ZEUGNIS ABLEGEN – ERLEBNISBERICHTE SCHREIBEN
Hier haben sehr viele Menschen, seit August 2019, ÖFFENTLICH ihre Erfahrung mit der Verschickung eingetragen. Bitte geht vorsichtig mit diesen Geschichten um, denn es sind die Schicksale von Menschen, die lange überlegt haben, bevor sie sich ihre Erinnerungen von der Seele geschrieben haben. Lange haben sie gedacht, sie sind mit ihren Erinnerungen allein. Der Sinn dieser Belegsammlung ist, dass andere ohne viel Aufwand sehen können, wie viel Geschichte hier bisher zurückgehalten wurde. Wenn du deinen Teil dazu beitragen möchtest, kannst du es hier unten, in unserem Gästebuch tun, wir danken dir dafür! Eure Geschichten sind Teil unserer Selbsthilfe, denn die Erinnerungen anderer helfen uns, unsere eigenen Erlebnisse zu verarbeiten. Sie helfen außerdem, dass man uns unser Leid glaubt. Eure Geschichten dienen also der Dokumentation, als Belegsammlung. Sie sind damit Anfang und Teil eines öffentlich zugänglichen digitalen Dokumentationszentrums. Darüber hinaus können, Einzelne, die sehr viele Materialien haben, ihre Bericht öffentlich, mit allen Dokumenten, Briefen und dem Heimortbild versehen, zusammen mit der Redaktion als Beitrag erarbeiten und auf der Bundes-Webseite einstellen. Meldet euch unter: info@verschickungsheime.de, wenn ihr viele Dokumente habt und solch eine Seite hier bei uns erstellen wollt. Hier ein Beispiel
Wir schaffen nicht mehr, auf jeden von euch von uns aus zuzugehen, d.h. Ihr müsst euch Ansprechpartner auf unserer Seite suchen. ( KONTAKTE) Wenn Ihr mit anderen Betroffenen kommunizieren wollt, habt ihr weitere Möglichkeiten:
- Auf der Überblickskarte nachschauen, ob eurer Heim schon Ansprechpartner hat, wenn nicht, meldet euch bei Buko-orga-st@verschickungsheime.de, und werdet vielleicht selbst Ansprechpartner eures eigenen Heimes, so findet ihr am schnellsten andere aus eurem Heim.
- Mit der Bundeskoordination Kontakt aufnehmen, um gezielt einem anderen Betroffenen bei ZEUGNIS ABLEGEN einen Brief per Mail zu schicken, der nicht öffentlich sichtbar sein soll, unter: Buko-orga-st@verschickungsheime.de
- Ins Forum gehen, dort auch euren Bericht reinstellen und dort mit anderen selbst Kontakt aufnehmen
Beachtet auch diese PETITION. Wenn sie euch gefällt, leitet sie weiter, danke!
Hier ist der Platz für eure Erinnerungsberichte. Sie werden von sehr vielen sehr intensiv gelesen und wahrgenommen. Eure Erinnerungen sind wertvolle Zeitzeugnisse, sie helfen allen anderen bei der Recherche und dienen unser aller Glaubwürdigkeit. Bei der Fülle von Berichten, die wir hier bekommen, schaffen wir es nicht, euch hier zu antworten. Nehmt gern von euch aus mit uns Kontakt auf! Gern könnt ihr auch unseren Newsletter bestellen.
Für alle, die uns hier etwas aus ihrer Verschickungsgeschichte aufschreiben, fühlen wir uns verantwortlich, gleichzeitig sehen wir eure Erinnerungen als ein Geschenk an uns an, das uns verpflichtet, dafür zu kämpfen, dass das Unrecht, was uns als Kindern passiert ist, restlos aufgeklärt wird, den Hintergründen nachgegangen wird und Politik und Trägerlandschaft auch ihre Verantwortung erkennen.
Die auf dieser Seite öffentlich eingestellten Erinnerungs-Berichte wurden ausdrücklich der Webseite der „Initiative Verschickungskinder“ (www.verschickungsheime.de) als ZEUGNISSE freigeben und nur für diese Seiten autorisiert. Wer daraus ohne Quellenangabe und unsere Genehmigung zitiert, verstößt gegen das Urheberrecht. Namen dürfen, auch nach der Genehmigung, nur initialisiert genannt werden. Genehmigung unter: aekv@verschickungsheime.de erfragen
Spenden für die „Initiative Verschickungskinder“ über den wissenschaftlichen Begleitverein: Verein Aufarbeitung und Erforschung von Kinderverschickung / AEKV e.V.: IBAN: DE704306 09671042049800 Postanschrift: AEKV e.V. bei Röhl, Kiehlufer 43, 12059 Berlin: aekv@verschickungsheime.de
Journalisten wenden sich für Auskünfte oder Interviews mit Betroffenen hierhin oder an: presse@verschickungsheime.de, Kontakt zu Ansprechpartnern sehr gut über die Überblickskarte oder die jeweiligen Landeskoordinator:innen
Ich war 1973 auf Borkum und habe ähnliche Erfahrungen gemacht wie alle anderen hier.
Den vielfach beschriebenen Essenszwang habe ich auch erlebt. Mir wurde ein Teller Eintopf mit Speckwürfeln mehrfach vorgesetzt, weil ich den Speck vor Ekel nicht gegessen hatte.
Zwischen den Mahlzeiten durften wir spielen. Spielen lief so ab, dass Noppenbausteine auf dem Tisch ausgeschüttet wurden und man durfte sich daran bedienen und etwas bauen, im Sitzen, am Tisch, einsam, schweigend und unter strenger Aufsicht der Betreuerinnen. Reden, lachen und weinen war verboten.
In diese Zeit fiel Ostern. Die von den Eltern geschickten Süßigkeiten wurden reihum verteilt. Anderen etwas abgeben fand und finde ich eigentlich gut. Allerdings waren meine Süßigkeiten verteilt, ehe ich an die Reihe kam, was das immerwährende Heimweh sehr verstärkte, ich habe geweint und mir wurden - wie bei jeder vermeintlichen Regelmissachtung - Strafen und Aufenthaltsverlängerungen angedroht.
Unentwegt wurde uns gesagt, wir seien "ungezogene, böse" Kinder. Von den Betreuerinnen wurden nur Drohungen und Entwertungen ausgesprochen. Ich kann mich nicht erinnern, dass eine sich auf freundliche oder tröstende Weise einem Kind zugewandt hätte.
Wir mussten Kleidung des Heims tragen, so dass wir nicht einmal mehr die eigene Kleidung als etwas Vertrautes hatten.
Dass jetzt eine Auseinandersetzung mit diesem Thema erfolgt, finde ich sehr gut!
Annette
im November 1964 war ich im Kinderheim "Sancta Maria" auf Borkum. 2 Tage habe ich gebraucht, um mich hier zu melden. Damals war ich 8 Jahre alt und die Erinnerungen erzeugen immer noch ein dumpf-trauriges Gefühl in mir.
Erst nach 46 Jahren konnte ich die Insel besuchen und stellte fest, dass das Haus noch existiert und nun für Mutter-Kind-Kuren genutzt wird.
Selbst habe ich keine körperliche Gewalt erfahren, aber der restriktiv-kaltherzige Umgang mit uns Kindern und die eingesetzten Methoden zur psychischen Unterdrückung erzeugten ein Klima der Angst. Sechs Wochen Heimweh, einmal in der Woche eine zensierte Postkarte schreiben, vorgegebene Toilettenzeiten und eingeteiltes "Klopapier", lautlose Mittagsruhe im Bett, der Zwang zum Essen, riesige Schlafsäle ......
Einige Kinder bekamen Päckchen, die sie nicht oder nur teilweise behalten durften. Das, was sie bekamen, wurde am Tisch aufgeteilt.
Ich habe nun einiges über die "Verschickungen" gelesen. Die angewandte "Pädagogik" scheint den Prinzipien der Adenauerzeit zu entsprechen....
Viele Grüße
Ingrid
Unser alter Hausarzt hatte eine Kur empfohlen, weil ich häufig an schwerer Bronchitis litt. Bei der Ankunft wurden mein Bruder und ich getrennt und durften keinen Kontakt mehr miteinander haben. Meine Eltern hatten meinen Bruder nur mit geschickt, damit ich nicht alleine war, berichtet mir meine Mutter heute.
Ich musste mittags Karottensalat essen und bekam ihn nicht herunter geschluckt, wurde aber immer weiter damit gefüttert. Ich dachte ich ersticke daran und musste mich übergeben. Dann musste ich solange vor dem Teller sitzen, bis ich das Erbrochene aufgegessen hatte. Ich weiß nur, dass ich bis zum Abendessen in diesem dunklen und großen Speisesaal ganz alleine vor meinem Teller gesessen habe und Angst hatte. Karottenrohkost konnte ich Jahrzehnte lang nicht essen.
Obwohl ich für jeden Tag der Kur frische Unterwäsche und Strümpfe dabei hatte, bekamen wir nur einmal in der Woche frische Kleidung und Unterwäsche. Ich war das nicht gewohnt, habe mich sehr geekelt und unwohl gefühlt. Zumal die Strümpfe gleich am ersten Tag vom Blaubeeren sammeln verschmutzt waren. Wir mussten regelmäßig, bei großer Hitze, im Wald Blaubeeren pflücken.
Es fanden auch Ausflüge in die Umgebung statt. Ich erinnere mich an sehr viel Hitze und viel Durst, wenn wir unterwegs waren. Die Tanten kauften sich dann gerne mal ein Eis und ließen uns zuschauen. Manche Kinder haben sich die großen Blätter vom Bärenklau als Sonnenschutz auf den Kopf gesetzt.
Zum Waschen und Duschen mussten wir uns nackt ausziehen und aufstellen. Jedes Kind bekam einen Waschlappen und wir wurden der Reihe nach vor den Augen aller geduscht. Es waren Jungen und Mädchen gemischt. Manche Kinder haben dabei Angst vor dem Wasser gehabt oder Seife in die Augen bekommen und geweint, sie bekamen extra kaltes Wasser. Es war so beschämend.
Es gab noch ein jüngeres blondes kurzhaariges Mädchen, was sehr, sehr viel geweint hat. Es hat mir sehr leid getan.
Eigentlich war ich mit meinem älteren Bruder gemeinsam in die Kur geschickt worden, doch leider haben wir uns nur einmal heimlich auf einer Wanderung gesehen und gesprochen. Ich wollte mit ihm gemeinsam weglaufen und nach Stuttgart, weil dort Freunde meiner Eltern wohnten. Mein Bruder hat sich nicht getraut.
Im Garten gab es ein Wasserbecken. Ein ängstlicher kleiner Junge wurde an den Armen und Beinen genommen und dort hinein geworfen. Das passierte allen, die sich nicht ins kalte Wasser trauten.
Ich fand die Erwachsenen sehr gemein und ungerecht, fühlte mich ausgeliefert und habe die ganze Zeit überlegt, wie ich mit meinen Eltern in Kontakt komme, um abgeholt zu werden. Ich träumte jede Nacht davon, dass mein Hund zu Hause mich dort finden und nach Hause bringen würde.
Ich bin als fröhliches aufgewecktes Mädchen dort hin gefahren und habe meinen Eltern vertraut, dass eine schöne Zeit für mich sein würde. Leider wurde ich sehr enttäuscht und musste eine solch schreckliche Pädagogig kennen lernen.
Bei der Rückkehr bin ich meiner Mutter weinend in die Arme gefallen. Meine Erzählungen erschreckten sie, da das Heim ihr doch von der Inneren Mission in Elberfeld (heute Diakonie Wuppertal)als bestes Kurheim empfohlen wurde. Sie fuhr dann mit mir in das Büro der Inneren Mission um die Rechnung für dir Verschickung zu bezahlen. Dort fragte mich dann das Fräulein Rottenhäuser, wie es mir denn gefallen hätte. Meine Mutter ermunterte mich von meinen schrecklichen Erlebnissen zu erzählen. Das Fräulein, sagte, dass das überhaupt nicht sein könne, da dieses Haus das beste Erholungsheim sei. Ich dachte später, dass ich vielleicht besonders empfindlich war. Mein Bruder bestätigte, dass es mir sehr schlecht gegangen sei. Meine erzählt mir heute, dass sie sich sich ihr Leben lang Vorwürfe gemacht hat und fragt sich, warum sie nicht selbst mit uns Kindern einen Urlaub an der See oder in den Bergen gemacht hat um die Luftveränderung herbei zu führen. Irgendwie tröstet es mich. Ich dachte, dass ich mit meinen Erfahrungen allein sei, doch die vielen Berichte klingen alle ähnlich. Danke an alle und an Anja!
ich war ungefähr ein Jahr später dort, so im Frühjahr / Frühsommer 1971 im Alter von 6 Jahren. Ich habe sehr wenig konkrete Erinnerungen an den Aufenthalt dort. Und bei manchen Bildern die ich im Kopf habe weiß ich nicht ob sie wahr sind oder sie mangels konkreter Erinnerungen der kindlichen Phantasie entsprungen sind.
