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13 Ergebnisse für: Schmalensee

Silke Maron - 2024-04-22
Verschickungsheim: Haus am Schmalensee, Mittenwald
Zeitraum-Jahr: 1976
Kontakt: Kontakt: Erwünscht

Ich war 1976 für 6 Wochen im Haus am Schmalensee in Mittenwald. Grund: ich sollte zunehmen.
Obwohl damals 9 Jahre alt, mussten wir täglich Mittagsschlaf halten und still sein. Ich habe dann immer leise vor mich hin geweint.
Die Briefe und Pakete von zu Hause wurden mir erst nach 3-4 Wochen gegeben. Davor musste ich täglich zusehen, wie die Post an die anderen Kinder verteilt wurde: die Namen der Kinder, die einen Brief oder ein Päckchen erhielten, wurden einzeln aufgerufen und ich hoffte immer bis zum Schluss, jedoch leider vergeblich, dass mein Name fallen würde.
Nach 3-4 Wochen erhielt ich dann einen ganzen Stapel Briefe und Pakete von zu Hause. Ich hatte schreckliches Heimweh und habe das alles nur deshalb einigermaßen gut überstanden, weil ich eine sehr gute innere Bindung zu meiner Mutter hatte und trotz allem wusste, dass sie mich nicht vergessen hatte.
Während der Zeit schrieb ich täglich Postkarten nach Hause. Um niemanden zu beunruhigen schrieb ich "mir geht es gut, wie geht es Euch? Bitte schreibt mir bald zurück". Mehr schrieb ich nicht, aber hinter das "bitte schreibt mir bald zurück" setzte ich Hunderte Ausrufezeichen, bis nichts mehr auf die Postkarte passte - etwa so: !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Meine Mutter erzählte mir später, dass sie mehrfach im Haus am Schmalensee angerufen hat, um mit mir zu telefonieren. Man hat sie aber nie durchgestellt, sondern abgewimmelt und gesagt, es wäre nicht gut für mich, mit ihr zu sprechen.
In der 5. Kur-Woche machten wir einen Ausflug in die Berge und ich schwamm in einem Tümpel, wodurch ich mir einen schlimmen Hautausschlag zuzgezogen habe. Deshalb wurde ich in ein anderes Haus in Quarantäne verlegt. Das war ein Einzelzimmer, das ich nicht verlassen konnte, weil es abgeschlossen wurde. 3x täglich kam eine "Schwester" vorbei, brachte Essen und schaute nach einem. Sie hatte keinerlei Mitgefühl und war eine eiskalte Person. Als ich nach ein paar Tagen furchtbar weinte, weil ich einsam war und raus wollte, setzte sie sich ganz scheinheilig auf mein Bett und sagte mir, wenn ich weiter so weinen würde, könnte ich nicht nach Hause fahren und sie würden mich weitere 6 Wochen da behalten. Da war ich still. Ich hatte furchtbare Angst, dass sie mich tatsächlich da behalten würden.
Ansonsten habe ich wenige Erinnerungen an die Kur. Nur, dass ich die Tage gezählt habe, es irgendwie durchgestanden habe und überglücklich war, als ich wieder zu Hause war.
Wenn ich lese, was andere in solchen "Heimen" durchgemacht haben, weiß ich, dass ich noch großes Glück gehabt habe - auch wenn ich die Behandlung als seelische Grausamkeit empfunden habe.

Marc - 2024-01-04
Verschickungsheim: Haus am Schmalensee
Zeitraum-Jahr: März/April 1985
Kontakt: Kontakt: Erwünscht

Hallo,auch ich war 1985 im März/April zur "Kur" imnHaus am Schmalensee.Allerdings war es dort(ich war schon 12)einigermaßen okay,im Gegensatz zu meinen früheren Aufenthalte Ende der 70er und Anfang der 80er,denn in dieser Zeit hab ich keine guten Erinnerungen daran,ich sags ganz offen und ehrlich:der Leiter Dr Häußler war ein Sadist und wir hatten alle Angst vor ihm,mehr möcht und kann ich jetzt nicht dazu sagen.

