ZEUGNIS ABLEGEN – ERLEBNISBERICHTE SCHREIBEN
Hier haben sehr viele Menschen, seit August 2019, ÖFFENTLICH ihre Erfahrung mit der Verschickung eingetragen. Bitte geht vorsichtig mit diesen Geschichten um, denn es sind die Schicksale von Menschen, die lange überlegt haben, bevor sie sich ihre Erinnerungen von der Seele geschrieben haben. Lange haben sie gedacht, sie sind mit ihren Erinnerungen allein. Der Sinn dieser Belegsammlung ist, dass andere ohne viel Aufwand sehen können, wie viel Geschichte hier bisher zurückgehalten wurde. Wenn du deinen Teil dazu beitragen möchtest, kannst du es hier unten, in unserem Gästebuch tun, wir danken dir dafür! Eure Geschichten sind Teil unserer Selbsthilfe, denn die Erinnerungen anderer helfen uns, unsere eigenen Erlebnisse zu verarbeiten. Sie helfen außerdem, dass man uns unser Leid glaubt. Eure Geschichten dienen also der Dokumentation, als Belegsammlung. Sie sind damit Anfang und Teil eines öffentlich zugänglichen digitalen Dokumentationszentrums. Darüber hinaus können, Einzelne, die sehr viele Materialien haben, ihre Bericht öffentlich, mit allen Dokumenten, Briefen und dem Heimortbild versehen, zusammen mit der Redaktion als Beitrag erarbeiten und auf der Bundes-Webseite einstellen. Meldet euch unter: info@verschickungsheime.de, wenn ihr viele Dokumente habt und solch eine Seite hier bei uns erstellen wollt. Hier ein Beispiel
Wir schaffen nicht mehr, auf jeden von euch von uns aus zuzugehen, d.h. Ihr müsst euch Ansprechpartner auf unserer Seite suchen. ( KONTAKTE) Wenn Ihr mit anderen Betroffenen kommunizieren wollt, habt ihr weitere Möglichkeiten:
- Auf der Überblickskarte nachschauen, ob eurer Heim schon Ansprechpartner hat, wenn nicht, meldet euch bei Buko-orga-st@verschickungsheime.de, und werdet vielleicht selbst Ansprechpartner eures eigenen Heimes, so findet ihr am schnellsten andere aus eurem Heim.
- Mit der Bundeskoordination Kontakt aufnehmen, um gezielt einem anderen Betroffenen bei ZEUGNIS ABLEGEN einen Brief per Mail zu schicken, der nicht öffentlich sichtbar sein soll, unter: Buko-orga-st@verschickungsheime.de
- Ins Forum gehen, dort auch euren Bericht reinstellen und dort mit anderen selbst Kontakt aufnehmen
Beachtet auch diese PETITION. Wenn sie euch gefällt, leitet sie weiter, danke!
Hier ist der Platz für eure Erinnerungsberichte. Sie werden von sehr vielen sehr intensiv gelesen und wahrgenommen. Eure Erinnerungen sind wertvolle Zeitzeugnisse, sie helfen allen anderen bei der Recherche und dienen unser aller Glaubwürdigkeit. Bei der Fülle von Berichten, die wir hier bekommen, schaffen wir es nicht, euch hier zu antworten. Nehmt gern von euch aus mit uns Kontakt auf! Gern könnt ihr auch unseren Newsletter bestellen.
Für alle, die uns hier etwas aus ihrer Verschickungsgeschichte aufschreiben, fühlen wir uns verantwortlich, gleichzeitig sehen wir eure Erinnerungen als ein Geschenk an uns an, das uns verpflichtet, dafür zu kämpfen, dass das Unrecht, was uns als Kindern passiert ist, restlos aufgeklärt wird, den Hintergründen nachgegangen wird und Politik und Trägerlandschaft auch ihre Verantwortung erkennen.
Die auf dieser Seite öffentlich eingestellten Erinnerungs-Berichte wurden ausdrücklich der Webseite der „Initiative Verschickungskinder“ (www.verschickungsheime.de) als ZEUGNISSE freigeben und nur für diese Seiten autorisiert. Wer daraus ohne Quellenangabe und unsere Genehmigung zitiert, verstößt gegen das Urheberrecht. Namen dürfen, auch nach der Genehmigung, nur initialisiert genannt werden. Genehmigung unter: aekv@verschickungsheime.de erfragen
Spenden für die „Initiative Verschickungskinder“ über den wissenschaftlichen Begleitverein: Verein Aufarbeitung und Erforschung von Kinderverschickung / AEKV e.V.: IBAN: DE704306 09671042049800 Postanschrift: AEKV e.V. bei Röhl, Kiehlufer 43, 12059 Berlin: aekv@verschickungsheime.de
Journalisten wenden sich für Auskünfte oder Interviews mit Betroffenen hierhin oder an: presse@verschickungsheime.de, Kontakt zu Ansprechpartnern sehr gut über die Überblickskarte oder die jeweiligen Landeskoordinator:innen
Die Sendung von Report Mainz gestern 10.August 2020 über die Schikanen, die Erholungskinder erdulden mussten, zeigte genau das was auch ich erlebt habe. Der Bericht an die Kinderärztin besagte, dass ich während der gesamten Kur leichtes Fieber hatte.
Es war Heimweh und Stress , was das Fieber auslöste. Unser Erholungsheim war am Tittisee im Schwarzwald. Ich weiß nicht wie das Heim genau hieß.
Gruß Carmen
In den 60ern, ich schätze so 1967 herum, ich war noch nicht eingeschult und höchstens 5 Jahre alt, wurde ich mit meinem kleinen Bruder (max. 4 Jahre) nach LANGEOOG verschickt; habe bis heute nicht herausfinden können, wie das Heim hiess, halte als Träger aber die AWO für Wahrscheinlich, da meine (alleinerziehende) Mutter Kontakte zu dieser hattte...
Den mir eeeeendlos lang erscheinende Aufenthalt dort habe ich als einzien Horrortrip in Erinnerung; die „Highlights“:
- Erbrochenes essen müssen, wenn man seinen ekligen Teller morgendlichen Haferschleims nicht runterbekam bzw. erbrach
- Massen-Abduschen mit dem Schlauch mit kaltem Wasser in einem weiss-gekachelten Raum voller nackter Kinder, wie beim Schlachter fühlte ich mich
- Schläge mit einem Holzschuh (Klepper nannte man die früher), wenn man nicht kerzengerade auf dem Rücken im Bett lag
-Päckchen von daheim wurden nicht ausgegeben, sondern eingesackt
-Toiletten ohne Türen
uswusf.
Ich weine, während ich schreibe.
Mein Bruder wurde erst in Langeoog wieder zum Bettnässer; ich weiss nicht mehr, ob wir je versuchten, der Mutter davon zu erzählen, hätte aber auch keinen Unterschied gemacht, weil es ihr eh egal gewesen wäre...
Kann und will meine 80-Mutter hierzu heute auch nicht mehr befragen, habe seit sehr vielen Jahren keinen Kontakt mehr zu meiner „Familie“...
dort muss ich ebenfalls gewesen sein.Ich mochte ein Essen nicht, worauf ich es tagelang vorgestellt bekam, bis ich es vor Hunger dann doch aufass.
Hat jemand Infos von solch einem Heim?
Mit Acht war ich dann noch einmal für sechs Wochen in Bad Karlshafen. Das war insgesamt recht unspektakulär. Weder besonders positiv noch negativ. Muss wohl recht langweilig gewesen sein. Das einzige an das ich mich sehr gut erinnern kann, war eine Zahncreme mit Erdbeergeschmack.
Als ich Zwölf war, kam ich 1970 für sechs Wochen nach Bairawies bei Bad Tölz. Das war richtig klasse. Wir waren 12 Jungen in unserer Gruppe, lebten uns schnell ein und fühlten uns so wohl, dass wir alle Rotz und Wasser heulten, als wir von dort wieder heimfuhren. Da hat einfach alles gestimmt, vom Essen, über eine moderne und noch sehr junge Betreuerin bis hin zu spannenden Ausflügen wie eine Nachtwanderung mit Fackeln und eigentlich immer jeder Menge Spaß. Es gab ein Punktesystem. Für Ordnung konnte bekam man Punkte. Fehlverhalten bedeutete Abzug. Die Punkte konnte man gegen eine halbe Stunde Fernsehen im Vorabendprogramm eintauschen. Ich habe es nur einmal geschafft und meine Punkte für eine Folge der Serie: "Der Mann mit dem Koffer" verschleudert. Mag sein, dass wir mit unseren Kuren einfach nur Glück hatten.
LG Werner
Ich kam im Sommer 1976 als Sechsjährige für ca. 4 Wochen gegen meinen Willen in das Schullandheim, das auch als Erholungsheim für Kinder firmierte. Es war ein Ort der Gewalt. Das Haus, das ehemalige Jagdhaus von Nazi H. Göring, hatte 30 Betten. Seit 2012 steht es leer.
Ein Foto findet sich hier:
https://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Nazi-Jagdhaus-koennte-Unterkunft-fuer-Fluechtlingskinder-werden-id31877532.html
Viele Gruesse und gute Gedanken für alle, NK
Ich war mit meinem Bruder in Bad Sachsa im HAUS WARTEBERG(.?) Mitte Anfang 70er.