An den Zwangsmittagsschlaf auf den Feldbetten mit kratzigen Wolldecken in dem Anbau vom Heim
kann ich mich noch gut erinnern. Gefühlt habe ich in den 6 Wochen meines Aufenthaltes eine ganze Wolldecke zerrupft und kleine Kugel aus den Flusen gedreht. Wer nicht ruhig war oder sich bewegt hat musste den Rest der Zeit in der Ecke stehen.
Besonders schlechte Erinnerungen habe ich an das Essen, hier besonders Milchreis, den ich bis heute nicht mal riechen kann ohne das mir schlecht wird.
Vielleicht hast du ja Interesse an einem Austausch!? ES gibt auch eine Facebook Gruppe für Verschickungskinder Wyk auf Föhr.
Liebe Grüße Kirsten
Ich war dann 1969 nochmal in Bad Bocklet das war wohl von Caritas oder Diakonie.
Nochjemand der dort war ?
Die Erinnerungen und Alpträume begleiten mich noch, ich war damals 5 bzw 6 Jahre alt und wurde verschickt da wir 1967 einem schweren Autounfall hatten, mein Vater starb sehr dramatisch und ich hatte und habe hier viele Erinnerungen an alles.was mit dem Unfall zusammenhängt. Leider kamen nach den obigen Verschickungen noch viele Trauma hinzu.
Ich habe durch die TV Reportagen zum ersten Mal festgestellt das ich nicht alleine bin.
Über 50 Jahre habe ich es als gegeben hingenommen und fand es in Ordnung das ich selbst schuld war an der schlechten Behandlung.
Ich kann mich hier noch nicht äussern, ich leide u.a. an PTSD und finde hier noch nicht die Kraft es nieder zuschreiben.
Monika
ich bin außerordentlich glücklich, dass Ihr das hier auf die Beine gestellt habt.
Ich leide seit über 40 Jahren unter dieser damals gängigen Praxis.
Muss oft weinen, insbesondere abends , wenn ich eigentlich schlafen soll, das hat meine Ehe ruiniert, etc.
Ich kann mich sehr genau an diese Zeit erinnern und träume mindestens einmal im Monat davon.
Als ich 4, 5 Jahre alt war hat das Jugendamt mich verschickt, was ich erst 35 Jahre später erst erfuhr.
Ein kleiner Junge wird in den Zug gesetzt mit einem Brustbeutel, wo man lesen konnte woher und wohin die Ware gehen soll.
Ich wusste nichts davon , obwohl ich schon lesen konnte mit 4
Ich habe überhaupt nicht kapiert , warum ich mit dem Zug fahren soll.
Die Reise endete in Neustadt im Schwarzwald.
Als ich als dem Zug aussteige, ist niemand da.
Ich weiss gar nicht , wo ich hingehen soll.
laufe und laufe, zum Busbahnhof.
stehe da und niemand kommt. 1974/75
Für etwa eine Stunde- ich konnte schon die Uhr lesen- (heute bin ich Diplom-Mathematiker)
für etwa eine Stunde stehe ich da rum und niemand kommt.
Geweint habe ich nicht, weil meine Mutter mir ja gesagt hat, dass ich in Kur müsse, weil ich Anämie habe.
Was nie der Fall war in der Nachbetrachtung.
Nach einer Stunde kommt ein Bus.Die Tür geht auf und der Fahrer fragt, wo ich den hin wolle.
Keine Ahnung...
Er liest den Brustbeutel und sagt achso das Kloster... ja dann sei das hier richtig.
nach etwa 10 min Fahrt sehe ich ein Kloster, von dem ich heute noch nachts schwer träume.
Nonnen die mich sehr nachdrücklich zwangen mein Erbrochenes wegzuwischen, mich beleidigten " Ungezogene Göre".
Zwangen mich aber Rosenkohl zu essen, weil, was auf den Tisch kommt muss gegessen werden.
Nachts mit Taschenlampen angestrahlt werden in Gitterbetten, schrecklich.
Pure Angst!
Hatte große Angst, niemand da für mich, den ich kannte und dem ich vertraute.
Ich sollte sogar nachts die Hände auf die Bettdecke legen, damit ich nicht onaniere.
Mein Gott ich war 5...
Vom 5. Januar bis 10. Februar 1970 war ich im BEK-Heim Schloß am Meer in Wyk auf Föhr.
Nach einem Besuch der Schulärztin in der Königstorschule in Kassel wurde ich als Drittklässler (8 Jahre alt) zur Erholung nach Wyk geschickt.
Die Daten habe ich nie vergessen. Mit dem Nachtzug auf ausgezogenen Sitzen schlafend (keine Liege- oder gar Schlafwagen) von Kassel über Niebüll, Dagobüll nach Wyk. Auf dem Rücken der blaue BEK-Rucksack mit weißer Aufschrift aus Plastik. Der Rucksack existiert noch. Meine Postkarten und Briefe nach Hause schrieb ich heimlich auf der Toilette und die aus dem Schloß am Meer geschmuggelten Karten/Briefe warf ich beim Spaziergang ebenso heimlich in Briefkästen, die wir passierten.
Die offiziell ausgehende Post wurde zensiert. Die eingehenden Päckchen kontrolliert und zum Teil vom Personal (ausschließlich Frauen, darunter auch junge "moderne" Post-1968er Mädchen von 1970 in Minikleidern) geplündert. Die Damen speisten im Friesenzimmer, die Kinder aßen oft bis zum Erbrechen Nussgrießbrei, der so dick war, dass sogar die schweren Schöpfkellen darin stehen blieben. .....
Ich war damals acht Jahre alt, gehörte zu den jüngsten der "großen Jungen".
Natürlich harte Rangkämpfe voller Gewalt, dennoch überwiegte die Solidarität der Kinder untereinander gegenüber den Frauen, unter denen es durchaus auch nette gab. Ich habe noch das Gruppenfoto in einem Fotoalbum, eingeklebt zusammen mit Ansichtskarte des BEK-Heimes Schloß am Meer.
Vertrauen hatten wir aber nur zu dem einzigen Mann, dem Hausmeister. Ein älterer Mann, der mit uns Korbball spielte und uns beim Schneeschippen als Persönlichkeiten ernst nahm.
Zwangsmittagsschlaf (wir waren nur nach der nächtlichen Anreise müde genug) auf Feldbetten in einer Turnhalle. Zwischen den Betten "Covid-Abstand" Sprechen und Flüstern verboten. Aus den Wolldecken zogen wir Fäden und machten Knoten, damit die zwei Stunden verstrichen.
Nachts eine Wache vor den Schlafzimmern. Bei Flüstern wurde man in den Waschraum geschickt und mußte zur Strafe die Nacht separiert auf Holzbänken im Waschraum verbringen.
Glücklicherweise traf es mich nur eine einziges Mal, auf der Holzbank vor dem Waschraum übernachten zu müssen. - Wir mussten es hinnehmen und haben es ertragen.
Das Taschengeld wurde einbehalten. Das Gruppenfoto wurde davon bezahlt und der Keramiker, der mit Vasen und Seepferdchen aus Ton ins Schloß kam. Dort durften wir die Mitbringsel für unsere Familien kaufen. Die Seepferdchen für jeweils 1,50 DM, die Vase für 3 DM. Gutes Geschäft! Und die Preise kenne ich noch nach 50 Jahren. Seepferdchen und Vase sind noch vorhanden. So verdienten auch der lokale Töpfer und der Fotograf an den Kindern.
Viel lieber hätten wir Kinder etwas im Andenkenladen gekauft. Das traf eher unseren Kindergeschmack.
Ich fragte mich oft, ob diese 6 Wochen jemals zu Ende gehen. Die Rückreise eine Erlösung - Dagobüll und Niebüll geradezu Sehnsuchtsorte. Ich kann mich auch noch gut erinnern, wie "Leidensgenossen" in Celle aus dem Zug stiegen.
Und wohl niemals in meinem Leben bin ich so auf meine lieben Eltern und meine Schwester sowie meinen Schulfreund Olaf zugestürmt wie am Nachmittag des 10. Februar 1970 auf dem Bahnsteig im HBF Kassel.
Wie habe ich die sechs Wochen überstanden?
Ich hatte das Glück, jeden Tag bei der Austeilung der Post etwas zu erhalten.
Meine Mutter, die morgen am 12.8.2020 95 Jahre alt wird, schrieb mir jeden Tag eine Postkarte des Jugendherbergswerks (es gab damals jedes Jahr eine Kartenbox mit Tiermotiven). Und auch Großeltern, Onkel und Tanten, Vater und Schwester schrieben mir. Das gab Rückhalt. Die meisten der anderen Kinder entbehrten dieser Zuwendung. Manche erhielten niemals Post, die täglich im Speisesaal ausgeteilt wurde. Ich wurde täglich aufgerufen und konnte vom Tisch nach vorne gehen, manchmal sogar mehrmals. -- Manche Kinder erhielten niemals Post.
Was ist wohl aus den anderen geworden? Uns verband eine Solidarität. Manche Namen und Anschriften notierte ich.
Aber es gab durchaus auch gute Momente mit den Erzieherinnen. Auch die am meisten Gefürchtete hatte durchaus warmherzige Momente, wenn Sie Geschichten vorlas.
Die Verbindung mit Erziehungsmethoden der NS-Zeit bzw. eine Verbindung zur SS-Karriere mancher Verantwortlicher (TV-Sendung vom 10.8.2020) greift meiner Meinung nach zu kurz. Die alles besitzt ältere Wurzeln. Man denke an Oliver Twist. Und besonders eindrücklich hat dies Michael Hanecke in seinem Spielfilm "Das weiße Band" dargestellt.
ich war 1969 in einem Kinderheim in Kreuth am Tegernsee, verschickt über die Barmer Ersatzkasse wie wohl viele von uns hier.
Ich erinnere mich an die Strenge, an langes Heimweh - und Haferschleim. Eine schöne Blumenwiese, auf der wir spielten und lange Wanderungen. Namen erinnere ich keine, viele Erinnerungen sind es nicht.
Ich bin vor ca. 10 Jahren nochmal nach Kreuth gefahren und habe tatsächlich das Haus gefunden. Es ist heute ein Privathaus, sie haben allerdings die Aufschrift erhalten und berichteten von Menschen, die vorbeikommen und sich an ihre Zeit im Heim erinnern.
Wer mit seinen inneren Kindern arbeitet: es war eine kleine Freyja noch dort, die ich gern "eingeladen und mitgenommen" habe - danach ist mehr Ruhe in mir eingekehrt.
Der Bericht im Fernsehen ist mir sehr unter die Haut gegangen. Die Schlafsäle, und vor allem die Täschchen mit den Unterlagen, die die Kinder am Bahnhof um den Hals hatten - daran erinnere ich mich.
Gut, dass alles ans Tageslicht kommt.
Ich war vier mal in der "Kinderverschickung". Das erste mal mit 5 Jahren 1965 in Rottach am Tegernsee. Ja, das war schlimm für mich, da ich noch so klein war und schreckliches Heimweh hatte. Dazu kam, dass die Masern umgingen und wir einige(?) von den sechs Wochen Kur in Quarantäne im Haus verbringen mussten. Ich kann mich nicht erinnern, dass die Erzieherinnen uns misshandelt hätten oder so.
1968 war ich sechs Wochen in St. Peter Ording im Kinderkurhaus Dr. Drenckhahn. Da hat es mir richtig gut gefallen. Wir waren viel draußen im Watt und in den Dünen. Die großen Jungen haben uns jüngere über die Priele getragen. Einmal in der Woche sind wir in das Wellenbad gegangen. Abends haben wir zur Gitarre gesungen. Ich fand die Erzieherin sehr nett.
Zu der Zeit waren die Erwachsenen strenger, überall. Einige Lehrer in der Schule haben noch mit dem Zeigestock geschlagen, einen in der Ecke stehen lassen und so was, und zu Hause bekam ich oft Schläge. Im Kinderheim nie. Ich habe nie mitbekommen, dass ein Kind in der Kur geschlagen wurde. Dass wir den Teller leer essen mussten, habe ich im Kindergarten zu Hause erlebt. Im Kinderheim war es auch streng, aber ich fand, nicht strenger als sonst. Wer beim Essen rumgealbert hat, der hat den Teller weggenommen bekommen. Wir waren auch viele Kinder (20-30?) mit einer Erzieherin oder höchstens zwei Erwachsenen. Strafen gab es, ja. Ich kann mich an eine Geschichte erinnern. Das war 1970 auf einem Bauernhof am Schliersee. Ein paar Jungen hatten einen "Geheimgang" entdeckt und sind nachts aus dem Bett und über eine Leiter auf den Heuboden geklettert. Das gab einen Riesenärger! Ab dem Abend musste jeder, der statt im Bett zu liegen im Haus rumgetanzt ist, im Flur im Schlafanzug auf einem Stuhl sitzen, vielleicht eine Stunde? Zwei Stunden? Das war sehr ungemütlich und kalt.