Viktoria - 2023-11-20
Verschickungsheim: Haus am Schmalensee
Zeitraum-Jahr: 1989
Kontakt: Kontakt: Über die Initiative

Ich habe nach dem Abitur als Betreuerin im Haus am Schmalensee mit 2 weiteren jungen Frauen einige Wochen gearbeitet. Dort wurden Kinder mit Adipositas und Haut und Atemwegserkrankungen behandelt. Ich habe keine Gewalt erlebt, aber die Zustände als wenig liebevoll und das Essen als sehr minderwertig empfunden. Das feste Personal war wenig fachkundig. Ein "Koch" war immer betrunken und lies Zigarettenasche und -Stummel in das Essen fallen.
Die übergewichtigen Kinder erhielten kaum und wenig gesundes Essen und wurden als einziger ärztlicher Eingriff täglich gewogen. Dazu wurden täglich auch in praller Mittagshitze sehr lange Wanderungen, die ich teils recht unsicher alleine mit großer altersgemischter Gruppe begleiten musste, unternommen. ICh hatte wirklich Angst, dass mir ein Kind wegklappt, da viele diese Strecken kaum schafften, litten und weinten. Auch hatten die meisten Kinder keine geeigneten Schuhe für die Berge und machten öfter einen verwahrlosten und bedürftigen, gelegentlich zurückgebliebenen Eindruck.
Zu trinken gab es prinzipiell wenig und immer nur sehr dünnen lauwarmen Tee.
Die hautkranken Kinder sollten nach dem Schwimmen gecremt werden, aber es war dafür nur sehr zähe preiswerte Allzweckcreme vorhanden. Keine medizinische Pflege.
Verstörend wirkten auf mich sehr junge (15, 16 Jahre) in der Ausbildung befindliche Erzieherinnen, die kaum älter als die Patienten waren und sich allabendlich mit wechselnden pubertären Jungs und auch dem alkoholiserten Koch aus der Kur herumknutschen und befummelten. Wir hatten auch damit zu tun Berge von sehr verdreckter Wäsche (Fäkalien) zu waschen, da es keine Hauswirtschaftkräfte gab.
Der Ton und die Behandlung der Kinder, war nur gegenüber einzelnen Lieblingen nett und respektvoll, ansonsten eher genervt und gleichgültig. Seitens der Leitung Herrn H. wurde uns vermittelt, dass es sich um größtenteils "assoziale" Kinder handele, für die sich unsere pädagogischen und psychologischen Bemühungen nicht rentieren würden.
Insgesamt fand ich die Umgebung schön, das Haus war aber nicht zur Erholung und Gesundung geeignet und es herrschte eine gruselige und geringschätzende, übergriffige Atmosphäre.
Ich habe vor den dortigen Menschen oft Abscheu empfunden.

Barbara - 2023-06-15
Verschickungsheim: Haus am Schmalensee
Zeitraum-Jahr: 1983
Kontakt: Kontakt: Erwünscht

