschlösschen war, hingen in einer fensterlosen dunkel beleuchteten Eingangshalle, ausgestopfte Wildtierköpfe (Wildschweine, Hirsche und Rehe). Uns wurde erzählt, dass die nachts durch das Haus fliegen und in unseren Schlafsaal kommen, um uns zu beißen.
Einmal in der Woche mussten wir im Schlafanzug vor dem Frühstück zur Leitung ins Büro, zum wiegen. Davor hatten alle Kinder Angst. Einige ältere Mädchen sagten, wir sollten uns Wesersteine, die wir beim spazieren gehen sammelten, in die Pyjamataschen stecken, um mehr zu wiegen. Denn wenn wir nicht genug zugenommen haben, kommen wir nicht nach Hause.
Wer nicht pünktlich im Speisesaal erschien, musste alle Schuhe der Kinder putzen. Irgendwer war ja immer der Letzte und hatte somit Pech.
 
Mein Heimweh und die Angst nicht wieder nach Hause zu kommen war so groß, dass ich ganz viel aß und von allen Kindern in dieser Kur am meisten zunahm. Meine Eltern haben mich kaum wieder erkannt nach vier Wochen dort. Als ich meiner Mutter erzählte, wie es in der Kur war, hat sie nur gesagt, ich solle dankbar sein wie gut es mir doch zu Hause geht. Ich muss dazu sagen, dass meine Mutter mich regelmäßig verprügelt hat. Mein Vater hat nichts gesagt, aber ich glaube erhat still und leise mit mir gelitten.
 
Ich habe noch lange Jahre danach, (bis zum 12. Lebensjahr) Angst gehabt Abends einzuschlafen, weil ich dachte, dass ich zu Hause bin ist nur ein schöner Traum und wenn ich aufwache, bin ich wieder dort. Ich leide heute unter starkem Übergewicht, aufgrund einer Essstörung. Ich habe immer noch Einschlafprobleme und bis zu meiner Therapie 1996 litt ich unter starken Alpträumen.
Letztes Jahr 2019 kam ich auf der Urlaubsheimreise an Boffzen vorbei. Ich bin dorthin abgebogen und zu dem Jagdschlösschen gefahren, welches heute ein Seniorenheim ist. Während ich mich auf dem Gelände aufhielt, sprach mich die jetzige Pflegeleitung an und ich erzählte ihr den Grund meines Besuches. Sie stellte mir viele Fragen und hörte mir zu. Dann erzählte sie mir von anderen Besuchern, die gekommen waren, weil sie als Kind mal eine Kinderkur dort gemacht haben. Alle berichteten dasselbe Schreckliche. Sie bot mir, mit ihr als Begleitung und Unterstützung, eine Hausbesichtigung an. Ich habe zugestimmt und bin mit ihr durch das Haus gegangen. Ich habe dabei vieles wieder erkannt. Dafür war ich ihr sehr dankbar.
Auf der anschließenden Weiterfahrt nach Schleswig Holstein habe ich die ganze Zeit nur geweint und konnte es nicht fassen, wir sehr mich das immer noch belastet.
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Andreas Weber schrieb am 07.09.2020
Hallo Petra, ich bin mir auch unschlüssig, ob ich mehr wissen will, aber wir müsen das wissen für andere Kinder in der Zukunft....
Ich war 1975 dort. Es war entsetzlich...

Lieben Gruß Andy aus Frankfurt
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Ute Mathews-Werk schrieb am 07.09.2020
Hallo, ich war kein Verschickungskind, möchte aber an der Aufarbeitung mitwirken. Ich war lange nach dieser Zeit "Heimleitung" im Henry-Everling-Haus in Haffkrug, in dem sich wohl ähnliche, schreckliche Vorfälle ereignet haben.
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Anja Röhl schrieb am 07.09.2020
Liebe Claudia
Bisher hatten wir nur Kommentare und Berichte aus der Zeit, die wir bisher angegeben haben, du bist die erste, die aus den 2000er Jahren berichtet. Bitte fülle auch unseren anonymisierten Fragebogen aus, wo wir unsere eigene Forschung betreiben, es ist sehr wichtig, was du schreibst! Und natürlich muss die gesamte institutionelle Kinderkurheim-Behandlung kritisch durchleuchtet werden. Im ehemaligen Westgebiet ist ab den 90er Jahren meist auf Mutter-Kindheim umgestellt worden, dann gab es sozusagen ein regulativ, das ist im ehemaligen Ostgebiet nicht zeitgleich passiert, dami kann es zu tun haben, die Forschung steht noch ganz am Anfang, sie beginnt erst mit unserem Fragebogen. Danke für deinen So wichtigen Bericht! Grüße, Anja
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Volker Dick schrieb am 05.09.2020
Hallo Monika, das Heim war in Waldbröl, Oberbergischer Kreis. Es war nur für Berlin-Kinder gedacht. Möchtest du dazu was Bestimmtes wissen? Ich wohne in der Nähe und könnte historisches Material erkunden.