Und ja, Süßigkeiten, die uns die Eltern geschickt haben, wurden konfisziert und nach dem Essen an alle Kinder verteilt. Das hat mich auch zuerst richtig geärgert, weil die Mama mir die Sachen zu meinem Geburtstag geschickt hatte. Aber später, und nach mehreren Kuraufenthalten, fand ich es in Ordnung, denn manche Kinder haben nie Post von den Eltern bekommen und andere bekamen viel und hätten gleich alles in sich reingestopft und niemandem etwas abgegeben.
In zwei Heimen war das Duschen auch nicht angenehm. Wir zogen uns aus und standen in der Schlange bis wir dran waren kurz abgespritzt zu werden. Dann ging´s weiter zur nächsten Station, wo wir uns einseiften und dann mussten wir uns wieder in der Duschschlange anstellen. Aber man muss bedenken: Wir hatten bis 1967 zu Hause gar keine Dusche! Da ging´s am Samstag, dem Badetag, der Reihe nach in der Küche in die kleine Zinkbadewanne. Das Badewasser wurde auf dem Kohleherd erhitzt.
An einen weiteren Kuraufenthalt erinnere ich mich gerne. Das war in Bad Reichenhall / Nonn. Der Herbergsvater war ein Pfarrer. Er war sehr nett und menschlich. Ich fühlte mich von ihm "gesehen", was damals bei wenigen Erwachsenen vorkam. Er verbrachte nur wenig Zeit mit uns, da er ja seinen Beruf hatte, aber als besonderes Highlight hat er mit uns Kindern einen Ausflug mit der Seilbahn auf den Predigtstuhl unternommen. Er hat uns erzählt, echte Bergsteiger gehen am Seil, und so sind wir alle stolz am Seil hinter ihm her auf dem Berg durch den Schnee gestapft. Was für ein Erlebnis für uns Berliner Stadtkinder!
Ich finde es richtig, dass Missstände aufgedeckt werden und ans Licht kommen! Zu der Zeit als wir Kinder waren, sind ständig viele Kinderseelen verletzt worden, und natürlich auch die kleinen Körper. So war es auch in der Kinderverschickung. Viele von euch haben sehr darunter gelitten. Aber ich möchte euch bitten zu versuchen die Vorfälle im Gesamtzusammenhang zu betrachten. Durch die Fernsehsendung könnte man denken, es seien Millionen Kinder in den Kurheimen systematisch misshandelt worden. Dem kann ich nicht folgen. Die autoritären Erziehungsmethoden und die Auffassung, dass Kinder an sich erst mal "recht erzogen werden müssen" und keine eigenen Bedürfnisse zu haben haben, war in der ganzen deutschen Gesellschaft bis in die 70er Jahre noch weit verbreitet. Wir müssten ehrlich die Frage beantworten: War es denn in den Kurheimen schlimmer als in anderen gesellschaftlichen Bereichen, wo die Rechte der Kinder nichts zählten? Waren es alle Heime? Oder einige? Waren es in den Heimen bestimmte Erzieher oder die Leitung? Ging es vom Träger aus oder war es geduldet?
Und wenn wir die Missstände aufdecken, ist für mich die wichtigste Frage: Was machen wir daraus?! Welche Pädagogik möchten wir denn heute?
Begegnen wir denn heute unseren Kindern und Jugendlichen mit Wertschätzung? Wie können wir ihnen mitgeben, was wir aus der Vergangenheit, deren Methoden wir nicht mehr anwenden wollen, gelernt haben?
Ich war scheinbar zu mager und mir wurde tagtäglich aufgezwungen meinen Teller leer zu essen, ansonsten half mir ne Nonne beim Essen.... usw... Es war ein absoluter Alptraum in meiner Kindheit
ich war 1976 im Alter von 8 Jahren in Königsfeld
Im Schwarzwald, es war genauso wie alle hier
berichten und ich habe mich immer wieder gefragt
ob es nur mir so gegangen ist. Die Tante an die ich mich erinnern kann hieß Margot und war schrecklich.
Das schlimme ist, dass man alles erfolgreich verdrängt hat und plötzlich ist alles wieder da. Kennt jemand diesen Ort?
Ich war 1978 mit meiner Schwester im gleichen Kurheim auf Borkum.
Ich war 6 u.meine Schwester 4.
Die blau-weißen Strickmützen kenne ich nur zu gut,ich war die Nummer 3.
Singend(wenn die bunten Fahnen wehen)mußten wir durch den Ort laufen.
Auch die Blecheimer vor der Türe sind mir gut in Erinnerung.
Eines nachts bekam ich Durchfall,habe es aber nicht mehr rechtzeitig auf den Eimer geschafft.Als Strafe mußte ich eine Jungenunterhose tragen.
Auch das Essen ist mir in Erinnerung.
Es gab öffter Milchreis.Wer sich nicht erbrochen hat mußte ihn aufessen.
Seid dieser Zeit kann ich weder Milchreis richen noch essen.
Ich könnte hier noch mehr erzählen aber das ganze wühlt mich sehr auf seid ich diese Seite u.den Bericht im Fernsehen gesehen habe.
Aber endlich weiß ich das ich mit diesen Erinnerungen nicht alleine bin.
Die Post wurde zensiert, Texte wurden diktiert.
Und täglich mussten die Schuhe geputzt werden, unter Kontrolle und Zwang. Schon länger dachte ich, es wäre sicherlich ein BDM Heim gewesen.
Geführt von Herrn und Frau Kissel mit Tochter Michaela.
Ich dachte, ich wäre ein böses Kind gewesen, darum hätten meine Eltern mich weggeschickt.
Nach dem Podcast in SWR2 war ich geschockt. Es waren Nazis am Werk, 1970 und unsere Eltern und die Regierung haben uns nicht beschützt!
der ARD-report hat auch mich hierher geführt. Gut so! Ich war im Sommer 1972 für 6 Wochen im Kinderheim der Stadt Münster auf Juist. Zum Aufpäppeln und wegen eines chronischen Ekzems. Damals war ich 7 Jahre alt. Am Anreisetag wurden mein Kuscheltier und meine Barbie ganz oben im Schrank versteckt. Unerreichbar für mich. Meine Süßigkeiten wurden an alle verteilt, der beigelegte Brief meiner Eltern einkassiert. Ich erinnere mich an keine Namen von "Tanten". Aber an Zwangsfütterung mit Grießbrei: Die "Tante" drückte seitlich auf meine Kiefer, bis ich den Mund öffnete. Dann wurde gestopft, bis der Teller leer war. Das Heimweh war das Schlimmste. Post von der Familie wurde unterschlagen, sonst würde das Heimweh nur schlimmer. Ich habe eingenässt. Zur Strafe musste ich dann 3 Stunden barfuß in der Ecke stehen. Meine Eltern bestätigen, dass ich völlig verstört nach Hause kam. Die Kur wirkt bis heute nach, in vielen Bereichen meines Lebens.
Ich bin froh, dass endlich auch die Zustände in den Verschickungsheimen aufgedeckt werden. Schon als Kind hatte ich mir vorgenommen, das selbst einmal zu tun, doch ich hatte später nicht die Kraft dazu.
Selbst war ich um Ostern 1961 für sechs Wochen in einem Heim in Bad Salzuflen. Ich wurde verschickt, weil ich mit knapp sechs Jahren angeblich zu zart für mein Alter war, deshalb nicht eingeschult wurde und zunehmen sollte. Ich habe viele Fotos gesichtet und denke, es war das Kinderheim Bethesda, das schon vor einziger Zeit umgebaut wurde und nun ein Altenheim ist. Es ist quasi unmöglich, im Internet über das Heim Informationen zu finden, aber ich könnte ein Foto beifügen, ein Gruppenbild mit den Schwestern, die uns gequält haben, vielleicht erkennt sie jemand. Leider habe ich über Bad Salzuflen hier noch nichts gelesen, aber vielleicht gibt es ja doch Mitleidende.
Was soll ich berichten, nachdem schon soviele Ehemalige hier geschrieben haben? Vieles war offenbar überall gleich, aber trotzdem muss es immer wieder gesagt werden.
Ich war damals sowieso schon ein schüchternes Kind und das wurde durch den Heimaufenthalt noch verstärkt. Alles beruhte auf Strenge und fixen Zeiten. Ich lag in der mittleren Reihe eines großen Schlafsaals. Vorn war – so kommt es mir heute vor – so eine Art Bühne, in deren Mitte ein Eimer stand für diejenigen, die nachts auf die Toilette mussten, aber nur „klein“. Direkt dahinter lagen die Räume der Schwestern oder jedenfalls einiger, so dass man keinen Lärm machen durfte, denn die Toilettengänge waren ja sowieso festgelegt auf bestimmte Uhrzeiten. In Schlangen standen wir Kinder vor den Toiletten und in ein, zwei Minuten mussten wir fertig sein, wurden regelrecht getriezt. Wer es in dieser Zeit nicht schaffte, hatte Pech, denn außerhalb der Zeiten durften wir nicht dorthin. Ich weiß nicht mehr, ob es wahr ist oder nicht, aber ich meine in Erinnerung zu haben, dass ich einmal nachts mein über Stunden aufgeschobenes großes Geschäft dringend erledigen musste, aber nicht auf den Eimer durfte, denn der war dafür nicht vorgesehen. Ich fürchte und glaube, dass ich in die Hose gemacht und das Ergebnis dem Jungen in dem Bett vor mir untergeschoben habe. Danach habe ich mir aus schlechtem Gewissen eingeredet, dass es umgekehrt gewesen sein muss, weil ich das mit meinem Gewissen nicht vereinbaren konnte. Bis heute weiß ich nicht, was war.
Wenn morgens Haarewaschen auf dem Programm stand, gab es furchtbar heißes und anschließend eiskaltes Wasser auf den Kopf. Danach fuhr die Schwester mit einem spitzzinkigen Kamm extra direkt auf der Kopfhaut durch die Haare, so dass einem die Tränen in die Augen schossen.
Die Mahlzeiten waren eine Tortur. Fast täglich saß die Schwester in ihrer Tracht (war es vielleicht eine Schwester oder Äbtissin namens Gertrud?) neben mir und zwang mir das Essen mit Gewalt in den Mund. Ich erinnere mich, dass sie zwei Eier, mehrere gro0e Kartoffeln und einen Berg Spinat in mich reinwürgte. Zum Glück blieb alles drin. Abends durften wir wählen ob wir Wurst oder Käse auf dem Brot haben wollten. An einem anderen Tisch saß ein Mädchen, das sich vor Käse ekelte und sich davon jedesmal übergeben musste. Also verlangte sie jedesmal Wurst. Und bekam Käse. Sie übergab sich in ihren Teller und wurde gezwungen, das Erbrochene aufzuessen. Wieder und wieder. Jeden Tag. Da hatte ich noch Glück.
Zu Ostern gab es Päckchen von den Eltern, auch ich bekam eines. Gerade als ich die Süßigkeiten auspackte, kam eine Schwester und entriss mir alles mit den Worten, andere Kinder hätten nichts bekommen und das würde verteilt. Ich durfte nichts behalten.
Manchmal strich mir eine Schwester eine Art Salbe in die Nase. Sie sollte anhand von Spuren an den Fingern beweisen, dass ich in der Nase gebohrt hatte.
Ich weiß nicht, wie oft, aber regelmäßig gingen wir im Kurpark spazieren. Das war für mich jedoch kein Vergnügen, weil die die Gradierwerke, die wie hohe dunkle Torfwände aussahen, als bedrohlich und einengend empfand. Wir bekamen dort in einem Gebäude auch Bäder, auch das war für mich ein Alptraum. Ich saß in einer riesigen Wanne, das Salzwasser stand mir bis zum Hals und ich fürchtete jedesmal abzurutschen und zu ertrinken. Wenn das Wasser abgelassen wurde, fürchtete ich, in den Abfluss, der mir sehr groß erschien, gespült zu werden.
Obwohl ich ein gutes Gedächtnis habe, fehlen mir Erinnerungen über eine Kommunikation mit den anderen Kindern. Es kommt mir so vor, als hätte ich im Speisesaal allein an einem Tisch in der Mitte des Raumes gesessen zu haben, präsent am Tisch ist mir nur die Schwester, die mich zum Essen zwang. Ich kann mich allenfalls an Steckspiele aus Holz erinnern, aber nicht daran, mit anderen gespielt zu haben. Ein Mädchen, ich glaube, es hieß Sonja, schien allerdings eine Sonderstellung einzunehmen. Sie hatte blondes Haar, trug eine karierte Latzhose und war immer fröhlich. Sie durfte den Schwestern zu Hand gehen und war offenbar privilegiert.