Ich war 1983 als junge Erzieherin kurzzeitig im Haus am Schmalensee angestellt. Es war meine erste Stelle. Ich kam aus Hessen und wollte unbedingt in Bayern arbeiten. Das Arbeitsamt hat mich dann ins Haus am Schmalensee vermittelt. Die Zustände dort waren das Schlimmste, was ich je erlebt hatte. Als ich angereist bin, wusste niemand was von mir und es war dem vorhandenen Personal nicht klar, was ich eigentlich machen sollte. Wie sich herausgestellt hat, war zu dieser Zeit die einzige ausgebildete Erzieherin dort. Für mich war keine Unterkunft vorbereitet. Ich war fassungslos über diese "Begrüßung" aber noch viel mehr entsetzt, über die Art und Weise, wie die Kinder dort behandelt wurden. Das Haus lag idyllisch aber es wurde von einem Regime von herzlosen, bösartigen und sadistischen Personen geführt, die nicht nur die Kinder, sondern auch das "niedere" Personal unterdrückt haben. Alleinherrscher war Dr. Häußler, ein herrischer, hoch aggressiver, arroganter Lebemann, der sich gerne ahnungslose Praktikanntinnen aus anderen Bundesländern vermitteln liess, die er ausbeuten konnte und die z.B. auch sein Privathaus putzen mussten. Er hat Ihnen die Entlohnung damals nicht ausgezahlt und sie so unter Druck gesetzt. Die Mädchen waren noch ganz jung und nervlich fix und fertig. Sie hatten Angst vor dem Mann. Ich war damals 20 Jahre alt und sollte 50 Jungs im Alter von 5- 15 Jahren zu betreuen. Die jüngeren Kinder, haben immerzu geweint vor Heimweh. Ich war den ganzen Tag damit beschäftigt zu trösten und irgendwie zu helfen, dass es Ihnen ein bisschen besser geht. Sie haben mir so leid getan. Viele Kinder kamen aus Norddeutschland um sich im Bergklima zu erholen. Sie waren alleine, weit weg von den Eltern und waren diesem Despoten und seinen Gehilfen ausgeliefert. Unter- und übergewichtige Kinder mussten im gleichen Raum essen. Für die übergewichtigen Kinder gab es sehr karge Mahlzeiten und sie mussten mit ansehen, wie die anderen normale Portionen bekamen, während sie selber kaum was bekamen. Sie wurden von Dr. Häussler auch geschlagen. Ich habe ihn dabei nie gesehen aber die Kinder haben es mir erzählt. Es war wie in einem schlimmen Gefängnis. Einmal in der Woche mussten die Kinder ihren Eltern schreiben. Diese Briefe sollte ich lesen und auf negative Kommentare prüfen. Wenn ein Kind schlechte Sachen über das Heim geschrieben hat, durfte der Brief nicht versendet werden. Es sollte nochmal neu schreiben, so lange, bis keine negativen Dinge mehr drin standen. In der Freizeit sollte ich mit der riesigen Gruppe täglich an einen nahegelegenen kleinen Badesee gehen. Der Weg dorthin führte durch ein Übungsgelände der Bundeswehr. Da fuhren Militärfahrzeuge herum und bewaffnete Soldaten machten militärische Übungen. Ich bin zu Tode erschrocken, als mir bewusst wurde, in welcher Gefahr ich mit den Kindern war. In diesem Heim gab es auch ein Schwimmbad. Eigentlich eine gute Sache, aber wegen dem fehlenden Personal, wurde die älteren Jungen dazu bestimmt Aufseher zu sein. Sie waren sich in kurzer Zeit ihrer Macht bewusst und haben dann die anderen gequält, sie nicht aus dem Wasser gelassen usw. Als ich dazu kam habe ich das unterbunden, aber die Tatsache, dass die Älteren die Jüngeren so unterdrücken war unerträglich für mich. Ich war die meiste Zeit alleine mit den Kindern. Die älteren Jungs sind jeden Tag abgehauen und haben irgendwo im Wald geraucht und ihr eigenes Programm gemacht. Ich hab sie gelassen, weil ich nicht alle überwachen konnte und ich einfach das Leid der Jüngeren so gut es ging lindern wollte. Besonders am Abend war es so schlimm, wenn sie alle in ihren Betten lagen und so viele geweint haben. Ich hab ihnen Geschichten erzählt und gesungen, damit sie sich beruhigen und immer wieder versucht Mut zu machen, dass sie ganz bald wieder nach Hause fahren. So viele Kinder alleine zu beaufsichtigen war eine Zumutung und aufsichtspflichttechnisch absolut nicht zulässig. Ich habe das immer wieder gesagt, aber es hat niemanden interessiert.

Manchmal war ein zwielichtiger Helfer dabei, der mir erzählte, dass er auch bei der Polizei gut bekannt sei. Ich war geschockt. Ich habe mehrfach versucht mit Dr. Häussler zu sprechen, aber er hat dann immer versucht auch mich zu demütigen und gesagt, wie dumm und naiv ich sei. Ich habe deutlich gemacht, dass ich unter diesen Umständen nicht arbeiten kann und zumindest Spielsachen und Materialien brauche um die Kinder zu beschäftigen. Er hat mich ausgelacht und verspottet. Er wollte mich zwingen den Arbeitsvertrag zu unterschreiben und hat gesagt ich sei, wegen der Vermittlung durch das Arbeitsamt dazu verpflichtet zu unterschreiben. Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschieden zu gehen. Ich konnte einfach nicht mehr. Das Haus in dem ich untergebracht war wurde abends abgeschlossen. Ich bin mit meinem Koffer am frühen Morgen aus dem Fenster geklettert und nach Mittenwald gelaufen. Vorn dort aus habe ich Dr. Häussler aus einer Telefonzelle angerufen und gekündigt. Er hat getobt, mich angeschrien und gedroht er bringe mich vor Gericht. Ich hab einfach aufgelegt und bin direkt zur Polizei gegangen. Dort wollte Anzeige erstatten. Die Polizisten haben sich meine Geschichte angehört und gesagt es sei bekannt, dass Dr. Häussler ein schlechter Mann sein. Niemand aus der Umgebung wolle da arbeiten, darum hole der Doktor immer Leute von weiter weg. Ich konnte keine Anzeige machen, weil ich selber keine tätliche Gewalt gesehen oder erlebt hatte. Das habe ich bis heute nicht vergessen. Niemand hat geholfen, obwohl man wusste, was dort läuft. Ich bin mit dem Zug nach Hause gefahren. Wochenlang habe ich überlegt, was ich machen kann um dem Leid dort ein Ende zu setzen. Ich habe mit Krankenlassen telefoniert um darauf aufmerksam zu machen, dass dieses Heim die Hölle für Kinder ist, aber es hat nicht wirklich interessiert. Vor ein paar Jahren war ich in Mittenwald im Urlaub und bin nochmal an den Schmalensee gefahren. Das Kinderheim ist seit langen geschlossen und die Häuser schienen verfallen. Gut so. Es soll zu Staub zerfallen. Es war ein schrecklicher Ort.