Viele Grüße

Volker
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guste68 schrieb am 05.09.2020
Ich wurde 1974 wahrscheinlich im Spätherbst mit 6 Jahren für 6Wochen nach Kölpinsee (Usedom) zur Kur geschickt.
An besondere Schikanen kann ich mich nicht erinnern.
Das Heimweh und das Gefühl (kürzlich leider bestätigt), dass meine Familie mich für eine Weile los sein wollte, waren schlimm.
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Uwe Maser schrieb am 03.09.2020
Hallo ich war 2 mal in der verschickung einmal nussdorf am Inn muss ca 1977 gewesen sein und einmal in Bayern ca 1972/73 musste dort schweinshaxe 5 Std lang essen im Gang als manmahl für andere die das Fett von haxen nicht essen wollten da ich es nicht gegessen habe dürfte ich 3 Tage nicht spielen und bekam 3 Tage haxe vorgesetzt bis ich es irgendwann reingewürgt habe hat noch jemand so was erfahren?
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Silvia Boes schrieb am 03.09.2020
Ich wurde als Berliner Kind verschickt weil ich zu dünn war ca. 6 Jahre alt hatte in diesem Heim in Bad-Dürrheim oder Dürkheim
Maern mit Rückschlag und hatte großes Heimweh nach meiner Oma und Opa und der Familie ich weiß nicht mehr wie lange ich dort war ich mußte im Bett liegen, während die anderen KINDER zum
Sielen gingen, weil ich nicht zunehmen wollte, da das Essen schrecklich und nicht Kindgerecht war. Habe bis heute Probleme.
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Christiane Lampert schrieb am 03.09.2020
Mit 3 oder 4 Jahren wurde ich in eine Kinderkur nach Bad Rothenfelde verschickt. Es war Ende der 60ger. Meine Erinnerung war niemals wirklich gut, ich war ja noch sehr klein, aber immer begleitet von schlechtem Geschmack, Tränen, Heimweh und Verlustangst. In meinem Leben habe ich den Geruch von warmem Hagebuttentee und Pampe-Essen aus Plastik (Tupper-) oder Metallgeschirr gehasst. Diese Gerüche lassen meinen Würgereflex flott reagieren. Auch weiß ich, dass man mir meine Halt: meine beiden Kasperle-Schmusepuppen weggenommen hat. Das tat meiner Kinderseele sehr weh.
Ich war in einem Schlafsaal mit anderen Kindern im 1. Stock. Im höheren Stockwerk, ich denke, direkt unter dem Dach, waren ältere Kinder. Ich glaube, es wurde dort viel geweint.
Einmal waren wir im verschneiten Garten und ich saugte am Schnee (ich glaube, ich war durstig). Dafür wurde ich bestraft.
Auch ging es in die Solebäder. Die habe ich als sehr unangenehm in Erinnerung.
Das genaue Heim ist mir leider nicht mehr bekannt - anhand alter Bilder meine ich, es war das Heim Meyer-Korb.
Vielen Dank fürs lesen.
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C.L schrieb am 03.09.2020
Hallo zusammen.
Eigentlich habe ich das Gefühl hier nicht hinzupassen, denn mein Vorfall ist aus dem Jahr 2000/1/2, ich weiß es nicht mehr ganz genau, noch weiß ich den Ort, außer das die Kinderkur im alten DDR Bereich lag und der Ort auch nach euren Erzählungen genauso agiert hat. Deshalb schreibe ich das alles mal zu. Egal wohin ich sehe und schaue, sind immer nur Vorfälle aus 70/80/90er Jahre. Sind keine neueren Fälle bekannt? Wir, mein Bruder und ich, kamen aus einer schweren Familiengeschichte und hatten von kleinauf mit dem Jugendamt zutun. Meine Mutter alleinerziehend und überfordert durch die Kinder sollte eine Entlastung haben und wir wurden für 6 Wochen in eine besagte Kinderkur gesteckt. Ich war so zwischen 6-8 Jahre, durch meine PTBS ist es schwer die W-Fragen abzurufen.
 