Eines Tages nach dem Mittagsschlaf erblickte ich mehrere Menschen um mein Bett herum, davon jemanden im weißen Kittel. Ich meine mich zu erinnern, dass jemand sagte, ich hätte Fieber, und kam dann in den Krankentrakt. Das muss nach vier Wochen Heimaufenthalt gewesen sein, jedenfalls bekamen meine Eltern eine Postkarte, auf der stand, dass ich in dieser Zeit krank war, es war von einer Erkältung/Grippe die Rede. Selbst weiß ich nichts davon, gehustet oder geschnupft zu haben, hatte meines Wissens keinerlei solche Symptome. Dass ich Fieber hatte, möchte ich nicht ausschließen, doch vermutlich war ich einfach heimwehkrank, weil der ganze Aufenthalt eine einzige Tortur war. Ich kam in ein kleines Krankenzimmer mit drei Betten, kurze Zeit war ein anderes Bett noch von einem Jungen belegt, ansonsten war ich die ganze Zeit allein. Wie ich die Zeit verbracht habe, weiß ich nicht. Nur, dass ich immer im Bett lag. Und ich kann mich daran erinnern, dass es dort auch mal Kakao und ein Brötchen gab, was es außerhalb des Krankentrakt nie gegeben hat. Ansonsten ist der gesamte Zeitraum für mich ein Rätsel. Ein einziges Erlebnis bleibt für immer in meinem Kopf: Einmal musste ich ganz dringend zur Toilette und merkte, dass ich es nicht aufhalten konnte. Also lief ich schnell in den Waschraum, der direkt vom Zimmer abging. Als ich auf dem WC saß, kam die Krankenschwester herein, eine große dünne Dame mit strengem grauen Knoten, brüllte mich an und schlug mir mit voller Kraft ins Gesicht, so dass mir das Blut herunterlief. Ich hätte niemals auf die Toilette gehen dürfen, ohne sie vorher zu rufen.
Als meine Mutter mich am Bahnhof abholte, war sie erschrocken, denn statt zuzunehmen hatte ich abgenommen, mehrere Kilos.
Nachdem ich gestern den Bericht in der ARD gesehen habe, frage ich mich, ob ich nicht auch sediert worden bin in der Zeit meines Aufenthalts im Krankentrakt. Überhaupt sind noch viele Fragen offen.
Ich hoffe, es melden sich noch einige, die auch in Obermaiselstein waren. Kinderheim Marianne, Schwester M. Schleich. Eine kleine Einrichtung, daher vielleicht auch nicht so stark frequentiert. Auf der Internetseite Kinder-Heim.de gibt es einige Schilderungen von Leidensgenossen und auch Fotos vom damaligen Kinderkurheim -das waren aufklappbare Pappbildchen als Andenken-. Also, meldet euch...es waren auch Wiesbadener Mädchen dabei...ich kam aus Koblenz. Ich wünsche uns Erfolg bei dieser Aufkärungswelle, die jetzt anläuft!
Wow... die Resonanz auf die jüngsten Veröffentlichungen sind ja immens.. zahlreich, wie erschütternd! Meine "Geschichte" habe ich schon vor etlichen Monaten hier geschildert, deshalb kurz: Haus Köhlbrand, St. Peter-Ording, 1970. Kinder wurden von den Tanten geschlagen, gedemütigt und misshandelt. Ich musste eine Nacht auf einem Stuhl gefesselt auf dem Dachboden verbringen, Schäge, Essenentzug, Züchtigungen ohne Kleidung, die Schilderungen gleichen sich wieder und wieder.... Ich habe mich jetzt fast 50 jahre gefragt, was ich denn angestellt haben könnte, warum ich so ein böses Kind bin/war, dass mich meine Eltern wieder und wieder verschicken? 50 Jahre habe ich mich wie Abschaum, den lezten Dreck gefühlt, der es nicht besser verdient habe, bestraft werden müsse, denn wenn schon die Eltern das Kind weggeben...???
Heute stellt sich mir diese Frage nicht mehr. ich habe diese Inititiative kennengelernt und weiß: wir sind viele! Es ist NICHT NUR MIR passiert!
Mein Trauma hat das besänftigt, ja wirklich!
Da ich 1970 noch nicht zur Schule ging, konnte ich meine Brief nach hause nicht selbst schreiben und war zutiefst entsetzt über die Rückmeldungen meiner Eltern! Der Postverkehr von damals legt mir vor - nichts von dem, was ich schrieb kam daheim an: die Tanten wären so freundlich und ich hätte schon so viele Freundinnen. Es gehe mir gut!
Ich könnte heute noch kotzen, wenn ich das durchlese.
Meine Eltern glauben mir meine Schilderungen übrigens bis heute nicht. Damals hatte ich "zu viel Fantasie", "das Kind will ja nur Aufmerksamkeit erzwingen"... sie haben ein gebrochenen, schwerst traumatisiertes Kind zurückbekommen und haben nichts getan!!!! NICHTS!!! Im Gegenteil: in den darauffolgenden 10 jahren "durfte" ich jeden Sommer zur Kur!
Die Krankenkasse haben das alles immer ohne zu Zögern bewillt und bezahlt. Für die Therapien, die notwendig waren, um einen halbwegs wieder "graden" Menschen aus mir zu machen, haben genau dieselben, all meine Anträge abgelehnt. Ixch habe sie selbst bezahlt. Was für eine bodenlose Frechheit.
Ja, die Verantwortlichen aus den 50er-70er-Jahren werden alle tot sein, aber lasst uns das Thema aufarbeiten und die Institutionen dazu zu bringen, dieses Kapitel aufzudecken und- verarbeiten.
Meinen Eltern werde ich das nie verzeihen. Ich habe so viele viele Jahre gebraucht mir etwas zu verzeihen, für das ich nichts konnte, was aus mir gemacht wurde!
I
Habe die Doku gestern im Ersten gesehen und möchte mich bei allen Beteiligten bedanken das sie ermöglichten dieses Thema öffentlich zu machen. Das Ausmaß und die sich über ganz Deutschland wiederholenden Grausamkeiten gegenüber den Kindern hat mich geschockt. Aber endlich kann ich meinem Privaten Umfeld beweisen das es sich bei meinen Erlebnissen nicht um kindliche Phantasien und Übertreibungen handelt.
Danke
Im Sommer 1970 war ich sechs Wochen in dieser Einrichtung, die von Cläre Meibert geleitet wurde. Ich hatte mich sogar gefreut an die See zu kommen. Doch was dann folgte war der Horror. Ich war der zweitgrößte in unserer Gruppe und hatte die Nr. 24 in dem weißblau-gestreiften Strickkäppchen, das wir tragen mussten sobald wir die "Anstalt" verließen. Wir schliefen mit 25 jungen in einem großen Raum unter dem Dach. Sprechen war natürlich verboten. Unsere Aufseherin schlief in einem Vorraum. Durch diesen mussten wir, wenn wir nachts auf einen der beiden Eimer mussten, die uns als Toliletten dienten. Die Aufseherin war dan immer sauer, wenn sie im Schlaf gestört wurde. Also hat man sich zehnmal überlegt, ob man auf den Eimer ging.
Wegen chronischer Bronchitis war ich über das Gesundheitsamt nach Borkum geschickt worden., Die meiste Zeit haben wir in einer Art Kellerverschlag die Zeit verbracht. Es gab dort Spielzeug nach Art von Lego. Wenn wir uns als Gruppe benommen hatten, rückte die Aufseherin Räder heraus, damit wir aus den Klötzchen Fahrzeuge bauen konnten.
Schlimm fand ich die gemeinsamen Gänge der 25köpfigen Gruppe zur Toilette. Abspülen durften wir nicht. Die Aufseherin kontrollierte die "Qualität" unseres "großen Geschäftes". Es gab drei Kategorien: Je nach Größe wurde in einer Liste ein Kreuz, ein Strich oder ein Punkt eingetragen. Je nachdem gab es anschließend Salzwasser zur Verdauungsförderung zu trinken. Von Zensur in den Briefen ist schon oft berichtet worden. ICh fühle noch wie heute meine Verzweiflung, dass ich unter den Blicken der Aufseherin schreiben musste "Wir dürfen nicht an den STrand weil wir nicht lieb waren". Wie gerne hätte ich meinen ELtern die Wahrheit geschrieben.
Es war erlaubt, zwei Pakete in den sechs WOchen geschickt zu bekommen. Irgendwann mussten wir aber schreiben, dass wir nur ein Paket bekommen durften. Warum? Niemand weiß es.
Die Sache mit den Paketen war auch ein Besondere. Die ankommenden Pakete wurden von der Aufseherin einkassiert. Je nach Lust und Laune entschied sich die Aufseherin ein "Zuckerfest" zu veranstalten. Dann wurden die Pakete geöffnet und er Inhalt an alle verteilt. Das war der wahre Kommunismus...
Ich könnte noch viel über diese Zeit erzählen, die sich in meinem Gehirn eingebrannt hat als wäre es gestern gewesen. Nur eines noch: Von Borkum bis Köln war es auch 1970 eine lange Zugfahrt. Ich muss den Leserinnen und Lesern dieses Forum nicht erklären, was ein Sunkist-Tütchen ist: Davon bekamen wir im HOchsommer genau ein einziges für die lange Zugfahrt.
Vielleicht kann der/die ein oder andere jetzt verstehen, warum ich gerne einmal John Rambo gewesen wäre.
schon vor Jahren war ich auf der Suche nach einem Forum, um mich mit anderen ehemaligen Kurkindern auszutauschen. Und jetzt hab ich es gefunden.
Ich wurde im Jahr 84/85 ins Kinderkurheim Pestalozzi nach Sornßig geschickt, weil ich "zu dünn" war und ständig unter Hartleibigkeit litt. Ich muss gestehen, dass ich mit zittrigen Fingern tippe. Meine Erinnerungen, welche bruchstückhaft, aber sehr deutlich sind, lassen mein Herz heftig schlagen. War keine schöne Zeit!
Mit 9 Jahren wurde ich morgens in einen Bus gesetzt, allein und verängstigt. Der brachte mich nach Leipzig zum Hauptbahnhof, wo mich eine Erzieherin abholte. Dann ging es weiter im Zug. Ich glaube, dass noch andere Mädchen dabei waren, bin mir aber nicht sicher.
Ja, und dann begann eine schlimme Zeit. Das morgendliche Wassertreten vergess ich wohl nie. Egal bei welchem Wetter. Wir mussten Hosen bzw. Röcke ablegen und in Unterhosen durch ein Wasserbecken staksen. Ich war klein und so stand mir das einkalte Wasser bis zu den Schenkeln. Nicht selten wurde meine Unterhose nass, die durfte ich danach nicht tauschen.
Diese Erinnerung ist eine der lebhaftesten.
Zudem gab es den täglichen Ausflug in den Wald. Dort wurden Spiele gespielt, ob man wollte oder nicht. Länderklau und Räuber und Gendarm (oder ähnlich). Briefe nach Hause wurden akriebisch kontrolliert. Wenn etwas drin stand, was die Eltern nicht wissen durften, wurde er zerrissen und man musste einen neuen schreiben. Ich erinnere mich an Tränenflecken auf dem Papier.
Die Mahlzeiten wurden in einem längliche Raum eingenommen. Auf Fotos, die ich im Netz gefunden habe, ist sogar der Tisch zu sehen, an dem ich gesessen hatte. Damals wurde mir beim Anblick schlecht. Jeder von uns bekam zum Abendbrot einen Teller mit der Menge an Brot hingestellt, das man essen musste. Ich bekam immer 3 große Scheiben. Butter, Wurst, Käse, ... stand mittig für alle auf dem Tisch. Ich habe viele Tränen geweint, wenn ich gezwungen wurde, alles zu essen. Aber jemand hat mir geholfen. Zumindest eine Zeitlang. Ein Mädchen, sie war älter als ich, kam auf die tolle Idee, wenigstens ein Brot fett mit Butter zu beschmieren und das unter die Tischplatte zu kleben. Gott, ging mir das Herz. Wir wurden ja strengstens beobachtet. Aber es klappte. Auch eine sehr klare Erinnerung.
Leider weiß ich ihren Namen nicht mehr, aber sie war mir eine Weile die allerbeste Freundin. Bis zu der einen Nacht.
Ich hatte wohl den schlimmsten Albtraum, den ein kleines Mädchen haben kann und bin mitten in der Nacht schreiend aufgewacht. Meine Freundin schlief neben mir, kam in mein Bett und tröstete mich. Leider hat mein schreien nicht nur den ganzen Schlafsaal geweckt, auch die Erzieher/innen. Ich glaube, es war ein Mann, der meine Freundin wegzog und sie aus dem Saal "entfernte". Ab da musste sie in einem Einzelzimmer schlafen, welches nachts verschlossen wurde. Einmal war ich drin, aber ich weiß nicht wie und warum. Ich kann auch nicht sagen, ob meine Freundin noch lange da war. Sie ist wie ausgelöscht.
Ich weiß auch noch von diversen Untersuchungen in einem Ambulanzzimmer. Wir Kinder standen in Reih und Glied vor der Tür und wurden nacheinander gewogen, vermessen und die Temperatur kontrolliert. Das Wiegen war schlimm für mich, weil ich dann zu hören bekam, dass ich eine sehr schlechte Esserin bin. Sie haben uns schikaniert, wo es nur ging.