Iris - 2023-04-10
Verschickungsheim: Haus am Schmalensee
Zeitraum-Jahr: 1985
Kontakt:

Hallo
Ich war März/April 1985 im Mittenwald, Haus am Schmalensee.
Zu der Zeit war ich 13 Jahre
Ich glaube dass mir viele Einnerungen verloren gegangen sind.
Gerne würde ich auf Menschen treffen die damals mit mir dort waren.
Viele Grüße

Heide H. - 2021-03-01
Verschickungsheim: Schmalensee/Mittenwald
Zeitraum-Jahr: 1. Quartal 1952

Ich war 1952 in Schmalensee in Mittenwald. Ich war 3 Jahre alt. Meine Schwester (+3,5) war auch dort. Wir wurden getrennt. Ich durfte nicht zu ihr, sie nicht zu mir. Es war eine Zeit der Qual und tiefster Angst.
Ich bekam einen Platz am langen Esstisch. Wir mussten essen. Ich konnte es nicht. Ich erbrach. Ich musste aufessen. Einmal bekam ich noch einen Schöpfer obendrauf zur Strafe für das Erbrechen.
Immer wieder wurde ich in ein Zimmer gezerrt, in dem ich verprügelt wurde. Ich hatte erbärmliche Angst.
Wir saßen in Reihen auf den Töpfchen vor den Klotüren und mussten auf Kommando 'unser Geschäft' erledigen. Es ging nicht.
Morgens wurden wir in einen kalten feuchten Kellerraum gescheucht, mussten uns ausziehen und wurden eiskalt mit einem Schlauch mit scharfem Strahl erbarmungslos abgespritzt.
Abends wurde das Licht ausgemacht. Es war ein Raum mit mehreren Betten. Vermutlich alle Kinder meines Alters. Am Schrank hing ein Kleid einer Wärterin. Ich sah es als dunklen Schatten und hatte furchtbare Angst, dass da jemand ist, der mir was Böses tun will.
Ich erkannte meine Eltern nicht mehr als sie uns abholen kamen. Sie saßen in dem Zimmer, in dem ich immer verprügelt wurde. Anstelle meiner Mutter sah ich den Teufel mit Pferdefuß und langem Schwanz im Sessel sitzen.
Ich erinnere auch einen sexuellen Missbrauch.
Es war eine furchtbare Zeit.
Ich habe noch ein Foto von der Gruppe mit den beiden Wärterinnen. Wenn es hilfreich ist, ......