Unsere Finger wurden mit Gewalt auseinander gedrückt, um zu zeigen, dass wir noch so und so viele Brote essen wollen. Am Schlimmsten war der Haferschleim. Wer nicht auf aß bekam von köberich(?) mit einem Teelöffel auf den Kopf geschlagen.
Meine Seele hat sich dort einen bleibenden Schaden abgeholt. Danke Barmer Ersatzkasse........
Ich war glaube ich 1975 im Alter von 9 Jahren 6 Wochen im Weserbergland, wurde jeden Tag in der Mittagsruhe in einem ganz alten Badezimmer/Raum 2 Stunden eingesperrt und Verbal zu tiefst erniedrigt nur weil ich nicht schlafen wollte.
Ich fange gerade an mir Erinnerungen nach dieser sehr langen Zeit ins Gedächtnis zu rufen.
Ich habe das bis heute verdrängt, konnte auch in jungen Jahren nie mit jemanden darüber Reden. ( habe immer noch sehr feuchte Augen in diesem Moment )
Wenn ich die Berichte hier Lese war alles wie andere hier Berichten Parallel auch bei mir, Gott sei Dank aber keine Sexuellen Übergriffe.
LG Hartmut
durch Zufall habe ich heute die Dokumentation "Gequält, erniedrigt, drangsaliert" gesehen und mich dabei (leider) an meinen eigenen Kuraufenthalt erinnert. Ich war 5 Jahre alt und bin 1972 alleine nach Norderney für mindestens 4 Wochen verschickt worden, wohl weil ich so blass war. Zum Glück kann ich mich nur an Bruchstücke der Kur erinnern, doch die sind allesamt negativ. So wurde ich beispielsweise von älteren Kindern extrem drangsaliert. Vom Frühstück (es gab nur Suppen-artiges Frühstück, wie Haferschleim mit Brocken oder manchmal, an guten Tagen, auch Cornflakes) wurde ich rasch ausgeschlossen, da ich den Löffel zu voll nahm und somit plörrte. Als Strafe musste ich dann abseits mit einem anderen Mädchen Brot essen. Das wäre eigentlich gut gewesen, wenn da nicht dieses "Du kannst nicht essen, deshalb bestrafen wir Dich jetzt und stellen Dich für alle gut sichtbar an den Pranger" gewesen wäre. Die Eltern durften nicht anrufen, da die Kinder sonst Heimweh bekommen hätten. Irgendwie hat es meine Mutter dann doch geschafft, mich an meinem Geburtstag dort anzurufen. Das Gespräch war natürlich sehr kurz und fand unter Aufsicht statt. Der ganze Aufenthalt war einfach nur furchtbar und ich habe lange Zeit danach auch als Erwachsener ab und zu einen wiederkehrenden Albtraum gehabt, nämlich, dass ich in einem Reisebus mit vielen anderen Kindern zur Kur fahre und dass ich verzweifelt versuche, den Busfahrer zu stoppen, weil ich umkehren und nach Hause will. Tatsächlich vermischt sich hier Erinnerung und Vorstellung und ich bin mir nicht sicher, ob ich damals nicht genau das versucht habe zu tun.
Meine Schwester und ich,waren in den 80ern in einer sogenannten Kur auf Borkum. Wir waren kurz zuvor mit unseren Eltern aus der DDR vertrieben worden, ich litt lange an einer Boruliose. Dort sollten wir uns erholen. Wir beide leiden heute noch unter den traumatischen Erlebnissen dort. Es ist unfassbar, wie Erwachsene Menschen, kranke und belastete Kinder absichtlich erniedrigt, verängstigt und alleine gelassen haben. Ich muss heute mit fast 40 immer noch weinen, wenn ich daran denke. Ich wünsche euch allen, alles liebe,
SOFIA
PS: Leider kann ich mich auch weder an Ort noch den Namen des Heimes erinnern - aber vielleicht, wenn ich Bilder sehe oder über Recherche..
Woran ich mich aber noch genau erinnere: es gab regelmässig einen schwarzen Brei, der nach "Kacke" schmeckte - und so nannten die Kinder den Brei auch. Wir wurden gezwungen ihn zu essen was regelmässig zu Tränen usw führte, weil er uns reingezwungen wurde. Vielleicht errinnert sich ja noch Jemand daran...
Auch an das anfängliche Heimweh kann ich mich erinnern. Nach über 40 Jahren erfahre ich, dass dieses Verschicken ohne Eltern damals wohl normal war.
- der große Schlafsaal, in dem sehr unbequeme Betten standen,
- jeden Tag MUSSTEN alle Kinder (!) Mittagsschlaf machen
- zum Frühstück gab es immer so eine komische Graupensuppe, die gegessen werden musste, ob man wollte oder nicht
- und im Nachhinein betrachtet kam man sich vor wie in einer Kaserne.
Am schlimmsten empfinde ich jedoch immer noch, dass ich über sechs Wochen keinen Kontakt zu meinen Eltern hatte und wir Kinder auch keinen Besuch von den Eltern empfangen durften.
ich war auch mit meinem Bruder in einem Heim.Wir wurden getrennt,leider sah ich ihn nur selten.Ich kann mich noch an Haus erinnern..hatte einen Hof es hatte runde Ercker,Einen langen Gang der Essenssaal war mit langen Holzbänken und Tischen,links am Eingang zum Essenraum waren Regale mit Holzkisten.Ich weis noch das ich manchmal zu einer sehr lieben Frau im zweiten Stock gehen durfte mit ihr basteln.Die Schwestern waren sehr streng.Wachten Nachts ..mann musste schnell aufToilette und in Schlafsaal.Eins ist mi in Erinnerung ..hatte mal gelesen ...Schwester hats zufällig gesehen ..wurde dann verprügelt..zum Schluss gabs dann noch eine Backpfeiffe.Bin erleichtert,das es auch andere gibt. Ein weis auch noch..ich durfte morgens auch mal mit in die kahtolische Kirche.Ichglaube das ich auch im Allgäu war
Wir hatten grosse Angst vor den Leuten, wollten weglaufen, wurden aber eingesperrt. Wir nannten die beiden Tant Ingeborg und Farbror Artur. Unsere Betten standen im Schlafzimmer der Gasteltern, ausserdem gab es ein Spielzimmer, was uns sehr verwunderte, sie hatten keine eigenen Kinder.
Sie hatten aber Jahre vor uns schon immer Verschickungskinder aus Deutschland aufgenommen.Zum Heimweh kamen Verständigungsschwierigkeiten, seltsame Rituale und Erziehungsmethoden und sexuelle Übergriffe, bis hin zum Missbrauch.
Wir durften nichts erzählen, sonst hätten sie uns nicht mehr nach Deutschland gelassen, so sagten sie uns.
Ich habe diese Zeit der Verschickung bis zu meinem 35zigsten Lebensjahr verdrängt, dann kamen die Erinnerungen und eine lange Zeit Psychotherapien. Ich litt an Depressionen, Angst- und Panikattacken. Schon in jungen Jahren musste ich Beruhigungsmittel nehmen und konnte nur mit Licht an schlafen.
Ich habe in den letzten Jahren immer wieder versucht mehr über diese Schwedenverschickungen zu erfahren, es ist mir bis jetzt nicht gelungen. Ich weiss nur von meiner Mutter, dass das Jugendamt auf meine Eltern eingeredet hat. Meine Schwester litt an häufigen Kopfschmerzen und der Aufenthalt in Schweden wäre sehr heilsam....von wegen!
heute habe ich einen Bericht über Verschickungskinder ( Focus online) gelesen.Alle Erinnerungen an die Kur in St. Peter Ording kamen hoch und die Tränen liefen. ( Ich wusste nicht, dass es mich nach 50 Jahren, noch so berührt) Mein Bruder und ich wurde dort hin geschickt. Schon im Zug ...wir waren mit anderen Kindern in einen Abteil ...fing alles an. Da haben wir uns vorgestellt und gelacht bis der Betreuer die Tür öffnete, seinen Gürtel von der Hose löste und einige Male mit den Gürtel mitten rein schlug und meinte, wenn wir nicht leise sind und still sitzen bleiben , dann wird der Gürtel uns das nächste Mal härter treffen. In der Kur selbst, ging es weiter. Wer das Essen nicht vertrug , musste trotz erbrechen den Teller mit dem Erbrochenen aufessen. Wer sich weigerte, dem wurde das Gesicht in den Teller gedrückt. Ein molliges Mädchen wurde im Garten untenrum nackt über ein Faß gelegt und wurde gehauen.... sie hatte ein kleines Stück Brot gegessen, was ihr nicht Zustand. Wir mussten zuschauen. Meinen Bruder durfte ich nicht in seinem Zimmer besuchen, als er krank war. Ich habe mich zu ihm geschlichen und er lag in dem Bett, völlig verängstigt. Briefe an die Familie wurden zensiert . Kinder, die am Strand zu laut waren, bekamen Sand in den Mund.Das Heim wurde wohl kurz danach geschlossen, dafür hatten unsere Eltern wohl gesorgt.
ich hab heute Nachmittag im TV zum erstemal von Verschickungskindern gehört.