Von den Erzieherinnen und Erziehern habe ich nur verschwommene Bilder im Kopf. Die meisten waren harsch, bösartig und unfreundlich. Eine aber, ich erinner mich an dunkle Locken und ein nettes Lächeln, war wirklich lieb. Wenn sie auf den Ausflügen dabei war, wurde kein Kind zu irgendetwas gezwungen. Leider war diese Erzieherin nicht lange bei uns. Auf Nachfragen bekamen wir keine Antworten. Wurde wahrscheinlich auch "entfernt", weil zu lieb.
Die große Treppe im Haus werde ich auch nie vergessen. Es war verboten zu rennen, geschweige denn laut zu reden oder gar Spaß zu haben.
Das war im Großen und Ganzen meine tolle Kur. Hab ich zugenommen? Ich denke nicht. Hat es mir was gebracht? Ängste, Zweifel und Misstrauen.
LG Claudia
Ein Paket, welches meine Mutter mir schickte -ich habe das Paket auch gesehen und mich im Vorhinein sehr gefreut- wurde mir nie ausgehändigt. Ich kann mich an Foroaufnahmen mit Ponys erinnern. Diese Bilder wurden wohl an die Eltern versendet. Auch gab es dort Kollektivstrafen. Ich habe nur vage Erinnerungen an diese für mich schreckliche Zeit.
Die Heimleiterin war Liesi Gebhardt, genannt "Gebchen". Meine "Tanten" waren Tante Helga und Tante Annelene (Glashoff).
Am Ankunfstabend wurde ich im Essensraum einer öffentlichen Befragung unterzogen.
Ich konnte nicht antworten vor Angst und wurde dann von den Betreuerinnen und den anderen Kindern als "stummes Eselchen" verhöhnt. So ging das tagelang.
Mir wurden meine "Tröstetiere" weggenommen.
Ein Päckchen für mich wurde geöffnet und auf den Inhalt geprüft. Die Süßigkeiten wurden entnommen und an die anderen Kinder verteilt. Das sollte als Exempel dienen, dass man keine Süßigkeiten geschickt bekommen darf.
Einige Karten, die ich mit Bleistift an meine Eltern geschrieben hatte, wurden ausradiert und von den Obrigkeiten neu und "hübscher" geschrieben, ich habe sie noch alle.
Für Wanderungen hatte ich ein weißes Hütchen gegen die Sonne mitbekommen, das von den Schwestern sofort einkassiert wurde, außerdem meine ganze Wäsche.
Ich wurde von den anderen Kindern verhöhnt, beklaut und geschlagen, auch nachts. Und die Aufseherinnen schlugen, höhnten und straften ebenfalls.
Es gab niemanden, dem ich das erzählen konnte, denn es wurde mir nicht geglaubt.
Worüber ich niemals hinweggekommen bin, ist die Tatsache, dass auch meine Eltern mir das nicht geglaubt haben, als ich ihnen das bei ihrem einzigen Besuch erzählte.
Ich lag zu der Zeit auf der Krankenstation, wo ich von den anderen Patientinnen gequält wurde, meine Mutter saß auf meinem Bett und ermunterte mich, ihr alles zu erzählen. Das tat ich im Glauben, sie würden mich dann mitnehmen, aber sie ließen mich einfach dort. Mein Vater hat mich, heulend am Fenster stehend, auf Super 8 gefilmt.
Danach kam von Seiten der anderen Kindern erst recht die Hölle an Verprügelungen, weil ich sie verraten hatte.
Ich entwickelte Stottern und fing an, meine Finger zwanghaft zu verknoten (heute habe ich dort Arthrose), und mir den Kopf blutig zu kratzen. Erst heute, mit 63 Jahren, konnte ich diesen Sucht/Zwang lösen.
Meine Eltern hatten mich im Stich gelassen, als ich sie am meisten gebraucht hatte.
Ich habe nie mehr wirklich Vertrauen fassen können oder eine Beziehung aufbauen zu anderen Menschen, leide an Ängsten und Depressionen.
Seit 1990 bin ich in Therapie, aber Freude am Leben habe ich nicht finden können, das Leben an sich ist für mich einfach beschwerlich (geblieben).
Ich habe nahezu alles aufgearbeitet, aber eine Art von Schuld kann ich bei meinen Eltern trotzdem nicht erkennen, denn auch sie konnten mir nur das geben, was sie von ihren Eltern bekommen hatten, nicht mehr. Beide waren vom Krieg traumatisiert, jeder auf seine Art.
Nach meiner Rückkehr war ich verschlossen und in mich gekehrt geworden - meine Eltern nannten es verstockt - und habe kein Vertrauen mehr ernsthaft aufbauen können. Meine Eltern haben das nicht gemerkt oder merken wollen. Ich wäre sonst fortgegeben worden. Auch mein Ankommen auf dem Kieler Bahnhof hat mein Vater auf Super 8 gefilmt.
Ich sitze da wie betäubt oder weggetreten statt mich zu freuen wieder zuhause zu sein. Ich habe mich, als ich den Film nach Jahrzehnten angeschaut habe, fast nicht erkannt. Zuhause im Wohnzimmer habe ich ins Nichts gestarrt und wurde ermahnt, meinen Eltern nicht "so ein böses Gesicht" zu zeigen.
Das Stottern ging weg, aber das Fingerkneten und die Selbstverletzungen sind geblieben.
Ich hatte danach eine grauenhafte Angst vor fremden Menschen entwickelt, die ich in abgeschwächter Form noch heute erlebe, wenn es darum geht, dass fremde Menschen meine Wohnung betreten (müssen).
In der Zeit danach habe ich eine Kunstfigur (Conny) erfunden, die die schöne und starke Seite des Lebens erleben durfte. Zu ihr konnte ich mich jederzeit hinbeamen (Dissoziation) und keiner hat etwas gemerkt. Ich hatte mich aufgespalten.
Mich begleiteten damals Konzentrationsprobleme in der Schule und ich bekam keinen Kontakt mehr zu anderen Schülerinnen. Ängste begleiten mich seit damals.
mit meinen Erfahrungen kann ich Isolde N in „Wer glaubt schon Kindern und Zucht und Ordnung“ betätigen.
Da ich in den Augen meiner Familie ein ungehorsames und widerspenstiges Kind war, geschahen mir Prügel zu Recht. Die gab es in meiner Familie fast täglich und ausgiebig. Und wer glaubt schon einem ungehorsamen Kind, dass sich sowieso zu viel einbildet. Hätte ich meinen Eltern etwas erzählt, hätte ich Prügel für meine Lügen bekommen plus eine Extratracht für das schlechte Reden über andere.
Meine Mutter wunderte sich nur über die vielen unbenutzten Kleidungsstücke. Gefragt hat sie mich nie. Bei „Uns“ wurde eben nicht gesprochen, bei „Uns“ wurden handfeste Befehle erteilt und Tatsachen geschaffen.
Liebe Grüße, Lina-Marie
Es gab aber auch schöne Erinnerungen, und das war das Singen, z.B. Wenn die bunten Fahnen wehen...und andere Lieder aus der Mundorgel. Aber ich hatte sehr viel Heimweh. Bin dann dort auch noch krank geworden und durfte mit meinen Eltern telefonieren. Da war das Heimweh anschließend noch größer.
Leider muss ich sagen, dass ich auch von zuhause sehr schlechte Erziehungsmethoden kannte, sowie auch aus der sehr katholischen Grundschule. Mir ist schon lange klar, dass das Überbleibsel aus der Hitlerzeit und der Zeit davor waren, die aus Schlägen und sonstigen Methoden aus einer sehr schwarzen Pädagogik stammen. Ja, was ist aus diesen Kindern wohl geworden? Das wäre mal Stoff für eine wissenschaftliche Arbeit. Mir hat es viele Jahre Therapie zukommen lassen, wofür ich unendlich dankbar bin, dass ich diese Möglichkeit hatte, und nicht zerbrochen bin.
LG Gabi
Mehr Erinnerungen habe ich nicht an diese Zeit, nur daß ich mit der Bahn dorthin gebracht wurde.
LG Gabi
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass meine guten Erfahrungen in Marktschellenberg, helfen sollten meinen damals eher ängstlichen Bruder davon zu überzeugen, dass so etwas ein schöner Urlaub sein kann.
Was dann folgte war allerdings eher die Hölle. Das ganze glich einem Kindermastbetrieb mit Zwangsessen. ...und das Essen war schrecklich. Es wurde uns aus Waschwannen mit Schöpfkellen auf die Teller geklatscht. Einmal hab ich es danach großzügig auf der Toilette verteilt. Zum Zielen war keine Zeit mehr. Aufputzen musste ich natürlich selbst.
Die damalige Leiterin (?) des Hauses habe ich als bösartige (aus Sicht eines 9 Jährigen) "alte" Frau in Erinnerung. Sie trug immer eine Kette mit einem stilisierten Fischskelett als Anhänger um den Hals. Das hatte für uns etwas hexenhaftes.
Unser Taschengeld wurde direkt bei Anreise eingezogen. Nur einmal durften wir davon, an einem im Heim aufgebauten Souvenirstand, etwas ausgeben. Ich denke da wurde in die eigene Tasche gewirtschaftet.
Wir mussten Karten nach Hause schreiben, deren Inhalt vorgegeben wurde. Etwas über die Zustände dort konnten wir also auf diesem Weg nicht mitteilen.
Während ich zwei Jahre vorher meinen achten Geburtstag in Marktschellenberg in schöner Erinnerung habe, hatte mein Bruder im Quisisana seinen achten Geburtstag. Ich war an diesem Tag mit Fieber im Bett und er kam mit einem Berg Krümel auf einem Teller, die einen Geburtstagskuchen darstellen sollten, heulend ins Zimmer. Dürfte einer der übelsten Tage seines Lebens gewesen sein.
Beim kleinsten Bisschen ... und vor allem als die Windpocken im Heim umgingen, wurde uns natürlich damit gedroht, dass wir nicht nach Hause dürfen. Das erzeugte bei uns permanente Angst.
Für eine kleine Rache haben wir damals aber kurz vor der Abreise unseren Mut zusammen genommen. Wir haben mit Koffern das Treppenhaus zu unserer Etage verbarrikadiert, dann gemeinschaftlich einige Verwüstungen auf der Etage angerichtet und uns brav in Bett gelegt bevor die "Tanten" die Barrikade überwunden hatten. Außer wüster Beschimpfungen hatte das, von unserer Befriedigung abgesehen, keine Folgen.
Ich denke, dass ich das ohne Trauma hinter mich gebracht habe, gleiches gilt für meinen Bruder. Beim Anschauen der ARD-Doku überkam mich allerdings doch der eine oder andere Schauer.
St. Peter-Ording ist für mich allerdings bis heute ein Tabu.
Hat noch jemand "Quisisana" Erfahrungen gemacht?
ich war 2x in so einem Kinderheim, in Niedersachsen (?) und Wyk auf Föhr, jeweils ca. 5 Wochen, immer wenn ich ein Geschwisterchen bekam zur Schonung meiner Mutter, also 1963 und 1965 von Hamburg aus, ich bin Jahrgang 1959. Die grässlichen Geschichten kann ich bestätigen, schreckliche Pampsuppen, die man aufessen musste, sonst musste man noch Stunden davor sitzen. Rundgänge durch den Schlafsaal mit Taschenlampe, wer nicht schlief und blinzelte, musste unter einer schweren miefigen kratzigen Wolldecke auf dem Flur stehen. Und wehe, jemand hatte ins Bett gemacht. Postkarten wurden zensiert und man musste sie neu schreiben unter Aufsicht. Man durfte nur an bestimmten Zeiten 3x am Tag auf Toilette gehen (auf Föhr), die Büsche um das Haus herum stanken und wehe jemand wurde erwischt. Eine dunkle Zeit in meiner Kindheit. Gut, dass das aufgearbeitet wird, danke für das Engagement!
Kennt noch jemand das Kindererholungsheim Schloß Hafenpreppach?
ich bin mal gespannt ob es hier Menschen gibt die das Kinderheim in Bad Nauheim kennen.
Liebe Grüße aus Berlin von Christina Kasten
Kann es das Kurheim Sonnhalde in Lenzkirch gewesen sein?
Ich habe es unter Gruppenunterkünfte gefunden und der Speisesaal mit angrenzender Küche war mir sofort bekannt. Auch ein Bild/Postkarte mit Großaufnahme und der Umgebung kam mir sehr bekannt vor.
Schau mal bei google Haus-Sonnhalde.de
Ich war wohl im Winter 65/66 irgendwann wg. Dauererkältung 6 Wochen da.
der gestrige Bericht über Verschickungskinder hat mich angerührt. Bin selbst Betroffene. Ich war 1957 als 6-jährige für 16 (!!) Wochen im Seehospiz Kaiserin Friedrich auf Norderney. Geleitet wurde das Haus von einer Diakonisse namens Schwester Gertrud. Der Aufenthalt dort war die Hölle!! Es ging schlimmer zu als in einer Kaserne. Nach einer harmlosen Kissenschlacht im Schlafsaal wurde ich erwischt und für den Rest der Nacht in einem eiskalten Waschraum mit offenem Oberlicht (konnte ich nicht schließen, da zu klein!) eingesperrt. Und das mit meiner diagnostizierten chronischen Bronchitis! Ich bekam eine Mitttelohrentzündung und musste auf die Krankenstation. Dort entfernte man mir meine echt goldenen Ohrringe, die ich niemals zurückbekam. Meinen Eltern schrieb man, ich sei auf einem Ausflug zum Leuchtturm dabei gewesen! Alles Lüge! Auch mussten wir ständig die Kleidung von anderen Kindern tragen. Ich habe lange gebraucht, um diese Erfahrung zu verarbeiten.
es gab mehrere Heime in Bad Sachsa. Im Heimatmuseum oder im Stadtarchiv ist vielleicht mehr zu erfahren...