Heidi - 2020-03-10

Ich wurde 1975 im Alter von 6 Jahren nach Sylt zu einer Kinderkur geschickt, weil ich Asthma hatte. Es war das Kinderkurheim „Haus Nordmark“, Westerland. An den Aufenthalt selbst habe ich kaum bildhafte, sondern eher emotionale Erinnerungen. Es war sehr schlimm für mich dort, weil ich großes Heimweh hatte. Ich wurde gezwungen, mein Essen stets aufzuessen, weil die Betreuerinnen mir sonst nicht die Postkarten vorlasen, die meine Mutter mir schrieb. Das ist die einzige Szene, die ich immer noch vor mir sehe: Wie ich vor dem Teller mit Essen sitze und die Betreuerin mit der Postkarte meiner Mutter winkt. Ich hatte große Angst vor dem starken Wind auf der Insel. Die Betreuerinnen sagten, dass dort auch schon Kinder weggeweht seien, die nicht brav gewesen seien. Seit dem Aufenthalt bin ich übergewichtig und habe eine Essstörung (vorher war ich ein sehr dünnes Kind).
Im Jahr 1978, im Alter von 8 Jahren, wurde ich dann noch einmal in eine Kinderkur geschickt, weil ich abnehmen sollte. Damals war ich im „Haus am Schmalensee“ in Mittenwald, das von Nonnen geleitet wurde. An diesen Aufenthalt habe ich mehr Erinnerungen. Es gab für mich kaum etwas zu essen, während die anderen Kinder zum Essen angehalten wurden. Ich hatte ständig Hunger und großes Heimweh. Wir bekamen gleich zu Beginn alle Anziehsachen abgenommen und durften erst nach zwei Wochen die Kleidung wieder wechseln. Post meiner Eltern wurde mir vorenthalten, sodass ich dachte, sie hätten mich vergessen. Auch wurde meine Post an die Eltern zensiert. Ich weiß noch, wie eine Nonne mich zu sich rief, um mir einmal zu sagen, dass ich „keinen schönen Brief“ geschrieben habe. In diesem hatte ich meinen Eltern von den Zuständen geschrieben. Den Brief sollte ich noch einmal neu schreiben. Am Ende der 6 Wochen bekam ich alle Briefe meiner Mutter und ein Paket mit Süßigkeiten, die ich auf der Rückfahrt alle auf einmal in mich hineinstopfte, bis mir schlecht war. Es gab kein Mitgefühl dort. Als ich Windpocken hatte, wurde ich in ein Zimmer einquartiert, in dem ich mehrere Tage völlig allein verbringen musste. Die Nonnen waren sehr streng, es fiel kein freundliches Wort, soweit ich mich erinnern kann. Es wurde viel gebetet. Es gab aber einen gewissen Zusammenhalt unter den Kindern, das weiß ich noch. Alle waren in Not und haben auf ihre Art versucht, mit der Situation fertig zu werden.

Andrea - 2020-07-19

Ich war in Mittenwald im Sommer 1970, Juni bis August, 6 Wochen. Das Haus hiess glaube ich Haus am Schmalsee oder Schmalensee. Sorry, ist schon so lange her. Ich war in einem Haus hoeher am Hang. Unsere Leiterin in diesem Haus war furchtbar. Sie war eine Jugoslawin mit gefaerbten rooten Haaren und viel Schminke. Auf mich hatte sie es besonders abgesehen. Sie kam nachts in unser Zimmer und drohte mir weil ich mich beschwert hatte dass sie mir Geld gestohlen hatte dass meine Eltern mir geschickt hatten. Diese Frau (oder Monster) hat uns Kinder unter die Dusche gestellt und wir mussten unter eiskaltem Wasser duschen. Wir haben geweint und geschrien. Ich bekam Keuchusten und wurde nicht aerztlich versorgt, habe die ganze Nacht gehustet. Ich dachte mir brechen die Rippen so schlimm habe ich gehustet. Es gab nicht viel zu essen, deshalb habe ich mir oft ein Broetchen mitgenommen aus dem grossen Speisesaal. Wir mussten viel wandern, morgens Gymnastik, wurden oft gewogen von einem Arzt.