Jetzt weiß ich das ich mich auch so "betiteln" darf/kann/muß.
Für mich war ich einfach nur zur Kur, um selbständiger mit 9 Jahren zu werden.
Es war 1981 in Berchdesgaden irgendwo, mit Ausflügen zum Königsee inkl. Bootsfahrt, Salzburg und Salzbergwerk.
Ich weiß nur das ich die ersten Tage gelitten habe vor Heimweh. Geheult..... rund um die Uhr..
Ich denke aber das dies mit neun Jahren normal ist unter Fremden.
So habe ich nur positive Erinnerungen an den Aufenthalt, Essen, Zimmer, "betreungspersonal" etc.
Wir durfen im Herbst Äpfelpflücken und im Unimog mitfahren.
Wir waren viel draußen hinterm Heim am Spielen etc.
Ich hatte 2 Jungs als Freunde und ein Mädchen was mich mochte.
Ich bekam Post und Süßigkeiten von meinen Eltern.
Wir durften Fernsehen abends.
Meine Frage hier lautet wie folgt:
Ist möglich das ich mich nur an das Positive ( außer Heimweh) erinner will, und das Negative verdrängt habe?
Oder gab es auch Verschickungen die schlicht nix Schlechtes hatten?
Gibt es viele Kinder die positive Erinnerungen
haben?
LG Olly
Seit damals kann ich sehr schlecht weg sein von zuhause ( habe das Gefühl, "du kommst nicht mehr heim" und weitere Beeinträchtigungen ).
LG Henriette
Einmal wöchentlich wurden wir 11- jährigen Mädchen in einen Waschraum geführt, wo wir uns entkleiden mussten. Anschließend wurden wir mittels Schlauch mit kaltem Wasser abgespritzt. Ich hatte Angst davor und verzog mich in die hinteren Reihen. Als die Erzieherin das bemerkte, holte sie mich vor und ich erhielt eine Gratisdusche, sodass ich keine Luft mehr bekam und der harte Wasserstrahl meiner Haut weh tat. Das wiederholte sich in den folgenden Wochen. Bis heute ist es schlimm für mich, wenn mir beim Duschen versehentlich Wasser über das Gesicht läuft und Tauchen im Schwimmbad ist ganz unmöglich, da bekomme ich Panik.
Es war die Hölle.Wie im 3reichs Millitär.Die Leiterin war ca. 60.
Schlechtes Essen,6uhr Aufstehen,Mittagsschlaf zwang,alles Pünktlich!
kein Ausgang.Mamma und papa hatten mich velassen.
Habe erst nur geheult,dafür Schläge bekommen.
Habe jetzt Angststörung/Depession.Wer auch in dieser Kinderfolter
Außenstelle um die 1969 war bitte bei mir melden.Weil nach mir
wohl neue Leiterin an der ich evl.beteiligt war.
Gruß Michel
2x Borkum, Sancta Maria Kinderkurheim vom 3.6.-1.7.1980. Da war ich gerade 9 Jahre geworden.
Die Kindertransport- Karte liegt vor mir.
Auf Langeoog war ich mit meiner Schwester zusammen, auf Borkum auch mit meiner Schwester aber getrennte Gruppen.
Mein Bruder war auch 1x weg, kam verängstigt zurück und hat sich immer unter dem Tisch versteckt, nach Erzählungen meiner Mutter.
Ganz ehrlich, ich kann mich an nicht viel erinnern.
Ich weiss auch nicht ob ich die Kuren vermische.
Kaltes abduschen nackt mit Wasserschlauch, Nagelhaut schneiden, Läusekämmen, essen bis zum erbrechen. Wenn man nicht war wie gewollt wurde dies unverzüglich gezeigt und vorgeführt.
-
das Heim kenne ich, weil ich in den 90er Jahren dort als Erzieher gearbeitet habe:keine Nonnen mehr, doch irgendwo noch nicht ganz am Puls der Zeit, mittlerweile aber aufgelöst.
In meiner Autobiographie habe ich darüber geschrieben. Jetzt möchte ich gerne Geschichten sammeln und vielleicht in einem Buch herausbringen.
ich war als Achtjährige Mitte der 60er Jahre sechs Wochen in einem Kinderheim in Hogschür im Schwarzwald, ich glaube, es hieß Sonnental. Ich komme aus Schleswig-Holstein, schon die lange Anreise per Zug war kein Spaß. Im Heim durfte man nicht vor 8 Uhr (glaube ich) aufstehen und auch nicht auf die Toilette gehen. Wenn man dann ins Bett machte, gab es massiv Ärger. Mittagsschlaf war Pflicht und zwar total still, ich habe nie Mittagsschlaf gemacht, für mich war das furchtbar. Es gab komische Sachen zu essen, die bis auf den letzten Bissen verzehrt werden mussten, sonst saß man in der Küche, bis alles alle war, auch wenn das Stunden dauerte. Die Kunst war, nicht zu schnell zu sein, sonst gab es auch noch Nachschlag. Zum Beispiel trockenen Milchreis mit minimal Sauce, den ich bis heute nicht leiden kann. Briefe wurden zensiert, alle Post geöffnet. Alles, was von zu Hause an Goodies mitgekommen war bzw. weiter kam, wurde konfisziert und zugeteilt. Kontakt zu den Eltern gab es nicht. Man musste sich auch vor allen ausziehen und wurde gewaschen, das fand ich schrecklich, weil ich das nicht kannte. An kaltes Wasser erinnere ich mich auch und an einen alten Arzt, den ich total unsympatisch fand, der eine Art Eingangscheck machte. Einen Nachmittag mussten wir auf der Terrasse in der Sonne Mittagsschlaf machen und durften uns nicht rühren - wir waren alle total verbrannt hinterher. Die "Schwestern" verbreiteten ein reines Klima der Angst, ich glaube viele hatten ihre "Ausbildung" noch in der Nazizeit erhalten. Die Leiterin war am schrecklichsten, ein richtiger Drachen. Ich weiß noch, dass mir die Kleineren besonders leid getan haben, weil die sich gar nicht wehren konnten und besonders drangsaliert wurden. Meine Eltern haben mir natürlich kein Wort geglaubt, als ich davon erzählt habe. Ich dachte, die wollen mich loswerden und habe dann lange nicht mit Ihnen geredet. Ich bin Asthmatikerin und war damals sehr dünn, sollte zum Aufpäppeln dahin. Ein gruseliges Erlebnis, das lange Folgen hat. Unter anderen ein lebenslanger Widerstand gegen Institutionalsiertes und jede Art von Zwang. War zufällig jemand auch in diesem Heim?
Ich war in den frühen 80er Jahren zur Kur in einem Heim auf Norderney. Ausrichter war die AOK.
Schläge bei vermeintlichen Fehlverhalten waren hier an der Tagesordnung. Wer nachts keine Ruhe hielt, musste teilweise eine Stunde auf den Flur in einer Ecke stehen.
Für mich das Schlimmste (da ich keine Milch mochte): warmen Kakao zum Frühstück, der getrunken werden musste - incl Haut! Es durfte nichts in den Tassen zurückbleiben.
Postkarten nach Hause wurden kontrolliert und wenn negative Dinge aufgeführt waren, wurden sie zerrissen und mussten neu geschrieben werden.
Telefonkontakt nach Hause während der sechs Wochen war nicht erlaubt. Zum Abschluss mussten alle gemeinschaftlich vom Taschengeld in einem Souvenier-Shop Andenken kaufen.
Essenszwang, Toilettenverbot, Demütigungen, Verschliessen aller persönlicher Gegenstände usw. hat den Aufenthalt zu alles anderem als Erholung gemacht. Endlich gibt es ein Forum, dieses Thema anzusprechen und aktiv zu werden.
Hallo liebe Mitbetroffene. Ich war als Kleinkind mit 5 Jahren nach Kinderkurheim Bad Soden Allendorf veschickt worden.Das war 1968.
Dort wurde ich mit dem Gesicht in das Erbrochene reingedrückt von der
Nachtwache.Habe auch noch einen Zeugen. Und den Namen der Täterin habe ich auch noch, weiß aber nicht ob sie noch lebt.
Mein Wunsch ist, daß wir eine Sammelklage starten nach amerikanischer Art und eine ordentliche Entschädigung rausholen.
An folgende traumatische Erlebnisse erinnere ich mich noch:
Die Briefe wurden geöffnet und zensiert. Pakete wurden auch geöffnet und die enthaltenen Süßigkeiten entnommen.
Man musste das Brot mit links essen, sonst bekam man - meist von hinten ohne Vorwarnung -eine Ohrfeige (Grund? wurde nicht genannt).
Die kalte Suppe und die Leberknödelsuppe waren ekelerregend.
Wir hatten eine Zeichensprache, weil wir uns in den Schlafräumen nicht unterhalten durften. Die Zeichensprache kann ich bis heute.
Ich wurde wegen meiner Kleidung von den Nonnen verhöhnt. Die Schuhe waren schwer zu schnüren, das dauerte lange und deshalb haben sich mich "Oma" genannt.