Ich versuche gleich mal jemanden im Stadtarchiv zu erreichen, da ich auch in Bad Sachsa war, Ostern 1972.
Liebe Grüße, Lina-Marie
Ich sah gestern,10.August, im FS-Programm der ARD die Sendung über die Verschickungskinder.Ich war erschüttert, berührt und WÜTEND! Endlich wird dieses Thema einer breiten Öffentlichkeit nahe gebracht!
Warum war ich wütend?
Ich wurde als Vorschulkind (würde man heute sagen) im Alter von 6 Jahren in das Kindererholungsheim "Stranddistel" auf Spiekeroog (?) verschickt und erinnere mich bis heute an die Busfahrt an die Küste. Der Bus war vollbesetzt,es war eng,stickig und es gab nichts zu trinken.Als eines der jüngsten Kinder wurde man bereits im Bus von älteren Kindern nicht gerade sanft behandelt.Ich hatte Angst und fühlte mich allein unter Fremden und isoliert. Die einzige Fahrtunterbrechnung gab es in Syke (wie ich später recherchiert habe) und ich erinnere mich bis heute an die frische Luft nach dem Mief im Bus.Die weitere Fahrt habe ich nicht in Erinnerung nur noch den Marsch vom Anleger/Bahnhof zum Kinderheim, mit Marschgepäck!
Weiter erinnere ich mich an den "Kommandoton" in dieser Anstalt.Nicht nur der Kommißton,auch der gesamte Tagesablauf war "soldatisch" organisiert.
Für feste Essenszeiten mag man ja noch Verständnis haben,aber Zeitvorgaben für´s Essen selbst waren dabei auch üblich und der Teller musste blank sein! Und danach der verordnete Mittagsschlaf,bei dem kein Auge geöffnet sein durfte!
Fehlverhalten,gleich welcher Art auch immer wurden hart geahndet. Wer das Essen nicht mochte und trotz wiederholter Aufforderung immer noch etwas auf dem Teller übrig war musste aufstehen und wurde vor der Kinderversammlung bloßgestellt. Weil ich es wagte,einmal das Essen zu verweigern und den Teller umkippte, wurde ich sofort auf´s Zimmer geschickt und musste dort mein Schlafzeug aufnehmen und mit dem gesamten Zeug im Essenssaal an allen Kindern vorbei in das "Turmzimmer" umziehen.Im Turmzimmer waren die unartigen bösen Jungens untergebracht und ich war nun einer von Ihnen,klein,verängstigt unter den Großen.Doch die "Leidensgemeinschaft" mit diesen bösen Jungens entpuppte sich für mich eher als Wohltat.Wir hatten zwar Stubenarrest (vielleicht 3 Tage und Nächte von diesen 3 oder 4 Wochen Aufenthalt) aber wir waren eher eine verschworene Gemeinschaft und hatten unsere Ruhe. Für Ruhe sollten auch die abendlichen Tabletten sorgen, die jedoch von einem der "Großen" eingesammelt und unterm Bett gehortet wurden.....
Das Erzählte gibt nur einige Augenblicke wieder, die mir nach inzwischen 66 Jahren in Erinnerung geblieben sind,doch die eingangs erwähnte Wut kehrt oft wieder.Wütend war und bin ich bis heute,weil man so ausgeliefert und keine Gegenwehr möglich war und weil, endlich wieder zu hause, die Eltern den Erzählungen der "erholten" Kinder oftmals keinen Glauben schenkten!
ich war 1972 über die Ostertage in Bad Sachsa, vermutlich auch im Haus Wartenberg. An das Essen kann ich mich nur in Bruchteilen erinnern, z.B. an die großen Scheiben Zuckerbrot, die auf Tellern getürmt auf den Tischen standen. Vielleicht an den SonntagEn? Wenn der Pädagoginnen Brötchen mit Marmelade, Honig oder Käse bekamen. An Haferschleim erinnere ich mich nicht... kann gut sein, dass es ihn gab, ich die Erinnerung verdrängt habe.
Ich erinnere mich auch an den Mittagsschlaf und Spaziergänge mit Gesang durch den Wald. Der Duschraum war in einem dunklen Keller.
Zugesandte Päckchen wurden konfisziert.
Der Speisesaal war hell mit vielen Fenstern.
Das Ärzteehepaar hieß wohl Köbrich, weiß ich durch Recherchen.
Ich wurde über die BKK VW dort hingeschickt.
An Namen habe ich keine Erinnerung. Mir fehlen sehr viele Erinnerungen aus dieser Zeit.
Vielleicht lässt sich einiges gemeinsam zusammen tragen...
Liebe Grüße, Lina-Marie
erinnern kann ich mich an mein grosses heimweh, wir schliefen in einem grossen saal, wurden nachts gegen 22 uhr geweckt, um zum klo zu gehen, ob wir wollten oder nicht, zu anderen zeiten durften wir nicht, meine freundin doris setzte sich einmal voller verzweiflung vors bett um zu pischern, sie wurde erniedrigt, musste es selbst aufwischen und ich durfte mit ihr keinen kontakt mehr haben.
ebenso in erinnerung ist mir der kleiderbügel ( ähnlich den im schwimmhallen), über den wir ordentlich unsere kleidung legen mussten und ebenso wie fürs bettenmachen punkte bekamen.
das frühstück ist mir in grauenvoller erinnerung, es gab milchsuppe, die oft dunkelbraun war und in der altes brot schwamm, wir mussten unsere löffel über den teller halten und die "tante" kippte ekelhaften fischlebertran darauf, ich sass angewidert davor und mir kam alles wieder hoch, erbrach man sich aber, musste man das erbrochene aufessen, ein kleines mädchen erinne ich, die noch mittags vor diesem napf sass, mittlerweile mit dem kopf auf dem tisch eingeschlafen war.
unsere seife und haarshampoo wurde uns sofort weggenommen, wir mussten uns mit glaube ich kernseife waschen und wurden dann kalt abgeduscht. die haare wurden uns nur ein einziges mal in den 6 wochen einen tag vor der abreise gewaschen.
sonntags wurde im grossen saal gesungen, dort sass die oberin, eine mürrische frau mit knoten im nacken und wir mussten bewegungslos mit gefalteten händen dort sitzen.
die post wurde geöffnet, mein vater schrieb mir tolle lustige briefe, die laut vorgelesen wurden, damit hatte ich einen punkt extra, meine karten wurden aber ebenfalls zensiert, ich schrieb einmal: "jetzt brauche ich nur noch 3 wochen hier zu sein", dass wurde nicht abgeschickt und ich war sofort wieder im ansehen gesunken. ein osterpaket meiner eltern wurde sofort eingezogen, ich sah nie ein einziges ei davon. in der zeit brachen die windpocken aus und die kinder, die blasen hatten, durften nicht nach hause, ich betete, keine zu bekommen, erst im zug zurück, fühlte ich die ersten blasen hinterm ohr. warum meine eltern nie etwas unternommen haben im
nachhinein weiss ich nicht, sie waren wohl selbst zu schwach. das heim war der horror. ich habe das nie vergessen.
Da gab es immer diese Breie die man essen musste und ich habe es erbrochen. Musste sitzen und mein Erbrochenes noch einmal essen bis der Teller leer war durfte ich nicht aufstehen.
Mein Bruder war zu dick und ich zu mager so wurden wir getrennt in zwei Stockwerken. Wir durften nicht im Hof miteinander sprechen.
Meine eigenen Anziehsachen hatten alle an nur nicht ich.
Briefe und Karten schreiben wurde kontrolliert und Pakete der Eltern an uns kamen nie bei uns an.
Es waren Nonnen dort die echt alle sehr böse zu uns kindern waren.
WC durften wir nur zu geregelten Zeiten und mussten in eine lange Schlange stehen. Hat man in die Hose gemacht weil man noch nicht dran war wurde man bestraft und mit dem Gürtel geschlagen.
Ich kann mich erinnern das ich nicht aufgegessen habe immer wieder und so wurde mir der Badetag gestrichen und ich musste ins Gitterbett. Ich habe geweint und dann bekam ich eine Spritze weil ich so geweint habe und Heimweh hatte.
Alle Kinder weinten vor allem Nachts. Das war aber ein grosses Verbrechen und wurde bestraft. Wir sassen die ganze Nacht auf dem kalten Boden im Gang wenn wir geflüstert haben.
Beim Essen war eine Angststimmung die mir noch heute im Gedächtnis ist. Dieses grüne Dessert mit der weissen Sauce..Horror immer noch heute.
Jeden Tag gabs Brei, Griess, Milchbrei, Hafer und weis der Teufel.
Ich kann mich an sehr vieles von dort erinnern. Alles schlimm.
Zu Hause wars auch Horror..aber gewohnter Horror und so war ich froh als die Wochen endlich zu Ende waren. Das war keine Erholung. Hab 6 Kilo abgenommen und war noch viel magerer wie vorher.Ich wurde dort noch mehr gequält als daheim vom Vater.
Mit ihm habe ich heute keinen Kontakt mehr und mit der Mutter happerts dauernd weil sie sagt immer zu mir. Ach Sabine du bildest dir so Zeug ein.
Das muss ungefähr so im 1973/74/75 gewesen sein. Ich bin im 1968 geboren und mein Bruder 1967.
Es ist schrecklich das so was dort geduldet und als gute Kur angepriesen wurde. Ich glaube viel der Eltern wussten gar nicht was sie ihren Kindern an tun mit dieser Kur und ich kann mich erinnern meinen Eltern haben uns kein Wort geglaubt.
Ich glaube meine Mutter sagte wir waren in Bad Reichenhall.
Grüsse an Euch Alle
Sabine
ich bin mit 6 Jahren nach Borkum geschickt worden, weil ich sehr dünn war. Das lief über die Barmer Ersatzkasse. Leider wissen auch meine Eltern nicht mehr, welches Haus es war. Ich erinnere mich an ein längliches Gebäude, nicht weit vom Strand entfernt. Meine Eltern sagten, ich ging als fröhliches Kind hin und kam völig verstört zurück. Leider erinnere ich mich nur noch an Kleinigkeiten. Das bisschen Taschengeld und Bonbons wurden mir genommen. Die kalten Hände sollten wir mit eiskaltem Wasser waschen. Irgendetwas war auch mit Gummistiefeln. Vor dem Aufenthalt trank ich gerne Milch, danach wurde mir schlecht, wenn ich sie nur roch. Ich weiß, dass irgendetwas beim Essen passiert ist. Ich weiß, dass nachts auch irgendetwas passiert ist, ich erinnere mich nur nicht mehr genau an was. Ich möchte das gerne ausarbeiten. Erinnert sich jemand an die Zeit Borkum 1975?
3 Jahre später wurde ich wieder verschickt, diesmal mit meinem kleinen Bruder (5 Jahre alt). Ich weiß, ich schrie, ich will dort nicht wieder hin. Ich schrie noch am Bahnhof. Meine Eltern sagten, im Glauben, dass es sich nur um Heimweh handelt, dass es doch diesmal nicht schlimm sei, diesmal sei ja mein Bruder dabei. Im Heim wurde ich von vielem isoliert, weil ich die einzig 9-jährige war. Wie komme ich an weitere Informationen, um die Lücken mehr aufzufüllen?
Ich wurde noch bis 1972 von Lehrern in der Grundschule körperlich gezüchtigt, obwohl es -glaube ich- damals eigentlich bereits verboten war, aber auf nem Dorf hatte das niemanden interessiert, am wenigsten die Eltern...
ich war 1962 oder 1963 in Bad Kreuznach. Dieser Aufenthalt war prägend. Die Prügel war Tag und Nacht zu spüren. Die Mahlzeiten erfolgten unter Zwang, und wie im Beitrag erwähnt,dass Erbrochene mußte vom Teller........entsetzlich. Ich kann bis heute noch nicht Erbrochenes beseitigen. EKEL,EKEL. Das Schlimmste, ich bekam die Windpocken wurde Nachts aus dem Schlafsaal gezerrt und in einen anderen kleinen Raum geworfen und eingesperrt. Die med. Versorgung war garnicht vorhanden. Die Narben tragen ich mein Leben lang als Erinnerung an Bad Kreuznach. Kein Mensch hatte meinen Schilderungen glauben geschenkt, somit war man auch noch als Lügnerin oder sehr fantasievolles Kind verschrieen. Durch einen Zufall (vor ca. 30 Jahren) bekam ich bei meinen Schwager eine Anschtskarte von Bad Kreuznach in die Hände. Ich schilderte ihm meine Verachtung über diese Stadt........und siehe da, er war auch ein geschundenes Kind..............Ich fühlte mich erstmal geborgen .......und wir tauschten uns über diese schreckliche Zeit aus.