Andrea - 2020-08-13

Hallo Jorgos, danke, danke, danke fuer Deinen Eintrag! Ich war 1971 im Sommer in dem Haus am Schmalensee fuer 6 Wochen, also ein Jahr bevor Deine Mutter dort gearbeitet hat. Es war eine schlimme Zeit fuer mich. Und die Frau Hauessler war nicht so ohne, daran kann ich mich noch gut erinnern. Es fing schon an als wir ankamen im Haus. Ich wurde gefragt ob ich Suessigkeiten haette. Ich bejate und meine Kekse und anderes wurde mir abgenommen und nicht mehr wieder gegeben. Ich war in einem der Haueser am Hang. Wir sind nachts manchmal durch die Schiebetuer raus und sind zu einem der anderen Haueser das weiter unten war und einen Balkon hatte. Dort war ein Maedchen dass mit mir im Zug gesessen hatte. Die "Tante" unseres Hauses war eine Jugoslawin. Sie haette so roetliche, gefaerbte Haare und hat sich immer viel geschminkt. Irgendwie hatte sie es auf mich abgesehen. Meine Eltern hatten mir eine Puppe, ein Spielset, und 20 DM geschickt. Ich bekam nur die Puppe. Das Spielset wurde an die anderen Kinder verteilt und ich musste zusehen. Die 20 DM wurden von der "Tante" kassiert. Es kam raus als meine Eltern mich dort anriefen und ich sagte dass ich kein Geld bekommen habe. Nachts kam die "Tante" in unser Zimmer, setzte sich bei mir aufs Bett und drohte mir etwas anzutun wenn ich nicht den Mund halte. "Du bist dummes Kind, weisst nich was ist Geld!" zischte sie mich an. Einmal bin ich und ein paar andere Kinder eiskalt geduscht worden. Ich bekam Keuchhusten, wurde aber nicht isoliert und bekam auch keine aertztliche Behandlung. Ich hustete nachts so schlimm das sich die anderen Kinder beschwerten weil sie nicht schlafen konnten. Aber ich konnte einfach nicht aufhoeren zu husten. Das war kurz vor der Heimkehr. Ich kam naemlich mit dem Keuchhusten nach Hause. Meinen Eltern habe ich nach und nach alles erzaehlt und sie glaubten mir. Mein Vater rief auch im Heim an und legte sich mit der Frau Haeussler an, aber da kam natuerlich nichts weiter raus. Ich kann mich leider nicht mehr an den Namen der jugoslawischen Tante erinnern. Es war irgendwas mit Z oder Y oder so aehnlich. Ich kann mich noch gut daran erinnern dass wir jeden Tag wandern mussten, meistens hinter dem Heim den Berg hoch. Morgens mussten wir immer draussen Gymnastik machen, Kniebeugen, Jumping Jacks (sorry, das deutsche Wort entfaellt mir). Von dem Essen weiss ich nicht mehr so viel. Es war nicht besonders gut. Es gab oft Pellkartoffeln und "Matte" was ich eklig fand. An den Speisesaal erinnere ich mich noch gut. Da waren grosse Holztische und Holzbanken.

Andrea - 2020-08-14

Hallo Ingrid, ich habe ein Thema fuer das Haus am Schmalensee ins Forum gestellt. Das link ist: https://verschickungsheime.org/forum/topic/privatkinderheim-haus-am-Schmalensee-in-mittenwald/

Celiju2000 - 2020-08-16

Ich bin ein Verschickungskind aus den 80ern. Bis vor kurzen war mir nicht mal bekannt das ich ein Verschickungskind war. Hätte ich nicht zufällig von dem Betrag auf ARD in Google darüber gelesen. Nun ja, ich war erschrocken und neugierig zugleich. Den Bericht auf ARD habe ich mir angesehen und war überrascht das man dieses Thema in der heutigen Zeit findet. Nun zu mir:
Bei meiner ersten Kur war ich gerade mal 4 Jahre alt wurde für 6 Wochen verschickt.1981.Ich wurde ganz alleine in einen Zug gesetzt der mich über Stunden bis zur Ostsee nach Pelzerhagen quer durch Deutschland fuhr. An diese Kur habe ich nur noch wenige Erinnerungen, so wurde mir zum Beispiel im Schlaf meine Haare abgeschnitten. Ich wurde morgens wach und sah aus als wäre ich angefressen worden. Mir wurde gesagt das es meine Zimmernachbarin gewesen sein sollte. Diese stritt es aber ab. Zur zweiten Kur 1984 für 6 Wochen zum Haus am Schmalensee im Mittenwald wurde ich mit 6 Jahren auch alleine mit dem Zug verschickt. Diese war der Horror, es gibt Erinnerungen wie:
Ich musste alles aufessen, sei es noch so Wiederlich. Ich musste sitzen bleiben bin der Teller leer war, anschließend hieß es Speisesaal putzen. Dann wurde ich von den Betreuerinnen dort heftig geohrfeigt und geschlagen. Mit einem anderen Mädchen musste ich mich vor allen kindern nackt ausziehen dann mussten wir durch den Flur vor allen nackt in den Duschraum. Dort wurden wie sehr lange mit eiskaltem Wasser und einem sehr festen Strahl abgeduscht. Wir durften uns nicht weg drehen, so spritzen man uns in die Genitalien ins Gesicht und auf den ganzen Körper. Es fühlte sich an als würde man in dem Eiswasser erfrieren. Dann mussten wir stehen bleiben und alle Kinder mussten auf mich und das andere Mädchen auf Kommando der Betreuerinnen so fest sie nur ko nten auf uns einschlagen. Diese Schmerzen sind heute noch spürbar. Nackt, gedemütigt, erniedrigt und geschändet mussten wir zurück aufs Zimmer. Briefe mit dem verzweifelten Hilferuf an meine Eltern mich ab zu holen kamen nie an . Stattdessen musste ich einen vorgegebenen Text auf eine Postkarte schreiben. Untersuchungen beim Arzt gab es auch vermehrt. Medikamente ( Säfte ) gab es öfter. Demnach habe ich auch gewisse Ausfälle an die Erinnerungen von damals. Mit der Zeit und der Intensivität kommen die Erinnerungen wieder. Nun ja, des weiteren wurde ich in ein Raum eingesperrt, Bei einer „Party“ lief immer und immer wieder das gleich Lied.... das habe ich lange Zeit gehasst und konnte es nicht hören. Schlafenszeiten war streng vorgegeben. Die Kontrollen brutal. Wurde festgestellt das ich wieder eingenässt habe, fing die Prozedur von vorne an. Die Eingenässte Kleidung musste ich mit der Hand auswaschen. Vom Tag der Heimreise weiß ich noch, das ich als ich im Zug war bitterlich geweint habe. Ebenso bei der Ankunft zu hause. Ich fiel meiner Mutter im die Arme Brach auf dem Bahnsteig zusammen. Dennoch habe ich bis vor wenigen Jahren darüber geschwiegen. Denn selbst jetzt, wo ich erwachsen bin spüre ich das man mich nicht ernst nimmt. Es fühlt sich an als würde ich erzählen auf dem Markt nur rote anstatt grüne Äpfel bekommen zu haben. Gleichgültig? Glaubt man mir nicht? Wahrscheinlich, wer glaubt eine solche Storry wenn er sie nicht selbst erlebt hat?
Die Zeit dort hat mein Leben bis heute beeinflusst, egal ob schulisch oder Privat, ich war ein anderes Kind. Neben meinen Krankheiten ein zurückgezogenes gebrochenes Kind. Vielen fällt mir heute schwer , richtig zu lieben... mich zu entschuldigen... uvm.