Fast täglich haben wir bei Sturm und Eis mehrstündige Wanderungen machen müssen - teilweise auf der Strandpromenade bei Sturmflut. Ich war oft total entkräftet und bekam in der Kur eine schwere Lungenentzündung.
Wir mussten alle in einer Wanne die Füße mit Seifenstücken waschen. Ich bekam davon schrecklich juckenden Fußpilz. Um das zu verbergen, wollten die Nonnen meine "KUR" verlängern. Habe mich nachts zum Telefon geschlichen und meine Eltern angerufen, dass sie mich rausholen. Dabei wurde ich erwischt und bekam den schweren Hörer an den Kopf geknallt. Meine Eltern kamen.
Oft mussten wir bäuchlings quer auf einem Bett liegen und fast bis zum Erbrechen Sputum aushusten, Dabei wurde uns minutenlang auf den Rücken geschlagen. Es tat sehr weh und hat nichts geholfen.
Die Spätfolgen dieser "Kur" waren verheerend. Ich hatte kein Selbstbewusstsein im Hinblick auf mein Äußeres mehr, ich war total abgemagert, ich hasse die Nordsee, die Kirche und Wandern. Ich kann mich nur noch schwer unterordnen, kann nicht mehr mit mehreren Leuten in einem Raum schlafen und ich meide Gruppenaktivitäten.
Nach meiner Rückkehr haben mir meine Eltern nicht geglaubt. Erst jetzt mit 58 (mein Vater ist 82) tut zumindest mein Vater es. Leider ist meine Mutter schon tot. Es ist sehr wichtig, dass darüber gesprochen wird. Vielen Dank Frau Röhl!!!!
LG
Franzi
Vielleicht kann mir hier jemand helfen? Ich wurde ca 1973 im Alter von 5 Jahren nach Wyk auf Föhr verschickt und kann mich nicht mehr an sehr viel erinnern, auch nicht, welches Haus es war. Nur „Haus Möve“ kann ich noch erinnern und dass es von Nonnen geleitet wurde. Ich war die meiste Zeit todunglücklich und auf der Krankenstation untergebracht. Jahrelang hat mich ein bestimmter Geruch verfolgt, der mich immer in diese Zeit zurück versetzt hat. Das ist heute zum Glück weg. Kann mir jemand hier sagen, um welches Heim es sich gehandelt haben muss?
Viele Grüße Christiane
Meine Schwester, Jg, 1961, war mit 5 Jahren für 4 Wochen nach Borkum verschickt worden.Wegen andauernder Mandelentzündungen. Es war wohl ein Haus der Caritas, so erinnert sich meine Mutter. Sie war ein ruhiges Kind, hat nie etwas davon erzählt zu Hause. In dem Jahr darauf musste sie 2x längere Zeit alleine im Krankenhaus sein – hier hat meine Mutter mitbekommen, wie sehr sie gelitten hat unter der Trennung. Meine Eltern durften sie nicht besuchen.
Als ich, Jg. 1963, dann mit vermutlich 4 oder 5 Jahren eine heftige Masern-Erkrankung hatte, riet die Kinderärztin meinen Eltern zu einer erneuten Kinder-Kur-Verschickung. Diesmal von uns beiden.
Leider habe ich fast gar keine Erinnerungen daran, meine Kindheit ist ziemlich ausgeblendet bei mir. Auch wohin wir verschickt wurden weiß ich nicht und meine Mutter kann sich nicht erinnern. Vermutlich, so meinte sie, irgendwo nach Bayern. Vier Wochen.
Meine fast einzige Erinnerung daran ist, dass sie meine Schwester und mich getrennt und in unterschiedliche Gruppen gesteckt hatten. Obwohl meine Eltern bei der Beantragung darauf bestanden hatten, dass wir zusammen bleiben sollen. Als ich sie auf einem Spaziergang dann mal gesehen habe, wollte ich unbedingt zu ihr, aber ich durfte nicht. Komische Bilder habe ich im Kopf, von einem großen Schlafsaal, in dem ich immer Angst hatte. Ausser „Peter“ hatte die Aufsicht. Keine Ahnung ob es den gab oder wer das war. Immer gesehen und fest vor Augen habe ich bei diesem Thema einen großen Tisch mit Einteilungen, wo die Wäsche sortiert gelagert wurde. Musste man wechseln, wurde das oberste der jeweiligen Kleidungsart vom Stapel genommen, d.h. man bekam nie seine eigene Kleidung, sondern irgendeine. Und das ich im Bett bleiben musste, wenn ich „böse“ war, während die anderen Kinder raus durften zum spielen. Mehr eigene Erinnerungen habe ich an diese Zeit nicht. Beschäftigt hat mich diese „Kur-Zeit“ jedoch schon sehr lange, denn meine Mutter erzählte irgendwann mal beiläufig, dass ich mich danach sehr verändert hatte.
Vor der Kur war ich wohl ein fröhliches und lebhaftes Kind, ein Mama-Kind zudem. Nach der Kur war ich total verängstigt und eingeschüchtert, so erzählt sie, habe mich nicht getraut, mir irgendetwas selbstständig zu nehmen (vom Tisch, oder ein Obst oder eine Süßigkeit etc.), habe immer verängstigt gefragt. Besonders betroffen war sie davon, dass ich sie nicht mehr mit Mama angeredet habe und beide Eltern mit „Sie“. Von Mama-Kind konnte keine Rede mehr sein.
Und woran sie schließlich endgültig gemerkt habe, dass in der Kur einiges „komisch“ gewesen sein muss war, dass ich noch lange Zeit danach meine Puppen ganz schrecklich verdroschen hätte. Dabei hätte ich die Puppen angeschrieen: „Wenn du jetzt nicht artig bist und weiter schreist, dann...“
Meine arme Schwester bekam nach den 4 Wochen Mumps und musste, so entschied die Einrichtung mit der Kinderärztin, noch eine Woche länger bleiben als ich. Um mich nicht anstecken zu können. Mutterseelenallein blieb sie in der Krankenstation, bis meine Eltern sie dann abholen durften.
Die Mumps habe ich dann trotzdem bekommen. Und meine Schwester hat nie etwas von der Zeit erzählt.
Die Beschwerde meiner Eltern bei der Kinderärztin…. Wer weiß schon, ob dies irgendeine Folge hatte.
Aufgearbeitet oder „geheilt“ haben unsere Eltern dies mit uns nicht. Sie waren selber noch so jung. Mit Schlägen strafen gehörte auch zu ihrem eigenen Erziehungsprogramm – da wird man schon was gemacht haben um das zu bekommen… .Verschickt haben sie uns danach jedoch nie wieder.
Geblieben sind mir davon heftige Verlassensängste bzw. Ängste, Jemanden verlieren zu können. Streitbar bin ich geblieben und bei Ungerechtigkeiten fahre ich aus der Haut. Aber lieben….mich selbst oder Andere? Ein schwieriges Thema. Und welchen Anteil dieser „kleine“ Abschnitt an meiner Depressionserkrankung hat...ich weiß es nicht.
Alles Liebe für euch, die ihr auch betroffen seid.
ich war auch verschickt - 6 Wochen in Wittdün auf Amrum im Haus Kinderglück 1971. Wenn ich all die schlimmen Erlebnisse hier lese, hatte ich wohl wirklich Glück, außer an schlimmes Heimweh, ein an alle verteiltes Geburtstagspäckchen und eklige Blutwurstbrote erinnere ich nicht viel Negatives. Ich hab von damals ein Foto des Heims. Wenn jemand das zwecks Erinnern sehen möchte, schick ich es gern per Mail.
Ich habe (vielleicht zum Glück) keine sehr detaillierte Erinnerung daran (generell ist meine Kindheit irgendwie ein einziges schwarzes Loch mit nur wenigen Erinnerungsfragmenten).
Ich wurde dort hingeschickt, weil ich eine schlechte Esserin war und Bettnässerin.
Ich kann mich noch erinnern daran, dass man beim Essen sitzen bleiben musste, bis alles aufgegessen war. Dass man Mittagsschlaf halten musste und dabei mucksmäuschenstill sein musste. Die Betten für den Mittagsschlaf waren nicht die im Schlafsaal sondern ich erinnere mich vage an eine lange Reihe von Betten woanders. An die vielen Spaziergänge erinnere ich mich auch noch. Und dass es im Keller einen großen gefliesten Raum gab mit vielen Becken zum Baden. Wenn ich daran denke, kommt nur noch ein unangenehmes, ungutes Gefühl hoch.
Ich weiß nicht mehr, wie sie mich bestraft haben, wenn ich ins Bett machte.
Nur an eine Strafe erinnere ich mich noch ganz genau: Ich musste nur im Pyjama ohne Zudecke oder sonstiges in einer Art Umkleideraum auf einer harten Bank ganz alleine übernachten.
Ich weiß noch, dass ich großes Heimweh hatte, aber einem das abgesprochen wurde und keinen Trost oder Zuspruch in dieser Hinsicht bekam.
Inzwischen denke ich, dass dieser Aufenthalt mit dran schuld ist, dass ich auch heute noch psychische Probleme habe, wenig Selbstwertgefühl etc. Und vielleicht auch mit daran, dass ich während der ganzen Schulzeit Mobbingopfer war.