Wenn du Lust kannst du mich anrufen. 02205- 910 100
Liebe Grüße
Renate
ich war 1965 als 8jährige 6 Wochen über Ostern im Haus Waldfriede in Bonndorf (Schwarzwald). Ich war ein blasses und dünnes Kind, so dass man meinen Eltern empfahl, mich in "Kur" zu schicken.
An vieles kann ich mich nicht mehr erinnern. An das, woran ich mich erinnern kann, ist nicht positiv.
Gleich nach meiner Ankunft wurde mir mein Kuscheltier weggenommen, was für mich schmerzlich war.
Das Essen war äußert unappetitlich und wurde den Kindern regelrecht reingezwängt. Ich erinnere mich noch an ein kleines Mädchen, das in den Teller erbrach. Der Teller wurde nur teilweise gesäubert, neu gefüllt, und es wurde gezwungen, solange sitzenzubleiben, bis es aufgegessen hatte.
Zu Ostern hatte mir meine Mutter ein Päckchen mit Süssigkeiten geschickt, welches ich nur aus der Ferne gesehen hatte, es wurde unter den Kindern aufgeteilt.
Während meines Aufenthaltes erkrankte ich an einer doppelseitigen Mittelohrentzündung und kam somit auf die Krankenstation. Ich hatte keinen Appetit, und auch hier unterließ man es nicht, mich zwangszufüttern. Ich weiß noch, dass ich meine Frühstücksbrote versteckte und anschließend die Toilette herunterspülte. Zum Glück hat man es nicht bemerkt.
Die gemeinschaftliche Gewichtskontrolle blieb ebenso in meinem Gedächtnis. Das Ergebnis wurde jedesmal in die Gruppe hinausposaunt. Nach 5 Wochen hatte ich insgesamt 1 Pfund (!!!) zugenommen, und man war sichtlich enttäuscht.
Als mein Vater mich nach 6 Wochen am Köln-Deutzer Bahnhof in Empfang nahm, war er sichtlich erschrocken. Nach wie vor dünn, blass und die Haare ungepflegt.
Ich konnte mit 8 Jahren begreifen, dass man so mit Kindern nicht umgeht.
Ich habe meinen Eltern gesagt, dass ich nie wieder in eine derartige "Kur" geschickt werden möchte, was sie auch nicht mehr taten. Meinen Eltern habe ich jedoch später nie einen Vorwurf gemacht; sie waren ahnungslos über diese Zustände. Glücklichweise haben sich die Zeiten geändert.
Ich habe mir geschworen, meinen eigenen Kindern so etwas zu ersparen. 1993 habe ich zusammen mit meinem 5jährigen Sohn 4 Wochen eine Mutter-und-Kind-Kur auf Borkum verbracht. Diese Kur war insgesamt erfolgreich. Während dieser Zeit mußte ich oft an meine eigene Kur denken.
Wir waren über Ostern 1978 (oder 1979?) in einem Verschickungsheim in Dießen am Ammersee, das Haus war streng katholisch geführt. Wir beide wurden nicht auseinander genommen, und deshalb war es für uns nicht ganz so schlimm. Und daheim bei einer überforderten alleinerziehenden psychisch kranken Mutter war es auch nicht immer besser. Immerhin gab es im Heim klare Strukturen.
Was aber mir an Eindruck blieb:
Im Speiseraum herrschte eine ängstliche Atmosphäre. Man musste alles aufessen. Die Kinder, die abnehmen mussten, sassen weiter hinten. Wir vorne und wir wurden öffentlich gewogen mit netten Kommentaren. Auch das Thema "Erbrochenes" essen, haben wir mitbekommen. Dieses Mädchen tat uns leid, aber Mitgefühl zeigen konnte und durfte man nicht. Postkarten, die wir schreiben durften, wurden begutachtet...also man konnte nicht alles schreiben. Umgekehrt, wurden die Inhalte der Pakete an uns konfisziert. Ebenso die Zahnpaste und die Seife, die jeder mitbringen sollte. Da wir in einer katholischen Einrichtung waren, durften wir täglich zum Gottesdienst gehen. Und sollten uns brav benehmen. Meiner Schwester wurde vom Weihrauch regelmäßig schlecht, aber das war kein Grund vom Fernbleiben.
Nachmittags wurde gebastelt, allerdings musste alles bezahlt werden.
Mein Fazit: Der Aufenthalt zählt nicht zu meinen schönen Erinnerungen. ich habe es ertragen und erfolgreich verdrängt.
https://www.haz.de/Nachrichten/Der-Norden/Uebersicht/Zum-Aufpaeppeln-auf-die-Insel
hier: Insel LANGEOOG
Zitat
„Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der Freien Wohlfahrtsverbände
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Das Hilfswerk, das vom Land und einer Funklotterie unterstützt wurde, hatte einen eigenen Kutscher, der das Gepäck der Kinder vom Hafen zu den Häusern fuhr:
dem evangelischen „Flinthörnhaus“,
dem „Mövennest“ der Arbeiterwohlfahrt,
dem „Haus Sonnenschein“ der Caritas und
dem „Dünenheim“ des DRK.“
Zitat-Ende
Aber einige Jahre später, ich war 7 Jahre alt, musste ich für ca. 10 Monate in eine orthopädische Klinik nach Sendenhorst (Epiphysenlösung). Die Station auf der ich lag (in großen Schlafsälen mit Beschulung) wurde von Schwester Maria beherrscht. Ich schreibe ganz bewußt "beherrscht", denn sie war eine herrschsüchtige und sadistische Person. Sie hat uns Kinder wirklich gequält, ausser ihre Lieblinge. Ein Beispiel: jeden Tag gab es Mittagsruhe, d.h. wir mussten stramm im Bett liegen und durften uns nicht bewegen. Es musste absolute Stille herrschen. Schwester Maria saß in einer Ecke des Saals und beobachtete uns mit Argusaugen. Da die Nachttische sehr an an unseren Betten standen, mit dem ausziehbaren Tablett zum Bett gerichtet, kam es vor, dass man versehentlich dagegen stieß. Das hatte einen lauten Klapperton zur Folge, was eine sofortige Bestrafung nach sich zog. Die Bestrafungen unter Schwester Maria waren vor allem die Isolation und die Erniedrigung vor allen anderen. Die in meiner Erinnerung schlimmste und am häufigsten angewandte Strafe war "unters Tuch" zu müssen. Dazu mußten wir uns die Stoffserviette, die immer unter unserem Kopfkissen lag, über das Gesicht legen. So mussten wir über einen, in meiner Erinnerung, längeren Zeitraum verharren. Auch Zwangsessen gab es. Ich erinnere mich sehr gut, dass ich mal ein faules Ei essen musste. Auf meinen Hinweis, dass es schrecklich schmecken wüde, wurde nicht eingegangen. Also musste ich es auf essen. Später konnte ich jahrelang keine Eier mehr essen.
Es war die schlimmste Zeit meines Lebens, an die ich mich erinnern kann. Bei meiner Entlassung war ich ein anderes Kind. Aus einem quirligen und lebensfrohen Kind wurde ein eingeschüchtertes und ängstliches Kind. Mein Selbstbewußtsein war kaum noch vorhanden. Sicher haben meine Eltern diese Veränderungen bemerkt, aber solange ich unter der Fuchtel von Schwester Maria stand, habe ich mich nicht getraut mich meinen Eltern anzuvertrauen. Es hätte unweigerlich Strafen nach sich gezogen. Erst sehr viele Jahre später habe ich meiner Mutter davon erzählt. Sie war schockiert, aber gemacht wurde von meinen Eltern nichts.
10 Jahre später habe in derselben Klinik ein Praktikum als Kinderpflegerin gemacht. Wieder habe ich schlechte Erfahrungen dort gemacht. Ich war zwar auf einer anderen Station (Kleinkinder), aber auch dort gab es noch Strafen und Zwangsessen. Hier wurde die Isolationsstrafe angewandt, indem das betroffene Kind samt Bett auf den Flur geschoben wurde und dort isoliert von den anderen eine zeitlang verbleiben musste. Ganz furchtbar war für mich, dass ich doch tatsächlich besagter Schwester Maria auf einem Flur der Klinik begegnete. Sie hatte sich in den 10 Jahren überhaupt nicht geändert. Diese Begegnung holte alle schrecklichen Erlebnisse wieder hoch.
Mittlerweile habe ich mit dieser schlimmen Zeit meinen Frieden gefunden. Aber es war mir wichtig, hier mal darüber zu berichten.
Bis Gestern dachte ich, dass Bad Salzuflen bei uns ein Einzelfall war, aber als ich gestern die Sendung sah, liefen mir die Tränen, alles kam hoch - Millionen von Kinderseelen wurden zerstört.
In den sechs Wochen sah ich meine kleine Schwester nicht.
Wir durften nachts nicht auf die Toilette, würde man erwischt, gab es Schläge. Aus lauter Angst machte man dann ins Bett, dann gab es vor allen Kindern im Schlafsaal Schläge auf den nackten Po.
Wir bekamen Medikamente, die den Appetit anregen sollte. Man musste immer seinen Teller leer essen, schaffte man es nicht und musste brechen, dann saß man alleine vor seinem Erbrochenen auf dem Teller im Speisesaal. Man musste es wieder runterschlucken.
Zwei Geschwisterkinder hatten damals Läuse und die beiden Mädchen bekamen den Kopf kurz rasiert.
Ich konnte heute Nacht nicht schlafen, soviel Bruchstücke kommen nun nacheinander hoch. Man hatte sie Jahrzehnte lang verdrängt.
Warum hat man jahrelang nicht auf die Kinder gehört, die völlig verstört nach Hause kamen?
Ich war bis fast 13 Jahre Bettnässerin
Wie das Kurheim in Bad Salzuflen hieß, weiß ich nicht mehr. Die Mädchen in einem Altbau untergebracht mit hohen Decken. Der Speisesaal hatte dunkle Holzwände.
Die Jungs waren in einem moderneren Gebäude nebenan untergebracht.
Ich hoffe so, dass jetzt alles aufgearbeitet wird und wir nicht noch einmal verraten werden.
Diese Horrorzeit kann man nicht rückgängig machen, aber die Schuldigen sollten zu ihren Taten stehen
Grüße Margit Hoppe ( früher Bögler)
Ich war insgesamt 11 mal zur Kinderkur. In den Jahren 1970-1981.
Es gibt zum Teil schöne Erinnerungen an zwei Kinderheime. EInes auf Norderney, dass von der Awo betrieben wurde und mit deren Erzieherinnen mich heute noch freundschaftliche Kontakte verbinden. Das andere war in Hindelang/Oberjoch und hieß Santa Maria. Ich habe von Dingen gelesen, die ich dort so nicht erlebt habe. Die "Fräuleins" , an die ich mich erinnere, hatten wirklich was drauf und wir konnten neben sehr guten Kuranwendungen eine breite Pallette an freizeitpädagogischen Angeboten wahrnehmen. Das einzige, was überall wirklich gleich war, war die frühe Zeit, zu Bet zu gehen und ab dann nicht mehr sprechen zu dürfen. Das gleiche galt immer auch nach dem Mittagessen von 13- 15 Uhr.
Am meisten ist mir der Begriff "Wache" in Erinnerung, denn so nannte man tatsächlich die Erzieherinnen, die in diesen Zeiten Dienst hatte, während die anderen Pause machten - oder, wie ich irgendwann erfuhr - für Putzdienste abkommandiert wurden.
Meine Kurerfahrung begann im Herbst/Winter 1970 in Scheidegg. Es war eine "Lungenheilanstalt" mit Ordenschwestern aber auch "weltlichen" Schwestern. Die Ordensfrauen habe ich in guter Erinnerung. Geschlagen, weil ich ins Bett machte, wurden wir von einer Nachtschwester und in der Ecke stehen war für viele Kinder eine typische Strafe. Mit drei (!) Jahren.
Es gab dort kein Obst zu essen. Ein Gummibärchen bekamen wir zue Belohnung, wenn wir nicht ins Bett gemacht hatten. Wer es doch tat, bekam einen "Klaps" auf den nackten Po und musste sein schweres Bettzeug selbst wegtragen. Einmal nahm ich einen Apfel vom Teewagen, der aber nicht für uns Kinderwar, sondern Schwester Maria (eine Kinderkranenschwester) gehörte. Ich biss hinein und legte ihn wieder weg. DIe ganze Gruppe wurde dafür bestraft und bekam kein Abendessen.