Ich würde mich sehr freuen wenn ich das Mädchen von damals wieder finden könnte. Wir wurden über das Jugendamt Darmstadt dorthin verschickt. Ich weiß noch das das Mädchen damals einen Schlüsselbeinbruch hatte und den Stützverband damals beim Jugendamt trug
Ich freu mich hier in dieser Gruppe zu sein.

Agnes H. - 2021-11-22
Verschickungsheim: Haus am Schmalensee (Mittenwald)
Zeitraum-Jahr: 1971
Kontakt: Kontakt: Erwünscht

Ich habe letzte Woche die Sendung über die Verschickungskinder im NDR gesehen und bin immer noch entsetzt. Als "zu dünne Asthmatikerin" wurde ich 1971 mit 5 Jahren von meinem Arzt zur Kur in den Mittenwald geschickt. Ich konnte mich bis jetzt nur noch an die fürchterliche Zugfahrt von Nordfriesland in den Mittenwald erinnern (wir wurden wie Vieh in die Liegewagen gepfercht) und daran, dass ich Schimpfe bekommen hatte weil ich die Adresse meiner Eltern nicht kannte. Sonst nichts. Bis letzte Woche. Bei den Bildern kam plötzlich nach 50 Jahren alles wieder hoch. Ich sitze vor dem ekligen Essen und muss kotzen... und trotzdem essen. Ich darf nicht weinen, wir spielen nicht. Es ist einfach nur fürchterlich.Wahnsinn, dass nach so langer Zeit plötzlich Erinnerungen hoch kommen. Die ganze Sache ist wirklich ein Riesenskanal und ich stehe regelrecht unter Schock. Toll dass es Ihre Webseite gibt und endlich darüber gesprochen wird. Danke

Annika - 2021-10-28
Verschickungsheim: Langeoog Flinthörnhaus und Mittenwald Haus am Schmalensee
Zeitraum-Jahr: 1987 für 6 Wochen und 1990 für 6 Wochen
Kontakt: Keine Angaben

Auch ich gehören zu der Generation der Verschickungskinder und leide noch heute unter den traumatischen Erlebnisse auf diesen "Kuren"....ich verstehe nicht wieso die Bundesregierung dies bis hin in die 90ziger geduldet hat....echt unglaublich...

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