Unfassbar, so viele und sooo junge Kinder, sooo lange von den Eltern zu trennen. Da ist mit Sicherheit keines gesünder geworden, ganz im Gegenteil, diese Erfahrung hat uns allen eine psychische Wunde geschlagen.
ich bin ganz elektrisiert von der Nennung dieses Ortes, -
auch ich war in Friedenweiler, mit vier Jahren und ca. 11 Wochen lang. Als mein Vater mich brachte, kamen wir in einen Essraum mit brüllenden Kindern, ein Kind brüllte so, dass es sich erbrach, ihm wurde gesagt, es müsse aufessen oder sich zumindest neues Essen holen. - Auch ich wollte offenbar nicht essen; man hat mich mit Essen eingesperrt, bis ich aufgegessen hätte. Man hat mir gesagt es sei verständlich, dass mich meine Eltern nicht mehr haben wollten, so schrecklich wie ich sei. - Ich kann mich erinnern, dass ich abends immer bis zur Bettgehzeit am Fenster stand und wartete und die Scheinwerfer der kommenden Autos beobachtete und hoffte, man würde mich abholen. - Als man mir nach den 10 oder 11 Wochen eines Tages sagte, heute würden meine Eltern kommen und mich abholen, habe ich mit dieser Mitteilung zunächst nichts anfangen können.
Ich erinnere mich an eine einzige freundlich-sanfte Betreuerin. Sie lud mich immer wieder ein, mit an den Spieltisch zu kommen. - ich blieb aber am Fenster stehen.
Familiär ist überliefert, dass ich nach diesem Aufenthalt nicht mehr sprach, sondern nur noch flüsterte.
Dort geschah mit mir genau das gleiche, was ich jetzt schon hundertfach gelesen habe.
Ich hatte schreckliches Heimweh und machte ins Bett. Darauf hin wurde ich von den Betreuerinnen dort verhauen.
Diese Zeit hat mich traumatisiert. Unter den Folgen leide ich bis heute.
ich bin durch einen Artikel hier gelandet und bin gerade recht erschüttert.
Meine "Verschickungen" habe ich unter Schicksal verbucht und das meiste verdrängt. Ungefähr zwischen 1968 und 1970 war ich in einer Kur wegen Bronchitis, bzw. Pseudokrupp. Mit mir waren dort viele Kinder mit dem gleichen Krankheitsbild, viele mussten nachts an den Sauerstoff.
Die Erzieherinnen trugen eine Nonnen- oder Schwesterntracht.
Das schönste Erlebnis war ein Ausflug ins Salzbergwerk.
Aber ich weiß beim besten Willen nicht genau ob ich in Bad Reichenhall oder in Berchtesgaden war. Vielleicht kann mir jemand helfen das einzuordnen?
So weit ich mich erinnere wurde das Heim geschlossen, weil die Mißhandlungen bekannt wurden. Aber ich weiß nicht, ob das lediglich eine Erzählung meiner Eltern war.
Die Mißhandlungen waren extrem und vielfältig. Deshalb wurden Briefe bzw. Postkarten zensiert oder diktiert. Kinder mussten mit Atemnot nachts hinter Vorhängen stehen, wurden nackt geschlagen, zum Essen bis zum Erbrechen gezwungen uvm...
Persönliche Dinge, wie Handtücher, Teddy usw. wurden uns gleich zu Anfang abgenommen. Ich weiß noch wie sehr mich das mitgenommen hat und wie groß dadurch mein Heimweh wurde. Heute ist mir klar, dass das eine Möglichkeit war die Kinder noch mehr einzuschüchtern. Ähnliches habe ich später im Klappholttal erlebt.
Liebe Grüße an Euch.
Der Grund war, dass meine Mutter sich zu der Zeit einer schweren Operation unterzog, ich war also - anders als viele hier - kerngesund und man musste mich nicht etwa "aufpäppeln".
Da meine Mutter wohl niemandem aus der Familie zumuten wollte, eine 3jährige über Wochen zu versorgen, kam das Angebot des Arztes/des Jugendamts für die "Kur" in Melle wohl sehr gelegen. Vielleicht mussten auch Betten belegt werden und daher war man auch an gesunden Kindern interessiert. Ich habe von Kindheit an bis heute Erinnerungen daran. Ich wurde, weil ich sehr lang für mein Alter war, als 3jährige zu den 6-12jährigen gesteckt, wir schliefen zu vielen (ca. 12-15) in einem Zimmer. Der Ton war rauh. Ich fand zu den viel älteren Kindern keinen Zugang, hatte oft Angst, wurde gehänselt. Bei den stundenlangen Spaziergängen war ich immer hintenan und natürlich allein. Zur Toilette durfte man nachts nicht. Es stand ein Eimer im Schlafraum, der für mich aber viel zu groß und nicht nutzbar war. Als mir nachts ein Missgeschick passierte, wurde ich vor allen blossgestellt und musste meine Frotteeunterwäsche alleine in einem Eimer auf dem Flur (nachts) waschen. Weinen wurde mit Drohungen geahndet. Zu Essen gab es in einem riesigen Saal an sehr langen Tischen. Darauf standen morgens und abends Teller mit schon belegten oder geschmierten Broten. Meist mit grober Leberwurst oder etwas, dass ich nicht kannte und nicht mochte. Mittags gab es oft Fischsuppe, eine dunkelbraune Flüssigkeit. Es gab Kinder, die sich erbrachen und dennoch weiter essen mussten. Ich aß wenig, hatte ständig Hunger. Oft wurde mir gedroht, damit ich aß. Ich erinnere mich, dass ich im Schlafzimmer unter den Betten der älteren Mädchen herumkroch und nach heruntergefallenen Krümeln (etwa Popcorn oder Keksen) suchte. Da war es sehr staubig. Ich fühle noch die Staubfäden im Mund, als ich ein Stück Keks fand. (Meine von den Eltern mitgegebenen Süßigkeiten wurden mir gleich zu Anfang weggenommen, wie auch mein Schlaftier und ein paar andere persönliche Dinge.) Die Schwestern dort waren sehr ablehnend und kalt. Keine hat jemals mit den Kindern gescherzt. Alles verlief schweigend. Selbst die Spaziergänge. Ich fühlte mich total alleine und weiß noch, dass ich befürchtete, meine Eltern hätten mich für immer hierhin weggegeben und ich würde sie nie wieder sehen. Ich weinte oft und wurde dann auch krank (Masern oder Windpocken waren es). Ich kam auf die Krankenstation für viele Tage und lag über Stunden allein auf einer Pritsche, die ich nicht verlassen durfte. Eine junge Nonne kümmerte sich zwischendurch um mich, gab mir zu Essen und einmal auch 3 kleine Zuckereier (es war um Ostern). Ich erinnere mich, dass ich vor Glück geweint habe über die freundliche Geste. Als ich nach Wochen mit dem Zug zurück in den Bahnhof kam, waren meine Eltern nicht da (weil ihnen ein falsches Datum genannt wurde). Ich war außer mir, als sie mich endlich abholten. Ich weiß noch, dass ich, wenn ich meine Eltern durch irgendetwas verärgert hatte, immer weinend rief "bitte nicht mehr nach Melle", weil ich befürchtete, dass das die Strafe für "böse Kinder" war.
Ich glaube, dass so eine Erfahrung eine große Unsicherheit in Kindern auslösen kann, den eigenen "Wert" und die Liebe und Bindung zu den Eltern betreffend.
Nein, es war keine schöne Zeit, ich werde bestimmt nicht vergessen, dass wir im Waschraum jeden Tag jeweils einzeln per Wasserschlauch mit eiskalten Wasser abgebraust wurden und die "Tanten" ihren Heidenspaß daran hatten, wenn wir das nicht wollten oder vor Kälte mit den Zähnen klapperten... Der Text für die Karten, die wir an unsere Eltern schreiben durften, mussten von der Tafel abgeschrieben werden. Wer noch nicht schreiben konnte, dem schrieb die "Tante" die Karte. Auch bei uns war es so, dass Kinder vor versammelter Mannschaft lächerlich gemacht wurden, heute nennt man das Mobbing. Wer Durchfall bekam und aus dem Grund die Unterwäsche etwas verschmutzte, dessen Wäsche wurde allen Kindern gezeigt und anschließend musste der arme Tropf die Wäsche vor versammelter Mannschaft mit seiner eigenen Seife auswaschen! Und zwar die Seife in das Malheur eintauchen - währenddessen wurde er/sie von der "Tante" als "Dreckschwein" beschimpft. Die anderen Kinder durften johlend und mit den Fingern zeigend zusehen. So ein Szenario kam jeden Tag vor und war für die betroffenen und weinenden Kinder ein Spießrutenlaufen! Auch Bettnässer wurden durch die "Tanten" bloßgestellt, sie mussten ihr Bettzeug komplett abziehen und es vor den Augen der anderen mit der Hand und mit ihrer persönlichen Seife waschen. Manche Kinder hatten bald keine Seife mehr...
Meine Oma schickte mir damals ein Päckchen mit Avon-Sachen, Körperlotion, Marienkäfer aus Schokolade, Lackbilder – Dinge, worüber man sich als Kind damals halt gefreut hat. Ich durfte es noch auspacken (geöffnet war es schon), dann wurde mir alles weggenommen und vor meinen Augen verteilt, verwendet - und aufgebraucht - von anderen. Die Schokolade musste ich komplett abgeben.