Am Feldberg, in einem Kinderheim der Caritas mussten wir zur Strafe fürs Quatschen in den "Wachen" meistens auf dem Flur stehen. In Unterwäsche oder nackt, und die Hände dabei ausstrecken. Wir durften nur mit dem Gesicht zur Wand schlafen und durften eigentlich so gut wie nie sprechen. Dafür war das Essen dort klasse, Aber, wenn man es mal nicht mochte, konnte es passieren, dass zwei Erzieherinnen einen festhielten und die Nase zuhielten, während eine einem das Esen, wie bei einer Gans in den Hals stopfte. Wer erbrechen musste, schluckte es lieber gleich runter, damit man es nicht nachher vom Teller aufessen musste. Toilettengänge wurden in fast allen Heimen strengstens reglementiert. Meistens mussten wir als Gruppe gemeinsam gehen. Zeit, um den Popo abzuputzen, sofern man das überhaupt konnte, gab es nie ausreichend. So hatten wir alle immer schmutzige Unterwäsche, die nur einmal in der WOche gewchselt werden durfte - meistens, wenn man zum Arzt zur Untersuchung vorgeführt wurde.
Am Feldberg wurde uns immer angedroht, wenn wir nicht "horchen wollten", dass wir Verlängerung bekamen. In meinem Fall, wurde das - aus anderen Gründen - zwei mal wahr gemacht. 12 lange WOchen ohne meine Familiie und meine Freunde. Ich kam vom Bauernhof und war diese Art der "Gfangenschaft" nicht gewöhnt.
Ein JUnge, der recht "hyperaktiv" war, wurde regelmäßig mit Tropfen zum einschlafen gebracht.
Die größte Abwechslung war ein sonntäglicher Besuch zum Frühschoppen, wo der Freund einer der Erzieherinnen arbeitete. Während sie schmuste, durften wir Cola trinken oder Spezi. Hauptsache war halt, dass wir ruhih waren.
Ausgelacht wurden wir eigentlich ast immer. Nicht etwa von den anderen Kindern, klar, das gab es auch, nein von den Erziherinnen. Beim Duschen wurde nwir beschämt, beim Zu Bett gehen, wenn wir schmutzig waren... .eigentlich immer. Damit ich nicht am Daumen lutschte, wurde mir Senf auf den Daumen geschmiert und ein dickes Pflaster um jeden Daumen gebunden. Damit ich nicht quatschte, bekam ich ein dickes Leukoplat um den Mund.
Bei einer Kurverlängerung kam ich in eine andere Gruppe und stellte erstaunt fest, dass es auch wirklich freundliche Erzieherinnen gab, an die ich mich gerne erinnere und die niemals so grausam waren. Selbst die nicht, die als streng galten.
Auf Norderney musste ich 6 Wochen das Kinderkurheim des märkischen Kreises, " Haus Ierlohn" ertragen, dass von einer Frau Müller geleitet wurde, die dort mit ihrer Lebensgefährtin lebte und arbeitete. Zwei Biester ohne jede Empathie für Kinder. . Unsere Gruppenerzieherin war soweit ok, wie sie eben konnte, aber auch hier gab es herrische und streitsüchtige Erzieherinnen, die ihre Wut oft an uns Kindern ausließen. Und auch hier standen viele Kinder oft stundenlang in der Ecke oder mussten die Nacht iauf dem Fußboden des Ankleidezimmers verbrignen, weil sie gequatscht hatten.
Die letzten beiden Kuren fanden auf Norderney im AWO-Kinderkurheim statt. Und in Santa Maria in Oberjoch. Hier war alles lockerer, wahrscheinlich, weil wir auch älter waren und die Erzieherinnen einer anderen Generation anghörten. Das war die Zeit vor dem Wechsel in die 80ger Jahre.
1987 war ich dann in der Erzieherausbildung und arbeitete selbst während unserer Schulferien in einem Kinderkurheim der Stadt WUppertal. Auch hier: von den demütigenden Methoden oder Gewalt keine Spur..
Meine Erfahrungen mit Kinderkuren waren so unsäglich, dass ich die Ankündigung meines Hausarztes, ich solle zur Kur fahren, immer als Drohung empfand und große Angst davor hatte. Das letzte Mal sollte ich mit 15 Jahren noch einmal nach Oberjoch fahren. Dieses mal setzte ich mich aber durch, indem ich mich weigerte.
Ich habe mich oft gefragt, warum ich das nie meinen Eltern erzählt habe, die mich ja shcließlich jahrelang dort hin schickten. Nun, ich habe immer nur das Gute erzählt, weil ich immer noch den Klang von Fräulein Ingrid im Ohr hatte, die uns immer eintrichterte, dass meine Eltern sich etwas antun würden oder schlimm traurig würden, wenn sie ihnen erzählen würde, wie böse und verschlagen wir Kinder doch waren. Es bräche ihnen das Herz.
Ja. Und sowas glaubt man als Kind und verinnerlicht das.
Irgendwie gelang mir, meine Traumata zu überwinden, aber ich erkenne noch heute an mir einige Macken, die ich aus dieser Zeit zurückbehalten hatte. Heute kann ich meistens drüber schmunzeln. Über die Macken, nicht über die Demütigungen und Schmerzen.
Danke Ihnen für Ihren Einsatz, Frau Röhl, und wenn Sie Unterstützung brauchen, bitte melden Sie sich gerne bei mir.
Andreas Rau
Im Heim wurden wir ausnahmslos von Schwestern in Ordenstracht betreut. An einen Arzt oder männliche Mitarbeiter kann ich mich nicht erinnern.
Es gab einige Erlebnisse, die mich heute noch beschäftigen, aber ich habe durchaus auch positive Erinnerungen.
Schlimm war dieser Essenszwang, egal was es gab. Ich erinnere mich hauptsächlich an Camembert abends, den ich nicht essen wollte, aber musste. Jahrzehntelang konnte ich keinen mehr essen. Außerdem durfte kein Wort geredet werden beim Essen, sonst musste man zur Strafe in einem Nebenraum alleine am Tisch sitzen und trotzdem fertig essen. Das ist mir kleinem Steppke auch passiert.
Körperlich "ertüchtigt" wurden wir Jungs, indem wir uns im Kreis Rücken zum Hintermann aufstellten, dann bekam jeder eine Schrubberbürste in die Hand und musste den Rücken des Vordermanns kräftig abbürsten. Wenn man da einen großen, kräftigen Jungen hinter sich hatte, dann war man danach ordentlich durchblutet (es hat nicht geblutet!). Und zum Schluss kaltes Wasser drauf. Diese Therapie habe ich nie mehr angewendet, obwohl ich meine Schrubberbürste mit nach Hause nehmen durfte.
Aber ich habe auch gute Erinnerungen. Als Stadtkind, das in einer kalten, dunklen Mietswohnung wohnte, bleibt mir der herrliche Park, in dem wir durchaus spielen durften, gut in Erinnerung. Ich bekam Päckchen von meinem Opa mit Schokolade, die ich essen durfte und mit lustigen Briefen, die mir eine Schwester vorlas. Und abends durfte meine kleine Schwester, die sehr unter Heimweh litt, zu mir in den Schlafsaal und saß auf dem Schoß einer Schwester, die uns eine Gute-Nacht-Geschichte vorlas.
Auch die Fahrt dorthin mit einem Zug (das kannte ich nicht so) fand ich spannend und ich amüsierte mich köstlich über die Namen Pforzheim und Schweinfurt. Die Schwestern hatten uns in Karlsruhe abgeholt und dorthin gebracht.
Heimweh hatte ich bestimmt ab und zu.
War jemand auch in Ditterswind und kann sich noch erinnern? Daran wäre ich sehr interessiert.
Das Schloss war danach noch lange in der Hand dieser Rummelsbacher Schwestern, wurde aber nur noch glaube ich bis 1965 als Kinderheim genutzt. Danach wohl für (geistig) behinderte Menschen, bis vor wenigen Jahren, als sich die Rummelsbacher m.W. von dem Schloss trennten.
durch Zufall habe ich gestern den Beitrag im ARD über die Verschickungsheime gesehen. Dieser Begriff war mir bislang nicht bekannt. Und ich wusste auch nichts von dem Ausmaß, vor allem wie viele Kinder davon betroffen waren.
Ich war wegen Neurodermitis vom 22.02.73-04.04.73 (ich wurde in der Kur 6 Jahre alt) in St. Peter Ording in der Kuranstalt Goldener Schlüssel. Die Heilbehandlung wurde gemäß § 1305 der Reichsversicherungsordnung bewilligt. Ich habe noch Unterlagen, deswegen weiß ich das noch so genau. Allerdings haben mich meine Eltern nicht "verschickt". Obwohl sie nicht viel Geld hatten, haben sie mich hingebracht und auch wieder abgeholt. Zunächst hatte ich meinen Eltern nichts von meinem Erlebten erzählt, erst viel später. Sie haben mir geglaubt und sich sehr darüber aufgeregt, vor allem meine Mutter, da sie zum Dank der Frau dort noch Kaffee mitgebracht hatte. Das hatte ich gesehen.
Ich erzähle immer schon meinen Bekannten und Freunden, dass es dort jeden Tag Milchspeisen gab und ich heute noch diesen süßlichen Milchgeruch mit etwas Unangenehmen verbinde. Ich erinnere mich daran, dass ich an einem Tag den Schokoladenpudding nicht essen wollte (ich hatte ja auch eine Milchallergie), ich wurde gezwungen ihn zu essen. Ich hatte mich so geekelt davor. Eigentlich wundert mich das fast, da Kinder ja gerne Pudding essen. Jedenfalls habe ich in der Nacht das ganze Bett vollgekotzt. Es wundert mich im Nachhinein, dass ich mich an ein großes Bett mit dunkelblauem/grünen Bezug erinnere. Als die Nachtschwester kam, schimpfte sie mit mir, was ich da gemacht habe und zur Strafe kam ich in den Aufenthaltsraum im EG wo ein kleines Kinderbett mit Stäben aus Holz stand. Ich durfte meine Puppe mitnehmen, das war auch gut so, denn ich hatte Angst, der Mond schien in den großen Raum, es waren große Glasscheiben dort und ich konnte draußen Kaninchen sehen, das hat mich auch etwas getröstet. Ich weinte und hatte Angst, ich kann mich daran noch genau erinnern, ich sehe es vor meinem geistigen Auge. Das Päckchen von meinen Eltern zu meinem Geburtstag wurde geöffnet und an alle Kinder verteilt, ich bekam eine Orange. Und an meine Eltern wurde eine Postkarte geschickt, wo drin stand, dass alles in Ordnung war. Ich kann mich aber an nichts Schönes erinnern. Jedenfalls bekam ich dort Asthma.
Später vom 31.10.79-19.12.1979, da war ich 12 Jahre alt, war ich in der Hochgebirgsklinik Davos-Wolfgang. Auch dort wurde ich persönlich von meinem Vater hingebracht. Da ist mir etwas in Erinnerung, das mir heute noch ein Rätsel aufgibt. Ich wüsste gerne was das für eine Behandlung war, vielleicht war es ja auch nichts schlimmes. Also es gab einen Raum, man ging die Treppe runter. Der Raum war karg, es waren nur ganz oben Fenster, es waren nur an der Wand Sitzgelegenheiten. Dann wurde oben eine kleine Schüssel mit einem Lappen hingestellt. Wir wurden dann alleine gelassen und es fing dann sehr stark an nach Essig zu riechen. Wir waren nicht sehr lange in dem Raum, es war auch unangehm. Ich wüsste eigentlich nur gerne, für was diese Behandlung war. Keine Ahnung, ich musste auch nur einmal in den Raum. Ansonsten erinnere ich mich an nichts.
Ich finde es gut, dass meine Erlebnisse hier bestätigt werden. Ich habe noch nie davon gehört und dachte immer, es wäre nur mir so gegangen.
ich war in den bayerischen Sommerferien 1972 sechs Wochen zur sog. Kur auf Amrum im Lenzheim. Damals war ich acht Jahre alt. Wir wurden von Nürnberg aus in einer großen Gruppe
dorthin gebracht. Schon die Verabschiedung in Nürnberg und die Fahrt nach Amrum habe ich als traumatisch in Erinnerung. Vom Lenzheim sind bei mir nur einzelne Bilderfetzen vorhanden. Ich schlief in einem Zimmer im ersten Stockwerk. Nachts durften wir nicht zur Toilette, eine Betreuerin passte im Treppenhaus auf, dass niemand sein Zimmer verließ. So passierte es, dass ich nachts oft in meinem Kot lag. Zu jener Zeit dort fing ich an mir nachts im Bett die Haare büschelweise rauszureißen, bis ich eine kahle Stelle von 3-4 cm Durchmesser am Hinterkopf hatte. Ich litt enorm darunter und schämte mich, dass ich das tat. Dieser Drang des Haarereißens verfolgte mich mein halbes Leben.
Am Strand vor dem Haus beobachtete ich beim Spielen immer die Fähren, die in Wittdün anlegten oder wegfuhren. Ich hatte dabei schreckliches Heimweh.
Es gibt aber auch gute Erinnerungen: Uns wurde auf der Terrasse "Mio, mein Mio" von Astrid Lindgren vorgelesen, dazu gab es Milchbrötchen mit
Carokaffee. Wir besuchten Gottesdienste in der Kirche in Nebel. Mehr weiß ich nicht.
Hier jemanden zu finden, der oder die auch zu der Zeit im Lenzheim war und sich erinnert, wäre wunderbar.
Viele Grüße Michael