Dort wurden wir geschlagen. Ich erinnere mich, dass mein Bruder sehr verhaltensauffällig war und einst eine Erzieherin biss, diese hat ihn zurückgebissen vor meinen Augen. Mehr solcher Vorfälle. Ich mussten auch ekeliges Essen aufessen, ich würde sogar auf Diät gestellt. Es gab Gruppenduschen, die Zimmer waren kalt und leer mit Eisengestelle aus Betten jeweils 4-6 oder mehr Kinder in einem Raum. Wir wurden medizinisch vernachlässigt, denn ich hatte einen Ausschlag am Hals, der komplett aufgekratzt war und sehr sehr weh tat. Eine Karte, die wir meiner Mutter schreiben sollten, wurde überprüft, anrufen durften wir nicht. Unser Taschengeld durfte ich zwar ausgeben, aber die Sachen habe ich fast nie nehmen dürfen [Knabbersachen] oder wurden eingezogen und habe ich nie wieder gesehen. Das Schlimmste jedoch war der sexuelle Missbrauch/Übergriff. Ich erinnere mich, dass ich aus dem Zimmer gerufen wurde, nachdem ich angeblich etwas falsch gemacht habe. Dann wurde ich durch dunkle Gänge geführt und gegen meinen Willen in einem Raum berührt. Soweit meiner Erinnerungen, weiter will ich darauf auch nicht eingehen. Der Täter war glaube ich ein alter Mann - zumindest hatte er weiße Haare und sah alt aus für mich [ich war ja eine Grundschülerin]. Er war dort Erzieher, meine ich. Selbstverständlich bin ich nicht zu 100-% sicher, was alles passiert ist, da ich so jung war und es so unglaublich grausam war.
 
Ich versuche mehr Fakten herauszufinden. Meine Mutter sagte mal, die Caritas wäre damals zuständig gewesen. Und das Jugendamt. Mama hat uns angesehen, dass es uns dort extrem schlecht ging, damals hat sie sich beschwert und man sagte zu ihr, dass wir die letzten Kinder dort sind und es eh zumacht. Wie gesagt, ich versuche den Ort rauszufinden, zumal ich schaue, ob ich noch Anzeige und Opferentschädigung bekommen kann.
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Petra aus Mannheim schrieb am 02.09.2020
Ich war ca. 1965 nach Friedenweiler verschickt worden. Ich habe nur noch sehr vage Erinnerungen, da war ich wohl vier oder fünf. Es muss um Ostern herum gewesen sein. Eine "Tante Elisabeth" ist im Gedächtnis haften geblieben. Die eigene Puppe wurde abgenommen. Toilettengang war währen des Mittagsschlafs und nachts verboten und wurde mit Schlägen bestraft. Das zwansgläufige Einnässen ebenso. Beschimpfungen, die verschmutzten Sachen um die Ohren geschlagen bekommen. Aufessen müssen, die ganze, viel zu volle Schüssel, allein auf der Bank im Saal, alle anderen waren schon weg. Kein Besuch. Oft weinen. Viel Beten.
Nach der Heimkehr fehlten einige "gute" Kleidungsstücke.
Von der Mutter nicht geglaubt bekommen "das hast du dir ausgedacht".
Bis alles ins Unterbewusste verdrängt war, gelegentliche Erinnerungsfetzen habe ich nicht an die Oberfläche gelassen. Darüber wurde einfach nicht mehr geredet. Als ob es dadurch ungeschehen ist.
Ich weiß, dass da irgend etwas war, aber es ist nicht greifbar und
ich bin noch immer unschlüssig, ob ich wirklich mehr wissen will.
 
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Thomas Pietzka schrieb am 02.09.2020
Ich bin neu hier und eigentlich wollte ich nicht mehr darüber nachdenken. Dieser Zeit keinen Platz in meinen Gedanken geben aber das damals Erlebte ist bis heute geblieben.
 
Ich bin heute 60 Jahre. Damals war ich 9 Jahre. 1969 habe ich in mein Tagebuch geschrieben.
 
Ich war noch nie im Urlaub und schon gar nicht auf einer Insel. Jetzt mache ich Urlaub auf Borkum. Meine ständigen Asthma Anfälle hatten meine Mutter und den Doktor dazu gebracht eine Kinderheilkur beim Jugendamt zu beantragen.
Die Kinder-Verschickung wurde auch genehmigt und so habe ich sechs Wochen auf der Insel Borkum, im Kinderhaus Concordia verbracht. Das Haus war ein Gefängnis für Kinder die alle blauweißen Mützen tragen mussten, die nicht spielen, nicht reden und nicht fröhlich sein durften. Ich war 6 Wochen im Kindergefängnis, einmal bei Regen am Strand und unheimlich lange sechs Wochen traurig. Asthma ist doch kein Verbrechen.
 
 
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