Ich erinnere mich an grausiges Essen, "Schleimsuppe" - mit dem heutigen Porridge nicht zu vergleichen. Mittags gab es grundsätzlich nichts zu trinken, manche Kinder hatten so einen Durst, dass sie im Waschraum heimlich Leitungswasser in sich hinein tranken, aber richtig viel!
Wir haben irgendwelche täglich seltsamen Medikamente bekommen in einem kleinen Becherchen. Das einzige, was ich wirklich mochte, war der tägliche Schluck Lebertran, den wir jedoch alle vom gleichen Löffel bekamen. Ständig war jemand krank, aber richtig! Bei uns ging damals Scharlach um (kein Wunder bei der "Löffelhygiene"), die Kranken wurden mit ihrem Bett auf einem staubigen Dachboden abgestellt und mussten dort bleiben. Ich erinnere mich noch an ein Mädchen mit Namen Astrid, wenn ich mich entsinne, ist sie beinahe die 6 kompletten Wochen oben auf dem Dachboden geblieben.
Ich weiß gar nicht mehr, was wir die ganze Zeit über gemacht haben, Mittagsschlaf war Zwang. Ich glaube, ich habe die meiste Zeit vor mich hingestarrt und mich in Fantasiewelten geflüchtet. Ich kann mich an keine Spiele erinnern, nur Spaziergänge über Stunden bei Wind und Wetter. Gewaltmarsch, Essen, Schlafen. Gewaltmarsch, Essen, Schlafen. Morgens eiskalt abgebraust werden. Viele Kinder hatten Heimweh, statt Trost gab es Schelte seitens der "Tanten" - oder Verächtlich-machen! Das alles war eine Erfahrung, die ich als Kind gerne NICHT gemacht hätte. Von den verantwortlichen "Tanten" wird wohl heute keine mehr auf Erden wandeln. Was mir als Kind schon aufgefallen ist: Die Jungen wurden weitaus schlechter behandelt als die Mädchen. Weitaus! Ich habe diese Verschickung als Demütigung in der Erinnerungen. Dennoch musste ich noch weitere 2 mal "zur Kur".
ich war im Oktober 1963 auf Borkum als 5jähriges Mädchen und hatte sehr starkes Heimweh gehabt und nächtelang nur geweint - ich wurde mit meiner Bettdecke auf den Gang geschickt und musste dort die ganze Nacht stehen. Ich weiß leider nicht mehr wie dieses Kinderheim auf Borkum hieß - es war sehr grausam und ich wurde jeden Tag dort gequält und über mein Heimweh machte sich die Gruppenleiterin nur lustig. Wenn ich heute den Geruch von Maggi Suppe rieche, werde ich immer sehr traurig und fühle mich sehr einsam und verlassen. In meiner Gruppe war eine Susanne 10 J., eine Ilka, eine Ilona - mehr weiß ich nicht mehr.
Liebe Grüße Claudia
Ich bin jetzt 56 Jahre alt, und war im Alter von 4 oder 5 Jahren (1968/69) für 6 Wochen entweder auf Sylt oder Borkum, Amrum..... Ich habe eine Erinnerung. Das Haus war direkt am Meer, bei Ankunft hatte ich in die Hose gemacht und bekam ein rote Strumpfhose irgendwie "geliehen"......
Es gibt ein Foto, wo ich in einem Kleid mit einer Nonne im "Spielzimmer" wohl stehe. Und ein Foto, wo wir alle auf den Steinen am Strand (Landzunge) sitzen . Es ist wohl kalt. wir tragen Mützen.
Evtl. haben mich die Nonnen auch Michaela genannt und ich habe geweint... Weil dies steht in meinen Papieren, jedoch wurde ich schon immer Michelle genannt.... Aber bei den Geschichten, die hier so beschrieben werden, und ich habe leider keinerlei Erinnerungen außer meiner "nassen Ankunft"...., ist ja alles möglich und vieles wurde wohl hart bestraft.
Vielleicht erinnert sich jemand.
Ich werde die nächsten Tage die Fotos suchen und einstellen. Bin leider gerade in Urlaub .
Fühlt Euch alle gedrückt.... Ich weiß gerade nicht was "schöner" ist. Keine Erinnerung, oder Erinnerung. Es ist unfassbar.
Michelle
ich bin Heimverantwortliche für das Kindererholungsheim Möwengrund in List/Sylt.
Magst Du mich mal persönlich anschreiben zum Austausch?
vG Tina
tinamuerle@gmx.de
Vor ein paar Tagen habe ich heraus gefunden, dass ich such im Kinderheim Hubertus war. Das war im August und September 1974. Da bin ich gerade 4 geworden. Ich kann mich leider an nichts erinnern, ausser, dass wir sehr viel essen mussten. Gibt es hier noch mehr Betroffene, die im Herbst 1974 Im Kinderheim Hubertus waren? Lg
im Frühjahr 1971 wurde ich als 7-jähriger für sechs Wochen nach Klappholttal auf Sylt verschickt, zusammen mit meinem 5-jährigen Bruder.
Die niedrigen Baracken gibt es offenbar immer noch, und wenn ich mir im Netz Luftbilder/Satellitenbilder anschaue, dann erkenne ich manches wieder, aber nicht alles.
An vieles kann ich mich nicht mehr erinnern, aber diese Zeit, das Lager, die Frauen, die dort um uns herum waren, das war für uns ein "Kindergefängnis". Nie zuvor hatten wir (die wir vorher praktisch nicht aus unserem winzigen Dorf in der Heimat herausgekommen waren, ohne Eltern schonmal gar nicht) Erwachsene erlebt, die kleine Kinder so anschrien und beleidigten - einige der Worte kannten wir gar nicht. Erwachsene, die ständig um uns herum waren, aber irgendwie überhaupt keine Interesse an Kindern zu haben schienen, so als wären wir alle schuld, dass sie in diesen eher erbärmlichen Baracken sein mussten.
Gegessen wurde in einem recht großen Raum, an langen Tischen für vielleicht 8 oder 12 Kinder. Die Kinder selbst mussten die Töpfe von der Küche zu den Tischen schleppen. Manchmal war das Essen schrecklich, manchmal schmeckte es aber auch. Es war allerdings oft nicht genug für alle da, und sehr genau erinnere ich mich an mein Staunen, als ein anderes Kind sich fast die Hälfte des gesamten Topfes aufschaufelte während sieben andere sich den Rest teilen sollten. Wir hätten alle Geschwister und wären teilen gewöhnt, er aber sei Einzelkind und bekäme immer alles - so wäre es also für alle ganz normal, dass er auch hier viel mehr bekäme als wir. Die "Wärterinnen" unternahmen nichts, aber am zweiten Tag gab es dann doch Krawall am Tisch und entsprechend Bestrafungsaktionen für alle.
Genauso genau erinnere ich mich an nächtliche Szenen in der Kammer, in der vier, vielleicht auch mehr, Kinder zusammen lagen. Da Toilettengang nicht möglich war, setzten sich verzweifelte Kinder auf die Fensterbank und schissen durchs geöffnete Fenster nach draußen - das fiel den "Wärterinnen" tags drauf tatsächlich auch nur selten auf, glaube ich. In meiner Erinnerung, und wenn ich über die Jahrzehnte davon erzählte, waren die Zimmer nachts verschlossen. Beim Stöbern hier las ich manchmal von verschlossenen Toiletten - vielleicht war das in Klappholttal genauso und die Zimmer waren gar nicht verschlossen, da könnte ich mich irren.
Dunkel erinnere ich mich daran, dass Medizin ausgegeben wurde, auch mir, der ich meines Wissens überhaupt nicht krank war. Was das war, weiss ich nicht. Ich vermute auch, dass dem Mittagsschlaf nachgeholfen wurde mit bestimmten Getränken - denn zuvor hatte ich jahrelang schon keinen mehr gemacht oder gebraucht und war eh oft schon vor Sonnenaufgang auf, um zu lesen oder spielen, was hier nun allerdings unterbunden wurde. Dass es überhaupt irgendetwas zu lesen gab, daran kann ich mich nicht erinnern.
Wir Kinder wurden gezwungen, manche der Arbeiten der "Wärterinnen" zu übernehmen. Am deutlichsten erinnere ich mich daran, dass ich eines Tages einen Schrubber und einen Eimer hingeworfen bekam und die Böden im Haus zu schrubben hatte. Das hatte ich natürlich noch nie gemacht, ich wurde angeschrien, wie doof und dumm ich sei, und ob ich eine dumme Mutter hätte, dass sie mir das nie erklärt hätte usw. Ich war wie versteinert. Die Schreierei zog sich durch den ganzen Tag, erst recht, wenn der schwere Eimer kaum noch zu heben war und das Schrubben nur noch kraftlos vor sich ging. Noch dazu wusste ich nicht, wohin mit dem schmutzigen Wasser und wurde dafür weiter angeschrien - immerhin erklärte man mir dann, wo es ausgeschüttet werden müsse und ich glaube auch nicht, dass ich geschlagen wurde für meine offensichtliche Dummheit und Nutzlosigkeit. Überhaupt kann ich mich nicht an körperliche Strafen erinnern. Wenigstens das.
In der Anlage gab es ein Punktesystem, bei dem die "Aufseherinnen" den Kindern Punkte zuteilten oder abzogen für ihr Verhalten oder für Arbeiten, die sich mehr oder weniger gut verrichteten. So mussten die Kinder - egal wie alt - morgens und nach dem Mittagsschlaf ihre Betten stets selbst machen und bekamen je nach Qualität Punkte dafür.
Die Punkte waren dann ausschlaggebend für irgendwelche "schönen Dinge" - ich kann mich dabei nur an einen Ausflug erinnern, nach Dänemark glaube ich, an dem durften nur die Kinder mit den meisten Punkten teilnehmen, mehr als die Hälfte der Kinder blieb zurück. Darunter auch mein kleiner Bruder, der allein schon wegen seiner Krankheitsschübe (Asthma) immer mal im Bett bleiben musste und dann gar keine Punkte bekommen konnte. Mir wurden Punkte abgezogen als ich das als Ungerechtigkeit bezeichnete, aber ich durfte mit nach Dänemark - für diesen Ausflug bekam man etwas Taschengeld, das war meiner Erinnerung nach das einzige Mal, das man von dem Geld, das die Eltern per Post mitschickten (wie man in beigelegten Briefen ja lesen konnte), überhaupt irgendetwas ausgehändigt bekam. "Mein" Betrag reichte, um auf dem Ausflug in einem Geschäft eine Tüte mit vielen winzigen Spielfiguren zu kaufen, die ich dann nach der Rückkehr mit meinem Bruder teilen konnte.
Mein Bruder hatte schlimmeres Heimweh als ich, auch mehr Angst, besonders nachdem man uns nach einigen Tagen trennte und in unterschiedliche Zimmer (vielleicht sogar unterschiedliche Baracken) verlegte. Ich muss davon per Post an meine Eltern geschrieben haben, auch von Schwierigkeiten, die wir erlebten, denn ich habe eine Antwortpostkarte meiner Mutter, in der sie schreibt, wir sollten brav sein und unsere "Tanten" nicht ärgern, dann würde es uns bestimmt wieder gefallen - so als habe sie automatisch angenommen, an der Trennung und meinem Ärger könnten nur wir Kinder schuld sein. Auch nach Ende dieser Gefängniszeit haben die Eltern unseren Erzählungen keinen Glauben geschenkt, Jahrzehntelang nicht. Mein kleiner Bruder begann in diesen sechs Wochen wieder sich einzunässen, etwas, das schon lange nicht mehr passiert war und sich später noch viele Monate fortsetzte. Und anders als ich wurde er seiner Krankheit wegen später auch noch zwei weitere Male "verschickt", nach Bad Reichenhall, einmal für 4 Monate. Anders als auf Sylt durfte er dort aber besucht werden, war aber sehr verschlossen.
Im Lager Klappholttal, das ja auf einer schmalen Landzunge liegt und in wenigen hundert Meter Entfernung auf beiden Seiten das Meer hat, kann ich mich nicht erinnern, jemals die Nordsee gesehen oder gar berührt zu haben (schwimmen in der Nordsee im März wäre wohl auch etwas erstaunlich).
Morgens gab es Appell auf einem (wie ich ihn erinnere) Aufmarschplatz mit Fahnenmast, wie die Soldaten standen wir da und mussten singen. Tatsächlich war das für mich bald ein "durften singen", denn da konnte/durfte man mal laut sein, sogar fröhlich, je nach Lied. Eigentlich unfassbar, aber ich erinnere mich nach nunmehr 50 Jahren noch genau an den Moment, als ich das erste mal - und vielleicht einzige mal - eine der "Tanten" meinetwegen lächeln sah, weil ich die "stürmischen Winde" mit ihrem "Heio,Heio"-Refrain so laut mitschrie wie ich nur konnte. Ich glaube, es gab auch manchmal seltsam militärische Lieder zu singen, aber da bin ich nicht sicher. Ebenso bin ich mir nicht sicher, ob dann täglich "marschiert" wurde ("Wanderung" sollte das sein), aber solche Reih- und Glied, "links-rechts-links-rechts"-Drills gab es mit Sicherheit.
Einmal waren wir in den Dünen - es gab ja eh nichts anderes rund um Klappholttal herum - und ich glaube, es wurde wirklich so etwas wie "suchen" gespielt.
Was wir sonst so den ganzen Tag über trieben, wenn wir nicht aßen, schlafen oder die Arbeit der "Wärterinnen" zu übernehmen hatten, weiss ich nicht mehr. Ich kann mich an keine Spiele, kein Malen, kein Lesen, erinnern.
Manchmal kam Post. Sie war schon geöffnet worden. Und Nahrungsmittel (insbesondere Schokolade), die dann darin noch zu finden waren, konnte man sich in seiner Kammer in ein Schränken legen, wo es dann spätestens nach ein, zwei Tagen verschwunden war. Ich glaubte damals und glaube auch heute noch, dass diese Diebstähle von hungrigen Kindern ausgingen, und deshalb gab das auch nie Ärger, man nahm es einfach hin. Nur als die kleinen Spielfiguren, die ich meinem Bruder mitgebracht hatte, mal verschwanden, gab es mal richtig Ärger, mit Strafen für den Übeltäter und für mich.
An und für sich habe ich als Kind diese Zeit bald verdrängt und erst später, mit zunehmendem Alter, kam sie auf Familientreffen mal anekdotisch zur Sprache, Dinge über die man lachte, auch wenn mein kleiner Bruder eher seltener darüber lachen mochte. Meine Mutter begann erst viele Jahrzehnte später, die Erzählungen etwas ernster zu nehmen, und ich glaube, erst heute, nachdem sie von solchen Dingen in der Zeitung las und dabei zu ihrem Entsetzen sogar Abbildungen von Postkarten sah, die sie selbst einst von ihren Kindern aus diesen Lagern erhielt, nimmt sie das richtig mit. Das finde ich inzwischen auch deutlich trauriger als das, was uns damals wiederfuhr. Dass der Schaden nicht nur für ein paar Wochen wirkt, und nicht nur bei denen, die es direkt betraf, sondern dass es ewig nachhallt und die ganze Familie trifft.
Für mich persönlich war das damals schon ein Einschnitt, ein deutlicherer als es mir bislang bewusst war, glaube ich. Vorher waren Erwachsene verlässliche Menschen, die es prinzipiell gut mit einem meinten, oder eben Fremde, die einem einfach freundlich begegneten und nichts weiter mit einem zu tun hatten. Fortan aber mussten Erwachsene, die sich einem näherten, erstmal beweisen, dass sie Vertrauen überhaupt verdienen. Und das brauchte Zeit und gelang nicht jedem.
es wäre gut, wenn Du Dich bei mir meldest. Ich bin Heimortkoordinatorin für Friedenweiler. verschickung-schlossfriedenweiler@web.de
LG Doris
ich würde mich freuen, wenn Du Dich zwecks Austausch bei mir meldest. Ich bin Heimortkoordinatorin für Friedenweiler. Ich war dort und habe mehrere unangenehme Erinnerungen. verschickung-schlossfriedenweiler@web.de
LG Doris
auch ich hatte das "Vergnügen" und durfte 6 lange Wochen in Friedenweiler verbringen. Ich denke das war so 1975 vor der Einschulung.
Dass Bettnässer bloßgestellt und gedemütigt wurden hab ich auch mitbekommen.
Strenge Mittagsruhe und gelbe Vitamintabletten, daran kann ich mich noch erinnern.
Der Aufenthalt dort war demütigend und einfach nur übel.
An Personen kann ich mich nicht mehr erinnern.
Ich wusste zwar von meinen Eltern, dass ich in eine "Kur" kommen sollte, da der Kinderarzt festgestellt hätte, dass ich eine Hilusdrüsen-TB bekommen könnte bzw schon hätte. So ganz wurde das nie erklärt. Aus Sorge über meine Gesundheit haben meine Eltern zugestimmt, ich hatte aber von Anfang an das Gefühl, dass das nicht wirklich eintreten würde, dass sie mich niemals allein lassen würden. Ich war gerade vier Jahre alt geworden und ein unglaublich anhängliches Kind. Meine Eltern waren beide immer zu Hause, da mein Vater freischaffender Künstler war und sein Atelier im kleinen Häuschen hatte. Dort konnte ich nach Herzenslust zuschauen und selbst tätig werden, was meine Phantasie sehr angeregt hatte. Malen, mit Ton, Holzresten und Gips arbeiten. Hinzu kam, dass wir eine sehr kommunikative Familie waren, in der sehr viel geredet wurde und wir von früh auf mit vielen Büchern und Wissen konfrontiert waren. Mein älterer Bruder machte es sich zur Aufgabe, mich mit Denksportaufgaben und Spielen zu konfrontieren und mich herauszufordern. Dies sind nur ein paar Beispiele, in denen ich meine Situation zu Hause beschreibe.
Aus all dem wurde ich plötzlich herausgerissen. Meine Mutter fuhr mit mir mit dem Zug auf einer ewig langen Fahrt nach Berchtesgaden. Da ahnte ich noch nicht, was mir bevorstand, denn ich war ja gewohnt, dass wir Ausflüge machten, allerdings normalerweise mit der ganzen Familie zu einer Burg oder zu Waldspaziergängen oder kulturhistorisch interessanten Plätzen.
An diesem Tag Anfang August 1956 kamen wir also in das hübsche Haus am Berg und noch dachte ich an eine Art Aufenthalt mit meiner Mutter hier. Dass das eine Kurstätte war, das sah man. Viele Kinder, Liegen auf der Terrasse, wo man „Mittagsruhe“ machte und weiße Kittel und Schwestern in Tracht. Dann war auf einmal meine Mutter weg. Ich rannte in dem Gebäude rum, schrie und weinte und bekam keine Antwort auf meine Fragen. Ich hatte sofort den einzigen Gedanken, dass etwas mit meiner Mutter geschehen war, dass sie mich auf keinen Fall freiwillig verlassen hatte, dass man versuchte, mir das Geschehene, den Unfall, den Tod zu verheimlichen. Ich war vier Jahre alt und mein Verstand versuchte fieberhaft, mit der Situation fertig zu werden. Wann würde mein Vater davon erfahren? Was hat man mit mir vor? Will man mich hierbehalten, weil ich nun ein Waisenkind war? Wie muss ich mich verhalten, damit ich noch eine Chance habe, meinen Vater und meinen Bruder wiederzusehen?
Dass das die Art war, mit der Trennung umzugehen, damit wurde meine Mutter konfrontiert. Besser für das Kind, weil sonst die Trennung Dramen verursacht und es damit für alle Beteiligten viel schwerer wird. Wie lange weiß man schon, was für eine Katastrophe eine unverständliche Trennung verursacht? Seit wann ist es selbstverständlich, dass man ein kleines Kind nicht einfach allein lässt? Nicht einmal eine Nacht im Krankenhaus?
Am nächsten Tag stand ich allein in dem Garten am Zaun. Da kam außen ein älteres Paar auf mich zu, die Frau fragte mich, ob ich Ulrike sei. Ich war verunsichert, was die das angeht, aber antwortete brav auf alle Fragen. Der Mann fotografierte die Szene und schickte das Bild an meine Eltern, die darauf ein verschüchtertes Kind sehen, das an seinem Rockzipfel dreht und nach unten schaut.
Die Leute hatten in der Pension meine Mutter kennengelernt, wo sie übernachten musste. Dort hatte sie weinend von der Trennung erzählt und die Leute beschlossen, mich aufzusuchen und womöglich ein Foto von mir zu machen, denn meine Mutter durfte ich ja auf keinen Fall sehen. Was die mit mir geredet haben, das weiß ich nur noch bruchstückhaft. Jedenfalls nichts, was mir Hoffnung gemacht hätte. Auf dem Foto erkennt man jedenfalls gut meine psychische Verfassung, und das war der erste Tag von vier Monaten.
Eine Sache war jahrzehntelang immer wieder mal nur bruchstückhaft in meinen Gedanken aufgetaucht. Erst die Schilderungen mancher anderer Heimkinder hier in diesem Forum machten mich wieder konkret darauf aufmerksam. Von Zeit zu Zeit mussten wir Kinder in einer Gruppe (wahrscheinlich aus pädagogischen Gründen, damit wir nicht so verängstigt sind) nackt auf den kleinen Stühlchen im Arztzimmer sitzen. Dann gab es für jeden eine Spritze in den Rücken. Davor hatte ich schreckliche Angst und nach dem ersten Mal wusste ich ja auch, wenn es wieder so weit war. Bis heute konnte mir kein Arzt erklären, was das wohl gewesen sein könnte und ich habe großes Interesse, das zu recherchieren. Meine Eltern wussten jedenfalls nichts davon und eigentlich frage ich mich seit damals immer wieder, ob das mit rechten Dingen zugegangen ist. Ich hoffe, dass ich es schaffe, Zugang zum Archiv dieses Hauses zu bekommen und eine Information über diese Spritzen zu bekommen. Beruhigung hatte ich jedenfalls nicht nötig, brav wie ich war, was auch Schwester Margarete an meine Eltern schrieb.
Ich beschloss also, mich so zu verhalten, dass ich nicht unangenehm auffalle, dass ich alles mache, was man von mir verlangt. Eine Art Stockholm-Syndrom war das, denke ich heute. Mich mit den „Entführern“ auf eine Weise verbünden, dass man mich nicht vernichtet.
Nach einiger Zeit kam Post von meinen Eltern, die mir vorgelesen wurde und deren Inhalt (Äpfel, Strümpfe, Wäsche) mir gezeigt wurde. Meine Gedanken waren dabei immer: Das ist eine Fälschung. Niemals ist diese Post wirklich von meinen Eltern. Man will mich täuschen. Lies du nur diese Briefe vor, das erfindest du ja alles nur, um mich in dem Gefühl zu halten, die Post könnte von den Eltern und vom Bruder sein. Wenn die wüssten, dass ich hier bin, dann würden sie mich ja sofort holen… usw.
Meine Mutter hat die Post, die sie zurückerhalten hat aufbewahrt und ich habe sie hier. Es sind in vier Monaten ganze vier Postkarten und ein kurzer Brief. Darin beschreibst sie ständig, wie brav das Töchterchen ist, wie sie schon zugenommen hat und was für kluge Sachen sie sagt.
Meine eigene Erinnerung beschränkt sich auf das Zimmer mit den vielen Gitterbettchen, an die große Wiese, die Liegeterrasse für den ständigen Mittagsschlaf und an die weißen emaillierten Blechteller und -tassen mit blauem Rand. Das Essen ist mir nicht in Erinnerung. Nur viele Jahre später begegnete mir ein Geruch, den ich aus Berchtesgaden kannte. Es waren Pfifferlinge. Die waren zu Hause einfach nicht zu haben und viel zu teuer. Offensichtlich wachsen die dort um das Haus herum. Es wurde Winter, wir durften draußen im Schnee spielen. Trotz all meiner hier beschriebenen neutralen Erinnerungen hatte sich eine tiefe Resignation und Traurigkeit in mir eingegraben.
Eines Tages Mitte November, nach vier Monaten, stand plötzlich meine Mutter vor mir. Von diesem Moment an habe ich sie nicht mehr losgelassen, erzählte sie. Sie hätte noch Formalitäten erledigen wollen im Büro, aber es gab keine Chance für sie, das allein zu erledigen.
Wir sind dann wieder mit dem Zug nach Hause gefahren und endlich war ich sicher, dass meine Eltern es niemals zugelassen hätten, dass man mich ihnen weiter vorenthält. Sie haben mir von da an immer wieder versichert, für wie falsch sie die Entscheidung des Kinderarztes gehalten haben und was sie sich für große Vorwürfe machten, dass sie einer solch fragwürdigen Autorität ihr Kind anvertraut haben.
Bis heute bin ich leicht aus der Bahn zu werden, wenn es ums Abschiednehmen geht. Ich kann nicht mit Ablehnung umgehen und erst recht nicht mit Verlassenwerden. Ich habe einfach keine Strategie dafür entwickelt, außer der, zu resignieren und mich irgendwie anzupassen. Wenn ich das Gefühl habe, jemand, der mir wichtig ist, mag mich nicht, braucht nicht so viel Kontakt wie ich, dann wirft mich das völlig aus der Bahn und ich laufe der Ablehnung richtiggehend nach. Ich lasse mir viel gefallen und schaffe es nicht, Freundschaften oder familiäre Bindungen abzubrechen, wenn ich spüre, dass sie mir nicht gut tun. Ich finde leicht Erklärungen dafür, dass jemand auf mir herumtrampelt und mich ignoriert. Meistens suche ich dann die Gründe in meinem Verhalten. Das brachte mir schließlich auch einen ordentlichen Burnout und eine Depression ein, so dass ich ein Jahr vor der eigentlichen Zeit vom Amtsarzt in den Ruhestand verabschiedet wurde. Mit dem Ergebnis, dass ich mich schuldig gefühlt habe, meine Schulklasse böswillig verlassen zu haben. Ich hätte mich doch nur ein bisschen zusammenreißen müssen.
*(Jedenfalls, was meine eigenen Erlebnisse angeht. Als ich anfing, hier im Forum die Aufzeichnungen zu lesen, musste ich sehr oft unkontrolliert weinen, weil der Schmerz auf einmal wieder da war.)
vielleicht warst Du in Friedenweiler, ein Schloss nahe Freudenstadt. In den Kellergewölben waren Waschräume. Es war auch alles sehr verwinkelt mit engen Gängen, die zu einer Kirche führten und vielen Treppen.
Ich bin Heimortverantwortliche und Du kannst Dich gerne bei mir melden
LG Doris
ich würde mich gerne mit Dir austauschen. Ich war 1954/56 in Friedenweiler und bin Heimortverantwortliche. Habe schon Einiges recherchiert und bin noch dabei.
ich bin Heimortverantwortliche für Friedenweiler. Ich würde mich freuen, wenn Du mit mir über verschickung-schlossfriedenweiler@web.de Kontakt aufnimmst, damit wir uns austauschen können.
LG Doris